1. Ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ner Neu­wa­gen ist zwar man­gel­haft, weil er kei­ne i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB üb­li­che und von ei­nem Käu­fer zu er­war­ten­de Be­schaf­fen­heit auf­weist. Die in der Lie­fe­rung ei­nes sol­chen Fahr­zeugs lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung des – nicht mit der Fahr­zeug­her­stel­le­rin iden­ti­schen – Ver­käu­fers ist je­doch un­er­heb­lich i. S. von § 323 V 2 BGB. Denn der Ver­käu­fer kann den Man­gel durch die In­stal­la­ti­on ei­nes Soft­ware­up­dates be­sei­ti­gen, und die Kos­ten da­für sind im Ver­hält­nis zum Kauf­preis ge­ring­fü­gig, zu­mal die – nicht beim Ver­käu­fer an­ge­fal­le­nen – Kos­ten für die Ent­wick­lung des Up­dates au­ßer Be­tracht blei­ben müs­sen.
  2. Der Her­stel­ler ei­nes Kraft­fahr­zeugs ist auch dann nicht Ge­hil­fe (§ 278 BGB) des – recht­lich selbst­stän­di­gen – Ver­käu­fers bei der Er­fül­lung der in § 433 I BGB ge­nann­ten Pflich­ten, wenn der Ver­käu­fer ein Ver­trags­händ­ler des Her­stel­lers ist. Ein et­wai­ges Ver­schul­den der Volks­wa­gen AG im VW-Ab­gas­skan­dal muss sich ein VW-Ver­trags­händ­ler des­halb nicht nach § 278 BGB zu­rech­nen las­sen.

LG Aa­chen, Ur­teil vom 27.04.2017 – 1 O 234/16
(nach­fol­gend: OLG Köln, Be­schluss vom 14.06.2018 – 5 U 82/17OLG Köln, Be­schluss vom 16.07.2018 – 5 U 82/17)

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin be­gehrt im Zu­sam­men­hang mit dem VW-Ab­gas­skan­dal die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kfz-Kauf­ver­trags.

Sie kauf­te im Au­gust 2012 von der Be­klag­ten, ei­ner Au­di-Ver­trags­händ­le­rin, ei­nen fa­brik­neu­en Au­di TT Coupé 2.0 TDI quat­tro zum Preis von 42.140,61 €. Das Fahr­zeug wur­de der Klä­ge­rin am 13.10.2012 über­ge­ben.

Vor dem Hin­ter­grund des im Sep­tem­ber 2015 pu­blik ge­wor­de­nen VW-Ab­gas­skan­dals stell­te sich her­aus, dass auch in die­sem Pkw ei­ne Soft­ware – ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung – zum Ein­satz kommt, die wäh­rend ei­nes Emis­si­ons­tests auf ei­nem Prüf­stand die Stick­oxid(NOX)-Emis­sio­nen des Fahr­zeugs ver­rin­gert, da­mit in ei­ner Test­si­tua­ti­on die ein­schlä­gi­gen Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wer­te ein­ge­hal­ten wer­den. Mit Pres­se­mit­tei­lung vom 16.10.2015 mach­te das Kraft­fahrt-Bun­des­amt be­kannt, dass es ge­gen­über der Volks­wa­gen AG den Rück­ruf der vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge an­ge­ord­net ha­be, die – wie der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw – mit ei­nem EA189-Die­sel­mo­tor aus­ge­stat­tet sei­en. Der Volks­wa­gen AG sei auf­er­legt wor­den, ge­eig­ne­te Maß­nah­men zu er­grei­fen, um die Vor­schrifts­mä­ßig­keit der be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge her­zu­stel­len. Die Volks­wa­gen AG stell­te dar­auf­hin ein Soft­ware­up­date zur Ver­fü­gung, durch des­sen In­stal­la­ti­on Kraft­fahrt-Bun­des­amt die Vor­schrifts­mä­ßig­keit des je­wei­li­gen Fahr­zeugs her­ge­stellt wird.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 03.12.2016 rüg­te die Klä­ge­rin die Man­gel­haf­tig­keit des von ihr er­wor­be­nen Fahr­zeugs und for­der­te die Be­klag­te zur Er­satz­lie­fe­rung (§ 439 I Fall 2 BGB) ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs so­wie – falls mög­lich – zur Nach­bes­se­rung (§ 434 I Fall 1 BGB) bin­nen vier Wo­chen auf. Die Be­klag­te lehn­te mit Schrei­ben vom 07.12.2016 ei­ne Er­satz­lie­fe­rung ab und und er­hob die Ein­re­de der Ver­jäh­rung.

Dar­auf­hin er­klär­te die Klä­ge­rin mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 21.01.2016 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Sie for­der­te die Be­klag­te auf, das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug spä­tes­tens am 04.02.2016 bei ihr ab­zu­ho­len, ihr den ge­zahl­ten Kauf­preis ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 4.742,83 € zu er­stat­ten und ihr Scha­dens­er­satz in Hö­he von 713,44 € zu leis­ten. Die Be­klag­te wies die gel­tend ge­mach­ten An­sprü­che mit Schrei­ben vom 27.01.2016 zu­rück.

Die Klä­ge­rin hält ihr Fahr­zeug für man­gel­haft und macht gel­tend, die Be­klag­te müs­se sich als in den VW-Kon­zern ein­ge­glie­der­te Ver­trags­händ­le­rin ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten der Fahr­zeug­her­stel­le­rin zu­rech­nen las­sen. Die der Be­klag­ten ge­setz­te Frist zur Nach­er­fül­lung (§ 439 I BGB) sei an­ge­mes­sen ge­we­sen, wenn ei­ne Frist­set­zung nicht so­gar ent­behr­lich ge­we­sen sei. Die Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten sei auch nicht le­dig­lich un­er­heb­lich i. S. von § 323 V 2 BGB. In­so­weit er­klärt sich die Klä­ge­rin mit Nicht­wis­sen zu der Be­haup­tung der Be­klag­ten, dass ei­ne Nach­bes­se­rung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs in Ge­stalt der In­stal­la­ti­on ei­nes Soft­ware­up­dates ei­nen Ar­beits­auf­wand von we­ni­ger als ei­ner Stun­de und ei­nen Kos­ten­auf­wand von we­ni­ger als 100 € er­for­de­re. Ei­ne Nach­bes­se­rung – so macht die Klä­ge­rin gel­tend – sei un­mög­lich, weil das Soft­ware­up­date ne­ga­ti­ve Fol­gen wie ins­be­son­de­re ei­nen er­höh­ten Kraft­stoff­ver­brauch ha­be.

Die Be­klag­te meint, dass das Fahr­zeug der Klä­ge­rin schon nicht man­gel­haft sei. Et­wai­ge Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che der Klä­ge­rin sei­en je­den­falls ver­jährt; dar­über hin­aus ha­be die Klä­ge­rin den be­haup­te­ten Man­gel nicht un­ver­züg­lich i. S. von § 377 I, III HGB an­ge­zeigt.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Die Klä­ge­rin hat ge­gen die Be­klag­te kei­nen An­spruch auf Zah­lung von 42.140,61 € Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des Pkw Au­di TT Coupé 2.0 TDI quat­tro … mit der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer ….

I. Die Klä­ge­rin hat ge­gen die Be­klag­te kei­nen An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags nach Rück­tritt ge­mäß § 437 Nr. 2 Fall 1, § 323, § 346 I BGB. Der mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 21.01.2016 er­klär­te Rück­tritt von dem im Au­gust 2012 ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag greift nicht durch.

1. Zwar war das streit­ge­gen­ständ­li­che Kfz bei Über­ga­be man­gel­haft i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB.

Da­nach ist ei­ne Sa­che nur dann frei von Sach­män­geln, wenn sie sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann. Hier­bei han­delt es sich um sol­che Ei­gen­schaf­ten, die nicht aus­drück­lich ver­ein­bart wer­den müs­sen, son­dern die als selbst­ver­ständ­lich er­war­tet von den Par­tei­en über­haupt nicht be­dacht wer­den. Da­bei ist von dem Er­war­tungs­ho­ri­zont ei­nes ver­nünf­ti­gen Durch­schnitts­ver­brau­chers aus­zu­ge­hen. Die Kauf­sa­che ist da­bei zu ver­glei­chen mit Sa­chen der glei­chen Art, das heißt Sa­chen der glei­chen Ka­te­go­rie oder des glei­chen Stan­dards. Üb­li­che Ei­gen­schaf­ten kön­nen sich ins­be­son­de­re aus öf­fent­lich-recht­li­chen Be­stim­mun­gen er­ge­ben. Üb­li­che Ei­gen­schaf­ten kann der Käu­fer im­mer er­war­ten, aty­pi­sche Käu­fe­rer­war­tun­gen müs­sen ver­ein­bart wer­den (vgl. D. Schmidt, in: Prüt­ting/We­gen/Wein­reich, BGB, 11. Aufl. [2017], § 434 Rn. 44, 46, 48; Jau­er­nig/Ber­ger, BGB, 16. Aufl. [2015], § 434 Rn. 14).

Die Klä­ge­rin er­warb zu­nächst ein Kfz, das sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­ne­te, denn die vor­han­de­ne Ab­schalt­vor­rich­tung än­der­te nichts dar­an, dass das Kraft­fahr­zeug ver­kehrs­si­cher war (und des­halb auch wei­ter­hin im Stra­ßen­ver­kehr ver­wen­det wer­den darf). Ei­ne üb­li­che Be­schaf­fen­heit wies das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug je­doch nicht auf. Laut Her­stel­ler­an­ga­ben ent­spricht der in dem Wa­gen ver­bau­te Mo­tor des Typs EA189 den Vor­ga­ben der Eu­ro-5-Schad­stoff­klas­se. Die Ein­hal­tung die­ser Wer­te kann je­doch nur da­durch er­reicht wer­den, dass das Au­to durch ei­ne „Ab­schalt­vor­rich­tung“ die Emis­sio­nen des Kfz im Prüf­stand in der Wei­se ma­ni­pu­liert, dass die für die Eu­ro-5-Ab­gas­norm er­for­der­li­chen Ab­gas­wer­te ein­ge­hal­ten wer­den. Im nor­ma­len Fahr­be­trieb wer­den die er­for­der­li­chen Grenz­wer­te da­ge­gen über­schrit­ten. Der Pkw ist da­her man­gel­haft i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB, weil ein ver­nünf­ti­ger Durch­schnitts­käu­fer selbst­ver­ständ­lich da­von aus­ge­hen kann, dass das Fahr­zeug auch tat­säch­lich, das heißt im nor­ma­len Fahr­be­trieb, die An­for­de­run­gen der vom Her­stel­ler ei­gens an­ge­ge­be­ne Schad­stoff­klas­se ein­hält.

2. Ob die Klä­ge­rin der Be­klag­ten ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat (§ 323 I BGB) bzw. ob die Set­zung ei­ner sol­chen Frist vor­lie­gend ent­behr­lich war (§ 323 II BGB), kann hier da­hin­ste­hen, da der Rück­tritt je­den­falls ge­mäß § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen ist.

Hier­nach kann der Käu­fer nicht vom Kauf­ver­trag zu­rück­tre­ten, wenn die Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich ist. Die an­zu­stel­len­de Er­heb­lich­keits­prü­fung er­for­dert ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­ab­wä­gung auf der Grund­la­ge des Ein­zel­falls. Bei Arg­list ist ei­ne Un­er­heb­lich­keit zu ver­nei­nen (Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 76. Aufl. [2017], § 323 Rn. 32). Der für die Be­wer­tung der Er­heb­lich­keit maß­geb­li­che Zeit­punkt ist der­je­ni­ge der Rück­tritts­er­klä­rung (Er­man/Wes­ter­mann, BGB, 14. Aufl. [2014], § 323 Rn. 27). Bei ei­nem be­heb­ba­ren Man­gel ist von ei­ner Ge­ring­fü­gig­keit der Pflicht­ver­let­zung re­gel­mä­ßig aus­zu­ge­hen, wenn die Kos­ten der Män­gel­be­sei­ti­gung im Ver­gleich zum Kauf­preis ge­ring sind (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 17).

Zum Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung lag am Fahr­zeug der Klä­ge­rin ein be­heb­ba­rer Man­gel vor. Im De­zem­ber 2015 stan­den von VW-Sei­te aus für al­le von der Ma­ni­pu­la­ti­on be­trof­fe­nen Mo­to­ren Ab­hil­fe­maß­nah­men be­reit; für den hier ver­bau­ten 2,0-Li­ter-Mo­tor war ein Soft­ware­up­date vor­ge­se­hen. Die Ge­eig­net­heit die­ser Maß­nah­men für die Her­stel­lung der Vor­schrifts­mä­ßig­keit des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug­typs wur­de vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt be­stä­tigt (s. An­la­ge B 2).

Der Be­klag­ten als Ver­käu­fe­rin war es dem­nach als VW- bzw. Au­di-Ver­trags­händ­le­rin mög­lich, den Man­gel im We­ge der Nach­bes­se­rung zu be­he­ben. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Klä­ge­rin sind im Rah­men der nun maß­geb­li­chen Kos­ten der Nach­bes­se­rung nicht auch sol­che Kos­ten für die not­wen­di­ge Ent­wick­lung ei­nes Soft­ware­up­dates ein­zu­be­zie­hen, denn nicht VW bzw. Au­di, son­dern die Be­klag­te als Ver­käu­fe­rin hat ei­ne sol­che Nach­bes­se­rung aus­zu­füh­ren. Die Kos­ten für die von der Be­klag­ten vor­zu­neh­men­de Man­gel­be­sei­ti­gung sind im Ver­gleich zu dem Kauf­preis von mehr als 40.000 € als äu­ßerst ge­ring zu qua­li­fi­zie­ren, weil sie sich im Zeit­auf­wand des Auf­spie­lens ei­nes Soft­ware­up­dates er­schöp­fen.

Auch an­de­re As­pek­te im Rah­men der vor­zu­neh­men­den In­ter­es­sen­ab­wä­gung ver­mö­gen nicht, die­se zu­guns­ten der Klä­ge­rin aus­fal­len zu las­sen. Ins­be­son­de­re kann ein arg­lis­ti­ges Han­deln auf­sei­ten des Her­stel­lers nicht der Be­klag­ten als Ver­trags­händ­le­rin zu­ge­rech­net wer­den, und zwar we­der ge­mäß § 166 I BGB noch ge­mäß § 278 BGB.

Ei­ne Zu­rech­nung § 166 I BGB kommt be­reits nicht in Be­tracht, da die Be­klag­te kei­ne Ver­tre­te­rin i. S. der §§ 164 ff. BGB des Her­stel­lers ist (vgl. LG Hal­le, Urt. v. 15.09.2016 – 5 O 66/16).

Auch ei­ne Zu­rech­nung ge­mäß § 278 BGB schei­det aus. Hier­nach steht bei ei­nem be­ste­hen­den Schuld­ver­hält­nis das Ver­schul­den von ge­setz­li­chen Ver­tre­tern und Er­fül­lungs­ge­hil­fen dem ei­ge­nen Ver­schul­den gleich. Er­fül­lungs­ge­hil­fe ist, wer nach den tat­säch­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten des Fal­les mit dem Wil­len des Schuld­ners bei der Er­fül­lung ei­ner die­sem ob­lie­gen­den Ver­bind­lich­keit als sei­ne Hilfs­per­son tä­tig wird. Ein Er­fül­lungs­ge­hil­fe kann auch der­je­ni­ge sein, der in sei­nem Ver­hal­ten kei­nem Wei­sungs­recht des Schuld­ners un­ter­liegt. Die Art der zwi­schen dem Schuld­ner und der Hilfs­per­son be­ste­hen­den recht­li­chen Be­zie­hung ist un­er­heb­lich (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 278 Rn. 1, 7). Beim Kauf­ver­trag ist der Her­stel­ler (Lie­fe­rant) im Ver­hält­nis zum Käu­fer nicht Er­fül­lungs­ge­hil­fe des Ver­käu­fers, da sich des­sen Pflicht nicht auf die Her­stel­lung der Sa­chen er­streckt (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 278 Rn. 13; MünchKomm-BGB/Grund­mann, 6. Aufl. [2012], § 278 Rn. 31; st. Rspr., BGH, Urt. v. 19.06.2009 – V ZR 93/08, BGHZ 181, 317 = NJW 2009, 2674 Rn. 19; Urt. v. 02.04.2014 – VI­II ZR 46/13, BGHZ 200, 337 = NJW 2014, 2183 Rn. 31). Der Lie­fe­rant des Ver­käu­fers han­delt nicht als sein Er­fül­lungs­ge­hil­fe; viel­mehr dient sei­ne Hand­lung aus­schließ­lich da­zu, dem Ver­käu­fer die ei­ge­ne Leis­tung zu er­mög­li­chen (Wei­ler, Schuld­recht – All­ge­mei­ner Teil, 3. Aufl. [2016], § 23 Rn. 32). In­so­weit wird der Her­stel­ler al­lein im ei­ge­nen Pflich­ten­kreis tä­tig. Die Be­klag­te muss sich da­her ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten des VW-Kon­zerns bzw. be­stimm­ter Or­ga­ne des Kon­zerns nicht ge­mäß § 278 zu­rech­nen las­sen.

Auch aus­nahms­wei­se kann ei­ne Zu­rech­nung ge­mäß § 278 BGB nicht er­fol­gen, ins­be­son­de­re er­gibt sich aus der Ver­trags­händl­er­ei­gen­schaft der Be­klag­ten kein ge­gen­läu­fi­ges Er­geb­nis. Der so­ge­nann­te Ver­trags­händ­ler­ver­trag ist nicht ge­setz­lich ge­re­gelt; im Grun­de han­delt es sich um ei­nen dienst­ver­trag­li­chen Ge­schäfts­be­sor­gungs­ver­trag (Dau, in: Schult­ze/Wausch­kuhn/Spen­ner/Dau/Küb­ler, Der Ver­trags­händ­ler­ver­trag, 5. Aufl. [2015], Rn. 45 f.). Für den Ver­trags­händ­ler­ver­trag ist cha­rak­te­ris­tisch, dass der Ver­trags­händ­ler in die Ver­triebs­or­ga­ni­sa­ti­on ei­nes Her­stel­lers von Mar­ken­wa­ren ein­ge­glie­dert ist und im ei­ge­nen Na­men und auf ei­ge­ne Rech­nung die Ver­trags­wa­ren im Ver­trags­ge­biet ver­treibt (Münch­Komm-HGB/Ho­y­nin­gen-Hue­ne, 4. Aufl. [2016], Vor­bem. zu § 84 Rn. 13). Kenn­zeich­nend ist zu­dem, dass bei­de Ver­trags­par­tei­en ei­ne über ei­nen blo­ßen Dienst­ver­trag hin­aus­ge­hen­de Treue­pflicht trifft, zum Bei­spiel die Ab­satz­fö­de­rungs­pflicht des Ver­trags­händ­lers oder die Ver­pflich­tung des Her­stel­lers, in an­ge­mes­se­ner Wei­se Wer­bung für die Ver­trags­pro­duk­te zu be­trei­ben. Ei­ne ver­trag­li­che (Treue-)Pflicht zu ei­nem End­kun­den wird dar­in nicht sta­tu­iert (vgl. Graf von West­pha­len, Röh­richt/Graf von West­pha­len/Haas, HGB, 4. Aufl. [2014], Ver­trags­händ­ler­ver­trä­ge Rn. 2). Die Ver­trags­händl­er­ei­gen­schaft der Be­klag­ten führt da­her auch nicht aus­nahms­wei­se zu ei­ner Zu­rech­nung des Her­stel­ler­ver­hal­tens ge­mäß § 278 BGB, weil die ver­trag­li­chen Pflich­ten im Ver­hält­nis zum End­kun­den durch ei­nen Ver­trags­händ­ler­ver­trag nicht ver­än­dert wer­den. Auch hier bleibt es bei der Pflicht des Ver­trags­händ­lers, dem End­kun­den das (man­gel­freie) Ei­gen­tum an der Kauf­sa­che zu ver­schaf­fen.

Auch wei­ter­ge­hen­de Über­le­gun­gen las­sen nicht an der Un­er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten als (le­dig­lich) Ver­käu­fe­rin zwei­feln. Un­ter Be­rück­sich­ti­gung des Grund­ge­dan­kens, dass der­je­ni­ge, der Vor­tei­le aus ei­ner mo­der­nen Ar­beits­tei­lung zieht, auch de­ren Nach­tei­le tra­gen soll, um sich nicht durch blo­ße De­le­ga­ti­on an ei­nen Drit­ten von ei­ner Haf­tung be­frei­en zu kön­nen (vgl. Lö­wisch/Cas­pers, in: Stau­din­ger, BGB, Neu­be­arb. 2009, § 278 Rn. 1; Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 278 Rn. 1), gilt vor­lie­gend nichts an­de­res. Zwar be­dient sich die Be­klag­te des Mar­ke­tings des Her­stel­lers, doch ist sie nicht in den Pro­duk­ti­ons­pro­zess des Her­stel­lers ein­ge­bun­den. Ein hier­nach zu be­trach­ten­der „Ver­ant­wor­tungs­be­reich“ der Be­klag­ten re­du­ziert sich auf die ver­trieb­li­che Sphä­re, weil es al­lein die­ser Be­reich ist, aus dem die Be­klag­te auf­grund der Ar­beits­tei­lung mit dem Her­stel­ler pro­fi­tiert.

Dar­an, dass die Be­klag­te das Ri­si­ko des Ver­triebs auch tat­säch­lich (mit-)ver­ant­wor­tet, be­ste­hen kei­ne Zwei­fel. Der aus der so­ge­nann­ten VW-Ab­gas­af­fä­re re­sul­tie­ren­de Ver­trau­ens­ver­lust beim Kun­den setzt sich nicht zu­letzt auch in ei­nem Ver­trau­ens­ver­lust zu den Ver­trags­händ­lern fort. Ei­ne dar­über hin­aus­ge­hen­de „Sank­ti­on“ der Händ­ler für ei­ne Pflicht­ver­let­zung des Her­stel­lers im Be­reich der Ent­wick­lung und Pro­duk­ti­on kann nicht ge­bo­ten sein, denn un­ter der Be­zug­nah­me auf § 278 BGB sol­len sich nicht al­le Ri­si­ken aus mehr­ak­ti­gen de­zen­tra­li­sier­ten wirt­schaft­li­chen Vor­gän­gen bei ei­nem Be­tei­lig­ten (hier dem End­ver­käu­fer) ku­mu­lie­ren (vgl. Er­man/Wes­ter­mann, a. a. O., § 278 Rn. 19).

3. Dar­über hin­aus wä­ren Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che der Klä­ge­rin ge­mäß § 438 I Nr. 3, II BGB ver­jährt. Da die Arg­list des Her­stel­lers der Be­klag­ten als Ver­käu­fe­rin nicht zu­zu­rech­nen ist, ver­bleibt es bei der ge­setz­li­chen – kennt­nis­un­ab­hän­gi­gen – Ge­währ­leis­tungs­frist, die bei der Gel­tend­ma­chung von Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­chen be­reits ab­ge­lau­fen war.

II. Der (zu­läs­si­ge) Fest­stel­lungs­an­trag ist un­be­grün­det. Die Be­klag­te be­fin­det sich nicht in Ver­zug, weil der er­klär­te Rück­tritt nicht durch­greift bzw. sei­ner Durch­set­zung die Ver­jäh­rungs­ein­re­de ent­ge­gen­steht.

III. Die Klä­ge­rin hat ge­gen die Be­klag­te kei­nen An­spruch auf Frei­stel­lung von den au­ßer­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten in Hö­he von 2.613,24 € aus §§ 280 I, II, 286 BGB, denn die in­so­weit ent­stan­de­nen au­ßer­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten wa­ren nicht er­for­der­lich. Die Klä­ge­rin hat ge­gen die Be­klag­ten kei­nen ma­te­ri­ell-recht­li­chen (Kos­ten­er­stat­tungs-)An­spruch aus ei­nem Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis. …

Hin­weis: Mit Be­schluss vom 14.06.2018 – 5 U 82/17 – hat der 5. Zi­vil­se­nat des OLG Köln die Par­tei­en dar­auf hin­ge­wie­sen, dass er be­ab­sich­ti­ge, die Be­ru­fung der Klä­ge­rin ge­gen das Ur­teil des LG Aa­chen ge­mäß § 522 II ZPO als un­be­grün­det zu­rück­zu­wei­sen. In dem Hin­weis­be­schluss heißt es:

„I. Die Be­ru­fung hat of­fen­sicht­lich kei­ne Aus­sicht auf Er­folg. Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil be­ruht we­der auf ei­ner Rechts­ver­let­zung, noch recht­fer­ti­gen die nach § 529 ZPO zu­grun­de zu le­gen­den Tat­sa­chen ei­ne an­de­re Ent­schei­dung (§ 522 II 1 Nr. 1, § 513 I ZPO).

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen. Der Klä­ge­rin steht ge­gen die Be­klag­te kein An­spruch aus § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323, 346 BGB auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses von 42.140,61 € Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des Pkw Au­di TT Coupé 2.0 TDI quat­tro zu.

1. Da­bei kann zu­guns­ten der Klä­ge­rin an­ge­nom­men wer­den, dass der Pkw man­gel­haft ist, weil in die­sem ei­ne Soft­ware zur An­wen­dung kommt, wel­che die Stick­oxid-Emis­si­ons­wer­te bei Be­trieb auf ei­nem tech­ni­schen Prüf­stand op­ti­miert, wäh­rend beim Be­trieb im Stra­ßen­ver­kehr ent­spre­chend schlech­te­re Wer­te er­reicht wer­den. Ein Durch­schnitts­käu­fer darf be­rech­tig­ter­wei­se er­war­ten, dass die nor­mier­ten Ab­gas­wer­te auf dem tech­ni­schen Prüf­stand nicht durch Ein­satz ei­ner Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware er­zielt wer­den. Dies gilt ins­be­son­de­re des­halb, weil es sich um ei­nen die Typ­zu­las­sung ge­fähr­den­den Um­stand han­delt (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 20.12.2017 – 18 U 112/17 ju­ris Rn. 36 ff.).

2. Der erst­mals mit Schrei­ben vom 21.01.2016 er­klär­te Rück­tritt ist je­den­falls ge­mäß § 218 I BGB un­wirk­sam, weil Män­gel­an­sprü­che zu die­sem Zeit­punkt ver­jährt wa­ren und die Be­klag­te sich hier­auf be­ru­fen hat.

Die Ver­jäh­rungs­frist ge­mäß § 438 I Nr. 3 BGB von zwei Jah­ren be­gann mit der Ab­lie­fe­rung des Pkw Au­di TT Coupé 2.0 TDI quat­tro am 13.10.2012. Sie war im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung ab­ge­lau­fen.

Die kennt­nis­ab­hän­gi­ge re­gel­mä­ßi­ge Ver­jäh­rungs­frist von drei Jah­ren, die – da der so­ge­nann­te Die­sel-Ab­gas­skan­dal im Jahr 2015 be­kannt ge­wor­den ist – erst mit dem Schluss des Jah­res 2018 en­den wür­de, fin­det nach § 438 III 1 BGB kei­ne An­wen­dung, weil die Be­klag­te als Ver­käu­fe­rin den Man­gel nicht arg­lis­tig ver­schwie­gen hat.

Ein ei­ge­nes arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen der Be­klag­ten be­haup­tet auch die Klä­ge­rin nicht. Für ein et­wai­ges arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten und Ver­schwei­gen der Fahr­zeug­her­stel­le­rin, das heißt der AU­DI AG, der über den be­ste­hen­den Kon­zern die Kennt­nis der den Mo­tor ent­wi­ckeln­den Volks­wa­gen AG und ih­rer Mit­ar­bei­ter zu­zu­rech­nen sein könn­te, hat die Be­klag­te als Ver­trags­händ­le­rin nicht ein­zu­ste­hen.

So­weit er­sicht­lich geht die ober­ge­richt­li­che Recht­spre­chung über­ein­stim­mend da­von aus, dass sich der Ver­käu­fer auch dann, wenn er Ver­trags­händ­ler ist, ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen ei­nes Man­gels durch den Her­stel­ler nicht zu­rech­nen las­sen muss (vgl. über die nach­ste­hend an­ge­führ­ten Beschlüs­se hin­aus: OLG Ko­blenz, Beschl. v. 27.09.2017 – 2 U 4/17, ju­ris Rn. 35; OLG Hamm, Beschl. v. 05.01.2017 – 28 U 201/16, ju­ris Rn. 34; OLG Cel­le, Beschl. v. 30.6.2016 – 7 W 26/16, ju­ris Rn. 8). Zur Be­grün­dung hat der 16. Zi­vil­se­nat des OLG Köln im Be­schluss vom 27.02.2018 – 16 U 130/17, n. v. – in ei­nem gleich ge­la­ger­ten Fall aus­ge­führt:

‚Die Zu­rech­nung des arg­lis­ti­gen Ver­hal­tens Drit­ter be­misst sich nach den § 123 II, § 166 und § 278 BGB (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Beschl. v. 30.05.2017 – I-22 U 52/17, ju­ris Rn. 11–15; OLG Hamm, Beschl. v. 18.05.2017 – 2 U 39/17, ju­ris Rn. 4–6; Witt, NJW 2017, 3681, 3683). Da­mit hät­te die Be­klag­te für das Ver­hal­ten der Fahr­zeug­her­stel­le­rin VW nur dann ein­zu­ste­hen, wenn de­ren Ver­hal­ten dem der Be­klag­ten des­halb gleich­zu­set­zen wä­re, weil VW mit Wis­sen und Wol­len der Be­klag­ten als de­ren Er­fül­lungs­ge­hil­fin, Re­prä­sen­tan­tin oder Ver­trau­ens­per­son – und nicht bloß als au­ßen­ste­hen­de Drit­ter i. S. von § 123 II BGB – auf­ge­tre­ten ist (s. OLG Ko­blenz, Urt. v. 28.09.2017 – 1 U 302/17, NJW-RR 2018, 54 Rn. 26 = NZV 2018, 39). Die­se Zu­rech­nungs­vor­aus­set­zun­gen lie­gen nicht vor:

Nach stän­di­ger höchst­rich­ter­li­cher Recht­spre­chung ist der Her­stel­ler der Kauf­sa­che ge­ne­rell nicht Er­fül­lungs­ge­hil­fe des Händ­lers, der die Sa­che an sei­ne Kun­den ver­kauft (s. BGH, Urt. v. 02.04.2014 – VI­II ZR 46/13, BGHZ 200, 337 Rn. 31 f. un­ter aus­drück­li­cher Be­zug­nah­me auf die Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz-Be­grün­dung in BT-Drs. 14/6040, S. 209 f.).

Mit dem Land­ge­richt ist fest­zu­stel­len, dass der Rechts­ver­kehr VW aus fol­gen­den Ge­sam­ter­wä­gun­gen nicht als Re­prä­sen­tan­tin oder Ver­trau­ens­per­son der be­klag­ten Ver­trags­händ­le­rin an­sieht: Bei­des sind recht­lich un­ab­hän­gi­ge ju­ris­ti­sche Per­so­nen, die kei­ne ge­sell­schafts­recht­li­che oder per­so­nel­le Ver­flech­tung auf­wei­sen. Die Be­klag­te ist als Ver­trags­händ­le­rin ein selbst­stän­di­ges Ab­satz­or­gan und nicht auf der glei­chen Wirt­schafs­stu­fe wie VW tä­tig. Da­mit ver­fol­gen bei­de ei­gen­stän­di­ge Ab­satz- und Ge­winn­in­ter­es­sen. Die Be­klag­te selbst trägt die mit dem Ab­satz der von ihr bei VW be­zo­ge­nen Wa­ren so­wie die mit ih­ren markt­spe­zi­fi­schen In­ves­ti­tio­nen ver­bun­de­nen wirt­schaft­li­chen Ri­si­ken (vgl. OLG Ko­blenz, Urt. v. 28.09.2017 – 1 U 302/17, NJW-RR 2018, 54 Rn. 35), zu­mal sie im ei­ge­nen Na­men und auf ei­ge­ne Rech­nung han­delt. VW ist an Ver­trags­ab­schluss und -ab­wick­lung we­der un­mit­tel­bar be­tei­ligt, noch gibt es die Be­klag­te bin­den­de Wei­sun­gen bei der Ver­trags­an­bah­nung (vgl. in­so­weit auch OLG Düs­sel­dorf, Beschl. v. 30.05.2017 – I-22 U 52/17, ju­ris Rn. 14). Die Nut­zung des Rufs der VW-Mar­ke und der Her­steller­wer­bung sei­tens der Be­klag­ten ent­spricht den im Wirt­schafts­le­ben üb­li­chen Ab­läu­fen (s. auch OLG Hamm, Beschl. v. 18.05.2017 – 2 U 39/17, ju­ris Rn. 5; Beschl. v. 19.06.2017 – 2 U 74/17, ju­ris Rn. 8). Es han­delt sich da­bei für den Rechts­ver­kehr er­kenn­bar um Mit­tel des Mar­ke­tings zur Stei­ge­rung des Ver­kaufs, die nicht ernst­haft den Ein­druck er­we­cken kön­nen, der Händ­ler sei Teil der Fahr­zeug­kon­zep­ti­on und -her­stel­lung oder ha­be hier­auf Ein­fluss (OLG Ko­blenz, Urt. v. 28.09.2017 – 1 U 302/17, NJW-RR 2018, 54 Rn. 35). Ins­ge­samt kann von ei­nem durch­schnitt­li­chen Fahr­zeug­käu­fer er­war­tet wer­den, dass er zwi­schen dem Ver­trags­händ­ler und dem Her­stel­ler un­ter­schei­den kann (s. aus­drück­lich OLG Hamm, Beschl. v. 18.05.2017 – 2 U 39/17, ju­ris Ori­en­tie­rungs­satz 2 und Rn. 5).‘

Der er­ken­nen­de Se­nat schließt sich die­ser Be­ur­tei­lung an, die auch dann zu­trifft, wenn nicht die Volks­wa­gen AG, son­dern – wie im Streit­fall – ei­ne an­de­re Kon­zern­ge­sell­schaft den Pkw her­ge­stellt hat. Die Aus­füh­run­gen in der Be­ru­fungs­be­grün­dung, die sich mit der Zu­rech­nung ei­nes arg­lis­ti­gen Ver­hal­tens be­fas­sen, recht­fer­ti­gen kei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung. Dass der Ver­trags­händ­ler an Vor­ga­ben des Her­stel­lers ge­bun­den ist, et­wa bei der Ge­stal­tung sei­nes öf­fent­li­chen Auf­tritts, bei der Ver­wen­dung von Pro­spek­ten, bei der Ge­stal­tung der Ver­kaufs­räu­me und der Fir­men­wer­bung, so­wie der Um­stand, dass bei Ver­äu­ße­rung ei­nes Neu­wa­gens in der Re­gel ein in­di­vi­du­ell zu­sam­men­ge­stell­tes Fahr­zeug ver­kauft wird, än­dern nichts dar­an, dass der durch­schnitt­li­che Fahr­zeug­käu­fer zwi­schen Her­stel­ler und Ver­trags­händ­le­rin un­ter­schei­den kann und un­ter­schei­det, zu­mal Letz­te­re – wie die Be­klag­te – un­ter der ei­ge­nen Fir­ma nach au­ßen auf­tritt.

Da­durch, dass der Ver­trags­händ­ler dem Käu­fer ihm vom Her­stel­ler zur Ver­fü­gung ge­stell­te Wer­be­ma­te­ria­li­en und In­for­ma­tio­nen über­lässt, kann der Her­stel­ler al­len­falls dann zum Er­fül­lungs­ge­hil­fen des Ver­trags­händ­lers wer­den, wenn ein ei­ge­ne vor­ver­trag­lich oder ver­trag­li­che Aus­kunfts- oder Of­fen­ba­rungs­pflicht des Ver­trags­händ­lers ge­gen­über dem Käu­fer be­steht. Nur in die­sem Fall kann der Her­stel­ler mit Wis­sen und Wol­len des Schuld­ners in des­sen Pflicht­kreis tä­tig ge­wor­den sein. Für ei­ne ei­ge­ne Aus­kunfts- oder Of­fen­ba­rungs­pflicht ist we­der et­was dar­ge­tan wor­den noch er­sicht­lich. Ei­ne Of­fen­ba­rungs­pflicht hin­sicht­lich der den Fahr­zeug­man­gel be­grün­den­den Ma­ni­pu­la­ti­on der Soft­ware kommt schon des­halb nicht in Be­tracht, weil die Ma­ni­pu­la­ti­on der Be­klag­ten bei Ver­trags­schluss im Jahr 2012 we­der be­kannt war noch be­kannt sein konn­te.

Schließ­lich führt die Recht­spre­chung, die ein Ver­schul­den oder arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten des Her­stel­lers auch ei­nem Ver­trags­händ­ler nicht zu­rech­net, ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Klä­ge­rin nicht da­zu, dass der Her­stel­ler die Ver­ant­wor­tung für schuld­haf­tes Ver­hal­ten durch ein Sys­tem der Me­dia­ti­sie­rung der Ver­triebs­or­ga­ni­sa­ti­on ‚wegor­ga­ni­sie­ren‘ könn­te. Der Her­stel­ler steht nicht an­ders, als wenn er sei­ne Wa­re über be­lie­bi­ge Drit­te ver­treibt.

3. An­ge­sichts der vor­ste­hen­den Aus­füh­run­gen kann of­fen­blei­ben, ob der Rück­tritt – wie das Land­ge­richt an­ge­nom­men hat – auch des­halb aus­ge­schlos­sen und un­wirk­sam war, weil die in der man­gel­haf­ten Leis­tung lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich war (§ 323 V 2 BGB).

II. Die Rechts­sa­che hat kei­ne grund­sätz­li­che Be­deu­tung. We­der die Fort­bil­dung des Rechts noch die Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung er­for­dern ei­ne Ent­schei­dung des Se­nats auf­grund münd­li­cher Ver­hand­lung, die auch sonst nicht ge­bo­ten ist.“

Die Be­ru­fung wur­de so­dann mit Be­schluss vom 16.07.2018 – 5 U 82/17 – ge­mäß § 522 II ZPO zu­rück­ge­wie­sen, und zwar aus fol­gen­den Grün­den:

„II. …Die Be­ru­fung hat nach ein­stim­mi­ger Über­zeu­gung des Se­nats of­fen­sicht­lich kei­ne Aus­sicht auf Er­folg. Hier­zu wird auf den Se­nats­be­schluss vom 14.06.2018 ver­wie­sen. Die Rechts­sa­che hat auch kei­ne grund­sätz­li­che Be­deu­tung. We­der die Fort­bil­dung des Rechts noch die Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung er­for­dern ei­ne Ent­schei­dung des Se­nats auf­grund münd­li­cher Ver­hand­lung, die auch sonst nicht ge­bo­ten ist. Die Stel­lung­nah­me der Klä­ge­rin vom 11.07.2018 recht­fer­tigt kei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung.

1. Die Klä­ge­rin kann von der Be­klag­ten aus § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323, 346 BGB nicht die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses von 42.140,61 € Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des Pkw Au­di TT Coupé 2.0 TDI quat­tro ver­lan­gen. Der Rück­tritt ist ge­mäß § 218 I BGB un­wirk­sam, weil Män­gel­an­sprü­che bei Ab­ga­be der Er­klä­rung ver­jährt wa­ren und die Be­klag­te sich hier­auf be­ru­fen hat.

Der Se­nat hält an sei­ner Auf­fas­sung fest, dass die Be­klag­te sich als Ver­trags­händ­le­rin ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten der AU­DI AG als Fahr­zeug­her­stel­le­rin so­wie der Volks­wa­gen AG und ih­rer Mit­ar­bei­ter nicht zu­rech­nen las­sen muss. Der Schrift­satz vom 11.07.2018 ent­hält hier­zu kei­ne neu­en Ge­sichts­punk­te. Der noch­mals an­ge­führ­te Um­stand, dass der Ver­trags­händ­ler an Vor­ga­ben des Her­stel­lers ge­bun­den ist, et­wa bei der Ge­stal­tung sei­nes öf­fent­li­chen Auf­tritts, bei der Ver­wen­dung von Pro­spek­ten, bei der Ge­stal­tung der Ver­kaufs­räu­me und der Fir­men­wer­bung, än­dert nichts dar­an, dass der durch­schnitt­li­che Fahr­zeug­käu­fer zwi­schen Her­stel­ler und Ver­trags­händ­ler un­ter­schei­den kann und un­ter­schei­det, zu­mal Letz­te­rer – wie die Be­klag­te – un­ter der ei­ge­nen Fir­ma nach au­ßen auf­tritt.

2. Der Klä­ge­rin steht ge­gen die Be­klag­te kein An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des Au­di TT Coupé 2.0 TDI quat­tro aus § 812 I 1 Fall 1 BGB zu. Ent­ge­gen der erst­mals im Schrift­satz vom 11.07.2018 ge­äu­ßer­ten Auf­fas­sung ist der im Jahr 2012 ge­schlos­se­ne Kauf­ver­trag nicht ge­mäß § 134 BGB i. V. mit § 27 I EG-FGV nich­tig. Da­nach dür­fen neue Fahr­zeu­ge, für die ei­ne Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung vor­ge­schrie­ben ist, im In­land zur Ver­wen­dung im Stra­ßen­ver­kehr nur feil­ge­bo­ten, ver­äu­ßert oder in Ver­kehr ge­bracht wer­den, wenn sie mit ei­ner gül­ti­gen Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung ver­se­hen sind.

a) Die Klä­ge­rin hat schon nicht schlüs­sig dar­ge­legt, dass der im Jahr 2012 ver­äu­ßer­te Pkw Au­di TT Coupé 2.0 TDI quat­tro kei­ne gül­ti­ge Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung hat­te. Wie aus den wei­te­ren Re­ge­lun­gen der EG-Fahr­zeug­ge­neh­mi­gungs­ver­ord­nung, ins­be­son­de­re aus §§ 6, 25 III Nr. 1 EG-FGV, folgt, liegt ei­ne gül­ti­ge Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung vor, wenn das Fahr­zeug, für das sie aus­ge­stellt ist, tat­säch­lich dem ge­neh­mig­ten Typ ent­spricht. Ei­ne tat­säch­li­che Ab­wei­chung des ihr ver­äu­ßer­ten Pkw Au­di TT Coupé 2.0 TDI quat­tro von dem ge­neh­mig­ten Typ be­haup­tet die Klä­ge­rin je­doch nicht. Die Soft­ware, wel­che die Stick­oxid-Emis­si­ons­wer­te beim Be­trieb auf ei­nem Prüf­stand durch ei­ne hö­he­re Ab­gas­rück­füh­rung op­ti­miert, ist so­wohl in dem ge­neh­mig­ten Typ als auch in dem im Jahr 2012 ver­äu­ßer­ten Pkw Au­di TT Coupé 2.0 TDI quat­tro in­stal­liert. Et­was an­de­res ist we­der dar­ge­tan noch für den Se­nat er­sicht­lich. Nicht die Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung ist feh­ler­haft und un­gül­tig, son­dern die EG-Typ­ge­neh­mi­gung durch die Ma­ni­pu­la­ti­on er­wirkt.

b) Selbst wenn ein Ver­stoß ge­gen § 27 I EG-FGV vor­lä­ge, wür­de die­ser nicht zur Nich­tig­keit des im Jahr 2012 ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trags ge­mäß § 134 BGB füh­ren. Ist ein Rechts­ge­schäft nur für ei­nen Teil ver­bo­ten, ist das ver­bots­wid­ri­ge Ge­schäft in der Re­gel gül­tig (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.1999 – X ZR 34/98, BGHZ 143, 283 = ju­ris Rn. 18 m. w. Nachw.). Die Vor­schrift des § 27 I EG-FGV und das in ihr ent­hal­te­ne Ver­bot rich­ten sich nur ge­gen den Ver­äu­ße­rer des Fahr­zeugs. In Fäl­len, in de­nen das be­tref­fen­de Ver­bot al­lein den ei­nen Teil trifft, kommt die in § 134 BGB vor­ge­se­he­ne Rechts­fol­ge nur in Be­tracht, wenn dem Ver­bot ein Zweck zu­grun­de liegt, der gleich­wohl die Nich­tig­keit des gan­zen Rechts­ge­schäfts er­for­dert (BGH, Urt. v. 14.12.1999 – X ZR 34/98, BGHZ 143, 283 = ju­ris Rn. 18). Dies ist hier nicht der Fall. Auch wenn der Kauf­ver­trag über das Fahr­zeug im Fall ei­ner un­gül­ti­gen Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung wirk­sam bleibt und nicht rück­ab­ge­wi­ckelt wird, kann das Kraft­fahrt-Bun­des­amt nach § 25 EG-FGV die er­for­der­li­chen Maß­nah­men an­ord­nen, um die Über­ein­stim­mung der Pro­duk­ti­on mit dem ge­neh­mig­ten Typ si­cher­zu­stel­len. Es gibt da­her kei­nen Grund, von ei­ner dem Fahr­zeug­käu­fer bei ge­ne­rell-abs­trak­ter Be­trach­tung un­güns­ti­gen Nich­tig­keit des Kauf­ver­trags aus­zu­ge­hen, die ihm die auf den Fall ei­nes Fahr­zeug­man­gels zu­ge­schnit­ten Ge­währ­leis­tungs­rech­te aus § 437 BGB, ins­be­son­de­re auch ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch, neh­men wür­de. …“

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