1. Die „schnelle Motoraufwärmfunktion“ in Audi-Fahrzeugen (hier: einem Audi SQ5 3.0 TDI plus), die nahezu ausschließlich nur dann aktiviert wird, wenn die damit ausgestatteten Fahrzeuge auf einem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt, ist eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 3 Nr. 10, Art. 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007.
  2. Der Käufer eines – hier gebrauchten – Fahrzeugs, das über eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt einer „schnellen Motoraufwärmfunktion“ verfügt, hat gegen die Audi AG auch dann einen auf Rückgängigmachung des Kaufvertrags gerichteten Anspruch auf Schadensersatz wegen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB), wenn der Kaufvertrag erst geschlossen wurde, nachdem die Volkswagen AG unter dem 22.09.2015 in einer Ad-hoc-Mitteilung auf Auffälligkeiten und Unregelmäßigkeiten bei EA189-Motoren hingewiesen hatte. Das gilt schon deshalb, weil für die Bewertung, ob sich die Audi AG sittenwidrig verhalten hat, auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem der mit einer „schnellen Motoraufwärmfunktion“ versehene Motor bzw. ein mit diesem Motor ausgestattetes Fahrzeug in den Verkehr gebracht wurde.
  3. Der Anspruch auf Ersatz des Kaufpreises, den der Käufer für ein mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattetes Fahrzeug gezahlt hat, ist im Wege der Vorteilsanrechnung um die von dem Käufer gezogenen Nutzungsvorteile zu reduzieren. Diese Vorteilsanrechnung hat nicht deshalb ganz oder teilweise zu unterbleiben, weil ein Fahrzeug, in dem eine unzulässige Abschalteinrichtung installiert ist, i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft ist. Denn dieser Mangel wirkt sich auf die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs nicht aus; er führt vielmehr lediglich dazu, dass aus rechtlichen Gründen der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet ist.
  4. Deliktszinsen (§ 849 BGB) kann der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs nicht mit Erfolg verlangen, wenn er für die Hingabe seines Geldes (Kaufpreis) im Wege des Leistungsaustauschs eine in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbare Gegenleistung (Fahrzeug) erhalten hat. In diesem Fall kompensiert vielmehr die tatsächliche Nutzbarkeit der Gegenleistung die Nutzungsmöglichkeit des Geldes.
  5. § 476 II letzter Halbsatz BGB (= § 475 II letzter Halbsatz BGB a.F.) verstößt gegen die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, weil diese Vorschrift entgegen Art. 5 I und Art. 7 I Unterabs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bei einem Verbrauchsgüterkauf über eine gebrauchte Sache zulässt, dass die Verjährungsfrist für Ansprüche des Käufers wegen eines Mangels durch Vereinbarung auf weniger als zwei Jahre verkürzt wird (so auch BGH, Urt. v. 09.10.2019 – VIII ZR 240/18, BGHZ 223, 235 Rn. 22, unter Verweis auf EuGH, Urt. v. 13.07.2017 – C-133/16, ECLI:EU:C:2017:541 = Rn. 44 ff. – Ferenschild). Die Mitgliedstaaten können nämlich nach Art. 5 I und Art. 7 I Unterabs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtline nur eine Vereinbarung über die Verkürzung der Haftungsdauer des Verkäufers, aber keine Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährungsfrist erlauben.
  6. Bei Kaufverträgen, die eine mit Blick auf die Richtlinienwidrigkeit des § 476 II letzter Halbsatz BGB (= § 475 II letzter Halbsatz BGB a.F.) unzulässige Verkürzung der für Gewährleistungsansprüche des Käufers geltenden gesetzlichen Verjährungsfrist vorsehen, kann dem übereinstimmenden Willen der Parteien, die Haftung des Verkäufers für Mängel zu begrenzen, durch eine ergänzende Vertragsauslegung zur Geltung verholfen werden. Denn hätten die Parteien gewusst, dass zwar die Haftungsdauer des Verkäufers, nicht aber die Verjährungsfrist wirksam auf ein Jahr verkürzt werden kann, hätten sie als redliche Vertragspartner ihren Regelungsplan, die Haftung des Verkäufers für Mängel zu beschränken, dergestalt verwirklicht, dass sie einvernehmliche die Haftungsdauer auf ein Jahr verkürzt hätten. Diese ergänzende Vertragsauslegung führt zu dem interessengerechten, mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in Einklang stehenden Ergebnis, dass der Verkäufer nur für solche Mängel einstehen muss, die sich binnen eines Jahres ab Ablieferung der Kaufsache zeigen, und dass Gewährleistungsansprüche des Käufers wegen solcher Mängel zwei Jahre nach Ablieferung der Kaufsache verjähren.
  7. Ein – unterstellter – Verstoß gegen § 27 I EG-FGV hat nicht zur Folge, dass der Kaufvertrag über ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug gemäß § 134 BGB nichtig ist (im Anschluss an (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.07.2019 – 17 U 160/18, juris Rn. 35 ff.; OLG Hamburg, Urt. v. 21.12.2018 – 11 U 55/18, juris Rn. 66 ff.; beide m. w. Nachw.).

OLG Koblenz, Urteil vom 05.06.2020 – 8 U 1803/19

Sachverhalt: Die Klägerin kaufte am 22.04.2016 von der Beklagten zu 2, die ein Autohaus betreibt, einen gebrauchten, von der Beklagten zu 1 hergestellten Pkw Audi SQ5 3.0 TDI plus mit einer Laufleistung von 9.900 km. Dieses – vom VW-Abgasskandal betroffene – Fahrzeug wurde der Klägerin am 11.07.2016 übergeben. Die Klägerin finanzierte den Kaufpreis in Höhe von 66.000 € teilweise, nämlich in Höhe von 52.000 €, indem sie sich von der Volkswagen Bank GmbH ein Darlehen gewähren ließ, das sie mittlerweile vollständig zurückgezahlt hat.

Mit Schreiben ihrer späteren Prozessbevollmächtigten vom 19.06.2018 focht die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2 ihre auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung an und erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag. Sie forderte beide Beklagten auf, ihr bis zum 11.07.2018 den Kaufpreis abzüglich gezogener Nutzungen Zug um Zug gegen Abtretung ihre Ansprüche aus dem mit der Volkswagen Bank GmbH geschlossenen Sicherungsvertrag zurückzuzahlen.

Im Juli 2019 teilte die Beklagte zu 1 der Klägerin mit, dass im Rahmen eines vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordneten Rückrufs das Motorsteuergerät des streitgegenständlichen Fahrzeugs ein Softwareupdate erhalten müsse, da bezüglich des Emissionskontrollsystems Unregelmäßigkeiten festgestellt worden seien. Diese hätten auf die Nutzbarkeit oder die Sicherheit des Fahrzeugs keinen Einfluss. Nach Installation des Softwareupdates würden alle einschlägigen Emissionsgrenzwerte, insbesondere diejenigen der Euro-6-Abgasnorm, eingehalten werden. Lasse die Klägerin das Softwareupdate nicht installieren, drohe ihrem Fahrzeug eine Betriebsuntersagung gemäß § 5 I FZV.

Das Kraftfahrt-Bundesamt hatte das Softwareupdate für Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs unter dem 26.11.2018 freigegeben und bestätigte, dass seine Installation keinen Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionen, die Motorleistung, das maximale Drehmoment, die Geräuscheemissionen und die Dauerhaltbarkeit der emissionsmindernden Einrichtungen habe.

Mit Schreiben vom 22.04.2020 informierte das Kraftfahrt-Bundesamt die Klägerin, dass ihr Fahrzeug von einer Rückrufaktion betroffen sei, da eine unzulässige Abschalteinrichtung installiert sei, die zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs entfernt werden müsse. Das Kraftfahrt-Bundesamt wies auf die Möglichkeit hin, den weiteren Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen gemäß § 5 I FZV zu untersagen.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin zuletzt beantragt, (1.) die Beklagte zu 1 zu verurteilen, an sie 56.347,63 € nebst Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Pkw zu zahlen, (2.) die Beklagte zu 2 zu verurteilen, an sie 56.347,63 € nebst Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs zu zahlen, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, (3.) an sie weitere 2.056,56 € nebst Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen und (4.) sie von außergerichtlich entstandenen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.399,99nbsp;€ freizustellen, sowie festzustellen, dass (5.) die Beklagten mit der Annahme des Pkw in Verzug und (6.) verpflichtet sind, der Klägerin Schäden zu ersetzen, die aus der Ausstattung ihres Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung resultieren. Darüber hinaus hat die Klägerin die Beklagte zu 1 auf Zahlung von Zinsen in Höhe von vier Prozent aus 14.000 € für die Zeit vom 11.07.2016 bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit (Klageantrag zu 7) und die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von 1.293 € nebst Rechtshängigkeitszinsen (Klageantrag zu 8) in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat behauptet, in dem streitgegenständlichen Fahrzeug sei eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 3, Nr. 10, Art. 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 installiert. Eine schadstoffmindernde Einrichtung („schnelle Motoraufwärmfunktion“) sei nur aktiv, wenn auf einem Prüfstand die Schadstoffemissionen des Pkw gemessen würden. Außerhalb einer solchen Prüfungssituation, das heißt während des realen Fahrbetriebs, unterbleibe eine Minderung des Stickstoffoxid(NOX)-Ausstoßes. Hätte sie, die Klägerin von dieser unzulässigen Abschalteinrichtung Kenntnis gehabt, dann hätte sie den streitgegenständlichen Kaufvertrag nicht geschlossen.

Die Beklagte zu 1 – so hat die Klägerin geltend gemacht – habe als Herstellerin des Motors vollen Einblick in ihre eigene Entwicklung gehabt, von Beginn an von der illegalen Abschalteinrichtung gewusst und sie, die Klägerin, durch Vorspiegelung zulässiger Emissionswerte getäuscht. Eine Nachbesserung sei ihr wegen dieses manipulativen Verhaltens sowie wegen der erheblichen Risiken, die mit einem Softwareupdate einhergingen, unzumutbar. Die Rechtsprechung zum EA189-Motor – mit dem das streitgegenständliche Fahrzeug unstreitig nicht ausgestattet ist – sei auf den vorliegenden Fall entsprechend anwendbar.

Weiter hat die Klägerin geltend gemacht, dass auch die Beklagte zu 2 sie hinsichtlich der unzulässigen Abschalteinrichtung getäuscht habe. Zwar sei die Beklagte zu 2 nicht Herstellerin des Motors und der Abschalteinrichtung. Einen Verkäufer treffe aber eine abstrakte Aufklärungspflicht, weil er dem Käufer die Kaufsache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen habe; außerdem ergebe sich eine abstrakte Aufklärungspflicht aufgrund der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht (§ 241 II BGB) und aus Treu und Glauben (§ 242 BGB). Darüber hinaus – so hat die Beklagte gemeint – sie die Beklagte zu 2 wegen eines Sachmangels zur Gewährleistung verpflichtet.

Dementsprechend hat die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1 deliktische Schadensersatzansprüche (Ersatz des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung) geltend gemacht (Klageantrag zu 1). Von der Beklagten zu 2 hat die Klägerin die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung nach Rücktritt vom Kaufvertrag bzw. Anfechtung verlangt (Klageantrag zu 2). Darüber hinaus hat die Klägerin beide Beklagten als Gesamtschuldner auf Ersatz der für die Finanzierung des Kaufpreises aufgewendeten Zinsen (Klageantrag zu 3) und auf Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten (Klageantrag zu 4) in Anspruch genommen. Außerdem hat die Klägerin die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten begehrt (Klageantrag zu 5), und sie wollte feststellen lassen, dass ihr die Beklagten derzeit noch nicht bekannte, aber mögliche Schäden, die aus der unzulässigen Abschalteinrichtung und/oder des deren software- oder hardwaremäßiger Entfernung resultieren könnten, ersetzen müssen (Klageantrag zu 6). Mit dem Klageantrag zu 7 hat die Klägerin von der Beklagten zu 1 gestützt auf § 849 BGB die Verzinsung des ihr durch den Abschluss des Kaufvertrags entzogenen anteiligen Kaufpreises (14.000 €) verlangt, und schließlich hat sie beide Beklagten als Gesamtschuldner auf Ersatz der für eine Neuwagengarantie (nutzlos) aufgewendeten Kosten in Anspruch genommen (Klageantrag zu 8).

Die Beklagten haben eine Täuschung der Klägerin und ein sittenwidriges Handeln in Abrede gestellt und behauptet, dass im Fahrzeug der Klägerin keine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz komme. Die vom Kraftfahrt-Bundesamt monierte Konditionierung des Warmlaufmodus im Straßenbetrieb werde durch eine Anpassung der entsprechenden Steuerungssoftware geändert, sodass nur der Anwendungsbereich einer bereits im Fahrzeug vorhandenen Funktion ausgeweitet werde. Dabei handele sich – anders als bei EA189-Motoren – nicht um eine Einrichtung, die eine Prüfungssituation, in der der Abgasausstoß gemessen wird, erkenne und nur in einer solche Prüfungssituation den NOX-Ausstoß vermindere. Das für das Fahrzeug der Klägerin vorgesehene Softwareupdate habe das Kraftfahrt-Bundesamt unter dem 26.11.2018 freigegeben.

Das streitgegenständliche Fahrzeug – so haben die Beklagten geltend gemacht – halte die in der einschlägigen Euro-6-plus-Abgasnorm vorgesehenen Emissionsgrenzwerte ein. Der Klägerin sei daher kein Schaden entstanden; weder sei die Nutzbarkeit ihres Pkw eingeschränkt, noch sei dessen Wert gemindert. Das Fahrzeug sei technisch sicher und fahrbereit und verfüge über alle erforderlichen Genehmigungen. Die Klägerin sei auch keinem Irrtum unterlegen; vielmehr habe sie ihren Kaufentschluss gefasst, ohne sich mit dem Emissionsverhalten und insbesondere dem NOX-Ausstoß des Fahrzeugs auseinanderzusetzen.

Die Beklagte zu 2 hat überdies die Einrede der Verjährung erhoben, da das Fahrzeug der Klägerin bereits am 11.07.2016 übergeben worden und die Klage erst am 27.11.2018 anhängig gemacht worden sei. Weder habe sie, die Beklagte zu 2, die Klägerin getäuscht, noch sei das streitgegenständliche Fahrzeug mangelhaft. Als unabhängige Kfz-Händlerin könne sie nicht mit der Fahrzeugherstellerin gleichgesetzt werden.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 06.09.2019 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten zu 1 nicht hinreichend dargetan, sondern nur pauschal das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung behauptet habe. Eine Beweiserhebung würde unter diesen Umständen einen nicht zulässigen Ausforschungsbeweis darstellen.

Allerdings würde es auch dann, wenn im Fahrzeug der Klägerin eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz käme, an einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung i. S. von § 826 BGB fehlen, da das Handeln der Beklagten zu 1 im maßgeblichen Zeitpunkt – als die Klägerin das streitgegenständliche Fahrzeug erworben habe – nicht besonders verwerflich gewesen sei. Die Motoren des VW-Konzerns, zu dem auch die Beklagte zu 1 gehöre, stünden in der Kritik, seit die Volkswagen AG im Herbst 2015 Unregelmäßigkeiten eingeräumt habe. Seit diesem Zeitpunkt hätten Kunden der Beklagten zu 1 erkennen können, dass auch Audi-Fahrzeuge vom VW-Abgasskandal betroffen sein könnten, und konkrete Nachfragen stellen können. In Bezug auf ab Herbst 2015 unternommene Gebrauchtwagenkäufe fehle es daher an einem besonders verwerflichen Verhalten des VW-Konzerns vor. Anders als Fahrzeuge, die mit EA189-Motoren ausgestattet seien, kenne das hier interessierende Fahrzeug keinen besonderen Betriebsmodus, der nur auf einem technischen Prüfstand aktiv sei, sondern es verfüge lediglich über eine Motorwärmefunktion, die eine Verringerung des NOX-Ausstoßes bewirke. Entscheidend sei, dass eine bereits vorhandene, nicht ordnungsgemäß arbeitende Funktion ausgeweitet, aber keine neue Funktion geschaffen werde.

Für einen Schadensersatzanspruch aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB fehle es an der Bereicherungsabsicht, insbesondere an der Stoffgleichheit des erstrebten Vermögensvorteils mit einem etwaigen Vermögensschaden der Klägerin. Dieser sei lediglich eine mittelbare Folge des von der Beklagten zu 1 erstrebten Vermögensvorteils, da die Beklagte zu 2 als Kfz-Händlerin dazwischengetreten sei. Auch eine Drittbereicherungsabsicht liegen nicht vor, da es der Beklagten zu 1 nicht auf eine Bereicherung der Beklagten zu 2 angekommen sei.

Kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 seien verjährt. Der Rücktritt der Klägerin vom Kaufvertrag sei aber auch deshalb unwirksam, weil der ihrem Fahrzeug anhaftende Mangel durch die Installation eines Softwareupdates beseitigt werden könne und danach dem Pkw keine Betriebsuntersagung mehr drohe.

Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Klägerin, die damit ihre erstinstanzlich gestellten Anträge vollumfänglich weiterverfolgte, hatte in Bezug auf die Beklagte zu 1 überwiegend Erfolg. In Bezug auf die Beklagte zu 2 war das Rechtsmittel erfolglos.

Aus den Gründen: II. 1. Gegen die Beklagte zu 1 steht der Klägerin wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB i. V. mit § 31 BGB analog zu (Klageantrag zu 1). Nach Anrechnung der von der Klägerin gezogenen Nutzungen ergibt sich der tenorierte Zahlungsanspruch, Zug um Zug gegen die Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Die Beklagte zu 1 hat die Klägerin in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise jedenfalls bedingt vorsätzlich geschädigt, weil sie ein Fahrzeug hergestellt und in Verkehr gebracht hat, dessen Motor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist.

(a) Bei der im Fahrzeug der Klägerin installierten, von der Beklagten zu 1 so genannten „schnellen Motoraufwärmfunktion“ handelt es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. 2007 L 171, 1).

Nach Art. 5 I der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 hat der Hersteller von ihm gefertigte Fahrzeuge dergestalt auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen den Vorgaben der Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die vorgegebenen Emissionsgrenzwerte auf das tatsächliche Verhalten der Fahrzeuge bei ihrer Verwendung beziehen (vgl. Erwägungsgrund 12 der Verordnung) und dass die zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte erforderliche erhebliche Minderung der Stickoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen erreicht wird (vgl. Erwägungsgrund 6 der Verordnung). Folgerichtig sieht die Verordnung die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollen verringern, strikt als unzulässig an, sofern nicht die ausdrücklich normierten Ausnahmetatbestände (Art. 5 II 2 der Verordnung) greifen. Eine „Abschalteinrichtung“ ist nach Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 jedes Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl, den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu ändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.

Ausweislich des Rückrufs durch das Kraftfahrt-Bundesamt vom 23.01.2018 (Anlage K 4), der auch das streitgegenständliche Fahrzeug … betrifft, ist das Auto der Klägerin – auch wenn sich die technischen Strategien von Fahrzeugtyp zu Fahrzeugtyp leicht unterscheiden – im Ergebnis mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet, weil die schadstoffmindernde „schnelle Motoraufwärmfunktion“ bei diesem Fahrzeug nahezu nur im Prüfzyklus anspringt, während diese NOX-Schadstoffminderung im realen Verkehr unterbleibt. Auch in dem Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes an die Klägerin vom 22.04.2020 (Anlage BB 6) wird als Grund für die Rückrufaktion angegeben, dass in der Motorsteuergerät-Software des streitgegenständlichen Fahrzeugs eine unzulässige Abschalteinrichtung installiert sei, die zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs entfernt werden müsse. Gleichzeitig wird auf die Möglichkeit der Untersagung des weiteren Betriebs des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen gemäß § 5 I FZV hingewiesen.

Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung der Beklagten zu 1, es handele sich nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung, widerlegt. Insoweit sieht der Senat es als unerheblich an, ob der Anwendungsbereich einer bereits im Fahrzeug vorhandenen Funktion ausgeweitet oder eine neue Funktion geschaffen wird, da diese Differenzierung nach den vorzitierten Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 nicht relevant ist, sondern es nur auf das Ergebnis einer Funktion (Verringerung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems bei normalem Fahrzeugbetrieb) ankommt.

Wenn ein Pkw mit einer Software ausgerüstet ist, die einen speziellen Modus für den Prüfstandlauf sowie einen hiervon abweichenden Modus für den Realbetrieb vorsieht und hierdurch im Prüfzyklus verbesserte Stickoxidwerte generiert, und sich hierdurch das Fahrzeug als nicht vorschriftsmäßig nach der Fahrzeug-Zulassungsverordnung erweist, kann die zuständige Zulassungsbehörde dem Eigentümer oder Halter nach § 5 I FZV eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel setzen oder den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen beschränken oder untersagen. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung sind Fahrzeuge, die mit einer nach Art. 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 unzulässigen Abschalteinrichtung versehen sind, auch dann ‚nicht vorschriftsmäßig‘ i. S. von § 5 I FZV, wenn der Halter einer Aufforderung zur Entfernung der Abschalteinrichtung mittels eines von der zuständigen Typgenehmigungsbehörde zugelassenen Softwareupdates nicht Folge leistet, da ein solches Fahrzeug entgegen den in § 3 I 2 FZV normierten Zulassungsvoraussetzungen keinem genehmigten Typ (mehr) entspricht (vgl. BGH, Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, juris Rn. 19). Diese Gefahr besteht für die Klägerin auch ganz konkret, wie der Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 23.01.2018 und das Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes an die Klägerin vom 22.04.2020 belegen.

Soweit Art. 5 II 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 in bestimmten Fällen die Verwendung von Abschalteinrichtungen gestattet, liegen die hierfür erforderlichen (engen) Voraussetzungen nicht vor. Die vorgesehenen Ausnahmen kommen – nicht zuletzt aufgrund des in Art. 5 I der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausdrücklich benannten Regelungszwecks dieser Vorschrift – von vornherein nicht in Betracht, wenn die betreffende Abschalteinrichtung – wie hier – gerade dazu dient, bei erkanntem Prüfbetrieb ein vom Echtbetrieb abweichendes Emissionsverhalten des Fahrzeugs herbeizuführen, um auf diese Weise die Einhaltung der (anderenfalls nicht erreichten) Emissionsgrenzwerte sicherzustellen. Aufgrund der beschriebenen Wirkungsweise der Software handelt es sich weder um eine Abschalteinrichtung, die notwendig ist, um den Motor vor einer Beschädigung oder einem Unfall zu schützen und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten (Art. 5  2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 715/2007), noch um eine Abschalteinrichtung, die nicht länger arbeitet, als dies zum Anlassen des Motors erforderlich ist (Art. 5 II 2 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 715/2007).

Das Inverkehrbringen eines Motors mit der streitgegenständlichen „schnellen Motoraufwärmfunktion“ unter bewusstem Verschweigen der (gesetzwidrigen) Softwareprogrammierung stellt – ebenso wie das Inverkehrbringen des hiermit ausgestatteten Fahrzeugs – eine konkludente Täuschung dar, da der Hersteller mit dem Inverkehrbringen durch schlüssiges Verhalten erklärt, der Einsatz des Fahrzeugs sei im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall, weil die „schnelle Motoraufwärmfunktion“ als verbotene Abschalteinrichtung zu qualifizieren ist mit der Folge, dass der Widerruf der Typgenehmigung droht.

Ein Hersteller, der ein Kraftfahrzeug in Verkehr bringt, bringt jedenfalls konkludent zum Ausdruck, dass das Fahrzeug entsprechend seinem objektiven Verwendungszweck nicht nur im Straßenverkehr eingesetzt werden kann, sondern auch eingesetzt werden darf, das heißt über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügt, deren Fortbestand nicht aufgrund bereits bei der Auslieferung des Fahrzeugs dem Hersteller bekannter konstruktiver Eigenschaften gefährdet ist. Das setzt voraus, dass nicht nur die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren formal erfolgreich durchlaufen wurden, sondern auch, dass die für den Fahrzeugtyp erforderliche EG-Typgenehmigung nicht durch eine Täuschung des zuständigen Kraftfahrt-Bundesamtes erschlichen worden ist und das Fahrzeug den für deren Erhalt und Fortdauer einzuhaltenden Vorschriften tatsächlich entspricht.

(b) Das täuschende Vorgehen der Beklagten zu 1 zielte in verschiedene Richtungen:

Zum einen richtete sich die Täuschung gegen die Genehmigungsbehörde. Dieser wurde vorgespiegelt, das mit dem von der Beklagten zu 1 hergestellten Motor ausgestattete Fahrzeug werde auf dem Prüfstand unter den Motorbedingungen betrieben, die auch im normalen Fahrbetrieb zum Einsatz kämen. Deren Interessen vermag die Klägerin aber nicht wahrzunehmen.

Zum anderen resultiert aus den Täuschungen ein Eingriff in den freien Wettbewerb. Die Beklagte zu 1 verschaffte sich eine Stellung am Markt, die sie ohne das planmäßige Vorgehen nicht oder nur mit einem erheblichen Aufwand und nur zu anderen Preisen hätte erreichen können. Auch wenn die Klägerin kein Wettbewerber ist, so ist doch zu sehen, dass die Beklagte zu 1 damit nicht nur auf die Position von Wettbewerbern am Markt Einfluss genommen hat, sondern durch Einflussnahme auf den Wettbewerb, nämlich das Angebot eines Fahrzeugs, das sonst nicht oder nur zu einem erheblich höheren Preis zur Verfügung gestanden hätte, auch auf die Kaufentscheidung des Endverbrauchers. Letztlich wurden also zwangsläufig auch die Endkunden getäuscht, die keinerlei Möglichkeit hatten, die Täuschung zu erkennen. Nach Auffassung des Senats ist es nicht erforderlich, dass sich der Kunde bewusst mit der Frage auseinandersetzt hat, welche genauen Kriterien für die Erteilung der Typgenehmigung erfüllt sein müssen. Wer ein Fahrzeug erwirbt, um dieses im Straßenverkehr zu verwenden, vertraut darauf, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, wovon die erteilte Typgenehmigung zeugt. Der Fahrzeugkäufer weiß, dass der Konstrukteur bzw. Hersteller eines Fahrzeugs bzw. des darin verbauten Motors kraft seiner Fachkenntnis ihm gegenüber zwangsläufig über einen Wissensvorsprung verfügt. Da der Endkunde einen Einblick in die technischen Vorgänge nicht haben kann, bringt er denjenigen, die für die Entwicklung und Zulassung der Fahrzeuge verantwortlich sind, ein besonderes Vertrauen entgegen, das sich auch in der Markenauswahl beim Erwerb eines Fahrzeugs niederschlägt. Dies hat die Beklagte zu 1 zu ihrem wirtschaftlichen Vorteil ausgenutzt.

(c) Die Entscheidung der Beklagten zu 1, den streitgegenständlichen Pkw unter Verwendung der oben genannten unzulässigen Abschalteinrichtung mit der für die betreffenden Fahrzeuge erschlichenen Typgenehmigung in den Verkehr zu bringen, stellt eine sittenwidrige Handlung i. S. des § 826 BGB dar.

Objektiv sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, das heißt mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urt. v. 28.06.2016 – VI ZR 536/15, juris Rn. 16 m. w. Nachw.). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler, BGB, Neubearb. 2018, § 826 Rn. 31).

Hieran gemessen erweist sich das Handeln der Beklagten zu 1 als objektiv sittenwidrig.

Der Beweggrund für die Verwendung der Software ist (auch) in einer von der Beklagten zu 1 angestrebten Profitmaximierung zu sehen. Zwar ist ein Handeln aus Gewinnstreben allein nicht als verwerflich zu beurteilen. Hinzu kommt jedoch die verwerfliche Art und Weise der Täuschung. Die Beklagte zu 1 hat in großem Umfang und mit erheblichem technischen Aufwand zentrale Zulassungsvorschriften umgangen und zugleich die Fahrzeugkäufer konkludent getäuscht. Sie hat dabei nicht nur einfach vorgeschriebene Abgaswerte außer Acht gelassen, sondern mit der vorgenommenen Manipulation an diesem Motortyp für alle davon betroffenen Fahrzeuge zugleich ein System der planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden sowie – nach dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge – gegenüber den Verbrauchern geschaffen. Es lag also eine bewusste Täuschung sowohl der Aufsichtsbehörden als auch der Verbraucher vor, um die entsprechenden Typgenehmigungen für die mit den Motoren ausgestatteten Fahrzeuge und damit deren Inverkehrbringen zu sichern, um dadurch entsprechende Vertragsschlüsse der Händler mit den Kunden herbeiführen zu können.

Die Verwerflichkeit des Handelns ergibt sich aber auch aus den resultierenden Folgen: Den Fahrzeugkäufern droht ein erheblicher Schaden in Form der Stilllegung des erworbenen Fahrzeugs. Das von der Beklagten zu 1 angebotene Softwareupdate stellt allein ein Angebot der Schadenswiedergutmachung dar (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 16.09.2019 – 12 U 61/19, juris Rn. 59; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019 – 13 U 142/18, juris Rn. 35). Überdies hat die Beklagte zu 1 durch die Ausstattung der Motoren in einer sehr hohen Zahl von Fahrzeugen mit dieser Abschalteinrichtung eine erhebliche Beeinträchtigung der Umwelt über die zugelassenen Emissionen hinaus in Kauf genommen.

Es liegt mithin ein rechtlich nicht erlaubtes, in großem Stil angelegtes Vorgehen der Beklagten zu 1 aus reinem Gewinnstreben vor. Die Verwerflichkeit wird durch das systematische Vorgehen und den großen Kreis der betroffenen Personen vertieft. Dass die Beklagte zu 1 bis heute den Schaden für die Umwelt und die hierauf bezogene Individualbetroffenheit bagatellisiert, verstärkt die Sittenwidrigkeit. Gleiches gilt für die erheblichen Auswirkungen in der Aufarbeitung der Manipulation für den einzelnen Endkunden.

Im Rahmen einer zusammenfassenden Würdigung kommt der Senat deshalb zu dem Ergebnis, dass das Inverkehrbringen der manipulierten Motoren und das Verschweigen der Softwaremanipulation gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen. Als Teil der abstrakt betroffenen Gruppe der Verbraucher kann der Senat dies aufgrund eigener tatrichterlicher Würdigung feststellen (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 28.08.2019 – 5 U 1218/18, juris Rn. 68).

Das objektiv sittenwidrige Verhalten der Beklagten zu 1 hatte noch Auswirkungen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags und des Eigentumserwerbs an dem streitgegenständlichen Fahrzeug durch die Klägerin im Jahr 2016, obwohl der Dieselskandal der VW-Gruppe, zu der auch die Beklagte zu 1 gehört, in der Öffentlichkeit schon seit Herbst 2015 diskutiert wurde und bekannt war. Zum einen ist der Senat – ebenso wie das OLG Hamm (Urt. v. 10.09.2019 – I-13 U 149/18, juris Rn. 65) und das OLG Oldenburg (Urt. v. 16.01.2020 – 14 U 166/19, juris Rn. 38) der Auffassung, dass für die Frage der Sittenwidrigkeit auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs als Zeitpunkt der Tathandlung abzustellen ist. Zum anderen hat die Beklagte zu 1 im vorliegenden Verfahren stets betont, dass die streitgegenständliche „schnelle Motoraufwärmfunktion“ nicht gleichzusetzen sei mit den unzulässigen Abschaltvorrichtungen des Motors EA189, der Gegenstand der Ad-hoc-Mitteilung vom September 2015 war. Vielmehr hat die Beklagte zu 1 nach wie vor betont, dass sie gar keine unerlaubte Abschalteinrichtung eingebaut habe und dass die der Zulassung zugrunde zu legenden Schadstoffwerte richtigerweise unter Laborbedingungen hätten ermittelt werden dürfen.

(d) Die subjektiven Voraussetzungen für den Anspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagte zu 1 sind zu bejahen.

(aa) Die Verwendung der Software erfolgte vorsätzlich. In subjektiver Hinsicht setzt der Schädigungsvorsatz gemäß § 826 BGB keine Schädigungsabsicht im Sinne eines Beweggrunds oder Ziels voraus. Es genügt bedingter Vorsatz hinsichtlich der für möglich gehaltenen Schadensfolgen, wobei jener nicht den konkreten Kausalverlauf und den genauen Umfang des Schadens, sondern nur Art und Richtung des Schadens umfassen muss (BGH, Urt. v. 13.09.2004 – II ZR 276/02, juris Rn. 38 m. w. Nachw.). Für den Vorsatz genügen das Bewusstsein, dass die Schädigung im Bereich des Möglichen liegt, sowie die billigende Inkaufnahme des Schädigungsrisikos. Nicht erforderlich ist, dass der Handelnde die Schädigung eines anderen anstrebt oder als sichere Folge des eigenen Handelns akzeptiert (MünchKomm-BGB/Wagner, 7. Aufl. [2017], § 826 Rn. 27 m. w. Nachw.).

Die Software wurde bewusst benutzt, um die Abgasrückführung beeinflussen zu können und so die Typgenehmigung zu erhalten. Einen anderen Zweck hatte ihre Verwendung nach Überzeugung des Senats (§ 286 I 1 ZPO) nicht. Dabei wurde bewusst in Kauf genommen, dass eine Entdeckung der verwendeten Software dazu führen würde, dass die Betriebserlaubnis der betroffenen Fahrzeuge würde erlöschen können. Die Beklagte zu 1 hat dabei das Risiko der darin liegenden Schädigung der Endkunden als möglich erkannt und dennoch billigend in Kauf genommen. Das ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der feststellende Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes hingenommen wurde.

Die Beklagte zu 1 hat auch die Folgen ihres Handelns jedenfalls billigend in Kauf genommen. Da die Behörden bei der Erteilung der Typgenehmigung getäuscht worden waren, konnte die Klägerin davon ausgehen, ein Fahrzeug mit einem Motor zu erhalten, der den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Dass im Fall der Entdeckung der Täuschung seitens des Kraftfahrt-Bundesamtes Maßnahmen ergriffen werden mussten, musste der Beklagten zu 1 klar sein. Das Kraftfahrt-Bundesamt als zuständige Behörde konnte ein gegen die gesetzlichen Regelungen verstoßendes Verhalten, das noch dazu einen Kernbereich seiner Aufgabe betrifft, nicht einfach hinnehmen. Die Beklagte zu 1 musste davon ausgehen, dass das Kraftfahrt-Bundesamt in diesem Fall entweder die Typgenehmigung widerrufen oder aber Maßnahmen anordnen würde, um einen gesetzmäßigen Zustand der Fahrzeuge zu erreichen. Damit musste sie zwangsläufig davon ausgehen, dass dem Fahrzeug eine Betriebsuntersagung drohte, wenn dem nicht nachgekommen werden würde, sodass auch diese Schädigungsfolgen vom Vorsatz der Beklagten zu 1 erfasst waren (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 28.08.2019 – 5 U 1218/18, juris Rn. 74).

(bb) Die Beklagte zu 1 muss sich dabei das Handeln ihrer Mitarbeiter gemäß § 31 BGB analog zurechnen lassen.

Die Repräsentantenhaftung erstreckt sich für die juristischen Personen über den Vorstand, die Vorstandsmitglieder und die verfassungsmäßig berufenen besonderen Vertreter hinaus auf alle sonstigen Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, sodass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren (BGH, Urt. v. 30.10.1967 – VII ZR 82/65, BGHZ 49, 19 = juris Rn. 11 m. w. Nachw.; MünchKomm-BGB/Leuschner, 8. Aufl. [2018], § 31 Rn. 14 m. w. Nachw.). Da es der juristischen Person nicht freisteht, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will, kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des „Vertreters“ in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt. Hierzu gehört auch der Personenkreis der leitenden Angestellten (BGH, Urt. v. 03.05.2007 – IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169 = juris Rn. 16 m. w. Nachw.).

Der gemäß § 826 BGB erforderliche Vorsatz erfordert ein kognitives Element – das Bewusstsein, dass der Eintritt des Schadens im Bereich des Möglichen liegt – und ein voluntatives Element – das Zueigenmachen des Schadenseintritts im Sinne billigenden Inkaufnehmens. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben (dolus eventualis). Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen (BGH, Urt. v. 28.06.2016 – VI ZR 536/15, juris Rn. 25 m. w. Nachw.).

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Leiter der Entwicklungsabteilung der Beklagten zu 1 von der Entwicklung und Verwendung der Software zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kenntnis hatte und dies gebilligt und, wenn nicht angeordnet, so zumindest nicht unterbunden hat. § 286 I 1 ZPO verlangt zur Überzeugungsbildung des Gerichts ein Maß an persönlicher Gewissheit, das Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. [2020], § 286 Rn. 19 m. w. Nachw.).

Die Programmierung der Software setzt denknotwendig eine aktive, im Hinblick auf dieses Ergebnis gewollte präzise Programmierung der Motorsteuerungssoftware voraus und schließt die Annahme einer fahrlässigen Herbeiführung dieses Zustands aus. Angesichts der Dimension der manipulierten Fahrzeuge in Zahl und Qualität hält es der Senat für ausgeschlossen, dass der Leiter der Entwicklungsabteilung keine Kenntnis von den Manipulationen hatte. In der Sache handelte es sich um eine Strategieentscheidung mit außergewöhnlichen Risiken für den gesamten Konzern und auch massiven persönlichen arbeits- und strafrechtlichen Risiken für die entscheidenden Personen, denen bei den untergeordneten Konstrukteuren kein annähernd adäquater wirtschaftlicher Vorteil gegenüberstand. Angesichts dessen erscheint es dem Senat mehr als fernliegend, dass die Entscheidung für eine greifbar rechtswidrige Software ohne Einbindung des Vorstands erfolgt sein soll und lediglich einem Verhaltensexzess untergeordneter Konstrukteure zuzuschreiben sein könnte.

Unabhängig von der Überzeugung des Senats ergibt sich aber auch kein anderes Ergebnis aus Darlegungs- und Beweislastgesichtspunkten. Grundsätzlich hat jede Partei die ihr günstigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen. Zugunsten des Käufers, also auch der Klägerin, greift jedoch eine Erleichterung der Darlegungslast. Steht nämlich ein (primär) darlegungspflichtiger Anspruchsteller außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs und kennt der Anspruchsgegner alle wesentlichen Tatsachen, so genügt nach den höchstrichterlichen Grundsätzen über die sekundäre Darlegungslast das einfache Bestreiten seitens des Anspruchsgegners nicht, sofern ihm nähere Angaben zuzumuten sind (BGH, Urt. v. 17.01.2008 – III ZR 239/06, juris Rn. 16 m. w. Nachw.). Soll aber für diese höchstrichterliche Rechtsprechung überhaupt ein Anwendungsbereich eröffnet sein, müssen schon die Anforderungen an die primären Darlegungen seitens des Anspruchstellers auf die allgemeine Behauptung der nach dem maßgebenden Tatbestandsmerkmal erforderlichen Tatsache beschränkt werden, denn zur Frage des Umfangs einer sekundären Darlegungslast kann man stets nur dann gelangen, wenn der Anspruchsteller die Voraussetzungen der ihn treffenden primären Darlegungslast zu erfüllen vermag. Das aber kann mit Rücksicht auf den Umstand, dass der Anspruchsteller in den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung erörterten Fällen jedenfalls außerhalb des Geschehensablaufs steht und ihm entsprechende Kenntnisse aus strukturellen Gründen fehlen, nur dann geschehen, wenn man allgemeine Behauptungen ausreichen lässt und von weiterer Substanziierung absieht.

Vor diesem Hintergrund reicht einerseits die Behauptung der Klägerin aus, dass dem Vorstand der Beklagten zu 1 sämtliche oben erörterten Umstände bekannt gewesen seien, während andererseits das Vorbringen der Beklagten zu 1 zu den internen Geschehnissen im Zusammenhang mit der Beauftragung, der Bezahlung, dem Empfang, der Kontrolle und der Verwendung der oben erwähnten Motorsteuerungssoftware nicht einmal ansatzweise ausreicht. Da die Beklagte zu 1 auch nicht konkret darlegt, dass und wie einzelne Mitarbeiter unter Ausschluss des Vorstandes die mangelhafte Software pflichtwidrig beauftragen, bezahlen und verwenden ließen, kann sie sich auch hierauf nicht berufen. Damit muss es sowohl bei der Annahme umfassender Kenntnisse des Vorstandes der Beklagten zu 1 als auch bei der Anwendung des § 31 BGB im Sinne einer Zurechnung bleiben (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 16.09.2019 – 12 U 61/19, juris Rn. 66; OLG Köln, Beschl. v. 03.01.2019 – 18 U 70/18, juris Rn. 35).

(e) Die Beklagte zu 1 hat der Klägerin vorsätzlich einen Schaden i. S. von § 826 BGB zugefügt, der nicht durch die Entwicklung und die Möglichkeit des Aufspielens des Updates beseitigt worden ist.

(aa) Die Klägerin hat ein Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form der „schnellen Motoraufwärmfunktion“ erworben, die einen speziellen Modus für den Prüfstandlauf sowie einen hiervon abweichenden Modus für den Alltagsbetrieb vorsieht und hierdurch im Prüfzyklus verbesserte Stickoxidwerte generiert. Damit wies das Fahrzeug einen Sachmangel auf (vgl. BGH, Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, juris Rn. 17 m. w. Nachw.). Das Fahrzeug genügte zwar primär dem Erfordernis, am Straßenverkehr teilzunehmen; aufgrund der rechtswidrig verbauten Abgaseinrichtung drohte aber die Stilllegung des Fahrzeugs. Da sich dieser Umstand zwangsläufig auf den Wert des Fahrzeugs auswirkt, liegt ein Schaden für die Klägerin vor. Ein für die Nutzung im Straßenverkehr bestimmtes Fahrzeug, das hinsichtlich der Frage der Typgenehmigung und der Betriebszulassung mit erheblichen rechtlichen Unsicherheiten belegt ist, ist offenkundig weniger wert als ein vergleichbares Fahrzeug, das sämtliche technischen und gesetzlichen Anforderungen erfüllt.

(bb) Ein Schaden für die Klägerin liegt auch in dem auf der Täuschung durch die Beklagte zu 1 beruhenden Abschluss des Kaufvertrags. Der Senat geht davon aus, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses hinter den Vorstellungen der Klägerin von der allgemein ordnungsgemäßen Ausrüstung des Kaufobjekts zurückblieb und dass die Klägerin bei Kenntnis der Manipulation den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte. Der Umstand, dass die erforderlichen Genehmigungen und Zulassungen für das Fahrzeug durch Täuschung erlangt worden sind, gefährdet aus der Sicht eines vernünftigen Durchschnittskäufers die für die Nutzung im Straßenverkehr erforderliche Zulassung und hat zudem unabsehbare Folgen für den Verkehrs- und Wiederverkaufswert des Fahrzeugs.

(cc) Diese Schäden sind der Klägerin durch vorsätzliches Verhalten der Beklagten zu 1 entstanden.

Der Beklagten zu 1 waren die Mangelhaftigkeit des Motors, des damit ausgerüsteten Fahrzeugs und aufgrund der gesetzlich unzulässigen Software die zu Unrecht erteilte Typgenehmigung bekannt. Zwar ist davon auszugehen, dass die Schädigung der Käufer nicht der Beweggrund der Beklagten zu 1 für den Einsatz der Abschalteinrichtung gewesen ist; dies ist indes auch nicht erforderlich. Der Vorsatz i. S. des § 826 BGB setzt keine Schädigungsabsicht im Sinne eines Beweggrunds oder Ziels voraus. Es genügt bedingter Vorsatz hinsichtlich der für möglich gehaltenen Schadensfolgen, wobei jener nicht den konkreten Kausalverlauf und den genauen Umfang des Schadens, sondern nur Art und Richtung des Schadens umfassen muss (BGH, Urt. v. 13.09.2004 – II ZR 276/02, juris Rn. 38 m. w. Nachw.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Schaden i. S. des § 826 BGB nicht nur in der Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter liegt, sondern dass jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage sowie jede Beeinträchtigung des rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung genügt (BGH, Urt. v. 19.07.2004 – II ZR 402/02, BGHZ 160, 149 = juris Rn. 41 m. w. Nachw.).

Der Senat ist überzeugt, dass die Beklagte zu 1 vorsätzlich gehandelt hat. Sie hat es zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass die Abschalteinrichtung im Falle des Entdecktwerdens Auswirkungen auf die Betriebserlaubnis der betreffenden Fahrzeuge haben wird und die Erwartungen des Fahrzeugkäufers enttäuscht werden. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Klägerin das Fahrzeug nicht von der Beklagten zu 1, sondern von der Beklagten zu 2 erworben hat. Die Ursache für den Schaden der Klägerin hat die Beklagte zu 1 gesetzt. Auch wenn ein Verkäufer seinem Kunden aus dem Kaufvertrag verschuldensunabhängig auf Gewährleistung haftet, kann dies eine Haftung der Beklagten zu 1 für ihr systemisch sittenwidriges Verhalten gegenüber Letzterwerbern – darunter auch der Klägerin – nicht entfallen lassen (OLG Schleswig, Urt. v. 22.11.2019 – 17 U 44/19, juris Rn. 55).

(dd) Das Verhalten der Beklagten zu 1 war kausal für die Entstehung des Schadens der Klägerin.

Für die Annahme eines Zusammenhangs zwischen Täuschung und Abgabe einer Willenserklärung genügt es, dass der Getäuschte Umstände dargetan hat, die für seinen Entschluss von Bedeutung sein konnten, und dass die arglistige Täuschung nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts Einfluss auf die Entscheidung hat (BGH, Urt. v. 12.05.1995 – V ZR 34/94, juris Rn. 17 m. w. Nachw.). Der getäuschte Käufer darf keine Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen und Umständen haben und seine Verfügung – der Abschluss des Kaufvertrags – muss auf dieser Unkenntnis beruhen.

Diese Voraussetzungen liegen zur Überzeugung des Senats vor. Da es sich um innere Tatsachen handelt, kann der Nachweis nur auf der Grundlage von Indizien geführt werden, die hier hinreichend und nachvollziehbar dargelegt sind.

Nach der Lebenserfahrung und der Art des zu beurteilenden Geschäfts ist auszuschließen, dass ein Käufer ein Fahrzeug erwirbt, dem eine Betriebsuntersagung droht und bei dem im Zeitpunkt des Erwerbs in keiner Weise absehbar ist, ob dieses Problem überhaupt behoben werden kann. Diese Einwirkung auf die Entschließung des Fahrzeugkäufers genügt für den Kausalzusammenhang zwischen dem Irrtum und der Kaufentscheidung (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.1995 – V ZR 34/94, juris Rn. 18). Daneben sind die Aspekte der Umweltverträglichkeit und mit einem erhöhten NOX-Ausstoß einhergehender Gesundheitsgefahren oder auch Nutzungseinschränkungen im Sinne einer uneingeschränkten Mobilität (Fahrverbote in Gegenwart und Zukunft) Argumente, die bei einem Kaufentschluss für ein Fahrzeug plausibel eine Rolle spielen und so Einfluss auf die Dispositionsfreiheit eines Kunden haben können.

Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Erwerbs keine hinreichende Kenntnis davon hatte, dass das von ihr erworbene Fahrzeug schadhaft ist. Es fehlt daher weder an dem Eintritt eines infolge des sittenwidrigen Verhaltens kausal eingetretenen Schadens, noch ist der Anspruch etwa wegen fehlender Rechtswidrigkeit (volenti non fit iniuria) oder aus anderen Gründen ausgeschlossen.

Die Klägerin hatte auch bezüglich des von ihr erworbenen Fahrzeugs in concreto keine Kenntnis davon, dass dieses Fahrzeug von der Abschaltautomatik betroffen ist. Der entsprechenden Einlassung der Klägerin ist die Beklagte zu 1 jedenfalls nicht substanziiert entgegengetreten, indem sie etwa dargelegt hätte, dass der Verkäufer des Fahrzeugs die Klägerin vor Erwerb des Fahrzeugs über die Betroffenheit des Fahrzeugs und die entsprechenden Konsequenzen informiert habe.

Zudem kann die Beklagte zu 1 auch nicht darauf verweisen, dass mit der Ad-hoc-Mitteilung, die ohnehin nur die Fahrzeuge der Marke Volkswagen mit einem anderen Motor (EA189) betraf, oder durch die Berichterstattung in der Folgezeit den Käufern von Audi-Modellen bewusst gewesen sei, dass die Fahrzeuge in der oben dargelegten Art schadhaft sind. Insoweit wird auf die Ausführungen unter II 1 c a. E. Bezug genommen. Dies gilt auch dann, wenn sich die Klägerin um diese Frage überhaupt keine bewussten Gedanken gemacht hat. Ein Käufer unterstellt aufgrund der erteilten Typgenehmigung bestimmte Eigenschaften und setzt diese als selbstverständlich voraus. Hätte die Beklagte zu 1. das Fahrzeug weder in Verkehr gebracht noch die unzulässige Abgasschalteinrichtung verschwiegen, wäre es zu einer reflektierten Entscheidung über diese Faktoren gekommen und – sachgerechtes Verhalten unterstellend – die Klägerin hätte das Fahrzeug nicht gekauft.

Der Beweis der Ursächlichkeit ist somit zumindest dem Anschein nach erbracht. Die Beklagte zu 1 hat keine Umstände aufgezeigt, die zu einer anderen Bewertung führen würden.

Dass die Beklagte zu 1 „nur“ Herstellerin des Fahrzeugs einschließlich des Motors ist und die Klägerin das Fahrzeug nicht unmittelbar von der Beklagten zu 1, sondern von der Beklagten zu 2 erworben hat, stellt den Kausalzusammenhang zwischen konkludenter Täuschung und Fahrzeugerwerb nicht in Frage. Denn durch das Inverkehrbringen des Motors in dem Wissen und mit dem Ziel, dass dieser Motor vom Fahrzeughersteller (auch) in das von der Klägerin erworbene Fahrzeugmodell eingebaut werden würde, hat die Beklagte zu 1 den Kausalverlauf bewusst in Gang gesetzt. Die hiermit verbundene konkludente Täuschung seitens der Beklagten zu 1 als Herstellerin des Fahrzeugs über das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für die EG-Typgenehmigung wirkt bei allen weiteren Verkäufen in der Käuferkette vor Aufdeckung der Abschalteinrichtung fort, weil die allgemeinen Herstellerangaben und die Typengenehmigung die Grundlage des Erwerbsgeschäfts bilden (OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019 – 5 U 1318/18, juris Rn. 44; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019 – 13 U 142/18, juris Rn. 28; LG München, Urt. v. 29.03.2019 – 13 O 5153/18, juris Rn. 31).

(ee) Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden ist vom Schutzzweck des § 826 BGB erfasst. Durch den Einsatz der Umschaltsoftware hat die Beklagte zu 1. nicht nur Gemeinschaftsinteressen dienendes EU-Typgenehmigungsrecht verletzt, sondern auch eine Gefahrenlage geschaffen, aufgrund derer die betroffenen Fahrzeuge – bei Entdeckung der Problematik – die Zulassung verlieren und insgesamt nicht mehr als werthaltig angesehen werden; die Fahrzeugkäufer sind somit auch individuell betroffen. Genau diese Gefahrenlage hat sich dann tatsächlich realisiert, und der Klägerin ist der oben dargestellte Schaden entstanden.

(ff) Der Schaden der Klägerin würde nicht durch die Installation eines Softwareupdates entfallen.

Ob das Fahrzeug nach dem Update nicht mehr von einer Stilllegung bedroht ist, kann dahinstehen. Denn der darüber hinausgehende Schaden des Klägerin, der sich daraus ergibt, dass sie sich an einem Vertrag festhalten lassen muss, den sie in Kenntnis des sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten zu 1 so nicht abgeschlossen hätte, ist weiterhin vorhanden (OLG Schleswig, Urt. v. 22.11.2019 – 17 U 44/19, juris Rn. 59; OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019 – I-13 U 149/18, juris Rn. 52; OLG Koblenz, Urt. v. 28.08.2019 – 5 U 1218/18, juris Rn. 108).

Hinzu kommt, dass unklar ist, ob und welche Auswirkungen das Softwareupdate hat. Zu Recht führt das OLG Schleswig (Urt. v. 22.11.2019 – 17 U 44/19, juris Rn. 60) dazu aus, dass die Langzeittauglichkeit des Updates bis heute jedenfalls nicht unstreitig feststehe und dem Erwerber eines derart nachgerüsteten Fahrzeugs auf diese Weise Risiken aufgebürdet würden, die er nach seiner berechtigten Erwerbserwartung nicht tragen müsse. Auch würde eine abweichende rechtliche Sicht der Dinge letztendlich zu einem Nachbesserungsrecht zugunsten des sittenwidrig, vorsätzlich handelnden Schädigers führen, das dem deliktischen Schadensersatzrecht unbekannt sei. Dem schließt sich der erkennende Senat an.

(f) Der Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 249 ff. BGB richtet sich auf Ersatz des negativen Interesses (Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl. [2020], § 826 Rn. 15). Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er ohne den Eintritt des schädigenden Ereignisses stünde.

(aa) Ohne die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung hätte die Klägerin – wie bereits dargelegt – den Vertrag nicht geschlossen. In diesem Fall hätte sie das Fahrzeug nicht erhalten und den Kaufpreis nicht gezahlt. Die Beklagte zu 1 hat der Klägerin daher den Kaufpreis Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs zurückzuerstatten.

(bb) Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dem Geschädigten neben einem Ersatzanspruch nicht die Vorteile verbleiben dürfen, die ihm durch das schädigende Ereignis zugeflossen sind. Gleichartige Gegenansprüche sind automatisch zu saldieren (BGH, Urt. v. 12.03.2009 – VII ZR 26/06, juris Rn. 16; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl. [2020], Vorbemerkung vor § 249 Rn. 71 m. w. Nachw.). Der Schadensersatzanspruch des Geschädigten ist nur mit dieser Einschränkung begründet. Darauf, ob der Schädiger die Herausgabe des Vorteils verlangt, kommt es nicht an. Insbesondere bedarf es – anders als in den Fällen der §§ 320, 322, 348 BGB – keines besonderen Antrags oder einer Einrede des Schädigers (BGH, Urt. v. 23.06.2015 – XI ZR 536/14, juris Rn. 23 f.).

Dies führt auch nicht zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers. Es ist nicht Aufgabe des Schadensrechts, das Verhalten des Schädigers in einer über die faktische Rückabwicklung des Vertrags hinausgehenden Weise zu sanktionieren. Das deutsche Zivilrecht sieht als Rechtsfolge einer unerlaubten Handlung nur den Schadensausgleich (§§ 249 ff. BGB) vor, nicht aber eine Bereicherung des Geschädigten. Die Bestrafung und eine – im Rahmen des Schuldrechts angemessene – Abschreckung sind im deutschen Recht mögliche Ziele des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts mit den dafür eingeführten besonderen Verfahrensgarantien, nicht hingegen des Zivilrechts (OLG Koblenz, Urt. v. 16.09.2019 – 12 U 61/19, juris Rn. 70 ff.; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019 – 13 U 142/18, juris Rn. 117 m. w. Nachw.). Es besteht auch kein Anlass, den Nutzungsersatz im Hinblick auf den der Sache anhaftenden Mangel herabzusetzen. Die Berücksichtigung des mit dem Mangel verbundenen Minderwerts kommt nur in Betracht, wenn der Mangel die tatsächliche Nutzung erheblich einschränkt (vgl. Eggert, in: Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Aufl. [2020], Rn. 1173).

Im vorliegenden Fall war die fortdauernde Nutzbarkeit des Fahrzeugs allein aus Rechtsgründen nicht sichergestellt, auf den tatsächlichen Gebrauch hatte dies aber keinerlei Auswirkungen. Insofern kommt auch unter diesem Gesichtspunkt eine Herabsetzung des Nutzungsersatzes nicht in Betracht (OLG Koblenz, Urt. v. 16.09.2019 – 12 U 61/19, juris Rn. 77; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019 – 13 U 142/18, juris Rn. 125).

(cc) Den Wert der durch den Gebrauch des Kraftfahrzeugs gezogene Nutzungen der Klägerin schätzt der Senat nach der anwendbaren Methode der zeitanteiligen linearen Wertminderung (BGH, Beschl. v. 09.12.2014 – VIII ZR 196/14, juris Rn. 3; Urt. v. 09.04.2014 – VIII ZR 215/13, juris Rn. 11 ff.; Urt. v. 17.05.1995 – VIII ZR 70/94, juris Rn. 23; alle m. w. Nachw.). Die zeitanteilige lineare Wertminderung ist im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer, ausgehend vom Bruttokaufpreis, im Wege der Schätzung gemäß § 287 I 1, 2 ZPO zu ermitteln. Dabei ist Anknüpfungspunkt der gezahlte Bruttokaufpreis, der den Nutzungswert des Fahrzeugs verkörpert. Die im Einzelfall unter gewöhnlichen Umständen zu erzielende Gesamtfahrleistung stellt den Gesamtgebrauchswert dar. Zu vergüten sind die Gebrauchsvorteile bis zur Rückgabe des Fahrzeugs (Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1186).

Der Senat schätzt die bei dem streitgegenständlichen Pkw zu erwartende Gesamtlaufleistung auf 300.000 km (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 28.08.2019 – 5 U 1218/18, juris Rn. 121 m. w. Nachw.).

Die im Rahmen der Vorteilsausgleichung zugunsten der Beklagten zu 1 zu berücksichtigende Nutzungsentschädigung (Gebrauchsvorteil) errechnet sich nach der Formel \({\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt}}}.\)

Der Bruttokaufpreis betrug 66.000 €. Die gefahrenen Kilometer ergeben sich aus der Differenz zwischen dem Kilometerstand im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (85.564 km) und dem Kilometerstand im Erwerbszeitpunkt (9.900 km) und belaufen sich auf 75.664 km. Die erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt betrug (300.000 km ? 9.900 km =) 290.100 km. Dies ergibt eine zu berücksichtigende Nutzungsentschädigung von 17.214,14 €.

Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen auf die zuerkannte Hauptforderung ist aus §§ 291, 288 I 2 BGB für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage (14.01.2019) begründet, wobei die Pflicht zur Zinszahlung in entsprechender Anwendung von § 187 I BGB ab dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag (hier: 15.01.2019) besteht (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2017 – XI ZR 555/16, juris Rn. 21).

2. Die Klage gegen die Beklagte zu 2 ist unbegründet (Klageantrag zu 2).

(a) Kaufvertragliche Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 als Verkäuferin des streitgegenständlichen Wagens gemäß §§ 346 I, 349, 437 Nr. 2 Fall  1, § 434 I 2 Nr. 2, §§ 323, 440 BGB bestehen nicht.

(aa) Zwar war das bei der Beklagten zu 2 erworbene Fahrzeug sowohl zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs als auch zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung mit einem Sachmangel behaftet, da der Motor des Fahrzeugs mit einer nach Art. 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet war, sodass es sich nicht zur gewöhnlichen Verwendung i. S. des § 434 I 2 BGB eignete (vgl. BGH, Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, juris Rn. 6 ff.; OLG Braunschweig, Urt. v. 13.06.2019 – 7 U 289/18, juris Rn. 80 f.; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019 – 13 U 142/18, juris Rn. 14; OLG Köln, Beschl. v. 03.01.2019 – 18 U 70/18, juris Rn. 24).

(bb) Die Rücktrittserklärung ist aber nicht wirksam geworden, weil die Klägerin der Beklagten zu 2 zuvor entgegen § 323 I BGB keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat und eine solche Fristsetzung auch nicht entbehrlich war.

Eine Nacherfüllungsfrist hat die Klägerin der Beklagten zu 2 unstreitig nicht gesetzt. Die Fristsetzung war entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht entbehrlich, weil keiner der hier in Betracht kommenden Ausnahmetatbestände erfüllt war. Auf die Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen.

Die Nacherfüllung war möglich, da das Kraftfahrt-Bundesamt die technische Überarbeitung durch ein Softwareupdate der Beklagten zu 1 für die Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs mit Bestätigung vom 26.11.2018 freigegeben und bestätigt hat, dass die technische Maßnahme keinen Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionswerte, die Motorleistung, das maximale Drehmoment, Geräuscheemissionen sowie die Dauerhaltbarkeit der emissionsmindernden Einrichtungen hat. Folglich ist das Softwareupdate geeignet, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen und den Mangel gemäß § 439 I Fall 1 BGB zu beseitigen (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2016 – 28 W 14/16, juris Rn. 37).

Die bloße Möglichkeit oder Befürchtung, dass nach der (ersten) Nachbesserung Mängel verbleiben oder neue Mängel entstehen, begründet nicht die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Mangelbeseitigung. Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber vielmehr in § 440 Satz 2 BGB ausdrücklich berücksichtigt. Danach gilt eine Nachbesserung jedenfalls grundsätzlich erst nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen. Der Käufer hat das beschriebene Risiko also zunächst hinzunehmen. Die Rechte aus § 437 Nr. 2 BGB bleiben ihm für den Fall, dass die durchgeführte Nachbesserung fehlschlagen sollte, unbenommen.

(cc) Daneben hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, dass sich die Beklagte zu 2 auf den Ausschluss der Sachmängelgewährleistungsansprüche berufen kann.

Der mit Schreiben vom 19.06.2018 erklärte Rücktritt ist gemäß § 438 IV 1, § 218 I 1 BGB unwirksam, weil der klägerische Anspruch auf Nacherfüllung gemäß § 438 I Nr. 3 BGB bereits im Zeitpunkt der Rücktritterklärung verjährt war.

Die Parteien haben in den Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen unter VI 1 vereinbart, dass Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstands an den Kunden verjähren.

Nach § 476 II letzter Halbsatz BGB kann die Verjährung der in § 437 BGB bezeichneten Ansprüche vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer nicht durch Rechtsgeschäft erleichtert werden, wenn die Vereinbarung zu einer Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn bei gebrauchten Sachen von weniger als einem Jahr führt. Diese Vorschrift ist allerdings richtlinienwidrig, weil Art. 7 I Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. 1999 L 171, 12; im Folgenden: Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) den Mitgliedstaaten nur die Befugnis verleiht, im Falle gebrauchter Güter vorzusehen, dass die Parteien die Haftungsdauer des Verkäufers auf ein Jahr ab Lieferung begrenzen dürfen, ihnen dagegen nicht die Möglichkeit einräumt zu bestimmen, dass die Parteien die Dauer der in Art. 5  I 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie genannten Verjährungsfrist begrenzen dürfen (EuGH, Urt. v. 13.07.2017 – C-133/16, ECLI:EU:C:2017:541 = juris Rn. 33 ff. – Ferenschild; s. auch BGH, Urt. v. 09.10.2019 – VIII ZR 240/18, BGHZ 223, 235 = juris Rn. 22). Art. 5 I und Art. 7 I Unterabs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie stehen einer Regelung eines Mitgliedsstaats entgegenstehen, die beim Verbrauchsgüterkauf eine Abkürzung der Verjährungsfrist auf weniger als zwei Jahre ab Lieferung zulässt. Die Richtlinie unterscheidet – anders als das deutsche Recht – zwischen der Haftungsdauer (oder Haftungsfrist), innerhalb derer der Mangel in Erscheinung getreten sein muss, und der Verjährungsfrist für die Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche des Verbrauchers. Art. 7 I Unterabs. 2 der Richtlinie erlaubt nur eine Abkürzung der Haftungsdauer (Haftungsfrist) auf bis zu einem Jahr ab Lieferung, nicht dagegen (auch) der Verjährungsfrist, die nach Art. 5 I 2 der Richtlinie auch für gebrauchte Sachen mindestens zwei Jahre betragen muss. Folglich kann sich der Unternehmer (Verkäufer) auf die beim Handel mit gebrauchten Sachen, insbesondere beim Gebrauchtwagenhandel, üblichen Vertragsklauseln oder Individualvereinbarungen, nach denen die Verjährungsfrist nur ein Jahr beträgt, gemäß § 476 I 1 BGB nicht mehr berufen (jurisPK-BGB/Ball, 9. Aufl., § 476 Rn. 28, Stand: 01.02.2020).

Diese Lösung führt allerdings zu einer Verschärfung der Mängelhaftung des Verkäufers, durch die die Risikoverteilung und damit die vertragliche Äquivalenz empfindlich zum Nachteil des Verkäufers verschoben wird. Denn mit der Verjährungsfrist verlängert sich zugleich die – im deutschen Recht nicht gesondert geregelte – Haftungsdauer (Haftungsfrist) des Verkäufers auf zwei Jahre. Dies widerspricht dem übereinstimmenden Willen der Kaufvertragsparteien, die Mängelhaftung des Verkäufers auf solche Mängel zu beschränken, die sich vor Ablauf eines Jahres ab Lieferung zeigen. Diesem übereinstimmenden Parteiwillen kann im Wege ergänzender Vertragsauslegung zur Geltung verholfen werden (jurisPK-BGB/Ball, a. a. O., § 476 Rn. 29): Wenn den Vertragsparteien beim Vertragsschluss bewusst gewesen wäre, dass die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche des Käufers nicht wirksam auf ein Jahr abgekürzt werden kann, hätten sie als redliche Vertragspartner ihren Regelungsplan, die Haftung des Verkäufers auf Mängel zu beschränken, die innerhalb eines Jahres ab Lieferung in Erscheinung treten, durch eine einvernehmliche Abkürzung der Haftungsdauer (Haftungsfrist) auf ein Jahr verwirklicht. Für bestehende Verträge führt dies zu dem interessengerechten und mit den Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in Einklang stehenden Ergebnis, dass der Verkäufer – nach wie vor – nur für solche Mängel einstehen muss, die sich binnen eines Jahres ab Lieferung zeigen, und dass Gewährleistungsansprüche des Käufers wegen solcher Mängel mit Ablauf von zwei Jahren ab Lieferung verjähren.

Der vorliegende Mangel hat sich jedenfalls erst im Jahr 2018 gezeigt, weil die Klägerin sich erst dann an die Beklagten gewandt hat. Damit muss die Beklagte zu 2 als Verkäuferin nicht für diesen Mangel einstehen, da der Senat davon ausgeht, dass die Parteien ihren Regelungsplan, die Haftung des Verkäufers auf Mängel zu beschränken, die innerhalb eines Jahres ab Lieferung in Erscheinung treten, durch eine einvernehmliche Abkürzung der Haftungsdauer (Haftungsfrist) auf ein Jahr verwirklicht hätten. Da die einjährige Haftungsfrist gemäß § 438 II BGB mit der Übergabe des Fahrzeugs am 11.07.2016 begann, endete sie mit Ablauf des 11.06.2017 und somit vor dem mit Schreiben vom 19.06.2018 erklärten Rücktritt.

Die Verkürzung der Haftungsfrist auf ein Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstands verstößt nicht gegen die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 BGB (BGH, Urt. v. 09.10.2019 – VIII ZR 240/18, BGHZ 223, 235 = juris Rn. 52). Denn die genannte Allgemeine Geschäftsbedingung nimmt die Fallgestaltungen des § 309 Nr. 7 lit. a und lit. b BGB (unzulässige Haftungsausschlüsse bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden) ausdrücklich von der abgekürzten Verjährung aus. Insoweit liegt auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 I 2 BGB) vor (vgl. BGH, Urt. v. 09.10.2019 – VIII ZR 240/18, BGHZ 223, 235 = juris Rn. 53), weil die Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen die Schadensersatz- und Gewährleistungsansprüche sämtlich denselben Regeln unterstellen, indem sie entweder für alle Ansprüche die Verjährungsfrist verkürzen oder – in den Fallgestaltungen des § 309 Nr. 7 BGB – der gesetzlichen Verjährung unterwerfen und damit keine Unklarheiten aufkommen lassen.

(dd) Die Voraussetzungen des § 438 III 1 BGB liegen mangels arglistigen Verschweigens des geltend gemachten Mangels durch die Beklagte zu 2 und – weil der Hersteller der Kaufsache nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers ist (BGH, Urt. v. 02.04.2014 – VIII ZR 46/13, BGHZ 200, 337 = juris Rn. 31 m. w. Nachw.) – mangels Zurechnung eines arglistigen Verschweigens durch die Beklagte zu 1. nicht vor (vgl. die Ausführungen unter II 2 (c)).

(b) Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2 auch keinen Rückzahlungsanspruch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB i. V. mit § 134 BGB, da der Kaufvertrag nicht nichtig ist.

Es kann dahinstehen, ob in dem Abschluss des Kaufvertrags ein Verstoß gegen das Verbot des § 27 I EG-FGV zu sehen ist, wonach neue Fahrzeuge im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur dann angeboten, veräußert oder in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn die für sie nach der Richtlinie 2007/46 vorgeschriebene Übereinstimmungsbescheinigung vorhanden ist. Für die nach § 134 BGB gebotene Abwägung ist wesentlich, ob sich das betreffende Verbot an alle Beteiligten des Rechtsgeschäfts richtet, das verhindert werden soll, oder ob es nur eine Partei bindet. Richtet sich das Verbot allein gegen eine Partei, kann in der Regel angenommen werden, dass das verbotswidrige Geschäft Wirkungen entfalten soll. Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn dem Verbot ein Zweck zugrunde liegt, der gleichwohl die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts erfordert (BGH, Urt. v. 14.12.1999 – X ZR 34/98, BGHZ 143, 283 = juris Rn. 18).

Die Vorschrift des § 27 I EG-FGV richtet sich in allen Varianten des Feilbietens, Veräußerns und Inverkehrbringens einseitig an den Verkäufer. Der Verstoß hiergegen erfordert nicht die Unwirksamkeit des Kaufvertrags über das betreffende Fahrzeug. Um den Zweck des § 27 I EG-FGV zu erreichen, hat der Verordnungsgeber den Verstoß bereits als Ordnungswidrigkeit sanktioniert (§ 37 I EG-FGV) und dem Kraftfahrt-Bundesamt in § 25 EG-FGV diverse Möglichkeiten zur Sicherstellung einer dem genehmigten Typ entsprechenden Produktion bereitgestellt. Deshalb bedarf es keiner zusätzlichen zivilrechtlichen Sanktionswirkung in Form der Nichtigkeit des Kaufvertrags. Eine solche stünde auch einem effektiv ausgerichteten Käuferschutz entgegen, weil sie dem Fahrzeugkäufer die kaufvertraglichen Gewährleistungsrechte nehmen und ihn stattdessen auf die bereicherungsrechtlichen Vorschriften verweisen würde. Eine solche Schlechterstellung des Fahrzeugkäufers ist nach dem Schutzzweck des § 27 I EG-FGV nicht geboten (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.07.2019 – 17 U 160/18, juris Rn. 40; OLG Hamburg, Urt. v. 21.12.2018 – 11 U 55/18, juris Rn. 69 f. m. w. Nachw.).

(c) Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2 keinen Rückzahlungsanspruch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB nach erklärter Anfechtung des Kaufvertrags. Die Anfechtung der Klägerin wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 I Fall 1 BGB, die sie mit Schreiben vom 19.06.2018 (Anlage K 3) erklärt hat, ist unwirksam. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 2 als Verkäuferin und Vertragshändlerin von der Täuschung der Beklagten zu 1 wusste oder hätte wissen müssen. Eine Zurechnung über § 278 BGB kommt nicht in Betracht, da der Hersteller nicht Erfüllungsgehilfe des selbstständigen Vertragshändlers (§ 278 BGB) ist (BGH, Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 = juris Rn. 97). Auch die Voraussetzungen für eine Zurechnung der Kenntnis des Herstellers nach § 166 BGB liegen nicht vor (OLG Köln, Urt. v. 06.06.2019 – 24 U 5/19, juris Rn. 31).

3. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1 ein Anspruch auf Ersatz ihrer Finanzierungskosten in Form der ratenweise gezahlten Zinsen in Höhe von 2.056,56 € zu (Klageantrag zu 3).

Im Rahmen der geschuldeten Naturalrestitution ist die Klägerin auch bei den Finanzierungskosten so zu stellen, als ob der Kaufvertrag nicht abgeschlossen worden wäre. Ohne Abschluss des Kaufvertrags hätte die Klägerin keinen diesen finanzierenden Darlehensvertrag abgeschlossen, und es wären keine Zinszahlungen angefallen. Die für die Finanzierung eines Fahrzeugs aufgewandten Beträge sind Teil der Kosten für die Beschaffung des Fahrzeugs, mithin der für den Vertrag getätigten Aufwendungen, und daher grundsätzlich auch von dem nach §§ 249 ff. BGB im Wege der Naturalrestitution zu leistenden Schadensersatz umfasst, der hier darauf zielt, die Klägerin so zu stellen, wie sie stünde, wenn sie das streitbefangene Fahrzeug nicht erworben hätte (ebenso OLG Brandenburg, Urt. v. 24.03.2020 – 2 U 37/19, juris Rn. 43 ; OLG Hamm, Urt. v. 05.03.2020 – 13 U 326/18, juris Rn. 78; OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019 – 10 U 154/19, juris Rn. 83; OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.11.2019 – 13 U 37/19, juris Rn. 106; KG, Urt. v. 26.09.2019 – 4 U 77/18, juris Rn. 174 ff.; Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 284 Rn. 5; Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3841).

Darauf, dass der Klägerin Finanzierungskosten möglicherweise auch anlässlich des Erwerbs eines anderen Fahrzeuges entstanden wären („Sowiesokosten“) kann sich die Beklagte zu 1 nicht mit Erfolg berufen, zumal nicht unterstellt werden kann, dass derartige Kosten bei jedem Ersatzgeschäft in der nämlichen Höhe angefallen wären.

4. Die Beklagte zu 1 schuldet die Freistellung der Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus § 826 BGB (Klageantrag zu 4).

Auszugehen ist hierbei von einem Streitwert von 48.785,85 €, da die weiteren Klageforderungen (weitere Aufwendungen, Feststellungsanträge) nicht Gegenstand der vorgerichtlichen Auseinandersetzung waren. Der Senat erachtet die Schwellengebühr zu Nr. 2300 VV RVG als angemessen. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Diese Voraussetzungen sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Sache ist weder mit besonderen Schwierigkeiten versehen noch – trotz der umfangreichen Schriftsätze – besonders umfangreich. Die Problematik ist in Rechtsprechung und Lehre intensiv thematisiert worden, und der Sachverhalt ist überschaubar. In der Höhe belaufen sich die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf (1.511,90 € [1,3-fache Geschäftsgebühr] + 20 € [Auslagenpauschale] + 291,06 € [19 % USt.] =) 1.822,96 €.

5. Antragsgemäß ist auch der Annahmeverzug der Beklagten zu 1. festzustellen (Klageantrag zu 5).

Die Klägerin hat unter Vollstreckungsgesichtspunkten ein rechtlich schutzwürdiges Interesse an der Feststellung des Annahmeverzugs, weil es ihr hierdurch möglich wird, das Urteil hinsichtlich der von der Beklagten zu 1 zu leistenden Zahlung des Kaufpreises zu vollstrecken, ohne ihre eigene Leistung tatsächlich anbieten zu müssen (§ 256 I, § 756 I, § 765 Nr. 1 ZPO; BGH, Urt. v. 28.10.1987 – VIII ZR 206/86, juris Rn. 21).

Hierzu ist ein Angebot notwendig, das Annahmeverzug nach §§ 293 ff. BGB zu begründen vermag. Voraussetzung dafür ist nach § 294 BGB, dass die Leistung so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten wird, der Gläubiger also nur noch zuzugreifen braucht (BGH, Urt. v. 29.11.1995 – VIII ZR 32/95, juris Rn. 9). Nach § 295 BGB genügt ein wörtliches Angebot des Schuldners, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, er werde – wie vorliegend – die Leistung nicht annehmen, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere er die geschuldete Sache abzuholen hat. Hat der Zug um Zug leistungspflichtige Gläubiger (§ 298 BGB) erklärt, er werde die Gegenleistung nicht erbringen, genügt ein wörtliches Angebot nach § 295 BGB. Voraussetzung hierfür ist, dass der Schuldner seine Leistung ordnungsgemäß anbietet und die ihm gebührende Gegenleistung verlangt.

Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs liegen vor. Die Klägerin hat mit anwaltlichem Schreiben vom 19.06.2018 der Beklagten zu 1 unter Fristsetzung bis zum 11.07.2018 die Verschaffung des Eigentums an dem streitgegenständlichen Fahrzeug in einer den Annahmeverzug (§§ 293, 295 BGB) begründenden Art und Weise angeboten. Die Beklagte zu 1 hat bereits vorgerichtlich zum Ausdruck gebracht, dem Anliegen der Klägerin auf Rückgängigmachung des Kaufvertrags im Wege des Schadensersatzes schon dem Grunde nach nicht entsprechen zu wollen.

6. Die Klage ist auch begründet, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt hat, dass die Beklagte zu 1 verpflichtet ist, ihr Schadensersatz für weitere Schäden zu leisten, die aus der Ausstattung des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung resultieren (Klageantrag zu 6). Auch aus Sicht des Senats ist der Eintritt sonstiger weiterer Schäden infolge der unzulässigen Abschalteinrichtung und/oder des Entfernens derselben mittels Software oder Umrüstung des streitgegenständlichen Fahrzeugs mittels Hardware nicht sicher auszuschließen (ebenso OLG Celle, Urt. v. 20.11.2019 – 7 U 244/18, juris Rn. 41). Für solche Schäden wäre die Beklagte zu 1 nach §§ 826, 31 BGB ebenso einstandspflichtig wie für die Kaufpreiserstattung.

7. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Ersatz des für eine Neuwagengarantie nutzlos aufgewendeten Geldbetrags in Höhe von 1.293 € zu (Klageantrag zu 7).

Unter einem Schaden i. S. des § 826 BGB ist nicht nur die negative Einwirkung auf die Vermögenslage zu verstehen, sondern die nachteilige Beeinträchtigung jedes rechtlich anerkannten Interesses. Der Schaden kann deshalb auch in der Eingehung einer „ungewollten“ Verbindlichkeit bestehen, selbst wenn dieser eine Forderung auf eine objektiv gleichwertige (äquivalente) Gegenleistung gegenübersteht (BGH, Urt. v. 28.10.2014 – VI ZR 15/14, juris Rn. 16, 19; Urt. v. 19.07.2004 – II ZR 402/02, BGHZ 160, 149 = juris Rn. 41; OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019 – I-13 U 149/18, juris Rn. 50 ff.; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019 – 13 U 142/18, juris Rn. 17 f.). Dies ist der Fall, wenn die Leistung für die Zwecke des Erwerbers unbrauchbar oder nicht voll brauchbar ist (BGH, Urt. v. 21.12.2004 – VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361 = juris Rn. 16 f.; Urt. v. 26.09.1997 – V ZR 29/96, juris Rn. 28; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019 – 13 U 142/18, juris Rn. 17 f.). Der Gläubiger einer Schadensersatzforderung, die sich auf unerlaubte Handlung stützt, muss aber bei der Errechnung seines Schadens dann eine Vorteilsausgleichung hinnehmen, wenn er bleibende Vorteile durch die unerlaubte Handlung erlangt hat (BGH, Urt. v. 02.07.1962 – VIII ZR 12/61, juris Rn. 5).

Die Neuwagengarantie war für den bereits abgelaufenen Zeitraum nicht infolge der Schädigungshandlung der Beklagten zu 1 vergeblich im Sinne von nutzlos für die Klägerin. Vielmehr diente sie für den Zeitraum, für den sie gezahlt wurde, ihrer Absicherung gegen das wirtschaftliche Risiko eines Schadensfalls, und dieser Zweck wurde erfüllt (ebenso OLG Schleswig, Urt. v. 20.11.2019 – 9 U 12/19, juris Rn. 53). Deshalb bewirkt sie auch keine nach Ablauf des betreffenden Zeitraums verbleibende Schädigung, die zu einem Ersatzanspruch nach § 826 BGB führen könnte.

8. Ein Anspruch der Klägerin auf Verzinsung des von ihr geleisteten Kaufpreises für die Zeit von der Zahlung des Kaufpreises bis zum Eintritt des Verzugs gemäß § 849 BGB besteht nicht (Klageantrag zu 8).

Nach § 849 BGB kann der Verletzte, sofern wegen der Entziehung der Sache der Wert oder wegen der Beschädigung der Sache die Wertminderung zu ersetzen ist, Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Werts zugrunde liegt. § 849 BGB erfasst jeden Sachverlust durch ein Delikt. Auch wenn der Schädiger den Geschädigten durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt, eine Sache wegzugeben oder darüber zu verfügen, entzieht er sie ihm. Der Geschädigte verliert die Sachnutzung gleichermaßen, wenn ihm eine Sache ohne seinen Willen entzogen wird und wenn er durch eine unerlaubte Handlung dazu gebracht wird, sie wegzugeben oder darüber zu verfügen (BGH, Urt. v. 26.11.2007 – II ZR 167/06, juris Rn. 4 m. w. Nachw.). § 849 BGB ist nach seinem Wortlaut nicht auf die Wegnahme beschränkt und verlangt nicht, dass die Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten entzogen wird.

Der Klägerin ist eine Sache entzogen worden. Sache i. S. von § 849 BGB ist auch Geld (BGH, Urt. v. 12.06.2018 – KZR 56/16, juris Rn. 45; Urt. v. 24.01.2017 – KZR 47/14, juris Rn. 56 f.; Urt. v. 26.11.2007 – II ZR 167/06, juris Rn. 6).

Der Regelung des § 849 BGB kann jedoch ein allgemeiner Rechtssatz dahin, deliktische Schadensersatzansprüche seien stets von ihrer Entstehung an zu verzinsen, nicht entnommen werden (BGH, Urt. v. 12.06.2018 – KZR 56/16, juris Rn. 45). Der Normzweck geht vielmehr dahin, den endgültig verbleibenden Verlust an Nutzbarkeit der weggegebenen Sache – als pauschalierten Mindestbetrag – auszugleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann (BGH, Urt. v. 26.11.2007 – II ZR 167/06, juris Rn. 5; Urt. v. 24.02.1983 – VI ZR 191/81, BGHZ 87, 38 = juris Rn. 10 m. w. Nachw.).

Dieser Normzweck ist im vorliegenden Fall nicht betroffen, da zwar der Klägerin ein Geldbetrag in Höhe des Kaufpreises für das Fahrzeug i. S. des § 849 BGB „entzogen“ wurde, diese Entziehung aber nicht ersatzlos erfolgte, sondern dadurch kompensiert wurde, dass die Klägerin im Gegenzug für die Zahlung des Kaufpreises Eigentum und Besitz des Fahrzeugs mit der abstrakten Möglichkeit, dieses jederzeit nutzen zu können, erhalten hat. Dieser Besitz und die Möglichkeit, das Fahrzeug zu nutzen, stellen einen Vermögenswert an sich dar (vgl. BGH, Urt. v. 15.04.1966 – VI ZR 271/64, BGHZ 45, 212 = juris Rn. 11).

Wie oben dargelegt, ist der Klägerin zwar durch den Erwerb des Fahrzeugs mit der unzulässigen Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden; dieser wirkte sich indes nicht auf die abstrakte Nutzungsmöglichkeit und Funktionsfähigkeit des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Erwerbs aus. Allein diese aber stellen eine Kompensation für die Zahlung des Kaufpreises i. S. des § 849 BGB dar. Die Klägerin hat zwar durch die Bezahlung des Kaufpreises die Nutzbarkeit des Geldbetrags verloren, hierfür aber im Sinne einer vollständigen Kompensation die Nutzbarkeit des Kraftfahrzeugs hinzugewonnen (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 27.11.2019 – 17 U 290/18, juris Rn. 38 ff.; OLG Schleswig, Urt. v. 22.11.2019 – 17 U 44/19, juris Rn. 71 ff.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.11.2019 – 13 U 37/19, juris Rn. 135 ff.; OLG Oldenburg, Urt. v. 21.10.2019 – 13 U 73/19, juris Rn. 24; OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019 – I-13 U 149/18, juris Rn. 99; OLG Koblenz, Urt. v. 28.08.2019 – 5 U 1218/18, juris Rn. 136; einschränkend unter Abzug einer Wertminderung des Fahrzeugs: OLG Koblenz, Urt. v. 16.09.2019 – 12 U 61/19, juris Rn. 84; a. A. OLG Oldenburg, Urt. v. 02.10.2019 – 5 U 47/19, juris Rn. 41; OLG Köln, Urt. v. 17.07.2019 – 16 U 199/18, juris Rn. 29).

Die der Klägerin für die Weggabe des Geldes als Gegenleistung eingeräumte Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs ist auch nicht etwa deshalb unerheblich, weil dem Geschädigten Nutzungsersatz vom Kaufpreis abgezogen wird. Dieser Abzug erfolgt im Wege der Vorteilsausgleichung im Hinblick auf die tatsächlich gezogenen Nutzungen. Von diesen tatsächlich gezogenen Nutzungen der Klägerin ist jedoch die allgemeine Nutzungsmöglichkeit des Kraftfahrzeugs zu trennen. Als Kompensation für die Hingabe des Kaufpreises hat die Klägerin die abstrakte Nutzungsmöglichkeit als volle Kompensation für das Geld erhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 849 BGB einen pauschalierten Mindestbetrag, und zwar unabhängig von einer im Einzelfall tatsächlich gezogenen Nutzung, verfolgt und daher bereits nach Sinn und Zweck der Regelung von vornherein dann nicht eingreift, wenn der Geschädigte für die Weggabe des Geldbetrags die abstrakte Möglichkeit zur Nutzung des Fahrzeugs eingeräumt erhält.

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Aus dem Vergleich der Tachostände im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und im Zeitpunkt des Erwerbs schließt der Senat, dass die Klägerin auf ein Fahrzeug angewiesen war. Das bedeutet, dass sie – in Kenntnis der Problematik der „Umschaltlogik“ – den Geldbetrag zwar nicht in den Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs, sondern in den Kauf eines anderen Fahrzeugs investiert hätte; der Geldbetrag hätte ihr also auf jeden Fall nicht zur Verfügung gestanden und hätte nicht von ihr anderweitig genutzt werden können. Würde man die Verzinsungsregelung des § 849 BGB in diesem Fall gleichwohl anwenden, führte dies zu einer dem Schadensersatzrecht fremden Überkompensation, da die Klägerin durch das schädigende Ereignis dann wirtschaftlich besser stünde als ohne das schädigende Ereignis. Dies widerspräche dem schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbot (BGH, Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 = juris Rn. 20 m. w. Nachw.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.11.2019 – 13 U 37/19, juris Rn. 139).

9. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 I, 92 I, 91 I 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

10. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 65.000 € festgesetzt. Die Feststellung des Annahmeverzugs hat keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert (BGH, Beschl. v. 20.06.2017 – XI ZR 109/17, juris Rn. 4 m. w. Nachw.). Gleiches gilt für die Zinsforderungen und den Freistellungsanspruch in Bezug auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten, die als Nebenforderungen gemäß § 43 I GKG außer Ansatz bleiben.

11. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen divergierender obergerichtlicher Rechtsprechung zugelassen (§ 543 II 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO).

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