1. Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens muss dem Käufer offenbaren, dass bei einer kurz vor Abschluss des Kaufvertrags erfolgten Hauptuntersuchung des Fahrzeugs ein „Ölverlust mit Abtropfen“ festgestellt worden sei und deshalb die Vermutung im Raum stehe, dass der Motor des Fahrzeugs undicht sei. Unterlässt der Verkäufer diese Aufklärung, weil er annimmt, dass es tatsächlich nicht zu einem Ölverlust komme, sondern er beim Nachfüllen versehentlich Öl im Motorraum verschüttet habe, so muss er sich den Vorwurf einer arglistigen Täuschung durch Verschweigen „ins Blaue“ gefallen lassen.
  2. Im arglistigen Verschweigen eines Mangels liegt zugleich eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung i.S. von § 826 BGB.

LG Landshut, Urteil vom 06.11.2018 – 73 O 1060/17
(nachfolgend: OLG München, Urteil vom 15.05.2019 – 20 U 4346/18)

Sachverhalt: Die Klägerin kaufte von der Beklagten mit schriftlichem Vertrag vom 06.02.2017 einen gebrauchten VW Jetta zum Preis von 6.200 €. Im Kaufvertrag wurde die Haftung der Beklagten für Sachmängel des Fahrzeugs ausgeschlossen.

Den VW Jetta hatte die Beklagte zuvor im Internet für 6.300 € zum Kauf angeboten. In der entsprechenden „eBay-Keinanzeige“ hieß es unter anderem: „TÜV bis 01/2017, wird aber die Woche gemacht“ und „unfallfrei“. Weiter war angegeben: „Einzigste Macke: Heckklappe schließt sporadisch nicht“.

Vor Abschluss des Kaufvertrags – am 05.02.2017 – hatten die Eltern der Klägerin das Fahrzeug besichtigt und Probe gefahren.

Ebenfalls noch vor Abschluss des Kaufvertrags, nämlich am Mittag des 06.02.2017, hatte die Beklagte den VW Jetta bei der TÜV Süd AG in G. einer Hauptuntersuchung (§ 29 StVZO) unterziehen lassen. Dem Fahrzeug war indes keine Prüfplakette zugeteilt worden, da folgende Mängel festgestellt worden waren:

„– Umweltbelastung: Motor undicht – Ölverlust mit Abtropfen,
– Radbremse 2. Achse links: Bremsankerblech fehlt,
– Räder alle: Zulässigkeit nicht nachgewiesen,
– M+S-Reifen: Geschwindigkeitsschild fehlt.“

Diese Mängel hat der Ehemann der Beklagten E, der für die Beklagte die Vertragsverhandlungen mit der Klägerin führte, der Klägerin bei Abschluss des Kaufvertrags trotz eigener Kenntnis nicht mitgeteilt. E informierte die Klägerin vielmehr erst am 08.02.2017 telefonisch darüber, dass die TÜV Süd AG die Zuteilung einer Prüfplakette verweigert hatte. Ob E der Klägerin die Gründe dafür nannte, ist zwischen den Parteien streitig.

Jedenfalls wurde das streitgegenständliche Fahrzeug am 15.02.2017 in eine Kfz-Werkstatt verbracht. Nachdem dort – allerdings nicht im Hinblick auf eine mögliche Undichtigkeit des Motors – Arbeiten an dem VW Jetta vorgenommen worden waren, wurde das Fahrzeug seitens des Kraftfahrzeug-Überwachungsorganisation freiberuflicher Kfz-Sachverständiger e. V. (KÜS) einer Hauptuntersuchung unterzogen. Dabei stellte der KÜS-Prüfer K fest, dass keine Mängel vorhanden seien, und teilte dem Fahrzeug eine Prüfplakette zu.

Nachfolgend übergab die Beklagte das Fahrzeug gegen Zahlung des Restkaufpreises von 5.700 € – eine Anzahlung in Höhe von 500 € hatte sie bereits am 06.02.2017 erhalten – dem Vater der Klägerin, wobei erneut schriftlich festgehalten wurde, dass das Fahrzeug unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung verkauft werde.

Mit Anwaltsschreiben vom 28.02.2017 ließ die Klägerin der Beklagten mitteilen, dass das Fahrzeug „ständig Öl verliert“; es müsse eine Dichtung ausgetauscht werden. Der Beklagten wurde eine Frist zur Nachbesserung bis zum 15.03.2017 gesetzt. Die Beklagte ließ den geltend gemachten Nachbesserungsanspruch mit Anwaltsschreiben vom 15.03.2017 zurückweisen. Daraufhin erklärte die Klägerin unter dem 07.04.2017 den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Die Klägerin, die sich arglistig getäuscht sieht, behauptet, dass der Motor des VW Jetta undicht sei. Es liege ein Ölverlust mit Abtropfen vor; die Zylinderkopfdichtung und der Simmerring müssten ausgetauscht werden. Außerdem habe das Fahrzeug in der Vergangenheit hinten links einen erheblichen Unfallschaden erlitten. Schließlich sei unmittelbar nach der Übergabe des Fahrzeugs an sie – die Klägerin – ein Loch im Auspufftopf entdeckt worden. Sowohl die Undichtigkeit des Motors als auch die fehlende Unfallfreiheit des Fahrzeugs seien der Beklagten bekannt gewesen. Entgegen der Behauptung der Beklagten sei der bei der Hauptuntersuchung am 06.02.2017 festgestellte Mangel „Ölverlust mit Abtropfen“ nicht beseitigt worden. Dieser Mangel sei bei der Hauptuntersuchung am 15.02.2017 nur deshalb nicht festgestellt worden, weil die Beklagte den KÜS-Prüfer K getäuscht habe, indem sie den VW Jetta vor der Hauptuntersuchung einer Motorwäsche unterzogen habe.

Die Beklagte behauptet demgegenüber, dass der VW Jetta bei der Übergabe an die Klägerin frei von Sachmängeln gewesen sei. Nach der Hauptuntersuchung am 06.02.2017 sei das Fahrzeug in eine Kfz-Werkstatt verbracht worden. Dort habe man B, einem Bekannten des E, den TÜV-Bericht vorgelegt und die erforderlichen Reparaturaufträge erteilt. Nachdem und weil das streitgegenständliche Fahrzeug dann am 15.02.2017 eine Prüfplakette erhalten habe, habe sie – die Beklagte – guten Gewissens davon ausgehen dürfen, dass alle am 06.02.2017 festgestellten Mängel beseitigt worden seien. Richtig sein zwar, dass in der Kfz-Werkstatt keine Arbeiten im Hinblick auf eine (mögliche) Undichtigkeit des Motors worden seien. Dies sei aber auch gar nicht notwendig gewesen. Denn der TÜV-Prüfer T habe am 06.02.2017 nicht positiv festgestellt, dass der Motor des VW Jetta undicht sei. T habe vielmehr nur einen „Ölverlust mit Abtropfen“ festgestellt, ohne sich mit der Ursache für diesen Ölverlust zu befassen. Tatsächlich sei es so gewesen, dass E beim Nachfüllen von Öl etwas Öl verschüttet habe; nur deshalb sei am 06.02.2017 ein (vermeintlicher) „Ölverlust“ festgestellt worden. Eine Motorwäsche haben sie – die Beklagte – vor der Hauptuntersuchung am 15.02.2017 nicht durchführen lassen; sie verwahre sich gegen den Vorwurf, den KÜS-Prüfer K auf diese Weise getäuscht zu haben.

Jedenfalls bei der Übergabe des VW Jetta an die Klägerin – so macht die Beklagte weiter geltend – sei der Motor des Fahrzeugs nicht undicht gewesen. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit dem Pkw immerhin etwa 1.500 km zurückgelegt habe. Sie – die Beklagte – habe von einem Unfallschaden des Fahrzeugs keine Kenntnis gehabt; sollte es einen solchen geben, wäre ihr dieser Schaden vom Voreigentümer des Fahrzeugs verschwiegen worden.

Die Klage hatte Erfolg.

Aus den Gründen: Die Klägerin konnte vom Kaufvertrag zurücktreten und kann die Rückabwicklung desselben verlangen.

1. Die Klägerin ist als Partei des Kaufvertrags aktivlegitimiert, ihr zustehende Mängelgewährleistungsrechte geltend zu machen. Darüber hinaus wurde die Eigentümerstellung der Klägerin durch die Beklagte im Termin vom 12.10.2017 unstreitig gestellt.

2. Darüber hinaus war das streitgegenständliche Fahrzeug zur Überzeugung des Gerichts zum Zeitpunkt der Übergabe an die Klägerin bzw. an deren Eltern mängelbehaftet i. S. des § 434 I BGB.

Vorauszuschicken ist, dass beweisbelastet für das Vorliegen eines Mangels zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs am 15.02.2017 die Klägerin ist. Entscheidend ist im vorliegenden Fall der Beweismaßstab des § 286 ZPO („Vollbeweis“). Danach ist eine Behauptung dann bewiesen, wenn das Gericht von ihrer Wahrheit überzeugt ist, ohne dabei allerdings unerfüllbare Anforderungen zu stellen. Hierfür genügt, da eine absolute Gewissheit nicht zu erreichen und jede Möglichkeit des Gegenteils nicht auszuschließen ist, ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 39. Aufl., § 286 Rn. 2; st. Rspr.). Gemessen an diesen Voraussetzungen ist das Gericht mit der notwendigen Sicherheit davon überzeugt, dass bei Übergabe des Fahrzeuges eine Undichtigkeit des Motors des Fahrzeugs gegeben war. Dies ergibt sich aus einer Zusammenschau der vorliegenden Umstände.

Zum einen ist der dem Gericht seit Langem als zuverlässig und sachverständig bekannte Gutachter Dipl.-Ing. (FH) G in seinem schriftlichen Gutachten vom 25.06.2018 überzeugend und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug tatsächlich eine Undichtigkeit des Motors vorliegt, welche „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ im Bereich des hinteren Dichtrings der Kurbelwelle lokalisiert ist und mit ebenfalls „hoher Wahrscheinlichkeit“ bereits am 06.02.2017 (und damit auch bereits am 15.02.2017, Anm. des Einzelrichters) vorhanden war. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass im Rahmen eines Ortstermins an dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine Motorreinigung durchgeführt worden sei (insbesondere an der Rückseite des Motorblocks und dessen Unterseite sowie an der Unterseite des Getriebes). Nach Durchführung einer Probefahrt über 32 km auf der Bundesstraße 12 und anschließender Kontrolle des Fahrzeugs auf der Hebebühne seien danach frische tropfenförmige Ölanhaftungen im Bereich der Verbindungsnaht an dem unten zwischen Motor und Getriebeblock befindlichen Trennblech festgestellt worden. Damit steht für das Gericht aufgrund der durchgeführten Untersuchungen des Sachverständigen fest, dass es zu einem Austritt von Motoröl kam und damit eine Motorundichtigkeit vorliegt.

Nachvollziehbar kommt dann der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass Ursache hierfür „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ ein defekter Wellendichtring am hinteren Lager der Kurbelwelle, also an der Austrittsöffnung der Kurbelwelle aus dem Motorblock zum Schwungrad mit der Kupplung ist. Eine Schadhaftigkeit des Wellendichtrings am Getriebegehäuse sei dagegen auszuschließen, nachdem das Getriebegehäuse selbst unter der gegenüber der Trennnaht höhergelegenen rechten Antriebswelle keine Ölanhaftungen zeigte. Auch der Ölnebelaustritt unter der Zylinderkopfdichtung an der Rückwand des Motorblocks sei unbedenklich, nachdem nach der Probefahrt dort keine frischen Ölanhaftungen erkennbar waren.

Bei Wellendichtringen handelt es sich allerdings um Verschleißteile, welche nicht abrupt undicht werden. Der Sachverständige führt aus, dass bei Verschleiß bzw. Alterung der Dichtlippen zunächst dünner Ölnebel austritt, welcher noch nicht zum Abtropfen führt. Erst bei weitergehendem Verschleiß treten dann – wie im korrekten Fall – derart hohe Ölmengen aus, dass dies zu einem Abtropfen führt. Ein solcher Prozess erstreckt sich üblicherweise über eine Laufleistung von mehreren Tausend Kilometern (vgl, S. 16 des Gutachtens). Folgerichtig kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass in Anbetracht der geringen Laufleistung zwischen der Übergabe des Fahrzeugs (134.441 km lt. Anlage K 4) bis zum Ortstermin (135.964 km) davon ausgegangen werden muss, dass der zum Ölverlust führende Schaden „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ bereits bei Fahrzeugübergabe vorhanden war.

Zwar verkennt das Gericht nicht, dass der Sachverständige aus technischer Sicht den konkreten Mangel (defekter Wellendichtring am hinteren Lager der Kurbelwelle) und auch das Vorhandensein desselben am 15.02.2017 lediglich „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ feststellen konnte. Aufgrund weiterer vorliegender Anhaltspunkte ist das Gericht jedoch mit der gemäß § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit davon überzeugt, dass eine Undichtigkeit des Motors tatsächlich bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war. Denn unstreitig war durch den TÜV Süd am 06.02.2017 im Rahmen der Hauptuntersuchung festgestellt worden, dass ein Ölverlust mit Abtropfen vorlag (Anlage K 5). Der Zeuge T hat im Rahmen seiner Aussage im Termin vom 12.10.2017 zwar ausgeführt, sich an das konkrete Fahrzeug nicht erinnern zu können, und weiterhin, dass die Schadensursache durch ihn bei der Prüfung regelmäßig nicht festgestellt wird. Dies sei dann Aufgabe der Werkstatt. Jedoch hat der Zeuge ebenso ausgeführt, dass im Falle des Auftretens von Öl am Motor bei der Hauptuntersuchung zwei Kategorien unterschieden werden. „Ölfeucht“ heiße, dass ein leichter Beschlag mit Öl vorliegt, während das hier vorliegende „Ölverlust mit Abtropfen“ bedeute, dass hier ein erheblicher Mangel vorgelegen hat. Es darf damit als erwiesen angesehen werden, dass im Rahmen der ersten Hauptuntersuchung am 06.02.2017 in erheblichem Umfang Öl am Motor vorhanden gewesen sein muss. Die Vermutungen der Beklagten hierzu, dass dies auf ein Verschütten von Motoröl beim Einfüllen in den Öleinfüllstutzen zurückzuführen sei, kann angesichts der auch hier überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen als widerlegt angesehen werden, wonach sich der Öleinfüllstutzen des Motors an der Vorderseite des Motorblocks befindet und Öl somit an der Vorderseite des Motors rechts von der öltropfenbehafteten Trennnaht hätte herunterlaufen müssen und dann dementsprechend die Vorderseite des Motors, die Vorderseite der Ölwanne und dazu auch die Oberseite des darunterliegenden Motorunterschutzes entsprechend mit honigfarbenen Ölanhaftungen hätte kontaminieren müssen, was nach dem Ergebnis des Ortstermins jedoch nicht der Fall war (S. 15 f. des Gutachtens). Weiterhin steht aufgrund der Beweisaufnahme fest, dass entsprechende Reparaturmaßnahmen durch die beklagtenseits beauftragte Werkstatt nicht durchgeführt wurden (Anlage B 1). In diesem Zusammenhang hat auch die Aussage des Zeugen B im Termin vom 19.02.2018 ergeben, dass ihm werkstattintern kein Auftrag im Hinblick auf eine Überprüfung des Motors auf Undichtigkeit erteilt wurde.

Weiterhin hat die Klägerin selbst im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung im Termin vom 12.10.2017 ausgeführt, dass sie, nachdem sie das Fahrzeug für Fahrten zu ihrer Arbeitsstelle und wieder zurück eingesetzt habe, nach einigen Tagen nach Abstellen des Fahrzeuges Ölflecken habe feststellen müssen. Die Ausführungen wirkten auch glaubwürdig, nachdem sie sich mit den Feststellungen des Sachverständigen im Ortstermin, wonach bereits nach einer kurzen Probefahrt von 32 km, wenn auch geringfügig, Ölaustritt zu verzeichnen war, in Einklang bringen lassen. Auch hat der Zeuge X im Termin vom 12.10.2017 bestätigt, dass der Motor ölverschmiert war, als er sich diesen im Auftrag der Klägerin angesehen hat.

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist das Gericht davon überzeugt, dass eine Undichtigkeit des Motors zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs vorlag, nachdem es nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens tatsächlich zu Ölaustritt kommt, neun Tage vor Übergabe des Fahrzeugs ein TÜV-Prüfer in erheblichem Umfang Öl am Motorblock festgestellt hat und einige Wochen nach Übergabe des Fahrzeugs ein weiterer Kfz-Sachverständiger Ölverschmierungen am Motor festgestellt hat, nachdem unstreitig trotz des festgestellten Mangels im TÜV-Bericht keinerlei Maßnahmen zur Behebung bzw. auch nur zur Überprüfung durchgeführt worden waren. Eine Zerlegung des Motors und weitere Untersuchungen durch den Sachverständigen waren daher nicht mehr erforderlich. Wie es zur Erteilung der Prüfplakette am 15.02.2017 durch den Zeugen K kam, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme spricht allerdings in der Tat vieles dafür, dass dieser durch eine vorhergehende Motorwäsche (durch wen und in wessen Auftrag auch immer) getäuscht wurde, nachdem der Sachverständige G zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Untersuchung des Motors vor Durchführung der Motorwäsche im Zusammenhang mit der Probefahrt ergeben habe, dass offenbar erst vor einer kurzen Fahrzeugnutzung die Unterseite des Motors gereinigt worden war und das Fahrzeug seit der letzten Hauptuntersuchung lediglich über eine Strecke von insgesamt 1.523 km bewegt worden war. Insbesondere die Unterseite der Ölwanne und die Unterseite des Getriebegehäuses seien dennoch unter Öltropfenbildung verschmutzt gewesen (mit der Folge der Notwendigkeit einer Motorwäsche zur weiteren Begutachtung), was nach Ansicht des Gerichts auch nicht im Widerspruch zu den Angaben des Zeugen X steht, der auch von Ölverschmierungen gesprochen hat.

3. Auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss kann die Beklagte sich nicht berufen, nachdem ein arglistiges Verschweigen des Mangels vorliegt (§ 444 Fall 1 BGB). Denn am 06.02.2017 war durch den TÜV Süd am Vormittag noch festgestellt worden, dass in erheblichem Umfang Öl am Motor war. Gleichwohl wurde dies am Nachmittag desselben Tages durch den Ehemann der Beklagten, der die Vertragsverhandlungen für diese führte und dessen Verhalten die Beklagte sich daher gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss, der Klägerin verschwiegen. Voraussetzung für eine Arglist ist, dass der Verkäufer den Mangel kennt oder für möglich hält (Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl., § 444 Rn. 11). Vorliegend ist zwar richtig, dass die Ursache des Ölauftritts bei der Prüfung nicht festgestellt worden war. Gleichzeitig war Kenntnisstand des Zeugen E, dass eine Undichtigkeit des Motors zumindest sehr wahrscheinlich ist („Motor undicht – Ölverlust mit Abtropfen“, vgl. Anlage K 5). Dies stellt den Kenntnisstand des Zeugen zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Gewährleistungsausschlusses dar, wobei hier der Zeitpunkt der Vereinbarung des Gewährleistungsausschlusses der 06.02.2017 ist und nicht – wie von der Beklagten angenommen – der 15.02.2017, nachdem sich die nochmalige Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses (vgl. Anlage K 3) lediglich als Bestätigung eines bereits zuvor vereinbarten Gewährleistungsausschlusses und nicht etwa eines neuen darstellt, womit auch dahinstehen kann, ob die Beklagte bei Übergabe des Fahrzeugs am 15.02.2017 im Hinblick auf den neuen TÜV-Bericht (Anlage K 4) möglicherweise tatsächlich gutgläubig war. Denn wenn der Zeuge E in Vertretung der Beklagten auf Grundlage dieses Wissensstands vom 06.02.2017 darauf vertraut hat, dass eine Undichtigkeit des Motors gerade nicht vorliegt und die Ölverschmutzung lediglich durch Unachtsamkeit beim Nachfüllen des Öls entstanden ist, würde dies ein „Verschweigen ins Blaue“ darstellen, bei dem die Grenze zur Arglist überschritten ist. Eine Undichtigkeit des Motors lag zur Überzeugung des Gerichts auch bereits am 06.02.2017 vor, wobei auf die oben gemachten Ausführungen Bezug genommen werden kann.

4. Die Voraussetzungen für die Ausübung des Rücktrittsrechts (§ 349 BGB) sind auch sonst gegeben. Eine Frist zur Nachbesserung war mit Schriftsatz vom 28.02.2017 gesetzt worden und verstrich danach, womit auch dahinstehen kann, ob eine solche im Falle des arglistigen Verschweigens überhaupt hätte gesetzt werden müssen. Auch liegt keine Unerheblichkeit der Pflichtverletzung gemäß § 323 V 2 BGB vor. Soweit beklagtenseits mit Schriftsatz vom 07.08.2018 vorgetragen wird, dass es an einem wesentlichen Mangel fehle, nachdem sich die Frage stelle, wie teuer der Ersatz eines Wellendichtrings ist, ist dieser Vortrag erkennbar zu unsubstanziiert.

5. Folge ist, dass die Klägerin von der Beklagten gemäß § 346 ff. BGB die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen kann. Daher ist der Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges zurückzuerstatten. Allerdings steht der Beklagten aufgrund der Rückabwicklung des Vertrags nach § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB ein Gegenanspruch auf Wertersatz wegen der Gebrauchsvorteile des Fahrzeugs während der Besitzzeit der Klägerin zu. Dieser Wert ist anhand des Bruttokaufpreises, der Fahrstrecke und der zu erwartenden Restlaufleistung auf Grundlage linearer Wertminderung zu errechnen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 346 Rn. 10). Dabei schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs auf rund 250.000 km. Daraus errechnet sich eine voraussichtliche Restlaufleistung zum Zeitpunkt des Erwerbs von (250.000 km − 134.441 km =) 115.559 km. Danach ergibt sich ein Nutzungsvorteil von

$${\frac{\text{6.200 € Bruttokaufpreis}\times\text{1.523 km Fahrtstrecke}}{\text{115.559 km mutmaßliche Restlaufleistung}}} = \text{81,71 €}.$$

Es verbleibt damit ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von lediglich 6.118,29 €. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.12.2017 die Aufrechnung mit den An- und Abmeldekosten des Pkw erklärt hat, geht dies ins Leere, nachdem noch nicht einmal vorgetragen ist, wie hoch diese waren.

6. Die Klägerin kann weiterhin die Feststellung verlangen, dass die Beklagte sich mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet. Dies ergibt sich aus dem Anwaltsschreiben vom 07.04.2017 (Anlage K 8), in welchem die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs aufgefordert wurde.

7. Die Klägerin kann weiterhin im tenorierten Umfang Zinsen … verlangen.

Weiterhin kann die Klägerin Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten verlangen. Ein solcher Anspruch ergibt sich zwar nicht aus Verzugsgesichtspunkten, da die Kosten mit der Mandatierung des Klägervertreters anfielen und damit vor Verzug der Beklagten mit der Rückzahlung des Kaufpreises. Allerdings ist in dem arglistigen Verschweigen eines Mangels regelmäßig auch eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung zu sehen, sodass sich ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 826, 249 BGB ergibt. …

Hinweis: Das OLG München hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 15.05.2019 – 20 U 4346/18 – zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

„I. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs ein Mangel i. S. des § 434 I BGB vorgelegen hat und die Beklagte sich insoweit nach § 444 Fall 1 BGB nicht auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen kann.

1. Das Landgericht durfte aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) G, zu der Überzeugung gelangen, dass bei Gefahrübergang am 15.02.2017 eine Undichtigkeit am Motor vorgelegen hat, nämlich im Bereich des hinteren Dichtrings der Kurbelwelle. Daran war das Landgericht nicht deshalb gehindert, weil der Sachverständige aufgrund der durchgeführten Untersuchungen – ohne Zerlegung des Motors – seine Feststellungen mit ‚hoher Wahrscheinlichkeit‘ getroffen hat. Auch das Gutachten eines Sachverständigen unterliegt der freien Beweiswürdigung, bei der der Richter nicht an Beweisregeln gebunden ist.

Der Sachverständige hat nach der von ihm durchgeführten Probefahrt über 32 km frische tropfenförmige Ölanhaftungen im Bereich der Verbindungsnaht an dem unten zwischen Motor und Getriebeblock befindlichen Trennblech festgestellt, mithin einen Ölaustritt. Hierzu hat er erläutert, dass Ursache dafür mit hoher Wahrscheinlichkeit ein defekter Wellendichtring am hinteren Lager der Kurbelwelle sei. Aus diesem könne nur während des Motorlaufs Motoröl austreten, nicht aber bei Stillstand des Motors, weil der Ölstand in der Ölwanne niedriger liege als der betreffende Wellendichtring. Ölaustritt sei also nur möglich, wenn das hintere Kurbelwellenlager während des Motorlaufs mit unter Druck stehendem Motoröl versorgt werde. Offensichtlich sei die Probefahrt mit 32 km zu kurz gewesen, um hier noch größere Ölmengen austreten zu lassen, die dann auch beim parkenden Fahrzeug zu einem Abtropfen des Öls auf den Boden geführt hätten (vgl. Gutachten vom 25.06.2018, S. 15).

Das Landgericht konnte auch den TÜV-Bericht vom 06.02.2017 als Beleg dafür heranziehen, dass bereits zu diesem Zeitpunkt Ölaustritt stattgefunden hat. Dass der Prüfer, der Zeuge T, keine Untersuchungen zur genauen Ursache des Ölaustritts vorgenommen hat, ändert nichts daran, dass er zu diesem Zeitpunkt einen ‚Ölverlust mit Abtropfen‘ festgestellt und die Ursache in einer Undichtigkeit des Motors angenommen hat, wie der Eintrag im Prüfbericht zeigt. Der Zeuge T hat hierzu bei seiner Vernehmung erläutert, dass es zwei Kategorien gebe, nämlich ‚ölfeucht‘ und ‚Ölverlust mit Abtropfen‘. Unter ‚ölfeucht‘ sei ein leichter Beschlag mit Öl zu verstehen; das stelle einen leichten Mangel dar, der im Regelfall behoben werden müsse, aber die Zuteilung der Plakette nicht hindere. ‚Ölverlust mit Abtropfen‘ heiße, dass ein erheblicher Mangel vorliege. Die Feststellung der Schadensursache sei Aufgabe der Werkstatt (vgl. Protokoll vom 12.10.2017, S. 5 f.).

Dass der Zeuge T es grundsätzlich als möglich erachtet hat, dass beim Ölnachfüllen etwas überlaufe und sich unten sammle, widerlegt die Ausführungen des Sachverständigen nicht, der Verschütten von Motoröl beim Nachfüllen als Ursache für das abtropfende Öl ausgeschlossen hat. Der Zeuge T hat keine Untersuchungen zur Ursache des Ölauftritts angestellt. Er konnte sich bei seiner Vernehmung nicht konkret an das streitgegenständliche Fahrzeug erinnern (vgl. Protokoll vom 12.10.2017, S. 5). Der Sachverständige hat hingegen nach der Probefahrt beobachtet, wo frische tropfenförmige Ölanhaftungen aufgetreten sind, daraus den Schluss auf die konkrete Ursache des Ölaustritts am streitgegenständlichen Fahrzeug gezogen und Verschütten als Ursache ausgeschlossen, weil sich der Öleinfüllstutzen an der Vorderseite des Motors befindet und verschüttetes Öl folglich an anderer Stelle hätte herunterlaufen müssen (vgl. Gutachten vom 25.06.2018, S. 15 u.).

Das Landgericht musste nicht die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass das vom Erstprüfer festgestellte abtropfende Öl von einer anderen Stelle herrührte als das vom Sachverständigen beobachtete abtropfende Öl, denn nach den Ausführungen des Sachverständigen ist beim Verschleiß von Wellendichtringen eine Laufleistung von mehreren Tausend Kilometern erforderlich, bis es zu abtropfendem Öl kommt (vgl. Gutachten vom 25.06.2018, S. 16). Zwischen Übergabe des Fahrzeugs an die Klägerin und der Begutachtung durch den Sachverständigen ist das Fahrzeug jedoch nur rund 1.500 km gefahren.

Die Beobachtung des Zeugen X, eines von der Klägerin beauftragten Kfz-Sachverständigen, wonach bei seiner Untersuchung Ende März/Anfang April 2017 der Motor erheblich ölverschmiert gewesen sei (vgl. Protokoll vom 12.10.2017, S. 10 f.), konnte das Landgericht als weiteres Indiz dafür werten, dass die Undichtigkeit bereits bei Übergabe vorgelegen hat.

Die Angaben des Zeugen K, der am 15.02.2017 die Prüfplakette erteilt hat, stehen nicht in Widerspruch zu den Ausführungen des Sachverständigen. Er hat zwar angegeben, dass er die Plakette nicht erteilt hätte, wenn er – wie der Erstprüfer – Ölverlust mit Abtropfen festgestellt hätte. Er hat jedoch auch angegeben, dass eine vorangegangene Motorreinigung zur Täuschung führen könne, da die Prüfung zerlegungsfrei durchgeführt werde und die Nachprüfung nur eine Momentaufnahme darstelle. Eine konkrete Erinnerung an das streitgegenständliche Fahrzeug hatte der Zeuge nicht (vgl. Protokoll vom 12.10.2017, S. 7).

Das Landgericht hat die Angaben des Zeugen B, der als Kfz-Mechaniker das Fahrzeug am 15.02.2017 in der Werkstatt überprüft hat, zutreffend gewürdigt. Der Zeuge hat entgegen den Ausführungen der Beklagten nicht bestätigt, dass er den Motor auf Undichtigkeit überprüft hat. Er konnte sich an das Fahrzeug nicht erinnern und insbesondere nicht sagen, ob ihm damals ein TÜV-Bericht vorgelegt worden war. Seine nachfolgende Äußerung, wenn ihm ein TÜV-Bericht mit dem Vermerk ‚Motor undicht – Ölverlust mit Abtropfen‘ vorgelegt werde, werde der Motor von ihm auf Undichtigkeit überprüft, gibt deshalb nur wieder, wie der Zeuge in der Regel verfährt, besagt aber nicht, ob das bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug so gewesen ist. Darüber hinaus hat der Zeuge weiter ausgeführt, wenn eine Prüfung durchgeführt werde, werde der Kunde – auch wenn kein Mangel vorliege – darauf hingewiesen und das auf der Rechnung vermerkt. Da dies auf der vorliegenden Rechnung nicht vermerkt sei, schließe er, dass ein entsprechender Auftrag nicht vorgelegen habe (vgl. Protokoll vom 19.02.2018, S. 3). Darüber hinaus hat der Zeuge im Termin vom Inhaber der Werkstatt ein Foto des Auftrags angefordert und vorgezeigt, aus dem sich kein Auftrag im Hinblick auf die Überprüfung des Motors auf Undichtigkeit ergeben hat (vgl. Protokoll vom 19.02.2018, S. 4).

2. Das Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Beklagte wegen der Undichtigkeit des Motors gemäß § 444 Fall 1 BGB nicht auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen kann, weil sie bzw. ihr Ehemann als ihr Vertreter den Mangel bei Abschluss des Kaufvertrags am 06.02.2017 arglistig verschwiegen hat.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH besteht auch bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für den Entschluss eines verständigen Käufers von wesentlicher Bedeutung sind, sofern eine Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwartet werden kann (BGH, Urt. v. 15.07.2011 – V ZR 171/10, BGHZ 190, 272 = NJW 2011, 3640 Rn. 7). Das ist bei einer Undichtigkeit des Motors mit Ölverlust durch Abtropfen bei einem Fahrzeug der Fall.

Bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels handelt arglistig i. S. des § 444 Fall 1 BGB, wer einen Sachmangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Sachmangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (BGH, Urt. v. 21.07.2017 – V ZR 250/15, NJW 2018, 389 Rn. 11). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist folglich nicht erforderlich, dass der Verkäufer den Mangel und dessen Ursache positiv kennt.

b) Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagte bzw. ihr Ehemann aufgrund des TÜV-Termins am Vormittag des 06.02.2017 einen Sachmangel – nämlich die Undichtigkeit des Motors mit Abtropfen von Öl – zumindest für möglich gehalten haben, denn im Prüfbericht ist schriftlich auf diesen Mangel hingewiesen. Dass der TÜV-Prüfer keine genauen Feststellungen dazu getroffen hat, worauf die Undichtigkeit und der Ölverlust zurückzuführen sind bzw. wie diese zu beheben sind, weil dies nicht seine Aufgabe ist, ändert nichts daran, dass er einen Mangel – Undichtigkeit des Motors mit Ölverlust durch Abtropfen – festgestellt hat.

Auch wenn die Beklagte nach ihren Angaben vor dem TÜV-Termin am 06.02.2017 selbst kein abtropfendes Öl bemerkt und den anstehenden TÜV-Termin für reine Routine gehalten hat, war sie jedenfalls nach Durchführung des TÜV-Termins am 06.02.2017 darüber unterrichtet, dass nach den Feststellungen des Prüfers an dem Fahrzeug ein Mangel – Undichtigkeit des Motors mit Ölverlust durch Abtropfen – vorlag. Zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen, die unstreitig nach dem TÜV-Termin, nämlich am späten Nachmittag des 06.02.2017 stattgefunden haben, hat sie bzw. ihr Ehemann folglich den Mangel zumindest für möglich gehalten und musste die Klägerin bzw. die als deren Vertreter handelnden Eltern darüber unterrichten. Eine solche Mitteilung ist unstreitig nicht erfolgt. Diese Mitteilung war nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Klägerin bzw. deren Eltern bei Abschluss des Kaufvertrags wussten – ohne jedoch die Gründe dafür zu kennen –, dass das Fahrzeug noch keine neue TÜV-Plakette hatte, denn das allein lässt nicht den Schluss zu, dass das Fahrzeug erhebliche Mängel aufweist, geschweige denn, um welche es sich handelt.

c) Die Offenbarungspflicht ist auch dann nicht entfallen, wenn die Beklagte angenommen hat, der Mangel werde noch vor der Übergabe des Fahrzeugs behoben bzw. es werde sich erweisen, dass er nicht vorliegt. Maßgeblicher Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen für einen wirksamen Haftungsausschluss vorliegen müssen, ist die Vereinbarung des Gewährleistungsausschlusses, nicht die Übergabe der Kaufsache (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 78. Aufl. [2018], § 444 Rn. 6). Der Verkäufer muss folglich den Käufer über alle Mängel aufklären, die er zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Gewährleistungsausschlusses für möglich hält, wenn er nicht die Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses nach § 444 Fall 1 BGB riskieren will. Unterlässt der Verkäufer die geschuldete Offenbarung, kann er sich nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen, wenn – entgegen seinen Absichten oder Erwartungen – der Mangel bei Gefahrübergang noch vorhanden ist. Wird der Mangel bis zum Gefahrübergang beseitigt, sind ohnehin keine Gewährleistungsansprüche gegeben. So liegt der Fall hier aber nicht, denn die am 15.02.2017 erfolgte Erteilung der TÜV-Plakette ist nicht mit der Mangelfreiheit des Fahrzeugs gleichzusetzen.

Hier wurde der Gewährleistungsausschluss am Nachmittag des 06.02.2017 im Kaufvertrag vereinbart. Zu diesem Zeitpunkt hat die Beklagte aufgrund der Feststellungen des TÜV-Prüfers wenige Stunden zuvor es zumindest für möglich gehalten, dass eine Undichtigkeit des Motors vorlag, und war deshalb zur Offenbarung dieses Umstands verpflichtet.

Soweit bei Übergabe des Fahrzeugs am 15.02.2017 neben den Bestätigungen über den Erhalt des Restkaufpreises und der Fahrzeugschlüssel und -papiere nochmals festgehalten wurde, dass das Auto unter Ausschluss jeglicher Gewährleistungsansprüche verkauft werde, handelt es sich um Wiederholung der im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarung. Im Übrigen bestand auch zu diesem Zeitpunkt noch eine Offenbarungspflicht hinsichtlich des am 06.02.2017 vom TÜV festgestellten Mangels. Denn die Beklagte hat schon nicht nachweisen können, dass vor der erneuten Vorstellung des Fahrzeugs bei der KÜS-Prüfstelle eine Untersuchung bzw. Reparatur des Motors im Hinblick auf die Undichtigkeit in Auftrag gegeben worden wäre. Die Vernehmung des Zeugen G hat vielmehr ergeben, dass der Auftrag keine Überprüfung des Motors beinhaltet hat (vgl. Protokoll vom 19.02.2018, S. 4). Folglich hatte die Beklagte auch bei Übergabe des Fahrzeugs noch keine Gewissheit darüber erlangt, dass der am 06.02.2017 festgestellte Mangel nicht (mehr) vorhanden war.

3. Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten ergibt sich aus § 280 I BGB. …“

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