1. Ei­ne Er­satz­lie­fe­rung (§ 439 I Fall 2 BGB) ist nicht i. S. von § 275 I BGB un­mög­lich, wenn dem Käu­fer ei­nes man­gel­haf­ten Neu­wa­gens zwar kein völ­lig iden­tisch aus­ge­stat­te­tes, wohl aber ein gleich­ar­ti­ges und gleich­wer­ti­ges man­gel­frei­es Fahr­zeug ge­lie­fert wer­den kann. Dar­an fehlt es, wenn zwi­schen­zeit­lich ein Ge­ne­ra­ti­ons­wech­sel statt­ge­fun­den hat und sich Neu­fahr­zeu­ge der ak­tu­el­len Ge­ne­ra­ti­on un­ter an­de­rem hin­sicht­lich ih­rer Mo­tor­leis­tung von Fahr­zeu­gen der Ge­ne­ra­ti­on un­ter­schei­den, de­nen das man­gel­haf­te Fahr­zeug an­ge­hört.
  2. Der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen und des­halb mög­li­cher­wei­se man­gel­haf­ten VW Ti­gu­an der ers­ten Ge­ne­ra­ti­on (VW Ti­gu­an I) kann we­der mit Er­folg die Er­satz­lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en VW Ti­gu­an I ver­lan­gen, noch hat er ge­mäß § 437 Nr. 1, § 439 I Fall 2 BGB ei­nen An­spruch auf Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en VW Ti­gu­an der zwei­ten Ge­ne­ra­ti­on (VW Ti­gu­an II). Viel­mehr ist ei­ne Er­satz­lie­fe­rung in­fol­ge des Ge­ne­ra­ti­ons­wech­sels un­mög­lich i. S. des § 275 I BGB, da ein VW Ti­gu­an II kein ei­nem Fahr­zeug der ers­ten Ge­ne­ra­ti­on gleich­ar­ti­ges und gleich­wer­ti­ges Fahr­zeug ist.

OLG Bam­berg, Be­schluss vom 02.08.2017 – 6 U 5/17
(vor­an­ge­hend: LG Bay­reuth, Ur­teil vom 20.12.2016 – 21 O 34/16; nach­fol­gend: OLG Bam­berg, Be­schluss vom 20.09.2017 – 6 U 5/17BGH, Be­schluss vom 16.10.2018 – VI­II ZR 225/17BGH, Hin­weis­be­schluss vom 08.01.2019 – VI­II ZR 255/17)

Sach­ver­halt: Der Klä­ger macht im Zu­sam­men­hang mit dem VW-Ab­gas­skan­dal Ge­währ­leis­tungs- und Scha­dens­er­satz­an­sprü­che gel­tend.

Er schloss mit der Be­klag­ten zu 1 ei­nen schrift­li­chen Kauf­ver­trag über ei­nen von der Be­klag­ten zu 2 – der Volks­wa­gen AG – her­ge­stell­ten VW Ti­gu­an 2.0 TDI BMT Sport & Style. Der Kauf­preis für den Neu­wa­gen be­trug 31.350 €. Das Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger am 31.07.2015 über­ge­ben.

Es ist vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen, das heißt, in dem Pkw kommt ei­ne Soft­ware zum Ein­satz, die sei­ne Stick­oxid(NOX)-Emis­sio­nen – nur – op­ti­miert, so­bald sie er­kennt, dass das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert. Der Klä­ger sieht dar­in ei­nen Man­gel. Er hat von der Be­klag­ten zu 1 in ers­ter Li­nie die Er­satz­lie­fe­rung (§ 439 I Fall 2 BGB) ei­nes man­gel­frei­en Neu­wa­gens, hilfs­wei­se die Nach­bes­se­rung (§ 439 I Fall 1 BGB) des ge­lie­fer­ten Fahr­zeugs, ver­langt und die Fest­stel­lung be­gehrt, dass die Be­klag­te zu 2 ihm Scha­dens­er­satz leis­ten müs­se.

Das Land­ge­richt hat der ge­gen die Be­klag­te zu 1 ge­rich­te­ten Kla­ge im Hilfs­an­trag statt­ge­ge­ben und sie im Üb­ri­gen ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, der Haupt­an­trag des Klä­gers sei un­be­grün­det, ob­wohl dar­in, dass das Fahr­zeug des Klä­gers mit ei­ner die Schad­stoff­emis­sio­nen ma­ni­pu­lie­ren­den Soft­ware aus­ge­stat­tet sei, ein Sach­man­gel lie­ge. Denn ei­ne Er­satz­lie­fe­rung sei ob­jek­tiv un­mög­lich, weil der VW Ti­gu­an so, wie ihn der Klä­ger er­hal­ten ha­be, nicht mehr her­ge­stellt wer­de. Der Klä­ger ha­be je­doch ei­nen An­spruch auf Nach­bes­se­rung. Er kön­ne in­des nicht mit Er­folg den Er­satz sei­ner vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten ver­lan­gen, weil ihm ei­ne Nach­bes­se­rung be­reits vor­ge­richt­lich an­ge­bo­ten wor­den und da­her die Man­da­tie­rung ei­nes An­walts nicht er­for­der­lich ge­we­sen sei. Ein An­spruch ge­gen die Be­klag­te zu 2 auf Scha­dens­er­satz be­ste­he schon dem Grun­de nach nicht.

Mit sei­ner form- und frist­ge­recht ein­ge­leg­ten Be­ru­fung ver­folgt der Klä­ger sei­ne erst­in­stanz­li­chen Kla­ge­zie­le wei­ter. Er meint, ei­ne Er­satz­lie­fe­rung sei ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Land­ge­richts nicht we­gen ob­jek­ti­ver Un­mög­lich­keit aus­ge­schlos­sen, und die Be­klag­te zu 2 sei ihm – eben­falls ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Land­ge­richts – zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­tet.

Das Be­ru­fungs­ge­richt hat dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es be­ab­sich­ti­ge, die Be­ru­fung ge­mäß § 522 II ZPO zu­rück­zu­wei­sen, weil sie of­fen­sicht­lich kei­ne Aus­sicht auf Er­folg ha­be.

Aus den Grün­den: II. Die Be­ru­fung hat of­fen­sicht­lich kei­ne Aus­sicht auf Er­folg, weil das an­ge­foch­te­ne En­dur­teil we­der auf ei­ner Rechts­ver­let­zung be­ruht, noch die zu­grun­de zu le­gen­den Tat­sa­chen ei­ne an­de­re Ent­schei­dung recht­fer­ti­gen (§ 522 II 1 Nr. 1 ZPO, § 513 I ZPO i. V. mit § 529 ZPO, § 546 ZPO).

Ge­mäß § 529 I Nr. 1 ZPO ist das Be­ru­fungs­ge­richt an die Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen des erst­in­stanz­li­chen Ge­richts ge­bun­den, so­weit nicht kon­kre­te An­halts­punk­te Zwei­fel an der Rich­tig­keit und Voll­stän­dig­keit der ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Fest­stel­lun­gen be­grün­den und des­halb er­neu­te Fest­stel­lun­gen durch das Be­ru­fungs­ge­richt ge­bie­ten. Zwei­fel im Sin­ne die­ser Vor­schrift lie­gen nur dann vor, wenn auf­grund kon­kre­ter An­halts­punk­te aus der Sicht des Be­ru­fungs­ge­richts ei­ne ge­wis­se – nicht not­wen­dig über­wie­gen­de – Wahr­schein­lich­keit da­für be­steht, dass im Fal­le er­neu­ter Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen die erst­in­stanz­li­chen Fest­stel­lun­gen kei­nen Be­stand ha­ben wer­den, sich al­so de­ren Un­rich­tig­keit her­aus­stellt (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2004 – V ZR 257/03, BGHZ 158, 269 272 ff. = NJW 2004, 1876 ff.; Urt. v. 09.03.2005 – VI­II ZR 266/03, BGHZ 162, 313, 315 ff. = NJW 2005, 1583, 1584 f.; Urt. v. 15.07.2003 – VI ZR 361/02, NJW 2003, 3480, 3481).

Die Vor­aus­set­zun­gen für den Weg­fall der Bin­dung an die erst­in­stanz­li­chen Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen lie­gen hier nicht vor. Das Ur­teil des Land­ge­richts ist auch recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Der Se­nat schließt sich dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil an und nimmt auf den Tat­be­stand und die Ent­schei­dungs­grün­de Be­zug.

Er­gän­zend ist Fol­gen­des aus­zu­füh­ren:

1. So­weit der Klä­ger auf den Sei­ten 8–12 der Be­ru­fungs­be­grün­dung um­fang­rei­che Aus­füh­run­gen zur Fra­ge des Sach­man­gels macht, ge­hen die­se Aus­füh­run­gen ins Lee­re, nach­dem das Erst­ge­richt das Vor­lie­gen ei­nes Man­gels auf­grund der ein­ge­bau­ten Soft­ware aus­drück­lich be­jaht hat. Ob dies zu­trifft, kann an die­ser Stel­le da­hin­ste­hen.

2. Das Land­ge­richt ist zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die Be­klag­te zu 1 zu der be­an­trag­ten Er­satz­lie­fe­rung nicht ver­pflich­tet ist.

a) So­weit der Klä­ger sei­nen Vor­trag, ei­ne ob­jek­ti­ve Un­mög­lich­keit der Nach­er­fül­lung lie­ge nicht vor, un­ter Sach­ver­stän­di­gen­be­weis stellt, be­ruft er sich auf ein un­taug­li­ches Be­weis­mit­tel. Zwi­schen den Par­tei­en ist un­strei­tig, dass der an den Klä­ger ge­lie­fer­te Pkw … nicht mehr her­ge­stellt wird. Die mitt­ler­wei­le her­ge­stell­te zwei­te Ge­ne­ra­ti­on des VW Ti­gu­an weist ei­ne ge­än­der­te Mo­to­ri­sie­rung auf. Wel­che Kon­se­quen­zen sich aus die­sem un­strei­ti­gen Sach­ver­halt er­ge­ben und ob ein Fall ob­jek­ti­ver Un­mög­lich­keit vor­liegt, ist ei­ne recht­li­che Fra­ge, die dem Sach­ver­stän­di­gen­be­weis nicht zu­gäng­lich ist.

b) Die Be­klag­te zu 1 ist ge­mäß § 275 I BGB nicht zu der vom Klä­ger be­an­trag­ten Nach­lie­fe­rung ver­pflich­tet.

(1) Nach herr­schen­der Mei­nung, der sich der Se­nat an­schließt, wird auch bei ei­nem Stück­kauf die Mög­lich­keit ei­ner Er­satz­lie­fe­rung be­jaht, wenn ei­ne gleich­ar­ti­ge und gleich­wer­ti­ge Sa­che be­schafft wer­den kann (BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, ju­ris Rn. 18 ff.; OLG Braun­schweig, Beschl. v. 04.02.2003 – 8 W 83/02, ju­ris Rn. 13; Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 76. Aufl., § 439 Rn. 15; MünchKomm-BGB/Wes­ter­mann, 7. Aufl., § 439 Rn. 12; Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2014, § 439 Rn. 64; a. A. Be­ckOK-BGB/Faust, 44. Edi­ti­on [2017], § 439 Rn. 34).

(2) Auf­grund des Um­stands, dass die vom Klä­ger er­wor­be­ne ers­te Ge­ne­ra­ti­on des VW Ti­gu­an nicht mehr her­ge­stellt wird, ist ei­ne Er­satz­lie­fe­rung in der Form, wie sie vom Klä­ger be­gehrt wird, aus­ge­schlos­sen.

(3) Ob ein An­spruch des Klä­gers auf Lie­fe­rung ei­nes VW Ti­gu­an der zwei­ten Ge­ne­ra­ti­on be­steht, muss hier nicht ent­schie­den wer­den. Ein ent­spre­chen­der An­trag des Klä­gers liegt nicht vor. Es ist da­her nicht be­kannt, auf wel­ches kon­kre­te Fahr­zeug­mo­dell und auf wel­che Aus­stat­tungs­merk­ma­le sich das Nach­er­fül­lungs­be­geh­ren des Klä­gers über­haupt rich­tet.

(4) Ein Hin­weis des Erst­ge­richts auf die Mög­lich­keit ei­ner An­trags­an­pas­sung war nicht ge­bo­ten. Das Erst­ge­richt hat näm­lich zu Recht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ein An­spruch auf Lie­fe­rung ei­nes Fahr­zeugs der zwei­ten Ge­ne­ra­ti­on, das ei­ne ge­än­der­te Mo­to­ri­sie­rung auf­weist, nicht be­steht.

Der BGH hat in sei­nem Ur­teil vom 17.10.2012 – VI­II ZR 226/11 Rn. 24 – zur Nach­er­fül­lungs­pflicht des Ver­käu­fers Fol­gen­des aus­ge­führt:

„Bei dem Nach­er­fül­lungs­an­spruch aus § 439 I BGB han­delt es sich nach der ge­setz­ge­be­ri­schen Kon­zep­ti­on der Schuld­rechts­re­form um ei­ne Mo­di­fi­ka­ti­on des ur­sprüng­li­chen Er­fül­lungs­an­spruchs aus § 433 I BGB (BT-Drs. 14/6040, S. 221). Bei der in § 439 I BGB als ei­ne der bei­den Al­ter­na­ti­ven der Nach­er­fül­lung vor­ge­se­he­nen Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che de­cken sich nach der Vor­stel­lung des Ge­setz­ge­bers, wie schon aus der ge­setz­li­chen For­mu­lie­rung her­vor­geht, der Nach­er­fül­lungs­an­spruch und der ur­sprüng­li­che Er­fül­lungs­an­spruch hin­sicht­lich der vom Ver­käu­fer ge­schul­de­ten Leis­tun­gen; es ist le­dig­lich an­stel­le der ur­sprüng­lich ge­lie­fer­ten man­gel­haf­ten Kauf­sa­che nun­mehr ei­ne man­gel­freie – im Üb­ri­gen aber gleich­ar­ti­ge und gleich­wer­ti­ge – Sa­che zu lie­fern. Die Er­satz­lie­fe­rung er­for­dert da­her ei­ne voll­stän­di­ge Wie­der­ho­lung der Leis­tun­gen, zu de­nen der Ver­käu­fer nach § 433 I 1, 2 BGB ver­pflich­tet ist; der Ver­käu­fer schul­det noch­mals die Über­ga­be des Be­sit­zes und die Ver­schaf­fung des Ei­gen­tums ei­ner man­gel­frei­en Sa­che – nicht we­ni­ger, aber auch nicht mehr. Denn mit der Nach­er­fül­lung soll nach der ge­setz­ge­be­ri­schen Kon­zep­ti­on der Schuld­rechts­re­form le­dig­lich ei­ne nach­träg­li­che Er­fül­lung der Ver­käu­fer­pflich­ten aus § 433 I 2 BGB durch­ge­setzt wer­den; der Käu­fer soll mit der Nach­er­fül­lung das er­hal­ten, was er ver­trag­lich zu be­an­spru­chen hat (BT-Drs. 14/6040, S. 221; Se­nat, Urt. v. 15.07.2008 – VI­II ZR 211/07, BGHZ 177, 224 Rn. 18 m. w. Nachw.; Urt. v. 13.04.2011 – VI­II ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 49).“

Un­ter Her­an­zie­hung die­ser Grund­sät­ze geht der Se­nat für den Fall des Kaufs ei­nes Neu­wa­gens da­von aus, dass zwar ei­ne ab­so­lu­te Iden­ti­tät im Hin­blick auf al­le Aus­stat­tungs­va­ri­an­ten nicht er­for­der­lich, ei­ne Nach­er­fül­lung in Form ei­ner Er­satz­lie­fe­rung aber dann un­mög­lich ist, wenn der ent­spre­chen­de Fahr­zeug­typ nicht mehr her­ge­stellt wird, son­dern durch ein neu­es Mo­dell mit ei­ner an­de­ren Mo­to­ri­sie­rung er­setzt wor­den ist (eben­so OLG Nürn­berg, Urt. v. 15.12.2011 – 13 U 1161/11, ju­ris Rn. 51–55; LG Hei­del­berg, Urt. v. 30.06.2017 – 3 O 6/17, ju­ris Rn. 30–33, zum VW Ti­gu­an I und m. w. Nachw. zur erst­in­stanz­li­chen Recht­spre­chung; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 13. Aufl. [2017], Rn.  727).

Nach der­zei­ti­gem Sach­stand wä­re da­her selbst für den Fall ei­ner ge­än­der­ten An­trag­stel­lung ein Nach­er­fül­lungs­an­spruch des Klä­gers nicht ge­ge­ben.

3. Wie vom Erst­ge­richt dar­ge­legt, be­steht da­mit auch kein An­spruch des Klä­gers auf Frei­stel­lung von vor­ge­richt­lich ent­stan­de­nen An­walts­kos­ten. In­so­weit nimmt der Se­nat Be­zug auf die Aus­füh­run­gen im an­ge­foch­te­nen Ur­teil (I 4). Kon­kre­te Ein­wen­dun­gen hier­ge­gen wur­den nicht er­ho­ben.

4. Ge­mäß § 524 IV ZPO führt die be­ab­sich­tig­te Zu­rück­wei­sung der Be­ru­fung durch Be­schluss eben­so wie ei­ne Rück­nah­me der Be­ru­fung kraft Ge­set­zes zur Wir­kungs­lo­sig­keit der An­schluss­be­ru­fung. Aus­füh­run­gen zu den Er­folgs­aus­sich­ten der An­schluss­be­ru­fung der Be­klag­ten zu 1 sind da­her nicht ver­an­lasst.

5. Das Ur­teil des Erst­ge­richts ist auch im Hin­blick auf die Be­klag­te zu 2 nicht zu be­an­stan­den.

In­so­weit ist zu­nächst aus­zu­füh­ren, dass be­reits Be­den­ken ge­gen die Zu­läs­sig­keit der Be­ru­fung be­ste­hen, nach­dem es an ei­ner ord­nungs­ge­mä­ßen An­trag­stel­lung fehlt. Die in der Be­ru­fungs­be­grün­dung aus­ge­führ­ten An­trä­ge be­zie­hen sich nach ih­rem Wort­laut le­dig­lich auf ei­nen Be­klag­ten. Sie ent­spre­chen den An­trä­gen im Kla­ge­schrift­satz vom 20.01.2016, of­fen­sicht­lich oh­ne die in ers­ter In­stanz mit Schrift­satz vom 27.04.2016 vor­ge­nom­me­ne Kla­ge­er­wei­te­rung auf die Be­klag­te zu 2 zu be­rück­sich­ti­gen. Es fehlt auch an kon­kre­ten Ein­wen­dun­gen ge­gen die Ent­schei­dung des Erst­ge­richts im Hin­blick auf die Be­klag­te zu 2.

Selbst wenn man da­von aus­geht, dass das erst­in­stanz­li­che Ur­teil auch im Hin­blick auf die Be­klag­te zu 2 an­ge­foch­ten wird, be­ste­hen nach der­zei­ti­gem Sach­stand kei­ne Er­folgs­aus­sich­ten. Der Klä­ger for­dert von der Be­klag­ten zu 2 le­dig­lich die Frei­stel­lung von vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­nen An­walts­ge­büh­ren aus dem Ge­samt­streit­wert. Nach­dem die von ihm hilfs­wei­se ge­for­der­te Nach­bes­se­rung je­doch be­klag­ten­seits be­reits vor­ge­richt­lich an­ge­bo­ten wor­den und der Klä­ger mit sei­nem – mit­hil­fe sei­nes An­walts ge­for­der­ten – dar­über hin­aus ge­hen­den Be­geh­ren er­folg­los ge­blie­ben ist, wä­ren die hier­durch ver­ur­sach­ten vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten nicht von ei­nem dem Grun­de nach be­ste­hen­den Scha­dens­er­satz­an­spruch um­fasst. Es kann da­her of­fen­blei­ben, in­wie­weit ge­gen die Be­klag­te zu 2 dem Grun­de nach ein Scha­dens­er­satz­an­spruch be­stan­den hät­te.

III. Die Vor­aus­set­zun­gen für die Zu­las­sung der Re­vi­si­on (vgl. § 522 II 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO) lie­gen nicht vor. Ins­be­son­de­re ist kei­ne Grund­satz­be­deu­tung ge­mäß § 522 II 1 Nr. 2 ZPO ge­ge­ben. Die­se setzt das Vor­lie­gen ei­ner klä­rungs­be­dürf­ti­gen Rechts­fra­ge vor­aus. Ei­ne Rechts­fra­ge ist klä­rungs­be­dürf­tig, wenn zu ihr un­ter­schied­li­che Auf­fas­sun­gen ver­tre­ten wer­den und noch kei­ne höchst­rich­ter­li­che Ent­schei­dung vor­liegt (BVerfG, Beschl. v. 08.12.2010 – 1 BvR 381/10, ju­ris Rn. 12 m. w. Nachw.). Dies ist hier nicht der Fall.

Ei­ne münd­li­che Ver­hand­lung ist nicht ge­bo­ten (vgl. § 522 II 1 Nr. 4 ZPO). An­halts­punk­te da­für, dass in ei­ner sol­chen neue, im Be­ru­fungs­ver­fah­ren zu­zu­las­sen­de Er­kennt­nis­se ge­won­nen wer­den könn­ten, die zu ei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung führ­ten, be­ste­hen nicht.

Der Se­nat regt des­halb die Rück­nah­me des ein­ge­leg­ten Rechts­mit­tels an. …

Hin­weis 1: Mit Be­schluss vom 20.09.2017 – 6 U 5/17 – hat das OLG Bam­berg die Be­ru­fung des Klä­gers ge­mäß § 522 II ZPO zu­rück­ge­wie­sen und zur Be­grün­dung auf sei­nen Hin­weis­be­schluss vom 02.08.2017 Be­zug ge­nom­men. In dem Zu­rück­wei­sungs­be­schluss heißt es:

„Auch die Aus­füh­run­gen in der Ge­gen­er­klä­rung ge­ben zu ei­ner Än­de­rung kei­nen An­lass. Der Klä­ger er­hebt in die­ser fol­gen­de Ein­wen­dun­gen ge­gen die Aus­füh­run­gen des Se­nats:

  • Bei dem Nach­fol­ge­mo­dell des VW Ti­gu­an han­de­le es sich um ei­ne ‚gleich­ar­ti­ge und gleich­wer­ti­ge‘ Sa­che. Die Er­satz­lie­fe­rung müs­se auf ei­nen mar­ken- und ty­penglei­chen Wa­gen mit iden­ti­scher Aus­stat­tung und Far­be ge­rich­tet sein. Das hei­ße je­doch nicht, dass die glei­che Bau­rei­he be­trof­fen sein müs­se.
  • Soll­te ‚ei­ne Kor­rek­tur des An­trags da­hin ge­hend er­for­der­lich sein, dass ein ak­tu­el­ler VW Ti­gu­an ge­lie­fert wird, so wür­de dies ent­spre­chend voll­zo­gen‘.
  • In der vom Se­nat zi­tier­ten Ent­schei­dung des BGH vom 17.10.2012 ge­he es um die Aus­le­gung der Richt­li­nie 1999/44/EG. Der Klä­ger regt an, ein Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­ren ein­zu­lei­ten und den EuGH zur Fra­ge der Aus­le­gung die­ser Richt­li­nie an­zu­hö­ren, ins­be­son­de­re da­zu, ob es sich bei ei­ner Er­satz­lie­fe­rung um iden­ti­sche Wa­ren han­deln müs­se oder ob auch ein im Rah­men der Mo­dell­pfle­ge fort­ge­schrie­be­nes Pro­dukt als Er­satz­lie­fe­rung ver­langt wer­den kön­ne, wenn die Än­de­run­gen le­dig­lich mar­gi­nal sind und dem Käu­fer nur zum Vor­teil ge­rei­chen.
  • Ei­ne Er­klä­rung des Rück­tritts sei un­zu­mut­bar ge­mäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB, zu­mal das Soft­ware­up­date kei­ne aus­rei­chen­de Nach­er­fül­lung dar­stel­le. (An­mer­kung: Ge­meint ist of­fen­sicht­lich, das Set­zen ei­ner Frist zur Nach­er­fül­lung sei un­zu­mut­bar.)
  • Die Be­haup­tung der Be­klag­ten­sei­te, das Fahr­zeug sei nicht man­gel­haft, sei falsch.

In Be­zug auf die Be­klag­te zu 2 wer­den kei­ne Ein­wen­dun­gen ge­gen die be­ab­sich­tig­te Zu­rück­wei­sung der Be­ru­fung er­ho­ben. Da­bei geht der Se­nat da­von aus, dass sich – ent­spre­chend der An­trag­stel­lung in ers­ter In­stanz – le­dig­lich der Be­ru­fungs­an­trag zu 3 auf bei­de Be­klag­ten be­zieht (vgl. Nr. 5 des Be­schlus­ses vom 02.08.2017).

Die Ein­wen­dun­gen sind nicht ge­eig­net, Er­folgs­aus­sich­ten der Be­ru­fung zu be­grün­den:

1. Die Be­ru­fung ist be­reits des­halb zu­rück­zu­wei­sen, weil der ge­stell­te Be­ru­fungs­an­trag auf ei­ne un­mög­li­che Leis­tung ge­rich­tet ist.

a) Es ist un­strei­tig, dass der im An­trag be­zeich­ne­te Fahr­zeug­typ, auf den sich die Er­satz­lie­fe­rung be­zie­hen soll, nicht mehr her­ge­stellt wird. Die Er­brin­gung der be­gehr­ten Leis­tung ist der Be­klag­ten zu 1 da­her un­mög­lich (§ 275 I BGB).

Auf die­sen Um­stand ist der Klä­ger be­reits mit Be­schluss vom 02.08.2017 hin­ge­wie­sen wor­den (II 2 b (3)). Ein An­trag auf Lie­fe­rung ei­nes VW Ti­gu­an der zwei­ten Ge­ne­ra­ti­on ist trotz die­ses Hin­wei­ses auch in der Ge­gen­er­klä­rung nicht ge­stellt wor­den. Der Hin­weis des Klä­gers, ei­ne An­trags­kor­rek­tur kön­ne noch voll­zo­gen wer­den, ist un­be­hel­flich, nach­dem der Se­nat sei­ne Rechts­auf­fas­sung zu die­sem Punkt be­reits deut­lich dar­ge­legt hat. Ei­ne Ent­schei­dung über ei­nen An­spruch auf Lie­fe­rung ei­nes VW Ti­gu­an der zwei­ten Ge­ne­ra­ti­on ist dem Se­nat da­her be­reits auf­grund der be­ste­hen­den Bin­dung an die An­trä­ge der Par­tei­en (§ 308 I ZPO) ver­wehrt. Zu­dem ist nach wie vor nicht be­kannt, auf wel­ches kon­kre­te Mo­dell und auf wel­che Aus­stat­tungs­merk­ma­le das Nach­er­fül­lungs­be­geh­ren des Klä­gers ge­rich­tet wä­re.

b) Es kann im vor­lie­gen­den Fall da­hin­ste­hen, ob auf­grund der beim Kauf des Fahr­zeugs ver­bau­ten Soft­ware ein Man­gel ge­ge­ben war. Hier­auf kommt es für die Ent­schei­dung über die Be­grün­det­heit der Be­ru­fung nicht an.

c) Es kann wei­ter da­hin­ste­hen, ob die Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen Rück­tritt vom Ver­trag auch oh­ne Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung vor­lie­gen, nach­dem ei­ne Rück­tritts­er­klä­rung bis­lang nicht vor­liegt.

d) Es be­steht schließ­lich kein An­lass, ein Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­ren ge­mäß Art. 267 AEUV durch­zu­füh­ren. Die Aus­le­gung der von der Klä­ger­sei­te an­ge­führ­ten Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie (Richt­li­nie 1999/44/EG) des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 25.05.1999 ist für die Ent­schei­dung des Se­nats nicht re­le­vant.

2. Le­dig­lich hilfs­wei­se ist Fol­gen­des aus­zu­füh­ren:

Der Se­nat ist wei­ter der Auf­fas­sung, dass der VW Ti­gu­an der zwei­ten Ge­ne­ra­ti­on kei­ne gleich­ar­ti­ge und gleich­wer­ti­ge Sa­che dar­stellt. Die seit 2016 pro­du­zier­ten Fahr­zeu­ge wei­sen mit 6-Gang-Ge­trie­be ei­ne Mo­to­ri­sie­rung von 110 kW (150 PS) statt 103 kW (140 PS) auf. Die vom Her­stel­ler, der Be­klag­ten zu 2, an­ge­ge­be­ne Höchst­ge­schwin­dig­keit be­trägt 202–204 km/h statt 182–193 km/h. Das Fahr­zeug ist zu­dem um sechs Zen­ti­me­ter län­ger und der Rad­stand ist acht Zen­ti­me­ter brei­ter, als dies beim Vor­gän­ger der Fall war (https://​de.​wikipedia.​org/​wiki/​VW_​Tiguan_​II). Es han­delt sich so­mit nicht mehr um blo­ße mar­gi­na­le Än­de­run­gen, son­dern um ei­ne kom­plett an­de­re Mo­to­ri­sie­rung. Im Üb­ri­gen wird auf die Aus­füh­run­gen im Hin­weis­be­schluss vom 02.08.2017 Be­zug ge­nom­men.

3. Die Be­ru­fung des Klä­gers ist da­her zu­rück­zu­wei­sen. Die An­schluss­be­ru­fung der Be­klag­ten zu 1 ver­liert da­mit ih­re Wir­kung (§ 524 IV ZPO).

III. … In der Recht­spre­chung ist es strei­tig, wen die Kos­ten­last der An­schluss­be­ru­fung trifft, wenn die Be­ru­fung – wie hier – nach § 522 II ZPO durch Be­schluss zu­rück­ge­wie­sen wird und nach § 524 IV ZPO die Wir­kung der An­schluss­be­ru­fung ent­fällt. Im ver­gleich­ba­ren Fall der An­schluss­re­vi­si­on hat sich der BGH für die Kos­ten­quo­telung im Ver­hält­nis der Wer­te von Haupt- und An­schluss­rechts­mit­tel un­ter ent­spre­chen­der An­wen­dung des § 97 ZPO i. V. mit § 92 ZPO aus­ge­spro­chen (BGH, Beschl. v. 11.03.1981 – GSZ 1/80, ju­ris Rn. 12–14). Die­se Auf­fas­sung wird in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur über­wie­gend ge­teilt (vgl. Zöl­ler/Heß­ler, ZPO, 31. Aufl., § 524 Rn. 44 m. zahl­rei­chen w. Nachw.). Dem folgt auch der Se­nat.

Im vor­lie­gen­den Fall be­zieht sich die An­schluss­be­ru­fung le­dig­lich auf die vom Erst­ge­richt aus­ge­spro­che­ne Ver­pflich­tung der Be­klag­ten zu 1, ei­ne Nach­bes­se­rung durch Auf­spie­len ei­nes Soft­ware­up­dates vor­zu­neh­men. Un­ter Be­zug­nah­me auf die nicht an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Erst­ge­richts zu den in­so­weit an­fal­len­den Kos­ten hält auch der Se­nat die An­wen­dung des § 92 II Nr. 1 ZPO für sach­ge­recht. …“

Hin­weis 2: Die Be­schwer­de des Klä­gers ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on (Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de) hat­te zum Teil Er­folg: Der BGH hat die Re­vi­si­on mit Be­schluss vom 16.10.2018 – VI­II ZR 225/17 „zu­ge­las­sen, so­weit die Be­ru­fung des Klä­gers ge­gen die Be­klag­te zu 1 zu­rück­ge­wie­sen wor­den ist“. Im Hin­blick auf die Be­klag­te zu 2 wur­de die Be­schwer­de ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on zu­rück­ge­wie­sen, und zwar mit fol­gen­der Be­grün­dung:

Ei­ne grund­sätz­li­che Be­deu­tung der Rechts­sa­che (§ 543 II 1 Nr. 1 ZPO) macht die Be­schwer­de nicht gel­tend. Die Fort­bil­dung des Rechts oder die Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung er­for­dern eben­falls kei­ne Ent­schei­dung des Re­vi­si­ons­ge­richts (§ 543 II 1 Nr. 2 ZPO). Zwar hat das Be­ru­fungs­ge­richt den An­trag des Klä­gers über­gan­gen, die Ein­stands­pflicht der Be­klag­ten zu 2 für wei­te­re Schä­den fest­zu­stel­len, die ‚sich aus den feh­ler­haf­ten An­ga­ben zu Ab­gas- und Ver­brauchs­wer­ten so­wie der Nicht­ein­hal­tung der EU-Grenz­wer­te, ins­be­son­de­re der Eu­ro-5-Norm er­ge­ben‘. Je­doch hat das Be­ru­fungs­ge­richt be­reits in dem Hin­weis­be­schluss vom 02.08.2017 aus­ge­führt, dass der Klä­ger von der Be­klag­ten zu 2 le­dig­lich die Frei­stel­lung von vor­ge­richt­li­chen An­walts­ge­büh­ren ver­langt ha­be. Dem ist der Klä­ger in der Be­ru­fungs­in­stanz nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten. In An­be­tracht des­sen ist dem Klä­ger die erst­ma­li­ge Gel­tend­ma­chung ei­ner Ge­hörs­ver­let­zung im Rah­men des Ver­fah­rens der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de ver­sagt, denn er hat es im Be­ru­fungs­ver­fah­ren ver­säumt, ei­ne Kor­rek­tur des nun­mehr be­an­stan­de­ten Ge­hörs­ver­sto­ßes zu er­wir­ken (st. Rspr.; s. nur BGH, Urt. v. 14.06.2018 – III ZR 54/17, NJW 2018, 2723 Rn. 36 f. m. w. Nachw. [zur Ver­öf­fent­li­chung in BGHZ be­stimmt]). Von ei­ner nä­he­ren Be­grün­dung im Üb­ri­gen wird ge­mäß § 544 IV 2 Halb­satz 2 ZPO ab­ge­se­hen.

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