1. Durch die Klau­sel „ge­kauft wie ge­se­hen“ in ei­nem Ge­braucht­wa­gen­kauf­ver­trag wird die Haf­tung des Ver­käu­fers für Sach­män­gel nicht voll­stän­dig aus­ge­schlos­sen. Der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss er­fasst viel­mehr nur Män­gel, die – wie et­wa Del­len, Rost oder Krat­zer – für den Käu­fer als Lai­en bei ei­ner Be­sich­ti­gung des Fahr­zeugs oh­ne sach­ver­stän­di­ge Hil­fe wahr­nehm­bar sind.
  2. Die vor­aus­sicht­li­che Ge­samt­lauf­leis­tung ei­nes Pkw der Mit­tel­klas­se be­trägt 150.000 km (im An­schluss an OLG Ko­blenz, Urt. v. 16.04.2009 – 6 U 574/08).

LG Au­rich, Ur­teil vom 24.04.2017 – 5 O 161/16
(nach­fol­gend: OLG Ol­den­burg, Hin­weis­be­schluss vom 02.08.2017 – 9 U 29/17OLG Ol­den­burg, Be­schluss vom 28.08.2017 – 9 U 29/17)

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin nimmt den Be­klag­ten auf Rück­ab­wick­lung ei­nes Kfz-Kauf­ver­trags in An­spruch.

Sie er­warb von dem Be­klag­ten am 08.01.2015 für 5.050 € ei­nen am 27.09.2007 erst­zu­ge­las­se­nen Pkw mit ei­ner Lauf­leis­tung von 104.000 km. Im schrift­li­chen Kauf­ver­trag heißt es un­ter an­de­rem:

„Mit dem Fahr­zeug wur­de in Wies­moor ei­ne Pro­be­fahrt durch­ge­führt und für in Ord­nung be­fun­den. Das Au­to wur­de vor ca. 1,5 Jah­ren vom Vor­be­sit­zer als un­fall­frei ge­kauft. In un­se­rer Zeit hat­te das Fahr­zeug vor­ne rechts ei­nen Parkremp­ler er­lit­ten, die­ser wur­de der ört­li­chen Po­li­zei ge­mel­det. Der Ver­ur­sa­cher ist bis da­to un­be­kannt. … Es gilt der Grund­satz: ge­kauft wie ge­se­hen.“

Zwi­schen den Par­tei­en ist un­strei­tig, dass der Be­klag­te die Klä­ge­rin bei Über­ga­be des Fahr­zeugs auf ei­ne de­fek­te Ne­bel­leuch­te hin­wies. Die Klä­ge­rin er­klär­te sich da­mit ein­ver­stan­den, die­sen De­fekt selbst zu be­he­ben.

An­läss­lich der Re­pa­ra­tur macht ein Be­kann­ter die Klä­ge­rin dar­auf auf­merk­sam, dass ihr Fahr­zeug ei­nen – nur pro­vi­so­risch re­pa­rier­ten – Un­fall­scha­den auf­wei­se. Die Klä­ge­rin ließ das Fahr­zeug dar­auf­hin sach­ver­stän­dig be­gut­ach­ten. Aus dem ent­spre­chen­den TÜV-Gut­ach­ten vom 17.08.2015 er­gibt sich, dass das Fahr­zeug ei­nen nicht sach- und fach­ge­recht be­sei­tig­ten Vor­scha­den hat. Im We­sent­li­chen – so das das Gut­ach­ten – sei­en fol­gen­de Be­schä­di­gun­gen fest­zu­stel­len:

  • Stoß­fän­ger vor­ne ge­bro­chen
  • Blen­de am Ne­bel­schein­wer­fer rechts ge­bro­chen
  • Ne­bel­schein­wer­fer ge­bro­chen
  • Vor­bau ge­bro­chen
  • bei­de Kot­flü­gel in­stand ge­setzt und la­ckiert
  • Mo­tor­hau­be ver­bo­gen
  • Rad­haus rechts be­schä­digt
  • Tür vor­ne rechts la­ckiert
  • Schein­wer­fer rechts ge­bro­chen
  • Luft­fil­ter ge­bro­chen
  • Tür­schar­nier rechts be­schä­digt
  • Mo­tor­küh­ler un­dicht
  • A-Säu­le rechts be­schä­digt (Lack­scha­den)
  • Vor­bau ver­scho­ben

Die Scha­dens­hö­he wird in dem TÜV-Gut­ach­ten mit cir­ca 3.500–4.000 € be­zif­fert; ei­ne Nach­bes­se­rung des Fahr­zeugs er­for­dert aus­weis­lich des Gut­ach­tens ei­nen Kos­ten­auf­wand von 2.670,59 €, wo­bei ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert von 500 € ver­blei­be.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 02.09.2015 er­klär­te die Klä­ge­rin ge­gen­über dem Be­klag­ten die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung. Der Be­klag­te wur­de auf­ge­for­dert, der Klä­ge­rin den Kauf­preis zu er­stat­ten und ihr die Kos­ten für das TÜV-Gut­ach­ten (291,55 €) so­wie au­ßer­ge­richt­li­che Rechts­an­walts­kos­ten (571,44 €) zu er­set­zen. Dies lehn­te der Be­klag­te mit Schrei­ben vom 09.09.2015 ab.

Dar­auf­hin er­klär­te die Klä­ge­rin mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 23.12.2015 hilfs­wei­se den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Sie for­der­te den Be­klag­ten auf, ihr bis zum 07.01.2016 den Kauf­preis ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 227,50 € Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs zu­rück­zu­zah­len und die Kos­ten für das TÜV-Gut­ach­ten und die vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten zu er­set­zen.

Die Klä­ge­rin be­haup­tet, dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Vor­scha­den schon vor­han­den ge­we­sen sei, als ihr das Fahr­zeug am 08.01.2015 über­ge­ben wor­den sei; sie als Laie ha­be die­sen Scha­den je­doch nicht er­ken­nen kön­nen. Des­halb, so meint die Klä­ge­rin, sei­en Rech­te we­gen die­ses Vor­scha­dens nicht durch die Ver­ein­ba­rung „ge­kauft wie ge­se­hen“ aus­ge­schlos­sen.

Der Be­klag­te be­haup­tet dem­ge­gen­über, der in Re­de ste­hen­de Vor­scha­den sei bei der Fahr­zeug­über­ga­be im Ja­nu­ar 2015 noch nicht vor­han­den ge­we­sen. Das Fahr­zeug sei et­wa ein hal­bes Jahr zu­vor noch ei­ne Haupt­un­ter­su­chung un­ter­zo­gen wor­den, und es sei­en zu­nächst (nur) klei­ne­re Män­gel fest­ge­stellt wor­den:

„– Ab­blend­licht links Hell-Dun­kel-Gren­ze / Licht­bild un­zu­läs­sig (E)
– Fe­der 1. Ach­se links ge­bro­chen (E)

Hin­weis: Brems­schei­be 2. Ach­se in Kür­ze ver­schlis­sen“

Die­se Män­gel sei­en be­ho­ben wor­den, und bei der Nach­un­ter­su­chung am 22.07.2014 sei dem Fahr­zeug dann ei­ne neue Pla­ket­te zu­ge­teilt wor­den. Der Pkw ha­be dann am 22./23.10.2014 ei­nen „Park­platz­remp­ler“ er­lit­ten, was er – der Be­klag­te – bei der Po­li­zei an­ge­zeigt ha­be; der Tä­ter sei nicht er­mit­telt wor­den.

Er – der Be­klag­te – ha­be ei­nen un­ter dem 23.10.2014 er­stell­ten Kos­ten­vor­an­schlag ei­nes Kfz-Meis­ter­be­triebs ein­ge­holt. Die­sen hät­te er der Klä­ge­rin, wenn sie da­nach ge­fragt hät­te, hät­te, auch vor­ge­legt. Den in dem Kos­ten­vor­an­schlag mit 1.421,33 € be­zif­fer­ten Scha­den ha­be er – der Be­klag­te – nicht re­pa­rie­ren las­sen; viel­mehr ha­be sein Voll­kas­ko­ver­si­che­rer den Scha­den auf der Grund­la­ge des Kos­ten­vor­an­schlags re­gu­liert.

Die Kla­ge hat­te weit­ge­hend Er­folg, wäh­rend die Wi­der­kla­ge des Be­klag­ten, der von der Klä­ge­rin den Er­satz au­ßer­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten be­an­spruch­te, er­folg­los war.

Aus den Grün­den: I. Kla­ge

1. Rück­tritt

Die Klä­ge­rin hat ei­nen An­spruch auf Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ge­mäß §§ 433, 434, 437 Nr. 2 Fall 1, 323 BGB. Es ist der Klä­ge­rin ge­lun­gen zu be­wei­sen, dass das Fahr­zeug bei Über­ga­be ver­deck­te Män­gel hat­te, die nicht vom Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss um­fasst wa­ren.

a) Kauf­ver­trag

Die Par­tei­en ha­ben am 08.01.2015 ei­nen Kauf­ver­trag über den streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw ge­schlos­sen.

b) Män­gel bei Über­ga­be

Der Pkw war bei der Über­ga­be man­gel­haft. Nach den Fest­stel­lun­gen des ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. D fan­den die sich be­reits im au­ßer­ge­richt­lich ein­ge­hol­ten Gut­ach­ten des TÜV NORD fest­ge­stell­ten Män­gel be­stä­tigt. In sei­nem schrift­li­chen Gut­ach­ten vom 28.09.2016 hat sich der Sach­ver­stän­di­ge Dipl.-Ing. D mit den Fest­stel­lun­gen des Gut­ach­tens des TÜV Nord aus­ein­an­der­ge­setzt und die­se nach­voll­zieh­bar als zu­tref­fend be­ur­teilt. Es las­se sich auf­zei­gen, dass die im TÜV-Gut­ach­ten auf­ge­führ­ten Be­schä­di­gun­gen auch tat­säch­lich vor­la­gen. Auch die Hö­he des Scha­dens be­ur­teilt der Sach­ver­stän­di­ge ent­spre­chend. Die ver­an­schlag­ten Stun­den­sät­ze ent­sprä­chen auch den mitt­le­ren und orts­üb­li­chen Stun­den­sät­zen.

Die Män­gel la­gen auch be­reits bei Über­ga­be vor.

Das ein­ge­hol­te Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten war im Er­geb­nis zu der Fra­ge des Zeit­punkts des Vor­scha­dens un­er­gie­big, denn es war im Nach­hin­ein nicht mehr fest­stell­bar, wann der re­pa­rier­te Vor­scha­den auf­ge­tre­ten und (teil­wei­se) In­stand ge­setzt wor­den ist. Der Sach­ver­stän­di­ge Dipl.-Ing. D hat hier­zu in sei­nem Gut­ach­ten nach­voll­zieh­bar und plau­si­bel dar­ge­legt, dass für den Zeit­punkt der In­stand­set­zung dann An­halts­punk­te be­ste­hen, wenn sich an aus­ge­tausch­ten Bau­tei­len Pro­duk­ti­ons­da­ten fin­den las­sen. Es sei­en zwar Prä­ge­da­ten an dem Pkw ge­fun­den wor­den. Die­se deu­ten al­ler­dings auf ei­nen Pro­duk­ti­ons­zeit­raum vor Erst­zu­las­sung des Kfz hin, was wie­der­um auf Tei­le der Se­ri­en­fer­ti­gung hin­deu­te. Folg­lich sei der Scha­den am Fahr­zeug nicht durch den Aus­tausch von Bau­tei­len be­ho­ben wor­den, son­dern nur durch La­ckier­in­stand­set­zungs­ar­bei­ten an der Mo­tor­hau­be und den Kot­flü­geln. Auch dem zum Zeit­punkt der Be­gut­ach­tung im­mer noch be­schä­dig­ten Schein­wer­fer sei ein Prä­ge­da­tum zu ent­neh­men, wel­ches dem Zeit­punkt der Erst­zu­las­sung zu­or­den­bar sei. Im Rah­men der Be­gut­ach­tung sei­en stark ver­än­der­te Spalt­ma­ße ge­fun­den wor­den. Wei­ter sei­en Spach­tel­ar­bei­ten nach­voll­zieh­bar. Es sei da­von aus­zu­ge­hen, dass hier mit gro­bem Spach­tel­ein­satz ei­ne sehr un­fach­män­ni­sche Re­pa­ra­tur statt­ge­fun­den hat, so der Sach­ver­stän­di­ge, die ei­ne zeit­li­che Ein­gren­zung je­doch auf­grund feh­len­der Prä­ge­da­ten nicht zu­lässt. Die La­ckie­rung kön­ne hin­sicht­lich ih­res Al­ters nicht nä­her ein­ge­grenzt wer­den.

Das Ge­richt hat zu der Fra­ge des Zeit­punkts des Vor­lie­gens der Män­gel die Par­tei­en selbst an­ge­hört und die Zeu­gen A, G und H ver­nom­men

Die Aus­sa­ge der Zeu­gin A war zum Zeit­punkt des Vor­lie­gens der Män­gel letzt­lich un­er­gie­big. Ihr selbst war, so er­klär­te sie in der Be­weis­auf­nah­me, der „Park­platz­remp­ler“ nicht ein­mal auf­ge­fal­len. Ih­rem Va­ter sei auf­ge­fal­len, dass vor­ne rechts Krat­zer am Pkw ge­we­sen sei­en. An wei­te­re Schä­den kön­ne sie sich nicht mehr er­in­nern. Auch kön­ne sie kei­ne An­ga­ben da­zu ma­chen, ob oder wann ihr Va­ter mit dem Pkw in der Werk­statt ge­we­sen sei. Sie hat fer­ner deut­lich ge­macht, dass sich ihr Va­ter um den Kauf und den Ver­kauf des Pkw ge­küm­mert ha­be, was auch mit den An­ga­ben des Be­klag­ten über­ein­stimmt.

Auch die An­ga­ben des Zeu­gen G wa­ren zur Fra­ge des Zeit­punkts der Män­gel un­er­gie­big, da er das Fahr­zeug je­den­falls erst nach Über­ga­be ge­se­hen hat, dies aber zeit­lich kaum greif­bar ein­gren­zen konn­te.

Der Be­klag­te selbst hat aber in sei­ner in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung er­klärt, dass sei­ner An­sicht nach ne­ben der Blen­de, die nicht rich­tig auf dem Ne­bel­schein­wer­fer saß, auch der Küh­ler­grill nach dem „Park­platz­remp­ler“ et­was ver­scho­ben ge­we­sen sei. Er er­klär­te, dass er zu­dem mei­ne, sich auch an Lack­spu­ren zu er­in­nern; dies­be­züg­lich sei er sich aber nicht ganz si­cher.

Die Klä­ge­rin hat an­ge­ge­ben, dass ihr von dem Be­klag­ten bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags der de­fek­te Ne­bel­schein­wer­fer ge­zeigt wor­den sei. Auf wei­te­re Män­gel sei sie vom Be­klag­ten nicht auf­merk­sam ge­macht wor­den. Ih­rem Ein­druck nach sei der Wa­gen gut auf­po­liert ge­we­sen. Je öf­ter sie mit dem Wa­gen durch die Wasch­an­la­ge ge­fah­ren sei, des­to mehr Krat­zer sei­en sicht­bar ge­wor­den.

Schließ­lich hat der Zeu­ge H zu­nächst die An­ga­ben der Klä­ge­rin be­stä­tigt, dass sie vom Be­klag­ten dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den sei­en, dass vor­ne rechts am Ne­bel­schein­wer­fer ei­ne Blen­de feh­le. Der Be­klag­te ha­be hier­zu er­klärt, dass man die­se für et­wa 100 € er­set­zen kön­ne und er an­bie­te, das noch zu über­neh­men. Man ha­be dann er­klärt, dass das nicht nö­tig sei. Wei­te­re op­ti­sche Män­gel sei­en ihm zu­nächst nicht auf­ge­fal­len. Als das Fahr­zeug aber dann bei ih­nen zu Hau­se ge­we­sen sei, ha­be er ge­se­hen, dass die Mo­tor­hau­be leicht ver­zo­gen war. Der Zeu­ge hat wei­ter er­klärt, dass we­der er noch sei­ne Frau nach Er­werb des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs mit die­sem ei­nem Un­fall ge­habt hät­ten. Wenn dies so ge­we­sen wä­re, wä­ren sie da­mit doch zu ih­rer Ver­si­che­rung ge­gan­gen und hät­ten sich nicht an den Be­klag­ten ge­wandt; schließ­lich, so der Zeu­ge, „hät­ten sie da doch gar nichts von“.

Das Ge­richt glaubt der Klä­ge­rin und dem Zeu­gen H auf­grund des per­sön­li­chen Ein­drucks in der münd­li­chen Ver­hand­lung, dass die­se kei­nen Un­fall mit dem Pkw wäh­rend ih­rer Be­sitz­zeit hat­ten, son­dern der Scha­den schon bei Über­ga­be vor­lag. Dies wird be­stä­tigt durch die In­au­gen­schein­nah­me der Licht­bil­der des Pkw. Auf die­sen ist deut­lich zu er­ken­nen, dass die Mo­tor­hau­be des Pkw ver­zo­gen ist. Ins­be­son­de­re nach den An­ga­ben des Zeu­gen H und auch des Zeu­gen G zu den mit die­sen in Au­gen­schein ge­nom­men Fo­tos – be­son­ders das Licht­bild Bl. 17 un­ten d. A. –, dass auf die­sem Bild die Mo­tor­hau­be ge­schlos­sen sein müss­te, ist die ver­zo­ge­ne Mo­tor­hau­be deut­lich zu er­ken­nen.

Die Män­gel la­gen mit­hin bei Über­ga­be vor.

c) Frist­set­zung

Der Be­klag­te hat in ei­nem an­walt­li­chen Schrift­satz vom 09.09.2015 die An­sprü­che der Klä­ge­rin zu­rück­ge­wie­sen. Ei­ner Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung war da­mit ent­behr­lich.

Die Klä­ge­rin war da­her zum Rück­tritt be­rech­tigt. Er­klärt hat sie den Rück­tritt mit Schrift­satz vom 23.12.2015 mit Frist­set­zung zum 07.01.2016. Der Be­klag­te be­fin­det sich seit­dem im An­nah­me­ver­zug.

d) Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss

Die Män­gel­ge­währ­leis­tung war auch nicht durch die Ver­ein­ba­run­gen der Par­tei­en im Kauf­ver­trag (voll­stän­dig) aus­ge­schlos­sen.

Die Ver­ein­ba­run­gen der Par­tei­en in dem Kauf­ver­trag vom 08.01.2015 sind ge­mäß §§ 133, 157 BGB aus­zu­le­gen.

Der Be­klag­te hat aus­drück­lich er­klärt, dass er das Fahr­zeug „als un­fall­frei“ ge­kauft hat. In sei­ner An­hö­rung hat der Be­klag­te auch deut­lich ge­macht, dass es ihm, als er das Fahr­zeug selbst er­wor­ben hat, auch dar­auf an­kam, ei­nen un­fall­frei­en Wa­gen zu kau­fen, da er die­sen für sei­ne Toch­ter ge­kauft ha­be. Ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung oder ei­ne Ga­ran­tie da­für, dass das Fahr­zeug beim An­kauf durch den Be­klag­ten tat­säch­lich un­fall­frei war, ist da­mit nicht ge­trof­fen wor­den.

Wei­ter heißt es im Kauf­ver­trag, dass das Au­to „[i]n un­se­rer Zeit ei­nen Parkremp­ler … er­lit­ten“ hat. Der Klä­ge­rin war da­her auch be­kannt, dass sie kein un­fall­frei­es Fahr­zeug kauft, son­dern eins, wel­ches zu­min­dest ei­nen „Parkremp­ler“ er­lit­ten hat, wo­bei da­hin­ste­hen kann, ob ein „Park­platz­remp­ler“ als Un­fall ein­zu­ord­nen ist; je­den­falls war of­fen­kun­dig, dass es durch den „Park­platz­remp­ler“ Vor­schä­den am Fahr­zeug gibt. Durch die wei­te­ren In­for­ma­tio­nen im Kauf­ver­trag („Parkremp­ler“ bei der Po­li­zei an­ge­zeigt, Ver­ur­sa­cher bis da­to un­be­kannt) war – auch für die Klä­ge­rin – deut­lich, dass über den kon­kre­ten Her­gang des Un­falls nichts wei­ter be­kannt ist.

Der dann im Kauf­ver­trag der Par­tei­en auf­ge­nom­me­ne Zu­satz „Es gilt der Grund­satz: ge­kauft wie ge­se­hen“ schließt die Ge­währ­leis­tung hin­sicht­lich sol­cher Män­gel aus, die für ei­nen Lai­en bei ei­ner Be­sich­ti­gung oh­ne Hin­zu­zie­hung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen er­kenn­bar sind (so auch BGH, Urt. v. 06.04.2016 – VI­II ZR 261/14 Rn. 22).

Die de­fek­te Blen­de am Ne­bel­schein­wer­fer, auf die der Be­klag­te die Klä­ge­rin un­strei­tig aus­drück­lich hin­ge­wie­sen hat, ist da­mit von die­sem Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss um­fasst.

Zu­dem ist auch die ver­zo­ge­ne Mo­tor­hau­be durch die Be­sich­ti­gungs­klau­sel vom Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss um­fasst. Nach In­au­gen­schein­nah­me der Licht­bil­der des Pkw ist das Ge­richt da­von über­zeugt, dass auch für ei­nen Lai­en zu er­ken­nen ist, dass die Mo­tor­hau­be des Pkw ver­zo­gen ist.

Die Über­la­ckie­run­gen der Kot­flü­gel wa­ren für den Lai­en aber si­cher­lich nicht er­kenn­bar. Um die­se fest­zu­stel­len, nimmt auch ein Sach­ver­stän­di­ger ei­ne Mes­sung vor, um die Di­cke der La­ckie­rung zu be­stim­men. Auch die Spach­te­lun­gen kön­nen für die Klä­ge­rin als Laie nicht er­kenn­bar ge­we­sen sein. Der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss kann da­her für die­se Män­gel nicht gel­ten.

Da­zu tritt noch fol­gen­der As­pekt: Un­strei­tig hat der Be­klag­te nach dem „Park­platz­remp­ler“ ei­nen Kos­ten­vor­an­schlag über die Be­schä­di­gun­gen am Fahr­zeug ein­ge­holt. Die­ser geht deut­lich über ei­ne ge­bro­che­ne Blen­de am Ne­bel­schein­wer­fer und auch ei­ne ver­zo­ge­ne Mo­tor­hau­be hin­aus. In dem Kos­ten­vor­an­schlag des Kfz-Meis­ter­be­triebs R ist ne­ben dem Zier­ring am Ne­bel­schein­wer­fer rechts auch er­wähnt, dass wei­ter fol­gen­de Er­satz­tei­le für ei­ne Re­pa­ra­tur er­for­der­lich sind:

  • Zier­leis­te Tür rechts
  • Wind­ab­wei­ser Stoß­fän­ger vor­ne,
  • Grill­blen­de
  • Ver­klei­dung Stoß­fän­ger vor­ne,
  • Schutz­leis­te Stoß­fän­ger vor­ne,
  • Prall­dämp­fer vor­ne

Zu­dem sind auch La­ckie­rungs­ar­bei­ten ent­hal­ten.

Der Kos­ten­vor­an­schlag vom 23.10.2014 weist ei­nen Rech­nungs­be­trag von 1.451,53 € auf. Nach dem Vor­trag des Be­klag­ten hat sich die­ser die­sen Be­trag auch von sei­ner Voll­kas­ko­ver­si­che­rung er­stat­ten las­sen.

Die durch­zu­füh­ren­den Re­pa­ra­tu­ren ge­hen mit­hin deut­lich über den Aus­tausch ei­ner Blen­de am Ne­bel­schein­wer­fer mit ei­nem Kos­ten­auf­wand von 100–150 € so­wie ei­ne ver­zo­ge­ne Mo­tor­hau­be hin­aus. Der Be­klag­te wä­re da­her ver­pflich­tet ge­we­sen, die­sen Kos­ten­vor­an­schlag beim Kauf­ver­trags­ab­schluss zu über­ge­ben, bzw. die Klä­ge­rin über die in die­sem Kos­ten­vor­an­schlag fest­ge­stell­ten Män­gel zu in­for­mie­ren.

Der Be­klag­te hat in sei­ner in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung er­klärt, dass über den Kos­ten­vor­an­schlag bei Kauf­ver­trags­schluss mit der Klä­ge­rin nicht ge­spro­chen wor­den sei. Er ha­be die­sen zu Hau­se lie­gen ge­habt. Zwi­schen den Par­tei­en lag oh­ne die Wei­ter­ga­be der In­for­ma­tio­nen, die dem Be­klag­ten vor­la­gen, ein of­fen­sicht­li­ches In­for­ma­ti­ons­ge­fäl­le vor. Es wä­re Pflicht des Be­klag­ten ge­we­sen, sein über­le­ge­nes Wis­sen zu of­fen­ba­ren, um die Klä­ge­rin über die an dem Pkw vor­han­de­nen Schä­den zu in­for­mie­ren und in ih­re Ent­schei­dung zu stel­len, ob sie das Fahr­zeug über­haupt noch – oder zu die­sem Preis – er­wer­ben will.

Das Ver­hal­ten des Be­klag­ten wird nur we­gen der auch der Klä­ge­rin ob­lie­gen­den Pflicht, sich we­gen der of­fen­kun­dig über ei­ne de­fek­te Blen­de an ei­ner Ne­bel­leuch­te hin­aus­ge­hen­den Schä­den zu er­kun­di­gen, und der An­ga­be ei­nes „Park­platz­remp­lers“ im Kauf­ver­trag nicht als arg­lis­ti­ge Täu­schung ge­wer­tet.

Der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss greift mit­hin nicht hin­sicht­lich al­ler vor­han­de­nen Män­gel, so­dass das Rück­tritts­recht der Klä­ge­rin nicht voll­stän­dig aus­ge­schlos­sen war.

e) Fol­gen

Die Klä­ge­rin hat mit­hin nach aus­ge­üb­tem Rück­tritts­recht ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug (§ 348 BGB) ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs aus dem Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis ge­mäß § 346 I BGB. Da­bei hat sie dem Be­klag­ten auch die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen ge­mäß § 347 II BGB [rich­tig: § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB] zu er­stat­ten.

Der Ge­brauchs­vor­teil bei Ge­braucht­fahr­zeu­gen er­rech­net sich un­ter An­wen­dung der Recht­spre­chung des OLG Ko­blenz wie folgt:

{\frac{\text{Brut­to­kauf­preis}\times\text{zu­rück­ge­leg­te Fahr­stre­cke}}{\text{vor­aus­sicht­li­che Ge­samt­fahr­leis­tung}}}

(OLG Ko­blenz, Urt. v. 16.04.2009 – 6 U 574/08, ju­ris Rn. 40).

Die Klä­ge­rin hat in der Kla­ge­schrift er­klärt, dass der Ta­chostand nun­mehr 110.500 km be­trägt. In der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 27.02.2017 hat die Klä­ge­rin er­klärt, dass sie das Fahr­zeug wei­ter nut­ze, aber we­gen des schwe­ben­den Ver­fah­rens und des Rück­tritts zwar nicht mehr so ger­ne fah­re, es aber den­noch er­neut ei­ner TÜV-Prü­fung un­ter­zo­gen ha­be. Das Ge­richt geht da­her da­von aus, dass das Fahr­zeug mit et­wa ent­spre­chen­der Lauf­leis­tung wei­ter ge­nutzt wur­de und schätzt da­her ge­mäß § 287 ZPO, das zwi­schen­zeit­lich (Kla­ger­he­bung und Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung) et­wa die glei­che Lauf­leis­tung an­ge­fal­len ist wie zwi­schen Kauf­ver­trag und Kla­ger­he­bung. Bei­de Zeit­räu­me be­tra­gen et­wa ein Jahr. Da die Klä­ge­rin in ei­nem Jahr 6.500 km mit dem Fahr­zeug ge­fah­ren ist, schätzt das Ge­richt die nun­meh­ri­ge Lauf­leis­tung auf 13.000 km.

Bei ei­ner vor­aus­sicht­li­chen Ge­samt­lauf­leis­tung von 150.000 km (in An­wen­dung der Recht­spre­chung des OLG Ko­blenz zu Mit­tel­klas­se­wa­gen: Urt. v. 16.04.2009 – 6 U 574/08, ju­ris Rn. 40), ei­ner zu­rück­ge­leg­ten Fahr­stre­cke von 13.000 km und ei­nem Brut­to­kauf­preis von 5.050 € er­gibt sich un­ter An­wen­dung der obi­gen For­mel ein Ge­brauchs­vor­teil in Hö­he von 437,66 €, den sich die Klä­ge­rin … an­rech­nen las­sen muss, wes­we­gen sich der zu er­stat­ten­de Kauf­preis von 5.050 € um 437,66 € auf 4.612,34 € ver­rin­gert.

In­so­fern war die Kla­ge teil­wei­se ab­zu­wei­sen.

Die Klä­ge­rin hat den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag mit Schrei­ben vom 23.12.2015 mit ei­ner Frist­set­zung bis zum 07.01.2016 er­klärt; der Be­klag­te ist mit­hin mit der Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses erst seit Ab­lauf des 07.01.2016 in Ver­zug, so­dass Zin­sen ab dem 08.01.2016 zu zah­len sind (§§ 286, 288 BGB).

2. Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten

Die Klä­ge­rin hat ge­gen den Be­klag­ten auch ei­nen An­spruch auf Er­stat­tung der Kos­ten für die Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens aus §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB.

3. Rechts­an­walts­kos­ten

Die au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten kann die Klä­ge­rin nicht aus dem Ge­sichts­punkt des Ver­zu­ges ge­mäß §§ 280 I, II, 286 BGB er­setzt ver­lan­gen, da der Be­klag­te erst mit an­walt­li­chem Schrei­ben in Ver­zug ge­setzt wor­den ist. Ei­ne an­de­re recht­li­che Grund­la­ge für den Er­satz der au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten ist nicht er­sicht­lich.

Die Kla­ge war in­so­fern ab­zu­wei­sen.

II. Wi­der­kla­ge

Die Wi­der­kla­ge war ins­ge­samt ab­zu­wei­sen. Dem Be­klag­ten steht ein An­spruch auf Er­satz sei­ner au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten aus kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt zu. Der Rück­tritt der Klä­ge­rin war be­rech­tigt. Ei­ne rechts­grund­lo­se In­an­spruch­nah­me lag mit­hin nicht vor. …

Hin­weis: Mit Be­schluss vom 02.08.2017 – 9 U 29/17 – hat das OLG Ol­den­burg dar­auf hin­ge­wie­sen, dass be­ab­sich­tig sei, die Be­ru­fung des Be­klag­ten durch ein­stim­mi­gen Be­schluss nach § 522 II 1 ZPO zu­rück­zu­wei­sen. In dem Hin­weis­be­schluss heißt es un­ter an­de­rem:

„Die Be­ru­fung hat … of­fen­sicht­lich kei­ne Aus­sicht auf Er­folg.

Die Par­tei­en strei­ten um ei­nen An­spruch auf Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ei­nen ge­brauch­ten Pkw. Das Land­ge­richt hat der Kla­ge ganz über­wie­gend statt­ge­ge­ben.

Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, die Klä­ge­rin sei wirk­sam ge­mäß §§ 433, 434, 437 Nr. 2 Fall 1, 323 BGB vom Ver­trag zu­rück­ge­tre­ten. Das ver­kauf­te Fahr­zeug ha­be bei Über­ga­be Män­gel auf­ge­wie­sen, die nicht vom Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss um­fasst ge­we­sen sei­en. Nach den Fest­stel­lun­gen des ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen lie­ge an dem Pkw ein er­heb­li­cher, nicht voll­stän­dig und nicht fach­ge­recht be­sei­tig­ter Un­fall­scha­den vor. Die­ser sei schon im Zeit­punkt der Über­ga­be des Wa­gens vor­han­den ge­we­sen. Auf­grund der Aus­sa­ge des Zeu­gen H und der An­hö­rung der Klä­ge­rin ste­he zur Über­zeu­gung des Ge­richts fest, dass der Scha­den nicht in der Be­sitz­zeit der Klä­ge­rin ent­stan­den sei. Von den Be­schä­di­gun­gen sei­en zu­min­dest die Über­la­ckie­rung der Kot­flü­gel für ei­nen Lai­en nicht er­kenn­bar. Um sie fest­zu­stel­len, ha­be der Sach­ver­stän­di­ge ei­ne Mes­sung der Di­cke der La­ckie­rung vor­neh­men müs­sen. Glei­ches gel­te für die Spach­te­lung der Kot­flü­gel. Da die­se Män­gel bei ei­ner Be­sich­ti­gung für ei­nen Lai­en nicht er­kenn­bar sei­en, sei­en sie auch nicht von dem ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss er­fasst. Die For­mu­lie­rung ‚ge­kauft wie ge­se­hen‘ schlie­ße le­dig­lich An­sprü­che we­gen er­kenn­ba­rer Män­gel aus.

Ge­gen die­ses Ur­teil wen­det sich die Be­ru­fung des Be­klag­ten, mit der er die Ab­wei­sung der Kla­ge er­strebt. Die da­zu vor­ge­brach­ten Ein­wen­dun­gen ver­hel­fen dem Rechts­mit­tel al­ler­dings nicht zum Er­folg.

Wie das Land­ge­richt zu­tref­fend und von der Be­ru­fung un­be­an­stan­det fest­ge­stellt hat, liegt bei dem ver­kauf­ten Fahr­zeug ne­ben dem vom Be­klag­ten im Zu­ge der Kauf­ver­trags­ver­hand­lun­gen of­fen­ge­leg­ten ‚Parkremp­ler‘ ein er­heb­li­cher wei­te­rer Un­fall­scha­den vor. Das folgt schon dar­aus, dass der Be­klag­te nach ei­ge­nem Be­kun­den die Fol­gen des ‚Parkremp­lers‘ nicht hat be­sei­ti­gen las­sen, am Fahr­zeug je­doch bei­de Kot­flü­gel wie auch die rech­te Tür la­ckiert wor­den sind. Zu­dem sind an den Kot­flü­geln Spach­tel­ar­bei­ten aus­ge­führt wor­den. Das er­gibt sich auch zur Über­zeu­gung des Se­nats aus den vor­ge­leg­ten Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten. Die­ser Un­fall­scha­den stellt ei­ne ne­ga­ti­ve Ab­wei­chung des Ist-Zu­stands vom ver­trag­lich ge­schul­de­ten Soll-Zu­stand des Pkw und da­mit ei­nen Man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar.

Dass die­ser Man­gel im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­han­den war und nicht nach­träg­lich ent­stan­den ist, hat das Land­ge­richt mit ei­ner rechts­feh­ler­frei­en Be­grün­dung auf­grund der Aus­sa­ge des Zeu­gen H und der An­hö­rung der Klä­ge­rin als er­wie­sen an­ge­se­hen. Die­se Fest­stel­lun­gen sind für das Be­ru­fungs­ge­richt ge­mäß § 529 I Nr. 1 ZPO grund­sätz­lich bin­dend. Et­was an­de­res gilt nur, so­fern kon­kre­te An­halts­punk­te Zwei­fel an der Rich­tig­keit oder Voll­stän­dig­keit der land­ge­richt­li­chen Fest­stel­lun­gen be­grün­den. Der­ar­ti­ge Um­stän­de zeigt die Be­ru­fung nicht auf. Sie sind auch an­der­wei­tig nicht er­sicht­lich.

Da der an­ge­spro­che­ne Un­fall­scha­den nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen ober­fläch­lich be­sei­tigt wor­den ist, war er für die Klä­ge­rin auch nicht er­kenn­bar. Auch in­so­weit legt der Se­nat sei­ner Ent­schei­dung die Fest­stel­lun­gen des Land­ge­richts zu­grun­de. Im Üb­ri­gen nimmt der Be­klag­te selbst für sich in An­spruch, von die­ser – ers­ten – Be­schä­di­gung nichts ge­wusst zu ha­ben, da sie nicht er­sicht­lich war.

Auf­grund der feh­len­den Er­kenn­bar­keit des Feh­lers sind Sach­män­gel­an­sprü­che der Klä­ge­rin je­doch nicht durch die ver­trag­li­che For­mu­lie­rung ‚ge­kauft wie ge­se­hen‘ aus­ge­schlos­sen. Der hier­in lie­gen­de Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss er­streckt sich, wie vom Land­ge­richt zu­tref­fend aus­ge­führt, le­dig­lich auf sol­che Feh­ler der Kauf­sa­che, die für ei­nen Lai­en bei ei­ner Be­sich­ti­gung des Pkw oh­ne Hin­zu­zie­hung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen er­kenn­bar sind (vgl. Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 76. Aufl., § 444 Rn. 16).

Mit­hin ste­hen der Klä­ge­rin die ge­setz­li­chen Sach­män­gel­an­sprü­che zu. Dass dem Be­klag­ten nicht der Vor­wurf zu ma­chen ist, er ha­be ei­nen Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen, ist für die Ent­schei­dung nicht von Re­le­vanz.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­ru­fung wer­den da­durch auch nicht die An­for­de­run­gen an die Sorg­falts­pflich­ten ei­nes pri­va­ten Pkw-Ver­käu­fers über­spannt. Die­ser kann bei­spiels­wei­se den von der Be­ru­fung ins Feld ge­führ­ten Prü­fungs- und Un­ter­su­chungs­pflich­ten be­geg­nen, in­dem er ei­nen um­fas­sen­den Haf­tungs­aus­schluss für ihm nicht be­kann­te Män­gel ver­ein­bart.“

Die Be­ru­fung des Be­klag­ten hat das OLG Ol­den­burg so­dann mit Be­schluss vom 28.08.2017 – 9 U 29/17 – zu­rück­ge­wie­sen. In die­sem Be­schluss hat es un­ter an­de­rem aus­ge­führt:

„II. Der Se­nat weist die Be­ru­fung ge­mäß § 522 II 1 ZPO durch Be­schluss zu­rück, weil sie of­fen­sicht­lich un­be­grün­det ist. Zur Be­grün­dung wird auf den Hin­weis­be­schluss vom 02.08.2017 Be­zug ge­nom­men (§ 522 II 3 ZPO). Die da­ge­gen mit Schrift­satz vom 25.08.2017 vor­ge­brach­ten Ein­wen­dun­gen recht­fer­ti­gen kei­ne an­de­re Be­wer­tung der Sach- und Rechts­la­ge.

Das vom Be­klag­ten ver­äu­ßer­te Fahr­zeug wies ne­ben dem of­fen­bar­ten Un­fall­scha­den in­fol­ge des Parkremp­lers ei­nen wei­te­ren nicht voll­stän­dig und fach­ge­recht be­sei­tig­ten Un­fall­scha­den auf. Dies stellt ei­nen Sach­man­gel des Fahr­zeugs dar, der Ge­währ­leis­tungs­rech­te der Klä­ge­rin be­grün­det. Dem steht der ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nicht ent­ge­gen. Die­ser er­streck­te sich le­dig­lich auf sol­che Män­gel, die ei­ner Be­sich­ti­gung durch ei­nen Lai­en zu­gäng­lich wa­ren, was bei dem Vor­scha­den un­strei­tig nicht der Fall war. Folg­lich ist die Klä­ge­rin zum Rück­tritt vom Ver­trag be­rech­tigt.

Die­ses Er­geb­nis über­spannt nicht die An­for­de­run­gen an die Prü­fungs- und Auf­klä­rungs­pflich­ten ei­nes pri­va­ten Au­to­ver­käu­fers. Dem pri­va­ten Ver­äu­ße­rer ei­nes Pkw ist in den Gren­zen des § 444 BGB die Mög­lich­keit er­öff­net, sich von ei­ner Haf­tung für Sach­män­gel durch ei­ne ent­spre­chen­de Ver­ein­ba­rung zu be­frei­en. Das gilt na­ment­lich für Feh­ler der Sa­che, die ihm nicht be­kannt sind, weil sie ihm als Lai­en nicht auf­ge­fal­len sind. Ent­ge­gen der Dar­stel­lung der Be­ru­fung muss der pri­va­te Ver­käu­fer des­halb das Fahr­zeug nicht stets (um­fang­reich) un­ter­su­chen. Schließt er al­ler­dings – wie hier – die Ge­währ­leis­tungs­rech­te für ver­bor­ge­ne Män­gel nicht aus, so bleibt es in­so­weit bei den Rech­ten des Käu­fers ge­mäß § 437 BGB.

Da­bei knüpft die Haf­tung al­lein an die ne­ga­ti­ve Ab­wei­chung der Ist- von der ver­trag­lich ge­schul­de­ten Soll-Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs auf­grund des bei­den Par­tei­en bei Ver­trags­schluss nicht be­kann­ten Vor­scha­dens an. Ob der Be­klag­te den Scha­den arg­lis­tig ver­schwie­gen oder un­zu­läs­sig ba­ga­tel­li­siert hat, ist des­halb nicht ent­schei­dungs­re­le­vant. …“

PDF er­stel­len