- Ist der Käufer eines Kraftfahrzeugs wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten und befindet sich der Verkäufer mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug, so kann der Käufer vom Verkäufer gemäß § 304 BGB (auch) den Ersatz der Standkosten verlangen, die er für das Fahrzeug aufwenden musste (vgl. BGH, Urt. v. 17.11.2023 – V ZR 192/22 Rn. 41).
- Liegen keine besonderen Umstände vor, kann der Käufer eines Gebrauchtwagens im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F. erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem mehr als Bagatellschäden entstanden sind. Bagatellschäden sind bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige äußere (Lack-)Schäden, nicht aber sonstige (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand gering war. Unerheblich ist, ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert wurde. (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05 Rn. 18 m. w. N.).
LG Lübeck, Urteil vom 13.12.2024 – 10 O 212/23
Sachverhalt: Der Kläger bestellte bei der Beklagten, die gewerblich mit Kraftfahrzeugen handelt, einen am 01.07.2008 erstzugelassenen Pkw Porsche 911 Cabrio zum Preis von 66.500 €. Die Bestellung erfolgte mittels eines Formulars, das die Beklagte dem Kläger per E-Mail übermittelt hatte. In diesem Formular gab der Kläger seine Tätigkeit als Architekt an. In den Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen der Beklagten, die nach ihrem Vortrag der Bestellung zugrunde lagen, heißt es:
„Ist der Käufer eine juristische Person des öffentlichen Rechts, ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen oder ein Unternehmer, der bei Abschluss des Vertrags in Ausübung seiner gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt, erfolgt der Verkauf unter Ausschluss jeglicher Sachmängelansprüche.“
Das bestellte Fahrzeug wurde dem Kläger am 22.01.2021 durch eine von ihm beauftragte Spedition geliefert.
Die Beklagte hatte das Fahrzeug mit Kaufvertrag vom 10.06.2020 von einem kanadischen Händler erworben und es nach Deutschland importiert. Nach der Einfuhr – am 08.09.2020 – wurde das Fahrzeug auf Veranlassung der Beklagten durch den TÜV Rheinland zur Erteilung einer Einzelbetriebserlaubnis geprüft. Das Ergebnis dieser Prüfung lautete „ohne Mängel“.
Am 25.01.2021 rügte der Kläger gegenüber der Beklagten Schäden an dem Fahrzeug. Unter dem 26.01.2021 wurde das Fahrzeug dem TÜV Nord zur Begutachtung vorgestellt, der ein Gutachten erstellte. Die Beklagte bot dem Kläger an, das Fahrzeug zum ursprünglichen Kaufpreis in Höhe von 66.500 € zurückzukaufen. Daraufhin beauftragte der Kläger seinen späteren Prozessbevollmächtigten, der gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 04.02.2021 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärte und neben der Rückzahlung des Kaufpreises den Ersatz der Transportkosten für die Anlieferung des Fahrzeugs (333,20 €), den Ersatz der Einlagerungskosten für Reifen (160 €) und den Ersatz der Zulassungskosten (130 €) unter Fristsetzung bis zum 11.02.2021 verlangte.
Der Kläger behauptet, das Fahrzeug habe zum Zeitpunkt der Übergabe an ihn Schäden an folgenden Teilen aufgewiesen: (1) rechter vorderer Kotflügel, (2) rechte Tür, (3) Schweller rechts, (4) rechter hinterer Kotflügel, (5) Unterboden, (6) Fahrwerk und Querlenker, (7) rechte hintere Felge und (8) Motor. Unter Bezugnahme auf eine CARFAX™-Fahrzeughistorie behauptet der Kläger, das Fahrzeug sei am 04.05.2020 von seinem damaligen Eigentümer in Kanada als gestohlen gemeldet worden. Am 05.05.2020 sei das Fahrzeug schwer verunfallt auf einem Feld aufgefunden, geborgen und abgeschleppt worden. Die erforderlichen Reparaturkosten hätten circa 30.000 € betragen, weshalb das Fahrzeug vom kanadischen Vollkaskoversicherer als Totalschaden eingestuft worden sei.
Die CARFAX™-Fahrzeughistorie enthält auf Seite 1 die Angaben „Fahrzeug als gestohlen gemeldet“ sowie „Keine Unfälle oder Schäden an CARFAX gemeldet“ und auf Seite 3 folgende Eintragungen:
05/04/2020 | Damage Report Ontario |
Vehicle reported stolen
|
05/05/2020 | Ontario Service Facility |
Mechanical issue reported
|
05/26/2020 |
PORSCHE OF LONDON London, ON […] porschecarslondon.com |
Vehicle serviced
|
Das Fahrzeug – so behauptet der Kläger weiter – sei unrepariert nach Deutschland verschifft und dort unsachgemäß repariert worden, bevor es am 21.09.2020 auf die Beklagte zugelassen worden sei. Er, der Kläger, habe in dem Fahrzeug Unterlagen gefunden, aus denen sich ergebe, dass das Fahrzeug im Jahr 2020 im Zusammenhang mit einem Diebstahl schwer beschädigt worden sei.
Der Kläger finanzierte einen wesentlichen Teil des – vollständig an die Beklagte gezahlten – Kaufpreises über ein ihm von der B-Bank AG gewährtes Darlehen. Im Zeitraum vom 01.02.2021 bis zum 01.08.2024 entstanden ihm insoweit Finanzierungskosten in Form von Zinsen in Höhe von 6.070,10 €. Die B-Bank AG ermächtigte den Kläger, Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung mit Zahlungsanweisung an die Bank geltend zu machen.
Zwischen der Anlieferung des Fahrzeugs und dem 02.03.2021 befand sich der Pkw in den Räumlichkeiten einer Kfz-Werkstatt in Lübeck. Für den Zeitraum vom 12.02.2021 bis August 2022 stellte der Kläger das Fahrzeug zu einem monatlichen Preis von 150 € netto auf einem Stellplatz des Autohauses A ab. Hierfür wurden dem Kläger Beträge in Höhe von 985,71 €, 900 € und 910 € in Rechnung gestellt. In der Zeit von Juli 2023 bis Juli 2024 stellte der Kläger das Fahrzeug gegen eine Stellplatzmiete in Höhe von 70 € unter, wodurch ihm Kosten in Höhe von insgesamt 910 € entstanden sind.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Beklagte – jeweils nebst Zinsen – auf Zahlung von 66.500 € an die B-Bank AG und von 623,20 € an sich selbst Zug um Zug gegen Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Anspruch genommen. Darüber hinaus hat er von der Beklagten – jeweils nebst Zinsen – den Ersatz von Standkosten in Höhe von insgesamt (985,71 € + 900 € + 910 € + 910 € =) 3.705,71 €, von Finanzierungskosten in Höhe von 6.070,10 € und von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.293,25 € verlangt. Schließlich hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Verzug befinde.
Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf ihre Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, dass die vom Kläger behaupteten Schäden am Fahrzeug nicht bereits bei der Übergabe an den Kläger vorhanden gewesen sein müssten, sondern ebenso gut während des Transports des Fahrzeugs zum Kläger entstanden oder vom Kläger selbst verursacht worden sein könnten. Die Unterbringung des Fahrzeugs in einem Autohaus sei weder erforderlich noch angemessen gewesen.
Die Klage hatte überwiegend Erfolg.
Aus den Gründen: I. Der Kläger kann von der Beklagten die Zahlung eines Betrags in Höhe von 66.500 € an die B-Bank AG Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs … verlangen (§§ 346 I, 348 Satz 1 BGB). Der Kläger konnte von dem zwischen den Parteien am 15.12.2020 geschlossenen Kaufvertrag nach §§ 323 I, 326 V BGB zurücktreten.
1. Die Beklagte hat die ihr obliegende Leistung aus dem Kaufvertrag nicht vertragsgemäß erbracht, weil das Fahrzeug im Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft war.
a) Nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F. in Verbindung mit Art. 229 § 58 EGBGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich bei Gefahrübergang für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Der Käufer kann beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als Bagatellschäden gekommen ist, wenn keine besonderen Umstände vorliegen. Bagatellschäden bei Personenkraftwagen sind nur ganz geringfügige äußere (Lack-)Schäden, nicht dagegen andere (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war; ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist, ist nicht von Bedeutung (BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05 Rn. 18).
b) Das Fahrzeug weist die von dem Kläger dargestellten Schäden am Vorderkotflügel rechts, der rechten Tür, am Schweller rechts, am hinteren Kotflügel rechts, am Unterboden, am Fahrwerk, an der Felge hinten rechts sowie am Motor auf. Dies kann das Gericht seiner Entscheidung nach § 138 III ZPO zugrunde legen.
Zwar hat die Beklagte ursprünglich bestritten, dass diese Schäden am Fahrzeug vorhanden sind. Sie hat im Laufe des Verfahrens jedoch das an sie adressierte Gutachten des TÜV Nord vom 27.01.2021 vorgelegt, das die von dem Kläger behaupteten Schäden im Wesentlichen bestätigt. Im Anschluss hat die Beklagte nicht weiter an ihrem Bestreiten hinsichtlich des Vorhandenseins der Schäden festgehalten, sondern sich vielmehr auf ein Bestreiten des Zeitpunkts des Schadenseintritts fokussiert.
c) Diese Schäden lagen auch bei Übergabe des Fahrzeugs an den von dem Kläger beauftragten Spediteur, mithin bei Gefahrübergang (§ 446 Satz 1, § 447 I BGB) vor. Dies kann das Gericht seiner Entscheidung nach § 138 III ZPO zugrunde legen, weil die Beklagte diesen Vortrag nicht hinreichend substanziiert bestritten hat.
aa) Als anspruchsbegründende Tatsache trifft den Kläger grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass das Fahrzeug bereits im Zeitpunkt der Übergabe an den Spediteur beschädigt gewesen ist.
Hierzu hat der Kläger vorgetragen, das Fahrzeug sei bereits beschädigt beim Autohaus A angeliefert worden. Dies hat sich durch die Aussage des Zeugen Z bestätigt, der seine Wahrnehmungen zu den in der Werkstatt unter Neonlicht ersichtlichen Schäden überzeugend und nachvollziehbar geschildert hat. Auch die Beklagtenseite hat keine Anhaltspunkte vorgebracht, die die Ausführungen des Zeugen in Zweifel ziehen.
Davon ausgehend hat der Kläger weiter vorgetragen, das Fahrzeug sei in Kanada gestohlen und stark verunfallt auf einem Acker geborgen worden. Er hat sich hierzu auf den als Anlage K 15 vorgelegten CARFAX™-Auszug bezogen, der einen Bericht zu einem Fahrzeug mit der dem streitgegenständlichen Fahrzeug entsprechenden Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) enthält. Der Bericht entspricht dem CARFAX™-Auszug, den auch die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 22.11.2024 vorgelegt hat. Zwar weist dieser Bericht die Angabe „Keine Unfälle oder Schäden an CARFAX gemeldet“ aus. Gleichzeitig enthält er aber die Angabe „Fahrzeug als gestohlen gemeldet“ mit der Detailangabe, dass das Fahrzeug abgeschleppt wurde und eine „mechanical issue“ gemeldet wurde.
Diese Angaben sind nur scheinbar widersprüchlich. Denn erstens kommt dem Bericht hinsichtlich seines Inhalts weder in positiver noch in negativer Hinsicht Beweiswert zu, und zweitens kann aus der Angabe „Keine Unfälle oder Schäden an CARFAX gemeldet“ nicht der Schluss gezogen werden, dass derartige Vorfälle nicht stattgefunden haben, sondern lediglich, dass sie (bislang) nicht gemeldet wurden.
Damit liegen in Form des Berichts konkrete Anhaltspunkte vor, die den klägerischen Vortrag eines Diebstahls mit Schadensfolge substanziieren.
bb) Diesem Vortrag ist die Beklagte nicht hinreichend substanziiert entgegengetreten.
(1) Nach § 138 II und III ZPO hat sich jede Partei über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären; Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, sofern nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht. Hieraus folgt, dass eine Partei, soll ihr Vortrag beachtlich sein, auf Behauptungen des Prozessgegners unter Umständen „substanziiert“, das heißt mit näheren positiven Angaben, zu erwidern hat. Eine solche Pflicht besteht zwar nicht schlechthin. Sie kann aber dann in Betracht kommen, wenn die betreffende Partei alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihr zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (BGH, Urt. v. 17.03.1987 – VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 195 f.). Je detaillierter das Vorbringen der darlegungsbelasteten Partei, desto höher sind die aus § 138 II ZPO folgenden Substanziierungsanforderungen an die Gegenseite (BGH, Urt. v. 28.07.2020 – VI ZR 300/18 Rn. 10; BeckOK-ZPO/v. Selle, Stand: 01.09.2024, § 138 Rn. 18). Substanziiertes Vorbringen kann grundsätzlich nicht pauschal bestritten werden (BGH, Urt. v. 21.07.2020 – II ZR 175/19 Rn. 15; BeckOK-ZPO/v. Selle, a. a. O., § 138 Rn. 18).
(2) Das einfache Bestreiten der Beklagten ist vor diesem Hintergrund nicht ausreichend.
Der Kläger hat zu einer konkreten Ursache der Schadensentstehung vorgetragen. Die Beklagte hat weder vorgetragen, wie ihre Mitarbeiter vor dem Verkauf des Fahrzeugs an den Kläger auf den CARFAX™-Auszug reagiert und welche Schlüsse sie daraus gezogen haben, obwohl der Auszug der Beklagten nach der Aussage des Zeugen M vorlag, noch hat sie konkrete Umstände zur Fahrzeughistorie vorgetragen, obwohl ihr dies zumutbar und über den Kontakt zu ihrem kanadischen Vertragspartner zumindest im Ansatz sogar einfacher möglich war als dem Kläger.
Auf die fehlende Substanz des beklagtenseitigen Vortrags hat das Gericht mit Beschluss vom 13.02.2024 und erneut mit Verfügung vom 29.04.2024 sowie vom 16.8.2024 hingewiesen.
Dem ist die Beklagte auch nicht mit Schriftsatz vom 22.11.2024 nachgekommen, da sich der Schriftsatz lediglich in beschreibender Art mit dem Inhalt des CARFAX™-Auszugs auseinandersetzt.
Soweit die Beklagte dem klägerischen Vortrag mit der Behauptung entgegengetreten ist, das Fahrzeug hätte auch beim Transport beschädigt worden sein können, erfolgte die Behauptung ohne jegliche Anhaltspunkte ins Blaue hinein und ist nicht beachtlich. Dementsprechend hat die Beklagte auch nicht darlegen können, wie eine Beschädigung und eine anschließende Reparatur innerhalb der offenbar planmäßig erfolgten Transportzeit hätten erfolgen können. Eine ernsthafte alternative Ursache der Schadensentstehung zeigt sie damit nicht auf. In Ermangelung jedweder konkreter Anhaltspunkte für eine Beschädigung des Fahrzeugs auf dem Transportweg zum Kläger waren auch nicht die Zeugen X und Y zu hören.
Auch soweit sich die Beklagte darauf bezieht, bei der Vorführung beim TÜV Rheinland am 08.09.2020 seien keine Mängel festgestellt worden, stellt dies keinen beachtlichen Gegenvortrag dar. Denn es ist von der Beklagten nicht näher vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, dass die von dem Kläger aufgezeigten, oberflächlich ausgebesserten Schäden im Rahmen der Prüfung für ein Vollgutachten nach § 21 StVZO dokumentiert werden.
Auch die Aussage des Zeugen M, das Fahrzeug habe sich in einem seiner Laufleistung entsprechenden guten Zustand befunden, unterfüttert die Darstellung der Beklagtenseite nicht. Denn der Zeuge Z hat nachvollziehbar angegeben, dass auch er beim Abladen des Fahrzeugs zunächst keine Schäden habe erkennen können. Diese seien erst deutlich geworden, nachdem das Fahrzeug in der Werkstatt unter Neonlicht gestanden habe.
(3) Vor diesem Hintergrund kam es für die Entscheidung nicht auf die Frage an, ob der Kläger tatsächlich Kontakt zu dem ehemaligen Eigentümer des Fahrzeugs E aufgenommen hat und sich die als Anlage K 20 vorgelegten E-Mails tatsächlich als Bestätigung des klägerischen Vortrags durch den ehemaligen Eigentümer darstellen und ob es sich bei den von dem Kläger vorgelegten Reparaturbelegen um Originale handelt.
2. Die Gewährleistungsansprüche des Klägers sind auch nicht aufgrund der Klausel unter Punkt VI Nr. 1 der Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen der Beklagten ausgeschlossen.
Es kann dahinstehen, ob der Kläger das Fahrzeug – wofür Vieles spricht – als Unternehmer im Sinne von § 14 I BGB erworben hat und deshalb der Gewährleistungsausschluss aus Punkt VI Nr. 1 der Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen der Beklagten greift. Jedenfalls ist die Beklagte für ihre Behauptung beweisfällig geblieben, die Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen seien dem Kläger vor oder mit Abschluss des Kaufvertrags übermittelt worden oder er sei auf die Bedingungen hingewiesen worden.
Der mit dem Kläger zwecks Anbahnung des Kaufvertrags in Kontakt stehende Zeuge M hat erklärt, er habe das Fahrzeug im Jahr 2021 im Auftrag der Beklagten an den Kläger verkauft. Er habe den Kaufvertrag erstellt und ihn elektronisch an den Kläger geschickt. Dazu habe er die Unterlagen eingescannt. Daran, ob er dabei auch die Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen wie auf Blatt 26 d. A. abgedruckt zugeschickt habe, könne er sich nicht erinnern.
Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 14.07.2023 zunächst ausgeführt hat, der Zeuge M sei bei seiner Vernehmung krank gewesen und habe sich grundsätzlich nicht richtig erinnern können, hat sie in der mündlichen Verhandlung am 24.01.2024 davon Abstand genommen, den Zeugen neuerlich vernehmen zu lassen.
3. Aufgrund der demnach feststehenden Unfallwageneigenschaft des Fahrzeugs konnte der Kläger ohne Setzen einer Frist zur Nacherfüllung von dem Vertrag zurücktreten (§§ 323 I, 326 V BGB; vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06 Rn. 23).
II. Der Kläger kann von der Beklagten zudem Ersatz vergeblicher Aufwendungen in Höhe von 623,20 € und 6.070,10 € nach § 437 Nr. 3 BGB, § 434 I BGB a.F., §§ 280 I, III, 283, 284 BGB verlangen.
a) Die Beklagte hat gegen die sie aus dem Kaufvertrag treffende Pflicht zur Übereignung eines unfallfreien Fahrzeugs verstoßen (s. oben). Dass sie diese Pflicht in ihr zurechenbarer Weise (§ 278 Satz 1 BGB) schuldhaft verletzt hat, wird vermutet (§ 280 I 2 BGB). Anhaltspunkte, die darauf hindeuten, dass die Beklagte diese Pflicht nicht schuldhaft verletzt hat, hat die Beklagte keine vorgebracht. Vielmehr hätte sie nach Durchsicht des CARFAX™-Auszugs weitere Erkundigungen zum Schicksal des Fahrzeugs vornehmen müssen, was offenkundig nicht erfolgt ist.
b) Die Kosten für den Transport des Fahrzeugs zum Kläger (333,20 €), für die Einlagerung von Reifen (160 €) und für die Zulassung des Fahrzeugs (130 €) sind bei dem Kläger unstreitig in Vorbereitung des Fahrzeugerwerbs angefallen.
Ebenso hat der Kläger unstreitig Zinsen in Höhe von 6.070,10 € an die den Kaufpreis finanzierende Bank geleistet, die als vergebliche Aufwendungen ersatzfähig sind (BeckOK-BGB/Lorenz, Stand: 01.11.2024, § 284 Rn. 13).
III. Der Kläger hat zudem Anspruch auf Ersatz der Unterstelltkosten in Höhe von 3.695,71 € aus §§ 293, 304 BGB.
1. Nach § 294 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Nach § 304 BGB kann der Schuldner im Falle des Verzugs des Gläubigers Ersatz der Mehraufwendungen verlangen, die er für das erfolglose Angebot sowie für die Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstands machen musste.
Zu den Kosten der Aufbewahrung gehören im Falle der Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein Fahrzeug auch Standkosten (OLG Hamm, Urt. v. 25.02.1997 – 28 U 123/96, juris Rn. 14 ff.; grundsätzlich auch BGH, Urt. v. 17.11.2023 – V ZR 192/22 Rn. 41; OLG Düsseldorf, Urt. v. 01.04.2014 – I-1 U 87/13, juris Rn. 15).
Da Erfüllungsort der Rückgabe des Fahrzeugs der Sitz des Klägers war (vgl. Grüneberg/Grüneberg, 84. Aufl. [2025], § 269 Rn. 14), war nach § 295 Satz 1 Fall 2 BGB ein wörtliches Angebot des Klägers zur Bereitstellung des Fahrzeugs mit Schriftsatz vom 04.02.2021 ausreichend, um die Beklagte in Annahmeverzug zu setzen (Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 346 Rn. 82).
Der Kläger ließ mit Schreiben vom 04.02.2021 den Rücktritt unter Fristsetzung bis zum 11.02.2021 erklären und forderte die Beklagte zur Abholung des Fahrzeugs bei dem Kläger auf. Eine Rückabwicklung hat die Beklagte dem Kläger nicht angeboten. Das Angebot eines Rückkaufs ist damit nicht gleichzusetzen.
2. Unstreitig hat der Kläger für die Unterstellung des Fahrzeugs Kosten in Höhe von 3.695,71 € aufgewendet, namentlich im Autohaus A für die Zeiträume Februar 2021 bis August 2021 in Höhe von 985,71 €, September 2021 bis Februar 2022 in Höhe von 900 € und März 2022 bis August 2022 in Höhe von 900 €sowie an einem nicht näher bezeichneten Ort für den Zeitraum Juli 2023 bis Juli 2024 in Höhe von 910 €.
3. Der Kläger hat auch nicht gegen eine Schadensminderungspflicht verstoßen. Die Beklagte hat schon nicht vorgetragen, inwieweit es dem Kläger möglich gewesen wäre, das Fahrzeug kostengünstiger zu verwahren. Mit Blick auf Art und Wert des Fahrzeugs musste der Kläger das Fahrzeug auch nicht auf einem öffentlich zugänglichen Platz abstellen.
Dem Kläger ist schließlich auch mit Blick auf den widerrufenen Vergleich aus der mündlichen Verhandlung vom 14.12.2022 kein widersprüchliches Verhalten vorzuwerfen. Es bleibt der Beklagtenseite unbenommen, es nicht gutzuheißen, dass der Kläger den Vergleich widerrufen und diverse Vergleichsvorschläge nicht angenommen hat, obwohl die Beklagte durch den Widerrufsvergleich signalisiert hat, einer Rückabwicklung in der Hauptsache zuzustimmen. Ein widersprüchliches Verhalten des Klägers kann darin nicht gesehen werden. Im Falle eines Widerrufsvergleichs muss es einer Partei ohne materiell-rechtliche Konsequenzen möglich, sein, im Rahmen des Vergleichs geäußertes Nachgeben zu überdenken und den Vergleich zu widerrufen. So, wie es dem Kläger offengestanden hätte, an dem Vergleich festzuhalten und dadurch die Entstehung weitergehender Unterstellkosten zu vermeiden, hätte es der Beklagten freigestanden, die Klageforderung hinsichtlich der Rückabwicklung anzuerkennen, bevor die Klagesumme durch drei Klageerweiterungen angewachsen ist.
IV. Kosten für die vorgerichtliche Mandatierung eines Rechtsanwalts hat die Beklagte dagegen nicht zu erstatten, weil sich die Beklagte im Zeitpunkt der Mandatierung noch nicht in Verzug befunden und die Rückabwicklung nicht endgültig verweigert hatte.
V. Zinsen stehen dem Kläger hinsichtlich des Klageantrags zu 1 unter dem Gesichtspunkt des Verzugs nach § 286 I 1, § 288 I BGB zu, im Übrigen nach §§ 291, 288 I 2 BGB.
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 II ZPO, der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.