1. Der Käufer eines Gebrauchtwagens hat den Kaufvertrag nicht deshalb als Unternehmer i. S. des § 14 BGB geschlossen, weil es in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers heißt, der Verkäufer gehe davon aus, „dass der Käufer das Fahrzeug zu gewerblichen Zwecken nutzen will und als Gewerbetreibender zu diesem Zweck kauft“. Denn ob jemand als Verbraucher oder als Unternehmer handelt, kann nicht vertraglich vereinbart werden; überdies ist die Klausel überraschend i. S. des § 305c I BGB und jedenfalls deshalb unwirksam.
  2. Beschreibt der Verkäufer eines Gebrauchtwagens das Fahrzeug der Sache nach – entgegen seinem tatsächlichen Zustand – als „Schrottauto“, dessen sämtliche Einzelteile nicht mangelfrei sind, führt dies nicht zu einem Ausschluss der Haftung des Verkäufers für Sachmängel.
  3. Ein Katalysator ist kein Verschleißteil, denn er unterliegt – anders als etwa die Reifen eines Fahrzeugs – keiner dauerhaften Abnutzung; vielmehr ist ein Katalysator entweder in Ordnung oder defekt.

AG Zeven, Urteil vom 19.12.2002 – 3 C 242/02

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der Beklagten, einer gewerblichen Kfz-Händlerin, am 12.01.2002 für 6.902 € einen Gebrauchtwagen. Vor Abschluss des schriftlichen Kaufvertrages war auf Veranlassung der Beklagten ein BVSK-Zustandsbericht erstellt worden; die Kosten dafür in Höhe von 50 € trug der Kläger.

Dieser forderte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 23.04.2002 unter Fristsetzung zum 08.05.2002 auf, den defekten Katalysator des Fahrzeugs auszutauschen. Dies lehnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 06.05.2002 ab.

Der Kläger nimmt die Beklagte deshalb – gestützt auf einen Kostenvoranschlag vom 23.04.2002 – auf Schadensersatz in Höhe von 781,52 € in Anspruch und macht geltend, er habe diesen Betrag für eine Instandsetzung seines Fahrzeugs aufwenden müssen. Zunächst hat der Kläger darüber hinaus die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihm zum Ersatz eines weitergehenden Schadens verpflichtet sei. Diesen Schaden hat er später mit 56 € für die wiederholte Vorstellung des Fahrzeugs zur Abgasuntersuchung beziffert und und verlangt nunmehr statt der Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten die Zahlung dieses Betrages.

Der Kläger behauptet, er habe den von der Beklagten erworbenen Pkw zum privaten Gebrauch gekauft, und meint, die anders lautende Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sei unwirksam. Als er, der Kläger, das Fahrzeug im März 2002 zur Haupt- und Abgasuntersuchung vorgestellt habe, habe sich gezeigt, dass der Katalysator defekt sei. Der Katalysator sei auch schon zum Zeitpunkt der Übergabe defekt gewesen; der BVSK-Zustandsbericht sage über den Zustand des Katalysators nichts aus.

Die Klage hatte Erfolg.

Aus den Gründen: Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Die Klage ist zulässig. Soweit der Kläger von dem zunächst angekündigten Feststellungsantrag zu einem Leistungsantrag gewechselt ist, liegt darin eine zulässige Klagänderung.

2. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger kann Zahlung von 837,52 € verlangen. Anspruchsgrundlage sind die § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 I 1 BGB.

a) Es findet das neue Kaufrecht Anwendung, da der Vertragsabschluss nach dem 31.12.2001 erfolgte.

b) Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen.

Die Kaufsache weist einen Sachmangel gemäß § 434 I 2 Nr. 1 BGB auf. Danach liegt ein Sachmangel vor, wenn sich die Kaufsache nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Wer einen Pkw kauft, will damit fahren. Das ist die zumindest stillschweigend vertraglich vorausgesetzte Verwendung. Wer mit einem Pkw fahren will, muss nach den maßgeblichen Vorschriften einen intakten Katalysator haben. Mit einem defekten Katalysator darf man nicht fahren. Hier ist der Katalysator defekt. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus der Aussage des Zeugen S. Dieser konnte bei der Vorführung des Wagens bereits anhand des Geräuschpegels einen Defekt am Katalysator bemerken. Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass der aufgrund seines Berufs sach- und fachkundige Zeuge die Wahrheit gesagt hat. Der Katalysator war somit defekt.

Bei dem Defekt am Katalysator handelt es sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht um einen normalen Verschleiß, sondern um einen technischen Fehler. Ein Verschleiß kann an einem Katalysator nicht eintreten. Ein Katalysator ist kein Verschleißgegenstand wie zum Beispiel die Reifen an einem Fahrzeug, die einer dauerhaften Abnutzung unterliegen. Ein Katalysator dagegen ist entweder in Ordnung oder er ist defekt. Ein Verschleiß kann nicht eintreten. Ein Verschleiß ist auch deswegen nicht anzunehmen, weil vermutlich der Keramikkörper des Katalysators defekt war. Darauf deutet jedenfalls das von dem Zeugen S bekundete Geräusch hin.

Nach allem liegt somit ein Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 1 BGB vor.

c) Gewährleistungsansprüche bestehen nur, wenn der Sachmangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden war (vgl. § 434 I 1 BGB).

aa) Die Übergabe des Fahrzeugs erfolgte am 12.01.2002. Bereits zu diesem Zeitpunkt lag der Defekt am Katalysator vor. Davon ist aufgrund einer unwiderlegten Vermutung auszugehen.

bb) Gemäß § 476 BGB wird bei einem Verbrauchsgüterkauf vermutet, dass ein Sachmangel bereits bei Gefahrübergang vorlag, wenn sich der Mangel binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang zeigt. Hier steht fest, dass der Fehler am Katalysator bereits im März, also zwei Monate nach Übergabe des Fahrzeugs, auftrat.

Die Vermutung aus § 476 BGB gilt aber nur bei einem Verbrauchsgüterkauf. Von einem Verbrauchsgüterkauf ist auszugehen, wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache kauft. Die Beklagte ist Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift. Der Kläger ist Verbraucher. Dass der Kläger Verbraucher und nicht Unternehmer ist, ist unstreitig. Er wird auch nicht dadurch zum Unternehmer, dass die Beklagte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen schreibt: „Die Verkäuferin geht davon aus, dass der Käufer das o. g. Fahrzeug ebenfalls zu gewerblichen Zwecken nutzen will und als Gewerbetreibender zu diesem Zweck kauft.“ Zum einen handelt es sich um eine bloße Annahme der Beklagten. Zum anderen kann der Unternehmerstatus einer Person nicht durch Vereinbarung geregelt werden. Im Übrigen wäre von einer überraschenden Klausel i. S. des § 305c I BGB auszugehen, die unwirksam ist. Die Unwirksamkeit der Klausel ergäbe sich darüber hinaus aus § 475 I 1 BGB.

Der Kläger ist somit Verbraucher. Die Vermutung aus § 476 BGB greift ein.

cc) Die Beklagte hat die Vermutung aus § 476 BGB nicht widerlegt.

Der Zustandsbericht sagt nichts über den Zustand des Katalysators aus. Der Katalysator ist dort ausdrücklich nicht erwähnt. Auch aufgrund der Aussage des Zeugen Z ist die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt. Der Zeuge hatte – verständlicherweise – an die Untersuchung des Fahrzeugs keine konkrete Erinnerung mehr. An Geräusche, die auf einen defekten Katalysator hindeuten, konnte sich der Zeuge nicht erinnern. Er räumte aber auch ein, dass er die Geräusche nicht hätte hören können, da er selber das Fahrzeug in die Untersuchungsgrube gefahren hat. Darüber hinaus können die auf einen defekten Katalysator hinweisenden Geräusche, die der Zeuge S bekundet hat, gemäß der Aussage des Zeugen Z im Laufe der Zeit in der Lautstärke zunehmen. Es ist daher möglich, dass die Geräusche bei der Untersuchung durch den Zeugen Z noch gar nicht zu hören waren. Im Übrigen hat der Zeuge Z die Aussage des Zeugen S zum Teil bestätigt. Er hat angegeben, dass es bei einem Defekt am Keramikkörper des Katalysators zu einem typischen Geräusch kommt. Ein solches hat der Zeuge S gehört.

Die gesetzliche Vermutung ist von der Beklagen somit nicht widerlegt worden. Es bleibt bei der Vermutung, dass der defekte Katalysator bereits bei Gefahrübergang vorhanden war.

d) Das Verschulden der Beklagten bezüglich der Pflichtverletzung (vgl. § 280 I 2 BGB) wird vermutet und ist nicht widerlegt worden.

e) Der Kläger hat der Beklagten eine Frist zur Nacherfüllung gemäß § 281 I 1 BGB gesetzt.

f) Gewährleistungsansprüche des Klägers sind auch nicht gemäß § 442 I 1 BGB ausgeschlossen. Ein solcher Ausschluss besteht, wenn der Käufer den Mangel bei Vertragsabschluss kennt. Von einer solchen Kenntnis des Klägers ist nicht auszugehen.

Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen … hin. Inhaltlich besagt die betreffende Passage in kurzer Zusammenfassung, dass es sich bei dem verkauften Fahrzeug um ein Schrottauto handelt, dessen sämtliche Einzelteile nicht mangelfrei sind. Dieser Hinweis ist offensichtlich nicht ernst gemeint, weil sich aus dem Zustandsbericht, der auf Veranlassung der Beklagten eingeholt worden ist, das genaue Gegenteil ergibt. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sind insoweit offensichtlich im Hinblick auf einen Gewährleistungsausschluss gemäß § 442 I BGB formuliert worden. Da der Hinweis nicht ernst gemeint sein kann, entfaltet er auch keine Rechtswirkung. Im Übrigen wäre von einer überraschenden Klausel gemäß § 305c I BGB auszugehen.

Die Gewährleistungsansprüche des Klägers sind somit nicht gemäß § 442 BGB ausgeschlossen.

g) Die Rechtsfolge des Anspruchs besteht darin, dass der Kläger Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann. Leistung ist hier die eigentlich von der Beklagten geschuldete Nachbesserung. Maßgeblich ist somit, welcher Betrag zur Reparatur des Katalysators erforderlich ist. Der Kläger hat dazu den Kostenvoranschlag … vom 23.04.2002 vorgelegt. Das pauschale Bestreiten durch die Beklagte ist unzulässig. Es ist somit der Betrag aus dem Kostenvoranschlag … zugrunde zu legen.

Zusätzlich kann der Kläger die Kosten für die zweite Abgasuntersuchung in Höhe von 56 € verlangen. …

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