- Bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 474 I BGB) ist gemäß § 475 I BGB jede Vereinbarung unabhängig von ihrer Transparenz unwirksam, die unmittelbar oder mittelbar bewirkt, dass der Käufer das Risiko trägt, dass die Kaufsache an einem verborgenen Mangel leidet. Unwirksam ist deshalb insbesondere eine (negative) Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts, dass die verkaufte Sache „möglicherweise mangelhaft“ ist.
- Die Pflichtverletzung des Verkäufers, die in der Lieferung eines Gebrauchtwagens mit dem unbehebbaren Mangel der Eigenschaft als Unfallwagen liegt, ist i. S. von § 323 V 2 BGB unerheblich und rechtfertigt deshalb keinen Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag, wenn sich der Mangel allein in einem merkantilen Minderwert des Fahrzeugs auswirkt und dieser nicht mehr als fünf Prozent des Kaufpreises beträgt (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, juris Rn. 22).
- Den Verkäufer eines Gebrauchtwagens trifft zwar ohne Vorliegen besonderer Anhaltspunkte für einen Unfallschaden nicht die Obliegenheit, ein zum Kauf angebotenes Fahrzeug auf Unfallschäden zu untersuchen. Sieht der Verkäufer aber von einer Untersuchung des Fahrzeugs ab, muss er die Begrenztheit seines Kenntnisstands deutlich machen, wenn er die Unfallfreiheit in einer Weise behauptet, die dem Käufer den Eindruck vermitteln kann, dies geschehe auf der Grundlage verlässlicher Kenntnis (im Anschluss an BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 15).
OLG Rostock, Urteil vom 28.08.2020 – 4 U 1/19
Sachverhalt: Der Kläger erwarb von dem Beklagten, einem gewerblichen Autohändler, am 12.08.2017 einen gebrauchten, am 15.12.2010 erstzugelassenen Mercedes-Benz Viano mit einer angegebenen Laufleistung von 154.000 km zum Preis von 23.500 €. Der schriftliche Kaufvertrag enthielt unter anderem die folgenden Formulierungen:
Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden lt. Vorbesitzer: keine Dem Verkäufer sind auf andere Weise Unfallschäden bekannt: ☐ ja ☒ nein Wenn ja, folgende: Nachlackierungen möglich
Der Beklagte übergab dem Kläger ein TÜV-Süd-Gebrauchtwagenzertifikat, das auf skizzierten Ansichten des Wagens von vorn, von hinten und von den beiden Seiten an verschiedenen Stellen Kennzeichnungen in Gestalt der Buchstaben „D“ (für Delle), „K“ (für Kratzer) und „S“ (für Steinschlag) enthielt. In den Anmerkungen heißt es für ein im Dachbereich angebrachtes „D“ bzw. für ein ebenfalls im Dachbereich angebrachtes „X1“:
D – Delle – Dach hinten
X1 – Heckklappe oben – Dach hinten
Vor der Übergabe des Fahrzeugs war es dem Kläger aufgrund seiner Größe von 1,73 m nicht möglich, das Dach des 1,94 m hohen Fahrzeugs zu besichtigen.
Der Wagen weist im Bereich des vorderen rechten Kotflügels und der linken Schiebetür erhöhte Lackschichtdicken auf, was sich aus dem Gebrauchtwagenzertifikat nicht ergibt.
Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss der Kläger ebenfalls am 12.08.2017 einen von dem Beklagten vermittelten Darlehensvertrag mit der Santander Consumer Bank AG ab. In diesem Vertrag sind als Finanzierungsgegenstand das erworbene Fahrzeug und der Beklagte als vermittelnder Händler angegeben. Der Bruttodarlehensbetrag betrug einschließlich der Kosten für eine Ratenschutzversicherung 32.195,90 €.
Am 18.08.2017 ließ der Kläger einen DEKRA-Bericht zum technischen und optischen Zustand des Fahrzeugs erstellen („DEKRA Siegel“). Dieser Bericht enthält den Vermerk, dass an den bereits genannten Stellen erhöhte Lackschichtdicken gemessen worden seien. Außerdem finden sich unter der Überschrift „Karosserie-Check“ folgende Eintragungen:
01 Tür vorne links Dellen … 07 Tür vorne rechts Dellen … 09 Tür hinten rechts Dellen … 12 Dach/Dachrahmen Delle
Die Instandsetzung des Fahrzeugs erfordert hinsichtlich massiver Dellen auf dem Fahrzeugdach mit einem Durchmesser von 20 bis 30 cm und einer Tiefe von 1 bis 2 cm sowie massiver Kratzer und Lackbeschädigungen im Bereich der Antenne ausweislich eines Kostenvoranschlags vom 05.09.2017 einen Kostenaufwand von 2.660,73 € brutto.
Mit Schriftsatz seiner späteren Prozessbevollmächtigten vom 09.10.2017 focht der Kläger seine auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung unter Verweis auf die Nachlackierung der linken Schiebetür und die Beschädigungen des Fahrzeugdachs wegen arglistiger Täuschung an. Der Kläger forderte den Beklagten auf, ihn Zug um Zug gegen Rückgewähr des Fahrzeugs von Forderungen aus dem Darlehensvertrag freizustellen. Dies lehnte der Beklagte ab und bot dem Kläger ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine Nachbesserung des Wagens an.
Der Kläger hat behauptet, der DEKRA-Sachverständige habe, um den „DEKRA Siegel“-Bericht erstellen zu können, das Fahrzeugdach mithilfe einer Leiter in Augenschein genommen und dabei das Vorhandensein einer großen Delle festgestellt. Eine eingehende Untersuchung des Fahrzeugs sei nicht erfolgt, weil er – der Kläger – diese nicht in Auftrag gegeben habe. Sowohl die Beschädigungen des Dachs als auch die erhöhten Lackschichtdicken im Bereich des vorderen rechten Kotflügels und der linken Schiebetür resultierten aus Unfällen. Es sei – so hat der Kläger gemeint – unglaubwürdig, dass dem Beklagten die Beschädigungen des Dachs nicht bekannt gewesen seien, denn ein gewerblicher Kfz-Händler prüfe ein hochwertiges Gebrauchtfahrzeug, das er erwerben wolle, zumindest umfassend von außen. Ob der Beklagte Kenntnis von den Schäden gehabt habe, sei allerdings im Hinblick auf den Rücktritt vom Kaufvertrag, auf den die Klage hilfsweise gestützt werde, irrelevant. Eine Nachbesserung des Fahrzeugs komme nicht in Betracht, weil sich nicht ändern lasse, dass es ein Unfallwagen sei.
Der Kläger hat ursprünglich beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 1.159,15 € sowie dazu zu verurteilen, ihn – den Kläger – von Ansprüchen der Santander Consumer Bank AG aus dem Darlehensvertrag vom 12.08.2017 freizustellen, und zwar Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Den genannten Betrag von 1.159,15 € hat der Kläger errechnet, indem er von den bereits gezahlten Darlehensraten in Höhe von 2.627,90 € eine Nutzungsentschädigung für 6.000 gefahrene Kilometer in Höhe von 1.468,75 € abgezogen hat. Im Verlauf des Rechtsstreits hat der Kläger eine Neuberechnung vorgenommen, und zwar auf der Grundlage inzwischen gezahlter Darlehensraten in Höhe von 4.931,90 € und einer Nutzungsentschädigung für 14.000 gefahrene Kilometer in Höhe von 4.012,19 €. Infolgedessen hat er die Hauptsache teilweise – in Höhe von 239,44 € – für erledigt erklärt.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat geltend gemacht, er habe das streitgegenständliche Fahrzeug nicht auf Schäden untersuchen müssen. Schäden am Dach des Fahrzeugs habe er aus demselben Grund wie der Kläger nicht erkannt; sie seien bei der Übergabe des Wagens an den Kläger am 12.08.217 auch noch gar nicht vorhanden gewesen. Selbst wenn es sich bei diesen Schäden und den Stellen mit erhöhten Lackschichtdicken um Unfallschäden handeln sollte, stellten diese mit Blick auf das Alter und des Zustand des Fahrzeugs keine Sachmängel dar; jedenfalls aber wirkten sich die Mängel allenfalls in einem merkantilen Minderwert des Fahrzeugs aus. Die in dem Kostenvoranschlag vom 05.09.2017 ausgewiesenen Kosten für eine Instandsetzung des Fahrzeugs seien überzogen. Da für den Kläger auch die ihm bekannten Vorschäden des Fahrzeugs unerheblich gewesen seien, sei davon auszugehen, dass er den Wagen in jedem Fall erworben hätte. Ein Rücktrittsrecht habe der Kläger nicht gehabt, weil er die von ihm – dem Beklagten – angebotene Nachbesserung abgelehnt habe, und eine Nachbesserung könne der Kläger jetzt, nachdem er den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt habe, nicht mehr mit Erfolg verlangen. Ein entsprechender Anspruch sei zudem zwischenzeitlich verjährt.
Das Landgericht hat der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es das TÜV-Süd-Gebrauchtwagenzertifikat und den „DEKRA Siegel“-Bericht heranziehe, um die Frage zu beantworten, ob das streitgegenständliche Fahrzeug die Beschädigungen am Dach bereits aufgewiesen habe, als es dem Kläger übergeben worden sei. Sodann hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche weder infolge einer Anfechtung wegen arglistigen Täuschung noch infolge eines Rücktritts vom Kaufvertrag zustünden.
Der Beklagte habe den ihm nach § 476 BGB a.F. (= § 477 BGB n.F.) obliegenden Beweis geführt, dass die Schäden am Dach des Wagens bei dessen Übergabe an den Kläger noch nicht vorgelegen haben. Das TÜV-Süd-Gebrauchtwagenzertifikat und der „DEKRA Siegel“-Bericht erbrächten als Privaturkunden nach § 416 ZPO den Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den jeweiligen Ausstellern abgegeben worden seien. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung sei dann zu berücksichtigen, dass es sich um Berichte anerkannter Prüforganisationen handele, die bei eingehender Untersuchung vorhandene Auffälligkeiten der Karosserie kurz vor und kurz nach dem Gefahrübergang detailliert vermerkt hätten. In den jeweiligen Berichten sei indes bezüglich des Dachs lediglich „Delle“ und nicht – wie bezüglich anderer Bereiche – „Dellen“ vermerkt, also nur ein einzelner Schaden erwähnt. Dies lasse den Schluss zu, dass die vm Kläger angeführten Schäden bei der Übergabe des Fahrzeugs noch nicht vorhanden gewesen sein.
Hinsichtlich der erhöhten Lackschichtdicken im Bereich des vorderen rechten Kotflügels und der linken Schiebetür hat das Landgericht ausgeführt, es gehöre bei Gebrauchtfahrzeugen zur üblichen Beschaffenheit, dass sich nicht mehr alle Fahrzeugteile noch im Originalzustand befänden; eine technisch einwandfreie Neulackierung begründe daher für sich allein keinen Mangel. Dies gelte hier umso mehr, als der Kaufvertrag den Hinweis enthalte, dass Nachlackierungen möglich seien. Der von dem Kläger erklärte Rücktritt sei auch dann unwirksam, wenn den Nachlackierungen Unfallschäden zugrunde lägen. Der Beklagte habe keine Garantie für eine Unfallfreiheit des Fahrzeugs übernommen oder mit dem Kläger vereinbart, dass das Fahrzeug unfallfrei sei. Bei den Unfallschäden betreffenden Eintragungen im Kaufvertrag handele es sich um reine Wissensmitteilungen. Jenseits einer Beschaffenheitsgarantie oder -vereinbarung seien Unfallschäden, bei denen es sich um Bagatellschäden handele, kein Sachmangel. Dass die Schäden am vorderen rechten Kotflügel und an der linken Schiebetür erheblich seien, habe der Kläger nicht vorgetragen.
Mit seiner dagegen gerichteten Berufung hat der Kläger seinen Vortrag wiederholt und vertieft, dass eine genauere Untersuchung des Fahrzeugdachs erst nach der DEKRA-Prüfung in einer Kfz-Werkstatt erfolgt sei und er – der Kläger – dem Beklagten die dabei entdeckten Schäden innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe des Fahrzeugs angezeigt habe. Dies spreche dafür, dass die Schäden schon bei Gefahrübergang vorhanden gewesen seien. Die Beschädigungen im Bereich der Antenne ließen explizit darauf schließen, dass das Fahrzeug einen Unfall erlitten habe, worauf das Landgericht nicht eingegangen sei. Der nun als Zeuge benannte Vorbesitzer des Wagens könne bestätigen, dass die Schäden schon vorhanden gewesen seien, als der Beklagte ihm – dem Kläger – das Fahrzeug übergeben habe. Er – der Kläger – habe außerdem Sachverständigenbeweis dafür angeboten, dass die erhöhten Lackschichtdicken im Bereich des vorderen rechten Kotflügels und der linken Schiebetür auf einen Unfall zurückgingen; dies beinhalte inzident die Angabe, dass es sich nicht um Bagatellschäden handele. Die Erheblichkeit der Schäden wäre gerade Gegenstand des angebotenen Sachverständigengutachtens gewesen, weil es nicht seine – des Klägers – Aufgabe sei, den gesamten Prozessstoff vorab durch Einholung von Privatgutachten komplett aufzuklären. Der Kostenaufwand für eine Beseitigung der in Rede stehenden Schäden betrage 1.500 €; außerdem gehe mit den Schäden ein merkantiler Minderwert von mindestens 1.000 € einher. Ein mangelbedingter Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines Unfallschadens sei indes wegen Geringfügigkeit des Mangels nur ausgeschlossen, wenn der merkantile Minderwert weniger als ein Prozent des Kaufpreises betrage.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils – auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes – zur Zahlung von 919 € und dazu zu verurteilen, ihn, den Kläger, von Ansprüche der Santander Consumer Bank AG aus dem Darlehensvertrag vom 12.08.2017 freizustellen, und zwar Zug um Zug gegen Rückgabe des Mercedes-Benz Viano. Hilfsweise wollte der Kläger mit der Berufung erreichen die Feststellung erreichen, dass der Beklagte verpflichtet sei, den Kaufpreis für das Fahrzeug an die Santander Consumer Bank AG zurückzuzahlen.
Der Beklagte hat das angefochtene Urteil verteidigt und im Hinblick auf eine Minderung des Kaufpreises die Einrede der Verjährung erhoben. Er hat behauptet, der Schaden an der Schiebetür sei entstanden, weil während eines Sturms ein Dachziegel die Seitenscheibe zerstört habe; die Beseitigung des dabei entstandenen Lackschadens habe 575,45 € netto gekostet. Die Beschädigung am rechten Kotflügel, die der Vorbesitzer des Fahrzeugs mit einem geringen Kostenaufwand habe beseitigen lassen, sei vermutlich auf einem Parkplatz durch einen Einkaufswagen verursacht worden. Der Mercedes-Benz Viano – so hat der Beklagte geltend gemacht – sei kein Pkw im üblichen Sinne, sondern ein Transporter, für den andere Maßstäbe gelten müssten. Der Kläger habe das Fahrzeug nach einer zweistündigen Begutachtung wegen seines guten Allgemeinzustands angekauft. Wären die dabei erkannten Schäden beseitigt worden, wären ähnliche oder sogar stärkere Lackschichtdicken entstanden wie an der Schiebetür und am Kotflügel, sodass sich an der Höhe des Kaufpreises mit Blick auf einen hypothetischen merkantilen Minderwert nichts geändert hätte. Dass das Fahrzeug eine Delle im Kotflügel aufweise, ergebe sich schon aus dem dem Kläger bekannten TÜV-Süd-Gebrauchtwagenzertifikat. Bei der Beurteilung, ob ein Sachmangel erheblich sei, könne nicht allein auf die Höhe der Kosten einer – möglicherweise lange zurückliegenden und fachgerecht ausgeführten – Reparatur abgestellt werden. Vielmehr komme es darauf an, ob sich der Mangel überhaupt noch in einem merkantilen Minderwert auswirke. Dass dies hier nicht der Fall (gewesen) sei, sei schon im ersten Rechtszug unstreitig gewesen.
Die Berufung hatte nur zu einem geringen Teil Erfolg.
Aus den Gründen: II. … 1. Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 919 € sowie auf Freistellung von Forderungen der Santander Consumer Bank AG aus dem Darlehensvertrag zur Fahrzeugfinanzierung in Höhe von 32.195,90 € weder gemäß § 433 I 2, § 434 I 2 Nr. 2, § 437 Nr. 2 und Nr. 3, §§ 323 I und II, 326 V BGB, §§ 346 I, 349, 284, 257 Satz 1 BGB in Verbindung mit dem unstreitig zwischen den Parteien zustande gekommenen Kaufvertrag noch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB (Leistungskondiktion), § 123 I Fall 1, § 142 I BGB hat.
a) Mit nicht zu beanstandender Begründung hat das Landgericht zunächst Ansprüche des Klägers wegen Schäden am Dach des von ihm erworbenen Fahrzeugs ausgeschlossen, weil dem Beklagten der ihm gemäß § 477 BGB n.F. obliegende Beweis gelungen ist, dass diese Beschädigungen bei der Übergabe des Wagens und damit zu dem maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrüberganges gemäß § 446 Satz 1 BGB (vgl. jurisPK-BGB/Pammler, 9. Aufl. [2020], § 434 Rn. 8 m. w. Nachw.) noch nicht vorhanden waren. Damit bestand eine Mangelhaftigkeit des Wagens im Sinne des Kaufrechts in dieser Hinsicht nicht; gleichzeitig fehlt es in der Folge an den Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung durch den Beklagten, weil es insofern keinen für die Kaufentscheidung des Klägers wesentlichen Umstand gab, zu dem er einer Aufklärung durch den Beklagten bedurft hätte.
aa) Das Berufungsgericht hat nach § 529 I Nr. 1 ZPO seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.
bb) Auch aus dem Berufungsvorbringen des Klägers ergibt sich keine dahin gehende Veranlassung bezogen auf die Beweiswürdigung des Landgerichts zu dem hier behandelten Punkt, auf welche vollumfänglich verwiesen werden kann. Insbesondere handelt es sich bei der erst im zweiten Rechtszug erfolgten Benennung des Voreigentümers des Wagens als Zeugen dafür, dass die fraglichen Schäden schon während dessen Besitzzeit entstanden seien, um ein neues Angriffsmittel, für dessen Zulässigkeit ein Ausnahmefall gemäß § 531 II 1 ZPO nicht erkennbar ist. So hat das Landgericht in seiner mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es das Gebrauchtwagenzertifikat des TÜV Süd und den „DEKRA Siegel“-Bericht zum Gegenstand einer – noch offenen – Beweiswürdigung über das Vorliegen der fraglichen Schäden bei Gefahrübergang zu machen beabsichtige. Spätestens in diesem Zeitpunkt hätte für den Kläger Anlass bestanden, den stattdessen erst im Berufungsverfahren benannten Zeugen anzubieten. Wer ein Beweismittel zu einem zentralen Punkt des Rechtsstreits zurückhält und erst einmal abwartet, zu welchem Ergebnis die Erhebung der bisher angebotenen Beweise führt, verstößt in grober Weise gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht und handelt damit nachlässig i. S. von § 531 II 1 Nr. 3 ZPO (vgl. BGH, Beschl. v. 13.12.2006 – IV ZR 180/04, juris Rn. 9 m. w. Nachw.). Inwiefern die von dem Kläger angeführte Ursache eines Unfalls für die fraglichen Schäden Rückschlüsse auf deren Vorliegen vor der Übergabe des Autos an ihn zulassen sollte, erschließt sich im Übrigen nicht.
b) Im Weiteren ist zwischen den Parteien zwar unstreitig, dass das streitgegenständliche Auto bereits bei seiner Übergabe an den Kläger erhöhte Lackschichtdicken im Bereich des vorderen rechten Kotflügels und der linken Schiebetür aufwies; jedoch auch daraus kann der Kläger keine Rechte gegen den Beklagten ableiten.
aa) So ist ein Rücktritt des Klägers von dem Kaufvertrag ausgeschlossen.
(1) Die in dem Schriftsatz vom 09.10.2017 (ausdrücklich) erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung enthält zugleich einen Rücktritt zumindest im Wege der Umdeutung nach § 140 BGB; der Kläger hat unmissverständlich erkennen lassen, dass er ungeachtet des verwendeten Begriffs der Anfechtung den mit dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrag auf jeden Fall und damit unter jedem in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt rückabgewickelt wissen wollte, wobei zur wirksamen Erklärung eines Rücktritts ein Gebrauch dieses Wortes nicht erforderlich ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VIII ZR 182/08, juris Rn. 15 f. m. w. Nachw.).
(2) Wegen der Vorschäden, welche den betreffenden Karosseriestellen zugrunde liegen, war der Pkw jedenfalls i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil er sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignete und keine Beschaffenheit aufwies, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
(a) Der Käufer kann auch bei dem Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, davon ausgehen, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als „Bagatellschäden“ gekommen ist. Für die Abgrenzung zwischen einem solchen „Bagatellschaden“ und einem Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist auf die Grundsätze zur Offenbarungspflicht von Schäden und Unfällen beim Gebrauchtwagenkauf zurückzugreifen. Danach muss der Verkäufer eines Gebrauchtwagens einen Schaden oder Unfall, der ihm bekannt ist oder mit dessen Vorhandensein er rechnet, grundsätzlich auch ungefragt dem Käufer mitteilen, wenn er sich nicht dem Vorwurf arglistigen Verschweigens aussetzen will, es sei denn, der Schaden oder Unfall war so geringfügig, dass er bei vernünftiger Betrachtungsweise den Kaufentschluss nicht beeinflussen kann. Die Grenze für nicht mitteilungspflichtige „Bagatellschäden“ ist bei Personenkraftwagen sehr eng zu ziehen. Als „Bagatellschäden“ sind bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden anerkannt, nicht dagegen andere (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war; ohne Bedeutung ist im Übrigen, ob das Fahrzeug anschließend fachgerecht repariert worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, juris Rn. 20 m. w. Nachw.).
(b) Der Sachverständige S hat in seinem durchgehend in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten ausgeführt, dass im Bereich erhöhter Lackschichtdicken an der linken Schiebetür und dem rechten vorderen Kotflügel des streitgegenständlichen Pkw nicht lediglich (bloße) Lackschäden, sondern wegen der Verarbeitung von Spachtelmaterial die Reparatur von Blechschäden erfolgt sein müsse. Der Vortrag des Beklagten in diesem Zusammenhang ist dann nicht geeignet, die Feststellungen des Gutachters in Zweifel zu ziehen.
(aa) Bezüglich des Schadens an der Schiebetür ist die Rede von einem „Lackschaden“, der auf eine Zerstörung der Seitenscheibe durch einen Dachziegel während eines Sturms zurückgehe. In einer Gegenüberstellung mit den hier erfolgten sachverständigen Feststellungen ist danach bereits nicht erkennbar, dass dieses Schadensereignis mit demjenigen identisch ist, auf welches die von dem Gerichtsgutachter erkannte Beschädigung zurückgeht; zudem müssen selbst verhältnismäßig geringfügige Reparaturkosten in Höhe von 575,42 € nicht für die Annahme eines Bagatellschadens sprechen.
(bb) Im Hinblick auf den Zustand des vorderen rechten Kotflügels verhält sich das Vorbringen des Beklagten nicht ausdrücklich zu der Art der beseitigten Beschädigung in einer Abgrenzung von Lack- und Blechschaden; zudem wird eine Schadensentstehung durch das von dem Beklagten dafür in Bezug genommene Ereignis lediglich als „wahrscheinlich“ bezeichnet.
(3) Gewährleistungsrechte des Klägers wegen dieser Mängel sind nicht gemäß § 442 I 1 BGB ausgeschlossen. Auch aus den Darlegungen des Beklagten unter Verweis auf eine dem Vertragsabschluss vorausgegangene „zweistündige Begutachtung“ des Pkw durch den Kläger ergibt sich nicht, dass diesem die erhöhten Lackschichtdicken und ihnen zugrunde liegende behobene Blechschäden bekannt gewesen wären. Zutreffend verweist der Beklagte daneben zwar darauf, dass sich das Vorhandensein einer Delle im Kotflügel vorne rechts aus dem Gebrauchtwagenzertifikat des TÜV Süd ergab; diese befindet sich nach der dortigen Skizze jedoch auf der Höhe des Radstands, während die erhöhten Lackschichtdicken im Bereich des weiter vorne gelegenen Scheinwerfers festgestellt wurden. Eine generelle Annahme, dass bei einem Gebrauchtwagen mit einem Alter von acht Jahren und einer Laufleistung von 154.600 km das Vorhandensein (verborgener) früherer Blechschäden zu erwarten wäre, lässt sich nicht begründen.
(4) Ebenso wenig beinhaltet der Vermerk „Nachlackierung möglich“ in dem Kaufvertrag der Parteien einen Gewährleistungsausschluss für den Beklagten.
(a) Ein solcher ist bei Verbrauchsgüterkäufen wie hier gemäß § 474 I 1, § 476 I BGB unzulässig. Die im Einzelfall schwierige Abgrenzung zwischen (zulässiger) Beschaffenheitsvereinbarung und (unzulässiger) Beschränkung der Käuferrechte muss sich vor diesem Hintergrund an der Frage orientieren, ob die jeweilige Vertragsgestaltung dazu führen soll, dass der Käufer das Risiko des Bestehens eines verborgenen Mangels trägt. Dieses dem Käufer – auch gegen entsprechenden Preisnachlass – zu übertragen, schließt § 475 I BGB in Bezug auf die ihm unabhängig vom Vertretenmüssen des Verkäufers zustehenden Rechtsbehelfe aus. Jede Vereinbarung, die unmittelbar oder mittelbar bewirkt, dass der Käufer das Risiko des Vorhandenseins eines verborgenen Mangels trägt, ist unabhängig von ihrer Transparenz nach § 475 I BGB unwirksam; dies gilt insbesondere für eine (negative) Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts, dass die verkaufte Sache „möglicherweise mangelhaft“ ist (vgl. MünchKomm-BGB/Lorenz, 7. Aufl. [2016], § 475 Rn. 10; s. auch Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl. [2017], Rn. 2497, 3083 f.; jeweils m. w. Nachw.; offengelassen noch in BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, juris Rn. 15, dort allerdings bereits, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen zum Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs getroffen hatte, unter gleichzeitigem Verweis auf Fundstellen zu der hier vertretenen Auffassung). Abgesehen von der sich aus § 476 I BGB n.F. ergebenden Risikoverteilung nach dem gesetzlichen Regelungssystem des Verbrauchsgüterkaufs spricht dafür in der Abwägung der Interessen von Käufer und Verkäufer nicht zuletzt, dass der Verkäufer gemeinhin über weitergehende Fachkunde und zumutbare Möglichkeiten einer Prüfung der Kaufsache verfügt, aufgrund derer er die Gefahr verborgener Mängel für sich klären und sein weiteres Vorgehen bei Vertragsgestaltung und -abschluss davon abhängig machen kann (vgl. BeckOGK/Augenhofer, Stand: 01.07.2020, § 476 BGB Rn. 36 m. w. Nachw.).
(b) Demgemäß sind die Formulierungen und Eintragungen in dem Kaufvertragsformular in dem vorliegenden Fall in der Gesamtschau nicht als negative Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne einer „möglicherweise nicht bestehenden Unfallfreiheit“ zu qualifizieren. Der Beklagte hat eine Kenntnis von Unfallschäden sowohl bei dem Vorbesitzer als auch aus anderem Zusammenhang verneint; allein aus dem – ohnehin mehrdeutigen – Verweis darauf, dass (dennoch) eine „Nachlackierung möglich“ sei, war für den Kläger nicht zwingend abzuleiten, dass er deshalb mit einem (erheblichen) Unfallvorschaden zu rechnen hatte.
(5) Letztlich scheitert ein Rücktritt des Klägers allerdings gemäß § 323 V 2 BGB daran, dass lediglich eine unerhebliche Pflichtverletzung des Beklagten vorliegt.
(a) Soweit ein „Bagatellschaden“ nach dem oben unter (2) (a) Gesagten allein im Falle ganz geringfügiger, äußerer (Lack-)Schäden im Gegensatz zu anderen (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war, angenommen wird, sagt dies noch nichts darüber aus, dass weitergehende Schäden nicht dennoch als unwesentlich im Sinne der eingangs genannten Norm angesehen werden können. Liegt die Pflichtverletzung in der Lieferung eines Fahrzeugs mit dem unbehebbaren Mangel der Eigenschaft als Unfallwagen, kommt es vielmehr darauf an, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sich dies in einem merkantilen Minderwert des Autos niederschlägt (so ausdrücklich unter Aufgabe einer früheren abweichenden Auffassung BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, juris Rn. 22).Bei einem behebbaren Mangel ist im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls in der Regel von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung nicht mehr auszugehen, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises übersteigt (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 = juris Rn. 30 ff.). Diese Schwelle lässt sich auf die Bewertung der Erheblichkeit eines merkantilen Minderwerts im Falle eines unbehebbaren Mangels übertragen. Eine Diskrepanz zu der Bewertung im Falle behebbarer Mängel ergibt sich daraus nicht deshalb, weil der merkantile Minderwert grundsätzlich prozentual geringer ist als die parallelen Reparaturkosten; denn der Mangel der Eigenschaft als Unfallwagen kann sich bei einem Gebrauchtfahrzeug für den Käufer von vornherein allein in einer entsprechenden Wertminderung niederschlagen, während die fraglichen Schäden gemeinhin schon beseitigt sind und ein Kostenaufwand insofern gar nicht (mehr) anfallen kann (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, juris Rn. 22; der dortige Leitsatz zu 2 ist in der Zusammenschau mit den Entscheidungsgründen ohnehin so zu lesen, dass „jedenfalls“ Mängel, für die sich lediglich knapp ein Prozent des Kaufpreises ergibt, ohne Zweifel als unerheblich i. S. des § 323 V 2 ZPO einzustufen sind).
(b) Die Durchführung einer Beweisaufnahme hierzu war nicht deshalb entbehrlich, weil das betreffende Vorbringen des als Verkäufer für die Unerheblichkeit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten (vgl. BeckOK-BGB/H. Schmidt, Stand: 01.05.2020, § 323 Rn. 53 m. w. Nachw.; a. A. OLG Koblenz, Beschl. v. 27.09.2017 – 2 U 4/17, juris Rn. 26: „Die aus § 363 BGB folgende Beweislastverteilung gilt gleichermaßen für die Frage, ob eine in der nach dem Vorbringen des Käufers nicht vertragsgemäß bewirkten Leistung liegende Pflichtverletzung erheblich und der Anspruch nicht kraft Gesetzes nach § 323 V 2 BGB ausgeschlossen ist.“) im ersten Rechtszug unstreitig gewesen wäre. Abgesehen davon, dass der Vortrag erstmals in einem nachgelassenen Schriftsatz nach der mündlichen Verhandlung erfolgt und diese daraufhin nicht wieder eröffnet worden ist, wird er im Tatbestand des angefochtenen Urteils im Rahmen des streitigen Beklagtenvorbringens wiedergegeben; damit wirkt insofern jedenfalls die Beweiskraft des § 314 Satz 1 ZPO gegen den Beklagten, nachdem er einen (fristgemäßen) Tatbestandsberichtigungsantrag nicht gestellt hat, während es auf den fehlenden Eintritt einer Rechtskraft der Entscheidungsgründe nach § 322 I BGB insofern nicht ankommt. Nicht relevant war daneben, ob sich die mit dickeren Lackschichten behobenen Vorbeschädigungen möglicherweise als nicht gravierender darstellten als die ihm bei Abschluss des Kaufvertrags schon bekannten Schäden an anderen Stellen des Autos bzw. sie keine Auswirkung auf die Bildung des Kaufpreises im Verhältnis der Parteien zueinander gehabt hätten. Die hier maßgebliche Differenzierung folgt vielmehr daraus, dass Gewährleistungsrechte des Klägers im Hinblick auf ihm bekannte Mängel gemäß § 442 I 1 BGB ausgeschlossen gewesen wären, während dies im Hinblick auf die erst nachträglich festgestellten Vorschäden eben nicht der Fall war.
(c) Der Sachverständige S hat in ebenfalls in sich schlüssiger und nachvollziehbarer Weise einen merkantilen Minderwert des streitgegenständlichen Fahrzeugs aufgrund der Vorschäden, welche den erhöhten Lackschichtdicken zugrunde liegen, zwar nicht gänzlich verneint. Er hat eine von ihm ermittelte Wertminderung allerdings auf nur 600 € beziffert, was lediglich 2,55 % des zwischen den Parteien vereinbarten Kaufpreises in Höhe von 23.500 euro; entspricht. Anhaltspunkte dafür, dass nicht von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung auszugehen wäre, obwohl die Schwelle von fünf Prozent des Kaufpreises nicht erreicht wird, sind nach einer Abwägung der jeweiligen Interessen der Parteien nicht ersichtlich.
bb) Die Voraussetzungen einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 I Fall 1 BGB liegen in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht vor.
(1) Weder aus dem Vortrag des Klägers noch aus sonstigen Anhaltspunkten ist ersichtlich, dass dem Beklagten die erhöhten Lackschichtdicken, welche sich insbesondere nicht aus dem Gebrauchtwagenzertifikat des TÜV Süd ergeben, vor dem Abschluss des Kaufvertrags bekannt gewesen wären; arglistiges Handeln setzt aber die Abgabe unrichtiger Erklärungen in Kenntnis ihrer Unrichtigkeit voraus (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 = juris Rn. 13 m. w. Nachw.).
(2) Ebenso wenig hat der Beklagte unabhängig von einer solchen positiven (Un-)Kenntnis eine Zusicherung des Nichtvorhandensein anderer als der in dem Gebrauchtwagenzertifikat des TÜV Süd eingetragenen Vorschäden ins Blaue hinein abgegeben, soweit für die Annahme von Arglist bedingter Vorsatz ausreicht.
(a) Den Verkäufer eines Gebrauchtwagens trifft ohne Vorliegen besonderer, hier nicht erkennbarer Anhaltspunkte für einen Unfallschaden nicht die Obliegenheit, das zum Verkauf angebotene Fahrzeug auf Unfallschäden zu untersuchen. Jedoch muss der Verkäufer, der von einer eigenen Untersuchung des Fahrzeugs absieht und gleichwohl dessen Unfallfreiheit zusichert, die Begrenztheit seines Kenntnisstands deutlich machen, wenn er die Unfallfreiheit in einer Weise behauptet, die dem Käufer den Eindruck vermitteln kann, dies geschehe auf der Grundlage verlässlicher Kenntnis.
(b) Ein solcher – einschränkender – Hinweis des Beklagten folgt aber aus dem Verweis in dem Kaufvertrag auf die Angaben zu Unfallschäden „lt. Vorbesitzer“ und der Verneinung einer Kenntnis des Beklagten auf andere Weise; der Beklagte hat eine – abgesehen von den Vermerken in dem Gebrauchtwagenzertifikat des TÜV Süd bestehende – Unfallfreiheit des Fahrzeugs gegenüber dem Kläger damit nicht zugesichert, ohne deutlich zu machen, dass er über die Unfallfreiheit keine eigenen Erkenntnisse hatte (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 = juris Rn. 15).
cc) Rückgewährpflichten aufgrund eines Rücktritts oder einer Anfechtung des Klägers nach §§ 346 I, 812 I 1 Fall 1 BGB erfassten sodann zwar allein den geleisteten Nettodarlehensbetrag bzw. die an die finanzierende Bank geleisteten Nettokreditraten abzüglich der von dem Kläger gezogenen Nutzungsvorteile als von dem Beklagten empfangene Leistungen, während die Darlehenskosten und -zinsen nicht mittelbar an den Beklagten, sondern ausschließlich an den Kreditgeber geleistet wurden; deren Erstattung könnte sich daher allenfalls aus § 284 BGB ergeben. Um vergebliche Aufwendungen im Sinne dieser Vorschrift handelte es sich bei den Darlehenskosten und -zinsen aber von vornherein lediglich dann, wenn die Kaufsache wegen ihrer Mangelhaftigkeit zurückgegeben würde oder nicht bestimmungsgemäß genutzt werden könnte (vgl. jurisPK-BGB/Seichter, 9. Aufl. [2020], § 284 Rn. 15 m. w. Nachw.). Nach den Ausführungen zuvor unter aa und bb scheidet eine Rückgabe des streitgegenständlichen Wagens für den Kläger aber aus, und die Vorschäden, welche das Auto als Unfallwagen mangelhaft machen, beeinträchtigen seine Möglichkeiten zur Nutzung des Pkw nicht (vgl. zum Ganzen OLG Hamm, Urt. v. 08.09.2005 – 28 U 60/05, juris Rn. 27 f.).
2. Soweit der Kläger seinen Zahlungsantrag in der Berufungsinstanz hilfsweise auf einen Anspruch gegen den Beklagten zumindest in Höhe des von dem Sachverständigen ermittelten merkantilen Minderwerts zuzüglich Zinsen stützt, ist die Klage teilweise bereits unzulässig, im Übrigen dagegen begründet.
a) Der vollständigen Zulässigkeit der Klage steht ihre fehlende hinreichende Bestimmtheit i. S. von § 253 II Nr. 2 ZPO hinsichtlich der Zinsforderung entgegen, während im Übrigen die Voraussetzungen des § 533 ZPO für eine Klageänderung im zweiten Rechtszug gegeben sind.
aa) Nach der § 253 II Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift unter anderem die bestimmte Angabe des Gegenstands und Grunds des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Im Falle eines Zinsanspruchs bedingt dies neben der Angabe des Zinsfußes auch die Benennung des Tages für den Beginn des Zinslaufs (vgl. MünchKomm-ZPO/Becker-Eberhard,, 6. Aufl. [2020], § 253 Rn. 132 m. w. Nachw.). Ein Datum für den Zinsbeginn hat der Kläger hier nicht angegeben. Ein dahin gehender gerichtlicher Hinweis war nach § 139 II 1 ZPO entbehrlich, weil nur eine Nebenforderung betroffen ist.
bb) Der Übergang von einem Rückzahlungsverlangen aufgrund von Rücktritt oder Anfechtung zu dem Ersatz einer Wertminderung stellt eine Klageänderung nach § 263 ZPO dar (vgl. BGH, Urt. v. 01.06.1990 – V ZR 48/89, juris Rn. 8 m. w. Nachw. zum Verhältnis von Wandelung und Minderung; Urt. v. 22.09.2016 – V ZR 4/16, juris Rn. 26 ff. zum Fall, dass sich der Käufer nach einer erfolglosen Klage, mit der er aufgrund einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung die Rückabwicklung des Vertrags verlangt hat, auf den Boden des Vertrags stellt und nunmehr Minderung des Kaufpreises und Ansprüche auf kleinen Schadensersatz geltend macht).
(1) Unabhängig von einer Einwilligung des Beklagten ist diese jedenfalls sachdienlich i. S. von § 533 Nr. 1 Fall 2 ZPO.
(a) Die Beurteilung der Sachdienlichkeit erfordert eine Berücksichtigung, Bewertung und Abwägung der beiderseitigen Interessen. Es kommt insoweit allein auf die objektive Beurteilung an, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem anderenfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Unter diesem Gesichtspunkt ist nicht die beschleunigte Erledigung des anhängigen Prozesses, sondern die Erledigung der Streitpunkte zwischen den Parteien entscheidend. Deshalb steht der Sachdienlichkeit einer Klageänderung grundsätzlich nicht entgegen, dass im Falle ihrer Zulassung Beweiserhebungen nötig werden und dadurch die Erledigung des Prozesses verzögert würde (vgl. BGH, Urt. v. 27.09.2006 – VIII ZR 19/04, juris Rn. 10 f.).
(b) Die Bescheidung eines Anspruchs des Beklagten auf Ersatz eines merkantilen Minderwerts des streitgegenständlichen Wagens in dem vorliegenden Rechtsstreit dient einer Gesamtbereinigung des Verhältnisses zwischen den Parteien, wobei das Verfahren (auch) insoweit unmittelbar entscheidungsreif ist.
(2) Die Klageänderung kann zudem gemäß § 533 Nr. 2 ZPO auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.
b) Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 600 € aufgrund einer Minderung gemäß § 433 I 2, § 434 I 2 Nr. 2, §§ 437 Nr. 2 Fall 2, §§ 441 I 1, III und IV, 346 I BGB bzw. als (kleinen) Schadensersatz nach § 433 I 2, § 434 I 2 Nr. 2, § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I und III, 281 I, 249 I BGB, jeweils in Verbindung mit dem unstreitig zwischen den Parteien zustande gekommenen Kaufvertrag.
aa) Nach dem oben unter II 1 b aa (2) Gesagten war der Pkw bei Gefahrübergang aufgrund der Vorschäden, welche den erhöhten Lackschichtdicken im Bereich des vorderen rechten Kotflügels und der linken Schiebetür zugrunde liegen, mangelhaft.
bb) Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung durch Nachbesserung durch den Kläger bedurfte es gemäß § 326 V BGB nicht, weil der Mangel, der in der Eigenschaft des Fahrzeugs als Unfallwagen liegt, nicht behebbar ist. Durch Nachbesserung lässt sich dieser Mangel nicht korrigieren (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, juris Rn. 21). Eine Ersatzlieferung wiederum scheidet nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen der Vertragsparteien bei Vertragsschluss aus, wenn der Käufer seine Kaufentscheidung – wie hier – nicht nur aufgrund objektiver Anforderungen, sondern auch aufgrund des bei der Besichtigung gewonnenen persönlichen Eindrucks von dem Fahrzeug getroffen hat; beim Kauf eines Gebrauchtwagens ist in der Regel erst der bei einer persönlichen Besichtigung gewonnene Gesamteindruck von den technischen Eigenschaften, der Funktionsfähigkeit und dem äußeren Erscheinungsbild des individuellen Fahrzeugs ausschlaggebend für den Entschluss des Käufers, das konkrete Fahrzeug zu kaufen, das in der Gesamtheit seiner Eigenschaften dann nicht gegen ein anderes austauschbar sein soll (vgl. zum Ganzen BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 = juris Rn. 17 ff.).
cc) Der Sachverständige hat nach den Erläuterungen zuvor unter Ziffer II 1 b aa (5) (c) einen merkantilen Minderwert des Wagens in Höhe von 600 € ermittelt.
dd) Wegen der Unwirksamkeit seines Rücktritts gemäß § 323 V 2 BGB war der Kläger berechtigt, noch zu einer Minderung überzugehen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 79. Aufl. [2020], § 437 Rn. 27); die Geltendmachung eines (kleinen) Schadensersatzes ist gemäß § 325 BGB schon neben einem Rücktritt möglich.
ee) Der Beklagte ist letztlich nicht gemäß § 214 I BGB aufgrund der von ihm erhobenen Einrede der Verjährung berechtigt, die Leistung zu verweigern. Die Verjährungsfrist beträgt nach § 438 I Nr. 3 und II BGB zwei Jahre und wäre – beginnend mit der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger am 12.08.2017 – folglich mit dem 12.08.2019 abgelaufen. Der Fristablauf ist durch den Kläger jedoch mit der Zustellung der Klageschrift an den Beklagten am 25.05.2018 gemäß § 204 I Nr. 1 Fall 1 BGB rechtzeitig gehemmt worden. Zwar richtete sich die Klage damals noch auf Ansprüche aufgrund vertragsbeendender Erklärungen in Form eines Rücktritts bzw. einer Anfechtung und nicht auf die jetzt zugesprochene Wertminderung; nach § 213 BGB gilt die Hemmung allerdings auch für Ansprüche, die aus denselben Gründen wahlweise neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben sind (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2015 – VIII ZR 180/14, BGHZ 205, 151 = juris Rn. 35 f. m. w. Nachw. [kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche]).
3. Der hilfsweise Feststellungsantrag des Klägers schließlich ist demgegenüber bereits insgesamt unzulässig mangels eines gemäß § 256 I ZPO erforderlichen besonderen Feststellungsinteresses. Es fehlt zum einen wegen der besseren Rechtsschutzmöglichkeit eines auf Zahlung an die finanzierende Bank gerichteten und bereits bezifferbaren Leistungsantrags (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. [2020], § 256 Rn. 7a m. w. Nachw.; s. zur materiell-rechtlichen Zulässigkeit eines solchen Begehrens der Leistung an einen Dritten OLG Hamburg, Urt. v. 04.03.1958 – 2 U 255/57, NJW 1958, 1781). Zum anderen entfaltete eine derartige Feststellung im Verhältnis zu der finanzierenden Bank nicht die von dem Kläger angenommene Rechtskraft, weil sie an dem vorliegenden Rechtsstreit nicht beteiligt ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 33 Aufl. [2020], § 325 Rn. 3 m. w. Nachw.); von der Möglichkeit einer Streitverkündung gegenüber dem Kreditinstitut hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 II Nr. 1 ZPO; die Vorschrift gilt analog auch für den spiegelverkehrten Fall, dass der Beklagte nur in einem geringfügigen Umfang verurteilt wird (vgl. BeckOK-ZPO/Jaspersen, Stand: 01.07.2020, § 92 Rn. 34).
V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
VI. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 II 1 ZPO liegen nicht vor.
VII. Der Streitwert des Berufungsverfahrens war gemäß §§ 43 I, 47 I 1, § 48 I 1 GKG, § 3 ZPO auf bis zu 35.000 € festzusetzen.
1. Maßgeblich ist bezogen auf die Hauptanträge zum einen der Hauptforderungsbetrag des bezifferten Zahlungsantrags, zum anderen der Betrag der Forderung, bezüglich derer der Kläger Freistellung durch den Beklagten begehrte (vgl. zu Letzterem BGH, Beschl. v. 21.12.1989 – VII ZR 152/88, juris Rn. 1 m. w. Nachw.). In der Addition ergibt sich ein Streitwert in Höhe von (919 € + 32.195,90 € =) 33.114,90 €, der in die hier angenommene Gebührenstufe fällt.
2. Durch die beantragte Zug-um-Zug-Leistung ergibt sich keine darüber hinausgehende Streitwerterhöhung; denn die Gegenleistung bleibt insoweit unberücksichtigt, selbst wenn der Kläger sie schon anbietet (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl. [2020], § 3 Rn. 16.217 m. w. Nachw.).
3. Ebenso wenig folgt gemäß § 45 I 2 und I 3 GKG eine Streitwerterhöhung aus den Hilfsanträgen, denn diese betreffen denselben Gegenstand wie die Hauptansprüche; nach der sogenannten Identitätsformel ist dies der Fall, wenn wenn die jeweiligen Ansprüche sich dergestalt ausschließen, dass die Zuerkennung des einen die Aberkennung des anderen notwendigerweise bedingt (vgl. Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG · FamGKG · JVEG, 4. Aufl. [2019], § 45 Rn. 4 m. w. Nachw.).