Entgegen der herrschenden Meinung sind nach einem Rücktritt des Käufers von einem – hier beiderseits erfüllten – Kaufvertrag die gegenseitigen Rückgewährpflichten nicht einheitlich dort zu erfüllen, wo sich die Kaufsache im Zeitpunkt des Rücktritts vertragsgemäß befindet. Vielmehr ist der Erfüllungsort für jede Rückgewährpflicht (Rückzahlung des Kaufpreises, Rückgabe und Rückübereignung der Kaufsache) gesondert zu bestimmen. Der Käufer kann deshalb regelmäßig selbst dann nicht gestützt auf § 29 I ZPO bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen Amts- oder Landgericht auf Rückzahlung des Kaufpreises klagen, wenn er berücksichtigt, dass er dem Verkäufer die Kaufsache zurückgewähren muss, und daher nur eine Zug-um-Zug-Verurteilung des Verkäufers erstrebt.
LG Memmingen, Urteil vom 04.04.2018 – 31 O 846/17
(nachfolgend: OLG München, Urteil vom 04.10.2018 – 24 U 1279/18)
Sachverhalt: Der Kläger, der seinen Wohnsitz im Bezirk des LG Memmingen hat, erwarb von dem in Eschweiler wohnhaften Beklagten am 28.09.2016 – nach einer Probefahrt – ein Motorrad (Ducati Pantah 600 SL) zum Preis von 5.000 €. Im schriftlichen „Kaufvertrag über ein Gebrauchtkraftfahrzeug von privat“ heißt es unter anderem:
„II. Gewährleistung
Das Fahrzeug wird wie besichtigt und unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft, soweit nicht unter Ziffer III. eine bestimmte Zusicherung erfolgt. Dieser Ausschluss gilt nicht für Schadensersatzansprüche aus Sachmängelhaftung, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung von Pflichten des Verkäufers beruhen, sowie bei der schuldhaften Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit. Soweit Ansprüche aus Sachmängelhaftung gegen Dritte bestehen, werden sie an den Käufer abgetreten.
III. Zusicherungen des Verkäufers
Das Fahrzeug hat keine sonstigen Beschädigungen.“
Vor dem Verkauf des Motorrads an den Kläger hatte der Beklagte, der Maschinenbauingenieur ist, selbst den Zahnriemen gewechselt und die Ventile eingestellt.
Nachdem der Kläger den Kaufpreis gezahlt hatte, ließ er das Motorrad nach Lautrach verbringen, wo er seinen Wohnsitz hat. Dafür entstanden Kosten in Höhe von 204,99 €.
Bei dem Motorrad, mit dem der Kläger bis heute nicht gefahren ist, sind alle drei Simmerringe undicht, und das Motorgehäuse weist einen Riss auf. Diese und andere – von dem Kläger behauptete und von dem Beklagten bestrittene – Schäden wurden im Rahmen einer von dem Kläger veranlassten Untersuchung des Motorrads in einer Ducati-Fachwerkstatt festgestellt.
Mit Schreiben vom 28.02.2017 forderten die späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 24.03.2017 zur Nachbesserung auf. Der Beklagte lehnte eine Nachbesserung mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom 14.03.2017 ab. Daraufhin erklärte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 30.03.2017 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 13.04.2017 auf, den Rücktritt zu akzeptieren. Auch dies lehnte der Beklagte ab, und zwar mit anwaltlichem Schreiben vom 24.04.2017.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgewähr des Motorrads, sowie die Feststellung, dass der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug sei. Außerdem verlangt der Kläger den Ersatz der Transportkosten (204,99 € nebst Zinsen) sowie die Freistellung von einer Vergütungsforderung seiner Rechtsanwälte in Höhe von 492,54 €.
Er behauptet, dass über die unstreitigen Mängel hinaus die drei Zahnriemenräder des Motorrads derart stark abgenutzt seien, dass jederzeit die Gefahr bestehe, dass der Zahnriemen abspringe. Darüber hinaus sei die Spannrolle des Zahnriemens stark eingelaufen und daher mangelhaft. Diese Mängel – so behauptet der Kläger weiter – habe der Beklagte als Maschinenbauingenieur bei dem von ihm durchgeführten Zahnriemenwechsel erkannt. Der Kläger meint, dass deshalb die Zusicherung des Beklagten, das Motorrad habe keine sonstigen Beschädigungen, unzutreffend sei. Schon dieser Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung führe dazu, dass der im Kaufvertrag enthaltene Gewährleistungsausschluss unwirksam sei; außerdem habe der Beklagte arglistig gehandelt, weil er ihm – dem Kläger – die in Rede stehenden Mängel verschwiegen habe.
Der Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des LG Memmingen gerügt. Er behauptet unter anderem, bei Übergabe des Motorrads an den Kläger seien weder die Simmerringe undicht gewesen, noch habe das Motorgehäuse einen Riss aufgewiesen. Er – der Beklagte – habe von keinem der behaupteten Mängel Kenntnis gehabt.
Mit Verfügung vom 06.07.2017 hat das LG Memmingen darauf hingewiesen, dass es örtlich unzuständig sei. Der Beklagte hat sich dieser Auffassung angeschlossen und mitgeteilt, dass er sich nicht rügelos einlassen werde. Der Kläger ist dem mit Schriftsatz vom 28.08.2017 entgegengetreten. Im Termin am 21.02.2018 hat der Beklagte seine Zuständigkeitsrüge aufrechterhalten.
Die Klage wurde als unzulässig abgewiesen.
Aus den Gründen: I. Die Klage ist unzulässig, da das LG Memmingen örtlich unzuständig ist.
Da der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand nicht im Landgerichtsbezirk Memmingen hat, stützt die Klägerseite die vorgetragene örtliche Zuständigkeit des LG Memmingen auf § 29 I ZPO, den besonderen Gerichtsstand an dem Ort, an dem die streitige Pflicht zu erfüllen ist.
Die herrschende Meinung in den Kommentaren und der Rechtsprechung, so auch das OLG München in seiner Entscheidung vom 13.01.2014 – 19 U 3721/13 –, geht davon aus, dass, falls nach erfolgtem Rücktritt der Käufer auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache klagt, Erfüllungsort und damit besonderer Gerichtsstand i. S. von § 29 I ZPO der Ort ist, an dem sich die Kaufsache zur Zeit des Rücktritts nach dem Vertrag befindet, da dort die Kaufsache zurückzugewähren ist. Dies wäre im vorliegenden Fall am Wohnort des Klägers, also im Landgerichtsbezirk Memmingen. Das Gericht erachtet diese Begründung, in ständiger Rechtsprechung aller Mitglieder der 3. Zivilkammer, wie auch beispielhaft das LG Stralsund (Beschl. v. 13.10.2011 – 6 O 211/11), das LG Kempten (Beschl. v. 18.05.2009 – 21 O 698/09) und andere, nicht für ausreichend tragfähig.
Entgegen einer oftmals vertretenen Meinung wird diese Auffassung nicht von einer zum Beispiel vom OLG Hamm (Urt. v. 20.10.2015 – 28 U 91/15) zitierten Entscheidung des BGH (Urt. v. 09.03.1983 – VIII ZR 11/82, NJW 1983, 1479) gestützt. Darin hat der BGH lediglich festgestellt, dass der beklagte Verkäufer nach Vollzug der Wandelung verpflichtet ist, die von ihm gelieferten mangelhaften Dachziegel vom Dach des Hauses des klagenden Käufers zu entfernen. Dies bedeutet, dass der Käufer nach Rücktritt vom Kaufvertrag, wenn er allein auf Rücknahme der Kaufsache klagt, am Ort der vertragsmäßigen Belegenheit der Sache, also in der Regel an seinem Wohnsitz, klagen kann. Zum Gerichtsstand für Rückgewährklagen hat sich der BGH in dieser Entscheidung jedoch nicht geäußert.
Auch die im Thomas/Putzo (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl., § 29 Rn. 6) für diese Auffassung herangezogene BGH-Entscheidung (BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, NJW 2011, 2278) trifft hierzu gerade keine Aussage. Gegenstand dieses Urteils ist der Erfüllungsort der Nacherfüllung, nicht des Rücktritts. Der BGH stellt in dieser Entscheidung lediglich fest, dass sich die zum Erfüllungsort der Rückgewähransprüche nach erfolgtem Rücktritt entwickelten Grundsätze nicht auf die Nacherfüllung nach § 439 BGB übertragen lassen, und stellt hierbei fest, dass der Erfüllungsort der Rückgewähransprüche vielfach an dem Ort angesiedelt wird, an dem sich die Sache vertragsgemäß befindet. Der BGH trifft jedoch gerade keine Aussage darüber, ob er letztere Ansicht teilt bzw. eine Gegenmeinung für ebenfalls zutreffend oder vertretbar erachtet.
Damit ist aber vom Grundsatz auszugehen, dass der Erfüllungsort auch bei gegenseitigen Schuldverhältnissen für jede Verpflichtung gesondert zu bestimmen ist und nach § 269 BGB im Zweifel am Wohn- bzw. Geschäftssitz des Schuldners der jeweiligen Verbindlichkeit liegt, beim Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises also am Sitz des Verkäufers. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn sich aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, nach den von den Parteien getroffenen Vereinbarungen oder aus dem Gesetz etwas anderes ergeben würde. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Für die Bestimmung des Gerichtsstands als Erfüllungsort ist ausschließlich auf die beantragte Rückzahlung des Kaufpreises als im Streit stehende Verpflichtung abzustellen. Es geht gerade nicht um einen – gesetzlich nicht geregelten und offensichtlich auch nicht gewollten – Gerichtsstand am Ort der Erbringung (sonstiger) vertragstypischer Leistungen. Dies wird beispielhaft daran deutlich, dass der BGH von seiner ursprünglichen Auffassung abgerückt ist, dass die Honorarklage des Anwalts am Kanzleisitz als Ort, an dem die typischen Leistungen erbracht werden, geführt werden kann. Auch die beantragte Verurteilung Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs führt zu keinem anderen Ergebnis. Dieser Antrag erfolgt ausschließlich vor dem Hintergrund, eine mögliche teilweise Klageabweisung, auf das entsprechende Vorbringen der Gegenseite hin, zu vermeiden und um einen vermeintlichen Gerichtsstand am Wohnsitz des Klägers zu schaffen. Mit der im Streit stehenden und zu beurteilenden Zahlungsverpflichtung hat dieser Antrag jedoch nicht zu tun, genauso wenig wie mit dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerseite und ihren prozessualen Zielen (Zahlungsverpflichtung). Die Rückgabeverpflichtung des Käufers ist gerade nicht streitige Verbindlichkeit.
Es wird ja auch bei den in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden primären Leistungsverpflichtungen bei gegenseitigen Verträgen grundsätzlich nicht von einem einheitlichen Leistungsort und damit einem entsprechenden Gerichtsstand ausgegangen. Ansonsten müsste bei allen gegenseitigen Verträgen stets ein einheitlicher Erfüllungsort und Gerichtsstand anzunehmen sein.
Somit besteht gerade kein Grund, von der gesetzlich normierten Grundregel abzuweichen und durch die Schaffung weiterer Ausnahmen die Komplizierung des Rechtssystems und der Rechtslage weiter voranzutreiben.
Wie das OLG Hamm (Urt. v. 20.10.2015 – 28 U 91/15) zu dem Ergebnis gelangt, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers der Verkäufer bei der Gelegenheit der Fahrzeugabholung Zug um Zug seine Verpflichtung zur Rücknahme des Kaufpreises erfüllen soll und dies mutmaßlich auch von den Parteien so gewollt ist und dies dazu führt, einen einheitlichen Gerichtsstand des Erfüllungsortes am Wohnsitz des Käufers anzunehmen, erschließt sich dem Gericht nicht. Zahlungen größerer Beträge erfolgen regelmäßig seit Langem nicht mehr in bar. Die allein strittige Rückzahlung des Kaufpreises hat gerade nicht an diesem Ort zu erfolgen, und es liegt weder im Interesse noch entspricht es dem mutmaßlichen oder tatsächlichen Willen des Verkäufers, aufgrund der Rückgabeverpflichtung auf einen für ihn regelmäßig nachteiligen Gerichtsstand zu schließen.
Auch unter dem Gesichtspunkt des Käuferschutzes oder einer Erleichterung der Beweisaufnahme ist keine andere Beurteilung geboten. In zahlreichen prozessualen Konstellationen werden Ansprüche auf Umstände gestützt, die dem Beklagten zuzurechnen sind bzw. aus seinem Risikobereich stammen. Hierbei handelt es sich jedoch regelmäßig um strittige noch zu beweisende Gesichtspunkte. Diese regelmäßige und gerade nicht besondere Ausgangssituation hat den Gesetzgeber jedoch nicht dazu veranlasst, einen grundsätzlichen Gerichtsstand am Belegenheitsort einzuführen. Selbst wenn der Anspruch auf eine unerlaubte Handlung gestützt wird, befindet sich der Gerichtsstand am Ort der unerlaubten Handlung und nicht am Wohnort des Klägers (falls die Handlung nicht dort begangen wurde). Allein der Gesichtspunkt einer regelmäßigen Erleichterung der Beweisaufnahme im Rahmen eines Sachverstä1ndigengutachtens durch die räumliche Nähe des zu begutachtenden Objekts zum erkennenden Gericht rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme eines einheitlichen Gerichtsstands. Dieser Gesichtspunkt führt, wie in vielen anderen Verfahren auch, möglicherweise zu einer Verteuerung des Verfahrens, jedoch nicht zu einer grundsätzlich erschwerten Erkenntnisfindung. Im Übrigen sind regelmäßig auch Zeugen zum Kaufvertragsabschluss bzw. aus dem Umfeld des Verkäufers zu vernehmen, die regelmäßig näher am Wohnort des Verkäufers leben.
Einfache und einheitliche Regeln und gerade nicht an vermeintlichen Besonderheiten ausgerichtete Ausnahmen schaffen Rechtssicherheit, insbesondere auch für den Bürger. Ausnahmen müssen deswegen grundsätzlich die Ausnahme bleiben, soweit für sie kein zwingendes Bedürfnis besteht. Dass sie rechtlich begründbar sind, stellt gerade keinen derartigen Grund dar, wie Stöber ausführlich und sorgfältig in seinem Aufsatz (NJW 2006, 2661 ff.) dargestellt hat. Dieser Auffassung ist Thomas/Putzo (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 30.–32. Aufl., § 29 Rn. 6) von der 30. bis zu 32. Auflage gefolgt, hat sich dann jedoch wieder, entgegen der hier vertretenen Meinung, der herrschenden Auffassung angeschlossen.
Die Klage ist deswegen aus den dargestellten Gründen, nach erfolgtem Hinweis durch das Gericht und nach aufrechterhaltener Zuständigkeitsrüge durch die Beklagtenseite, abzuweisen. …
Hinweis: Auf die Berufung des Klägers hat das OLG München das Urteil des LG Memmingen aufgehoben und die Sache an das LG Memmingen zurückverwiesen. In dem Berufungsurteil vom 04.10.2018 – 24 U 1279/18 – heißt es:
„I. 1. Die zulässige Berufung ist begründet. Das LG Memmingen ist gemäß § 29 I ZPO örtlich zuständig.
2. § 29 I ZPO begründet einen besonderen Gerichtsstand an dem Ort, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist (Erfüllungsort, synonym: Leistungsort), was sich nach materiellem Recht, hier mangels gesetzlicher Sonderregelungen nach § 269 BGB, bestimmt. Nach dieser Vorschrift ist der Erfüllungsort für die Verbindlichkeiten beider Vertragsteile grundsätzlich einzeln und gesondert zu bestimmen (OLG München, Urt. v. 13.01.2014 – 19 U 3721/13, juris Rn. 14 m. w. Nachw.). Danach wäre Erfüllungsort für die vom Kläger nach Rücktritt eingeklagte Rückzahlung des Kaufpreises (Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des gekauften Kraftrads) grundsätzlich der Ort, an welchem der beklagte Verkäufer seinen Wohnsitz hat (§ 269 I BGB i. V. mit § 270 IV BGB), hier also Eschweiler, sodass der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 I ZPO) derselbe wäre wie der allgemeine Gerichtsstand gemäß §§ 12 f. ZPO (LG Aachen).
Etwas anderes kann sich gemäß § 269 I BGB jedoch im Fall einer anderweitigen Bestimmung oder aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, ergeben. Eine von der dargelegten Gesetzeslage abweichende Bestimmung hinsichtlich des Leistungsortes haben die Parteien nicht getroffen. Es ist jedoch seit Langem umstritten, ob sich ‚aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses‘, ergibt, dass bei einem Rückgewährschuldverhältnis nach Rücktritt von einem beiderseits erfüllten Kaufvertrag auf der Grundlage eines gesetzlichen Rücktrittsrechts als Erfüllungsort für die vom Käufer begehrte Rückzahlung des Kaufpreises (Zug um Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache) der Ort anzusehen ist, an dem sich die Kaufsache zur Zeit des Rücktritts vertragsgemäß befindet, sodass dieser Belegenheitsort als einheitlicher Erfüllungsort des Rückgewährschuldverhältnisses gilt. In diesem Fall ergäbe sich die örtliche Zuständigkeit des LG Memmingen, da sich das Motorrad, das der Kläger vom Beklagten erworben hat, vertragsgemäß beim Kläger in Lautrach befindet.
Einigkeit besteht darüber, dass sich hinsichtlich des Bestehens eines einheitlichen Erfüllungsortes unter dem geltenden Recht nichts anderes ergibt als nach dem früheren Recht der Wandelung (Stöber, NJW 2006, 2661, 2662 m. w. Nachw.); die zum früheren Recht vertretenen Auffassungen haben also ihre Grundlage nicht verloren. Im Übrigen stellt sich der Meinungsstand wie folgt dar:
a) Das Reichsgericht hat einen einheitlichen Erfüllungsort bejaht (RG, Urt. v. 16.06.1903 – Rep. II 543/02, RGZ 55, 105, 112 ff.). Der BGH hat zunächst beiläufig ausgeführt, der Wohnsitz des Käufers sei deshalb als Erfüllungsort für den Wandelungsanspruch anzusehen, weil er als der Ort des Austausches der zurückzugewährenden Leistungen erscheine (BGH, Urt. v. 20.11.1961 – VIII ZR 167/60, MDR 1962, 399, 400). In einer späteren Entscheidung hat der BGH die Annahme eines einheitlichen Erfüllungsortes für den Wandelungsvollzug an dem Ort, an dem sich die Sache zur Zeit der Wandlung vertragsgemäß befindet, unter Angabe von Nachweisen als ‚herrschende Meinung‘ bezeichnet (BGH, Urt. v. 09.03.1983 – VIII ZR 11/82, juris Rn. 14). Dieser Auffassung hat sich der BGH sodann insoweit angeschlossen, als er das sich aus dieser Auffassung für den Verkäufer ergebende Risiko, am womöglich weit entfernten Belegenheitsort (zumeist am Wohnsitz des Käufers) auf Rückzahlung des Kaufpreises verklagt zu werden, unter Berufung auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts als ‚gerechtfertigt‘ bezeichnet hat, ‚weil der vom Verkäufer zu vertretende Mangel der Kaufsache zur Wandelung geführt hat‘. Allerdings hat der BGH im Anschluss daran ausgeführt, dass sich im von ihm zu beurteilenden Fall nichts anderes ergäbe, wenn man einen einheitlichen Erfüllungsort im kaufrechtlichen Rückgewährschuldverhältnis verneinte. Im dortigen Fall ging es nämlich nicht um eine Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises, wozu die Verkäuferin bereits rechtskräftig verurteilt worden war, sondern nur um die Kosten für den Rücktransport der auf das Haus des Käufers aufgebrachten mangelhaften Dachziegel, welche die Beklagte geliefert hatte.
Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass keine aktuellere belastbare höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage eines einheitlichen Erfüllungsortes im kaufrechtlichen Rückgewährschuldverhältnis vorliegt.
b) Jedenfalls in der aktuelleren veröffentlichten obergerichtlichen Rechtsprechung wird hingegen (soweit ersichtlich) ausnahmslos die Auffassung vertreten, einheitlicher Erfüllungsort im kaufrechtlichen Rückgewährschuldverhältnis (jedenfalls nach Ausübung des gesetzlichen Rücktrittsrechts) sei bei beiderseits erfülltem Vertrag der Ort, an dem sich die Kaufsache vertragsgemäß befindet (BayObLG, Beschl. v. 09.01.2004 – 1Z AR 140/03, juris Rn. 10; OLG Bamberg, Beschl. v. 24.04.2013 – 8 SA 9/13, juris Rn. 21 f.; KG, Beschl. v. 21.03.2016 – 2 AR 9/16, juris Rn. 10; OLG Celle, Beschl. v. 17.11.1999 – 4 AR 78/99, juris Rn. 5; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.07.2013 – I-22 W 19/13, juris Rn. 11 ff. mit ausführlicher Begründung; OLG Hamm, Urt. v. 20.10.2015 – 28 U 91/15, juris Rn. 33; OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.06.2013 – 13 U 53/13, juris Rn. 6 f. unter Verweis auf die hier genannte Entscheidung des OLG Schleswig; OLG Köln, Beschl. v. 28.03.2011 – I-3 U 174/10, juris Rn. 10; OLG München, Urt. v. 13.01.2014 – 19 U 3721/13, juris Rn. 14 ff. mit ausführlicher Begründung; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 06.01.2005 – 5 W 306/04, juris Rn. 5; OLG Schleswig, Urt. v. 04.09.2012 – 3 U 99/11, juris Rn. 17 ff. mit ausführlicher Begründung; OLG Stuttgart, Urt. v. 13.01.2016 – 9 U 183/15, juris Rn. 5 ff. mit ausführlicher Begründung).
In der Literatur wird mehrheitlich dieselbe Auffassung vertreten (s. etwa Erman/Artz, BGB, 15. Aufl. [2017], § 269 Rn. 13; Staudinger/Bittner, BGB, Neubearb. 2014, § 269 Rn. 28; Soergel/Forster, BGB, 13. Aufl. [2014], § 269 Rn. 30; Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl. [2018], § 269 Rn. 16; Heinrich, in: Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl. [2017]; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl. [2017], § 29 Rn. 6 [entgegen der bis zur 31. Aufl. vertretenen Ansicht]; MünchKomm-BGB/Krüger, 7. Aufl. [2016], § 269 Rn. 41; MünchKomm-ZPO/Patzina, 5. Aufl. [2016], § 29 Rn. 62; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. [2014], § 29 Rn. 21 und 45; Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Aufl. [2018], § 29 Rn. 25 – ‚Rückabwicklung‘; Smid/Hartmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. [2015], § 29 Rn. 46).
c) Diese Meinung war nie unangefochten (vgl. aus der älteren Rechtsprechung OLG München, HRR 1936, 42; LG Krefeld, Beschl. v. 27.07.1977 – 2 O 262/77, juris Rn. 3 ff. m. w. Nachw. [das dort zitierte Urteil des OLG Nürnberg vom 25.06.1974 – 7 U 57/74, NJW 1974, 2237 – lässt die Frage freilich offen und führt lediglich aus, beide Auffassungen führten zum selben Ergebnis]; aus der Literatur Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl. [1991], § 467 Rn. 97 und 99; monografisch Döhmel, Der Leistungsort bei Rückabwicklung von Verträgen, 1996, S. 110–114 und 134–136). Vor allem Stöber (NJW 2006, 2661–2665) hat die herrschende Auffassung einer eingehenden Kritik unterzogen und ist zu der Auffassung gelangt, dass es keinen überzeugenden Grund gebe, abweichend vom allgemeinen Grundsatz, dass der Erfüllungsort hinsichtlich jeder einzelnen Leistungsverpflichtung gesondert zu betrachten sei, im Fall der Ausübung eines gesetzlichen Rücktrittsrechts einen einheitlichen Erfüllungsort am Ort der vertragsgemäßen Belegenheit der Kaufsache anzunehmen. Wohl vor allem im Anschluss an diesen Aufsatz vertreten mehrere erstinstanzliche Gerichte mit jeweils ausführlicher Begründung die Auffassung, ein einheitlicher Erfüllungsort und damit ein besonderer Gerichtsstand am Belegenheitsort der Kaufsache sei abzulehnen (LG Bielefeld, Urt. v. 28.04.2015 – 7 O 321/14, juris Rn. 16 ff. [aufgehoben durch OLG Hamm, Urt. v. 20.10.2015 – 28 U 91/15, juris]; LG München I, Beschl. v. 27.05.2016 – 31 O 4974/16, juris Rn. 5 ff.; LG Stralsund, Beschl. v. 13.10.2011 – 6 O 211/11, juris Rn. 4 ff.; LG Tübingen, Urt. v. 17.09.2015 – 5 O 68/15, juris Rn. 23 ff. [aufgehoben durch OLG Stuttgart, Urt. v. 13.01.2016 – 9 U 183/15, juris]; AG Hechingen, vom 02.02.2012 – 2 C 463/11, juris Rn. 16 ff.). Auch Kaiser (Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 346 Rn. 84) vertritt nunmehr (unter Aufgabe ihrer in der Vorauflage vertretenen Auffassung) die Ansicht, der Erfüllungsort könne in der Regel nicht an den Belegenheitsort der Sache verlegt werden.
3. Der Senat schließt sich der herrschenden und in der (jedenfalls veröffentlichten) obergerichtlichen Rechtsprechung seit Langem ausnahmslos vertretenen Auffassung an.
a) Der Senat sieht davon ab, den Inhalt der Diskussion ein weiteres Mal nachzuzeichnen. Insoweit wird hinsichtlich der herrschenden Auffassung auf die oben zu 2 b zitierten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf, Hamm, München, Stuttgart und vor allem Schleswig, hinsichtlich der Gegenmeinung auf die oben zu 2 c zitierte Rechtsprechung und vor allem auf den Aufsatz von Stöber (NJW 2006, 2661–2665) verwiesen.
b) Der an der herrschenden Meinung geübten Kritik ist nach Auffassung des Senats insoweit zuzustimmen, als es keinen sachlich oder dogmatisch zwingenden Grund dafür gibt, ‚aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses‘ (§ 269 I BGB) zu folgern, nach gesetzlichem Rücktritt vom beiderseits erfüllten Kaufvertrag gebe es einen einheitlichen Erfüllungsort am Ort der vertragsgemäßen Belegenheit der Kaufsache.
c) Ebenso wenig vermag der Senat allerdings zu erkennen, dass die herrschende Auffassung unvertretbar wäre. Insbesondere sprechen aus Sicht des Senats zwei praktische Argumente für die herrschende Meinung: Zum einen hat der Käufer im Fall des Rücktritts nicht nur einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, sondern auch einen Anspruch auf Rücknahme der Kaufsache durch den Verkäufer; dieser Anspruch ist unstreitig am Ort der vertragsgemäßen Belegenheit der Kaufsache zu erfüllen. Sofern der Käufer beide Ansprüche nach Rücktritt gerichtlich geltend machen will, widerspräche es der Prozessökonomie, wenn er zwar den Rücknahmeanspruch, nicht aber den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises am Gerichtsstand der Belegenheit der Sache verfolgen könnte (OLG Schleswig, Urt. v. 04.09.2012 – 3 U 99/11, juris Rn. 36; im gleichen Sinn wohl OLG Hamm, Urt. v. 20.10.2015 – 28 U 91/15, juris Rn. 32, und OLG Stuttgart, Urt. v. 13.01.2016 – 9 U 183/15, juris Rn. 6). Zum anderen gestaltet sich eine oftmals zur Klärung des Bestehens eines Rücktrittsgrundes erforderliche Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten kostengünstiger, wenn ein Auseinanderfallen von Belegenheits- und Gerichtsort vermieden wird, da ein am Gerichtsort ansässiger Sachverständiger mit der Begutachtung der Sache am selben Ort beauftragt werden kann und der Sachverständige auch keine lange Anreise hat, wenn er zur Erläuterung seines Gutachtens zum Termin geladen wird. Verneinte man hingegen den Gerichtsstand am Belegenheitsort, ergäbe sich, dass entweder die zu begutachtende Sache zum Gerichtsort geschafft werden müsste oder der Sachverständige zeit- und kostenintensive weite Wege auf sich nehmen müsste, sei es, um die Sache zu begutachten, sei es, um sein Gutachten im Termin zu erläutern. Insofern ist die Argumentation des OLG Schleswig (Urt. v. 04.09.2012 – 3 U 99/11, juris Rn. 35; vgl. auch OLG Hamm, Urt. v. 20.10.2015 – 28 U 91/15, juris Rn. 36), die Bejahung eines Gerichtsstands am Belegenheitsort entspreche dem mutmaßlichen Willen der an einer kostengünstigen Beweisaufnahme interessierten Parteien, verständlich.
d) Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht des Senats bereits zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und damit im Interesse der Rechtssicherheit geboten, nicht von der einheitlichen Linie abzuweichen, welche durch die zitierten zahlreichen obergerichtlichen Entscheidungen vorgegeben ist. Das gilt umso mehr, als es nicht möglich ist, die Revision zuzulassen und so eine Leitentscheidung durch den BGH zu ermöglichen. Diesem zufolge ergibt sich aus § 545 II ZPO über dessen Wortlaut hinaus nämlich, dass die Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz der Nachprüfung durch das Revisionsgericht schlechthin entzogen ist (BGH, Urt. v. 22.02.2005 – KZR 28/03, juris Rn. 22; Urt. v. 07.03.2006 – VI ZR 42/05, juris Rn. 11), sodass eine Revision auch dann nicht zulässig ist oder zugelassen werden kann, wenn das Berufungsgericht die örtliche Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts im Gegensatz zu diesem bejaht (BGH, Beschl. v. 26.06.2003 – III ZR 91/03, juris Rn. 7). Unter diesen Umständen ist die Einheitlichkeit der Rechtsprechung, deren Bedeutung auf der Hand liegt und auch vom Gesetzgeber in § 543 II 1 Nr. 2 ZPO anerkannt und hervorgehoben worden ist, nur dadurch zu wahren, dass der Senat sich der aus seiner Sicht gut vertretbaren, wenn auch nicht unbezweifelbaren einheitlichen Rechtsprechung zahlreicher Oberlandesgerichte anschließt.
II. Der Senat konnte gemäß § 538 II 1 Nr. 3 ZPO das Urteil aufheben und die Sache an das LG Memmingen zurückverweisen, weil das Landgericht nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden und der Kläger die Zurückverweisung (hilfsweise) beantragt hat. Eine weitere Verhandlung über die streitige Frage eines Rücktrittsgrunds ist erforderlich.
III. Die Kostenentscheidung ist dem Urteil erster Instanz vorzubehalten (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl. [2018], § 538 Rn. 58). Für eine Anwendung des § 21 GKG besteht keine Veranlassung.
Auch wenn das Urteil selbst keinen vollstreckungsfähigen Inhalt im eigentlichen Sinne hat, ist die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, da gemäß § 775 Nr. 1 ZPO und § 776 Satz 1 ZPO das Vollstreckungsorgan die Vollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil erst einstellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln erst aufheben darf, wenn eine vollstreckbare Ausfertigung vorgelegt wird (OLG München, Urt. v. 13.01.2014 – 19 U 3721/13, juris Rn. 20).
Eine Zulassung der Revision kommt, wie oben zu I 3 d dargelegt, nicht in Betracht.“