Ein Fahrzeugkäufer darf erwarten, dass das Fahrzeug so alt ist, wie es das im Fahrzeugbrief eingetragene Datum der Erstzulassung vermuten lässt. Das gilt auch, wenn er den Fahrzeugbrief nicht eingesehen hat. Erfolgte die Erstzulassung im Januar 2003, darf der Käufer deshalb regelmäßig darauf schließen, dass das Fahrzeug im Jahre 2002 gebaut wurde.

LG Bautzen, Urteil vom 20.07.2005 – 2 O 339/05

Sachverhalt: Die Klägerin erwarb von der Beklagten mit Vertrag vom 06.05.2004 einen gebrauchten Audi A2 1,4 TDI zum Preis von 16.900 €. In der verbindlichen Bestellung ist als „Datum der Erstzulassung lt. Fahrzeugbrief“ der 16.01.2003 angegeben.

Aus dem Fahrzeugbrief ergibt sich indes, dass das Fahrzeug im Zeitraum von November 2000 bis Februar 2001 hergestellt wurde.

Die Klägerin, der der Erwerb eines neuwertigen Fahrzeugs wichtig war, hat die Beklagte deshalb auf Rückabwicklung des Kaufvertrags in Anspruch genommen und das Fahrzeug schließlich gegen Zahlung von 16.817,46 € an die Beklagte zurückgegeben. Daraufhin haben beide Parteien die Hauptsache für erledigt erklärt. Das Gericht hat die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO der Beklagten auferlegt, weil sie in dem Rechtsstreit aller Voraussicht nach unterlegen wäre.

Aus den Gründen: II. … Berechtigt konnte die Klägerin gemäß § 437 Nr. 2 BGB von dem Kfz-Kaufvertrag vom 06.05.2004 zurücktreten. Das von ihr erworbene Fahrzeug wies wegen des höheren Alters einen Sachmangel i. S. von § 434 BGB auf.

Der Käufer eines Fahrzeugs erwartet berechtigterweise, dass das Fahrzeug so alt ist, wie es das im Fahrzeugbrief eingetragene Datum der Erstzulassung vermuten lässt. Beim Vertragsschluss wird stillschweigend vorausgesetzt, dass das Fahrzeug in dem Jahr gebaut worden ist, auf das der Zeitpunkt der Erstzulassung schließen lässt. Bei einer Erstzulassung im Januar 2003 darf der Käufer deshalb regelmäßig auf ein Baujahr 2002 schließen. Dies gilt auch dann, wenn der Käufer die Fahrzeugpapiere, insbesondere den Fahrzeugbrief, nicht eingesehen haben sollte oder eine Einsicht wie im vorliegenden Fall nicht möglich war.

Ein höheres Alter des Kraftfahrzeugs stellt einen Sachmangel dar, auch soweit die Tauglichkeit zum Gebrauch dadurch nicht ohne Weiteres eingeschränkt ist. Das Alter des Fahrzeugs wirkt sich regelmäßig wertmindernd aus. Ein Kraftfahrzeug wird üblicherweise als längerfristiges Wirtschaftsgut angeschafft, sodass sich das Alter als verkehrswesentliche Eigenschaft gerade auch auf die Preisbildung auswirkt.

Da mithin der Käufer darauf vertrauen darf, dass zwischen Herstellung und Erstzulassung ein relativ überschaubarer Zeitraum liegt, ist in der Aufnahme des Datums der Erstzulassung in den Kaufvertrag regelmäßig die konkludente Vereinbarung zu sehen, dass das Datum der Herstellung jedenfalls nicht mehrere Jahre davon abweicht (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Aufl., Rn. 1275; OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.05.2004 – 1 U 10/04, NJW 2004, 2456) …

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