1. Der Er­wer­ber ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs ist al­len­falls dann gut­gläu­big, wenn er sich we­nigs­tens die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (Fahr­zeug­brief) vor­le­gen lässt, um die Be­rech­ti­gung des Ver­äu­ße­rers zu prü­fen. Denn kann der Ver­äu­ße­rer ei­nes Ge­braucht­wa­gens die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II nicht vor­le­gen, ist je­den­falls ein schüt­zens­wer­tes Ver­trau­en dar­auf, dass er Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs oder sonst be­rech­tigt sei, dar­über zu ver­fü­gen, nicht ge­recht­fer­tigt (im An­schluss an BGH, Urt. v. 13.04.1994 – II ZR 196/93, NJW 1994, 2022, 2023; Urt. v. 13.05.1996 – II ZR 222/95, NJW 1996, 2226, 2227). Das gilt auch, wenn ein ge­brauch­tes Fahr­zeug von ei­nem Kraft­fahr­zeug­händ­ler im Rah­men sei­nes Ge­schäfts­be­triebs ver­äu­ßert wird. In ei­nem sol­chen Fall ist der Er­wer­ber aber wohl nicht schon des­halb bös­gläu­big (§ 932 II BGB), weil der Händ­ler nicht als Hal­ter des Fahr­zeugs in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II ein­ge­tra­gen ist (vgl. BGH, Urt. v. 01.07.1987 – VI­II ZR 331/86, NJW-RR 1987, 1456, 1457).
  2. Dem Er­wer­ber ei­nes Ge­braucht­wa­gens kommt die Ver­mu­tung, dass er Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs sei (§ 1006 I 1 BGB), schon dann zu­gu­te, wenn er sei­nen un­mit­tel­ba­ren Be­sitz an dem Fahr­zeug nach­weist und die Rechts­be­haup­tung auf­stellt, des­sen Ei­gen­tü­mer zu sein. Der Er­wer­ber ist grund­sätz­lich nicht ver­pflich­tet dar­zu­le­gen, wie er den Ei­gen­be­sitz und das Ei­gen­tum an dem Fahr­zeug kon­kret er­langt hat. Ihn kann al­len­falls ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last tref­fen, wenn sich der frag­li­che Ei­gen­tums­wech­sel in sei­ner Sphä­re ab­ge­spielt hat.
  3. Der­je­ni­ge, der ei­nen gut­gläu­bi­gen Ei­gen­tums­er­werb be­strei­tet, trägt die Dar­le­gungs- und Be­weis­last da­für, dass der Er­wer­ber bös­gläu­big war. Des­halb muss nicht der Er­wer­ber ei­nes Ge­braucht­wa­gens dar­le­gen und ge­ge­be­nen­falls be­wei­sen, dass er sich vom Ver­äu­ße­rer die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II hat vor­le­gen las­sen, son­dern der­je­ni­ge, der ei­nen gut­gläu­bi­gen Er­werb in Ab­re­de stellt, muss dar­le­gen und im Be­strei­tens­fall be­wei­sen, dass die Vor­la­ge der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II un­ter­blie­ben ist (im An­schluss an OLG Braun­schweig, Beschl. v. 02.01.2019 – 9 U 32/18, BeckRS 2019, 814 Rn. 40 f.; a. A. KG, Beschl. v. 22.05.2014 – 8 U 114/13, ju­ris Rn. 18). Der Er­wer­ber hat in­so­weit al­len­falls ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last.
  4. Ob­wohl der Ver­äu­ße­rer ei­nes Ge­braucht­wa­gens im Be­sitz des Fahr­zeugs und der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II ist, kann der Er­wer­ber bös­gläu­big (§ 932 II BGB) sein, näm­lich dann, wenn be­son­de­re Um­stän­de sei­nen Ver­dacht er­re­gen muss­ten und er die­se un­be­ach­tet lässt (im An­schluss an BGH, Urt. v. 23.05.1966 – VI­II ZR 60/64, WM 1966, 678 = ju­ris Rn. 10). Für sol­che Um­stän­de trägt der­je­ni­ge die Dar­le­gungs- und Be­weis­last, der ei­nen gut­gläu­bi­gen Er­werb des Fahr­zeugs in Ab­re­de stellt. Sie lie­gen je­den­falls beim Er­werb ei­nes Ge­braucht­wa­gens von ei­nem Kraft­fahr­zeug­händ­ler nicht per se des­halb vor, weil dem Er­wer­ber ei­ne (hier: ge­fälsch­te) Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II zwar vor­ge­legt, aber nicht aus­ge­hän­digt wird.

OLG Stutt­gart, Ur­teil vom 21.07.2021 – 9 U 90/21
(nach­fol­gend: BGH, Ur­teil vom 23.09.2022 – V ZR 148/21)

Sach­ver­halt: Die kla­gen­de Kraft­fahr­zeug­händ­le­rin kauf­te am 22.03.2019 von der – vor­mals un­ter Au­to­haus R-GmbH fir­mie­ren­den – P-GmbH für 30.800 € ei­nen Pkw Mer­ce­des-AMG C 43. Die­ses Fahr­zeug stand sei­ner­zeit im Ei­gen­tum der Be­klag­ten. Die Klä­ge­rin macht gel­tend, sie ha­be das Ei­gen­tum an dem Pkw gut­gläu­big er­wor­ben, und nimmt mit die­ser Be­grün­dung die Be­klag­te als Be­sit­ze­rin auf Her­aus­ga­be der zu dem Mer­ce­des-AMG C 43 ge­hö­ren­den Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (Fahr­zeug­brief) in An­spruch. Die Be­klag­te ver­langt von der Klä­ge­rin wi­der­kla­gend die Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs. Die Par­tei­en strei­ten ins­be­son­de­re dar­über, ob sich der für die Klä­ge­rin han­deln­de K ei­ne (ge­fälsch­te) Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II hat vor­le­gen las­sen.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Auf die Wi­der­kla­ge hat es die Klä­ge­rin ver­ur­teilt, den Mer­ce­des-AMG C 43 an die Be­klag­te her­aus­zu­ge­ben.

Zur Be­grün­dung hat das Land­ge­richt aus­ge­führt, die Klä­ge­rin ha­be ge­gen die Be­klag­te kei­nen An­spruch auf Her­aus­ga­be der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (§§ 985, 952 I BGB [ana­log]), weil sie das Ei­gen­tum an dem Pkw nicht gut­gläu­big von der P-GmbH er­wor­ben ha­be. Es kön­ne näm­lich nicht fest­ge­stellt wer­den, dass K, auf den es ge­mäß § 166 I BGB an­kom­me, bei der Über­eig­nung des Fahr­zeugs gut­gläu­big (§ 932 II BGB) ge­we­sen sei. Ei­ne Min­dest­vor­aus­set­zung für den gut­gläu­bi­gen Er­werb ei­nes Kraft­fahr­zeugs sei, dass sich der Er­wer­ber die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II vor­le­gen las­se. Dass dies ge­sche­hen sei, müs­se trotz § 932 II BGB der Er­wer­ber dar­le­gen und be­wei­sen. Denn beim Er­werbs­vor­gang sei der Alt­ei­gen­tü­mer ty­pi­scher­wei­se nicht zu­ge­gen, wäh­rend der Er­wer­ber in der Re­gel oh­ne Wei­te­res die Fahr­zeug­pa­pie­re vor­wei­sen und so zu sei­nen Guns­ten den An­schein be­grün­den kön­ne, dass er sich die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II ha­be vor­le­gen las­sen. Je­den­falls tref­fe den Er­wer­ber bei nach­ge­wie­se­nen Un­stim­mig­kei­ten ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last. K – so das Land­ge­richt – ha­be zwar glaub­haft an­ge­ge­ben, dass er sich un­ter an­de­rem die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II ha­be zei­gen las­sen und die Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mern ver­gli­chen ha­be. Auch ha­be K – in­so­weit in Über­ein­stim­mung mit dem schrift­li­chen Kauf­ver­trag – nach­voll­zieh­bar aus­ge­führt, dass der ge­werb­li­che Ver­käu­fer ei­nes Kraft­fahr­zeugs die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II bei ei­ner – hier vor­lie­gen­den – um­satz­steu­er­frei­en in­ner­ge­mein­schaft­li­chen Lie­fe­rung bis zum Er­halt ei­ner Ge­lan­gens­be­stä­ti­gung zu­rück­be­hal­te. Auf­fäl­lig sei je­doch, dass K ge­gen­über der Po­li­zei nicht er­wähnt ha­be, dass er sich die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II ha­be vor­le­gen las­sen. Er ha­be viel­mehr an­ge­ge­ben, dass ihm ge­sagt wor­den sei, der Er­halt der Fahr­zeug­pa­pie­re ver­zö­ge­re sich, weil der vor­he­ri­ge Fahr­zeug­ver­käu­fer den Kauf­preis noch nicht voll­stän­dig er­hal­ten ha­be. Au­ßer­dem ha­be K miss­trau­isch ma­chen müs­sen, dass er – nach sei­nen An­ga­ben – nur ei­ne Mo­bil­te­le­fon­num­mer und nicht (auch) die Fest­netz­num­mer ei­ner ihm na­ment­lich nicht be­kann­ten Frau ge­habt ha­be. Schließ­lich fal­le auf, dass K an­ge­ge­ben ha­be, er fo­to­gra­fie­re bei der Über­ga­be ei­nes Fahr­zeugs nur die­ses, um sei­nen Zu­stand zu do­ku­men­tie­ren, aber (auch) die Fahr­zeug­pa­pie­re. Dem wi­der­spre­che die An­ga­be der Klä­ge­rin, sie ha­be vor Kur­zem von der P-GmbH ei­nen Mer­ce­des-Benz E 220 er­wor­ben, und in die­sem Fall ha­be K ein fran­zö­si­sches Fahr­zeug­do­ku­ment fo­to­gra­fiert. Da mit­hin die Be­klag­te ihr Ei­gen­tum an dem Mer­ce­des-AMG C 43 nicht ver­lo­ren ha­be, ha­be sie ge­gen den Klä­ger den wi­der­kla­gend gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Her­aus­ga­be die­ses Fahr­zeugs (§ 985 BGB).

Mit ih­rer da­ge­gen ge­rich­te­ten Be­ru­fung hat die Klä­ge­rin die Be­weis­wür­di­gung des Land­ge­richts ge­rügt. Es sei schon nicht klar, wie das Land­ge­richt, das be­züg­lich der Um­stän­de des Er­werbs an ei­ner Stel­le von ei­ner sie – die Klä­ge­rin – tref­fen­den Be­weis­last aus­ge­he, an an­de­rer Stel­le aber le­dig­lich ei­ne se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last an­neh­me, zu sei­ner Ent­schei­dung ge­kom­men sei. Je­den­falls sei die An­nah­me falsch, sie – die Klä­ge­rin – müs­se be­wei­sen, dass K die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II vor­ge­legt wor­den und die­ser des­halb gut­gläu­big ge­we­sen sei. Dies sei ei­ne un­zu­läs­si­ge Um­kehr der Be­weis­last, weil letzt­lich – ent­ge­gen § 932 I 1 BGB – der Er­wer­ber sei­nen gu­ten Glau­ben be­wei­sen müs­se. Ei­ner sie – die Klä­ge­rin – mög­li­cher­wei­se tref­fen­den skun­dä­ren Dar­le­gungs­last (Vor­la­ge der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II) ha­be sie ge­nügt. Die Be­weis­wür­di­gung des Land­ge­richts sei auch in­halt­lich nicht über­zeu­gend.

Das Rechts­mit­tel hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Die … Be­ru­fung ist zu­läs­sig. Sie hat in der Sa­che Er­folg. Die deut­schen Ge­rich­te sind im Streit­fall zur Ent­schei­dung un­ter An­wen­dung deut­schen Sach­rechts be­ru­fen (1). Die Be­klag­te ist auf die zu­läs­si­ge und be­grün­de­te Kla­ge hin zur Her­aus­ga­be der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II zu ver­ur­tei­len. Die Wi­der­kla­ge hin­ge­gen ist un­be­grün­det und da­her ab­zu­wei­sen (2).

1. Es be­steht ei­ne in­ter­na­tio­na­le Zu­stän­dig­keit der deut­schen Ge­rich­te (a). An­zu­wen­den ist deut­sches Sach­recht (b).

a) Die deut­schen Ge­rich­te sind in­ter­na­tio­nal zu­stän­dig. Für die Kla­ge folgt dies aus Art. 4 I, 63 I Eu­GV­VO. Hier­bei ist es oh­ne Aus­wir­kung, dass das Fahr­zeug – was im Be­ru­fungs­ver­fah­ren wohl nicht im Streit steht – wäh­rend des Ver­fah­rens nach Ita­li­en ver­bracht wur­de. Denn die­ser Um­stand ist le­dig­lich im Rah­men der Wi­der­kla­ge re­le­vant. Für sie gilt al­ler­dings der Ge­richts­stand des Sach­zu­sam­men­hangs nach Art. 8 Nr. 3 Eu­GV­VO. Oh­ne­hin hat sich die Klä­ge­rin auf die Wi­der­kla­ge rü­ge­los ein­ge­las­sen (Art. 26 I Eu­GV­VO).

b) Ma­te­ri­ell kommt deut­sches Sa­chen­recht zur An­wen­dung.

Für die Kla­ge er­gibt sich dies dar­aus, dass die her­aus­ver­lang­te Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II im Be­sitz der Be­klag­ten ist und ge­mäß Art. 43 I EGBGB Rech­te an ei­ner Sa­che dem Recht des Staa­tes un­ter­lie­gen, in dem sich die Sa­che be­fin­det (lex rei si­tae).

Auch der Her­aus­ga­be­an­spruch be­züg­lich des Fahr­zeugs, der Ge­gen­stand der Wi­der­kla­ge ist, rich­tet sich nach deut­schem Recht. Dies gilt un­ge­ach­tet des Um­stands, dass zwi­schen­zeit­lich das Fahr­zeug wäh­rend des Kla­ge­ver­fah­rens nach Ita­li­en ge­schafft wur­de. Zwar hat die An­knüp­fung des Sach­sta­tuts an den La­ge­ort der Sa­che zur Kon­se­quenz, dass durch das blo­ße Ver­brin­gen der Sa­che in ein an­de­res Staats­ge­biet für das Rechts­wir­kungs­sta­tut ge­mäß Art. 43 II EGBGB ein Sta­tu­ten­wech­sel ein­tritt, oh­ne dass es grund­sätz­lich dar­auf an­kommt, auf­grund wel­cher Um­stän­de der La­ge­ort ver­än­dert wur­de (BGH, Urt. v. 22.02.2010 – II ZR 286/07, NJW-RR 2010, 983 Rn. 21). Der in­ter­na­tio­nal-sa­chen­recht­li­che Grund­satz der An­er­ken­nung be­ste­hen­der Rech­te hat je­doch zur Fol­ge, dass nach dem Erst­sta­tut (Rechts­be­stands­sta­tut) ver­wirk­lich­te ding­li­che Tat­be­stän­de den Sta­tu­ten­wech­sel über­dau­ern und vom Zweit­sta­tut hin­ge­nom­men wer­den (NK-BGB/​v. Pleh­we, 4. Aufl. [2021], Art. 43 EGBGB Rn. 27). So liegt es hier be­züg­lich des be­haup­te­ten (gut­gläu­bi­gen) Ei­gen­tums­er­werbs. Die­ser wur­de ab­ge­schlos­sen zu ei­ner Zeit, als das Fahr­zeug sich noch im In­land be­fand. Die Fra­ge sei­ner Wirk­sam­keit rich­tet sich folg­lich nach ma­te­ri­el­lem deut­schen Recht.

2. Die Klä­ge­rin hat ge­mäß § 985 BGB ei­nen An­spruch auf Her­aus­ga­be der im Be­sitz der Be­klag­ten be­find­li­chen Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug. Das Ei­gen­tum an den Fahr­zeug­pa­pie­ren folgt ent­spre­chend § 952 II BGB dem Ei­gen­tum an dem Fahr­zeug (Pa­landt/​Herr­ler, BGB, 80. Aufl. [2021], § 952 Rn. 6). Ei­gen­tü­me­rin des Fahr­zeugs ist die Klä­ge­rin (a). Da­her kann die Be­klag­te die­ses Fahr­zeug ih­rer­seits nicht mit der Wi­der­kla­ge ge­mäß § 985 BGB her­aus­ver­lan­gen. Die Wi­der­kla­ge ist viel­mehr un­be­grün­det (b).

a) Für das Ei­gen­tum der Klä­ge­rin an dem Fahr­zeug strei­tet be­reits § 1006 I 1 BGB, wo­nach zu­guns­ten des (Ei­gen-)Be­sit­zers ei­ner be­weg­li­chen Sa­che ver­mu­tet wird, dass er Ei­gen­tü­mer die­ser Sa­che ist. Die Wi­der­le­gung der Ver­mu­tung setzt den ge­mäß § 286 ZPO zu füh­ren­den Be­weis vor­aus, dass der Er­wer­ber das Ei­gen­tum nie er­langt oder es wie­der ver­lo­ren hat (vgl. BGH, Urt. v. 16.10.2003 – IX ZR 55/02, NJW 2004, 217, 219). Zu füh­ren hat den (Voll-)Be­weis der Ver­mu­tungs­geg­ner, al­so die Be­klag­te. Das ist ihr nicht ge­lun­gen. Die Be­klag­te zieht oh­ne Er­folg in Zwei­fel, dass die Klä­ge­rin das Fahr­zeug wirk­sam zu Ei­gen­tum er­wor­ben hat.

aa) Der zwi­schen der Klä­ge­rin und der P-GmbH voll­zo­ge­ne Er­werbs­vor­gang steht an sich nicht in Streit. Die ding­li­che Ei­ni­gung voll­zog sich zwi­schen dem für die Klä­ge­rin han­deln­den Zeu­gen K und ei­nem für die P-GmbH auf­tre­ten­den Ver­tre­ter am 01.04.2019. Das Fahr­zeug wur­de, wie es § 929 Satz 1 BGB vor­aus­setzt, über­ge­ben.

bb) Zwar ist ei­ne Be­rech­ti­gung der P-GmbH zur Ver­fü­gung über das Fahr­zeug oder ei­ne Ge­neh­mi­gung des Ver­fü­gungs­ge­schäfts (§ 185 BGB) we­der be­haup­tet noch sonst er­sicht­lich. Das hin­dert für sich die Wirk­sam­keit des Ei­gen­tums­er­werbs je­doch nicht. Denn die Klä­ge­rin hat das Ei­gen­tum wirk­sam von der P-GmbH als Nicht­be­rech­tig­te er­wor­ben ge­mäß § 929 Satz 1, § 932 I 1, II BGB, § 366 I HGB.

(1) Ein Ab­han­den­kom­men des an die P-GmbH ver­leas­ten Fahr­zeugs be­haup­tet die Be­klag­te nicht. Ein sol­ches liegt auch fern. Ab­han­den­kom­men i. S. des § 935 I BGB meint nur den un­frei­wil­li­gen Ver­lust des un­mit­tel­ba­ren Be­sit­zes. Un­mit­tel­ba­re Be­sit­ze­rin war je­doch im Zeit­punkt der Über­eig­nung an die Klä­ge­rin nicht die Be­klag­te, son­dern die P-GmbH. Die­se hat sich im Rah­men der Ver­äu­ße­rung an die Klä­ge­rin des un­mit­tel­ba­ren Be­sit­zes frei­wil­lig ent­le­digt.

(2) Dass die Klä­ge­rin bei Er­werb nicht gut­gläu­big (§ 932 II BGB) war, hat die Be­klag­te nicht zu be­wei­sen ver­mocht.

(a) Der Er­wer­ber ist nicht in gu­tem Glau­ben, wenn ihm be­kannt oder in­fol­ge gro­ber Fahr­läs­sig­keit un­be­kannt ist, dass die Sa­che nicht dem Ver­äu­ße­rer ge­hört. Un­ter gro­ber Fahr­läs­sig­keit wird hier­bei im All­ge­mei­nen ein Han­deln ver­stan­den, bei dem die er­for­der­li­che Sorg­falt den ge­sam­ten Um­stän­den nach in un­ge­wöhn­lich gro­ßem Ma­ße ver­letzt wor­den ist und bei dem das­je­ni­ge un­be­ach­tet ge­blie­ben ist, was im ge­ge­be­nen Fall je­dem hät­te ein­leuch­ten müs­sen (BGH, Urt. v. 19.07.2019 – V ZR 255/17, NJW 2019, 3147 Rn. 45). Da­bei trifft den Er­wer­ber in Be­zug auf die Ei­gen­tums­la­ge frei­lich kei­ne Nach­for­schungs­pflicht (vgl. be­reits BGH, Urt. v. 22.06.1966 – VI­II ZR 141/64, NJW 1966, 1959, 1960; Be­ckOK-BGB/​Kindl, Stand: 01.05.2021, § 932 Rn. 16). An­de­rer­seits kann ei­ne Bös­gläu­big­keit vor­lie­gen, wenn be­son­de­re Um­stän­de sei­nen Ver­dacht er­re­gen muss­ten und er die­se un­be­ach­tet lässt (BGH, Urt. v. 19.07.2019 – V ZR 255/17, NJW 2019, 3147 Rn. 47; Urt. v. 01.03.2013 – V ZR 92/12, NJW 2013, 1946 Rn. 13; je­weils m. w. Nachw.).

Die­se Maß­stä­be be­an­spru­chen auch für den Er­werb ei­nes – wie hier – ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs Gel­tung. Al­ler­dings be­grün­det nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH, der sich der Se­nat an­schließt, der Be­sitz des­sel­ben al­lein nicht den für den Gut­glau­bens­er­werb nach § 932 BGB be­zie­hungs­wei­se § 366 HGB er­for­der­li­chen Rechts­schein. Viel­mehr ge­hört es re­gel­mä­ßig zu den Min­des­ter­for­der­nis­sen gut­gläu­bi­gen Er­werbs ei­nes sol­chen Kraft­fahr­zeugs, dass sich der Er­wer­ber den Fahr­zeug­brief vor­le­gen lässt, um die Be­rech­ti­gung des Ver­äu­ße­rers zu prü­fen (BGH, Urt. v. 13.05.1996 – II ZR 222/95, NJW 1996, 2226, 2227 m. w. Nachw.). Da­hin­ter steht die Er­wä­gung, dass es Arg­wohn er­we­cken und zu wei­te­ren Nach­for­schun­gen An­lass ge­ben muss, wenn der Ver­äu­ße­rer den Fahr­zeug­brief nicht vor­le­gen kann (BGH, Urt. v. 13.04.1994 – II ZR 196/93, NJW 1994, 2022, 2023), je­den­falls aber nicht das schüt­zens­wer­te Ver­trau­en recht­fer­tigt, der Be­sit­zer des Ge­braucht­wa­gens sei Ei­gen­tü­mer oder doch zur Ver­fü­gung über die Sa­che er­mäch­tigt (BGH, Urt. v. 13.05.1996 – II ZR 222/95, NJW 1996, 2226, 2227).

Das gilt auch beim Er­werb von ei­nem Kraft­fahr­zeug­händ­ler. Ob in­so­weit in Be­zug auf den nach § 366 I HGB hin­rei­chen­den gu­ten Glau­ben an die Ver­fü­gungs­be­fug­nis des Ver­äu­ße­rers ei­ne Er­kun­di­gungs­pflicht be­steht, wenn ein ge­brauch­tes Fahr­zeug von ei­nem Händ­ler im Rah­men von des­sen Ge­schäfts­be­trieb er­wor­ben wird, da­bei die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (frü­her: Fahr­zeug­brief) samt al­len sons­ti­gen Un­ter­la­gen dem Käu­fer über­ge­ben wird und sons­ti­ge Um­stän­de, die ei­nen Ver­dacht des Käu­fers her­vor­ru­fen müs­sen, nicht vor­lie­gen, er­scheint an­ge­sichts der häu­fi­gen kom­mis­si­ons­wei­sen Ein­schal­tung von Händ­lern beim Ge­braucht­wa­gen­ver­kauf zwei­fel­haft (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.1975 – VI­II ZR 151/73, NJW 1975, 735, 736), so­dass al­lein die feh­len­de Ein­tra­gung des Kfz-Händ­lers zur Be­grün­dung ei­ner Bös­gläu­big­keit wohl nicht aus­reicht (vgl. BGH, Urt. v. 01.07.1987 – VI­II ZR 331/86, NJW-RR 1987, 1456, 1457; OLG Braun­schweig, Beschl. v. 02.01.2019 – 9 U 32/18, BeckRS 2019, 814 Rn. 48 m. w. Nachw.; OLG Ham­burg, Urt. v. 20.02.1986 – 6 U 161/85, NJW-RR 1987, 1266, 1267; Ger­de­mann/​Hel­mes, JA 2019, 856, 858). Der Se­nat muss die­se Fra­ge je­doch nicht ent­schei­den. Zwar wä­re es nach den vor­ste­hen­den Aus­füh­run­gen im Aus­gangs­punkt dann gleich­gül­tig, ob die P-GmbH in der – dem Vor­trag der Klä­ge­rin zu­fol­ge – dem Zeu­gen K vor­ge­leg­ten ge­fälsch­ten Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II ein­ge­tra­gen war oder nicht. Das wird aber von den Par­tei­en nicht be­son­ders the­ma­ti­siert. Im Kern geht es auch in Be­zug auf die Fra­ge ei­nes gu­ten Glau­bens an die Ver­fü­gungs­be­fug­nis da­her dar­um, ob die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II über­haupt vor­ge­legt wur­de. Schließ­lich setzt auch der gu­te Glau­be an die Ver­fü­gungs­be­fug­nis (§ 366 I HGB) je­den­falls die Vor­la­ge der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II vor­aus (vgl. BGH, Urt. v. 13.05.1996 – II ZR 222/95, NJW 1996, 2226, 2227), lässt al­so nicht et­wa den Um­stand al­lein, dass von ei­nem Händ­ler er­wor­ben wird, hin­rei­chen, um ei­ne gro­be Fahr­läs­sig­keit aus­zu­schlie­ßen.

(b) An­ge­wen­det auf den Streit­fall hät­te ei­ne Gut­gläu­big­keit der Klä­ge­rin aus­zu­schei­den, wenn der Zeu­ge K, auf des­sen Per­son es in­so­weit an­kommt (§ 166 I BGB), sich die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II nicht hät­te vor­le­gen las­sen ((aa), (bb)) oder wenn an­de­re kon­kre­te Ver­dachts­mo­men­te für ein Feh­len der Ei­gen­tü­mer­stel­lung oder Ver­fü­gungs­be­fug­nis der P-GmbH aus­zu­ma­chen wä­ren ((cc)). Bei­des ist nicht fest­stell­bar.

(aa) Die Be­klag­te hat nicht be­wie­sen, dass dem Zeu­gen K die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II oder we­nigs­tens ei­ne echt aus­se­hen­de Fäl­schung nicht vor­ge­legt wur­de.

Das Land­ge­richt hat aus­ge­führt, der Zeu­ge K ha­be zwar nach­voll­zieh­bar und glaub­haft an­ge­ge­ben, dass ihm ei­ne Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II vor­ge­legt wor­den sei. Es be­stün­den aber letzt­lich Zwei­fel, un­ter an­de­rem weil der Zeu­ge den Vor­gang zwar als ins­ge­samt un­auf­fäl­lig und sein Ver­hal­ten als stan­dar­di­siert be­zeich­net, bei ei­nem an­de­ren Kauf kur­ze Zeit zu­vor je­doch ein Fo­to der Pa­pie­re ge­fer­tigt ha­be. Zu­dem ha­be er ge­gen­über der Po­li­zei ei­nen an­de­ren Grund für das Nicht­vor­lie­gen der Pa­pie­re an­ge­ge­ben. Da­bei tref­fe die Klä­ge­rin die Be­weis­last da­für, dass die Be­schei­ni­gung tat­säch­lich vor­ge­legt wor­den sei.

An die­se Fest­stel­lung ist der Se­nat im Rah­men des § 529 I Nr. 1 ZPO nicht ge­bun­den. Denn das Land­ge­richt, des­sen Be­grün­dung oh­ne­hin zwi­schen Be­weis­last, se­kun­dä­rer Dar­le­gungs­last und ei­ner (nicht exis­tie­ren­den) „se­kun­dä­ren Be­weis­last“ schwankt, hat die Ver­tei­lung der Be­weis­last im Streit­fall ver­kannt.

Nach den oben (II 2 a) ge­nann­ten Grund­sät­zen ist es Sa­che der Be­klag­ten, die Ver­mu­tung des § 1006 I 1 BGB zu wi­der­le­gen. So­weit sie das da­durch ver­sucht, dass sie ei­nen wirk­sa­men Ei­gen­tums­er­werb in Ab­re­de stellt, hilft es ihr noch nicht, wenn sie dar­auf hin­weist, dass (was fest­steht) die Klä­ge­rin vom Nicht­be­rech­tig­ten er­wor­ben hat. Vor­aus­set­zung ist, wie be­reits ge­zeigt, dass die Er­wer­be­rin (d. h. die Klä­ge­rin) beim Er­werb bös­gläu­big war. In­so­weit ent­hält § 932 II BGB we­gen der ne­ga­ti­ven Wen­dung des Norm­wort­lauts ei­ne Be­weis­re­gel, wo­nach der aus dem Ei­gen­tum Ver­trie­be­ne die Dar­le­gungs- und Be­weis­last da­für trägt, dass der Er­wer­ber nicht in gu­tem Glau­ben war (MünchKomm-BGB/​Oechs­ler, 8. Aufl. [2020], § 932 Rn. 70).

Die­se Grund­sät­ze be­hal­ten auch in­so­weit Gel­tung, als es um den Er­werb ei­nes Ge­braucht­fahr­zeugs geht. Wenn die Recht­spre­chung es hier als ei­ne Min­dest­an­for­de­rung be­zeich­net, dass der Er­wer­ber sich die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II vor­le­gen lässt, hat dies auf die all­ge­mei­ne Ver­tei­lung der Dar­le­gungs- und Be­weis­last kei­nen Ein­fluss. Es han­delt sich le­dig­lich um ei­ne Kon­kre­ti­sie­rung der Sorg­falts­an­for­de­run­gen. Die Be­weis­last trägt auch in­so­weit al­so der­je­ni­ge, der sich auf den feh­len­den gu­ten Glau­ben be­ruft (zu­tref­fend OLG Braun­schweig, Beschl. v. 02.01.2019 – 9 U 32/18, BeckRS 2019, 814 Rn. 40 f.; a. A. MünchKomm-BGB/​Oechs­ler, a. a. O., § 932 Rn. 71 und 57; KG, Beschl. v. 22.05.2014 – 8 U 114/13, ju­ris Rn. 18 [oh­ne nä­he­re Be­grün­dung]). So­weit da­ge­gen ein­ge­wandt wird, der Her­aus­ga­be­klä­ger ste­he au­ßer­halb des Er­werbs­vor­gangs und ihm wer­de die­s­er­halb ein Nach­weis schwer­fal­len, han­delt es sich letzt­lich um ein im Rah­men des Her­aus­ga­be­an­spruchs struk­tu­rell an­ge­leg­tes Pro­blem. Schließ­lich ent­hebt die Ver­mu­tung des § 1006 I 1 BGB den Be­sit­zer im Grund­satz nicht nur der Be­weis-, son­dern auch der Dar­le­gungs­last da­für, dass und auf wel­cher Grund­la­ge er oder der­je­ni­ge, von dem er sein Be­sitz­recht ab­lei­tet, mit dem Be­sit­zer­werb Ei­gen­tum er­wor­ben hat (st. Rspr., BGH, Urt. v. 10.05.1960 – VI­II ZR 90/59, NJW 1960, 1517, 1518; Urt. v. 04.02.2002 – II ZR 37/00, ju­ris Rn. 7). Er ist da­nach grund­sätz­lich nicht ver­pflich­tet auf­zu­klä­ren, wie er den Ei­gen­be­sitz und das Ei­gen­tum kon­kret er­langt hat, und ge­nießt die Rechts­wohl­tat des § 1006 I 1 BGB be­reits dann, wenn er sei­nen un­mit­tel­ba­ren Be­sitz nach­weist und die Rechts­be­haup­tung auf­stellt, Ei­gen­tü­mer der Sa­che zu sein (OLG Naum­burg, Urt. v. 02.02.2015 – 12 U 105/14, ju­ris Rn. 34; OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 08.05.2014 – 4 U 393/11, ju­ris Rn. 28).

Al­len­falls kommt des­we­gen in Be­tracht, dass der Er­wer­ber ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last in Be­zug dar­auf zu tra­gen hat, ihm sei die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II vor­ge­legt wor­den (vgl. Eg­gert, in: Rein­king/​Eg­gert, Der Au­to­kauf, 14. Aufl. [2020], Rn. 4765a; Ger­de­mann/​Hel­mes, JA 2019, 856, 857). Das kann der Se­nat frei­lich of­fen­las­sen. Denn die Klä­ge­rin ist ei­ner et­wai­gen se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last je­den­falls nach­ge­kom­men. Sie hat die Um­stän­de des Er­werbs hin­rei­chend de­tail­liert ge­schil­dert und auch an­ge­ge­ben, wer für sie han­del­te. Es wä­re des­we­gen an der Be­klag­ten, Be­weis für die von ihr auf­ge­stell­te – ge­gen­tei­li­ge – Be­haup­tung an­zu­bie­ten. Das hat sie nicht ge­tan. Sie hat im Ter­min vor dem Se­nat aus­drück­lich er­klärt, den Zeu­gen K nicht zu be­nen­nen. Letzt­lich ist sie be­weis­fäl­lig ge­blie­ben. Da­bei hilft es der Be­klag­ten nicht wei­ter, sich dar­auf zu be­ru­fen, es spre­che der ers­te An­schein da­für, dass die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II nicht vor­ge­legt wor­den sei, weil sie sich schließ­lich ak­tu­ell im Be­sitz der Be­klag­ten be­fin­de (Schrift­satz vom 02.07.2021, S. 3). Dass das Ori­gi­nal der Be­schei­ni­gung nicht vor­ge­legt wur­de, ist gar nicht im Streit. Es zer­stört den gu­ten Glau­ben al­ler­dings nicht, wenn dem Er­wer­ber ei­ne un­ech­te Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II vor­ge­legt wird, die­se aber kei­ne Auf­fäl­lig­kei­ten auf­weist und letzt­lich wie ein Ori­gi­nal aus­sieht. Ge­ra­de dar­um geht es hier.

(bb) An dem Um­stand, dass die Klä­ge­rin – was die Be­klag­te nicht wi­der­legt hat – ei­ne Fäl­schung der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II ge­zeigt, aber nicht aus­ge­hän­digt be­kam, schei­tert die An­nah­me der Gut­gläu­big­keit nicht. Zwar mag es grund­sätz­lich ei­ne Ver­dachts­si­tua­ti­on be­grün­den, wenn der Ver­äu­ße­rer die Pa­pie­re zu­rück­be­hält und nicht aus­hän­digt, weil dann zu ver­mu­ten ist, dass et­wa ein Vor­be­halts­ei­gen­tum be­steht. Gibt es aber – wie hier – ei­nen Grund für das Zu­rück­be­hal­ten der Pa­pie­re, reicht es aus, wenn zu­min­dest die Pa­pie­re vor­ge­zeigt wer­den, sich al­so of­fen­sicht­lich nicht bei der Bank be­fin­den oder Ähn­li­ches. Dies gilt hier, weil an­zu­neh­men ist, dass im in­ter­na­tio­na­len Kfz-Han­del üb­li­cher­wei­se die Pa­pie­re zu­rück­be­hal­ten wer­den bis zum Er­halt der so­ge­nann­ten Ge­lan­gens­be­stä­ti­gung (§ 4 Nr. 1 lit. b, § 6a UStG, § 17a I Nr. 2 lit. a, § 17b II 1 Nr. 2 USt­DV). Der An­nah­me ei­nes sol­chen Brauchs ist die Be­klag­te nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten. Für ihn spricht im Üb­ri­gen, dass in dem Kauf­ver­trag (An­la­ge K 1) ei­gens dar­auf hin­ge­wie­sen wur­de. Der Um­stand, dass die Klä­ge­rin das ge­fälsch­te Pa­pier jetzt im Nach­hin­ein nicht in den Hän­den hält, bie­tet dem­zu­fol­ge ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten (Schrift­satz vom 02.07.2021, S. 2, mit Ver­weis auf MünchKomm-BGB/​Oechs­ler, a. a. O., § 932 Rn. 55) auch kei­nen An­satz für die An­nah­me ei­nes ge­gen sie spre­chen­den An­scheins­be­wei­ses.

(cc) An­de­re kon­kre­te Ver­dachts­mo­men­te, die bei Über­eig­nung des Fahr­zeugs ge­gen die Ei­gen­tü­mer­stel­lung oder Ver­fü­gungs­be­fug­nis der P-GmbH ge­spro­chen hät­ten, ver­mag der Se­nat nicht zu er­ken­nen. Die auch in­so­weit dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­te Be­klag­te hat ei­ne Ver­dachts­si­tua­ti­on nicht nach­zu­wei­sen ver­mocht.

Rich­tig ist, dass der Er­wer­ber ei­nes Fahr­zeugs auch dann, wenn der Ver­äu­ße­rer im Be­sitz des Fahr­zeugs und des Brie­fes ist, gleich­wohl bös­gläu­big sein kann. Dies setzt vor­aus, dass be­son­de­re Um­stän­de sei­nen Ver­dacht er­re­gen muss­ten und er die­se un­be­ach­tet lässt (BGH, Urt. v. 23.05.1966 – VI­II ZR 60/64, WM 1966, 678 = BeckRS 1966, 31180082 m. w. Nachw.). Die Ver­dachts­si­tua­ti­on hat je­doch der Her­aus­ga­be­klä­ger dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen. Zwar mag un­ter Um­stän­den in den Fäl­len, in de­nen ei­ne Er­kun­di­gungs- oder Nach­for­schungs­pflicht aus­nahms­wei­se be­steht, ei­ne Ver­mu­tung für die gro­be Fahr­läs­sig­keit des Er­wer­bers spre­chen. Zum Nach­weis der gro­ben Fahr­läs­sig­keit sind aber stets die Um­stän­de dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen, aus de­nen sich die Er­kun­di­gungs- oder Nach­for­schungs­pflicht des Er­wer­bers er­gibt. Erst an­schlie­ßend liegt es am Er­wer­ber dar­zu­le­gen, dass er ge­eig­ne­te Er­kun­di­gun­gen ein­ge­zo­gen hat. Dem­zu­fol­ge hat auch beim Er­werb ei­nes Ge­braucht­fahr­zeugs der Her­aus­ga­be­klä­ger et­wa ei­ne Fäl­schung der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II oder de­ren leich­te Er­kenn­bar­keit zu be­wei­sen (Eg­gert, in: Rein­king/​Eg­gert, a. a. O., Rn. 4765a; vgl. auch OLG Köln, Urt. v. 29.11.2017 – 16 U 86/17, NJOZ 2018, 1581 Rn. 17). Auch hier fin­det ei­ne Be­weis­last­um­kehr nicht statt. Im Ein­zel­fall kommt le­dig­lich nach all­ge­mei­nen Grund­sät­zen ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last des Er­wer­bers in Be­tracht (vgl. Ger­de­mann/​Hel­mes, JA 2019, 856, 857).

Ei­ne Ver­dachts­si­tua­ti­on, die den gu­ten Glau­ben zer­stö­ren wür­de, ver­mag der Se­nat im Streit­fall nicht zu er­ken­nen. Die Vor­la­ge ei­ner ge­fälsch­ten Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II un­ter­stellt, hat die Be­klag­te kei­ne Auf­fäl­lig­kei­ten dar­ge­legt und be­wie­sen, die ei­ne für den Zeu­gen K of­fen­ba­re Un­stim­mig­keit be­grün­den wür­de, et­wa Schreib­feh­ler, ei­ne an­de­re Fahr­ge­stell­num­mer, Ra­die­run­gen oder Ähn­li­ches.

Auch in der Ge­samt­schau der Kauf­si­tua­ti­on hat­te der Er­werbs­vor­gang kei­ne be­son­de­ren Auf­fäl­lig­kei­ten, die bei dem Zeu­gen K Be­den­ken auf­kom­men las­sen muss­ten. Im Ge­gen­teil fand der Zeu­ge nach den in­so­weit nicht be­strit­te­nen An­ga­ben ein Au­to­haus vor, in dem ei­ne Viel­zahl an Fahr­zeu­gen vor­rä­tig war. Die P-GmbH mach­te des­we­gen nicht den Ein­druck, ei­ne „flie­gen­de Händ­le­rin“ zu sein. Dass das Un­ter­neh­men um­ge­zo­gen war und dass dem Zeu­gen „nur“ ei­ne Han­dy­num­mer be­kannt war, war nicht ge­eig­net, ein be­son­de­res Miss­trau­en zu be­grün­den. Zum ei­nen war der Zeu­ge of­fen­bar nur mit der Ab­ho­lung des Fahr­zeugs be­traut. Zum an­de­ren wa­ren der Klä­ge­rin im Rah­men der Ver­trags­an­bah­nung sehr wohl ei­ne Fest­netz­num­mer und ein Fax­an­schluss be­nannt wor­den (An­la­ge K 1). Auch der Preis des Fahr­zeugs (vgl. zum Kauf­preis als mög­li­ches Ver­dachts­mo­ment BGH, Urt. v. 05.02.1975 – VI­II ZR 151/73, NJW 1975, 735, 736; Urt. v. 01.07.1987 – VI­II ZR 331/86, NJW-RR 1987, 1456, 1457) war nicht über­mä­ßig güns­tig. So­weit die Be­klag­te meint, der Zeu­ge K (auf des­sen Ein­ver­nah­me vor dem Se­nat sie ver­zich­tet hat) ha­be in ers­ter In­stanz an­de­res kund­ge­tan, irrt sie sich. Er gab le­dig­lich an, dass das er­wor­be­ne Fahr­zeug noch ei­nes der „güns­ti­ge­ren“ der am Stand­ort zum Kauf an­ge­bo­te­nen Fahr­zeu­ge ge­we­sen sei. Ins­ge­samt war das An­ge­bot hö­her­prei­si­ger Fahr­zeu­ge in­des (laut Zeu­ge) in sich stim­mig (Pro­to­koll vom 11.08.2020, S. 4). Die Fahr­zeu­ge wur­den auch nicht et­wa au­ßer­halb des Un­ter­neh­mensare­als, gleich­sam „auf der Stra­ße“ (vgl. in­so­weit BGH, Urt. v. 05.02.1975 – VI­II ZR 151/73, NJW 1975, 735, 737) ver­äu­ßert. Be­zah­lung und wei­te­re Ab­wick­lung des Ge­schäfts ge­scha­hen oh­ne Be­son­der­hei­ten. So wur­den dem Zeu­gen – was die Be­klag­te nicht in Zwei­fel ge­zo­gen hat – al­le Schlüs­sel für das Fahr­zeug aus­ge­hän­digt. Un­taug­lich ist der Ver­such der Be­klag­ten, ei­ne Ver­dachts­si­tua­ti­on dar­auf zu grün­den, dass das Fahr­zeug oh­ne vor­he­ri­ge Be­sich­ti­gung ge­kauft und be­zahlt wur­de. Denn dies war of­fen­bar die Ent­schei­dung der Klä­ge­rin. Dass die P-GmbH ei­ne Be­sich­ti­gung im Vor­feld ver­hin­dert hät­te, ist we­der vor­ge­tra­gen noch sonst er­sicht­lich.

b) Die auf Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs ge­rich­te­te Wi­der­kla­ge ist zu­läs­sig, aber nicht be­grün­det. Ein An­spruch der Be­klag­ten aus § 985 BGB be­steht nicht. Er setz­te vor­aus, dass die Be­klag­te Ei­gen­tü­me­rin des Fahr­zeugs ist. Das ist, wie ge­zeigt (oben II 2 a), nicht der Fall.

3. Die Ent­schei­dung zu den Kos­ten folgt aus § 91 ZPO, die­je­ni­ge zur vor­läu­fi­gen Voll­streck­bar­keit aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

4. Die Re­vi­si­on wird auf­grund von § 543 II 1 Nr. 2 ZPO zur Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung zu­ge­las­sen. Der Se­nat weicht bei der – auch in der Li­te­ra­tur strei­ti­gen – Fra­ge der Ver­tei­lung der Be­weis­last in Be­zug auf die Über­ga­be be­zie­hungs­wei­se Vor­la­ge der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II im Rah­men der Be­ur­tei­lung der Gut­gläu­big­keit ei­nes Fahr­zeu­ger­wer­bers von der An­sicht des Kam­mer­ge­richts (Beschl. v. 22.05.2014 – 8 U 114/13, ju­ris Rn. 18) ab.

Hin­weis: Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen die­ses Ur­teil hat­te kei­nen Er­folg; der V. Zi­vil­se­nat des BGH hat sie mit Ur­teil vom 23.09.2022 – V ZR 148/21 – zu­rück­ge­wie­sen.

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