1. Ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ner Ge­braucht­wa­gen ist je­den­falls i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB man­gel­haft. Denn der Käu­fer ei­nes Pkw darf er­war­ten, dass für das Fahr­zeug dau­er­haft ei­ne Be­triebs­er­laub­nis be­steht und de­ren Fort­be­stand nicht da­von ab­hängt, dass das Fahr­zeug (hier: durch die In­stal­la­ti­on ei­nes Soft­ware­up­dates) tech­nisch über­ar­bei­tet wird.
  2. Ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nes Fahr­zeug ist au­ßer­dem des­halb man­gel­haft (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB i. V. mit § 434 I 3 BGB), weil es die ein­schlä­gi­gen Emis­si­ons­grenz­wer­te – hier: die Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wer­te – zwar wäh­rend ei­nes Emis­si­ons­tests auf ei­nem Prüf­stand, aber nicht beim re­gu­lä­ren Be­trieb im Stra­ßen­ver­kehr ein­hält.
  3. Bei der Prü­fung, ob der Man­gel, an dem ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nes Fahr­zeug lei­det, i. S. von § 323 V 2 BGB ge­ring­fü­gig und ein Rück­tritt des Käu­fers vom Kauf­ver­trag mit­hin aus­ge­schlos­sen ist, kann nicht al­lein auf den mit ei­ner Man­gel­be­sei­ti­gung – an­geb­lich – ver­bun­de­nen Kos­ten­auf­wand von we­ni­ger als 100 € ab­ge­stellt wer­den. Viel­mehr be­darf es ei­ner um­fas­sen­den Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen, wo­bei auf den Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung ab­zu­stel­len ist.
  4. Im Rah­men der mit Blick auf § 323 V 2 BGB ge­bo­te­nen um­fas­sen­den In­ter­es­sen­ab­wä­gung ist zu­guns­ten des Käu­fers zu be­rück­sich­ti­gen, dass das für ei­ne Nach­bes­se­rung er­for­der­li­che Soft­ware­up­date von der – hier am Kauf­ver­trag nicht be­tei­lig­ten – Volks­wa­gen AG stammt und die­se sich in der Ver­gan­gen­heit arg­lis­tig ver­hal­ten hat. Eben­so wirkt es zu­guns­ten des Käu­fers, wenn im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung noch kein Ter­min für die In­stal­la­ti­on des Up­dates fest­stand und ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen des Up­dates auf be­stimm­te Fahr­zeug­pa­ra­me­ter nicht aus­ge­schlos­sen wer­den konn­ten.

LG Köln, Ur­teil vom 18.04.2017 – 4 O 177/16
(nach­fol­gend: OLG Köln, Be­schluss vom 28.05.2018 – 27 U 13/17)

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­gehrt die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kfz-Kauf­ver­tra­ges.

Er kauf­te von der be­klag­ten Kfz-Händ­le­rin im April 2015 ei­nen ge­brauch­ten VW Eos 2.0 TDI. Das Fahr­zeug ist mit ei­nem EA189-Die­sel­mo­tor aus­ge­stat­tet und des­halb vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen. Der Stick­oxid(NOX-)Aus­stoß des Pkw wird soft­ware­ge­steu­ert (nur) ver­rin­gert, so­bald das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert. Des­halb hält das Fahr­zeug auf dem Prüf­stand den ein­schlä­gi­gen Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wert ein.

Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt hat der Volks­wa­gen AG im Ok­to­ber 2015 auf­ge­ge­ben, die den Schad­stoff­aus­stoß ma­ni­pu­lie­ren­de Soft­ware – ei­ne aus Sicht des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung – aus al­len vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen ahr­zeu­gen zu ent­fer­nen und ge­eig­ne­te Maß­nah­men zur Wie­der­her­stel­lung der Vor­schrifts­mä­ßig­keit der Fahr­zeu­ge zu er­grei­fen.

Der Klä­ger hält sein Fahr­zeug für man­gel­haft und for­der­te die Be­klag­te mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 17.11.2015 auf, ihm bis zum 16.12.2015 ent­we­der ein man­gel­frei­es Fahr­zeug zu lie­fern (§ 439 I Fall 2 BGB) oder das be­reits ge­lie­fer­te Fahr­zeug nach­zu­bes­sern (§ 439 I Fall 1 BGB). Zu­dem wur­de die Be­klag­te auf­ge­for­dert, hin­sicht­lich mög­li­cher Ge­währ­leis­tungs- und Scha­dens­er­satz­an­sprü­che des Klä­gers ei­nen Ver­jä­j­rungs­ver­zicht zu er­klä­ren. Die Be­klag­te ver­wies den Klä­ger mit Schrei­ben vom 27.11.2015 le­dig­lich dar­auf, dass sein Fahr­zeug zu ei­nem spä­te­ren – noch un­be­stimm­ten – Zeit­punkt nach­ge­bes­sert wer­de, und er­klär­te, sie ver­zich­te hin­sicht­lich mög­li­cher An­sprü­che des Klä­gers we­gen des ge­rüg­ten Man­gels bis zum 31.12.2016 dar­auf, die Ein­re­de der Ver­jäh­rung zu er­he­ben.

Nach dem frucht­lo­sen Ab­lauf der Frist, die der Klä­ger der Be­klag­ten zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat­te, er­klär­te der Klä­ger mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 18.01.2016 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Die Be­klag­te wur­de auf­ge­for­dert, das Fahr­zeug bis zum 02.02.2016 bei dem Klä­ger ab­zu­ho­len und die­sem den ge­zahl­ten Kauf­preis ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung für die bis zur Ab­ho­lung zu­rück­ge­leg­ten Ki­lo­me­ter zu er­stat­ten. Die Be­klag­te lehn­te ei­ne Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags mit Schrei­ben vom 19.01.2016 ab.

Am 03.06.2016 gab das Kraft­fahrt-Bun­des­amt ein von der Volks­wa­gen AG ent­wi­ckel­tes Soft­ware­up­date frei, nach des­sen In­stal­la­ti­on der NOX-Aus­stoß der vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge auch bei de­ren re­gu­lä­rem Be­trieb im Stra­ßen­ver­kehr re­du­ziert ist. Das Up­date kann in je­der VW-Ver­trags­werk­statt mit ge­rin­gem Zeit­auf­wand in­stal­liert wer­den; die Kos­ten hier­für über­nimmt die Volks­wa­gen AG.

Der Klä­ger hat zu­letzt be­an­tragt, die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs 22.000 € nebst Zin­sen und ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 3.375,37 € zu zah­len. Au­ßer­dem hat er die Fest­stel­lung be­gehrt, dass sich die Be­klag­te mit der Rück­nah­me des Pkw in (An­nah­me-)Ver­zug be­fin­de, und er­rei­chen wol­len, dass ihn die Be­klag­te von ei­ner an­walt­li­chen Ver­gü­tungs­for­de­rung in Hö­he von 1.789,76 € frei­stel­len muss.

Die Kla­ge hat­te weit über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in Hö­he von 22.000 € ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 0,08 € pro ge­fah­re­nem Ki­lo­me­ter, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be und Rück­über­eig­nung des … Fahr­zeugs, ge­mäß §§ 346 I, 348, 437 Nr. 2 Fall 1, 323 I, 434 I 2 Nr. 2, 433 BGB.

Un­ab­hän­gig von der zwi­schen den Par­tei­en strei­ti­gen Fra­ge ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung wies das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug zum Zeit­punkt der Über­ga­be je­den­falls ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf. Da­nach ist die Sa­che frei von Sach­män­geln, wenn sie sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann.

Der Käu­fer ei­nes Pkw kann grund­sätz­lich er­war­ten, dass für das Fahr­zeug oh­ne ei­ne wei­te­re tech­ni­sche Über­ar­bei­tung – zu­dem durch ei­nen an­de­ren als den Ver­käu­fer – dau­er­haft ei­ne Be­triebs­er­laub­nis be­steht. Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt hat un­miss­ver­ständ­lich zum Aus­druck ge­bracht, dass es vom Vor­lie­gen ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung in Be­zug auf den streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tor­typ aus­geht und die be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge zwin­gend ei­nem Soft­ware­up­date zu un­ter­zie­hen sind, um nicht den Ver­lust der all­ge­mei­nen Be­triebs­er­laub­nis zu ris­kie­ren. Ent­spre­chen­des wird den be­trof­fe­nen Pkw-In­ha­bern bei der Auf­for­de­rung zur Nach­rüs­tung auch kom­mu­ni­ziert, so­dass das klä­ge­ri­sche Fahr­zeug be­reits bei Ge­fahr­über­gang von ei­nem Zu­las­sungs­ent­zug be­droht war.

Zu­dem ge­hö­ren zu der Be­schaf­fen­heit nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB ge­mäß § 434 I 3 BGB auch Ei­gen­schaf­ten, die der Käu­fer nach den öf­fent­li­chen Äu­ße­run­gen des Ver­käu­fers, des Her­stel­lers oder sei­nes Ge­hil­fen ins­be­son­de­re in der Wer­bung oder bei der Kenn­zeich­nung über be­stimm­te Ei­gen­schaf­ten der Sa­che er­war­ten kann. Die Streit­hel­fe­rin als Her­stel­le­rin dürf­te wohl vor dem „Ab­gas­skan­dal“ un­strei­tig da­mit ge­wor­ben oder zu­min­dest in die ent­spre­chen­den An­ga­ben zu dem be­tref­fen­den Die­sel­mo­tor auf­ge­nom­men ha­ben, dass die­ser die Schad­stoff­norm Eu­ro 5 er­füllt. An­dern­falls wür­de die An­wen­dung der streit­ge­gen­ständ­li­chen Soft­ware über­haupt kei­nen Sinn er­ge­ben. Dass das klä­ge­ri­sche Fahr­zeug die Vor­ga­ben der Norm im nor­ma­len Stra­ßen­ver­kehr – und nur dar­auf kommt es vor­lie­gend an – nicht ein­hält, folgt schon dar­aus, dass es für die Auf­recht­er­hal­tung der ent­spre­chen­den Zu­las­sung ei­ner tech­ni­schen Über­ar­bei­tung be­darf. Zu­dem ist ei­ne dif­fe­ren­zier­te Mo­tor­steue­rung, wie sie bei Ver­kauf für Prüf­stand und Stra­ßen­ver­kehr vor­han­den war, nur dann nö­tig, wenn das Kfz im „Stra­ßen­mo­dus“ die Eu­ro-5-Norm in Be­zug auf den Stick­oxid­aus­stoß nicht ein­hält.

Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten und der Streit­hel­fe­rin ist die be­schrie­be­ne Pflicht­ver­let­zung nicht un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB, da nicht le­dig­lich auf die von der Streit­hel­fe­rin vor­ge­tra­ge­nen Kos­ten von we­ni­ger als 100 € für das ent­spre­chen­de Soft­ware­up­date ab­zu­stel­len ist.

Oh­ne­hin stellt sich die Fra­ge, war­um die Streit­hel­fe­rin, wenn es of­fen­bar so kos­ten­güns­tig und un­pro­ble­ma­tisch mög­lich sein soll, dass die streit­ge­gen­ständ­li­chen Die­sel­mo­to­ren so­wohl auf dem Prüf­stand als auch im Stra­ßen­ver­kehr die An­for­de­run­gen der Eu­ro-5-Norm er­fül­len, sie nicht von Vor­ne­her­ein in die­ser Art her­ge­stellt hat. Da­her be­ste­hen be­reits be­rech­tig­te Zwei­fel dar­an, dass ei­ne ent­spre­chen­de Nach­rüs­tung tat­säch­lich der­art güns­tig sein soll.

Zu­dem ist bei der Prü­fung der Fra­ge der Er­heb­lich­keit ei­ne um­fas­sen­de Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung nö­tig. Da­bei ist auf­sei­ten der Be­klag­ten durch­aus zu be­rück­sich­ti­gen, dass ein ent­spre­chen­des Wis­sen ih­rer­seits be­züg­lich der vor­lie­gen­den Soft­ware-Pro­ble­ma­tik nicht nach­ge­wie­sen ist und sie zu­dem auch tat­säch­lich in ih­ren Nach­er­fül­lungs­mög­lich­kei­ten voll­kom­men ab­hän­gig von der Streit­hel­fe­rin war und ist. Al­ler­dings strei­ten für die In­ter­es­sen des Klä­gers deut­lich stär­ke­re Fak­to­ren. Zum ei­nen kann die­se Ab­hän­gig­keit der Be­klag­ten von der Streit­hel­fe­rin nicht zu­las­ten des Klä­gers ge­hen. Zum an­de­ren führt ei­ne Arg­list des Ver­trags­part­ners in der Re­gel be­reits da­zu, dass die Pflicht­ver­let­zung nicht un­er­heb­lich ist. Arg­lis­tig ge­han­delt hat zwar vor­lie­gend nicht die Be­klag­te als Ver­trags­part­ner des Klä­gers, son­dern die Streit­hel­fe­rin, je­doch soll­te der Klä­ger sich ge­ra­de von die­ser ein ent­spre­chen­des Soft­ware­up­date auf­spie­len las­sen, ob­wohl das bis­he­ri­ge Ver­hal­ten der Streit­hel­fe­rin we­nig An­lass da­für bie­tet, ein ent­spre­chen­des Ver­trau­en in ih­re Mo­tor­soft­ware zu be­grün­den.

Zu­dem stand im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung des Klä­gers we­der ge­nau­er fest, ab wann ein sol­ches Up­date mög­lich sein wür­de, noch, ob mit ne­ga­ti­ven Fol­gen be­züg­lich an­de­rer Pa­ra­me­ter ge­rech­net wer­den muss­te. Eben­so we­nig kann aus­ge­schlos­sen wer­den, dass der „Ma­kel des Ab­gas­skan­dals“ zu ei­ner Min­de­rung des Wie­der­ver­kaufs­wer­tes füh­ren wird. Dass dies, wie die Streit­hel­fe­rin vor­trägt, nach der­zei­ti­gen Markt­un­ter­su­chun­gen noch nicht der Fall ist, steht die­ser Be­fürch­tung nicht ent­ge­gen. Es ist all­ge­mein be­kannt, dass in ganz Deutsch­land ei­ne Viel­zahl von Kla­gen, die auf Rück­ab­wick­lung ge­rich­tet sind, an­hän­gig ist. Dies in­di­ziert, dass ei­ne Viel­zahl von Käu­fern die Ab­sicht hat, sich von ih­ren Fahr­zeu­gen vor­zei­tig zu tren­nen. Die­ses zu­sätz­li­che An­ge­bot ist je­doch der­zeit noch nicht auf dem Markt, so­dass auch dies­be­züg­lich ei­ne gro­ße Un­si­cher­heit bei den Käu­fern und da­mit auch dem hie­si­gen Klä­ger ver­bleibt.

Die Kla­ge schei­tert auch nicht an ei­ner zu kurz be­mes­se­nen Frist.

Ei­ne Frist­set­zung war vor­lie­gend ent­behr­lich, da der Be­klag­ten als Ver­trags­part­ner ei­ne Nach­bes­se­rung un­strei­tig nicht mög­lich war und sie ei­ne Nach­lie­fe­rung zu­min­dest nicht in Aus­sicht ge­stellt hat.

Oh­ne­hin hat der Klä­ger aber so­gar ei­ne ent­spre­chen­de Frist ge­setzt, was, selbst wenn die­se zu kurz be­mes­sen ge­we­sen wä­re, ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist in Lauf ge­setzt hät­te. In­ner­halb ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist ist je­doch vor­lie­gend kei­ne Nach­er­fül­lung er­folgt. War­um es dem Klä­ger zu­mut­bar ge­we­sen sein soll­te, ei­nen un­be­stimm­ten Zeit­punkt der Nach­er­fül­lung durch ei­nen arg­lis­ti­gen Drit­ten ab­zu­war­ten, ist nicht er­sicht­lich.

Der Klä­ger muss sich al­ler­dings ei­nen ent­spre­chen­den Ge­brauchs­vor­teil an­rech­nen las­sen. Der Wert der Nut­zung des er­wor­be­nen Pkw ist an­hand des Brut­to­kauf­prei­ses, der Fahrt­stre­cke und der zu er­war­ten­den Rest­lauf­leis­tung auf der Grund­la­ge li­nea­rer Wert­min­de­rung zu er­rech­nen (OLG Hamm, Urt. v. 10.03.2011 – I-28 U 131/10, NJW-RR 2011, 1423, 1424). Die Ge­samt­lauf­leis­tung von Die­sel­fahr­zeu­gen be­wegt sich ge­ne­rell zwi­schen 250.000 und 300.000 km, so­dass das Ge­richt bei der vor­lie­gen­den Be­rech­nung 275.000 km in An­satz ge­bracht hat. Der te­n­o­rier­te Be­trag, der pro Ki­lo­me­ter an­fällt, er­gibt sich aus der Di­vi­si­on des Kauf­prei­ses durch die Ge­samt­lauf­leis­tung. Da­mit dem Klä­ger aber nicht mehr zu­ge­spro­chen wird als er be­an­tragt hat, muss­te der von ihm selbst in Ab­zug ge­brach­te Be­trag als Min­dest­be­trag in den Te­nor auf­ge­nom­men wer­den.

Der Kla­ge­an­trag zu 2 ist eben­falls be­grün­det, da sich die Be­klag­te mit der Rück­nah­me des Fahr­zeugs in An­nah­me­ver­zug ge­mäß § 293 BGB be­fin­det.

Wenn die Be­klag­te rügt, dass ihr das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug vom Klä­ger bis­her nicht in ei­ner den An­nah­me­ver­zug be­grün­den­den Wei­se an­ge­bo­ten wur­de, ist dem ent­ge­gen­zu­hal­ten, dass nach § 295 Satz 1 BGB auch ein wört­li­ches An­ge­bot hier­zu aus­reicht, wenn zur Be­wir­kung der Leis­tung ei­ne Hand­lung des Gläu­bi­gers er­for­der­lich ist, ins­be­son­de­re wenn der Gläu­bi­ger die ge­schul­de­te Leis­tung ab­zu­ho­len hat. Leis­tungs­ort i. S. von § 269 I BGB für die Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw war vor­lie­gend der Ort, an dem sich die Sa­che zum Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung ver­trags­ge­mäß be­fand, und so­mit der Wohn­ort des Klä­gers. Da­her ge­nüg­te ein wört­li­ches An­ge­bot, wel­ches in dem an­walt­li­chen Schrei­ben ge­se­hen wer­den kann, mit wel­chem die Be­klag­te un­ter Frist­set­zung bis zum 02.02.2016 zur Ab­ho­lung des Fahr­zeugs auf­ge­for­dert wor­den war.

Der Klä­ger hat au­ßer­dem ge­gen die Be­klag­te auch ei­nen An­spruch auf Frei­stel­lung von den au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 1.789,76 € ge­mäß § 439 II BGB. Da­nach hat der Ver­käu­fer die zum Zwe­cke der Nach­er­fül­lung er­for­der­li­chen Kos­ten zu tra­gen. Dies gilt auch be­züg­lich der Auf­wen­dun­gen des Käu­fers, ins­be­son­de­re im Be­reich des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs.

Da es zu den streit­ge­gen­ständ­li­chen Fra­gen noch kei­ne ge­si­cher­te Recht­spre­chung gibt, war die In­an­spruch­nah­me rech­t­an­walt­li­chen Ra­tes für den Käu­fer auch er­for­der­lich, da die­sem nicht per se klar sein muss­te, wel­che Rech­te er im vor­lie­gen­den Fall ge­gen­über der Be­klag­te gel­tend ma­chen kann. Ei­ne Ge­schäfts­ge­bühr in Hö­he von 2,0 er­scheint zu­dem auf­grund der Viel­zahl der streit­ba­ren Rechts­fra­gen und dem da­mit ein­her­ge­hen­den Re­cher­che­auf­wand auch an­ge­mes­sen. So­weit die Streit­hel­fe­rin dies an­ders sieht und ins­be­son­de­re meint, dass der vor­lie­gen­de Fall kei­ne be­son­de­ren Schwie­rig­kei­ten auf­wei­se, stellt sich die Fra­ge, war­um sie selbst dann noch um­fang­rei­che­re Schrift­sät­ze er­stellt hat als der Klä­ger. …

Hin­weis: Das OLG Köln hat die Be­ru­fung der Be­klag­ten durch Be­schluss vom 28.05.2018 – 27 U 13/17 – zu­rück­ge­wie­sen.

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