1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft. Die deshalb in der Lieferung des Fahrzeugs liegende Pflichtverletzung (§ 433 I 2 BGB) ist jedenfalls dann nicht i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich, wenn Verkäuferin des Fahrzeugs dessen Herstellerin – die Volkswagen AG – selbst ist. Denn dieser fällt eine arglistige Täuschung des Fahrzeugkäufers zur Last, sodass ihr Vertrauen in den Bestand des Kaufvertrages keinen Schutz verdient.
  2. Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens, der das Fahrzeug von dessen Herstellerin (Volkswagen AG) erworben hat, darf regelmäßig sofort – ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung – vom Kaufvertrag zurücktreten. Denn weil die Volkswagen AG dem Käufer bei Abschluss des Kaufvertrages einen Mangel des Fahrzeugs arglistig verschwiegen hat, ist das für eine Nacherfüllung erforderliche Vertrauensverhältnis derart nachhaltig gestört, dass dem Käufer eine Nacherfüllung i.S. der §§ 323 II Nr. 3, 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar ist. Das gilt auch dann, wenn nicht die Volkswagen AG, sondern ein von ihr zu beauftragender Dritter die Nacherfüllung auf Kosten der Volkswagen AG vornehmen soll.

LG Wuppertal, Urteil vom 26.04.2017 – 3 O 156/16

Sachverhalt: Die Klägerin verlangt im Zusammenhang mit dem sogenannten VW-Abgasskandal die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrages.

Sie erwarb über die Beklagte zu 1 einen VW Tiguan CUP 2.0 TDI 4MOTION. Ausweislich der verbindlichen Bestellung vom 10.04.2014 erfolgte der Verkauf im Namen der Volkswagen AG (Beklagte zu 2), die gleichzeitig Herstellerin des Fahrzeugs ist. Auf den Kaufpreis erhielt die Klägerin einen Nachlass für Menschen mit Behinderung in Höhe von 15 % (= 6.466,50 €). Die Beklagte zu 2 erteilte der Klägerin unter dem 10.08.2014 eine Rechnung über 36.643,50 € mit folgendem Hinweis:

„Rechnungsstellung erfolgt durch die Volkswagen AG. Schuldbefreiende Zahlung ist ausschließlich auf das in dieser Rechnung angegebene Konto der Volkswagen AG möglich.“

Die Beklagte zu 1 stellte der Klägerin darüber hinaus insgesamt 678 € für ein Selbstabholer-Paket und die Zulassung des Fahrzeugs in Rechnung. Insgesamt zahlte die Klägerin somit für das streitgegenständliche Fahrzeug 37.321,50 €.

In den Pkw ist ein EA189-Dieselmotor eingebaut. Nach Abschluss des Kaufvertrages wurde bekannt, dass Fahrzeuge mit diesem Motor bei der Herstellung eine Software erhalten haben, die einen speziellen Betriebsmodus aktiviert, sobald das jeweilige Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert und dabei den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt. In diesem „Modus 1“ ist die Abgasrückführungsrate höher und sind deshalb die Stickoxidemissionen niedriger als beim regulären Betrieb des Fahrzeugs im Straßenverkehr, der im „Modus 0“ erfolgt. Damit unterscheidet sich der Betriebsmodus, der bei vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen in einer Testsituation aktiv ist, vom „Prüfstandmodus“ anderer Fahrzeuge. Denn üblicherweise werden Fahrzeuge auf dem Prüfstand lediglich mit abgeschaltetem ABS, ESP etc. betrieben; gewöhnlich wird aber nicht die Abgasrückführungsrate erhöht, um den Stickoxidausstoß des Fahrzeugs zu optimieren.

Mit Bescheid vom 14.10.2015 verpflichtete das Kraftfahrt-Bundesamt die Beklagte zu 2, bei allen vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen mit dem Aggregat EA189 (Euro 5) die „unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen“ und den Nachweis zu führen, dass „nach Entfernen der unzulässigen Abschalteinrichtung alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden“. Mit Blick darauf entwickelte die Beklagte zu 2 ein Softwareupdate, nach dessen Installation der „Modus 1“ durchgängig, also auch beim Betrieb des Fahrzeugs im Straßenverkehr, aktiv ist. Mit Bescheid vom 01.06.2016 erklärte das Kraftfahrt-Bundesamt, dass die Beklagte zu 2 den von ihr verlangten Nachweis unter anderem für das Fahrzeugmodell „VW Tiguan“ erbracht habe.

Nachdem die Klägerin anhand der Fahrzeug-Identifizierungsnummer herausgefunden hatte, dass ihr Fahrzeug vom VW-Abgasskandal betroffen ist, erklärte sie gegenüber der Beklagten zu 1 mit anwaltlichem Schreiben vom 12.04.2016 den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte die Rückzahlung des um eine Nutzungsentschädigung verminderten Kaufpreises (31.271,50 €). Hierfür setzte sie eine Frist bis zum 20.04.2016. Die Beklagte zu 1 wies den Rücktritt mit Schreiben vom 20.04.2016 zurück. In der Folgezeit boten die Beklagten der Klägerin an, das von der Beklagten zu 2 entwickelte Softwareupdate in einer Vertragswerkstatt zu installieren. Die Kosten dafür in Höhe von weniger als 100 € würde die Beklagte zu 2 übernehmen.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe einen Kaufvertrag mit der Beklagten zu 1 geschlossen; die Beklagte zu 2 habe das streitgegenständliche Fahrzeug nur hergestellt. Dies verdeutliche der Bestellschein, der – unstreitig – den Briefkopf, die Unterschrift und den Stempel der Beklagten zu 1 trägt. Ihr Fahrzeug – so meint die Klägerin – sei mangelhaft, weil darin eine vom Kraftfahrt-Bundesamt beanstandete und als „unzulässige Abschalteinrichtung“ qualifizierte Software zum Einsatz komme. Die Klägerin behauptet, von der Software, die in betrügerischer Absicht entwickelt und verwendet worden sei, hätten sowohl der Vorstand der Beklagten zu 2 als auch die Beklagte zu 1 als VW-Vertragshändlerin gewusst. Eine Nachbesserung ihres Fahrzeugs hält die Beklagte für unzumutbar, weil ihr Vertrauensverhältnis zu den Beklagten nachhaltig gestört sei. Darüber hinaus behauptet sie, dass das von der Beklagten zu 2 entwickelte Softwareupdate Versottungsschäden hervorrufen würde. Bereits ab einer Laufleistung von 30.000 km träten Partikelschäden auf, und bereits ab einer Laufleistung von 50.000 km komme es zu Motorschäden. Auch verbleibe nach der Installation des Softwareupdates ein merkantiler Minderwert.

Die Klägerin hat zunächst nur Klage gegen die Beklagte zu 1 erhoben. Mit Schriftsatz vom 05.09.2016 hat sie die Klage auch gegen die Beklagte zu 2 gerichtet. Hinsichtlich dieser hatte die Klage größtenteils Erfolg, während sie in Bezug auf die Beklagte zu 1 erfolglos blieb.

Aus den Gründen: Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2 einen Anspruch auf Zahlung von 30.714,66 € Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen Pkw gemäß §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 323, 346 I, 348 BGB.

Das Fahrzeug war bei Gefahrübergang mangelhaft i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB, weil es zu einer unzulässigen Abänderung der Abgaswerte durch die eingesetzte Software kommt. Maßgeblich für die Einhaltung der vorgeschriebenen Abgaswerte ist, dass auf dem Prüfstand Abgaswerte ausgegeben werden, die mit den tatsächlichen Werten im Straßenbetrieb in Relation gesetzt werden können. Aufgrund der Software wird aber gerade diese Vergleichbarkeit beseitigt, sodass die unzutreffende Darstellung der Abgaswerte im Prüfbereich eine negative Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der zu erwartenden Soll-Beschaffenheit bedingt. Vor diesem Hintergrund besteht auch die nicht unerhebliche Gefahr, dass die Betriebserlaubnis entzogen wird. Sodann wäre der Wagen nicht einmal mehr für die gewöhnliche Verwendung geeignet.

Wie sich aus der Anlage K 2 ergibt, wurde in das streitgegenständliche Fahrzeug die Software zur sogenannten Optimierung der Stickoxidwerte verbaut. Die Beklagte zu 2 kann mit einfachem Bestreiten dahin gehend, dass das streitgegenständliche Fahrzeug diese Software gar nicht enthalte, nicht durchdringen. Anhand der übereinstimmenden Fahrzeug-Identifizierungsnummer zeigt der Ausdruck, dass das streitgegenständliche Fahrzeug die Software enthält. Die dahin gehende Information hat die Klägerin von der Homepage der Beklagten zu 2. Auf dieser wurde eigens durch die Beklagte zu 2 eine Möglichkeit errichtet, damit die jeweiligen Fahrzeugbesitzer erfahren können, ob ihr Wagen von der Software betroffen ist. Hinzu kommt, dass die Software in die gesamte Reihe des hier vorliegenden Motortyps eingebaut wurde und der Klägerin noch im Prozess die Aufspielung des Softwareupdates angeboten wurde. Dieser Aufspielung bedürfte es aber nicht, wenn der Wagen die eigentliche Software gar nicht enthielte.

Aufgrund dieser Software hat das Kraftfahrt-Bundesamt jene Fahrzeuge, die diese Software enthalten, gemäß § 25 II EG-FZG zurückgerufen und die Beklagte zu 2 verpflichtet, die als „unzulässige Abschalteinrichtung“ benannte Software zu entfernen. Ohne Durchführung des von der Beklagten zu 2 entwickelten Softwareupdates besteht eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, den Verlust der allgemeinen Betriebserlaubnis wegen Überschreitens der Stickoxid-Grenzwerte zu riskieren. Es ist auch davon auszugehen, dass diese Grenzwerte ohne das Update überschritten werden. Zum einen wäre das seitens der Beklagten zu 2 entwickelte Update ansonsten gar nicht erforderlich, zum anderen wäre der Einsatz der Software ohne Sinn, wenn das Fahrzeug die Grenzwerte ohnehin einhalten würde. Nur für den Prüfstand bedürfte es der gesteigerten Abgasrückführung zur sogenannten Optimierung der Stickoxidwerte nämlich nicht. Einziger Zweck der entsprechenden „Optimierung“ ist die Vortäuschung verminderter Abgaswerte zu Prüfzwecken.

Die Genehmigung des Softwareupdates durch das Kraftfahrt-Bundesamt ändert nichts daran, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft war und ohne das Update auch noch immer mangelhaft ist.

Der Mangel ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB.

Die Prüfung der Erheblichkeit erfordert eine umfassende Interessenabwägung (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 323 Rn. 32). Dabei ist zwar grundsätzlich von einem unerheblichen Mangel auszugehen, wenn die Kosten der Nacherfüllung weniger als fünf Prozent der vereinbarten Gegenleistung ausmachen. Soweit dem Verkäufer aber arglistiges Verhalten gemäß § 123 BGB zur Last fällt, ist eine unerhebliche Pflichtverletzung i. S. von § 323 V 2 BGB in der Regel zu verneinen (BGH, Urt. v. 24.03.2006 – V ZR 173/05, BGHZ 167, 19 Rn. 11).

So liegt der Fall auch hier. Die Beklagte zu 2 hat der Klägerin bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig verschwiegen, dass die Stickoxidwerte nach der Euro-5-Abgasnorm nicht eingehalten werden, weil die maßgebenden Abgaswerte nur unter unzulässiger Nutzung der Software vorgetäuscht werden können. Aufgrund dessen droht auch der Verlust der Betriebserlaubnis. Die Software dient einzig dem Zweck, auf dem Prüfstand einen wesentlich geringeren Stickoxidausstoß vorzutäuschen und so die Motoren als der Euro-5-Norm unterfallend verkaufen zu können. Aufgrund des starken Informationsgefälles zulasten der Klägerin hätte die Beklagten zu 2 sicherstellen müssen, dass die Klägerin über die Software und das tatsächliche Überschreiten der Grenzwerte aufgeklärt wird.

Dies hat sie in Kenntnis der aufklärungspflichtigen Tatsachen nicht getan, als sie sich für den Vertragsabschluss der Beklagten zu 1 bediente, ohne Maßnahmen zur Erfüllung der Aufklärungspflicht zu ergreifen. Hierbei muss sich die Beklagte zu 2 das Handeln ihrer Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Ihre eigenen Mitarbeiter, welche die Software unstreitig entwickelt und eingebaut haben, handelten mit dem Willen der Beklagten zu 2 zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten. Sie kann sich nicht darauf zurückziehen, dass der Vorstand selbst keine Kenntnis hiervon gehabt habe, sondern lediglich Mitarbeiter unterhalb der Vorstandsebene. Die in Rede stehende Software wurde im Auftrag von Mitarbeitern der Beklagten zu 2 entwickelt und in das streitgegenständliche Fahrzeug verbaut. Diese Mitarbeiter handelten dabei auch im allgemeinen Umkreis des Aufgabenbereichs, zu dessen Wahrnehmung sie die Beklagte zu 2 bestellt hat. Anhaltspunkte dafür, dass diese Mitarbeiter ohne sachlichen Zusammenhang mit ihrem Aufgabenkreis zum Nachteil der Beklagten zu 2 gehandelt hätten, sind nicht einmal ansatzweise ersichtlich.

Aufgrund der arglistigen Täuschung verdient das Vertrauen der Beklagten zu 2 in den Bestand des Vertrages auch keinen Schutz, sodass es keiner weiteren Interessenabwägung bedarf.

Dass die Klägerin auch bei Kenntnis des Mangels den Vertrag abgeschlossen hätte, konnte die Beklagte zu 2 nicht substanziiert vortragen. Allein der Umstand, dass die Klägerin einen Rabatt auf den Kaufpreis des streitgegenständlichen Fahrzeuges erhalten hat, ist hierfür nicht ausreichend. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin keinen Wagen mit eingebauter Software gekauft hätte, wenn sie von dieser gewusst hätte. Auch unter Berücksichtigung des 15%igen Preisabschlages hätte die Klägerin sich wohl kaum dem nicht unwahrscheinlichen Risiko ausgesetzt, ein Fahrzeug zu erhalten, dem die Betriebserlaubnis entzogen werden könnte. Möglicherweise hätte sie sich im Hinblick auf den Rabatt zwar für einen Wagen der Beklagten zu 2 entschieden, aber wohl kaum für einen mit der in Rede stehenden Software.

Aufgrund der arglistigen Täuschung durch die Beklagte zu 2 war eine Fristsetzung zur Nacherfüllung durch die Klägerin entbehrlich. Eine Nachbesserung war der Klägerin zum Zeitpunkt des Rücktritts aufgrund des nachhaltig gestörten Vertrauensverhältnisses unzumutbar i. S. von §§ 323 II Nr. 3, 440 Satz 1 Fall 3 BGB. So gilt auch im Rahmen der Nacherfüllung, dass die Beklagte zu 2 keinen Schutz vor den mit der Rückabwicklung des Vertrages verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen verdient, nachdem sie die Klägerin über das Vorliegen des Mangels arglistig getäuscht hat (vgl. BGH, Urt. v. 09.01.2008 – VIII ZR 210/06, juris Rn. 19). Hierbei ist auch unerheblich, ob die Beklagte zu 2 die Nacherfüllung in Form des Softwareupdates selbst oder durch einen beauftragten Dritten durchführen würde. Die Beklagte zu 2 hat die Software zur Verfälschung der Messergebnisse entwickelt, sodass sich die Klägerin nicht erneut in ihre Hände begeben muss, um den Mangel mit einer weiteren von der Beklagten zu 2 entwickelten Software eventuell beheben zu lassen.

Die Rücktrittserklärung erfolgte fristgerecht. Es ist auch ausreichend, dass die Klägerin den Rücktritt nur gegenüber der Beklagten zu 1 erklärt hat. Die Beklagte zu 2 hat sich ihrer zur Abwicklung des Kaufvertrages bedient, sodass die Beklagte zu 1 auch als Empfangsbotin für die Beklagte zu 2 anzusehen ist. Jedenfalls hat die Beklagte zu 2 nichts Gegenteiliges vorgetragen.

Die Klägerin muss sich die von ihr gezogenen Nutzungen in Höhe von 6.556,84 € gemäß § 346 I BGB anrechnen lassen. Das Gericht hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung durch Inaugenscheinnahme des Kilometerzählers des streitgegenständlichen Fahrzeugs festgestellt, dass dieser 44.734 km auswies. Das Gericht geht im Wege der Schätzung, unter Berücksichtigung vergleichbarer Rechtsprechung (vgl. LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017 – 3 O 252/16; LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16), nach § 287 ZPO davon aus, dass für den streitgegenständlichen Tiguan mit einem 2,0-Liter-Dieselmotor eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km zu erwarten ist. Die Berechnung des Nutzungsvorteils erfolgt, indem der Bruttokaufpreis in Höhe von 36.643,49 € mit den gefahrenen Kilometern multipliziert und das Produkt durch die zu erwartende Restlaufleistung bei Übergang der Sache dividiert wird. Letztere liegt bei 250.000 km, da das Fahrzeug bei Abschluss des Kaufvertrages noch keinen Kilometer gefahren war. Hieraus ergeben sich gezogene Nutzungen im Wert von 6.556,84 €.

Des Weiteren hat die Klägerin gegen die Beklagte zu 2 einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 678 € gemäß §§ 280 I, III, 284 BGB. Im Vertrauen auf den Erhalt eines mangelfreien Fahrzeugs hat die Klägerin 678 € für das Selbstabholer-Paket, die Zulassungsbescheinigung Teil II und die Kosten der Zulassung aufgewendet. Eine Fristsetzung bezüglich dessen war gemäß § 281 II Fall 2 BGB aufgrund der arglistigen Täuschung der Beklagten zu 2, wie bereits im Rahmen des Rücktritts dargestellt, entbehrlich.

Ebenso steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.832,01 € für die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts für die Erklärung des Rücktritts war zweckmäßig und erforderlich i. S. des § 249 BGB. Der vorliegende Rechtsstreit ist sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht nicht als einfach gelagerter Fall zu bezeichnen, sodass es der Klägerin nicht zuzumuten war, sich der Sache zunächst allein anzunehmen. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf die Größe und Bedeutung der Beklagten zu 2 und des sogenannten „Abgasskandals“ in Deutschland. All dies rechtfertigt auch die leicht über dem Mittel liegende Geschäftsgebühr von 1,5 gemäß Nr. 2300 VV RVG, §§ 13, 14 RVG.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2 auch einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen gemäß §§ 280 I, II, 286 I, II Nr. 3, 288 BGB seit dem 21.04.2016. Denn seit diesem Zeitpunkt befindet sich die Beklagte zu 2 in Verzug. Durch die Zurückweisung des Rücktritts seitens der Beklagten zu 1, die sich die Beklagte zu 2 gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss, hat sie mit Schreiben vom 21.04.2016 die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert i. S. des § 286 II Nr. 3 BGB.

Ferner hat die Klägerin einen Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten zu 2. Diese hat sich die Verweigerung der Rücknahme seitens der Beklagten zu 1 mit Schreiben vom 21.04.2016 nach § 278 BGB zuzurechnen, sodass sich die Beklagte zu 2) deswegen gemäß §§ 298, 293 BGB im Verzug mit der Annahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs befindet. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 12.04.2016 unter Fristsetzung bis zum 20.04.2016 den Pkw ordnungsgemäß abholbereit angeboten.

Die Klägerin hat das nach § 256 I ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, weil die Feststellung nach § 756 ZPO der erleichterten Vollstreckung des geltend gemachten Leistungsanspruchs dient und hierzu erforderlich ist.

Die Klägerin hat jedoch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegen die Beklagte zu 1.

Vertragliche Ansprüche kommen gegen die Beklagte zu 1) nicht in Betracht, da diese nicht Vertragspartner der Klägerin geworden ist, sondern die Beklagte zu 2. Es liegt auch kein Fall der mittelbaren Stellvertretung vor. Eine solche ist nur anzunehmen, wenn jemand ein Rechtsgeschäft im eigenen Namen, aber im fremden Interesse und für fremde Rechnung vornimmt und dieses Handeln nicht offenkundig ist (MüKoBGB/Schubert BGB § 164 Rn. 39-45, beck-online). Die Beklagte zu 1 handelte aber offenkundig nicht im eigenen Namen. Die verbindliche Bestellung gibt deutlich zu erkennen, dass die Beklagte zu 1 im Namen der Beklagten zu 2 und nicht im eigenen Namen handelte. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte zu 1 die Bestellung auf ihrem Briefpapier mit Stempel und Unterschrift entgegengenommen hat. Der Hinweis befindet sich im Fettdruck und springt dem Leser sofort ins Auge, sodass es keiner weiteren Klarstellung bedurfte, in wessen Namen der Vertragsschluss erfolgt. Auch manifestierte sich kein Rechtsschein der mittelbaren Stellvertretung im Nachhinein. Vielmehr erfolgte die Rechnungsstellung seitens der Beklagten zu 2, und diese wies die Klägerin deutlich darauf hin, dass eine schuldbefreiende Leistung nur ihr gegenüber erfolgen kann. Es ist unschädlich, dass die Beklagte zu 1 im Rahmen der Rücktrittskorrespondenz nicht auf die Beklagte zu 2 verwiesen hat. Die Beklagte zu 2 hat sich der Beklagten zu 1 zum Abschluss des Kaufvertrages bedient, daher erscheint es auch nicht besonders ungewöhnlich, dass sich die Beklagte zu 1 mit der ihr gegenüber erklärten Rücktrittserklärung auseinandersetzt.

Deliktische Ansprüche gegen die Beklagte zu 1 scheiden ebenfalls aus, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Beklagte zu 1 Kenntnis von der Täuschung durch die Beklagte zu 2 hatte, geschweige denn in Schädigungsabsicht gehandelt hat. Dass die Beklagte zu 1 Vertragshändlerin der Beklagten zu 2 ist, reicht für eine Kenntnis der Beklagten zu 1 von der Manipulationssoftware nicht aus.

Mangels Anspruchs in der Hauptsache steht der Klägerin daher auch kein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten oder Feststellung des Annahmeverzugs gegen die Beklagte zu 1 zu. …

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