Navigation

Probleme beim Autokauf?

Probleme beim Autokauf?

Als spezialisierter Rechtsanwalt helfe ich Ihnen gerne weiter – ganz gleich, ob Sie Käufer oder Verkäufer sind.

Interessiert? Rufen Sie mich unverbindlich an

(0 23 27) 8 32 59-99

oder nutzen Sie mein Kontaktformular.

Kategorien

Archiv

Archiv

Header (Autohaus)

Archiv: 2017

Beihilfe zum Betrug im VW-Abgasskandal durch Volkswagen AG – Feststellungsklage

  1. Ein Vertragshändler haftet nicht für das arglistige Verhalten des Fahrzeugherstellers im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal. Auch findet im Verhältnis zwischen Vertragshändler und Hersteller keine Wissenszurechnung analog § 166 BGB statt. Denn der Hersteller ist nicht Gehilfe (§ 278 BGB) des Vertragshändlers bei der Erfüllung von Verkäuferpflichten.
  2. Im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal hat die Volkswagen AG der AUDI AG Beihilfe zum Betrug geleistet. Sie muss dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Audi Q5 deshalb gemäß § 823 II BGB i. V. mit §§ 263 I, 27 I StGB – und auch nach § 826 BGB – Schadensersatz leisten. Der Schaden des Käufers besteht darin, dass er einen Kaufvertrag geschlossen hat, den er ohne die Täuschung über die Schadstoffemissionen des Fahrzeugs nicht geschlossen hätte.
  3. Eine auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtete Klage ist gemäß § 256 I ZPO zulässig, wenn der Käufer darlegen kann, dass der Eintritt weiterer Schäden – etwa steuerlicher Art – wahrscheinlich ist. Insoweit kann der – nicht bestrittene – Vortrag des Käufers beachtlich sein, dass beim VG Gelsenkirchen eine Klage anhängig ist, mit der die dortigen Kläger die Stilllegung aller vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge erreichen wollen. Denn diese Klage kann dazu führen, dass der Käufer zu einem späteren Zeitpunkt als Handlungsstörer in Anspruch genommen wird. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist im Übrigen nicht mehr ausgeschlossen, dass das Kraftfahrt-Bundesamt bei der Erteilung von Genehmigungen für vom VW-Abgasskandal betroffene Fahrzeuge gegen EU-Recht verstoßen hat und auch deshalb Nutzungsuntersagungen drohen.

LG Krefeld, Urteil vom 19.07.2017 – 7 O 147/16

Mehr lesen »

Anspruch des Gebrauchtwagenkäufers auf Transportkostenvorschuss vor Nacherfüllung (§ 439 II BGB)

  1. Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers setzt die Zurverfügungstellung der Kaufsache am rechten Ort, nämlich dem Erfüllungsort der Nacherfüllung, voraus. Für dessen Bestimmung ist im Kaufrecht die allgemeine Vorschrift des § 269 I, II BGB maßgebend (Bestätigung der Senatsrechtsprechung, vgl. Senat, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 29 ff. m. w. Nachw.; Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 96/12, NJW 2013, 1074 Rn. 24).
  2. Die Kostentragungsregelung des § 439 II BGB begründet in Fällen, in denen eine Nacherfüllung die Verbringung der Kaufsache an einen entfernt liegenden Nacherfüllungsort erfordert und bei dem Käufer deshalb Transportkosten zwecks Überführung an diesen Ort anfallen, bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht nur einen Erstattungsanspruch gegen den Verkäufer; der Käufer kann nach dem Schutzzweck der von Art. 3 III 1, IV der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie geforderten Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung vielmehr grundsätzlich schon vorab einen (abrechenbaren) Vorschuss zur Abdeckung dieser Kosten beanspruchen, auch wenn das Vorliegen des geltend gemachten Mangels noch ungeklärt ist. Dementsprechend liegt ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers vor, wenn seine Bereitschaft, die Kaufsache zum Ort der Nacherfüllung zu verbringen, nur wegen der ausgebliebenen Vorschussleistung des Verkäufers nicht umgesetzt wird (Fortführung von Senat, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 37).

BGH, Urteil vom 19.07.2017 – VIII ZR 278/16
(vorangehend: LG Berlin, Urteil vom 08.11.2016 – 88 S 14/16)

Mehr lesen »

Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nach einem Unfall – Wiederbeschaffungsaufwand

  1. Dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht.
  2. Verlangt der Geschädigte vom Schädiger im Rahmen seiner ihm durch § 249 II 1 BGB eingeräumten Ersetzungsbefugnis den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) für ein beschädigtes Fahrzeug, dann richtet sich der für den Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten maßgebliche Gegenstandswert nach dem Wiederbeschaffungsaufwand und nicht nach dem ungekürzten Wiederbeschaffungswert.

BGH, Urteil vom 18.07.2017 – VI ZR 465/16

Mehr lesen »

Gutgläubiger Erwerb des Eigentums an einem historischen Maserati-Cabriolet

  1. Ein gutgläubiger Erwerb des Eigentums an einem Gebrauchtwagen ist ausgeschlossen, wenn sich der Erwerber nicht wenigstens die Fahrzeugpapiere (Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief bzw. Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II) vorlegen lässt, um die Berechtigung des Veräußerers zu überprüfen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Erwerber eine Privatperson oder ein Kfz-Händler ist.
  2. Ergibt sich aus den Fahrzeugpapieren, dass der Veräußerer des Fahrzeugs und dessen Halter personenverschieden sind, muss der Erwerber weitere Nachforschungen anstellen, wenn er sich nicht dem Vorwurf aussetzen will, er habe die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und dasjenige unbeachtet gelassen, was jedem hätte einleuchten müssen. Dies gilt grundsätzlich nur dann nicht, wenn der Veräußerer des Fahrzeugs ein Kfz-Händler ist, denn dass ein Kfz-Händler nicht als Halter des Fahrzeugs in den Fahrzeugpapieren eingetragen ist, ist üblicherweise kein Grund für Misstrauen.

OLG Köln, Urteil vom 14.07.2017 – 6 U 177/16

Mehr lesen »

Haftungsdauer des Verkäufers und Verjährungsfrist für Mängelansprüche beim Verbrauchsgüterkauf

Art. 5 I und Art. 7 I Unterabsatz 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter sind dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die es erlaubt, dass die Verjährungsfrist für die Klage eines Verbrauchers eine kürzere Dauer als zwei Jahre ab Lieferung des Gutes beträgt, wenn dieser Mitgliedstaat von der in der zweiten dieser Bestimmungen der Richtlinie eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, und wenn der Verkäufer und der Verbraucher für das betreffende gebrauchte Gut eine Haftungsfrist des Verkäufers vereinbart haben, die kürzer als zwei Jahre, nämlich ein Jahr, ist.

EuGH (Fünfte Kammer), Urteil vom 13.07.2017 – C-133/16 (Ferenschild/JPC Motor SA)

Mehr lesen »

Keine Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) im VW-Abgasskandal – VW Sharan

  1. Ein von VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen, dessen Schadstoffemissionen softwaregesteuert (nur) reduziert werden, sobald das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert, ist mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 II, 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgestattet. Das Fahrzeug ist deshalb mangelhaft i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB.
  2. Der Käufer eines Ende 2014 ausgelieferten, vom VW-Abgasskandal betroffenen und deshalb mangelhaften VW Sharan 2.0 TDI kann vom – nicht mit der Volkswagen AG identischen – Verkäufer nicht erfolgreich die Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) eines mangelfreien Fahrzeugs verlangen. Vielmehr ist eine Ersatzlieferung i. S. von § 275 I BGB unmöglich, weil der VW Sharan seit Mitte 2015 nicht mehr mit einem EA189-Dieselmotor, sondern mit einem leistungsstärkeren EA288-Dieselmotor hergestellt wird und etwa noch verfügbare Fahrzeuge mit einem EA189-Dieselmotor sämtlich mangelhaft sind.
  3. Der Verkäufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen und deshalb mangelhaften VW Sharan mit einem EA189-Dieselmotor ist auch dann nicht verpflichtet, dem Käufer ersatzweise ein aktuelles Fahrzeug mit einem leistungsstärkeren EA288-Dieselmotor zu liefern, wenn der Kaufvertrag einen Änderungsvorbehalt i. S. von § 308 Nr. 4 BGB enthält. Denn eine Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) erfordert – lediglich – eine vollständige Wiederholung der Leistungen, zu denen der Verkäufer nach § 433 I 1 und I 2 BGB verpflichtet ist. Der Verkäufer hat deshalb ersatzweise eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und gleichwertige Sache zu liefern – nicht weniger, aber auch nicht mehr.
  4. Der Verkäufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Neuwagens handelt nicht treuwidrig, wenn er sich einerseits i. S. von § 308 Nr. 4 BGB Änderungen des Fahrzeugs bis zur (erstmaligen) Auslieferung an den Käufer vorbehält und andererseits geltend macht, dass er nicht zur Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) eines aktuellen Neufahrzeugs mit einem geringfügig leistungsstärkeren Motor verpflichtet sei.
  5. Bei der Beurteilung, ob der Verkäufer eines mangelhaften Neuwagens eine Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) gemäß § 439 III BGB wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern darf, kann zulasten des Käufers zu berücksichtigen sein, dass er als Verbraucher keine Nutzungsentschädigung für die mit dem zurückzugebenden mangelhaften Fahrzeug zurückgelegten Kilometer schuldet (§ 474 V 1 BGB i. V. mit § 439 IV BGB).
  6. Die EG-Typgenehmigung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs ist nicht gemäß § 19 II 2, VII StVZO automatisch erloschen (im Anschluss an LG Braunschweig, Urt. v. 25.04.2017 – 11 O 4/17, juris Rn. 29).

LG Aachen, Urteil vom 10.07.2017 – 11 O 312/16
(nachfolgend: OLG Köln, Beschluss vom 06.03.2018 – 16 U 110/17)

Mehr lesen »

Rücktritt vom Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen – VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Gebrauchtwagen ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft. Denn auch der durchschnittliche Käufer eines Gebrauchtwagens kann grundsätzlich i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass sein Fahrzeug nicht mit einer Software ausgestattet ist, die eine Reduzierung insbesondere der Stickoxid(NOX)-Emissionen bewirkt, sobald sie erkennt, dass das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert. Diese Erwartung ist jedenfalls dann berechtigt, wenn das Fahrzeug von einem Vertragshändler veräußert wurde und dieser damit geworben hat, dass es die Euro-5-Emissionsgrenzwerte einhalte.
  2. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Gebrauchtwagen weist auch deshalb keine i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB übliche und daher vom Käufer zu erwartende Beschaffenheit auf, weil das Fahrzeug zwingend ein Softwareupdate erhalten muss und eine Betriebsuntersagung (§ 5 I FZV) droht, wenn der Käufer das Update nicht installieren lässt.
  3. Die Pflichtverletzung des Verkäufers, die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen und somit mangelhaften Fahrzeugs liegt, ist schon deshalb nicht i. S. von § 323 V 2 BGB unerheblich, weil die Maßnahmen zur Beseitigung des Mangels der umfassenden behördlichen Prüfung und Genehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt bedurften. Darüber hinaus ist bei der Beurteilung, ob der Mangel, an dem ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug leidet, geringfügig ist, zu berücksichtigen, dass selbst nach einer Nachbesserung durch Installation eines Softwareupdates ein merkantiler Minderwert allein deshalb verbleiben könnte, weil das Fahrzeug zu den vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen gehört(e).
  4. Setzt der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Fahrzeugs dem Verkäufer gemäß § 323 I BGB eine Frist zur Nachbesserung, so muss er bei der Bemessung der Frist zwar die Dimension des VW-Abgasskandals und den technischen Aufwand für die Entwicklung eines Softwareupdates, das für eine Nachbesserung erforderlich ist, berücksichtigen. Es ist dem Käufer aber nicht ohne Weiteres zuzumuten, auf die Freigabe des Updates durch das Kraftfahrt-Bundesamt zu warten. Dementsprechend ist eine Frist von deutlich über einem Jahr nicht mehr angemessen i. S. des § 323 I BGB, sondern unangemessen lang.
  5. Die Darlegungs- und Beweislast für den Umfang des Anspruchs auf Nutzungswertersatz, den der Verkäufer bei der Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrages gegen den Käufer hat (§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB), trifft den Nutzungswertersatz verlangenden Verkäufer.

LG Aachen, Urteil vom 07.07.2017 – 8 O 12/16
(nachfolgend: OLG Köln, Beschluss vom 20.12.2017 – 18 U 112/17)

Mehr lesen »

Darlegungslast des Schadensersatz statt der Leistung (§§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB) verlangenden Kfz-Käufers

Ein Kfz-Käufer, der den Verkäufer klageweise auf Schadensersatz statt der Leistung (§§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB) in Höhe angeblich aufgewendeter Reparaturkosten in Anspruch nimmt, muss darlegen, dass er dem Verkäufer erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (§ 281 I 1 BGB) oder eine Fristsetzung gemäß § 281 II BGB entbehrlich war. Der bloße Vortrag, der Verkäufer sei „mehrfach“, und zwar „sowohl telefonisch als auch schriftlich“, zur Nacherfüllung aufgefordert worden, ist insoweit unzureichend, weil er nicht die Anforderungen des § 138 I ZPO erfüllt.

LG Berlin, Urteil vom 05.07.2017 – 33 O 329/15

Mehr lesen »

Erforderlichkeit eines Nachbesserungsverlangens im VW-Abgasskandal

  1. Ein rechtlich vom Volkswagen-Konzern unabhängiger Kfz-Händler, der gutgläubig einen vom VW-Abgasskandal betroffenen Gebrauchtwagen verkauft, muss sich eine mögliche arglistige Täuschung des Käufers durch den Fahrzeughersteller nicht zurechnen lassen. Der Hersteller ist im Verhältnis zum Händler vielmehr Dritter i. S. des § 123 II 1 BGB.
  2. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Gebrauchtwagen, der entgegen einer kaufvertraglichen Vereinbarung die Euro-5-Emissionsgrenzwerte nicht einhält, ist zwar im rechtlichen Sinne mangelhaft. Grundsätzlich muss der Käufer dem Verkäufer jedoch erfolglos eine angemessene Frist zur Nachbesserung setzen, bevor er wegen dieses Mangels vom Kaufvertrag zurücktreten darf. Die pauschale Behauptung des Käufers, eine Nachbesserung durch die Installation eines Softwareupdates habe einen Anstieg des Kraftstoffverbrauchs und eine Verringerung der Motorleistung zur Folge, rechtfertigt es nicht, etwa mit Blick auf § 440 Satz 1 Fall 3 BGB eine Ausnahme von diesem Grundsatz zuzulassen.
  3. Die Pflichtverletzung des Verkäufers, die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Gebrauchtwagens liegt, ist i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich, wenn der Mangel durch die Installation eines Softwareupdates vollständig beseitigt werden kann und die Mangelbeseitigung mit rund 100 € einen Kostenaufwand von weniger als einem Prozent des Kaufpreises erfordert.

OLG München, Urteil vom 03.07.2017 – 21 U 4818/16

Mehr lesen »

Keine Nachbesserungsfrist von mehr als sechs Monaten im VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Gebrauchtwagen ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil er nicht die bei einem Gebrauchtwagen übliche und deshalb von einem durchschnittlichen Käufer zu erwartende Beschaffenheit aufweist. Das ergibt sich schon daraus, dass das Fahrzeug – wie vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordnet – technisch überarbeitet werden muss und ein Verlust der Betriebserlaubnis droht, wenn die technische Überarbeitung (durch Installation eines Softwareupdates) unterbleibt.
  2. Bei einem Verbrauchsgüterkauf reicht es mit Blick auf Art. 3 V Spiegelstrich 2 der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie für einen mangelbedingten Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag aus, dass „der Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist Abhilfe geschaffen hat“. Eine Frist zur Mangelbeseitigung muss der Käufer (Vebraucher) dem Verkäufer (Unternehmer) nicht gesetzt haben.
  3. Eine Frist zur Nachbesserung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Gebrauchtwagens von mehr als einem halben Jahr ist nicht mehr angemessen i. S. des § 323 I BGB, sondern unangemessen lang. Insoweit ist zwar zu berücksichtigen, dass der VW-Abgasskandal eine Vielzahl von Fahrzeugen betrifft und deshalb ein koordiniertes Vorgehen erforderlich ist, um sämtliche Nachbesserungen zu bewältigen. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass dieser Umstand nicht in die Risikosphäre eines mit meinem mangelhaften Fahrzeug belieferten Käufers fällt und diesem deshalb nicht zum Nachteil gereichen darf.
  4. Dass der Käufer ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug trotz des ihm anhaftenden Mangels uneingeschränkt nutzen kann, ändert nichts daran, dass eine Nachbesserungsfrist von mehr als sechs Monaten unangemessen lang ist. Denn dem Käufer ist es mit Blick auf die Verordnung (EG) Nr. 715/2007, die eine Verbesserung der Luftqualität zum Ziel hat, nicht zuzumuten, länger mit einem Fahrzeug zu fahren, dessen Schadstoffausstoß weit über den in der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 festgelegten Grenzwerten liegt.
  5. Die Pflichtverletzung des Verkäufers, die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Gebrauchtwagens liegt, ist schon deshalb nicht i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich, weil ein Mangel, dessen Beseitigung das Kraftfahrt-Bundesamt angeordnet hat und in die es involviert ist, nicht geringfügig sein kann.

LG Bielefeld, Urteil vom 30.06.2017 – 7 O 201/16

Mehr lesen »