1. Entgegen der herrschenden Meinung sind nach einem mangelbedingten Rücktritt des Käufers von einem Kfz-Kaufvertrag sämtliche Rückgewähransprüche – und damit auch der Anspruch des Käufers auf Rückzahlung des Kaufpreises – nicht einheitlich dort zu erfüllen, wo sich das Fahrzeug im Zeitpunkt des Rücktritts vertragsgemäß befindet. Vielmehr muss grundsätzlich der Erfüllungsort für jede Rückgewährpflicht gesondert bestimmt werden; der Verkäufer hat deshalb seine Pflicht zur Rückzahlung des Kaufpreises regelmäßig an seinem Wohn- oder Geschäftssitz zu erfüllen (§§ 269 I, II, 270 IV BGB).
  2. Der Käufer eines Fahrzeugs, der sich dafür entscheidet, mit einem nicht an seinem Wohnsitz ansässigen Verkäufer zu kontrahieren, geht damit bewusst das Risiko ein, einen Rechtsstreit am Wohn- oder Geschäftssitz des Verkäufers führen zu müssen.

LG Augsburg, Beschluss vom 25.09.2018 – 082 O 2813/18

Sachverhalt: Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags und Schadensersatz in Anspruch, nachdem er wegen eines Mangels den Rücktritt von diesem Vertrag erklärt hat. Der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten (§§ 12, 13 ZPO) befindet sich im Bezirk des LG Kempten.

Das angerufene LG Augsburg hat sich auf Antrag des Klägers gemäß § 281 I 1 ZPO für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das LG Kempten verwiesen.

Aus den Gründen: Die Zuständigkeit des LG Augsburg ergibt sich nicht aus dem besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes. Hiernach ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist (§ 29 I ZPO). Der Erfüllungsort bestimmt sich wiederum nach dem materiellen Recht. Leistungsort ist gemäß § 269 I BGB grundsätzlich der Ort, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. Dies gilt – wie § 270 IV BGB ausdrücklich klarstellt – auch für Geldschulden. Leistungsort für die Zahlungspflicht des Beklagten ist demnach an seinem Wohnsitz.

Ein anderer Leistungsort besteht gemäß § 269 I BGB nur dann, wenn ein Ort für die Leistung bestimmt ist oder aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen ist. Das ist hier nicht der Fall.

Eine Parteivereinbarung über den Leistungsort wurde nicht getroffen.

Ein anderer Leistungsort ergibt sich für die Rückabwicklung von Pkw-Kaufverträgen auch nicht aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses. Die herrschende Meinung, wonach einheitlicher Erfüllungsort für sämtliche Rückgewähransprüche nach Rücktritt vom Kaufvertrag – also auch für den Anspruch des Käufers auf Erstattung des Kaufpreises – der Ort ist, an dem sich die Kaufsache zur Zeit des Rücktritts vertragsgemäß befindet, hat keine überzeugende Grundlage.

1. Die herrschende Meinung kann sich nicht auf die Rechtsprechung des BGH stützen.

Sie bezieht sich maßgeblich auf eine Entscheidung des BGH vom 09.03.1983 (VIII ZR 11/82, BGHZ 87, 104 = NJW 1983, 1479). In dieser Entscheidung wurde die Frage jedoch nicht ausdrücklich entschieden. Dort heißt es:

„Daß die Beklagte ihre Rücknahmeverpflichtung durch Abdecken der Ziegel zu erfüllen hatte, ergibt sich aus folgendem: Nach herrschender Meinung ist einheitlicher Erfüllungsort für den Wandelungsvollzug der sog. Austauschort, d. h. derjenige Ort, an dem sich die Sache zur Zeit der Wandelung vertragsgemäß befindet (vgl. z. B. Senat, Urt. v. 20.11.1961 – VIII ZR 167/60, MDR 1962, 399, 400; RGZ 50, 270, 272; 55, 105, 112 f. […]) Denn der Käufer schuldet nach § 346 Satz 1 BGB nur das Zurückgewähren der Leistung und hat somit den Verkäufer nur in die Lage zu versetzen, über die Ware zu verfügen ([…]). […] Gerade das anerkennenswerte und vom Gesetz, wie bereits dargelegt, auch anerkannte Interesse des Käufers, möglichst weitgehend so gestellt zu werden, als habe er sich auf den Vertrag nicht eingelassen, rechtfertigt es, ihn von den Kosten des Rücktransportes zu entlasten. Zu keinem anderen Ergebnis gelangt im vorliegenden Fall die Auffassung, die den Erfüllungsort stets bei dem Empfänger der verkauften Sache sieht ([…]). Selbst wenn man von einem für die Käufer- und Verkäuferverpflichtungen unterschiedlichen Erfüllungsort ausgehen wollte ([…]), wäre dies für die Rückgabe- bzw. Rücknahmeverpflichtung dennoch der Ort, an dem sich die Ware vertragsgemäß befindet.“

Der BGH hat somit ausschließlich die Frage entschieden, an welchem Ort der Käufer die Rückgewähr der Kaufsache schuldet, nicht jedoch die Frage, ob an diesem Ort auch der einheitliche Erfüllungsort auf Rückzahlung des Kaufpreises ist.

Zuzugeben ist, dass der BGH sich unter Anführung der herrschenden Meinung jedenfalls inzident auf frühere Urteile des BGH und des Reichsgerichts bezieht. In dem hierbei zitierten Senatsurteil vom 20.11.1961 heißt es zwar auch ausdrücklich:

„Denn der Wohnsitz des Käufers (hier des Klägers) ist deshalb als Erfüllungsort für den Wandlungsanspruch anzusehen, weil er als der Ort des Austausches der zurückzugewährenden Leistungen erscheint.“

Im Übrigen setzt sich der BGH mit der örtlichen Zuständigkeit bezüglich des hilfsweise geltend gemachten Bereicherungsanspruchs nach Anfechtung auseinander, die er nicht am Wohnsitz des Käufers bejaht. Eine Begründung für die Annahme, der Wohnsitz des Käufers sei einheitlicher Erfüllungsort des Wandlungsanspruchs, enthält die Entscheidung nicht.

Auch in seinem Urteil vom 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 = NJW 2011, 2278 – in dem der BGH über den Erfüllungsort des kaufrechtlichen Nacherfüllungsanspruchs entschieden hat, hat er inzident die bisherige Rechtsprechung zum Erfüllungsort von Rückgewähransprüchen angeführt. Dort heißt es (Rn. 28):

„Schließlich lassen sich die zum Erfüllungsort der Rückgewähransprüche nach erfolgtem Rücktritt gemäß § 437 Nr. 2, §§ 440, 346 BGB, der vielfach an dem Ort angesiedelt wird, an dem sich die Sache vertragsgemäß befindet, entwickelten Grundsätze nicht auf die Nacherfüllung nach § 439 BGB übertragen.“

Hierzu zitiert er ausschließlich Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 269 Rn. 16, MünchKomm-BGB/Krüger, 4. Aufl., § 269 Rn. 41, und zum alten Schuldrecht das Senatsurteil vom 09.03.1983 (VIII ZR 11/82, BGHZ 87, 104, 109 = NJW 1983, 1479). Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der BGH sich überhaupt mit der Frage beschäftigt hat, ob diese „Grundsätze“ richtig sind oder nicht.

Die drei von der herrschenden Meinung angeführten Entscheidungen des BGH enthalten somit keinerlei Begründung für die Annahme eines einheitlichen Erfüllungsortes im Falle des Rücktritts. Tatsächlich hat sich der BGH mit dieser Frage noch nie eindringlich auseinandergesetzt, indem er selbst die „besonderen Umstände“ i. S. des § 269 I BGB benennt. Eine Entscheidung ohne jedwede Begründung kann jedoch keine Wirkung entfalten (vgl. die gesetzgeberische Wertung in §§ 313 III, 547 Nr. 6 ZPO).

Der BGH bezog sich jeweils auch maßgeblich auf Entscheidungen des Reichsgerichts. Auch auf diese kann die herrschende Meinung sich nicht berufen.

Auch RGZ 57, 12 befasst sich vordringlich mit der – zum vorliegenden Fall entgegengesetzten – Frage, wo der Gerichtsstand des Erfüllungsortes begründet ist, wenn aufgrund der Wandelung eines Kaufs die Zurücknahme der gelieferten Sache gegen Ersatz der verauslagten Frachtkosten begehrt wird. Die dortige „streitige Verpflichtung“ i. S. des § 29 I ZPO ist die Rücknahmepflicht des Verkäufers und gerade nicht dessen Zahlungspflicht.

Die für die Entscheidung in RGZ 55, 105 angeführte Begründung ist auf die heutigen Verhältnisse nicht mehr übertragbar. Dort wird ausgeführt (RGZ 55, 105, 111):

„Wenn nun, wie im vorliegenden Falle, ein Kaufvertrag, bezüglich dessen ein Wandelungsanspruch begründet ist, schon beiderseits erfüllt ist und somit nach §§ 467, 346 und 348 BGB infolge der Wandelung die beiderseitigen Leistungen Zug um Zug zurückzugewähren sind, so ist auf Grund des hiermit für die Rückgewähr gegebenen Schuldverhältnisses in der Regel als gemeinsamer Erfüllungsort für diese beiderseitigen Verpflichtungen der Parteien derjenige Ort anzusehen, an dem der Käufer dem Verkäufer die gekaufte Sache zurückzugeben hat, indem insbesondere auch der Verkäufer, um die Sache gegen Zurückzahlung des empfangenen Kaufpreises zurückzuerhalten – woran er ja in der Regel Interesse hat –, darauf hingewiesen ist, den Kaufpreis Zug um Zug an dem Orte zurückzuerstatten, an welchem der Käufer die Sache ihm zurückzugewähren hat.“

In der Folge führt das Reichsgericht aus, dass der Käufer die Sache an dem Ort zurückzugewähren hat, wo sich die Ware zur Zeit der Wandelung infolge des Vertrags befindet. Diese Entscheidung aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts kann nicht ohne Weiteres auf die heutigen Verhältnisse übertragen werden, in denen der unbare Zahlungsverkehr existiert und allgemein praktiziert wird. Die weiteren gegen diese Begründung sprechenden Argumente werden unten ausgeführt.

2. Auch ist nicht ohne Weiteres davon auszugehen, dass der BGH unter Anwendung seiner Grundsätze für den vorliegenden Fall einen einheitlichen Leistungsort bejahen würde.

Die Rechtsprechung auch des BGH hat zwar bei bestimmten Vertragstypen einen einheitlichen Erfüllungsort von Leistung und Gegenleistung angenommen. Dabei handelt es sich aber überwiegend um Werk- oder Dienstverträge. Sie sind durch die an einem bestimmten Ort zu erbringende Werk- oder Dienstleistung geprägt; deshalb ist es dort gerechtfertigt, diesen Ort als gemeinsamen Erfüllungsort für Leistung und Gegenleistung anzusehen. Beim Bauvertrag zum Beispiel schulden der Werkunternehmer die Herstellung des Werks und der Besteller die Abnahme des Werks an dem ganz bestimmten Ort des Bauwerks. Es ist daher sachgerecht auch die Zahlung des Werklohns an diesen Ort zu verlegen. Auch bei einem Beherbergungsvertrag ist die Leistungserbringung durch den Zahlungsgläubiger und die Nutzung der Leistung ausschließlich am Ort der Beherbergung möglich, sodass auch an diesem Ort die Zahlungspflicht erfüllt werden soll.

Diese besondere Ortsbezogenheit besteht jedoch bei der Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrags gerade nicht. Aufgrund der Mobilität des Fahrzeugs gibt es gerade nicht nur einen bestimmten Ort, an dem die Leistungen erfüllt werden können. Dass die Rechtsprechung annimmt, dass der Verkäufer zur Rücknahme am vertragsgemäßen Belegenheitsort der Sache verpflichtet ist, ist eine rechtliche Wertung. Die ortsgebundene Rücknahmepflicht ergibt sich jedoch nicht daraus, dass sie nur an diesem besonderen Ort tatsächlich möglich ist. Dementsprechend hat der BGH in seiner Entscheidung vom 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 = NJW 2011, 2278 – bei der Bestimmung des Erfüllungsortes für den Nacherfüllungsanspruch zulasten der Annahme bei dem Wohnsitz des Käufers ausgeführt, dass der Belegenheitsort gerade bei verkauften Fahrzeugen variabel sei. Fahrzeuge befänden sich typischerweise und bestimmungsgemäß nicht nur am Wohnsitz des Käufers, sondern unterwegs zu den verschiedensten Zielen, wie etwa der Arbeitsstätte, dem Urlaubsort oder sonstigen Reisezielen.

Auch im Fall der Gebührenforderung eines Rechtsanwalts hat der BGH mit Beschluss vom 11.11.2003 (X ARZ 91/03, BGHZ 157, 20 = DStRE 2004, 363) seine frühere Rechtsprechung aufgeben, sodass Erfüllungsort für die Zahlung der Gebührenforderung nicht der Sitz der Kanzlei, sondern der Wohnort des Mandanten ist, obwohl die Leistungserbringung durch den Rechtsanwalt regelmäßig in dessen Kanzlei erfolgt.

3. Die herrschende Meinung führt auch keine überzeugenden Gründe für die Annahme eines einheitlichen Gerichtsstands an.

a) Bei gegenseitigen Verträgen ist der Erfüllungsort für Verbindlichkeiten beider Vertragsteile grundsätzlich einzeln und gesondert zu bestimmen. Nur ausnahmsweise kann bei Vorliegen besonderer Umstände ein einheitlicher Gerichtsstand angenommen werden. Allein aus der Zug-um-Zug-Verpflichtung ergibt sich kein einheitlicher Erfüllungsort. Nach der Legaldefinition des § 274 I BGB bedeutet Erfüllung Zug um Zug, dass ein Schuldner seine Leistung nur gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung zu bewirken hat. Diese Abhängigkeit von Leistung und Gegenleistung ordnet das Gesetz in § 320 I BGB für alle gegenseitigen Verträge an. Durch die gemäß § 348 Satz 1 BGB angeordnete Erfüllung der Rücktrittspflichten Zug um Zug wurde ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis geschaffen. Das hat jedoch im Grundsatz keinen Einfluss auf den Leistungsort. Auch bei gegenseitigen Verträgen muss grundsätzlich der Leistungsort für jede Verpflichtung gesondert bestimmt werden; er ist daher nicht notwendig einheitlich (BGH, Urt. v. 09.03.1995 – IX ZR 134/94, NJW 1995, 1546).

b) Die Begründung der herrschenden Meinung zur Annahme einer besonderen Ortsbezogenheit für sämtliche Rückgewähransprüche leitet sich wie folgt ab: Der Käufer habe einem mit dem Rückgabeanspruch des Verkäufers korrespondierenden Rücknahmeanspruch. Da dieser Rücknahmeanspruch durch den Verkäufer am vertragsgemäßen Belegenheitsort der Sache und damit zumeist am Wohnsitz des Käufers zu erfüllen sei, habe der Verkäufer bei der Rücknahme der Kaufsache seine nach § 348 BGB Zug um Zug zu erfüllende Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises ebenso an diesem Ort zu erfüllen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers solle der Verkäufer bei der Gelegenheit der Fahrzeugabholung Zug um Zug seine Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises erfüllen. Dieses mutmaßlich auch von den Parteien so gewollte Prozedere spreche dafür, bei der Rückabwicklung eines Autokaufs im Rahmen des § 29 I ZPO einen einheitlichen Gerichtsstand des Erfüllungsortes anzunehmen (OLG Hamm, Urt. v. 20.10.2015 – 28 U 91/15, NJW-RR 2016, 177; OLG Stuttgart, Urt. v. 13.01.2016 – 9 U 183/15, juris).

Dieser Auffassung ist zunächst entgegenzuhalten, dass in den seltensten Fällen der Käufer tatsächlich einen Rücknahmeanspruch geltend macht, das heißt, dass es ihm maßgeblich darum geht, dass der Verkäufer das Fahrzeug bei ihm abholt. Vielmehr begehrt er hauptsächlich die Rückzahlung seines Kaufpreises. Es ist nicht ersichtlich, warum eine den Käufer nur gering interessierende Verpflichtung darüber bestimmen soll, wo die ihn hauptsächlich interessierende Verpflichtung erfüllt werden soll. Dies missachtet die grundsätzliche Trennung der einzelnen Leistungsorte der jeweils gleichwertigen Verpflichtungen.

Die Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises nur Zug um Zug gegen Rückgabe der Kaufsache dient zudem dem Schutz des Verkäufers. Aus § 348 Satz 2 ZPO ergibt sich, dass es sich um eine Einrede handelt, die nur bei ausdrücklicher Geltendmachung durch den Verkäufer zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.10.2009 – V ZR 203/08, NJW 2010, 146 Rn. 20). Somit kann der Verkäufer den Kaufpreis auch vorleistend zurückzahlen, ohne auf die gleichzeitige Rückgabe des Fahrzeugs zu bestehen. Er könnte sich ohne Geltendmachung der Zug-um-Zug-Einrede gegen eine Klage auf reine Kaufpreisrückzahlung wehren. Es wäre nicht angemessen, wenn gerade durch Beachtung dieser Schutzvorschrift Nachteile zulasten des Verkäufers entstünden, indem er deswegen nicht mehr an seinem allgemeinen Gerichtsstand zu verklagen ist.

Darüber hinaus geht die herrschende Meinung de facto ausschließlich von einer Barzahlung durch den Verkäufer aus und verkennt die weiteren heutigen Möglichkeiten einer Zahlung. Bei korrekter Anwendung dieser Sichtweise auf sämtliche gegenseitigen Verträge müssten die entsprechenden Gerichte wegen der Einrede der §§ 320, 322 BGB auch in anderen Fällen, in denen eine der Vertragsparteien eine Zahlungspflicht trifft, ausschließlich zu Barzahlungsgeschäften gelangen. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall.

c) Selbst für den Fall, dass der Käufer tatsächlich die Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises mit der Klage auf Rücknahme der Kaufsache verbindet, ergibt sich nichts anderes.

Das OLG Schleswig führt hierzu in seinem Urteil vom 04.09.2012 – 3 U 99/11, IBRRS 2012, 3365 – aus, da der Anspruch auf Rücknahme der Kaufsache unstreitig am Ort der vertragsgemäßen Belegenheit der Sache zu erfüllen sei, liefe es der Prozessökonomie zuwider, wenn der Käufer diese Ansprüche nicht gemäß § 260 ZPO in einer Klage am Belegenheitsort der Kaufsache verbinden könnte.

Die herrschende Meinung argumentiert auch mit den folgenden prozessualen Erwägungen: Für einen einheitlichen Erfüllungsort bestehe auch ein praktisches Bedürfnis. Es entspreche dem mutmaßlichen Willen der Parteien eher, dass der Rechtsstreit am Belegenheitsort ausgetragen werde, wo eine Beweisaufnahme, zum Beispiel die Begutachtung des Fahrzeugs, in der Regel kostengünstiger möglich sei. Beim Autokauf werde dies besonders deutlich, wenn das Fahrzeug mangelbedingt nicht fahrbereit sei. In diesem Fall fielen für den Transport erhebliche Kosten an. Auch seien weniger Einbußen hinsichtlich der Fahrzeugnutzung zu erwarten, wenn die Beweisaufnahme am Belegenheitsort stattfinde. Daran habe auch der Verkäufer ein Interesse, da er bei Verschulden bzw. aus Verzug für den Nutzungsausfallschaden hafte (OLG Schleswig, Urt. v. 04.09.2012 – 3 U 99/11, IBRRS 2012, 3365; OLG Nürnberg, Urt. v. 20.02.2009 – 2 U 2074/08, BeckRS 2009, 07185; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.07.2013 – 22 W 19/13, juris).

Die Begründung mit Gründen der Prozessökonomie ist jedoch fehlerhaft. Denn sie verkennt die Tatsache, dass der für § 29 I ZPO relevante Erfüllungsort nach dem materiellen Recht zu bestimmen ist. Der Leistungsort bestimmt sich zunächst unabhängig davon, ob die Parteien miteinander in Streit stehen oder nicht. Die Tatsache, dass es in einer bestimmten Zahl der Rückabwicklungsfälle zu einem vor dem Gericht ausgetragenen Rechtsstreit kommt, kann keinen Einfluss darauf haben, wie allgemein für Fälle der Rückabwicklung der Leistungsort zu bestimmen ist.

Dies ergibt sich auch aus dem Gesetz. Der Gesetzgeber hat aufgrund prozessualer Erwägungen den besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß § 32 ZPO geschaffen, wonach auch das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Dieser Gerichtsstand beruht auf dem Gedanken der Sachnähe. Am Begehungsort kann die Sachaufklärung und Beweiserhebung am besten erfolgen (Zöller/Schultzky, ZPO, § 32 Rn. 1 m. w. Nachw.). Daraus, dass der Gesetzgeber nur für diesen besonderen Fall das Gericht der besseren Sachaufklärung als zuständig begründet hat, ergibt sich im Umkehrschluss, dass prozessökonomische Gründe der Beweiserhebung im Übrigen bei der Bestimmung der Gerichtsstände keine Bedeutung haben.

Selbst für den Fall, dass prozessökonomische Gründe irgendeinen Einfluss auf die Bestimmung des Leistungsortes hätten, sind diese nicht vorhanden. Denn beim Rücktritt von einem Pkw-Kaufvertrag behauptet der Käufer regelmäßig einen Mangel des Fahrzeugs bei Gefahrübergang, den der Verkäufer bestreitet. Hierüber kann das Gericht nur in Ausnahmefällen durch Augenschein oder Zeugen Beweis erheben. Fast immer ist die Einholung des Gutachtens eines Kfz-Sachverständigen erforderlich. Hierfür ist es gerade nicht erforderlich, dass sich das Fahrzeug im Gerichtsbezirk befindet. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Gericht einen ortsfremden Sachverständigen beauftragt. Häufig wird das schriftliche Gutachten genügen. Sollte tatsächlich die persönliche Anhörung des Sachverständigen erforderlich sein, müsste dieser zum Wohnsitzgericht des Verkäufers reisen. Dass Parteien, Rechtsanwälte, Zeugen oder Sachverständigen von auswärts zu einer mündlichen Verhandlung anreisen, ist jedoch ein völlig gewöhnlicher Umstand.

Sollte der Verkäufer aus prozessökonomischen Gründen tatsächlich eine Beweisaufnahme am Belegenheitsort der Kaufsache für sinnvoll erachten, ist es ihm jederzeit möglich, sich gemäß § 39 ZPO rügelos auf einen entsprechenden Rechtsstreit am Wohnsitz des Käufers einzulassen.

d) Als dritten maßgeblichen Grund führt die herrschende Meinung an, dass der Rücktrittsgrund aus dem Risikobereich des Verkäufers herrühre. Denn er habe eine mangelhafte Sache geliefert und die Nacherfüllung nicht innerhalb angemessener Frist erbracht. Der Käufer müsse im Rahmen der Rückabwicklung möglichst so gestellt werden, als ob er den Vertrag nicht geschlossen hätte. Dem mutmaßlichen Willen der Parteien entspreche es daher, den Ort der vertragsgemäßen Belegenheit der Kaufsache als einheitlichen Leistungsort nicht nur für die Rücknahmeverpflichtung, sondern auch für den Kaufpreisrückgewähranspruch anzusehen (OLG Schleswig, Urt. v. 04.09.2012 – 3 U 99/11, IBRRS 2012, 3365; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.07.2013 – 22 W 19/13, juris; OLG Stuttgart, Urt. v. 13.01.2016 – 9 U 183/15, juris; OLG München, Urt. v. 13.01.2014 – 19 U 3721/13, MDR 2014, 450).

Legte man die Ansicht zugrunde, dass sich besondere Umstände i. S. des § 269 I BGB daraus ergäben, dass der Klageanspruch aus dem Risikobereich des Beklagten herrühre und der Kläger so gestellt werden müsse, als ob das zum Klageanspruch führende Ereignis nicht geschehen wäre, würde dies insbesondere für sämtliche Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung gelten (§§ 823 I, 249 I BGB). Für diese ist jedoch kein besonderer Gerichtsstand am Wohnsitz des Geschädigten, sondern nur der besondere Gerichtsstand des Begehensortes gemäß § 32 ZPO begründet. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber wollte, dass durch die Verknüpfung von § 29 ZPO, § 269 I BGB der Gläubiger eines Vertragsverhältnisses, der sich in Kenntnis des Wohnsitzes seines Vertragspartners bewusst für die Eingehung eines Vertrags entschieden hat, stärker privilegiert wird als der Gläubiger einer unerlaubten Handlung, der hierauf überhaupt keinen oder nur geringen Einfluss hatte. Dieser ist trotz möglicherweise schwerer Verletzungen nicht berechtigt, den Schädiger an seinem eigenen Wohnsitz, sondern nur am Schädigerwohnsitz oder Begehensort zu verklagen. Die von dem Gesetzgeber gemeinten „besonderen Umstände“ müssen daher andere als die von der herrschenden Meinung angeführten sein.

In diesem Sinne hat auch der BGH im Rahmen seiner Entscheidung über den Erfüllungsort der kaufvertraglichen Nacherfüllungspflicht (Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 = NJW 2011, 2278) ausgeführt: Zwar könne im Rahmen der nach § 269 I BGB maßgeblichen Umstände auch die in der mangelhaften Lieferung liegende Pflichtverletzung des Verkäufers berücksichtigt werden. Wolle man diesem Gesichtspunkt aber ausschlaggebendes Gewicht beimessen, hätte dies zur Folge, dass der Erfüllungsort jeder Nacherfüllung am Belegenheitsort der Kaufsache läge, denn die Nacherfüllung setze gerade voraus, dass die Kaufsache mangelhaft ist. Diese generelle Gleichsetzung des Erfüllungsortes der Nacherfüllung mit dem Belegenheitsort der Sache sei jedoch nicht sachgerecht und werde auch von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht gefordert. Angesichts dessen könne die Pflichtwidrigkeit des Verkäuferhandelns nicht der allein maßgebende Faktor für die Bestimmung des Erfüllungsortes der Nacherfüllung sein.

e) Das OLG Bamberg (Beschl. v. 24.04.2013 – 8 SA 9/13, BeckRS 2013, 17459) und das BayObLG (Beschl. v. 09.01.2004 – 1Z AR 140/03, MDR 2004, 646) haben sich ausschließlich auf die herrschende Meinung bezogen und überhaupt keine eigene Begründung für ihre Entscheidungen gegeben.

4. Nach alledem bestehen keine besonderen Umstände, gerade für den Fall der Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrags von den allgemeinen Grundsätzen zum Leistungsort abzuweichen und den Gläubiger des Kaufpreisrückzahlungsanspruchs gegenüber anderen Gläubigern zu privilegieren. Insbesondere spricht hierfür auch keine Schutzbedürftigkeit des Käufers. Dieser hat sich bewusst für den Kauf des Fahrzeugs an einem anderen Ort als seinem Wohnsitz entschieden und ist damit das Risiko eingegangen, etwaige Rechtsstreitigkeiten, auch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags, an einem anderen Ort austragen zu müssen (ebenso Stöber, NJW 2006, 2661, 2664; LG München I, Beschl. v. 27.05.2016 – 31 O 4974/16, juris; LG Tübingen, Urt. v. 17.09.2015 – 5 O 68/15, juris; jeweils mit umfassender Begründung). …

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