Zwar recht­fer­tigt die Be­zeich­nung ei­nes Fahr­zeugs als „Vor­führ­wa­gen“ im All­ge­mei­nen kei­nen Rück­schluss auf das Al­ter des Fahr­zeugs, doch kann ein sol­cher Rück­schluss im Ein­zel­fall auf­grund be­son­de­rer Um­stän­de ge­recht­fer­tigt sein (vgl. BGH, Urt. v. 15.09.2010 – VI­II ZR 61/09, NJW 2010, 3710 Rn. 17 f.). Um­stän­de, die für ein ge­rin­ges Al­ter ei­nes Pkw spre­chen, sind ins­be­son­de­re des­sen ge­rin­ge Lauf­leis­tung, die Ak­tua­li­tät des be­tref­fen­den Mo­dells und ei­ne nur we­ni­ge Mo­na­te vor dem Ver­kauf er­folg­te Erst­zu­las­sung.

LG Nürn­berg-Fürth, Ur­teil vom 15.10.2020 – 7 O 206/20
(nach­fol­gend: OLG Nürn­berg, Ur­teil vom 25.05.2021 – 3 U 3615/20)

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin kauf­te von der be­klag­ten Kraft­fahr­zeug­händ­le­rin am 07.11.2019 ei­nen Pkw Fi­at 124 Spi­der zum Preis von 25.570 €. Grund­la­ge des Kauf­ver­trags war ei­ne auf den 06.11.2019 da­tier­te „Ver­bind­li­che Ge­braucht­wa­gen-Be­stel­lung“, die die Klä­ge­rin am 06.11.2019 mit nach Hau­se ge­nom­men hat­te, um sich den Fahr­zeug­kauf in Ru­he zu über­le­gen, und die sie am Fol­ge­tag im Au­to­haus der Be­klag­ten ab­ge­ge­ben hat­te. Dar­in wird der Fi­at 124 Spi­der als „Vor­führ­wa­gen“ be­zeich­net; zum Da­tum der Erst­zu­las­sung heißt es: „26.07.2019 lt. Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II“ an­ge­ge­ben.

Auf das Fahr­zeug war die Klä­ge­rin durch ein „mobile.​de“-In­se­rat der Be­klag­ten auf­merk­sam ge­wor­den. Dar­in war der Pkw als „Neu­fahr­zeug“ mit ei­ner Lauf­leis­tung von 5 km be­wor­ben wor­den. Im Ver­kaufs­ge­spräch am 06.11.2019 hat­te der Ver­kaufs­mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten V die Klä­ge­rin aber dar­über auf­ge­klärt, dass der Pkw ein Vor­führ­wa­gen und nicht mehr neu sei.

Der Fi­at 124 Spi­der wur­de der Klä­ge­rin noch im No­vem­ber 2019 über­ge­ben. Weil we­ni­ge Ta­ge spä­ter ei­ne Kon­troll­leuch­te auf­leuch­te­te, stell­te die Klä­ge­rin Nach­for­schun­gen zur Fahr­zeug­his­to­rie an. Da­bei er­fuhr sie, dass der Pkw be­reits am 25.07.2017 her­ge­stellt wor­den sei.

Mit Schrei­ben vom 02.12.2019 er­klär­te die Klä­ge­rin ge­gen­über der Be­klag­ten den Rück­tritt von dem mit die­ser ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag. Zur Be­grün­dung führ­te sie aus, dass der Fi­at 124 Spi­der bei der Über­ga­be kein Neu­wa­gen mehr ge­we­sen sei und dies ei­nen Sach­man­gel be­grün­de. Die von der Klä­ge­rin un­ter Frist­set­zung ver­lang­te Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags er­folg­te nicht.

Mit ih­rer Kla­ge hat die Klä­ge­rin er­rei­chen wol­len, dass die Be­klag­te sie Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs von ih­ren Pflich­ten aus ei­nem zur Fi­nan­zie­rung des Kauf­prei­ses ge­schlos­se­nen Dar­le­hens­ver­trags frei­stel­len muss. Au­ßer­dem hat die Klä­ge­rin die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten so­wie die Frei­stel­lung von vor­ge­richt­lich ent­stan­de­nen Rechts­an­walts­kos­ten (1.358,86 €) be­gehrt.

Die Klä­ge­rin hat zu­nächst be­haup­tet, V ha­be ihr auf Nach­fra­ge er­klärt, der Fi­at 124 Spi­der sei ein Neu­fahr­zeug, und – so ha­be V wei­ter er­klärt – nur bei ei­nem Neu­fahr­zeug sei ei­ne „0 %-Fi­nan­zie­rung“ mög­lich. Die­se An­ga­ben hat die Klä­ge­rin bei ih­rer in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung re­vi­diert. Wei­ter hat die Klä­ge­rin zu­nächst be­haup­tet, dass der Pkw am 25.07.2017 pro­du­ziert wor­den sei; spä­ter hat sie be­haup­tet, die Pro­duk­ti­on sei am 07.10.2016 er­folgt. Sie, die Klä­ge­rin, füh­le sich von der Be­klag­ten ge­täuscht, weil zwi­schen Her­stel­lung und Erst­zu­las­sung des Fahr­zeugs ein so lan­ger Zeit­raum lie­ge.

Mit Schrift­satz vom 14.04.2020 hat die Klä­ge­rin er­gän­zend vor­ge­tra­gen, dass bei ih­rem Fahr­zeug die Mo­tor­kon­troll­leuch­te auf­leuch­te und dem­zu­fol­ge ein Mo­tor­scha­den vor­lie­ge. Auch dar­auf stüt­ze sie den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag so­wie des­sen An­fech­tung.

Die Be­klag­te hat die Ab­wei­sung der Kla­ge er­rei­chen wol­len und be­haup­tet, der Fi­at 124 Spi­der sei am 15.03.2018 her­ge­stellt wor­den. In ih­rem mobile.​de-In­se­rat sei der Pkw irr­tüm­lich als „Neu­fahr­zeug“ be­zeich­net wor­den. Es sei nicht als Neu­fahr­zeug, son­dern aus­drück­lich als Ge­braucht­wa­gen ver­kauft wor­den. Zu dem von der Klä­ge­rin be­haup­te­ten Mo­tor­scha­den hat sich die Be­klag­te mit Nicht­wis­sen er­klärt.

Die Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: B. Die Kla­ge ist … be­grün­det.

I. Die Klä­ge­rin kann von der Be­klag­ten die Rück­ab­wick­lung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags auf­grund ei­nes Rück­tritts­rechts ver­lan­gen (§§ 346 I, 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323, 326 V BGB). Das Ge­richt ist der An­sicht, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug im Zeit­punkt der Über­ga­be ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I BGB auf­ge­wie­sen hat.

1. Ein Man­gel i. S. des § 434 I 1 BGB liegt vor, wenn die Kauf­sa­che nicht die ver­ein­bar­te Soll­be­schaf­fen­heit hat (Pa­landt/​Wei­den­kaff, BGB, 79. Aufl., § 434 Rn. 9). Ha­ben die Par­tei­en kei­ne be­stimm­te Be­schaf­fen­heit ver­ein­bart, ist die Sa­che frei von Sach­män­geln, wenn sie sich für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung eig­net (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB). An­sons­ten liegt ein Sach­man­gel vor, wenn sie sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach Art der Sa­che er­war­ten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB). So­weit es um die Be­stim­mung der Eig­nung für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung und der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit geht, ist der Er­war­tungs­ho­ri­zont ei­nes ver­nünf­ti­gen Durch­schnitts­käu­fers maß­geb­lich.

Un­ter An­wen­dung die­ser Maß­stä­be ist das Ge­richt da­von über­zeugt, dass das Fahr­zeug im Zeit­punkt der Über­ga­be man­gel­haft i. S. von § 434 I 1 BGB war.

2. Je­doch liegt – und dies war zen­tra­les The­ma der Schrift­sät­ze und der münd­li­chen Ver­hand­lung – nach Auf­fas­sung des Ge­richts nicht des­halb ein Man­gel vor, weil das Fahr­zeug kein Neu­fahr­zeug ist.

Im Hin­blick auf das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ist der Klä­ge­rin der Nach­weis nicht ge­lun­gen, dass es ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. des § 434 I 1 BGB da­hin ge­hend ge­ge­ben hat, dass das Fahr­zeug als „Neu­fahr­zeug“ ver­kauft wor­den ist.

Be­reits bei den Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen hat der Ver­käu­fer nach An­ga­ben der Klä­ge­rin in der in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung dar­über auf­ge­klärt, dass das Fahr­zeug nicht neu sei und es sich um ei­nen Vor­führ­wa­gen han­de­le. So­weit der Ver­käu­fer der Klä­ge­rin da­zu ge­ra­ten hat, das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug und nicht das Pro­be ge­fah­re­ne Fahr­zeug zu neh­men mit dem Hin­weis „Neh­men Sie das …, das ist neu.“, be­zieht sich das er­sicht­lich auf die nur we­ni­gen Ki­lo­me­ter, die bis­lang mit dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug ge­fah­ren wor­den sind. Ahn­li­ches gilt für die Aus­sa­gen, die ei­ne Mit­ar­bei­te­rin des Au­to­hau­ses nach Kauf­ver­trags­schluss im Rah­men des Kun­den­dienst­ge­sprächs ge­tä­tigt ha­ben soll („Sie brau­chen kei­nen Kun­den­dienst; das Fahr­zeug ist neu.“).

Wei­ter­hin ist der Kauf­ver­trag, den sich die Klä­ge­rin zur gründ­li­chen Über­le­gung zu­nächst mit nach Hau­se ge­nom­men hat, mit „Ge­braucht­wa­gen-Be­stel­lung“ über­schrie­ben. Auf­grund des­sen konn­te die Klä­ge­rin nicht da­von aus­ge­hen, ein Neu­fahr­zeug zu er­wer­ben.

Ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. des § 434 I 1 BGB über ein „Neu­fahr­zeug“ liegt da­her nicht vor.

3. Der Klä­ge­rin ist auch der Nach­weis nicht ge­lun­gen, dass bei Über­ga­be des Pkw ein Mo­tor­scha­den vor­han­den war, der ei­nen Man­gel nach § 434 I 2 Nr. 1 BGB dar­stel­len könn­te.

Trotz Hin­wei­ses des Ge­richts im Ter­min vom 25.06.2020, dass der dies­be­züg­li­che Sach­vor­trag im Schrift­satz vom 14.04.2020 (S. 4) bis­lang un­sub­stan­zi­iert ist, er­folg­ten auch im Schrift­satz vom 09.07.2020 kei­ne nä­he­ren Dar­le­gun­gen zu dem an­geb­li­chen Mo­tor­scha­den. Al­lein das Auf­leuch­ten der Mo­tor­kon­troll­leuch­te lässt noch nicht zwin­gend Rück­schlüs­se auf ei­nen (er­heb­li­chen) Mo­tor­scha­den zu. So kann das Auf­leuch­ten der Lam­pe auch auf ei­nen Soft­ware­feh­ler oder Ähn­li­ches zu­rück­zu­füh­ren sein.

Da ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten der Be­klag­ten nicht nach­weis­lich vor­liegt, wä­re der Be­klag­ten auch ei­ne Nach­bes­se­rungs­mög­lich­keit ein­zu­räu­men, was un­strei­tig nicht statt­ge­fun­den hat.

4. Ein Man­gel er­gibt sich im kon­kre­ten Fall aber aus dem Al­ter des Fahr­zeugs. Das am 26.07.2019 erst­mals zu­ge­las­se­ne Fahr­zeug – be­zeich­net als „Vor­führ­wa­gen“ und ent­spre­chend ver­ein­bart – ist näm­lich spä­tes­tens am 15.03.2018, even­tu­ell aber auch be­reits am 25.07.2017 her­ge­stellt wor­den (da­ge­gen dürf­te die An­ga­be „07.10.2016“ in der Ru­brik ABE in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II nicht re­le­vant sein, vgl. OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 26.03.2010 – 22 U 168/09). Das ge­naue Her­stel­lungs­da­tum kann vor­lie­gend of­fen­blei­ben, weil selbst ein Al­ter des Pkw von rund 1,5 Jah­ren zum Zeit­punkt des Kauf­ver­trags vor­lie­gend zur Be­ja­hung ei­nes Man­gels führt.

a) Es han­delt sich un­strei­tig um ei­nen Vor­führ­wa­gen. Bei Vor­führ­wa­gen wird ein be­stimm­tes Al­ter des Fahr­zeugs zwar grund­sätz­lich nicht ge­mäß § 434 I 1 BGB zu­ge­si­chert (vgl. BGH, Urt. v. 15.09.2010 – VI­II ZR 61/09 Rn. 17 f.). Dies liegt dar­an, dass bei ei­nem Vor­führ­wa­gen der Händ­ler das Fahr­zeug ge­ra­de nicht stets zum all­ge­mei­nen Ver­kehr zu­lässt und hier­zu auch nicht ver­pflich­tet ist. Vor­führ­fahr­ten kön­nen näm­lich auch mit ei­nem ro­ten Kenn­zei­chen oh­ne of­fi­zi­el­le Zu­las­sung er­fol­gen. Schon des­halb lässt sich aus dem Da­tum der Erst­zu­las­sung – an­ders als bei Neuf- oder Ge­braucht­fahr­zeu­gen – re­gel­mä­ßig nicht auf ei­nen be­stimm­ten Her­stel­lungs­ter­min schlie­ßen. Be­reits vor der Zu­las­sung kann der Wa­gen näm­lich als Vor­führ­wa­gen ge­nutzt wor­den sein.

b) Die­se Recht­spre­chung schließt aber nicht aus, dass im Ein­zel­fall der Käu­fer auf­grund be­son­de­rer Um­stän­de im Ein­zel­fall ein be­stimm­tes Ma­xi­ma­l­al­ter er­war­ten kann (vgl. BGH, Urt. v. 15.09.2010 – VI­II ZR 61/09 Rn. 18; Eg­gert, in: Rein­king/​Eg­gert, Der Au­to­kauf, 14. Aufl., Rn. 2734). Um­stän­de mit Aus­sa­ge­kraft für ein nied­ri­ges Ge­samt­al­ter sind bei ei­nem Pkw ei­ne ge­rin­ge Lauf­leis­tung (aa), die Mo­del­l­ak­tua­li­tät (bb) und ei­ne Erst­zu­las­sung, die nur we­ni­ge Mo­na­te vor dem Ver­kauf liegt (cc; vgl. Eg­gert, in: Rein­king/​Eg­gert, a. a. O., Rn. 2734).

Sämt­li­che In­di­zi­en sind im vor­lie­gen­den Fall ein­schlä­gig:

aa) Der Pkw wies zum Zeit­punkt des Ver­kaufs ei­ne sehr ge­rin­ge Lauf­leis­tung auf (ca. 24 km, vgl. Pro­to­koll vom 25.6.2020, S. 2). An­ders als bei ei­nem Wohn­mo­bil, bei dem es nach Auf­fas­sung der Recht­spre­chung we­ni­ger auf des­sen Fahr­ei­gen­schaf­ten als in ers­ter Li­nie auf den Wohn­kom­fort an­kommt (vgl. BGH, Urt. v. 15.09.2010 – VI­II ZR 61/09 Rn. 7), han­delt es sich bei dem vor­lie­gen­den Mo­dell (Ca­brio/​Roads­ter) um ein Fahr­zeug, das ty­pi­scher­wei­se auf­grund des Fahr­ge­nus­ses er­wor­ben wird, so­dass die Fahr­ei­gen­schaf­ten in der Re­gel we­sent­lich für die Kauf­ent­schei­dung sind. Zwar hat die Klä­ge­rin selbst kei­ne Pro­be­fahrt mit dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug un­ter­nom­men. Dies ent­spricht aber nicht dem Ver­hal­ten ei­nes Durch­schnitts­kun­den, der ein sol­ches Fahr­zeug er­wirbt. Die nied­ri­ge Lauf­leis­tung zum Zeit­punkt des Kauf­ver­trags­schlus­ses stellt da­her ein In­diz da­für dar, dass das Fahr­zeug nur ein ge­rin­ges Al­ter auf­weist.

bb) Wei­ter han­del­te es sich bei dem Fahr­zeug zum da­ma­li­gen Zeit­punkt um das ak­tu­el­le Mo­dell für den deut­schen Markt.

cc) Zu­dem wur­de das Fahr­zeug erst we­ni­ge Mo­na­te vor dem Kauf­ver­trags­schluss am 07.11.2019, näm­lich am 26.07.2019, erst­ma­lig zu­ge­las­sen.

dd) Zu be­rück­sich­ti­gen sind schließ­lich die Ge­samt­um­stän­de des Au­to­kaufs. Hier­bei ist zu­nächst zu se­hen, dass die Be­klag­te un­strei­tig das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug im In­ter­net als Neu­fahr­zeug be­wor­ben hat. Auch wenn die­se Aus­sa­ge im Ver­kaufs­ge­spräch kor­ri­giert wor­den ist, so ist das Ge­richt nach der in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung der Klä­ge­rin den­noch da­von über­zeugt, dass ihr so­wohl im Rah­men des Ver­kaufs­ge­sprächs als auch im Nach­hin­ein im­mer wie­der sug­ge­riert wor­den ist, dass es sich um ein – im Lai­en­sin­ne – neu­es Fahr­zeug hand­le. Bei­spiel­haft ist der Hin­weis des Au­to­ver­käu­fers V, die Klä­ge­rin sol­le doch das streit­ge­gen­ständ­li­che Au­to neh­men; preis­lich sei kein gro­ßer Un­ter­schied zu dem Pro­be ge­fah­re­nen Au­to, und das Au­to sei neu. In die­sem Zu­sam­men­hang ist zu be­to­nen, dass die Klä­ge­rin für das Ge­richt un­ein­ge­schränkt glaub­wür­dig wirk­te. Dies liegt ins­be­son­de­re dar­an, dass sie auch Aus­sa­gen ge­tä­tigt hat, die für sie nach dem schrift­sätz­li­chen Vor­brin­gen un­güns­tig wa­ren (zum Bei­spiel dass der Au­to­ver­käu­fer V sie auch aus­drück­lich dar­auf hin­ge­wie­sen hat, dass es sich um ei­nen Vor­führ­wa­gen hand­le und das Au­to nicht mehr neu [im Rechts­sin­ne] sei). In der münd­li­chen Ver­hand­lung mach­te die Klä­ge­rin je­doch deut­lich, dass sie auf­grund der Ge­samt­um­stän­de er­war­tet ha­be, ein (re­la­tiv) neu­es Fahr­zeug zu er­wer­ben. Es sei für sie des­halb auch un­er­klär­lich, dass nach so kur­zer Zeit so­wohl die Kun­den­dienst­leuch­te als auch die Mo­tor­kon­troll­leuch­te auf­leuch­te­ten.

c) Die Er­war­tungs­hal­tung der Klä­ge­rin ein ver­hält­nis­mä­ßig neu­es und tech­nisch ein­wand­frei­es Fahr­zeug zu er­wer­ben, war nach An­sicht des Ge­richts auf­grund der vor­lie­gen­den Um­stän­de ge­recht­fer­tigt. Die Klä­ge­rin durf­te da­her – im Rah­men ei­ner kon­klu­den­ten Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung – im kon­kre­ten Fall da­von aus­ge­hen, dass das Fahr­zeug ein Al­ter von ei­nem Jahr ab Erst­zu­las­sung nicht über­schrei­tet, mit­hin am 26.07.2018 oder spä­ter her­ge­stellt wor­den ist.

Es konn­te da­her da­hin­ste­hen, ob das Fahr­zeug tat­säch­lich am 25.07.2017 oder am 15.03.2018 her­ge­stellt wor­den ist. Ei­ner dies­be­züg­li­chen Be­weis­auf­nah­me in Form der Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens be­durf­te es nicht.

Ein Man­gel i. S. von § 434 I 1 BGB, je­den­falls nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 29.06.2016 – VI­II ZR 191/15 Rn. 39 ff., zur Stand­zeit ei­nes Ge­braucht­wa­gens, Man­gel je­doch ab­ge­lehnt) liegt so­mit vor.

5. Die wei­te­ren Rück­tritts­vor­aus­set­zun­gen sind eben­falls ge­ge­ben. Ei­ne Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung nach § 439 war ent­behr­lich, da we­der ei­ne Nach­bes­se­rung noch ei­ne Nach­lie­fe­rung vor­lie­gend in Be­tracht kommt. Der Man­gel ist auch er­heb­lich i. S. von § 323 V 2 BGB.

II. Wei­ter ist fest­zu­stel­len, dass sich die Be­klag­te seit 11.12.2019 in An­nah­me­ver­zug be­fin­det. Die Klä­ge­rin hat die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 02.12.2019 zur Rück­ab­wick­lung bis zum 10.12.2019 auf­ge­for­dert. Ein wört­li­ches An­ge­bot der Klä­ge­rin war nach § 295 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB aus­rei­chend, da die Kauf­sa­che am Be­le­gen­heits­ort zu­rück­zu­ge­wäh­ren ist (BGH, Urt. v. 09.03.1983 – VI­II ZR 11/82, BGHZ 87, 104 = NJW 1983, 1479, 1480), so­dass die Be­klag­te das Fahr­zeug ab­zu­ho­len hat­te.

III. Die Be­klag­te schul­det der rechts­schutz­ver­si­cher­ten Klä­ge­rin nach § 437 Nr. 3 Fall 1, § 280 I BGB auch die Frei­stel­lung von den vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­nen Rechts­an­walts­kos­ten. Die In­an­spruch­nah­me ei­nes Rechts­an­walts war er­for­der­lich und auch zweck­mä­ßig. …

Hin­weis: Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das OLG Nürn­berg das Ur­teil des Land­ge­richts mit Ur­teil vom 25.05.2021 – 3 U 3615/20 – ab­ge­än­dert und die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

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