- Eine in einem „mobile.de“-Inserat enthaltene – unzutreffende – öffentliche Äußerung über bestimmte Eigenschaften des zum Kauf angebotenen Fahrzeugs (hier: „unfallfrei“) wird nicht i. S. von § 434 I 3 BGB a.F. (jetzt: § 434 III 3 BGB) „in gleichwertiger Weise berichtigt“, wenn der Verkäufer die entsprechende Angabe schlicht kommentarlos löscht. Eine Berichtigung „in gleichwertige Weise“ erfordert vielmehr darüber hinaus einen ausdrücklichen Hinweis auf den vorherigen Irrtum. Daran fehlt es, wenn der Verkäufer einem Kaufinteressenten lediglich erklärt, es gebe „keine dokumentierte Fahrzeughistorie“, sodass er zur Existenz von „Schäden“ mangels Kenntnis „nichts sagen“ könne.
- Die beim Verkauf eines Oldtimers abgegebene Erklärung, es fehle eine dokumentierte Fahrzeughistorie, hat keinen gesicherten und allgemein anerkannten Bedeutungsgehalt; was damit gemeint ist, hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab.
- Eine in einem Kaufvertragsformular enthaltene vorgedruckte Klausel, wonach die Haftung des Verkäufers für Mängel der Kaufsache ausgeschlossen ist (Gewährleistungsausschluss), ist nicht schon deshalb als i. S. von § 305 I 3 BGB, im Einzelnen ausgehandelt anzusehen, weil das Vertragsformular – teils auch vom Käufer angebrachte – handschriftliche Änderungen und Zusätze enthält.
- Die voraussichtliche Gesamtlaufleistung („Lebenserwartung“), nach der sich eine vom Käufer zu zahlende Nutzungsentschädigung bemisst, ist bei einem Oldtimer in der Regel mit 200.000 km anzusetzen.
- Der Tatbestand des Ersturteils liefert nach § 314 ZPO den Beweis für das mündliche Vorbringen einer Partei im erstinstanzlichen Verfahren. Diese Beweiswirkung erstreckt sich auch darauf, ob eine bestimmte Behauptung bestritten ist oder nicht. Daher ist eine im Tatbestand des Ersturteils als unstreitig dargestellte Tatsache selbst dann als unstreitig und für das Berufungsgericht bindend anzusehen, wenn tatsächlich in erster Instanz umstritten war, der Tatbestand des Ersturteils aber nicht berichtigt worden ist.
OLG Braunschweig, Urteil vom 19.05.2022 – 9 U 12/21
Sachverhalt: Der Kläger erwarb von dem Beklagten einen 1969 erstzugelassenen Oldtimer Fiat 850 Coupé. Er begehrt von dem Beklagten vor allem die Rückgängigmachung des am 11.11.2017 geschlossenen Kaufvertrags über das Fahrzeug.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kaufvertrag sei weder aufgrund eines von dem Kläger erklärten Rücktritts (§ 346 I BGB) noch bereicherungsrechtlich rückabzuwickeln (§ 812 I 1 Fall 1 BGB).
Der Wirksamkeit des von dem Kläger erklärten Rücktritts stehe entgegen, dass der Beklagte seine Haftung für Mängel des Fahrzeugs wirksam ausgeschlossen habe. Dieser Gewährleistungsausschluss sei nicht gemäß § 476 I BGB a.F. unwirksam, denn der Beklagte habe den Fiat 850 Coupé als Verbraucher verkauft. Dafür spreche, dass der schriftliche Kaufvertrag mit „Privatkauf“ überschrieben sei. Tatsachen, die die Annahme eines Umgehungsgeschäfts rechtfertigten, habe der Kläger nicht vorgetragen. Der Gewährleistungsausschluss sei auch nicht gemäß § 309 Nr. 7 lit. a oder lit. b BGB unwirksam. Insoweit liege keine Allgemeine Geschäftsbedingung i. S. von § 305 I 1 BGB, sondern eine zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelte Vertragsbedingung vor. Der Gewährleistungsausschluss scheitere auch nicht an § 444 BGB. Eine Arglist des Beklagten i. S. von § 444 Fall 1 BGB habe der Kläger nicht bewiesen. Ob der Beklagte eine Beschaffenheitsgarantie i. S. von § 444 Fall 2 BGB übernommen habe, indem er das streitgegenständliche Fahrzeug in einem „mobile.de“-Inserat als „unfallfrei“ beworben habe, könne dahinstehen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass sich diese öffentliche Äußerung des Beklagten nicht auf den Entschluss des Käufers, den Oldtimer zu kaufen, ausgewirkt habe. Der Zeuge M habe insoweit bekundet, der Beklagte habe dem Kläger erklärt, dass es keine dokumentierte Fahrzeughistorie gebe. Aus dieser Aussage, die sich der Beklagte im Zweifel zu eigen gemacht habe, folge, dass dem Kläger bei Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags bewusst gewesen sei, dass der Beklagte keine Angaben zu früheren Unfällen machen könne. Dies habe der Kläger zum Anlass genommen, einen niedrigeren Kaufpreis auszuhandeln.
Eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung des streitgegenständlichen Kaufvertrags komme schon mangels Anfechtungserklärung des Klägers nicht in Betracht. Dieser habe zudem keine Arglist des Beklagten nachgewiesen.
Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung hat der Kläger geltend gemacht, das Landgericht habe ein Umgehungsgeschäft zu Unrecht verneint. Dass ein solches vorliege, ergebe sich insbesondere daraus, dass ihm – dem Kläger – der streitgegenständliche Oldtimer im Autohaus des Beklagten präsentiert worden und dort der Verkauf abgewickelt worden sei. Darüber hinaus habe das Landgericht fehlerhaft angenommen, dass der Gewährleistungsausschluss keine Allgemeine Geschäftsbedingung i. S. von § 305 I 1 BGB sei. Dass das verwendete Kaufvertragsformular handschriftliche Einfügungen und Ergänzungen enthalte, besage nicht, dass der vorgedruckte Haftungsausschluss zur Disposition der Parteien gestanden habe. Im Übrigen hat der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft. Der Beklagte – so hat der Kläger geltend gemacht – habe ihm einen Unfallschaden des Fiat 850 Coupé bewusst verschwiegen. Der Motor und das Kühlsystem des Fahrzeugs seien defekt; erhebliche Durchrostungen seien schlicht gespachtelt und überlackiert worden. Dass diese Mängel bereits bei der Übergabe des Pkw vorhanden gewesen seien, habe das Landgericht zutreffend festgestellt. Die Angabe „unfallfrei“ in dem „mobile.de“-Inserat des Beklagten hat nach Auffassung des Klägers zu einer entprechechenden Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB a.F.) geführt. Dass der Beklagte diese – unrichtige – Angabe noch vor dem Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags berichtigt habe, bleibe bestritten. Ihm – dem Kläger – sei die Unfallfreiheit des Oldtimers auch nicht gleichgültig gewesen. Hätte er von dem Unfallschaden, über den er auch im Verkaufsgespräch nicht aufgeklärt worden sei, gewusst, hätte er den Pkw nicht gekauft.
Der Beklagte hat das angefochtene Urteil verteidigt und für seine Auffassung, die Parteien hätten den Gewährleistungsauschluss im Einzelnen ausgehandelt, auf die Rechtsprechung des BGH verwiesen (Urt. v. 17.04.2018 – XI ZR 238/16; Urt. v. 20.01.2016 – VIII ZR 26/15; Urt. v. 23.01.2003 – VII ZR 210/01; Urt. v. 16.07.1998 – VII ZR 9/97). Außerdem hat der Beklagte geltend gemacht, sein Hinweis darauf, dass eine dokumentierte Fahrzeughistorie fehle, könne in Verbindung mit den im Kaufvertrag handschriftlich aufgeführten Mängeln nur bedeuten, dass der – beim Verkauf an den Kläger 48 Jahre alte – Oldtimer sowohl einen Unfall erlitten haben könnte als auch Durchrostungen und Nachlackierungen, einen defekten Motor und ein defektes Kühlsystem aufweisen könne. Als Oldtimerliebhaber sei der Kläger kein Laie. Er – der Beklagte – hafte auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Beschaffenheitsgarantie oder einer Arglist. Die (irrtümliche) Angabe „unfallfrei“ habe er schon im September 2017 – also noch vor dem Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags – aus seinem „mobile.de“-Inserat entfernt. Schließlich hat der Beklagte im Berufungsverfahren bestritten, dass das streitgegenständliche Fahrzeug bei der Übergabe an den Kläger einen (reparierten) Unfallschaden aufgewiesen habe.
Das Berufungsgericht hat die Parteien mit Verfügung vom 31.05.2021 darauf hingewiesen, dass die Berufung nicht ohne Aussicht auf Erfolg sei. Insbesondere habe der Hinweis des Beklagten darauf, dass es keine dokumentierte Fahrzeughistorie gebe, nicht genügt, um die im unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils als bei Gefahrübergang vorhanden aufgeführten Mängel offenzulegen. Dem ist der Beklagte entgegengetreten und hat überdies erstmals vorgetragen, er habe den Kläger in Gesprächen vor Abschluss des Kaufvertrags darauf hingewiesen, dass er zu Schäden und Mängeln des Oldtimers nichts sagen könne, weil er darüber schlicht nichts wisse. Während einer Probefahrt habe er mit dem Kläger in Anwesenheit des Zeugen M besprochen, dass er – der Beklagte – keine Gewähr für die Mangelfreiheit des Pkw übernehmen könne, weil das Fahrzeug 50 Jahre alt sei und über Voreigentümer, Pflege und Wartung, mögliche Unfälle und Schäden definitiv keine Aussage gemacht werden könnten. Dem Kläger habe das eingeleuchtet, sodass die Parteien einen Gewährleistungsausschluss vereinbart hätten.
Die Berufung des Klägers hatte Erfolg: Der Beklagte wurde unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils verurteilt, an den Kläger 23.711,22 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgewähr des Fiat 850 Coupé, sowie außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.242,84 € nebst Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen. Außerdem wurde der Annahmeverzug des Beklagten festgestellt.
Aus den Gründen: II. Die Berufung ist zulässig und begründet.
1. Dem Kläger steht der geltend gemachte Hauptanspruch nach § 437 Nr. 2 und Nr. 3, §§ 323 I, 346, 348, 440, 280, 281, 283, 311a, 284 BGB i. V. mit § 434 I BGB a.F. zu.
a) Die Kaufsache war bei Gefahrübergang mangelhaft i. S. von § 434 I BGB a.F..
Mindestens hinsichtlich des reparierten Unfallschadens liegt ein anspruchsbegründender Mangel vor. Dass der vom Kläger gekaufte Oldtimer einen (unvollständig reparierten) Unfallschaden aufweist, steht für die Berufungsinstanz gemäß § 314 Satz 1 ZPO bindend fest.
aa) Der Tatbestand des Ersturteils liefert nach § 314 ZPO den Beweis für das mündliche Vorbringen einer Partei im erstinstanzlichen Verfahren (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.1995 – V ZR 179/94, WM 1996, 89, 90; Urt. v. 02.02.1999 – VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335, 339; Versäumnisurt. v. 15.06.2000 – III ZR 305/98, WM 2000, 1548, 1549; Urt. v. 28.06.2005 – XI ZR 3/04, juris Rn. 16; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 05.10.2018 – 8 U 203/17, NJOZ 2019, 901, 903). Diese Beweiswirkung erstreckt sich auch darauf, ob eine bestimmte Behauptung bestritten ist oder nicht (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 26.11.2020 – 26 U 64/20, juris Rn. 50; vgl. BGH, Urt. v. 17.05.2000 – VIII ZR 216/99, WM 2000, 1871, 1872; Urt. v. 28.06.2005 – XI ZR 3/04, juris Rn. 16; BAG, Urt. v. 18.09.2003 – 2 AZR 498/02, NJW 2004, 1061, 1062). Daher ist eine im Tatbestand des angefochtenen Urteils als unstreitig dargestellte Tatsache selbst dann, wenn sie in den erstinstanzlichen Schriftsätzen tatsächlich umstritten war, als unstreitig und als für das Berufungsgericht bindend anzusehen, wenn der Tatbestand nicht berichtigt worden ist (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 26.11.2020 – 26 U 64/20, juris Rn. 50; vgl. BGH, Beschl. v. 24.06.2010 – III ZR 277/09, juris Rn. 3 f.; Urt. v. 06.06.2012 – VIII ZR 198/11, NJW 2012, 2659 Rn. 17; Urt. v. 18.07.2013 – III ZR 208/12, MDR 2013, 1115 Rn. 8; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 24.05.2016 – 8 U 159/14, juris Rn. 51; Urt. v. 05.10.2018 – 8 U 203/17, NJOZ 2019, 901, 903).
Das Landgericht hat im unstreitigen Teil des Tatbestands seines Urteils ausgeführt, dass der Pkw im Zeitpunkt der Übergabe einen reparierten Unfallschaden auf der rechten Fahrzeugseite, am Motor zwei Kolbenklemmer, eine defekte Zylinderkopfdichtung (im landgerichtlichen Urteil offensichtlich lediglich diktatfehlerhaft als „Zünderkopfdichtung“ bezeichnet), einen gerissenen Zylinderkopf, ein defektes Kühlsystem und zugespachtelte Durchrostungen im Heckbereich aufgewiesen habe. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag hat keine Partei gestellt.
Die daraus folgende Bindungswirkung ist auch nicht ausnahmsweise durchbrochen.
(1) Die Bindungswirkung des Urteilstatbestandes nach § 314 ZPO fehlt insbesondere dann, wenn und soweit die tatbestandlichen Feststellungen Widersprüche, Lücken und Unklarheiten aufweisen und sich diese Mängel aus dem Urteil selbst ergeben (BAG, Urt. v. 24.10.2017 – 1 AZR 166/16, NJW 2018, 571 Rn. 18; BGH, Urt. v. 24.06.2014 – VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 42; Dute, NJW 2022, 359 Rn. 9 f.). Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte.
(2) Soweit es in der Klageerwiderung vom 30.10.2019 heißt, dem Beklagten seien weitere Schäden – insbesondere Unfallschäden – „nicht bekannt“, und in dessen Schriftsatz vom 17.01.2020 von einem „vermeintlichen“ Unfall und einem „vermeintlichen“ Motorschaden die Rede ist, könnte es sich zwar um ein Bestreiten handeln. Daraus folgt gegebenenfalls jedoch keine Widersprüchlichkeit, die die Bindungswirkung des Tatbestands entfallen lassen könnte.
Die Bindungswirkung unstreitiger tatbestandlicher Feststellungen für die übergeordnete Instanz folgt aus den eigentlichen Feststellungen im unstreitigen Tatbestand und auch aus „tatbestandlichen“ Feststellungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils; dabei geht der Tatbestand davon inhaltlich abweichenden Schriftsätzen, soweit der Tatbestand nicht darauf konkret Bezug nimmt, vor (vgl. BGH, Urt. v. 08.01.2007 – II ZR 334/04, juris Rn. 11; Dute, NJW 2022, 359 Rn. 9 f.; vgl. auch BGH, Beschl. v. 24.11.2009 – VII ZR 31/09, BauR 2010, 493 Rn. 9, wonach Bestreiten von im Tatbestand als unstreitig dargestellter Tatsachen präkludiertes neues Vorbringen ist). Tatbestandliche Feststellungen im Urteil, die konkret auf schriftsätzliches Vorbringen Bezug nehmen (z. B. „… hat der Beklagte in der Klageerwiderung nicht bestritten“), sich aber davon unterscheiden (z. B. steht in der Klageerwiderung: „Die Beklagte bestreitet, dass …“), entfalten als mithin widersprüchlich diesbezüglich keine Bindungswirkung (BGH, Urt. v. 16.12.2010 – I ZR 161/08, NJW 2011, 1513 Rn. 12 – Satan der Rache; Urt. v. 14.10.1988 – V ZR 73/87, juris Rn. 21). Eine bloße allgemeine Bezugnahme auf die gewechselten Schriftsätze reicht hingegen nicht aus, um einen die Bindungswirkung des Tatbestands durchbrechenden Widerspruch zu begründen (BGH, Urt. v. 14.10.1988 – V ZR 73/87, juris Rn. 21; Urt. v. 20.09.1983 – VI ZR 111/82, juris Rn. 15; Dute, NJW 2022, 359 Rn. 10).
Nach dieser Maßgabe liegen hier auch keine Widersprüche durch Bezugnahmen vor, welche die Bindungswirkung durchbrechen könnten. Konkrete Bezugnahmen enthält das angefochtene Urteil nur zu den vom Kläger auf das Fahrzeug aufgewandten Kosten, der klägerischen Rücktrittserklärung, dem landgerichtlichen Beweisbeschluss vom 04.11.2020, dem landgerichtlichen Verhandlungsprotokoll vom 04.11.2020, dem sogenannten Privatverkauf, zur Frage des Auftretens des Beklagten und zur erstinstanzlichen Aussage des Zeugen M. Soweit es daneben im erstinstanzlichen Tatbestand heißt
„Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie den Inhalt der Verhandlungsprotokolle, jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.“,
handelt es sich umbloße allgemeine Bezugnahmen, die als solche einen die Bindungswirkung des Tatbestands durchbrechenden Widerspruch nicht zu begründen vermögen (vgl. BGH, Urt. v. 14.10.1988 – V ZR 73/87, juris Rn. 21; Urt. v. 20.09.1983 – VI ZR 111/82, juris Rn. 15; Dute, NJW 2022, 359 Rn. 10).).
Eine ohne weitere Kennzeichnung vorgenommene formelhafte Bezugnahme auf gewechselte Schriftsätze genügt nicht § 313 II 2 ZPO und ist damit keine zulässige Ersetzung einer tatbestandlichen Darstellung (BFH, Urt. v. 07.04.1976 – II R 97/70, BFHE 119, 126 = BStBl II 1976, 697 = juris Rn. 11).
Im Hinweis- und Beweisbeschluss vom 25.05.2020 ist das Landgericht zwar ausdrücklich noch davon ausgegangen, dass die Unfallwageneigenschaft streitig sei. Auf diesen Beschluss nimmt das angefochtene Urteil indes keinen Bezug.
(3) Mit seinem Bestreiten der Unfallwageneigenschaft in zweiter Instanz ist der Beklagte ausgeschlossen. Es weicht von dem gemäß § 314 Satz 1 ZPO bindenden Vorbringen ab und ist damit als neues Verteidigungsvorbringen i. S. des § 531 II ZPO zu behandeln (vgl. BGH, Urt. v. 17.01.2012 – XI ZR 457/10, juris Rn. 18). Die Zulassungsvoraussetzungen des § 531 II ZPO liegen nicht vor. Vor Verkündung des angefochtenen Urteils konnte der Beklagte nicht davon ausgehen, es komme auf die durch die Unfalleigenschaft gegebene Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs nicht an. Die Parteien haben erst durch das Urteil erfahren, dass das Landgericht letztlich dieser Auffassung war, indem es darauf abgestellt hat, die öffentliche Äußerung des Beklagten über die Unfallfreiheit im Internet habe sich auf den Kaufentschluss des Klägers nicht ausgewirkt. Das war vor Erlass des Urteils nicht erkennbar (vgl. BGH, Urt. v. 17.01.2012 – XI ZR 457/10, juris Rn. 19).
bb) Allein die Tatsache, dass das Fahrzeug einen Unfallwagen ist, begründet den Mangel, selbst wenn es gegebenenfalls fachgerecht repariert wurde (Eggert, in: Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Aufl., Rn. 3139 m. w. Nachw. in Fn. 1127). Die Unfallwageneigenschaft des Oldtimers ist zumindest im vorliegenden Fall ein Mangel im Rechtssinne.
Ob wegen der bis mindestens Anfang Oktober vorhandenen Angabe in der Internetannonce „unfallfrei“ und des unstreitig auf diese Inseratsversion hin im August 2017 geweckten Kaufinteresses des Klägers eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung i. S. von § 434 I 1 BGB a.F. vorliegt, ist zweifelhaft,weil nicht ersichtlich ist, dass beim eigentlichen Vertragsschluss im November 2017 die Parteien darauf Bezug genommen haben. Darauf kommt es aber nicht an. Dahinstehen kann auch, ob bei einem 48 Jahre alten Oldtimer ein Käufer, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F. als übliche Beschaffenheit erwarten kann, dass das Fahrzeug kein Unfallwagen ist, das heißt es nicht mehr als einen Bagatellschaden erlitten hat (dies wohl eher verneinend: LG Düsseldorf, Urt. v. 09.11.2011 – 18b O 16/11, juris Rn. 42 f.; Knoop, Oldtimerrecht, 2. Aufl., S. 52 f.; wohl eher entgegen LG Düsseldorf bejahend, aber letztlich offenlassend: Schönleiter, Oldtimerrecht in der Rechtsprechungdeutscher Zivilgerichte, 2014, S. 59 f.).
Der Beklagte haftet jedenfalls wegen seiner öffentlichen Äußerung gem. § 434 I 3 BGB a.F.. Ein Interessent, der auf die Annonce reagiert, kann die Eigenschaft der Unfallfreiheit i. S. v. § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F. erwarten.
Der Kläger gehört unstreitig zu dem Personenkreis, der mittels E-Mail-Anfrage noch im August 2017 auf die zu diesem Zeitpunkt unstreitige „unfallfrei“-Annonce per E-Mail Interesse bei dem Beklagten angemeldet hat.
Die Ausnahme des § 434 I 3 Halbsatz 2 BGB a.F. (= § 434 III 3 BGB n.F.) liegt nicht vor. Der Beklagte hat entgegen der ihn dafür treffenden Beweislast („es sei denn“; BGH, Urt. v. 17.03.2010 – VIII ZR 253/08, juris Rn. 17; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.01.2018 – 24 U 65/17, juris Rn. 137; Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Aufl., § 434 Rn. 38 f.; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 81. Aufl., § 434 Rn. 31) weder eine gleichwertige Berichtigung der Falschangabe „unfallfrei“ bewiesen noch, dass die diese Falschangabe ohne Einfluss auf die Kaufentscheidung des Klägers gewesen ist.
Der Beklagte hat seine Fehlangabe nicht gleichwertig berichtigt.
Dahinstehen kann dabei, ob er die Beschreibung als „unfallfrei“ – wie er behauptet – Anfang Oktober 2017 oder – wie es der Kläger darstellt – erst nach dem 05.11.2017 gelöscht hat. Denn zur gleichwertigen Weise genügte ohnehin nicht das bloße Löschen, sondern der ausdrückliche Hinweis auf den vorherigen Irrtum. Andernfalls bestand die Gefahr des Übersehenwerdens für diejenigen, die – wie der Kläger – zuvor die unberichtigte Annonce gesehen hatten oder hätten sehen können (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.04.2007 – I-12 U 113/06, juris Rn. 5, OLG Hamm, Urt. v. 24.09.2015 – 28 U 144/14, juris Rn. 66).
Einen solchen ausdrücklichen Hinweis erteilt zu haben, hat der Beklagte zwar in seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat am 13.04.2022 angegeben. Das ist jedoch streitig und vom Beklagten nicht bewiesen. Keiner der Zeugen hat das bestätigt. Es gibt auch keinen Anbeweis für die Richtigkeit der Beklagtenbehauptung, die eine Parteivernehmung des Beklagten nach § 448 ZPO hätte rechtfertigen können.
Der Beklagte will den Kläger ausdrücklich über nicht ausschließbare Unfallschäden bei einer angeblichen zweiten Probefahrt am 04.11.2017 aufgeklärt haben. Das ist zweifelhaft. Es ist bereits nicht bewiesen, dass es eine zweite Probefahrt gegeben hat. Auch das hat keiner der Zeugen bestätigt. Der Zeuge M hat das in Abrede genommen, indem er ausgesagt hat, dem Kläger nicht von der Seite gewichen zu sein, und, dass es nur die eine Probefahrt gegeben habe, an der auch er – der Zeuge M – teilgenommen habe. Dabei habe der Beklagte Derartiges nicht gesagt. Den persönlichen Angaben des Beklagten ist nicht etwa deswegen der Vorzug zu geben, weil sich der Zeuge M in der Person desjenigen geirrt hat, welche die roten Kennzeichen vor der Probefahrt am Fahrzeug angebracht hat. Der Zeuge hatte keinen Grund, sich dies besonders einzuprägen. Hingegen hatte er durchaus nachvollziehbar Anlass, auf etwaige kaufrelevante Umstände – wie etwa Verkäuferhinweise auf mögliche Unfallschäden – zu achten, hatte er doch den Kläger als seinen Bekannten eigens bei dessen Termin zum möglichen Kauf des Fahrzeugs begleitet. Auch der Vortrag des Beklagten ist bereits inkonsistent, indem er erstinstanzlich von einer Probefahrt (Klageerwiderung vom 30.10.2019, S. 2; Schriftsatz vom 17.01.2020, S. 2; Schriftsatz vom 19.08.2020, S. 3, zweitinstanzlich von Probefahrten (Berufungserwiderung vom 08.04.2021, S. 3) spricht.
Entsprechend den vorgenannten Gründen hat der Beklagte auch nicht den vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietenden (§ 286 I 1 ZPO) Beweis dafür erbracht, dass seine mindestens zum Zeitpunkt des Erstkontakts zwischen den Parteien unstreitig bestandene öffentliche Äußerung „unfallfrei“ ohne Einfluss auf die Kaufentscheidung des Klägers gewesen ist. Denn dafür müsste feststehen, dass ein Einfluss auf den Kaufentschluss ausgeschlossen ist (vgl. Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 434 Rn. 39; Grüneberg/Weidenkaff, a. a. O., § 434 Rn. 31). Das ist jedoch nicht der Fall. Der vom Beklagten behauptete mündliche Hinweis während der angeblichen zweiten Probefahrt ist – wie ausgeführt – nicht festzustellen. Ein bloßes – selbst vorvertragliches – Löschen des Wortes „unfallfrei“ zum Fahrzeugzustand in der Annonce schließt nicht aus, dass der Kläger dieses Löschen nicht bemerkt hat, sei es, dass er nicht nachgesehen hat, sei es, dass er nachgesehen, die unauffällige Änderung aber nicht wahrgenommen hat. Mündliche ausdrückliche Hinweise des Beklagten auf mögliche Unfallschäden hat keiner der Zeugen bestätigt.
Soweit lediglich nach den Aussagen einiger Zeugen von „Schäden“ oder „fehlender dokumentierter Historie“ gesprochen worden sein soll, zu deren Existenz der Beklagte mangels Kenntnis nichts habesagen können, reicht das als Ausnahmetatbestand i. S. von § 434 I 3 Halbsatz 2 BGB a.F. nicht aus. Ging der Kläger nicht ausschließbar gemäß der vom Beklagten getätigten öffentlichen Äußerung vom Fahrzeugzustand als „unfallfrei“ aus, was der Beklagte aufgrund seiner unrichtigen Annonce als möglichh ätte berücksichtigen müssen, konnte der Kläger einen mündlichen Hinweis auf „Schäden“ als möglichersichtlich auch nur auf bei einem Oldtimer regelmäßig vorkommende Verschleiß- und Standschädenbeziehen. Der Begriff der „fehlenden dokumentierten Historie“ hat bereits keinen gesicherten und allgemein anerkannten Bedeutungsgehalt, wie das Landgericht in seinem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 25.05.2020 auch noch zutreffend erkannt hat. Der Begriff der „fehlenden dokumentierten Historie“ kann insbesondere im vorliegenden Fall auch bedeuten, dass der Beklagte außer dem Merkmal „unfallfrei“ nichts Weiteres über das Fahrzeug wusste. Zudem kann nicht ausschließbar durch die wechselnde Angabe des Beklagten der Begriffe „Historie“ und „dokumentierte Historie“ bei demKläger der Eindruck entstanden sein, es fehle an der Dokumentation der Historie, und über sonstige Schäden und Vorbesitzer wisse man deshalb nichts. Das bildet jeweils und auch zusammengenommen keinen Widerspruch zu der öffentlichen Angabe „unfallfrei“. Diese Angabe konnte – jeweils nicht ausschließbar – aus Sicht des Klägers vom Beklagten trotz Hinweises auf die (sonst) unbekannte Historie des Fahrzeugs aufgrund dessen eigener Fahrzeuguntersuchung gemacht worden sein oder aus Sicht des Klägers auch deshalb, weil der Beklagte das Fahrzeug womöglich selbst als „unfallfrei“ angekauft hatte. Soweit das Landgericht die vorstehenden Erwägungen zumindest im Ergebnis für seine – zutreffende – Ablehnung einer gleichwertigen Berichtigung der öffentlichen Angabe „unfallfrei“ herangezogen hat, es aber im Urteil die Angabe „fehlende Vorgeschichte“ und „fehlende dokumentierte Historie“ als positiven Beweis dafür ausreichen lässt, dass die öffentliche Äußerung „unfallfrei“ im Erstinserat keinen Einfluss auf den Kaufentschluss des Klägers gehabt hat, verstößt das gegen Denkgesetze. Die noch im Hinweis- und Beweisbeschluss vom 25.05.2020 zutreffend ausgeführte Ambivalenz des Begriffs der „fehlenden Historie“, von dem sich der Begriff der „fehlenden bekannten Vorgeschichte“ außer durch Vermeidung des Fremdworts nicht unterscheidet, lässt es logisch nicht zu, den Einfluss – wie erforderlich – als ausgeschlossen (vgl. Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 434 Rn. 39; im angefochtenen Urteil auch zitiert) festzustellen.
b) Zwar steht einem Gewährleistungsausschluss nicht schon entgegen, dass der Beklagte unter „A & M“ einen Autohandel betrieben hat (aa). Der Beklagte hat seine Gewährleistung aber gleichwohl nicht wirksam ausgeschlossen, weder durch den schriftlichen Vertrag (bb) noch durch eine individuelle mündliche Vereinbarung (cc).
aa) Einem Gewährleistungsausschluss steht nicht bereits § 476 I BGB beziehungsweise gleichlautend § 475 I BGB a.F. (vgl. Art. 229 § 39 EGBGB) entgegen, da der Beklagte seinen eigenen privaten Oldtimer ausdrücklich als Privatperson an den Kläger verkauft hat. Auf die im Übrigen insoweit zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Die zweitinstanzliche Beweisaufnahme hat nichts anderes ergeben.
bb) Indes handelt es sich bei dem im schriftlichen Kaufvertrag vom 11.11.2017 enthaltenen Gewährleistungsausschluss entgegen der Ansicht des Landgerichts und des Beklagten um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i. S. von § 305 I 1 AGB. Aus den vom Beklagten zitiertenhöchstrichterlichen Entscheidungen folgt vorliegend nichts anderes (s. unten). Der Gewährleistungsausschluss ist deshalb gemäß § 309 Nr. 7 BGB unwirksam, weil er Körper- undGesundheitsschäden sowie Fälle der Schadensverursachung durch grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz vom Haftungsausschluss nicht ausnimmt.
Der Gewährleistungsausschluss im schriftlichen Kaufvertrag ist nicht als i. S. von § 305 I 3 BGB ausgehandelt festzustellen (1). Die Gewährleistung ist auch nicht als mündlich ausgeschlossen vereinbart bewiesen, weder durch – gegebenenfalls auch als solche ausreichende (vgl. BGH, Beschl. v. 25.01.2017 – XII ZR 69/16, juris Rn. 17) – mündliche Individualabrede gemäß § 305b BGB noch durch einen mündlichen Hinweis auf einen möglichen Unfallschaden noch durch eine mündliche negative Beschaffenheitsvereinbarung einer möglicherweise fehlenden Unfallfreiheit (2).
(1) Das wesentliche Charakteristikum von Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat der Gesetzgeber in der Einseitigkeit ihrer Auferlegung sowie in dem Umstand gesehen, dass der andere Vertragsteil, der mit einer solchen Regelung konfrontiert wird, auf ihre Ausgestaltung gewöhnlich keinen Einfluss nehmen kann (BT-Drs. 7/3919, 15 f. [zu § 1 I, II AGBG]; BGH, Urt. v. 20.01.2016 – VIII ZR 26/15, juris Rn. 24). Mit Rücksicht darauf ist das Merkmal des Stellens erfüllt, wenn die Formularbestimmungen auf Initiative einer Partei oder ihres Abschlussgehilfen (BGH, Urt. v. 20.01.2016 – VIII ZR 26/15, juris Rn. 24; Urt. v. 04.02.2015 – VIII ZR 26/14, NJW-RR 2015, 738 Rn. 14 m. w. Nachw.) in die Verhandlungen eingebracht und ihre Verwendung zum Vertragsschluss verlangt werden (BGH, Urt. v. 20.01.2016 – VIII ZR 26/15, juris Rn. 24; Urt. v. 17.02.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 Rn. 11; ebenso BGH, Urt. v. 20.02.2014 – IX ZR 137/13, NJW-RR 2014, 937 Rn. 9; Urt. v. 13.05.2014 – XI ZR 170/13, NJW-RR 2014, 1133 Rn. 24; s. auch BGH, Urt. v. 20.03.2014 – VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 Rn. 23). Der (einseitige) Wunsch einer Partei, bestimmte von ihr bezeichnete vorformulierte Vertragsbedingungen zu verwenden, ist grundsätzlich ausreichend (BGH, Urt. v. 20.01.2016 – VIII ZR 26/15, juris Rn. 24; Urt. v. 17.02.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 Rn. 12).
An dem durch einseitige Ausnutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit einer Vertragspartei zum Ausdruck kommenden Stellen vorformulierter Vertragsbedingungen fehlt es hingegen, wenn deren Einbeziehung sich als Ergebnis einer freien Entscheidung desjenigen darstellt, der mit dem Verwendungsvorschlag konfrontiert wird (BGH, Urt. v. 20.01.2016 – VIII ZR 26/15, juris Rn. 25; vgl. BGH, Urt. v. 17.02.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 Rn. 18; Urt. v. 04.03.1997 – X ZR 141/95, NJW 1997, 2043 unter I 2 c).
(a) Erforderlich für die Freiheit der Einbeziehungsentscheidung ist es, dass diese Vertragspartei in der Auswahl der in Betracht kommenden Vertragstexte frei ist und insbesondere Gelegenheit erhält, alternativ eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung in die Verhandlungeneinzubringen (BGH, Urt. v. 20.01.2016 – VIII ZR 26/15, juris Rn. 25; Urt. v. 17.02.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 Rn. 18 m. w. Nachw.).
„Aushandeln“ bedeutet mithin mehr als bloßes Verhandeln. Von einem Aushandeln in diesem Sinne kann nur dann gesprochen werden, wenn der Verwender zunächst den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt (vgl. BGH, Urt. v. 16.07.1998 – VII ZR 9/97, juris Rn. 9), also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der effektiven Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen (BGH, Urt. v. 17.04.2018 – XI ZR 238/16, juris Rn. 15; Versäumnisurt. v. 23.01.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 = juris Rn. 47; Urt. v. 16.07.1998 – VII ZR 9/97, juris Rn. 9). Er muss sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klauseln bereit erklären (BGH, Urt. v. 17.04.2018 – XI ZR 238/16, juris Rn. 15; Versäumnisurt. v. 23.01.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 = juris Rn. 47). Die entsprechenden Umstände hat der Verwender darzulegen (BGH, Urt. v. 20.03.2014 – VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 Rn. 27 m. w. Nachw.). In der Regel schlägt sich das Aushandeln in Änderungen des vorformulierten Textes nieder (BGH, Urt. v. 17.04.2018 – XI ZR 238/16, juris Rn. 15; Versäumnisurt. v. 23.01.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 = juris Rn. 47). Die allgemein geäußerte Bereitschaft, belastende Klauseln abzuändern, genügt nicht (BGH, Urt. v. 28.07.2015 – XI ZR 434/14, BGHZ 206, 305 Rn. 23; Urt. v. 17.04.2018 – XI ZR 238/16, juris Rn. 18). Allenfalls unter besonderen Umständen kann ein Vertrag auch dann als Ergebnis eines „Aushandelns“ gewertet werden, wenn es schließlich nach gründlicher Erörterung bei dem gestellten Entwurf verbleibt (BGH, Versäumnisurt. v. 23.01.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 = juris Rn. 47; Urt. v. 03.11.1999 – VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 104, 112).
(b) Nach den vorgenannten Maßgaben ist vorliegend ein „Aushandeln“ des Gewährleistungsausschlusses nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme – auch unter Zugrundelegung der von dem Beklagten angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung – nicht festzustellen. Der Beklagte trägt als Verwender aber dafür die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, Urt. v. 17.04.2018 – XI ZR 238/16, juris Rn. 15; Urt. v. 03.04.1998 – V ZR 6/97, juris Rn. 20). Er ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme insoweit beweisfällig geblieben.
Keiner der Zeugen hat bestätigt, dass über den Gewährleistungsausschluss gesprochen wurde. Selbst der Beklagte hat solches nicht bestätigt. Danach ausdrücklich mehrfach durch den Senatsvorsitzenden befragt, hat er stets nur angegeben, er habe dem Kläger gesagt, es handele sich um einen Privatverkauf. Es kann dahinstehen, was der Beklagte darunter versteht beziehungsweise verstanden hat. Denn selbst wenn er den Hinweis auf einen „Privatverkauf“ rechtlich synonym für „Gewährleistungsausschluss“ verstanden haben sollte, muss dies nicht notwendig beim Kläger auch so gewesen sein. Dass sich die Parteien darüber ausgetauscht hätten, was jede von ihnen unter „Privatverkauf“ versteht, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es ist nach alldem weder festzustellen, dass der Kern der gesetzesfremden Regelung – der Gewährleistungsausschluss – vom Beklagten gegenüber dem Kläger ernsthaft zur Disposition gestellt worden ist, noch, dass die Parteien die Beibehaltung des vorgedruckten Gewährleistungsausschlussentwurfs zuvor gründlich erörtert haben. Der Umstand, dass der schriftliche Kaufvertragsentwurf handschriftliche Zusätze und Zusatzvereinbarungen beider Parteien enthält, ändert daran nichts. Keine von ihn betreffen die gesetzesfremde Regelung des Gewährleistungsausschlusses.
Die Gewährleistung für Unfallschäden ist auch nicht mündlich individuell vereinbart oder im Ergebnis als negative Beschaffenheitsvereinbarung oder als Hinweis auf einen (möglichen) Mangel (§ 442 I 1BGB) mündlich ausgeschlossen worden. Auch insoweit trägt der Beklagte jeweils die Beweislast (Soergel/Fritzsche, BGB, 13. Aufl., § 305b Rn. 20; Becker, in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., § 434 BGB Rn. 16, § 442 BGB, Rn. 1). Das ist aber nicht bewiesen. Seine diesbezügliche anderslautende Behauptung hat lediglich der Beklagte in seiner mündlichen Anhörung bestätigt. Seinen Angaben stehen aber aus den bereits oben genannten Gründen Zweifel gegenüber, denen Schweigen nicht geboten werden kann (§ 286 I 1 ZPO) und die auch einen Anbeweis nach § 448 ZPO anzunehmen nicht erlauben. Keiner der Zeugen hat ein Thematisieren des Gewährleistungsausschlusses bestätigt. Die Angabe „Historie“, „dokumentierte Historie“ oder „Vorgeschichte“ als jeweils „nicht bekannt“ o. Ähnliches stellt jeweils keine hinreichende Thematisierung im Sinne des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses dar und bezieht auch sonst nicht hinreichend deutlich die Möglichkeit eines Unfallschadens ein. Solche Angaben bezeichnen etwas anderes. Sie sind – wie bereits ausgeführt – auch ambivalent.
2. Der Klageanspruch ist nicht verjährt.
Zwischen dem Abschluss des endgültigen Kaufvertrags (11.11.2017) und der verjährungshemmenden Zustellung der Klage (04.10.2019) sind nicht einmal zwei Jahre vergangen, was für eine Verjährung der geltend gemachten Ansprüche nicht ausreicht (vgl. §§ 195, 218, 204 I Nr. 1 BGB).
3. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ist auch der Höhe nach gerechtfertigt. Er folgt aus § 346 I, II 1 Nr. 1, § 347 II 1, § 437 Nr. 3 Fall 2, § 284 BGB.
a) Dem Kläger steht gemäß § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB die Rückzahlung des von ihm entrichteten Kaufpreises von 8.400 € abzüglich des für seine unbestritten seit Übergabe mit dem Fahrzeug zurück gelegte Wegstrecke von 1.000 km gezogenen Nutzungswertes in Höhe von 168 € zu (= 8.232 €.
Die voraussichtliche Restlaufleistung zum Kaufzeitpunkt ist gemäß § 287 ZPO mit 50.000 km realistisch.
Der Fiat 850 Coupé ist mit einem lediglich fünfstelligen Gesamtkilometerzähler ausgestattet.1Vgl. v. Rotz, Fiat 850 Sport Coupé von 1971 – der Sekretärinnen-Ferrari, Zwischengas vom 11.01.2012, Bilder 44 und 45; https://www.zwischengas.com/de/FT/fahrzeugberichte/Fiat-850-Sport-Coupe-von-1971-der-Sekretaerinnen-Ferrari.html (Abruf vom 13.05.2022). Der Kilometerstand ist im Kaufvertrag mit der Bezeichnung „Tacho 47000 km“ nur als abgelesen angegeben. Wegen einer fehlenden anderslautenden Historie ist es in diesem Zusammenhang realistischer, bei einem zum Verkaufszeitpunkt 48 Jahre alten Fahrzeug von einer zurückgelegten Gesamtlaufleistung von eher 147.000 km (= 3.063 km/Jahr) als von 47.000 km (= 979 km/Jahr) auszugehen. Dafür, dass das Fahrzeug womöglich bereits 247.000 km oder 347.000 km zum Erwerbszeitpunkt gelaufen hatte, fehlen weitergehende Anhaltspunkte (selbst dann wäre aufgrund der Besonderheit, dass die konkrete Pflege zu einer solch hohen Fahrleistung geführt hätte, noch eine fünfstellige Restlaufzeit zu schätzen, vgl. Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3567–3570). Eine normalerweise zur erwartende „Lebens“-Gesamtlaufleistung ist bei Oldtimern gemäß § 287 ZPO mit 20.00000 km wegen des im Vergleich zu neueren Alltagsfahrzeugen noch nicht so weitrechenden technischen Fortschritts anzunehmen (vgl. Knoop, a. a. O., S. 60: ab Erstzulassung, erneut beginnend nach vollständiger Grundrestaurierung).
Der abzuziehende Nutzungsvorteil des Klägers errechnet sich daher gemäß § 287 ZPO wie folgt (vgl. Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3563; Knoop, a. a. O., S. 60):
$$\frac{\text{8.400,00 €}\times\text{1.000 km}}{\text{53.000 km}} = \text{158,49 €}.$$
Da der Kläger selbst sich 168 € anrechnen lässt (vgl. § 308 I ZPO) und das für den Beklagten günstiger ist, ist dieser Abzug vorzunehmen.
b) Der darüber hinaus mit Klage geltend gemachte Betrag für Verwendungen und Aufwendungen in der unbestrittenen und zudem durch Vorlage der Rechnungen belegten Höhe von insgesamt 15.479,22 € steht dem Kläger gemäß § 347 II 1, § 437 Nr. 3 Fall 2, § 284 BGB zu.
Zwar wird die Auffassung vertreten, dass es verfehlt sein kann, sämtliche „Verwendungen“, die der Käufer zum Ersatz angemeldet hat, darunter auch „notwendige“, einheitlich und ausschließlich unter dem Blickwinkel des Aufwendungsersatzes nach § 437 Nr. 3 Fall 2, § 284 BGB zu prüfen (Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3551). Dem ist grundsätzlich auch zuzustimmen, weil die Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere in Bezug auf Vertretenmüssen, unterschiedlich sind und beim Verwendungsersatz nach Rücktrittsrecht die Möglichkeit entfällt, den Ersatzanspruch wegen Nutzung der Investitionen zu kürzen (vgl. Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3551). Diese grundsätzlichen Unterschiede entfalten vorliegend aufgrund der Umstände des Einzelfalls indes keine Wirkung. Der Beklagte hat den ihm zur Beseitigung seines Vertretenmüssens obliegenden Entlastungsbeweis (§ 280 I 2, § 311a II 2 BGB; Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3833) nicht geführt. Er hat bereits nicht dargelegt, dass es ihm gegebenenfalls ohne Verschulden nicht möglich war, allgemein und/oder den Kläger auf die Fehlerhaftigkeit der anfänglichen öffentlichen Darstellung des Fahrzeugs als „unfallfrei“ hinreichend gleichwertig hinzuweisen. Der Kläger hat seine auf das gekaufte Fahrzeug gemachten Investitionen unbestritten nicht beziehungsweise angesichts der geringen Fahrstrecke in keinem relevanten Umfang genutzt (§ 287 ZPO), sodass insoweit eine Kürzung seiner Ansprüche, die über den von ihm herauszugebenden Nutzungsvorteil wegen der zurückgelegten Fahrstrecke hinausgeht, nicht in Betracht kommt. Letzterer ist bereits als Abzug vom zurückzugewährenden Kaufpreis berücksichtigt.
aa) Der Einwand des Beklagten, der Kläger habe ihm keine Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben, weshalb er – der Beklagte – die geltend gemachten Verwendungen und Aufwendungen nicht zu zahlen habe, geht ins Leere.
Der Kläger hat nicht vorgetragen, eine Werkstatt mit der Beseitigung der sonstigen Mängel beauftragt zu haben. Vielmehr hat er unbestritten vorgetragen, dass der defekte Motor bisher nicht repariert und nicht ersetzt worden sei (Schriftsatz vom 21.02.2020, S. 2). Abgesehen davon, dass sich die Unfallwageneigenschaft des Oldtimers auch durch Werkstattleistungen nicht mehr beheben lässt, ist auch keiner der vorgelegten Rechnungen, aus deren Summe sich zusammen mit dem Kaufpreis abzüglich des Nutzungsersatzes die gerechtfertigte Klageforderung ergibt, eine Leistung zu entnehmen, die sich auf die Behebung der vom Kläger über den Unfallschaden hinausgehend gerügten Mängel der Rostschäden der rechten Kotflügel oder den Motorschaden bezieht. Auf die vereinzeltere Darstellung des Klägers, er habe zwar 2018 Lackierarbeiten am Vorderwagen ausführen lassen, die Original-Kotflügel auf der rechten Fahrzeugseite seien indes nicht getauscht worden und auch noch weiterhin mit den Mängeln der unsachgemäß mit Spachtel verdeckten Rostschäden am Fahrzeug verbaut (Schriftsatz vom 13.07.2020, S. 4), ist der Beklagte nicht eingegangen (vgl. Schriftsatz vom 19.08.2020; Protokoll des Landgerichts vom 04.11.2020), weshalb das Klagevorbringen als unbestritten zugrunde zu legen ist (§ 138 II und III ZPO).
bb) Aus den vorgenannten Gründen war auch der vorangegangene Einwand des Beklagten im Schriftsatz vom 17.01.2020, am 17.12.2018 habe der Kläger „die Karosserieteile“ chemisch entlacken, entrosten und KTL2KTL = kathodische Tauchlackierung; Weinhuber, Das Wissen testen – Prüfungsfragen für Fahrzeuglackierer, Lackiererblatt vom 01.04.2008, https://www.lackiererblatt.de/know-how/das-wissen-testen/ (Abruf vom 13.05.2022)-beschichten lassen, unbeachtlich.
Der Kläger hat im Schriftsatz vom 13.07.2020 vereinzelt vorgetragen, der Unfallschaden sei Ende Mai 2019 nicht nur anhand unsachgemäß ausgetauschter Kotflügel, sondern an nach Demontage darüber liegender Teile erkennbarer Deformationen der A-Säule festgestellt worden. Die A-Säulen jedes Fahrzeugs befinden sich jeweils seitlich auf Höhe der der Frontscheibe, wie allgemein bekannt ist (vgl. z. B. OLG Hamm, Urt. v. 04.08.2017 – I-9 U 173/16, ZfSch 2018, 14 unter II 3.1, 2. Absatz; Pohl, Versicherungswirtschaft [VW] 2010, 701; Rheinische Post vom 24.01.2006, https://rp-online.de/leben/auto/ratgeber/a-saeule_aid-17516285 [Abruf vom 13.05.2022]; Automobil Revue vom 02.11.2018, https://automobilrevue.ch/2018/11/02/die-a-saeule-verschwindet/ [Abruf vom 13.05.2022]; Osterloh, jurisPR-BGHZivilR 15/2009 Anm. 1: A-Säule ist tragendes Teil).
Der zeitlich vorangegangene Einwand des Beklagten im Schriftsatz vom 17.01.2020 bezieht sich auf die mit der Klageschrift vorgelegte Rechnung der E-GmbH vom17.12.2018. Der Einwand des Beklagten ist unschlüssig. Aus der Rechnung der E-GmbH vom 17.12.2018 ergibt sich ausdrücklich, dass lediglich zwei Karosserieteile chemisch entlackt, entrostet und KTL-beschichtet wurden. Diese beiden Teile sind ausdrücklich in der Rechnung als „Motorklappe“ und „Abschlussblech“ bezeichnet. Ein Abschlussblech ist, wie der Name schon sagt, bei jedem Fahrzeug am Fahrzeugheck angebracht, wodurch es die Fahrzeugkarosserie „abschließt“. Die „Motorklappe“ befindet sich ebenfalls im Heckbereich. Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug handelt es sich unstreitig um einen Pkw mit Heckmotor, was dem Beklagten auch bekannt war und ist. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass sich der Unfallschaden im Heckbereich befinde.
cc) Auch der Hinweis des Beklagten auf die Norm des § 346 III 1 Nr. 1 BGB (Schriftsatz vom 23.06.2020) zwingt vorliegend weder zu einer Differenzierung zwischen Verwendungen und Aufwendungen noch kann der Beklagte sich sonst damit erfolgreich verteidigen. Die Norm ist für seine Verteidigung nicht einschlägig. Sie ordnet eine Ausnahme von § 346 II 1 Nr. 2 BGB an. Nach § 346 II 1 Nr. 2 BGB hat im Rahmen der Rückabwicklung nach Rücktritt derjenige Schuldner, der die Rückgewähr oder Herausgabe eines Gegenstands infolge Verarbeitung oder Umgestaltung nicht wie ursprünglich erhalten vornehmen kann, dem anderen Wertersatz zu leisten. Die Regelung des § 346 III 1 Nr. 1 BGB befreit ihn – den Gegenstandsrückgewährschuldner –, also regelmäßig den Käufer (hier: den Kläger), und nicht etwa den Gegner, regelmäßig den Verkäufer (hier: den Beklagten), von dessenGegenleistungserstattungspflicht, wenn und soweit sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung des Gegenstands gezeigt hat.
dd) Von der Klageforderung sind wegen des darin enthaltenen Aufwands für Restaurierungsarbeiten und wegen des Fahrzeugzustands in Form einer angehaltenen Restaurierung keine weiteren Abzüge vorzunehmen.
(1) Auf Hinweis des Senats hat der Kläger auch unbestritten (§ 138 II, III ZPO) mit Schriftsatz vom 30.09.2021 vorgetragen, dass und warum er noch vor der Kenntnis vom Rücktrittsgrund des Unfallschadens bei der D-GmbH beauftragte Arbeiten nicht mehr habe stoppen können. Seine diesbezüglichen Aufwendungen (vgl. Anlage 6 zur Klageschrift: Rechnung vom 02.08.2019) sind ihm daher auch gemäß § 284 BGB zu ersetzen. Aus den vorgenannten Gründen liegen auch die Voraussetzungen des § 346 III 1 Nr. 1 BGB zugunsten des Klägers vor. Es kommt daher auch deshalb nicht darauf an, inwieweit die bei der D-GmbH durchgeführten Arbeiten auch Verwendungen i. S. von § 347 II BGB darstellen.
(2) Die Frage, ob es dem Kläger zuzumuten gewesen wäre, nach Kenntnis des Unfallschadens am 29.05.2019 entgegen der ihm unbestritten von der D-GmbH erhaltenen Mitteilung, diese bestehe darauf, noch die Karosseriearbeiten zu Ende zu führen, den mit ihr abgeschlossenen Werkvertrag gemäß § 648 BGB zu kündigen, ist keine Frage des Tatbestands des § 284 BGB. Aufwendungen sind vom Gläubiger im Hinblick auf den Erhalt der Leistung erbrachte freiwillige Vermögensopfer, die auch in der Eingehung von Verbindlichkeiten bestehen können (Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 284 Rn. 5). Das gilt auch hier. Bei Abschluss des Vertrags mit der D-GmbH und Beginn der Arbeiten am 27.05.2019 war die Unfallwageneigenschaft noch nicht bekannt. Für ein Mitverschulden des Klägers nach § 254 BGB ist vom Beklagten nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich. Es ist dem Kläger als rechtlichem Laien nicht vorzuwerfen, angesichts der genannten Mitteilung seines Werkvertragspartners vom 29.05.2019 die weitere Ausführung der Arbeiten mit für ihn ungewissen rechtlichen Folgen nicht vor anwaltlicher Beratung gestoppt zu haben. Bei Erhalt der anwaltlichen Beratung waren die Arbeiten unbestritten bereits abgeschlossen.
(3) Die vom Kläger getätigten Aufwendungen entsprechen auch noch der Billigkeit i. S. von § 284 BGB.
Für die Anwendbarkeit des § 284 BGB sind Notwendigkeit sowie Angemessenheit der Verwendungen keine maßgebenden Kriterien. Eigentum, Besitz und Nutzung einer mangelfreien Sache sind die Leistung, auf deren Erhalt der Käufer vertraut und die er zum Anlass für Aufwendungen auf die Kaufsache nimmt. So verstanden hat der Käufer auch das Recht, die Kaufsache nach seinen Vorstellungen zu verändern und seinen Nutzungsvorstellungen anzupassen (OLG München, Urt. v. 24.10.2012 – 3 U 297/11, juris Rn. 73). Der Gläubiger darf neben den verkehrsüblichen Aufwendungen auch nicht verkehrsübliche Aufwendungen machen, wenn sie nicht verschwenderisch sind oder zur wirtschaftlichen Bedeutung der Leistung nicht völlig außer Verhältnis stehen (Staudinger/Schwarze, BGB, Neunbearb. 2019, § 284 Rn. 40 m. w. Nachw.). Ob Zubehörteile, die der Käufer in das später wegen Mangelhaftigkeit zurückgegebene Fahrzeug hat einbauen lassen, für ihn anderweitig verwendbar wären, ist für die Ersatzpflicht des Verkäufers grundsätzlich ohne Bedeutung (OLG München, Urt. v. 24.10.2012 – 3 U 297/11, juris Rn. 73).
Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen sind Umfang und Höhe der vom Kläger auf den streitgegenständlichen Oldtimer gemachten Verwendungen nicht zu beanstanden. Insbesondere stehen sie zur wirtschaftlichen Bedeutung der Leistung nicht völlig außer Verhältnis. Der Kläger hat sich das Fahrzeug als Hobby-Auto und nicht als gewerbliches Handelsobjekt angeschafft. Dass er es im Vertrauen auf den dauerhaften Bestand des Geschäfts selbst gegebenenfalls in einen Spitzenzustand versetzen lässt und dafür entsprechende Mittel aufwendet, ist ihm grundsätzlich zuzubilligen, sofern diese Aufwendungen nicht völlig außer Verhältnis zu dem dadurch erreichbaren Wert des Fahrzeugs stehen. Das ist vorliegend nicht der Fall. Der Beklagte selbst schätzt jetzt den Wert für ein gut erhaltenes Exemplar dieses Typs auf 19.500 € (Schriftsatz vom 23.06.2021, S. 4). Nach den durchschnittlichen Preisen hatte ein Oldtimer Fiat 850 Sport Coupé, 52 PS, Baujahre 1968–1972, im Bestzustand „1“ Mitte 2019 einen Wert von 15.600 € bis 16.500 € (vgl. Oldtimer-Markt Sonderheft Nr. 63, Redaktionsschluss: Ende 2018/Anfang 2019], S. 122, und Nr. 65, Redaktionsschluss: Ende 2019/Anfang 2020], S. 126). Der erreichbare Wert lag damit jedenfalls noch über der Hälfte der Aufwendungen, selbst wenn diese mit Anschaffungskosten bis zur Fertigstellung circa 30.000 € ausgemacht hätten. Dass ein Käufer bei der Investition in sein Hobby-Kaufobjekt keine strengeren Rentabilitätsansprüche anlegt, ist jedenfalls aufgrund der vorgenannten Umstände des vorliegenden Falls nicht unbillig i. S. von § 284 BGB.
2. Die Feststellung des Annahmeverzugs des Beklagten folgt aus §§ 294, 295, 298 BGB in Verbindung mit der außergerichtlichen Aufforderung des Klägers im anwaltlichen Schreiben vom 28.06.2019, Seite 4. Der Beklagte hat die ihm darin bis zum 12.07.2019 gesetzte Frist, das Fahrzeug am Wohnort des Klägers – dem Ort, an dem sich der Kaufgegenstand vertragsgemäß befindet (vgl. BGH, Urt. v. 09.03.1983 – VIII ZR 11/82, BGHZ 87, 104 = juris Rn. 14; OLG Bamberg, Beschl. v. 24.04.2013 – 8 SA 9/13, juris Rn. 23) – zurückzunehmen, nicht genutzt.
3. Dem Kläger steht gegen den Beklagten auch ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 280 I, 249 I BGB zu.
a) Die Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur vorgerichtlichen Rechtsdurchsetzung sind von der Schadensersatzpflicht nach § 249 BGB erfasst, wenn der geltend gemachte Anspruch (auch) aus Vertragsverletzung oder aus unerlaubter Handlung besteht (vgl. Grüneberg/Grüneberg, a. a. O., §249 Rn. 57) und die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war (BGH, Urt. v. 08.11.1994 – VI ZR 3/94, juris Rn. 7 m. w. Nachw.; Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 271/09, juris Rn. 7; Beschl. v. 31.01.2012 – VIII ZR 277/11, juris Rn. 4). Das ist vorliegend der Fall. Der Beklagte haftet für eine Vertragsverletzung. In der Lieferung eines mangelhaften Fahrzeugs liegt eine Pflichtverletzung. Das Vertretenmüssen des Beklagten wird gemäߧ 280 I 2 BGB vermutet. Der Beklagte kann sich nicht exkulpieren (s. oben). Der Kläger durfte sich anwaltlich beraten lassen. Er hätte die Haftung des Beklagten aufgrund der komplexen Rechtslage nicht notwendig selbst zutreffend beurteilen können.
b) Die Höhe der zu ersetzenden vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers ist mit 1.242,94 € zutreffend berechnet. Anzuwenden sind die Vorschriften des Rechtsanwalts-Vergütungsgesetzes (RVG) in der vom 01.08.2013 bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung.
Dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist im Verhältnis zumSchädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (BGH, Urt. v. 05.12.2017 – VI ZR 24/17, juris Leitsatz 1 und Rn. 7; Urt. v. 18.07.2017 – VI ZR 465/16, VersR 2017, 1282 Rn. 7). Abzustellen ist dabei auf die letztlich festgestellte oder unstreitig gewordene Schadenshöhe (BGH, Urt. v. 05.12.2017 – VI ZR 24/17, juris Leitsatz 1 und Rn. 8; Urt. v. 11.07.2017 – VI ZR 90/17, VersR 2017, 1155 Rn. 19; Urt. v. 18.01.2005 – VI ZR 73/04, VersR 2005, 558, 559 f.).
Bei dem deshalb zugrunde zu legenden Gegenstandswert von 23.711,22 € ergibt sich eine 1,3-fache Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG von 1.024,40 €. Hinzu kommt die Auslagenpauschale gemäß Nr. 7001, 7002 VV RVG in Höhe von 20 €. Der Summe aus beidem sind noch 19 % Umsatzsteuer, das heißt 198,44 € hinzuzusetzen, was insgesamt 1.242,84 € ergibt.
c) Die Zinsforderung auf die Forderung auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 291, 288 I 2 BGB, § 187 I BGB analog. Die Klage ist dem Beklagten am 04.10.2019 zugestellt worden. …
Hinweis: Die Revision hat das OLG Braunschweig nicht zugelassen; seine dagegen gerichtete Beschwerde hat der Beklagte am 23.08.2022 zurückgenommen.