1. Ein Agen­tur­ge­schäft, bei dem ein Ge­braucht­wa­gen­händ­ler ein Fahr­zeug un­ter Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung in frem­dem Na­men und für frem­de Rech­nung an ei­nen Ver­brau­cher ver­kauft, ist ein ge­mäß § 476 I 2 BGB un­zu­läs­si­ges Um­ge­hungs­ge­schäft, wenn bei wirt­schaft­li­cher Be­trach­tung in Wahr­heit ein Ei­gen­ge­schäft des Händ­lers vor­liegt, weil die­ser das wirt­schaft­li­che Ri­si­ko des Fahr­zeug­ver­kaufs trägt (im An­schluss an BGH, Urt. v. 22.11.2006 – VI­II ZR 72/06, BGHZ 170, 67 Rn. 16 m. w. Nachw.).
  2. Für die An­nah­me, ein Agen­tur­ge­schäft wer­de miss­bräuch­lich da­zu ein­ge­setzt, ein in Wahr­heit vor­lie­gen­des Ei­gen­ge­schäft ei­nes Kfz-Händ­lers zu ver­schlei­ern, ge­nügt nicht, dass der Händ­ler das zum Ver­kauf ste­hen­de Fahr­zeug in sei­nen Ver­kaufs­räu­men aus­stellt. Denn die­ser Um­stand lässt kei­nen Rück­schluss dar­auf zu, wer das wirt­schaft­li­che Ri­si­ko des Ver­kaufs tra­gen soll. Glei­ches gilt für den Fall, dass der Händ­ler dem Käu­fer ei­ne Pro-for­ma-Rech­nung er­teilt.
  3. Dar­zu­le­gen, dass ein Agen­tur­ge­schäft ein ge­mäß § 476 I 2 BGB un­zu­läs­si­ges Um­ge­hungs­ge­schäft ist, stellt den Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens vor er­heb­li­che Schwie­rig­kei­ten, weil er re­gel­mä­ßig die Ri­si­ko­ver­tei­lung im In­nen­ver­hält­nis zwi­schen dem Kfz-Händ­ler und dem als Ver­käu­fer in Er­schei­nung tre­ten­de Fahr­zeug­ei­gen­tü­mer nicht kennt. Die­se Schwie­rig­kei­ten recht­fer­ti­gen Er­leich­te­run­gen zu­guns­ten des Käu­fer, die bis zu ei­ner se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last des Kfz-Händ­lers rei­chen kön­nen, aber al­len­falls, wenn der Käu­fer die­je­ni­gen Um­stän­de dar­legt, von de­nen er Kennt­nis ha­ben muss und die für die Be­ur­tei­lung, ob ein Um­ge­hungs­ge­schäft vor­liegt, re­le­vant sind. Ins­be­son­de­re muss der Käu­fer dar­le­gen, wer bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags Hal­ter des ge­kauf­ten Fahr­zeugs war.
  4. Ein Kfz-Händ­ler, der ein Fahr­zeug im Na­men ei­nes Kun­den ver­kauft, ist nicht stets des­halb Sach­wal­ter i. S. von § 311 III BGB, weil er die ge­sam­ten Ver­trags­ver­hand­lun­gen bis zum Ab­schluss des Kauf­ver­trags al­lei­ne führt und der Käu­fer zu dem ei­gent­li­chen Ver­käu­fer des Fahr­zeugs kei­nen Kon­takt hat. Die­sem Um­stand kommt zwar bei der Be­ur­tei­lung, ob der Händ­ler als Ver­mitt­ler des Kauf­ver­trags oder als Ab­schluss­ver­tre­ter aus Ver­schul­den bei Ver­trags­schluss selbst haf­tet, we­sent­li­che Be­deu­tung zu (im An­schluss an BGH, Urt. v. 16.12.2009 – VI­II ZR 38/09, NJW 2010, 858 Rn. 24). Er ge­nügt für sich ge­nom­men aber nicht, um den Händ­ler als Sach­wal­ter i. S. von § 311 III BGB an­zu­se­hen, wenn die äu­ße­ren Ge­ge­ben­hei­ten des Fahr­zeug­ver­kaufs – hier: ein Ver­kauf weit au­ßer­halb der Öff­nungs­zei­ten ei­nes se­riö­sen Un­ter­neh­mens – es nicht recht­fer­ti­gen, dass der Käu­fer dem Händ­ler ein be­son­de­res, über die nor­ma­le Ver­hand­lungs­loya­li­tät hin­aus­ge­hen­des Ver­trau­en ent­ge­gen­bringt.

OLG Bran­den­burg, Ur­teil vom 09.07.2019 – 6 U 11/19
(vor­an­ge­hend: LG Cott­bus, Ur­teil vom 13.12.2018 – 2 O 340/18)

Das Ur­teil des OLG Bran­den­burg ist zu­sam­men mit der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung des LG Cott­bus hier ver­öf­fent­licht.

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