Der Her­stel­ler ei­nes Kraft­fahr­zeugs (hier: die Volks­wa­gen AG) ist re­gel­mä­ßig nicht Ge­hil­fe i. S. des § 278 BGB ei­nes Ver­trags­händ­lers bei der Er­fül­lung von ge­gen­über ei­nem Kfz-Käu­fer be­ste­hen­den Ver­käu­fer­pflich­ten. Viel­mehr ist der Fahr­zeug­her­stel­ler im Ver­hält­nis zum Ver­trags­händ­ler im Re­gel­fall Drit­ter i. S. des § 123 II 1 BGB. Ei­ne (mög­li­che) arg­lis­ti­ge Täu­schung des Käu­fers durch die Volks­wa­gen AG im Zu­sam­men­hang mit dem VW-Ab­gas­skan­dal muss sich ein VW-Ver­trags­händ­ler des­halb nur zu­rech­nen las­sen, wenn er sie kann­te oder ken­nen muss­te.

OLG Ko­blenz, Ur­teil vom 07.09.2017 – 1 U 302/17

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en strei­ten dar­über, ob die von der Klä­ge­rin er­klär­te An­fech­tung ei­nes Kfz-Kauf­ver­tra­ges wirk­sam und die Be­klag­te so­mit zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs, so­wie zum Er­satz ver­aus­lag­ter Kfz-Steu­er und der ge­leis­te­ten Bei­trä­ge zur Haft­pflicht- und Kas­ko­ver­si­che­rung ver­pflich­tet ist.

Die Be­klag­te ist ei­ne VW-Ver­trags­händ­le­rin. Am 08.07.2014 schloss die Klä­ge­rin mit der Be­klag­ten ei­nen Kauf­ver­trag über ei­nen Neu­wa­gen (VW Ti­gu­an 2.0 TDI BMT Sport & Style, Schad­stoff­klas­se Eu­ro 5) zum Preis von 35.285 € brut­to. Das Fahr­zeug, das mit ei­nem von der Volks­wa­gen AG her­ge­stell­ten 2,0-Li­ter-Die­sel­mo­tor vom Typ EA189 aus­ge­stat­tet ist, wur­de der Klä­ge­rin am 03.11.2014 über­ge­ben.

Im Sep­tem­ber 2015 wur­de der so­ge­nann­te Die­sel-Ab­gas­skan­dal be­kannt und räum­te die Volks­wa­gen AG ein, dass die 2,0-Li­ter-Die­sel­mo­to­ren vom Typ EA189 von die­sem Skan­dal be­trof­fen sind. Die Be­klag­te er­fuhr erst durch die me­dia­le Be­richt­er­stat­tung im Sep­tem­ber 2015, dass auch ihr Fahr­zeug vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen ist; zu­vor hat­te sie da­für kei­ner­lei An­halts­punk­te.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 26.04.2016 er­klär­te die Klä­ge­rin ge­gen­über der Be­klag­ten die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung. Die Klä­ge­rin ist der Auf­fas­sung, dass die Volks­wa­gen AG sie arg­lis­tig ge­täuscht ha­be. Die­se arg­lis­ti­ge Täu­schung müs­se sich die Be­klag­te zu­rech­nen las­sen, weil die Volks­wa­gen AG im Ver­hält­nis zur Be­klag­ten nicht Drit­ter i. S. des § 123 II 1 BGB sei. Als VW-Ver­trags­händ­le­rin sei die Be­klag­te di­rek­ter Be­stand­teil des Ver­triebs­net­zes der Volks­wa­gen AG.

Die Klä­ge­rin hat in ers­ter In­stanz be­an­tragt, die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie 35.285 € nebst Zin­sen Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs zu zah­len. Dar­über hin­aus hat sie – je­weils nebst Zin­sen – Scha­dens­er­satz in Hö­he von 1.733,92 € so­wie den Er­satz vor­ge­richt­li­che Rechts­an­walts­kos­ten (1.589,84 €) ver­langt.

Das Land­ge­richt (LG Ko­blenz, Urt. vom 15.02.2017 – 12 O 111/16) hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, dass die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner An­fech­tung, auf die sich die Klä­ge­rin al­lein stüt­ze, nicht ge­ge­ben sei­en. Die Klä­ge­rin ge­he selbst da­von aus, dass die Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten nicht mit äu­schungs­ab­sicht ge­han­delt hät­ten und ih­nen die (an­ge­nom­me­ne) arg­lis­ti­ge Täu­schung der Volks­wa­gen AG mög­li­cher­wei­se nicht be­kannt ge­we­sen sei, es so­gar nicht fern­lie­ge, dass kein ein­zi­ger Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten die Täu­schung ge­kannt ha­be. Un­ter die­sen Vor­aus­set­zun­gen sei ei­ne mög­li­cher­wei­se von der Volks­wa­gen AG ver­üb­te arg­lis­ti­ge Täu­schung der Be­klag­ten nur zu­re­chen­bar, wenn die Volks­wa­gen AG nicht Drit­te i. S. des § 123 II 1 BGB sei. Das sei je­doch nicht der Fall. Bei der in­so­weit ge­bo­te­nen ein­zel­fall­be­zo­ge­nen Be­trach­tung ver­blei­be es auch im kon­kre­ten Fall bei dem Grund­satz, dass der Her­stel­ler im Ver­hält­nis zum Händ­ler Drit­ter i. S. des § 123 II 1 BGB sei. Die Volks­wa­gen AG sei hier in kei­ner Wei­se am Zu­stan­de­kom­men des Kauf­ver­tra­ges be­tei­ligt ge­we­sen und ha­be dar­auf kei­nen Ein­fluss neh­men kön­nen. Die Be­klag­te ha­be im ei­ge­nen Na­men und auf ei­ge­ne Rech­nung ge­han­delt. Bei der Volks­wa­gen AG und der Be­klag­ten han­de­le es sich um recht­lich un­ab­hän­gi­ge ju­ris­ti­sche Per­so­nen oh­ne ge­sell­schafts­recht­li­che oder per­so­nel­le Ver­flech­tung. Die Volks­wa­gen AG sei nicht Er­fül­lungs­ge­hil­fe der Be­klag­ten. Auch be­grün­de der Sta­tus der Be­klag­ten als Ver­trags­händ­le­rin kein be­son­de­res Ver­trau­ens- oder Nä­he­ver­hält­nis, das zu ei­ner an­de­ren Ein­schät­zung An­lass ge­ben könn­te. Her­stel­ler und Händ­ler ver­folg­ten be­züg­lich des End­kun­den­ge­schäfts nicht per se gleich­lau­fen­de Ge­winn­in­ter­es­sen. Die Be­klag­te sei ein selbst­stän­di­ges „Ab­satz­or­gan“ und ste­he auf ei­ner an­de­ren wirt­schaft­li­chen Stu­fe als die Volks­wa­gen AG. So­weit die Klä­ge­rin Scha­dens­er­satz be­geh­re, sei ei­ne an­spruchs­be­grün­den­de Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten nicht dar­ge­tan.

Mit ih­rer Be­ru­fung ver­folgt die Klä­ge­rin ihr Kla­ge­be­geh­ren un­ein­ge­schränkt wei­ter. Sie rügt un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung ih­res erst­in­stanz­li­chen Vor­trags ei­ne feh­ler­haf­te Rechts­an­wen­dung, in de­ren Fol­ge das Land­ge­richt ei­ne Zu­rech­nung des arg­lis­ti­gen Han­delns der Volks­wa­gen AG zu Un­recht ver­neint ha­be. Die Klä­ge­rin ver­weist dar­auf, dass mit dem Ver­trags­händ­ler­ver­trag ein Son­der­fall der Her­stel­ler-Ver­käu­fer-Be­zie­hung vor­lie­ge, der ge­ne­rell zur An­wen­dung von § 278 BGB füh­re. Erst recht gel­te dies in der Au­to­mo­bil­bran­che, in der Her­stel­ler und Ver­trags­händ­ler be­son­ders eng mit­ein­an­der ver­bun­den sei­en. So sei der Ver­trags­händ­ler in die Ver­kaufs­or­ga­ni­sa­ti­on des Her­stel­lers ein­ge­glie­dert und er­hal­te un­ter an­de­rem Vor­ga­ben zum Ver­trieb, zu den zu ver­trei­ben­den Pro­duk­ten und zum Ver­triebs­ge­biet. Fer­ner be­stün­den weit­rei­chen­de Kon­troll- und auch Wei­sungs­rech­te des Her­stel­lers. Bei der Fra­ge der Zu­rech­nung dür­fe zu­dem nicht nur auf die be­tref­fen­den ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen (§ 278 BGB, § 31 BGB, § 166 BGB) ab­ge­stellt wer­den, son­dern sei­en die Ge­samt­um­stän­de zu be­ach­ten. Ein An­fech­tungs­geg­ner müs­se sich nicht nur Täu­schun­gen ei­nes Er­fül­lungs­ge­hil­fen zu­rech­nen las­sen, son­dern auch Täu­schun­gen von Per­so­nen, zu de­nen en­ge Be­zie­hun­gen be­stün­den oder de­ren Han­deln ihm aus sons­ti­gen be­son­de­ren Um­stän­den bil­li­ger­wei­se zu­zu­rech­nen sei. In­so­weit sei hier zu be­ach­ten, dass die Be­klag­te und die Volks­wa­gen AG mit dem Ver­kauf der Fahr­zeu­ge ge­mein­sa­me wirt­schaft­li­che In­ter­es­sen ver­folg­ten, die Be­klag­te eng in die Ver­triebs­or­ga­ni­sa­ti­on der Volks­wa­gen AG ein­ge­bun­den sei, das VW-Lo­go ver­wen­de und Fahr­zeu­ge der Mar­ke Volks­wa­gen be­wer­be. Die Be­klag­te er­we­cke da­mit nach au­ßen be­wusst den Ein­druck ei­nes Nä­he­ver­hält­nis­ses. Es sol­le ge­ra­de der Ein­druck er­weckt wer­den, „die Be­klag­te sei VW“ bzw. die Nie­der­las­sung von VW in H.

Erst­mals in der Be­ru­fungs­in­stanz trägt die Klä­ge­rin dar­über hin­aus zu ei­ner Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs vor und be­haup­tet ne­ga­ti­ve Fol­gen des von der Volks­wa­gen AG an­ge­bo­te­nen Soft­ware­up­dates.

Das Rechts­mit­tel hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 1. Die Klä­ge­rin kann ihr Be­gehr nicht auf ei­ne wirk­sa­me An­fech­tung des Kauf­ver­trags stüt­zen. Es fehlt an ei­nem An­fech­tungs­grund. Ins­be­son­de­re hat die Be­klag­te die Klä­ge­rin nicht arg­lis­tig ge­täuscht.

a) Ei­ne Täu­schung durch Ver­ant­wort­li­che der Be­klag­ten selbst hat die Klä­ge­rin nicht be­haup­tet.

b) Für ei­ne von ei­ner an­de­ren Per­son ver­üb­te arg­lis­ti­ge Täu­schung hät­te die Be­klag­te nur ein­zu­ste­hen, wenn de­ren Ver­hal­ten dem der Be­klag­ten gleich­zu­set­zen wä­re. Maß­geb­lich hier­für ist, ob der arg­lis­tig Täu­schen­de mit Wis­sen und Wol­len der Be­klag­ten als de­ren Re­prä­sen­tant oder Ver­trau­ens­per­son auf­ge­tre­ten ist (BGH, Urt. v. 17.04.1986 – III ZR 246/84, NJW-RR 1987, 59 [60]; Urt. v. 28.09.1988 – VI­II ZR 160/87, NJW 1989, 287 [288]; Urt. v. 30.03.2011 – VI­II ZR 94/10, NJW 2011, 2874 Rn. 15). Die Vor­aus­set­zun­gen, nach de­nen sich die Ein­ord­nung als Re­prä­sen­tant oder Ver­trau­ens­per­son be­misst, ent­spre­chen den­je­ni­gen, die für ei­ne Er­fül­lungs­ge­hil­fen­stel­lung nach § 278 BGB ge­for­dert wer­den (BGH, Urt. v. 28.09.1988 – VI­II ZR 160/87, NJW 1989, 287 [288]; Urt. v. 30.03.2011 – VI­II ZR 94/10, NJW 2011, 2874 Rn. 15), wo­mit ent­schei­dend ist, ob der arg­lis­tig Täu­schen­de nach den tat­säch­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten des Fal­les mit dem Wil­len des An­fech­tungs­geg­ners, hier der Be­klag­ten, in des­sen Pflich­ten­kreis als Hilfs­per­son tä­tig ge­wor­den ist (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 76. Aufl., § 278 Rn. 7).

aa) Der am Ver­trags­schluss un­mit­tel­bar be­tei­lig­te Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten kann hier­nach un­pro­ble­ma­tisch als de­ren Re­prä­sen­tant an­ge­se­hen wer­den. Ein Fehl­ver­hal­ten die­ses Mit­ar­bei­ters hat die Klä­ge­rin je­doch nicht be­haup­tet. Im Ge­gen­teil – sie geht nach ih­rem Vor­trag selbst da­von aus, dass ihr Ge­gen­über, al­so der Ver­käu­fer der Be­klag­ten, nicht mit Täu­schungs­ab­sicht ge­han­delt hat und ihm die (be­haup­te­te) arg­lis­ti­ge Täu­schung der Volks­wa­gen AG mög­li­cher­wei­se gar nicht be­kannt war. Von die­sem Vor­trag ist die Klä­ge­rin auch in der Be­ru­fungs­in­stanz nicht ab­ge­wi­chen.

bb) So­weit die Klä­ge­rin ih­re Ar­gu­men­ta­ti­on auf ei­ne be­haup­te­te – und von der Be­klag­ten be­strit­te­ne – arg­lis­ti­ge Täu­schung der Volks­wa­gen AG stützt, hat die Klä­ge­rin nicht dar­zu­le­gen ver­mocht, dass die­se als Re­prä­sen­tant oder Ver­trau­ens­per­son der Be­klag­ten beim Zu­stan­de­kom­men des Ver­tra­ges ein­ge­bun­den ge­we­sen wä­re.

(1) Nach stän­di­ger höchst­rich­ter­li­cher Recht­spre­chung ist der Her­stel­ler der Kauf­sa­che nicht Er­fül­lungs­ge­hil­fe des Händ­lers, der die Sa­che an sei­ne Kun­den ver­kauft, weil er re­gel­mä­ßig nur sei­ne ei­ge­ne Ver­pflich­tung ge­gen­über dem Ver­käu­fer er­füllt und nicht des­sen Ver­pflich­tung ge­gen­über dem Käu­fer (BGH, Urt. v. 22.02.1962 – VII ZR 205/60, ju­ris Rn. 18; Urt. v. 02.04.2014 – VI­II ZR 46/13, ju­ris Rn. 32).

Ob sich im Fal­le ei­ner Ein­bin­dung der Volks­wa­gen AG in den Pflich­ten­kreis der Be­klag­ten, wel­cher die Über­ga­be des Fahr­zeugs und die Ver­schaf­fung des Ei­gen­tums am Fahr­zeug um­fass­te, Ab­wei­chen­des er­ge­ben könn­te, be­darf hier kei­ner Er­ör­te­rung. Die Klä­ge­rin hat dies für den kon­kre­ten Fall nicht be­haup­tet. Viel­mehr ist der Vor­trag der Be­klag­ten, das Fahr­zeug sei nicht durch die Volks­wa­gen AG, son­dern von der Be­klag­ten an de­ren Sitz an die Klä­ge­rin über­ge­ben wor­den, un­be­strit­ten ge­blie­ben.

(2) Auch die Stel­lung der Be­klag­ten als Ver­trags­händ­le­rin ver­mag zu kei­ner an­de­ren Ein­schät­zung zu füh­ren, da der Pflich­ten­kreis der Be­klag­ten ge­gen­über der Klä­ge­rin hier­durch kei­ne Ver­än­de­rung er­fährt.

Die Be­klag­te schließt die Fahr­zeug­kauf­ver­trä­ge un­strei­tig im ei­ge­nen Na­men und trägt das da­mit ver­bun­de­ne wirt­schaft­li­che Ri­si­ko. Die Volks­wa­gen AG war we­der un­mit­tel­bar am Ver­trags­schluss noch an der Über­ga­be des Fahr­zeugs be­tei­ligt.

Die Ar­gu­men­ta­ti­on der Klä­ge­rin be­zieht sich auch letzt­lich nicht auf ei­ne Ein­bin­dung der Volks­wa­gen AG in die Ab­satz­or­ga­ni­sa­ti­on der Be­klag­ten, son­dern auf ei­ne Ein­bin­dung der Be­klag­ten in die Ver­triebs­or­ga­ni­sa­ti­on der Volks­wa­gen AG, und könn­te al­len­falls die Ein­schät­zung be­grün­den, dass die Be­klag­te als Er­fül­lungs­ge­hil­fin der Volks­wa­gen AG an­zu­se­hen sein könn­te, nicht je­doch die An­nah­me ei­ner Er­fül­lungs­ge­hil­fen­stel­lung der Volks­wa­gen AG tra­gen.

Zu­dem hat die Klä­ge­rin ih­ren dies­be­züg­li­chen Vor­trag erst in zwei­ter In­stanz in­halt­lich aus­ge­füllt und be­strei­tet die Be­klag­te den von der Klä­ge­rin be­haup­te­ten In­halt des Ver­trags­händ­ler­ver­tra­ges. Die Klä­ge­rin ist da­her mit die­sem neu­en Vor­brin­gen präk­lu­diert (§§ 529 I Nr. 2, 530, 531 II ZPO). Es ist nicht er­sicht­lich, dass sie ge­hin­dert ge­we­sen wä­re, die­sen Vor­trag be­reits in ers­ter In­stanz zu hal­ten.

(3) Auch bei ei­ner Ge­samt­be­trach­tung ist aus Grün­den der Bil­lig­keit kei­ne ab­wei­chen­de Ein­schät­zung ge­bo­ten.

So hat die Klä­ge­rin nicht schlüs­sig dar­zu­le­gen ver­mocht, dass die Be­klag­te zu­re­chen­bar ei­nen Rechts­schein der­ge­stalt ge­setzt hät­te, in die Or­ga­ni­sa­ti­on der Volks­wa­gen AG als Her­stel­ler des Fahr­zeugs ein­ge­bun­den zu sein. Der Vor­trag der Klä­ge­rin hier­zu (Ver­wen­dung des VW-Lo­gos, Wer­bung als VW-Händ­ler, Ver­wen­dung von VW-In­fo­ma­te­ri­al u. ä.) ver­mag, un­ab­hän­gig von der Fra­ge ei­ner Präk­lu­si­on die­ses Vor­trags, die An­nah­me ei­nes sol­chen Rechts­scheins nicht zu tra­gen. Es han­delt sich bei all die­sen Maß­nah­men letzt­lich für den Käu­fer er­kenn­bar um Mit­tel des Mar­ke­tings zur Stei­ge­rung des Ver­kaufs, die nicht ernst­haft den Ein­druck er­we­cken kön­nen, der Händ­ler sei Teil der Fahr­zeug­kon­zep­ti­on und -her­stel­lung oder ha­be hier­auf Ein­fluss. Die Be­klag­te steht viel­mehr, wie sie sub­stan­zi­iert aus­ge­führt hat, der Volks­wa­gen AG als ei­gen­stän­di­ge ju­ris­ti­sche Per­son ge­gen­über, die die mit dem Ab­satz der Wa­ren so­wie den markt­spe­zi­fi­schen In­ves­ti­tio­nen ver­bun­de­nen Ri­si­ken selbst trägt.

c) Die Volks­wa­gen AG ist mit­hin im Ver­hält­nis zur Be­klag­ten le­dig­lich Drit­te i. S. des § 123 II 1 BGB, wo­mit die Klä­ge­rin den Kauf­ver­trag nur dann an­fech­ten könn­te, wenn die Be­klag­te die (be­haup­te­te) Täu­schung der Volks­wa­gen AG kann­te oder ken­nen muss­te.

Ent­spre­chen­de Kennt­nis oder ein Ken­nen­müs­sen der Be­klag­ten hat die Klä­ge­rin je­doch nicht be­haup­tet. Viel­mehr hat sie be­reits in der Kla­ge­schrift aus­ge­führt, es nicht für fern­lie­gend zu hal­ten, dass kein ein­zi­ger Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten die (be­haup­te­te) arg­lis­ti­ge Täu­schung der Volks­wa­gen AG kann­te. Bei die­sem Vor­trag ist es im wei­te­ren Pro­zess­ver­lauf ge­blie­ben. Auch ist die Klä­ge­rin der Dar­stel­lung der Be­klag­ten, kei­ne An­halts­punk­te für den Ein­bau der streit­ge­gen­ständ­li­chen Soft­ware ge­habt und erst über die me­dia­le Be­richt­er­stat­tung im Sep­tem­ber 2015 von der The­ma­tik er­fah­ren zu ha­ben, nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten.

2. Da die Klä­ge­rin, wie in der münd­li­chen Ver­hand­lung noch ein­mal aus­drück­lich er­klärt, den gel­tend ge­mach­ten An­spruch aus­schließ­lich auf ei­ne An­fech­tung des Ver­tra­ges und nicht auf Ge­währ­leis­tungs­recht stützt, be­darf es auf­grund der kla­ren Po­si­tio­nie­rung der Klä­ge­rin kei­ner Über­le­gun­gen da­zu, ob die An­fech­tungs­er­klä­rung in ei­ne Rück­tritts­er­klä­rung um­ge­deu­tet wer­den könn­te (vgl. zur mög­li­chen Um­deu­tung BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, ju­ris Rn. 16).

Im Üb­ri­gen ist rein vor­sorg­lich hin­sicht­lich et­wai­ger Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che an­zu­mer­ken, dass die Klä­ge­rin – völ­lig stim­mig mit ih­rem recht­li­chen An­satz – zu de­ren Vor­aus­set­zun­gen nicht aus­rei­chend vor­ge­tra­gen hat. So­weit dem erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gen der Klä­ge­rin An­halts­punk­te für die Be­haup­tung ei­nes Sach­man­gels ent­nom­men wer­den könn­ten, fehlt es an Aus­füh­run­gen zu ei­nem Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen bzw. zu des­sen Ent­behr­lich­keit oder zur Un­zu­mut­bar­keit ei­ner Nach­er­fül­lung. Erst­mals in zwei­ter In­stanz wer­den Nach­tei­le des her­stel­ler­sei­tig an­ge­bo­te­nen Soft­ware­up­dates be­haup­tet, die in­so­weit re­le­vant wer­den könn­ten.

Mit die­sem Vor­brin­gen ist die Klä­ge­rin je­doch präk­lu­diert (§§ 530, 531 ZPO). Ein Aus­nah­me­fall, nach dem neu­er Vor­trag in zwei­ter In­stanz zu­zu­las­sen ist, liegt auch in­so­weit nicht vor. We­der sind An­halts­punk­te da­für ge­ge­ben, dass die Klä­ge­rin dar­an ge­hin­dert ge­we­sen wä­re, hier­zu be­reits in ers­ter In­stanz vor­zu­tra­gen; das Aus­spa­ren die­ses As­pek­tes ist viel­mehr Kon­se­quenz ih­rer recht­li­chen Ar­gu­men­ta­ti­on. Noch ist der neue Vor­trag un­strei­tig ge­wor­den. Die Be­klag­te ist dem neu­en Vor­brin­gen viel­mehr aus­drück­lich ent­ge­gen­ge­tre­ten und hat es auch als ver­spä­tet ge­rügt. Glei­ches gilt, so­weit erst­mals in zwei­ter In­stanz ein et­wai­ger Rechts­man­gel (feh­len­de Zu­las­sungs­fä­hig­keit, mög­li­cher­wei­se kei­ne gül­ti­ge Be­triebs­er­laub­nis) des Fahr­zeu­ges an­klingt. Auch mit die­sem – von der Be­klag­ten be­strit­te­nen – Vor­trag kann die Klä­ge­rin in zwei­ter In­stanz nicht mehr ge­hört wer­den.

3. Das Land­ge­richt hat auch zu­tref­fend ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch der Klä­ge­rin ver­neint.

a) Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen Ver­schul­dens bei Ver­trags­schluss ge­mäß §§ 311 II, 241 II, 280 I BGB schei­tert aus zwei­er­lei Grün­den.

aa) Zum ei­nen haf­tet der Ver­trags­part­ner nach die­sen Vor­schrif­ten nur, wenn ei­ne Pflicht­ver­let­zung vor­liegt, die er zu ver­tre­ten hat. Ei­ne ei­ge­ne Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten hat die Klä­ge­rin nicht be­haup­tet. Ei­ne et­wai­ge Pflicht­ver­let­zung der Volks­wa­gen AG ist, wie dar­ge­legt, nicht nach § 278 BGB der Be­klag­ten zu­zu­rech­nen.

bb) Zu­dem be­steht ei­ne Er­satz­pflicht aus vor­ver­trag­li­chem Schuld­ver­hält­nis in Fäl­len der Män­gel­haf­tung für den Käu­fer nur im Fal­le ei­nes arg­lis­ti­gen oder vor­sätz­li­chen Han­delns des Ver­käu­fers (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 311 Rn. 14 ff.). Dass die Be­klag­te arg­lis­tig oder vor­sätz­lich fal­sche An­ga­ben über den Stick­stoff­aus­stoß des streit­be­fan­ge­nen Fahr­zeugs bzw. der dies­be­züg­li­chen Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs ge­macht hät­te, hat die Klä­ge­rin, wie be­reits aus­ge­führt, nicht vor­ge­tra­gen. Sie hat nicht ein­mal ei­ne Kennt­nis der Be­klag­ten oder ih­rer Mit­ar­bei­ter von et­wai­gen Ma­ni­pu­la­tio­nen be­haup­tet. Ei­ne Zu­rech­nung er­folgt, wie be­reits wie­der­holt dar­ge­legt, auch in die­sem Fall nicht.

b) Die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs nach Ge­währ­leis­tungs­recht sind nicht aus­ge­führt. Es wird in­so­weit auf die Aus­füh­run­gen zu … Zif­fer 2 Be­zug ge­nom­men.

c) Schließ­lich schei­det auch ei­ne Haf­tung aus un­er­laub­ter Hand­lung aus. Ein in­so­weit be­acht­li­ches arg­lis­ti­ges, vor­sätz­li­ches oder fahr­läs­si­ges Han­deln oder Ver­schwie­gen der Be­klag­ten oder ih­rer Mit­ar­bei­ter ist nicht be­haup­tet.

Ei­ne de­lik­ti­sche Haf­tung der Be­klag­ten nach § 831 BGB für ein Fehl­ver­hal­ten des Ver­rich­tungs­ge­hil­fen ist nach dem Sach- und Streit­stand nicht be­grün­det. Die Stel­lung ei­nes Ver­rich­tungs­ge­hil­fen er­langt, wem ei­ne Tä­tig­keit von ei­nem an­de­ren über­tra­gen wor­den ist, un­ter des­sen Ein­fluss er all­ge­mein oder im kon­kre­ten Fall han­delt und zu dem er in ei­ner ge­wis­sen Ab­hän­gig­keit steht. Ent­schei­dend ist, dass die Tä­tig­keit in ei­ner or­ga­ni­sa­to­risch ab­hän­gi­gen Stel­lung vor­ge­nom­men wird (BGH, Urt. v. 06.11.2012 – VI ZR 174/11, NJW 2013, 1002 Rn. 15; Pa­landt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 831 Rn. 5). Dass die Volks­wa­gen AG nach Maß­ga­be des­sen nicht als Ver­rich­tungs­ge­hil­fe der Be­klag­ten be­trach­tet wer­den kann, ist auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung des klä­ge­ri­schen Vor­tra­ges au­gen­fäl­lig und be­darf kei­ner wei­te­ren Aus­füh­run­gen. …

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