1. Schiebt beim Ver­kauf ei­nes Ge­braucht­wa­gens an ei­nen Ver­brau­cher (§ 13 BGB) der Ver­käu­fer, der Un­ter­neh­mer (§ 14 BGB) ist, ei­nen Ver­brau­cher als Ver­käu­fer vor, um das Fahr­zeug un­ter Aus­schluss der Haf­tung für Män­gel zu ver­kau­fen, so rich­ten sich Män­gel­rech­te des Käu­fers nach § 476 I 2 BGB (= § 475 I 2 BGB a.F.) we­gen Um­ge­hung der Be­stim­mun­gen über den Ver­brauchs­gü­ter­kauf ge­gen den Un­ter­neh­mer und nicht ge­gen den als Ver­käu­fer vor­ge­scho­be­nen Ver­brau­cher (im An­schluss an BGH, Urt. v. 22.11.2006 – VI­II ZR 72/06, BGHZ 170, 67 Rn. 14 ff.).
  2. Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für das Vor­lie­gen ei­nes Ver­brauchs­gü­ter­kaufs (§ 474 I BGB) trägt nach all­ge­mei­nen Grund­sät­zen der­je­ni­ge, der sich zu sei­nen Guns­ten dar­auf be­ruft. Im un­mit­tel­ba­ren An­wen­dungs­be­reich der §§ 474 bis 477 BGB muss des­halb grund­sätz­lich der Käu­fer dar­le­gen und be­wei­sen, dass er als Ver­brau­cher und der Ver­käu­fer als Un­ter­neh­mer ge­han­delt hat.
  3. Es be­steht kei­ne Ver­mu­tung da­für, dass al­le vor­ge­nom­me­nen Rechts­ge­schäf­te ei­nes Un­ter­neh­mers „im Zwei­fel“ sei­nem ge­schäft­li­chen Be­reich zu­zu­ord­nen sind (im An­schluss an BGH, Urt. v. 18.10.2017 – VI­II ZR 32/16, NJW 2018, 150 Rn. 37).
  4. Ein bei­der­seits voll­stän­dig er­füll­ter Kauf­ver­trag ist nach ei­nem Rück­tritt des Käu­fers ein­heit­lich dort rück­ab­zu­wi­ckeln, wo sich die Kauf­sa­che im Zeit­punkt des Rück­tritts ver­trags­ge­mäß be­fin­det.

LG Zwei­brü­cken, Ur­teil vom 20.11.2020 – 1 O 240/19

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb als Ver­brau­cher bei der Be­klag­ten, ei­ner ge­werb­li­chen Au­to­händ­le­rin, am 20.02.2019 ei­nen ge­brauch­ten Pkw Opel As­tra zum Preis von 4.200 €. Die­ses Fahr­zeug war bis zur Ver­äu­ße­rung an den Klä­ger auf die Be­klag­te zu­ge­las­sen. Im schrift­li­chen Kauf­ver­trag ist als Ver­käu­fer des Pkw V, ein Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten, aus­ge­wie­sen. Mit V führ­te der Klä­ger auch die Ver­kaufs­ge­sprä­che.

Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug litt be­reits bei sei­ner Über­ga­be an den Klä­ger an ei­nem ka­pi­ta­len Mo­tor­scha­den. Die­ser wur­de dem Klä­ger kurz nach der Über­ga­be – am 21.02.2019 – durch Auf­leuch­ten ei­ner Warn­leuch­te si­gna­li­siert. Der Klä­ger ver­brach­te den Pkw dar­auf­hin auf das Be­triebs­ge­län­de der Be­klag­ten und hol­te ihn dort am 01.03.2019 wie­der ab. Schon am Fol­ge­tag, dem 02.03.2019, leuch­te­te die Mo­tor­kon­troll­leuch­te er­neut auf.

Mit Schrei­ben vom 05.03.2019 for­der­te der – an­walt­lich ver­tre­te­ne – Klä­ger die Be­klag­te auf, sein Fahr­zeug bis zum 19.03.2020 nach­zu­bes­sern. Auf die­se Auf­for­de­rung re­agier­te die Be­klag­te nicht. Dar­auf­hin er­klär­te der Klä­ger un­ter dem 22.03.2019 sei­nen Rück­tritt von dem hier in­ter­es­sie­ren­den Kauf­ver­trag. Er for­der­te die Be­klag­te – er­folg­los – auf, ihm den Kauf­preis zu­rück­zu­ge­wäh­ren, ihm die Kos­ten für die Ab­mel­dung des Fahr­zeugs (80 €) zu er­set­zen und ei­ne Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung für die Zeit vom 02.03. bis zum 22.03.2019 in Hö­he von 735 € zu zah­len.

Mit sei­ner Kla­ge hat der Klä­ger von der Be­klag­ten die Zah­lung von (4.200 € + 80 € + 735 € =) 5.015 € nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs, ver­langt. Au­ßer­dem hat er den Er­satz vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­ner Rechts­an­walts­kos­ten (571,44 € nebst Zin­sen) so­wie die Fest­stel­lung be­gehrt, dass die Be­klag­te mit der An­nah­me des Pkw in Ver­zug ist.

Der Klä­ger hat gel­tend ge­macht, der in dem hier in­ter­es­sie­ren­den Kauf­ver­trag ent­hal­te­ne Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss sei un­wirk­sam, weil ein Um­ge­hungs­ge­schäft (§ 476 I 2 BGB) vor­lie­ge. In Wahr­heit sei die Be­klag­te, die den Opel As­tra so­wohl auf der In­ter­net­platt­form „Au­to­Scou­t24“ als auch auf ih­rem Be­triebs­ge­län­de zum Kauf an­ge­bo­ten ha­be, Ver­käu­fe­rin des Fahr­zeugs. Sie ha­be ih­ren Mit­ar­bei­ter V nur des­halb als Ver­käu­fer vor­ge­scho­ben, um das Fahr­zeug un­ter Aus­schluss der Haf­tung für Män­gel ver­kau­fen zu kön­nen.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen, und in ers­ter Li­nie ih­re Pas­siv­le­gi­ti­ma­ti­on in Ab­re­de ge­stellt. Der Klä­ger – so hat die Be­klag­te gel­tend ge­macht – ha­be den streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag er­kenn­bar nicht mit ihr, son­dern mit V ge­schlos­sen. Der Klä­ger sei zu ihr ge­kom­men, weil er sich für ei­nen an­de­ren Opel As­tra in­ter­es­siert ha­be, den sie, die Be­klag­te, ein­schließ­lich ei­ner Ge­braucht­wa­gen­ga­ran­tie zum Kauf an­ge­bo­ten ha­be. Er ha­be dann von sich aus auf das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ge­zeigt, das auf der ih­rem Be­triebs­ge­län­de ge­gen­über lie­gen­den Stra­ßen­sei­te ab­ge­stellt ge­we­sen sei. V ha­be dem Klä­ger er­klärt, dass die­ser Pkw ihr – der Be­klag­ten – pri­va­tes Fahr­zeug sei und dem Klä­ger nur pri­vat – un­ter Aus­schluss jeg­li­cher Ge­währ­leis­tung und oh­ne ei­ne Ge­braucht­wa­gen­ga­ran­tie – ver­kauft wer­den kön­ne. Da der Klä­ger dar­auf be­stan­den ha­be, den Pkw zu er­wer­ben, ha­be V mit ihr, der Be­klag­ten, ge­klärt, ob er das Fahr­zeug ver­kau­fen dür­fe. An­schlie­ßend sei der Kauf­ver­trag ge­schlos­sen wor­den, wo­bei V den Pkw mit ih­rer Er­laub­nis im ei­ge­nen Na­men ver­kauft ha­be. Dies sei dem Klä­ger auch be­wusst ge­we­sen; er ha­be sich schließ­lich bei Auf­leuch­ten der Mo­tor­kon­troll­leuch­te un­mit­tel­bar mit V in Ver­bin­dung ge­setzt.

Die Kla­ge hat­te im We­sent­li­chen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Die Kla­ge ist zu­läs­sig.

1 Das LG Zwei­brü­cken ist sach­lich wie ört­lich zu­stän­dig.

Die ört­li­che Zu­stän­dig­keit er­gibt sich aus § 29 I ZPO. Ist ein Kauf­ver­trag bei­der­sei­tig er­füllt und klagt der Käu­fer nach Rück­tritt (§ 437 Nr. 2 Fall 1, § 346 I BGB) auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ der Kauf­sa­che (§ 348 BGB), so ist ein­heit­li­cher Er­fül­lungs­ort und da­mit Ge­richts­stand der Ort, wo sich die Kauf­sa­che zur Zeit des Rück­tritts nach dem Ver­trag be­fin­det (Zöl­ler/​Schultz­ky, ZPO, 33. Aufl. [2020], § 29 Rn. 25.50). Dies ist vor­lie­gend der Wohn­ort des Klä­gers …

Die sach­li­che Zu­stän­dig­keit folgt aus §§ 23, 71 I GVG.

2 Das In­ter­es­se an der Fest­stel­lung des … An­nah­me­ver­zugs er­gibt sich aus der mit dem An­nah­me­ver­zug ein­her­ge­hen­den Haf­tungs­be­schrän­kung für den Klä­ger (§§ 300 ff. BGB). Dar­über hin­aus wird dem Klä­ger durch die Fest­stel­lung der Nach­weis der Voll­stre­ckungs­vor­aus­set­zun­gen nach § 756 I, § 765 Nr. 1 ZPO er­mög­licht (vgl. Be­ckOK-BGB/​S. Lo­renz, Stand: 01.05.2019, § 293 Rn. 18).

II. In der Sa­che hat die Kla­ge teil­wei­se Er­folg.

1 Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags aus § 346 I BGB i. V. mit § 437 Nr. 2 Fall 1, 323 I BGB.

1.1 Der Klä­ger kann sei­ne Ge­währ­leis­tungs­rech­te ge­gen­über der Be­klag­ten gel­tend ma­chen, auch wenn der Kauf­ver­trag nicht von ihr, son­dern vom Zeu­gen V im ei­ge­nen Na­men ab­ge­schlos­sen wor­den ist. Nach dem Er­geb­nis der An­hö­rung der Par­tei­en und der Be­weis­auf­nah­me ist das Ge­richt da­von über­zeugt, dass es sich bei der Ver­trags­ge­stal­tung um ein Um­ge­hungs­ge­schäft ge­han­delt hat, um die kauf­recht­li­chen Män­gel­ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che aus­zu­schlie­ßen. Den­noch muss die Be­klag­te sich nach § 476 I 2 BGB so be­han­deln las­sen, als hät­te sie selbst das Fahr­zeug an den Klä­ger ver­kauft. Auf die­ser Grund­la­ge rich­ten sich die Män­gel­rech­te des Klä­gers ge­gen die Be­klag­te (vgl. Pa­landt/​Wei­den­kaff, BGB, 79. Aufl. [2020], § 476 Rn. 8).

a) Schiebt beim Ver­kauf ei­ner be­weg­li­chen Sa­che an ei­nen Ver­brau­cher der Ver­käu­fer, der Un­ter­neh­mer ist, ei­nen Ver­brau­cher als Ver­käu­fer vor, um die Sa­che un­ter Aus­schluss der Haf­tung für Män­gel zu ver­kau­fen, so rich­ten sich Män­gel­rech­te des Käu­fers nach § 476 I 2 BGB (ehe­mals § 475 I 2 BGB) we­gen Um­ge­hung der Be­stim­mun­gen über den Ver­brauchs­gü­ter­kauf ge­gen den Un­ter­neh­mer und nicht ge­gen den als Ver­käu­fer vor­ge­scho­be­nen Ver­brau­cher (BGH, Urt. v. 22.11.2006 – VI­II ZR 72/06, BGHZ 170, 67 Rn. 14 ff.).

So ver­hält es sich hier. Un­strei­tig be­fand sich das Fahr­zeug vor dem Ver­kauf im Ei­gen­tum der Be­klag­ten. Sie hat­te es nach den glaub­haf­ten An­ga­ben des Zeu­gen V auf den Na­men ih­res Au­to­han­dels er­wor­ben, und das Fahr­zeug war aus­weis­lich des Fahr­zeug­scheins auch auf die Be­klag­te zu­ge­las­sen. Den­noch wur­de der Zeu­ge V als Ver­käu­fer ein­ge­setzt, um ei­nen Pri­vat­ver­kauf zu er­mög­li­chen. Dies hat der Zeu­ge V selbst ein­ge­räumt. Er hat hier­zu be­kun­det, die Be­klag­te ha­be ihm ge­sagt:

„Ver­kau­fen Sie das Au­to, aber nur als Pri­vat­ver­kauf, weil es nur für pri­va­te Zwe­cke ge­nutzt wur­de. Falls da­nach et­was sein soll­te, ste­hen Sie da­für ge­ra­de.“

Hier­aus wird deut­lich, dass es der Be­klag­ten ex­pli­zit dar­um ging, ei­nen Pri­vat­ver­kauf zu er­mög­li­chen, und des­halb der Ver­kauf durch den Be­klag­ten er­fol­gen soll­te. Gleich­wohl war bei ei­ner wirt­schaft­li­chen Be­trach­tungs­wei­se nicht der Zeu­ge V, son­dern die Be­klag­te die Ver­käu­fe­rin, weil sie Ei­gen­tü­me­rin und Be­sit­ze­rin des Fahr­zeu­ges war, sie die Ent­schei­dung zum Ver­kauf ge­trof­fen und das Fahr­zeug ge­gen Zah­lung des Kauf­prei­ses ab­ge­ge­ben hat.

b) Hät­te die Be­klag­te den Kauf­ver­trag selbst ab­ge­schlos­sen, hät­te es sich für sie um ei­nen ge­werb­li­chen Ver­kauf ge­han­delt.

Zwar be­steht ei­ne Ver­mu­tung da­für, dass al­le vor­ge­nom­me­nen Rechts­ge­schäf­te ei­nes Un­ter­neh­mers „im Zwei­fel“ sei­nem ge­schäft­li­chen Be­reich zu­zu­ord­nen sind, nicht. Viel­mehr setzt ein Han­deln „in Aus­übung“ der ge­werb­li­chen oder der selbst­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit i. S. von § 14 I BGB vor­aus, dass es ge­ra­de in ei­nem hin­rei­chend en­gen Zu­sam­men­hang mit eben die­ser er­folgt (BGH, Urt. v. 18.10.2017 – VI­II ZR 32/16, NJW 2018, 150 Rn. 37). Die Be­weis­last für das Vor­lie­gen ei­nes Un­ter­neh­mer-Ver­brau­cher-Ge­schäfts trägt da­bei nach all­ge­mei­nen Be­weis­last­grund­sät­zen der­je­ni­ge, der sich zu sei­nen Guns­ten hier­auf be­ruft, das heißt im un­mit­tel­ba­ren An­wen­dungs­be­reich der §§ 474 bis 477 BGB der Ver­brau­cher/​Käu­fer, der sich auf die ei­ge­ne Ver­brau­che­r­ei­gen­schaft so­wie die Un­ter­neh­mer­ei­gen­schaft des Ver­käu­fers be­ruft (Münch­Komm-BGB/​S. Lo­renz, 8. Aufl. [2019], § 474 Rn. 32; Be­ckOK-BGB/​Faust, Stand: 01.08.2020, § 474 Rn. 26).

Vor­lie­gend han­del­te es sich je­doch ge­ra­de um den Ver­kauf ei­nes Ge­braucht­fahr­zeugs,was das Kern­ge­schäft der Be­klag­ten dar­stellt. Der Ver­kauf er­folg­te in un­mit­tel­ba­rem räum­li­chen Zu­sam­men­hang mit der Tä­tig­keit der Be­klag­ten, näm­lich auf dem Hof ih­res Au­to­han­dels durch ih­ren ei­ge­nen Mit­ar­bei­ter. Hier­bei kann es auch nicht ent­schei­dend sein, ob das Fahr­zeug, wie es die Zeu­gen Z und V über­ein­stim­mend ge­schil­dert ha­ben, nicht bei den an­de­ren Fahr­zeu­gen auf der Ver­kaufs­flä­che stand, son­dern vor dem – eben­falls auf dem Ge­län­de be­find­li­chen – Wohn­haus der Be­klag­ten. Denn aus Sicht des ver­stän­di­gen Käu­fers ist es kei­nes­falls un­üb­lich, dass ein zum Ver­kauf ste­hen­des Fahr­zeug von Fir­men­mit­ar­bei­tern ge­nutzt wird. Zu­dem wird ein Kun­de bei ei­nem er­kenn­bar ein­heit­li­chen Grund­stück kaum un­ter­schei­den kön­nen, ob ein Fahr­zeug in den Ver­kauf ge­hört oder nicht.

Nach den in­so­weit über­zeu­gen­den An­ga­ben des Klä­gers und der Zeu­gin Z war das Fahr­zeug auch zu­vor im In­ter­net von der Be­klag­ten zum Ver­kauf an­ge­bo­ten wor­den. So hat der Klä­ger selbst an­ge­ge­ben, in der An­zei­ge zu dem Fahr­zeug ha­be ge­stan­den, dass das Fahr­zeug un­an­ge­mel­det sei und mit ei­ner Jah­res­ga­ran­tie zum Ver­kauf be­reit ste­he. Sie sei­en über­haupt we­gen die­ses Fahr­zeugs, das sie dann auch er­war­ben, hin­ge­fah­ren. Die Zeu­gin Z hat eben­falls be­kun­det, das Fahr­zeug sei im In­ter­net bei „Au­to­scou­t24“ an­ge­bo­ten wor­den. Das An­ge­bot dort sei von der Fir­ma F ge­we­sen. Dort hät­ten auch Ki­lo­me­ter­stand und Preis ge­stan­den. Das Ge­richt hat kei­ne Ver­an­las­sung, die­se über­ein­stim­men­den An­ga­ben des Klä­gers und der Zeu­gin Z in Zwei­fel zu zie­hen, zu­mal der Zeu­ge V selbst ein­ge­räumt hat, er wis­se nicht mehr ge­nau, ob das Fahr­zeug in­se­riert ge­we­sen sei. Üb­li­cher­wei­se ver­kauf­ten sie kei­ne Fahr­zeu­ge über 100.000 km an End­kun­den, aus­schlie­ßen kön­ne er ei­ne An­non­ce aber nicht.

Hin­zu kommt, dass das Fahr­zeug nach den An­ga­ben des Zeu­gen V ge­ra­de nicht von der Be­klag­ten als Pri­vat­per­son, son­dern von der Fir­ma F ge­kauft wur­de. Den Kauf ge­tä­tigt hat eben­falls nicht die Be­klag­te per­sön­lich, son­dern ihr Mit­ar­bei­ter V. Auch die am 07.12.2018 er­folg­te War­tung des Fahr­zeugs bei der Fir­ma S in K. er­folg­te laut War­tungs­plan im Auf­trag der Fir­ma F.

Zu­letzt ging of­fen­bar auch die Be­klag­te selbst da­von aus, dass es sich bei ei­nem Ver­kauf durch sie selbst um ein un­ter­neh­me­ri­sches Ge­schäft ge­han­delt hät­te. An­dern­falls wä­re es aus ih­rer Sicht ge­ra­de nicht er­for­der­lich ge­we­sen, dass statt ih­rer der Zeu­ge V als Ver­käu­fer agiert.

c) Dar­auf, dass dem Klä­ger bei Ver­trags­schluss be­kannt war, dass es sich um ei­nen Pri­vat­ver­kauf han­deln soll­te, kommt es dem­ge­gen­über nicht ent­schei­dend an. § 476 I 2 BGB stellt hier­auf nicht ab. Es be­darf auch nicht ei­ner Um­ge­hungs­ab­sicht (Pa­landt/​Wei­den­kaff, a. a. O., § 476 Rn. 6). Ent­schei­dend ist in­so­weit al­lein, dass die An­wend­bar­keit der ei­gent­lich ein­grei­fen­den Ge­währ­leis­tungs­rech­te zu­las­ten des Ver­brau­chers aus­ge­schlos­sen wird.

1.3 Dass an dem Fahr­zeug ein Man­gel in Form ei­nes Mo­tor­scha­dens bei Über­ga­be vor­lag, ist zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig ge­blie­ben.

Auch ist vor Er­klä­rung des Rück­tritts ei­ne Nach­frist­set­zung nach § 323 I BGB er­folgt.

1.4 Der Klä­ger kann da­her die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ver­lan­gen. In die­sem Zu­sam­men­hang hat er ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be und Über­eig­nung des Fahr­zeugs. Vor­lie­gend be­trug der Kauf­preis 4.200 €.

Al­ler­dings muss der Klä­ger sich nach § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB ei­nen Nut­zungs­er­satz in Ab­zug brin­gen las­sen für die Zeit, in der er das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug nut­zen konn­te. Die ab­zu­zie­hen­de Nut­zungs­ent­schä­di­gung er­rech­net sich da­bei nach der For­mel

\text{Ge­brauchs­vor­teil} = {\frac{\text{Brut­to­kauf­preis}\times\text{ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter}}{\text{er­wart­ba­re Rest­lauf­leis­tung im Er­werbs­zeit­punkt}}}.

Bei der zu er­war­ten­den Rest­lauf­leis­tung legt das Ge­richt bei ei­nem Fahr­zeug mit Ben­zin­mo­tor ei­ne Ge­samt­lauf­leis­tung von 200.000 km zu­grun­de. Zwar geht das Ge­richt bei Die­sel­fahr­zeu­gen in stän­di­ger Recht­spre­chung von ei­ner hö­he­ren Ge­samt­lauf­leis­tung von 250.000 km aus. Al­ler­dings ge­hört es ge­ra­de zu den ge­mein­hin be­kann­ten We­sens­ei­gen­schaf­ten von Die­sel­mo­to­ren, dass die­se üb­li­cher­wei­se ei­ne et­was hö­he­re Ki­lo­me­ter­lauf­leis­tung er­rei­chen als Ben­zin­fahr­zeu­ge. Nach der Le­bens­er­fah­rung ist hin­ge­gen bei Ben­zin­fahr­zeu­gen ei­ne Lauf­leis­tung von mehr als 200.000 km zwar mög­lich, aber je­den­falls durch­schnitt­lich nicht zu er­war­ten.

Der Brut­to­kauf­preis des Fahr­zeugs lag vor­lie­gend bei 4.200 €.

Seit dem Er­werb des Fahr­zeugs bis zum Schluss der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung hat der Klä­ger mit dem Fahr­zeug ei­ne Stre­cke von (155.922 km [Ge­samt­lauf­leis­tung bei Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung] ? 138.000 km [Ge­samt­lauf­leis­tung bei Er­werb] =) 17.922 km zu­rück­ge­legt.

Die zu er­war­ten­de Rest­lauf­leis­tung be­trug zum Er­werbs­zeit­punkt (200.000 km ? 138.000 km =) 62.000 km.

Hier­aus er­gibt sich nach der oben an­ge­führ­ten For­mel ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung von 1.214,07 €, die von dem Kauf­preis in Ab­zug zu brin­gen ist, so­dass ein Be­trag von 2.985,93 € ver­bleibt.

1.5 Dar­über hin­aus kann der Klä­ger Nut­zungs­aus­fall in Hö­he von 735 € als Scha­dens­er­satz nach § 437 Nr. 3 Fall 1, § 280 I BGB für die Dau­er des erst­ma­li­gen Nach­bes­se­rungs­ver­suchs er­setzt ver­lan­gen. Der An­spruch auf Scha­dens­er­satz wird durch den Rück­tritt nicht aus­ge­schlos­sen (§&nsp;325 BGB).

Der gel­tend ge­mach­te Nut­zungs­aus­fall für den Zeit­raum vom 02.03. bis zum 22.03.2019 ist dem Grun­de nach aus § 437 Nr. 3 Fall 1, § 280 I BGB er­stat­tungs­fä­hig, da er auch bei ord­nungs­ge­mä­ßer Nach­er­fül­lung durch die Be­klag­te an­ge­fal­len wä­re (vgl. Pa­landt/​Grü­ne­berg, BGB, 79. Aufl. [2021], § 249 Rn. 41). Dass der Klä­ger das Fahr­zeug in die­sem Zeit­raum nicht nut­zen konn­te, ent­spricht dem un­strei­ti­gen Par­tei­vor­brin­gen. Eben­falls hat die Be­klag­te den An­fall und die Hö­he des Nut­zungs­aus­falls nicht be­strit­ten. Der An­satz von 35 € pro Tag er­scheint auch nicht
über­höht, so­dass der Nut­zungs­aus­fall voll­um­fäng­lich zu­ge­spro­chen wer­den kann.

Grund­sätz­lich ist die­ser Scha­dens­er­satz­an­spruch un­ab­hän­gig von der Zug um Zug er­fol­gen­den Rück­ab­wick­lung zu­zu­spre­chen. Al­ler­dings hat der Klä­ger selbst im Rah­men sei­nes Kla­ge­an­trags auch be­züg­lich des Scha­dens­er­satz­an­spruchs ei­ne Zug-um-Zug-Leis­tung be­an­tragt, wor­über nach § 308 I ZPO nicht hin­aus­ge­gan­gen wer­den kann.

1.6 Ein An­spruch auf Er­satz der „omi­nö­sen“ Ab­mel­de­kos­ten in Hö­he von 80 € be­steht hin­ge­gen nicht. Trotz ent­spre­chen­den Hin­wei­ses in der ge­richt­li­chen Ver­fü­gung vom 15.10.2019 hat der Klä­ger hier­zu nicht schlüs­sig vor­ge­tra­gen. Es ist nicht er­sicht­lich, dass und wann durch den Klä­ger ei­ne Ab­mel­dung des Fahr­zeugs er­folgt ist, zu­mal das Fahr­zeug nach den An­ga­ben des Klä­ger­ver­tre­ters in der Sit­zung vom 27.10.2020 noch bis An­fang Sep­tem­ber 2020 ge­nutzt wor­den ist. Die­se Po­si­ti­on kann die Kla­ge­par­tei da­her nicht er­stat­tet ver­lan­gen.

2. Die Be­klag­te be­fin­det sich mit der Rück­nah­me des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs in An­nah­me­ver­zug (§§ 293, 295 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB). Im vor­ge­richt­li­chen Rück­tritts­schrei­ben vom 22.03.2019 hat der Klä­ger die Be­klag­te zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Rück­über­tra­gung des Fahr­zeugs, auf­ge­for­dert. Dar­in hat der Klä­ger der Be­klag­ten das Fahr­zeug aus­drück­lich zur Ab­ho­lung an­ge­bo­ten. Die­ses An­ge­bot war aus­rei­chend, um die Be­klag­te wirk­sam in An­nah­me­ver­zug zu set­zen. Ge­mein­sa­mer Leis­tungs­ort im Rah­men der Rück­ab­wick­lung ist ge­mäß § 269 I, II BGB der Ort, wo sich die Kauf­sa­che ver­trags­ge­mäß be­fin­det (Pa­landt/​Grü­ne­berg, a. a. O., § 269 Rn. 14), al­so der Wohn­ort des Klä­gers. Dem­ge­mäß muss die Be­klag­te das Fahr­zeug beim Klä­ger ab­ho­len.

3. Der Klä­ger hat zu­dem ei­nen An­spruch auf Frei­stel­lung von sei­nen vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 413,64 €.

Zwar schei­det ein An­spruch aus §§ 280 I, II, 286 BGB aus. Die vor­ge­richt­li­che Tä­tig­keit des Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten des Klä­gers be­gann be­reits mit der erst­ma­li­gen schrift­li­chen Män­gel­be­sei­ti­gungs­auf­for­de­rung vom 05.03.2020. Zu die­sem Zeit­punkt be­fand sich die Be­klag­te mit der Män­gel­be­sei­ti­gung noch nicht in Ver­zug.

Al­ler­dings be­steht ein An­spruch un­mit­tel­bar aus §§ 280 I, 249 BGB. Die Kos­ten der vor­ge­richt­li­chen Rechts­ver­fol­gung sind nach § 249 BGB nur zu er­stat­ten, so­weit sie er­for­der­lich und zweck­mä­ßig wa­ren (Pa­landt/​Grü­ne­berg, a. a. O., § 249 Rn. 57). Bei ei­ner erst­ma­li­gen Frist­set­zung zur Man­gel­be­sei­ti­gung kann in ei­nem ein­fach ge­la­ger­ten Fall ei­ne sol­che Er­for­der­lich­keit grund­sätz­lich nicht an­ge­nom­men wer­den. Dem durch­schnitt­li­chen Käu­fer ist es mög­lich, ei­ne sol­che schrift­li­che Auf­for­de­rung selbst zu ver­fas­sen, wenn es um ei­ne ein­fa­che Män­gel­be­sei­ti­gung an ei­ner Kauf­sa­che geht. Al­ler­dings stell­te sich vor­lie­gend die zu­sätz­li­che Pro­ble­ma­tik, ge­gen wen das Auf­for­de­rungs­schrei­ben zu rich­ten war. Nach­dem der Zeu­ge V im Kauf­ver­trag stand, das Fahr­zeug aber auf dem Be­triebs­ge­län­de der Be­klag­ten er­wor­ben wor­den war, muss­te sich ei­nem ju­ris­ti­schen Lai­en nicht oh­ne Wei­te­res er­schlie­ßen, ge­gen wen – und ob über­haupt – er Män­gel­rech­te gel­tend ma­chen kann. Da­her war die In­an­spruch­nah­me rechts­an­walt­li­cher Be­ra­tung aus­nahms­wei­se be­reits in ei­nem so frü­hen Sta­di­um er­for­der­lich und an­ge­mes­sen.

Der Hö­he nach kann der Klä­ger sei­ne vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten je­doch nur aus ei­nem Streit­wert von 3.720,93 € be­an­spru­chen. Hier­aus er­gibt sich der aus­ge­ur­teil­te Be­trag von 413,64 €.

4 Der Zins­an­spruch er­gibt sich aus §§ 280 I, II, 286 I 1, § 288 I BGB. Nach der vor­ge­richt­li­chen Frist­set­zung zur Rück­ab­wick­lung bis zum 01.04.2019 be­fand sich die Be­klag­te ana­log § 187 I BGB seit dem 02.04.2019 im Ver­zug.

III. Die Kos­ten­ent­schei­dung fin­det ih­re Grund­la­ge in § 92 I ZPO. …

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