1. Ein Ge­braucht­wa­gen, des­sen tat­säch­li­che Ge­samt­lauf­leis­tung we­sent­lich (hier: min­des­tens 84.000 km) hö­her ist als die vom Ki­lo­me­ter­zäh­ler an­ge­zeig­te Lauf­leis­tung, ist i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB man­gel­haft, wenn ein ver­stän­di­ger Durch­schnitts­käu­fer un­ter den kon­kre­ten Um­stän­den, ins­be­son­de­re mit Rück­sicht auf das Al­ter des Fahr­zeugs, sei­ne Vor­nut­zung und die An­zahl sei­ner Vor­be­sit­zer, be­rech­tig­ter­wei­se er­war­ten darf, dass der an­ge­zeig­te Ki­lo­me­ter­stand der tat­säch­li­chen Ge­samt­lauf­leis­tung des Fahr­zeugs ent­spricht (vgl. BGH, Urt. v. 16.03.2005 – VI­II ZR 130/04, ju­ris Rn. 9).
  2. Bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf i. S. des § 474 I 1 BGB wird dann, wenn sich in­ner­halb von sechs Mo­na­ten nach Ge­fahr­über­gang (§ 446 Satz 1 BGB) ein akut man­gel­haf­ter Zu­stand – hier: ein Mo­tor­scha­den – zeigt, ge­mäß § 477 BGB n.F. (= § 476 BGB a.F.) grund­sätz­lich ver­mu­tet, dass die­ser man­gel­haf­te Zu­stand in ei­nem frü­he­ren Ent­wick­lungs­sta­di­um schon bei Ge­fahr­über­gang vor­ge­le­gen ha­be (im An­schluss an BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VI­II ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 49 ff. [zu § 476 BGB a.F.]). Die­se Ver­mu­tung ist wi­der­legt, wenn dem Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens der Nach­weis ge­lingt, dass der man­gel­haf­te Zu­stand auf üb­li­chen, dem Al­ter und der Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs ent­spre­chen­den Ver­schleiß zu­rück­zu­füh­ren ist (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VI­II ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 59). Ein sol­cher Ver­schleiß, mit dem ein Ge­braucht­wa­gen­käu­fer rech­nen muss, löst auch dann kei­ne Sach­män­gel­haf­tung des Ver­käu­fers aus, wenn er bei Ge­fahr­über­gang schon vor­han­de­nen, aber noch nicht of­fen­bar ge­wor­de­nen war (im An­schluss an OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 01.10.2008 – I-18 U 1/08, ju­ris Rn. 17).
  3. Maß­geb­lich da­für, ob ei­ne ty­pi­sche oder ei­ne aty­pi­sche Ver­schleiß­er­schei­nung vor­liegt, ist bei ei­nem Ge­braucht­wa­gen, der we­gen ei­ner er­heb­li­chen Dis­kre­panz zwi­schen tat­säch­li­cher und an­ge­zeig­ter Ge­samt­lauf­leis­tung i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB man­gel­haft ist, die an­ge­zeig­te und nicht sie tat­säch­li­che Ge­samt­lauf­leis­tung.

OLG Hamm, Ur­teil vom 17.11.2020 – 34 U 57/19

Sach­ver­halt: Der Klä­ger nimmt den Be­klag­ten auf Rück­ab­wick­lung ei­nes Kfz-Kauf­ver­trags so­wie auf Auf­wen­dungs- und Scha­dens­er­satz in An­spruch.

Er be­stell­te bei dem Be­klag­ten, der ein Au­to­haus be­treibt, am 02.12.2016 für 12.700 € ei­nen ge­brauch­ten Pkw Ja­gu­ar S-Ty­pe 2.7 D V6. Der Be­klag­te hat­te die­ses Fahr­zeug, des­sen Ki­lo­me­ter­stand sei­ner­zeit 109.474 be­trug, mit ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 99.800 be­wor­ben. In dem Be­stell­for­mu­lar heißt es vor­for­mu­liert, der Käu­fer be­stel­le das Fahr­zeug „in Aus­übung sei­ner ge­werb­li­chen oder selbst­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit […] un­ter Aus­schluss jeg­li­cher Ge­währ­leis­tung für Sach- und Rechts­män­gel“.

Am 16.12.2016 hol­te der Klä­ger den Ja­gu­ar S-Ty­pe 2.7 D V6 ab. Zu­gleich er­hielt er ein Er­satz-Ser­vice­heft, des­sen ein­zi­ge, un­ter dem 18.05.2016 vor­ge­nom­me­ne Ein­tra­gung ei­nen Ki­lo­me­ter­stand von 109.516 aus­wies. Au­ßer­dem un­ter­zeich­ne­te der Klä­ger ei­ne „Zu­satz­ver­ein­ba­rung“, wo­nach er er­klär­te, den Fahr­zeug­kauf „wie be­reits in der ver­bind­li­chen Be­stel­lung ver­ein­bart, in Aus­übung sei­ner selbst­stän­di­gen be­ruf­li­chen oder ge­werb­li­chen Tä­tig­keit als … vor­zu­neh­men“. Wei­ter heißt es in der „Zu­satz­ver­ein­ba­rung“: „In dem Zu­sam­men­hang wur­de auch ei­ne Re­du­zie­rung des Kauf­prei­ses in Hö­he von: … ver­ein­bart.“

Am 23.12.2016 zeig­te sich bei dem Ja­gu­ar S-Ty­pe 2.7 D V6 ei­ne Un­dich­tig­keit des Kühl­sys­tems. Die­ser De­fekt wur­de ge­mäß ei­ner Ab­spra­che, die der Klä­ger zu­vor mit dem Mit­ar­bei­ter M des Be­klag­ten ge­trof­fen hat­te, im Kfz-Meis­ter­be­trieb W be­sei­tigt. Da­für wur­den dem Klä­ger 163,86 € in Rech­nung ge­stellt.

Mit E-Mail vom 29.01.2017 in­for­mier­te der Klä­ger den Mit­ar­bei­ter M des Be­klag­ten dar­über, dass die hin­te­ren Park­sen­so­ren des Pkw un­brauch­bar sei­en, der Fens­ter­he­ber an der Fah­rer­sei­te und di­ver­se Heiz­dräh­te in der Heck­schei­be de­fekt sei­en und sich Was­ser im Kof­fer­raum des Fahr­zeugs be­fin­de. Die lin­ke Rück­leuch­te er­hal­te der Be­klag­te zu­rück, weil de­ren Glas dun­kel statt klar sei und un­ter an­de­rem tie­fe Krat­zer auf­wei­se. Es wä­re schön, wenn man sich ei­ni­gen kön­ne, da er, der Klä­ger, „nicht ewig mit zwei un­ter­schied­li­chen Rück­leuch­ten durch die Ge­gend fah­ren“ wol­le.

Am 03.02.2017 trat bei dem Ja­gu­ar S-Ty­pe 2.7 D V6. ei­ne Un­dich­tig­keit des Ka­ta­ly­sa­tors auf, die zur Fol­ge hat­te, dass Ab­ga­se in den In­nen­raum des Fahr­zeugs ge­lang­ten. Auch die­ser De­fekt wur­de in Ab­spra­che mit dem Mit­ar­bei­ter M der Be­klag­ten in der Kfz-Werk­statt W be­sei­tigt. Die Re­pa­ra­tur­kos­ten be­lie­fen sich auf 749,70 €, von de­nen der Be­klag­te 690,12 € zahl­te, so­dass ei­ne Dif­fe­renz von 59,58 € ver­blieb.

Am 05.04.2017 brach­te der Klä­ger sein Fahr­zeug aber­mals in die Werk­statt W, wo es sich seit­dem be­fin­det. An­schlie­ßend in­for­mier­te er M dar­über, dass der Pkw ei­nen Mo­tor­scha­den er­lit­ten ha­be.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 19.04.2017 for­der­te der Klä­ger den Be­klag­ten auf, ihm bis zum 26.04.2017 den für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ge­zahl­ten Kauf­preis ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be und Rück­über­eig­nung des Pkw zu er­stat­ten. Hilfs­wei­se ver­lang­te der Klä­ger von dem Be­klag­ten, den Pkw ord­nungs­ge­mäß nach­zu­bes­sern. Der Be­klag­te bot un­ter dem 04.05.2017 un­ter an­de­rem an, den Kauf­ver­trag der­ge­stalt rück­ab­zu­wi­ckeln, dass er dem Klä­ger den Kauf­preis „ab­züg­lich der ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter, Al­ters­wert­ver­lust (Jah­res­wech­sel, wei­te­rer Vor­be­sit­zer)“ er­stat­te. Das set­ze al­ler­dings vor­aus, dass das Fahr­zeug „mo­tor­tech­nisch ein­wand­frei“ lau­fe. Der Klä­ger müs­se da­her, wenn er den Kauf­ver­trag rück­gän­gig ma­chen wol­le, zu­nächst den Mo­tor un­ter In­an­spruch­nah­me ei­ner für das Fahr­zeug be­ste­hen­den Ga­ran­tie­ver­si­che­rung in­stand set­zen las­sen. Da­bei kön­ne er, der Be­klag­te, „nicht aus der Fer­ne mit­re­den“, da er nicht wis­se, „wel­ches Mal­heur in der Werk­statt pas­siert“ sei.

Dar­auf­hin er­klär­te der Klä­ger mit Schrei­ben vom 15.05.2017 er­neut den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und ver­lang­te, dass die­ser bis zum 22.05.2017 rück­ab­ge­wi­ckelt wer­de. Der Be­klag­te ver­wies un­ter dem 22.05.2017 auf sein Schrei­ben vom 04.05.2017. Der Klä­ger setz­te dem Be­klag­ten dar­auf­hin am 23.05.2017 ei­ne Frist zur Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags bis zum 26.05.2017. Un­ter dem 26.05.2017 er­klär­te der Be­klag­te, dass „an ei­nem äl­te­ren Ge­braucht­wa­gen lei­der ein Man­gel auf­ge­tre­ten“ sei, und schlug vor, dass das Fahr­zeug ent­we­der beim Klä­ger ab­ge­holt und in Ab­stim­mung mit dem Ga­ran­tie­ver­si­che­rer re­pa­riert oder Zug um Zug ge­gen Er­stat­tung des um ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung ver­min­der­ten Kauf­prei­ses zu­rück­ge­nom­men wer­de.

Un­ter dem 06.06.2017 ver­lang­te der Klä­ger, dass der Be­klag­te den Ja­gu­ar S-Ty­pe 2.7 D V6 bis zum 13.06.2017 Zug um Zug ge­gen Zah­lung von 12.558,32 € und Er­satz der dem Klä­ger ent­stan­de­nen Rechts­an­walts­kos­ten zu­rück­neh­me. Der Be­klag­te lehn­te dies am 12.06.2017 ab. Ei­ne Fahr­zeug­rück­nah­me sei nur un­ter „kla­ren und fai­ren Vor­ga­ben“ mög­lich. Er, der Be­klag­te, wer­de dem Klä­ger den Kauf­preis ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von noch 12.334,88 € er­stat­ten. Wie von An­fang an er­be­ten, tre­te ihm der Klä­ger im Ge­gen­zug An­sprü­che ge­gen den Ga­ran­tie­ver­si­che­rer ab, da­mit das Fahr­zeug in­stand ge­setzt wer­den kön­ne.

Der Klä­ger ver­wies un­ter dem 19.06.2017 auf sein Schrei­ben vom 06.06.2017 und setz­te dem Be­klag­ten ei­ne Frist zur Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags bis zum 23.06.2017. Am 27.06.2017 er­klär­te der – mitt­ler­wei­le an­walt­lich ver­tre­te­ne – Be­klag­te, dass noch ab­ge­klärt wer­den müs­se, in wel­cher Wei­se ihm der Klä­ger sei­ne An­sprü­che ge­gen den Ga­ran­tie­ver­si­che­rer ab­tre­ten kön­ne. Ei­ne ein­ver­nehm­li­che Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags sei nicht aus­ge­schlos­sen; er­for­der­lich sei aber, dass er, der Be­klag­te, den streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw zu­vor über­prü­fen kön­ne. Der Klä­ger mö­ge mit­tei­len, wann und wo er das Fahr­zeug da­für zur Ver­fü­gung stel­len kön­ne.

Der Klä­ger setz­te dem Be­klag­ten dar­auf­hin un­ter dem 28.06.2017 – er­folg­los – ei­ne letz­te Frist zur Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags bis zum 05.07.2017.

Mit sei­ner Kla­ge hat der Klä­ger den Be­klag­ten auf Zah­lung von 13.062,65 € nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des Ja­gu­ar S-Ty­pe 2.7 D V6, in An­spruch ge­nom­men. Die­ser Be­trag setzt sich wie folgt zu­sam­men:

Kauf­preis 12.700,00 €
Kraft­fahr­zeug­steu­er (an­tei­lig) + 209,00 €
Ver­si­che­rungs­prä­mi­en (an­tei­lig) + 361,78 €
Zu­las­sungs­kos­ten + 48,00 €
Kos­ten für Au­ßer­be­trieb­set­zung des Kfz + 10,00 €
Re­pa­ra­tur­kos­ten 1 (Dif­fe­renz­be­trag) + 59,58 €
Re­pa­ra­tur­kos­ten 2 + 163,86 €
Zwi­schen­sum­me 13.552,22 €
Nut­zungs­ent­schä­di­gung ? 489,57 €
Kla­ge­for­de­rung 13.062,65 €

Au­ßer­dem hat der Klä­ger die Fest­stel­lung be­gehrt, dass der Be­klag­te mit der An­nah­me des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs in Ver­zug sei, und er hat den Er­satz vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he 1.029,35 € nebst Zin­sen ver­langt.

Der Klä­ger hat in Ab­re­de ge­stellt, den streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag als Un­ter­neh­mer ge­schlos­sen zu ha­ben, und be­haup­tet, er ha­be M im Ver­kaufs­ge­spräch dar­auf hin­ge­wie­sen, dass er bei der Ge­mein­de Stein­ha­gen be­schäf­tigt sei. Wei­ter hat der Klä­ger be­haup­tet, dass der Ja­gu­ar S-Ty­pe 2.7 D V6 di­ver­se Män­gel (de­fek­te Kli­ma­an­la­ge, de­fek­te oder falsch ein­ge­stell­te Park­sen­so­ren; de­fek­ter Fens­ter­he­ber an der Fah­rer­tür; de­fek­te Heiz­dräh­te in der Heck­schei­be; Glas ei­ner Rück­leuch­te dun­kel statt klar) auf­wei­se. Als er, der Klä­ger, mit dem Fahr­zeug am 05.04.2017 die Werk­statt W auf­ge­sucht ha­be, sei dort der Zahn­rie­men ge­ris­sen und sei es da­durch zu ei­nem – aus Sicht der Werk­statt­mit­ar­bei­ter ka­pi­ta­len – Mo­tor­scha­den ge­kom­men. Er, der Klä­ger, ha­be dar­über den Mit­ar­bei­ter M des Be­klag­ten in­for­miert. Die­ser ha­be auf die Ga­ran­tie­ver­si­che­rung ver­wie­sen, oh­ne sich da­zu zu äu­ßern, wie es sich bei ei­ner In­an­spruch­nah­me die­ser Ver­si­che­rung mit sei­ner – des Klä­gers – Selbst­be­tei­li­gung ver­hal­te.

Mit Blick dar­auf, dass im Kauf­ver­trag (02.12.2016) ein Ki­lo­me­ter­stand fest­ge­hal­ten wur­de, wäh­rend aus­weis­lich des Ser­vice­hefts der Ki­lo­me­ter­stand am 18.05.2016 schon 109.516 be­tra­gen ha­ben soll, hat der Klä­ger die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung er­klärt.

Der Be­klag­te ist der Kla­ge ent­ge­gen­ge­tre­ten. Er hat be­haup­tet, das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug sei vor der Über­ga­be an den Klä­ger bei ei­nem Ja­gu­ar-Ver­trags­händ­ler ei­ner In­spek­ti­on un­ter­zo­gen wor­den. Au­ßer­dem hat der Be­klag­te gel­tend ge­macht, dass er mit dem Klä­ger ei­ne Ab­gel­tungs­ver­ein­ba­rung hin­sicht­lich al­ler ge­gen­wär­ti­gen und zu­künf­ti­gen An­sprü­che we­gen ei­nes Man­gels ge­trof­fen ha­be, und dass es die gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen (Kraft­fahr­zeug­steu­er etc.) So­wie­so­kos­ten sei­en.

Das Land­ge­richt hat den kauf­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss für un­wirk­sam ge­hal­ten, weil nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me fest­ste­he, dass der Klä­ger den Ja­gu­ar S-Ty­pe 2.7 D V6 nicht als Un­ter­neh­mer (§ 14 I BGB) er­wor­ben ha­be, und der Kla­ge voll­um­fäng­lich statt­ge­ge­ben (LG Bie­le­feld, Urt. v. 01.02.2019 – 1 O 243/17). Die da­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung des Be­klag­ten, der wei­ter­hin die Ab­wei­sung der Kla­ge er­rei­chen woll­te, hat­te kei­nen Er­folg, wo­bei der Klä­ger die Kla­ge in der Be­ru­fungs­in­stanz teil­wei­se zu­rück­ge­nom­men hat.

Aus den Grün­den: B. … 1. Dem Klä­ger steht ein An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags aus § 346 I BGB i. V. mit § 437 Nr. 2 Fall 1, § 323 I BGB ge­gen den Be­klag­ten zu.

a) Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug war zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs man­gel­haft.

Zwar liegt kein Sach­man­gel i. S. des § 434 I 1 BGB im Hin­blick auf die vom Sach­ver­stän­di­gen fest­ge­stell­te, den Ta­chostand er­heb­lich über­stei­gen­de Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs vor. Denn zwi­schen den Par­tei­en ist dies­be­züg­lich kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung ge­trof­fen wor­den. So wird der Ki­lo­me­ter­stand von „ca. 109.474 km“ im Kauf­ver­trag als von den Par­tei­en ab­ge­le­sen be­zeich­net und le­dig­lich ei­ne ent­spre­chen­de Ge­samt­fahr­leis­tung „laut Vor­be­sit­zer“ aus­ge­wie­sen. Da­bei han­delt es sich um ei­ne blo­ße Wis­sens­mit­tei­lung (vgl. Eg­gert, in: Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 14. Aufl. [2020], Rn. 2792 m. w. Nachw.). Auch frü­he­re An­ga­ben in ei­nem In­se­rat sind da­durch über­holt (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 01.04.2014 – 28 U 85/13, ju­ris Rn. 21 ff.).

Das Fahr­zeug wies zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs aber nicht die üb­li­che und er­wart­ba­re Be­schaf­fen­heit i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf. Dies steht auf­grund der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me zur Über­zeu­gung des Se­nats fest.

Maß­stab da­für, wel­che Be­schaf­fen­heit der Käu­fer „nach der Art der Sa­che“ er­war­ten kann, ist die ob­jek­tiv be­rech­tig­te Käu­fe­rer­war­tung, die sich in Er­man­ge­lung ab­wei­chen­der An­halts­punk­te je­den­falls im Re­gel­fall an der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit gleich­ar­ti­ger Sa­chen ori­en­tiert.

aa) Der Sach­ver­stän­di­ge S hat in sei­nem vom Se­nat be­auf­trag­ten Gut­ach­ten vom 27.05.2020 dar­ge­legt, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ei­nen Mo­tor­scha­den er­lit­ten ha­be. So ist der Sach­ver­stän­di­ge auf­grund sei­ner Be­gut­ach­tung zu dem Er­geb­nis ge­kom­men, dass die Kur­bel­wel­le ge­bro­chen sei und da­durch der Mo­tor blo­ckie­re. Es lie­ge ein „ka­pi­ta­ler Mo­tor­scha­den“ vor. Die­ser kön­ne nicht auf ei­nen feh­ler­haf­ten Um­gang mit dem Fahr­zeug zu­rück­ge­führt wer­den; ins­be­son­de­re sei Öl in aus­rei­chen­der Men­ge vor­han­den ge­we­sen. Die Ur­sa­che sei viel­mehr der Lauf­leis­tung des Mo­tors zu­zu­ord­nen. Aus der elek­tro­ni­schen Fahr­zeug­ak­te, die bei der Ja­gu­ar-Ver­tre­tung X in M. ab­ge­fragt wor­den sei, er­ge­be sich ein Ta­chostand von 163.487 km am 25.03.2013 und von 79.702 km am 17.04.2014. Dem­nach sei das Fahr­zeug zwi­schen dem 17.04.2014 und der Be­gut­ach­tung im Rah­men des Be­ru­fungs­ver­fah­rens am 13.05.2020, bei der der Ta­chostand 114.619 km be­tra­gen ha­be, min­des­tens 34.917 km ge­lau­fen. Bei Ad­di­ti­on mit dem am 25.03.2013 aus­ge­wie­se­nen Ta­chostand er­ge­be sich ei­ne Min­dest­lauf­leis­tung von 198.404 km. Da das Fahr­zeug zwi­schen dem 25.03.2013 und dem 17.04.2014 mit ho­her Wahr­schein­lich­keit eben­falls ge­fah­ren wor­den sei, kön­ne nach Auf­fas­sung des Sach­ver­stän­di­gen von ei­ner Fahr­leis­tung über 200.000 km aus­ge­gan­gen wer­den.

Die­sen nach­voll­zieh­ba­ren Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen ist der Be­klag­ten bin­nen der vom Se­nat mit Be­schluss vom 04.06.2020 un­ter Hin­weis auf die Fol­gen ei­ner Frist­ver­säu­mung ein­ge­räum­ten Stel­lung­nah­me­frist nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten. So­weit er erst­mals im Ver­hand­lungs­ter­min vom 17.11.2020 die Auf­fas­sung ver­tritt, das Gut­ach­ten sei un­brauch­bar, ent­behrt das Vor­brin­gen jeg­li­cher Sub­stanz und ist über­dies präk­lu­diert. Kon­kre­te An­halts­punk­te, die Zwei­fel an den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen be­grün­den könn­ten, sind we­der vor­ge­tra­gen noch er­sicht­lich.

Der Be­klag­te ist für die nach Über­ga­be ein­ge­tre­te­ne Zu­stands­ver­schlech­te­rung des Fahr­zeugs in Ge­stalt des Mo­tor­scha­dens auch ge­währ­leis­tungs­recht­lich ver­ant­wort­lich, da sie die Fol­ge ei­nes bei Über­ga­be vor­han­de­nen Sach­man­gels ist (vgl. Eg­gert, in: Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3281, 3285, 3291, 3364). In­so­weit greift vor­lie­gend zu­guns­ten des Klä­gers die Be­weis­last­um­kehr des § 476 BGB a.F. (= § 477 BGB n.F.) ein.

Das Land­ge­richt hat den streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag auf­grund der erst­in­stanz­lich durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me als Ver­brauchs­gü­ter­kauf ein­ge­ord­net. Dies ist von dem Be­klag­ten mit der Be­ru­fung nicht an­ge­grif­fen wor­den.

Im An­wen­dungs­be­reich des § 477 BGB n.F. wird nach der neue­ren Recht­spre­chung des BGH (Urt. v. 12.10.2016 – VI­II ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 49 ff. [zu § 476 BGB a.F.]) bei Auf­tre­ten ei­nes aku­ten „man­gel­haf­ten Zu­stands“ in­ner­halb von sechs Mo­na­ten nach Über­ga­be ver­mu­tet, dass die­ser in ei­nem frü­he­ren Ent­wick­lungs­sta­di­um schon bei Ge­fahr­über­gang vor­ge­le­gen hat, sei es als ein ihn spä­ter aus­lö­sen­der la­ten­ter Man­gel oder als An­fangs­stu­fe des ei­gent­li­chen Sach­man­gels (vgl. Eg­gert, in: Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3368).

Dass die Ver­mu­tung mit der Art des Man­gels oder der Sa­che nicht ver­ein­bar wä­re, wird von dem Be­klag­ten im Hin­blick auf den von Sach­ver­stän­di­gen fest­ge­stell­ten Scha­den nicht vor­ge­tra­gen. Viel­mehr hat der Be­klag­te mit der Be­ru­fung le­dig­lich die Auf­fas­sung ver­tre­ten, bei ei­nem Riss des Zahn­rie­mens grei­fe die Ver­mu­tung des § 477 BGB n.F. nicht ein, da es sich um ein „re­gel­mä­ßi­ges Ver­schleiß­teil“ han­de­le. Ur­sa­che des Mo­tor­scha­dens ist aus­weis­lich des Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens aber nicht ein Riss des Zahn­rie­mens, son­dern ein Bruch der Kur­bel­wel­le.

Auch die Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen, wo­nach der Bruch der Kur­bel­wel­le auf die Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs zu­rück­zu­füh­ren ist, ste­hen der Ver­mu­tungs­wir­kung nicht ent­ge­gen.

Zwar liegt bei im Zeit­punkt der Über­ga­be vor­han­de­nem nor­ma­len Ver­schleiß und ge­wöhn­li­cher Al­te­rung in der Re­gel kein ver­trags­wid­ri­ger Zu­stand und da­mit kein Sach­man­gel vor (vgl. Eg­gert, in: Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3380). Der Käu­fer ei­nes ge­brauch­ten Pkw muss viel­mehr die ty­pi­schen Ver­schleiß­er­schei­nun­gen ei­nes Fahr­zeugs in Rech­nung stel­len und mit schon vor­han­de­nen, je­doch noch nicht of­fen­bar ge­wor­de­nen Ver­schleiß­er­schei­nun­gen rech­nen, die im wei­te­ren Ver­lauf zur Funk­ti­ons­un­fä­hig­keit füh­ren kön­nen, wenn das Ver­schleiß­teil nicht er­neu­ert wird. Da­her löst ein al­ter­s­ty­pi­scher Ver­schleiß­man­gel, der sich nach Über­ga­be ver­stärkt und ge­ge­be­nen­falls zur Funk­ti­ons­un­fä­hig­keit führt, kei­ne Sach­män­gel­haf­tung aus (OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 01.10.2008 – I-18 U 1/08, ju­ris Rn. 17; Eg­gert, in: Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3019). Kann ein Ver­käu­fer da­her nach­wei­sen, dass der man­gel­haf­te Zu­stand, der sich in­ner­halb von sechs Mo­na­ten nach Über­ga­be zeigt, auf ei­ne üb­li­che Ab­nut­zungs­er­schei­nung zu­rück­zu­füh­ren ist, ist die Be­weis­ver­mu­tung nach der Recht­spre­chung des BGH wi­der­legt (BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VI­II ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 59; Eg­gert, in: Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3380 ff.).

Dies ist vor­lie­gend je­doch nicht der Fall. Dar­auf, ob der Be­klag­te sich die Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen über­haupt zu ei­gen ge­macht hat, kommt es in­so­weit nicht an. Zum ei­nen er­gibt sich aus den An­ga­ben des Sach­ver­stän­di­gen schon nicht, dass der Kur­bel­wel­len­bruch im Hin­blick auf die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs als üb­li­che Ver­schleiß­er­schei­nung an­zu­se­hen ist. Selbst wenn dies der Fall wä­re, der Bruch der Kur­bel­wel­le al­so als üb­li­che Ver­schleiß­er­schei­nung bei der vom Sach­ver­stän­di­gen fest­ge­stell­ten Lauf­leis­tung von min­des­tens 198.404 km an­zu­se­hen wä­re, wür­de dies aber zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis füh­ren. Denn für die Be­ur­tei­lung der üb­li­chen und er­wart­ba­ren Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeug­zu­stands ist die im Kauf­ver­trag an­ge­ge­be­ne Lauf­leis­tung von 109.474 km maß­geb­lich.

Wel­che Be­schaf­fen­heit im Hin­blick auf den Zu­stand des Fahr­zeugs als üb­lich an­zu­se­hen ist, rich­tet sich nach den Um­stän­den des Ein­zel­falls (vgl. Eg­gert, in: Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 2842 m. w. Nachw.). Nach der Recht­spre­chung des BGH ist be­züg­lich der Lauf­leis­tung dar­auf ab­zu­stel­len, ob der Käu­fer nach den Um­stän­den er­war­ten darf, dass die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs nicht we­sent­lich hö­her ist, als der Ki­lo­me­ter­zäh­ler an­zeigt (vgl. BGH, Urt. v. 16.03.2005 – VI­II ZR 130/04, ju­ris Rn. 9; Eg­gert, in: Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 2842 ff. m. w. Nachw.). Maß­geb­lich ist da­nach, ob ein ver­stän­di­ger Durch­schnitts­käu­fer un­ter den kon­kre­ten Um­stän­den, ins­be­son­de­re mit Rück­sicht auf das Al­ter des Fahr­zeugs, die An­zahl der Vor­be­sit­zer und sei­ne Vor­be­nut­zung, be­rech­tig­ter­wei­se von der Rich­tig­keit des an­ge­zeig­ten Ki­lo­me­ter­stands aus­ge­hen darf.

Dies zu­grun­de ge­legt, durf­te der Klä­ger un­ter Be­rück­sich­ti­gung der kon­kre­ten Ein­zel­fal­l­um­stän­de er­war­ten, dass die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs den ab­ge­le­se­nen Ta­chostand je­den­falls nicht we­sent­lich über­steigt. Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug wies zum Zeit­punkt des Kauf­ver­trags­schlus­ses ein Al­ter von neun Jah­ren so­wie zwei Vor­be­sit­zer auf. Zu­dem war das Fahr­zeug aus­weis­lich der ver­bind­li­chen Be­stel­lung we­der als Miet­wa­gen noch als Fahr­schul­wa­gen zu­ge­las­sen. An­halts­punk­te für er­kenn­ba­re (be­son­de­re) Ab­nut­zungs­er­schei­nun­gen sind we­der vor­ge­tra­gen noch er­sicht­lich. Vor die­sem Hin­ter­grund durf­te der Klä­ger – auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung der durch­schnitt­li­chen Lauf­leis­tung ei­nes „nor­ma­len“ Ge­braucht­fahr­zeugs (13.000 km p. a.; vgl. Eg­gert, in: Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 2842) – be­rech­tig­ter­wei­se er­war­ten, dass die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung zu­min­dest nicht er­heb­lich von dem an­ge­ge­be­nen Ki­lo­me­ter­stand ab­weicht. Maß­geb­lich für die Be­ur­tei­lung der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit ist da­mit im Hin­blick auf den Ver­schleiß ein Fahr­zeug mit ei­ner Lauf­leis­tung von et­wa 110.000 km, nicht ein Fahr­zeug mit ei­ner Lauf­leis­tung von min­des­tens 198.000 km.

bb) Da der Klä­ger, wie dar­ge­legt, be­rech­tig­ter­wei­se er­war­ten durf­te, dass die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung nicht we­sent­lich hö­her als der vom Ta­cho an­ge­zeig­te Ki­lo­me­ter­stand ist, liegt dar­in – auch für sich ge­nom­men – ein Man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf­grund ei­nes Ab­wei­chens der Ist- von der er­wart­ba­ren Soll-Lauf­leis­tung (vgl. Eg­gert, in: Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 2839, 2841). Denn nach den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen wies das Fahr­zeug be­reits am 25.03.2013 ei­ne Lauf­leis­tung von 163.487 km auf. Zu­züg­lich der bis zur Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger (zu­min­dest) zu­rück­ge­leg­ten Fahr­stre­cke von (109.474 km ? 79.702 km =) 29.772 km er­gibt sich ei­ne Lauf­leis­tung von (min­des­tens) 193.259 km zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs. Die­se Ab­wei­chung von fast 84.000 km ist of­fen­sicht­lich auch er­heb­lich (vgl. Eg­gert, in: Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 2849) Dar­auf, dass – wie der Sach­ver­stän­di­ge zu­tref­fend aus­führt – tat­säch­lich noch von ei­ner hö­he­ren Lauf­leis­tung aus­zu­ge­hen sein dürf­te, da an­zu­neh­men ist, dass das Fahr­zeug zwi­schen dem 25.03.2013 und dem 17.04.2014, an dem der Ta­chostand le­dig­lich 79.702 km aus­wies, eben­falls ge­fah­ren wur­de, kommt es vor die­sem Hin­ter­grund nicht an.

b) Der Be­klag­te kann sich auch nicht auf den ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­ru­fen, da die­ser ge­mäß § 475 I BGB a.F. un­wirk­sam ist. Nach den mit der Be­ru­fung nicht an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Land­ge­richts han­delt es sich bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag um ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf.

Ei­ne wirk­sa­me, die streit­ge­gen­ständ­li­chen Män­gel er­fas­sen­de Ab­gel­tungs­ver­ein­ba­rung liegt eben­falls nicht vor. Der Be­klag­te ist den ent­spre­chen­den Fest­stel­lun­gen des Land­ge­richts, wo­nach es schon an ei­nem schlüs­si­gen Vor­trag be­züg­lich ei­ner die Ab­gel­tung et­wai­ger Män­gel durch Zah­lung des Be­tra­ges von 690,12 € re­geln­den Ver­ein­ba­rung feh­le, nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten.

c) Der Klä­ger hat dem Be­klag­ten auch er­folg­los ei­ne Frist zu Nach­er­fül­lung ge­setzt. Mit Schrei­ben vom 19.04.2017 hat der Klä­ger dem Be­klag­ten (hilfs­wei­se) ei­ne Frist zur Män­gel­be­sei­ti­gung bis zum 26.04.2017 ge­setzt. Es kann da­hin­ste­hen, ob die Frist von ei­ner Wo­che an­ge­mes­sen ist, denn im Fal­le ei­ner un­an­ge­mes­sen kur­zen Frist ist ein Rück­tritt nach Ab­lauf ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist mög­lich. Dies war je­den­falls zum Zeit­punkt des vom Klä­ger am 15.05.2017 er­klär­ten Rück­tritts der Fall. Der Be­klag­te hat ei­ne Nach­er­fül­lung bis zu die­sem Zeit­punkt nicht ord­nungs­ge­mäß an­ge­bo­ten. Zwar hat er sich mit Schrei­ben vom 04.05.2017 be­reit er­klärt, ei­ne Nach­bes­se­rung vor­zu­neh­men, je­doch un­ter der Be­din­gung ei­ner zu­vor vom Klä­ger ge­mein­sam mit der Ga­ran­tie­ver­si­che­rung durch­ge­führ­ten Re­pa­ra­tur des Mo­tors und der Ver­brin­gung des re­pa­rier­ten Fahr­zeu­ges zum Sitz des Be­klag­ten. Dar­in liegt schon kein An­ge­bot ei­ner ord­nungs­ge­mä­ßen Nach­er­fül­lung, denn zum ei­nen han­del­te es sich bei dem Mo­tor­scha­den ge­ra­de um die vom Klä­ger ge­rüg­te und vom Be­klag­ten zu re­pa­rie­ren­de Man­gel­er­schei­nung und zum an­de­ren sind sämt­li­che Kos­ten, auch die des Trans­ports, ge­mäß § 439 II BGB, vom Ver­käu­fer zu tra­gen. Dies gilt vor­lie­gend auch un­ab­hän­gig von der Fra­ge, ob der Er­fül­lungs­ort am Sitz des Ver­käu­fers liegt, da das Fahr­zeug man­gel­be­dingt nicht mehr fahr­tüch­tig war und der Be­klag­te in die­sem Fall für den Trans­port zu sor­gen ge­habt hät­te. Ei­ne mög­li­che In­an­spruch­nah­me der Ga­ran­tie­ver­si­che­rung und ei­ne teil­wei­se Kos­ten­über­nah­me durch die­se recht­fer­ti­gen es nicht, den Klä­ger zu­nächst auf die In­an­spruch­nah­me der Ver­si­che­rung zu ver­wei­sen, zu­mal die­se of­fen­sicht­lich nicht die vol­len Re­pa­ra­tur­kos­ten ge­deckt hät­te. Erst nach dem Rück­tritt hat der Be­klag­te ei­ne Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs auf sei­ne Kos­ten an­ge­bo­ten. Zu die­sem Zeit­punkt hat­te sich der Kauf­ver­trag aber be­reits auf­grund des Rück­tritts in ein Rück­ab­wick­lungs­schuld­ver­hält­nis um­ge­wan­delt.

Im Üb­ri­gen war ei­ne Frist­set­zung im Hin­blick auf die man­gel­be­grün­den­de Lauf­leis­tung oh­ne­hin ge­mäß § 326 V BGB ent­behr­lich, da ei­ne Nach­er­fül­lung in­so­weit un­mög­lich war. An­halts­punk­te da­für, dass dem Be­klag­ten ei­ne Nach­er­fül­lung durch Lie­fe­rung ei­nes gleich­ar­ti­gen Fahr­zeugs mög­lich ge­we­sen wä­re, sind we­der vor­ge­tra­gen noch er­sicht­lich.

d) Ein Rück­tritt ist auch nicht we­gen ei­ner Un­er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung ge­mäß § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen. We­der der Bruch der Kur­bel­wel­le noch die ab­wei­chen­de Lauf­leis­tung stel­len ge­ring­fü­gi­ge Män­gel dar.

e) Der Klä­ger hat mit Schrei­ben vom 15.05.2017 aus­drück­lich den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt.

f) Dem Klä­ger steht auf­grund des wirk­sa­men Rück­tritts ein An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags und da­mit auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses von 12.700 € zu; hier­von ist al­ler­dings der Nut­zungs­er­satz­an­spruch des Be­klag­ten in Ab­zug zu brin­gen. Das Land­ge­richt hat auf Grund­la­ge ei­ner ge­schätz­ten Ge­samt­fahr­leis­tung von 250.000 km und ei­ner vom Klä­ger zu­rück­ge­leg­ten Weg­stre­cke von 5.216 km ei­nen Ab­zug in Hö­he von 489,57 € vor­ge­nom­men. Dies ist von dem Be­klag­ten mit der Be­ru­fung nicht an­ge­grif­fen wor­den.

2. Dem Klä­ger steht dar­über hin­aus der – nach Kla­ge­rück­nah­me in Hö­he ei­nes Be­trags von 570,78 € – noch gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Scha­dens­er­satz in Hö­he von ins­ge­samt 281,44 € zu.

a) Ein An­spruch auf Er­stat­tung der Re­pa­ra­tur­kos­ten der Werk­statt W in Hö­he von 59,58 € so­wie 163,86 € folgt be­reits dar­aus, dass die Re­pa­ra­tu­ren von dem Klä­ger un­strei­tig nach Ab­spra­che mit dem Be­klag­ten in Auf­trag ge­ge­ben wur­den. Über­dies er­gibt sich ein An­spruch auf Er­satz der (of­fe­nen) Re­pa­ra­tur­kos­ten aus § 347 II 1 BGB, da es sich bei den Kos­ten der Re­pa­ra­tur von Un­dich­tig­kei­ten am Kühl­sys­tem und am Ka­ta­ly­sa­tor um not­wen­di­ge Ver­wen­dun­gen han­delt (vgl. Eg­gert, in: Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3549, 3553 m. w. Nachw.). Ei­ne Ab­gel­tungs­ver­ein­ba­rung, wo­nach durch Zah­lung des Be­trags von 690,12 € wei­ter­ge­hen­de Er­satz­an­sprü­che des Klä­gers ab­ge­gol­ten sein soll­ten, hat der Be­klag­te, wie dar­ge­legt, schon nicht schlüs­sig vor­ge­tra­gen.

b) Ein An­spruch auf Er­stat­tung der Zu­las­sungs­kos­ten in Hö­he von 48 € folgt aus § 437 Nr. 3 Fall 2, § 284 BGB. Bei den Zu­las­sungs­kos­ten han­delt es sich um ver­geb­li­che Auf­wen­dun­gen (vgl. Eg­gert, in: Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3841 m. w. Nachw.), die – ver­schul­dens­ab­hän­gig – zu er­stat­ten sind. Das Ver­schul­den wird ver­mu­tet. Der Be­klag­te hat sich nicht ent­las­tet. Ei­ne Re­du­zie­rung der er­stat­tungs­fä­hi­gen Zu­las­sungs­kos­ten auf­grund der Nut­zung des Fahr­zeugs (vgl. BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VI­II ZR 275/04, BGHZ 163, 381, 388 ff. = ju­ris Rn. 23 ff.) ist an­ge­sichts ei­ner Nut­zungs­dau­er von le­dig­lich 4 ½ Mo­na­ten und ei­ner von dem Klä­ger zu­rück­ge­leg­ten Weg­stre­cke von 5.216 km un­ter Be­rück­sich­ti­gung der er­wart­ba­ren Rest­lauf­leis­tung nicht an­ge­zeigt.

c) So­weit der Klä­ger Ab­mel­de­kos­ten für das Fahr­zeug in Hö­he von 10 € gel­tend macht, er­gibt sich ein sol­cher An­spruch aus § 437 Nr. 3 Fall 1, § 280 I BGB. Die Kos­ten be­ru­hen auf dem in­fol­ge des wirk­sa­men Rück­tritts und des da­mit ver­bun­de­nen Er­lö­schens der ur­sprüng­li­chen Leis­tungs­pflicht end­gül­ti­gen Aus­blei­ben der Leis­tung. Sie sind erst durch die Ver­let­zung der Pflicht des Be­klag­ten zur man­gel­frei­en Lie­fe­rung und den da­durch ver­an­lass­ten Rück­tritt des Klä­gers vom Kauf­ver­trag ent­stan­den. Da­ge­gen wä­ren sie bei ord­nungs­ge­mä­ßer Er­fül­lung der Leis­tungs­pflicht des Be­klag­ten nicht an­ge­fal­len.

3. Dem Klä­ger steht der – nach der in­so­weit er­folg­ten teil­wei­sen Kla­ge­rück­nah­me – gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Zin­sen in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus ei­nem Be­trag von 12.433,87 € seit dem 14.06.2017 so­wie aus wei­te­ren 58 € seit Rechts­hän­gig­keit, al­so seit dem 06.09.2017, zu. Der Be­klag­te ist mit Ab­lauf der im klä­ge­ri­schen Schrei­ben vom 06.06.2017 ge­setz­ten ein­wö­chi­gen Zah­lungs­frist in Ver­zug mit der Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses (12.700 €) so­wie der Er­stat­tung der of­fe­nen Re­pa­ra­tur­kos­ten (59,58 € + 163,86 €) ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung von 489,57 €, ins­ge­samt al­so 12.433,87 €, ge­ra­ten. So­weit der Klä­ger im vor­ge­nann­ten Schrei­ben auf­grund der An­rech­nung ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung von (nur) 365,12 € ei­ne Zah­lung von 12.558,32 € be­gehrt hat, liegt le­dig­lich ei­ne ge­ring­fü­gi­ge Zu­viel­for­de­rung vor, die dem Ver­zug nicht ent­ge­gen­steht. Nichts an­de­res er­gibt sich aus dem dar­über hin­aus gel­tend ge­mach­ten An­spruch auf Er­stat­tung vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten (da­zu nach­fol­gend un­ter 5).

Be­züg­lich der Zu­las­sungs- und Ab­mel­de­kos­ten in Hö­he von 58 € be­steht ein An­spruch auf Pro­zess­zin­sen aus §§ 291, 288 I 2 BGB.

4. Oh­ne Er­folg wen­det sich der Be­klag­te ge­gen im Ur­teil des Land­ge­richts er­folg­te Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs.

Der Käu­fer hat ein recht­li­ches In­ter­es­se an der Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs des Ver­käu­fers, wenn er da­durch in die La­ge ge­setzt wird, das Ur­teil hin­sicht­lich der vom Ver­käu­fer zu leis­ten­den Zah­lung des Kauf­prei­ses zu voll­stre­cken, oh­ne sei­ne ei­ge­ne Leis­tung tat­säch­lich an­bie­ten zu müs­sen (§ 256 I ZPO i. V. mit § 756 I, § 765 Nr. 1 ZPO). Hier­zu ist ein An­ge­bot not­wen­dig, das An­nah­me­ver­zug nach §§ 293 ff. BGB zu be­grün­den ver­mag.

An­nah­me­ver­zug setzt vor­aus, dass der Gläu­bi­ger dem Schuld­ner die Leis­tung so, wie sie ge­schul­det wird, an­bie­tet (Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 79. Aufl. [2020], § 293 Rn. 9). Der Klä­ger hat dem Be­klag­ten das Fahr­zeug je­den­falls mit Schrei­ben vom 06.06.2017 in An­nah­me­ver­zug be­grün­den­der Wei­se an­ge­bo­ten. Er hat da­bei auch ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung be­rück­sich­tigt; in­so­weit liegt le­dig­lich ei­ne ge­ring­fü­gi­ge Zu­viel­for­de­rung vor, die den An­nah­me­ver­zug nicht hin­dert.

5. Der Klä­ger hat auch ei­nen An­spruch auf Er­satz der vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten aus §§ 280 I, 249 BGB. Der An­spruch be­steht – wie nach der teil­wei­sen Kla­ge­rück­nah­me gel­tend ge­macht – aus­ge­hend von ei­nem Ge­gen­stands­wert von bis zu 13.000 € und ei­ner 1,3-fa­chen Ge­schäfts­ge­bühr nebst Aus­la­gen­pau­scha­le und Mehr­wert­steu­er in Hö­he von 958,19 €. Der Zins­an­spruch folgt in­so­weit aus §§ 291, 288 I 2 BGB.

C. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 I ZPO. So­weit der Klä­ger die Kla­ge zu­rück­ge­nom­men hat, wa­ren ihm die Kos­ten des Rechts­streits nicht an­tei­lig auf­zu­er­le­gen, da in­so­weit ei­ne ver­hält­nis­mä­ßig ge­ring­fü­gi­ge Zu­viel­for­de­rung vor­lag, die nur ge­ring­fü­gig hö­he­re Kos­ten ver­an­lasst hat (§ 269 III 2, § 92 II Nr. 1 ZPO). …

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