1. Zwar ist § 476 II BGB n.F. (= § 475 II BGB a.F.) insoweit unionsrechtswidrig, als er es gestattet, die gesetzliche Verjährungsfrist für die Ansprüche des Käufers wegen eines Mangels bei einem Verbrauchsgüterkauf über eine gebrauchte Sache auf ein Jahr abzukürzen (vgl. EuGH, Urt. v. 13.07.2017 – C-133/16, ECLI:EU:C:2017:541 Rn. 32 ff. – Ferenschild). Dass die Vorschrift insoweit mit Art. 5 I und Art. 7 I Unterabs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie unvereinbar ist, wirkt sich auf ihre Anwendung aber mangels horizontaler Drittwirkung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht umittelbar aus.
  2. Es bleibt offen, ob eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kfz-Händlers, mit der die gesetzliche Verjährungsfrist für die Ansprüche des Käufers wegen eines Mangels bei einem Verbrauchsgüterkauf über ein Gebrauchtfahrzeug auf ein Jahr abgekürzt wird, richtlinienkonform dahin auszulegen ist, dass der Verkäufer nur für Mängel haftet, die sich innerhalb eines Jahres ab Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer zeigen, und dass für Ansprüche des Käufers wegen eines solchen Mangels die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren (§ 438 I Nr. 3, II BGB) gilt.

OLG Celle, Urteil vom 11.09.2019 – 7 U 362/18

Sachverhalt: Der Kläger nimmt die beklagte Kfz-Händlerin, von der er einen Gebrauchtwagen erworben hat, wegen eines Motorschadens in Anspruch. Dieser Schaden trat erstmal ein Jahr und einen Tag nach der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger in Erscheinung, und zwar durch Aufleuchten der Kontrollleuchte für die Kühlwassertemperatur.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greife durch, weil die

Parteien hätten durch Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten in den streitgegenständlichen Kaufvertrag wirksam vereinbart, dass Ansprüche des Klägers wegen eines Mangels ein Jahr nach Übergabe des Fahrzeugs verjährten, und die Beklagte habe die

Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. … 1. Soweit die Berufung eine falsche Rechtsanwendung im Hinblick auf die Gewährleistungsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten rügt, vermag der Senat dem nicht beizutreten. Vielmehr ist das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen davon ausgegangen, dass etwaige Gewährleistungsansprüche des Klägers bereits deswegen nicht bestehen, weil die Beklagte sich mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung gemäß § 214 I BGB berufen hat.

Gemäß Abschnitt VI Nr. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wurde die Gewährleistungsfrist in dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag über die Veräußerung eines gebrauchten VW Multivan 2.0 TDI gemäß § 475 II BGB a.F. zulässigerweise auf ein Jahr ab Ablieferung des Fahrzeugs verkürzt.

Ohne Erfolgt rügt die Berufung, dass die vorgenannte Klausel intransparent i. S. § 307 I 2 BGB sei, weil dort zum einen der Begriff „Käufer“ und zum anderen der Begriff „Kunde“ in einem Satz für dasselbe verwendet würden.

Die Verwendung dieser beiden Bezeichnungen führt nicht dazu, dass sie bei einem aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr, auf dessen Verständnis abzustellen ist (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 307 Rn. 23), eine Unklarheit erzeugt. Zum einen wird dieser die Formulierung zutreffend dahin verstehen, dass die Bezeichnung „Kunde“ ein Synonym für „Käufer“ ist. Zum anderen kann der Inhalt der Klausel, also die Bestimmung einer Verjährungsfrist von einem Jahr ab Übergabe, nicht missverstanden werden. Auch die Berufung zeigt nicht auf, inwiefern dieser Inhalt unklar sein sollte oder in welcher Weise die Klausel – anders als dahin, dass eine Verjährungsfrist von einem Jahr ab Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer bestimmt wird – verstanden und deshalb als intransparent angesehen werden könnte.

2. Zutreffend weist der Kläger allerdings darauf hin, nach Maßgabe einer 2017 ergangenen EuGH-Entscheidung sei § 476 II BGB n.F. unionsrechtswidrig (EuGH, Urt. v. 13.07.2017 – C-133/16, ECLI:EU:C:2017:541 = juris Rn. 32 ff. – Ferenschild).

Auch unter Berücksichtigung dieser EuGH-Entscheidung ändert sich hier im Ergebnis jedoch nichts. Die Abkürzung der Verjährungsfrist nach § 476 II BGB n.F. ist zwar unionsrechtswidrig; dies hat für die Anwendung des deutschen Rechts jedoch keine unmittelbare Auswirkung, weil die Rechtsprechung eine direkte horizontale Drittwirkung ablehnt (vgl. BeckOGK/Augenhofer, Stand: 01.07.2019, § 476 BGB Rn. 67 ff. m. w. Nachw.). Soweit von der Kommentarliteratur gleichwohl die Möglichkeit einer richtlinienkonformen richterlichen Rechtsfortbildung erwogen wird, geht es „nur“ darum, eine Haftungsdauer (im Sinne des Unionrechts) von einem Jahr anzunehmen, um Ansprüche des Käufers für während dieser Haftungsdauer aufgetretene Mängel einer anschließenden Verjährungsfrist von zwei Jahren zu unterziehen (vgl. jurisPK-BGB/Ball, 8. Aufl. [2017], § 476 [1. Überarbeitung] Rn. 26.3 f., Stand: 10.04.2018). Da hier aber während der nach Maßgabe dieser im Wege der Rechtsfortbildung anzunehmenden, auf ein Jahr abgekürzten Haftungsdauer der Motorschaden nicht in Erscheinung getreten ist, sondern erst knapp nach Ablauf der Jahresfrist, würde auch dies dem Kläger nicht weiterhelfen, sodass der Senat über die Notwendigkeit einer richtlinienkonformen richterlichen Rechtsfortbildung unter Berücksichtigung der zitierten EuGH-Entscheidung hier nicht entscheiden muss.

3. Lediglich hilfsweise ist noch darauf hinzuweisen, dass auch Feststellungen zum Vorhandensein eines Sachmangels bereits zum Zeitpunkt der Übergabe fehlen, die allein eine Sachmängelhaftung nach §§ 434 I, 437 BGB auslösen könnten. So hat selbst der Sachverständige in dem vom Kläger mit der Klage vorgelegten Gutachten ausgeführt, es könne „aus technischer Sicht jedoch nicht festgestellt werden, zu welchem Zeitpunkt der hier in Rede stehende Schaden eingetreten ist“. Anders als in dem vom Kläger in Bezug genommenen vom OLG Jena entschiedenen Fall (OLG Jena, Urt. v. 19.01.2006 – 1 U 846/04), in dem es Feststellungen dazu gab, dass einerseits keine Wartungs- oder Bedienfehler vorlagen, andererseits bei dem betreffenden Fahrzeugtyp gehäuft Zylinderkopfrisse bei einer Kilometerleistung von circa 80.000 bis 120.000 auftraten, sind hier konkrete Anhaltspunkte für die Annahme einer solchen Konstruktionsschwäche weder dargetan noch sonst ersichtlich. Auch das Vorhandensein einer anderweitigen, individuell eingetretenen Vorschädigung bereits zum Zeitpunkt der Übergabe mag aus Sicht des Klägers, soweit er davon überzeugt ist, seinerseits eine Schädigung an dem Fahrzeug nicht verursacht zu haben, naheliegen, wäre hier aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen. …

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