1. Ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ner Neu­wa­gen ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB man­gel­haft. Die in der Lie­fe­rung des man­gel­haf­ten Fahr­zeugs lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung des Ver­käu­fers ist schon des­halb nicht i. S. des § 323 V 2 BGB un­er­heb­lich, weil der Käu­fer be­fürch­ten muss, dass die Be­triebs­er­laub­nis des Fahr­zeugs er­lischt, wenn es nicht um­ge­rüs­tet wird.
  2. Ei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs von über ei­nem Mo­nat ist an­ge­mes­sen. Zwar ist vom VW-Ab­gas­skan­dal ei­ne Viel­zahl von Fahr­zeu­gen be­trof­fen und ist in die tech­ni­sche Über­ar­bei­tung der be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge das Kraft­fahrt-Bun­des­amt in­vol­viert. Die­se Be­son­der­hei­ten wir­ken sich je­doch nicht zu­las­ten des Käu­fers aus, son­dern sind Fol­ge des um­fang­rei­chen Ein­sat­zes ei­ner Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware.
  3. Die vor­sätz­li­che Lie­fe­rung ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen und des­halb man­gel­haf­ten Fahr­zeugs ist ei­ne sit­ten­wid­ri­ge Schä­di­gung. Die Volks­wa­gen AG kann dem Käu­fer ei­nes sol­chen Fahr­zeugs des­halb ge­mäß § 826 BGB i. V. mit § 31 BGB zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­tet sein. Sie trifft in­so­weit ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last zu der Fra­ge, wann wel­che ih­rer Mit­ar­bei­ter den Ein­satz der Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware be­schlos­sen ha­ben und wann ihr Vor­stand vom Ein­satz der Soft­ware in­for­miert wur­de (im An­schluss an LG Hil­des­heim, Urt. v. 17.01.2017 – 3 O 139/16).

LG Karls­ru­he, Ur­teil vom 22.03.2017 – 4 O 118/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von der Be­klag­ten zu 1, ei­ner VW-Ver­trags­händ­le­rin, auf­grund ei­ner Be­stel­lung vom 12.11.2012 ei­nen VW Pas­sat Va­ri­ant 2.0 TDI BMT High­li­ne zum Preis von 37.355 €. Das von der Be­klag­ten zu 2, der Volks­wa­gen AG, pro­du­zier­te Fahr­zeug wur­de ihm am 03.01.2013 über­ge­ben.

Der – vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ne – VW Pas­sat ist mit ei­nem EA189-Die­sel­mo­tor und ei­ner Soft­ware aus­ge­stat­tet, die er­kennt, ob das Fahr­zeug im re­gu­lä­ren Stra­ßen­ver­kehr be­trie­ben oder ob es ei­nem Emis­si­ons­test un­ter­zo­gen wird. Im re­gu­lä­ren Fahr­be­trieb über­schrei­tet der tat­säch­li­che Schad­stoff­aus­stoß des Pkw die durch die Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 vor­ge­ge­be­nen Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wer­te; be­fin­det sich das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand, wer­den die Grenz­wer­te da­ge­gen ein­ge­hal­ten.

Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt hat ge­gen­über der Volks­wa­gen AG den Rück­ruf der vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge und die Ent­fer­nung der Soft­ware an­ge­ord­net.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 15.02.2016 er­klär­te der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten zu 1 die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung, hilfs­wei­se den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Wei­ter hilfs­wei­se setz­te er der Be­klag­ten zu 1 ei­ne Frist zur Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs bis zum 28.03.2016. Ei­ne Er­satz­lie­fe­rung er­folg­te nicht.

Der Klä­ger hält sein Fahr­zeug für man­gel­haft und be­haup­tet, es sei mit ei­ner il­le­ga­len Ab­schalt­ein­rich­tung ver­se­hen, die – wä­re sie be­kannt ge­we­sen – ei­ner Zu­las­sung des Fahr­zeugs zum Stra­ßen­ver­kehr ent­ge­gen­ge­stan­den hät­te. Ei­ne Nach­bes­se­rung sei un­mög­lich, weil Maß­nah­men zur Sen­kung der Stick­oxid­emis­sio­nen zu ei­nem hö­he­ren Kraft­stoff­ver­brauch und ei­ner ver­rin­ger­ten Mo­tor­leis­tung führ­ten; sie könn­ten au­ßer­dem die Le­bens­dau­er des Par­ti­kel­fil­ters oder des Mo­tors ver­kür­zen. Dar­über hin­aus ver­blei­be, wür­den die von der Volks­wa­gen AG vor­ge­se­he­nen Maß­nah­men durch­ge­führt, we­gen der hö­he­ren Scha­den­s­an­fäl­lig­keit des Fahr­zeugs ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert. Schon jetzt sei ei­ne Wert­min­de­rung ein­ge­tre­ten, weil der VW Pas­sat vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen sei. Das Fahr­zeug sei ge­ne­rell na­he­zu und in der Schweiz gänz­lich un­ver­käuf­lich. Die Be­klag­te zu 2 – so meint der Klä­ger – haf­te aus un­er­laub­ter Hand­lung, weil hoch­ran­gi­ge Füh­rungs­per­sön­lich­kei­ten über die Ma­ni­pu­la­tio­nen in­for­miert ge­we­sen sei­en und die­se an­ge­ord­net und ge­bil­ligt hät­ten. Auch der Vor­stand der Be­klag­ten zu 2 sei dar­an be­tei­ligt ge­we­sen.

Die Kla­ge hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: A. Zur Be­klag­ten zu 1

I. Zur Rück­ab­wick­lung

1. Dem Klä­ger steht kein An­spruch aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB ge­gen­über der Be­klag­ten zu 1 zu, denn er hat be­reits nicht hin­rei­chend dar­ge­tan, dass die Ge­schäfts­füh­rung der Be­klag­ten zu 1 Kennt­nis von der Soft­ware zum Er­ken­nen der Prüf­si­tua­ti­on bei der Ab­gas­mes­sung hat­te.

2. Dem Klä­ger steht des Wei­te­ren kein Rück­ge­währan­spruch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB i. V. mit §§ 123, 142 I BGB zu, denn die Ge­schäfts­füh­rung der Be­klag­ten zu 1 hat man­gels nach­ge­wie­se­ner Kennt­nis nicht über die Soft­ware ge­täuscht. Ei­ne Kennt­nis von Mit­ar­bei­tern der Be­klag­ten zu 2 ist der Be­klag­ten zu 1 nicht zu­zu­rech­nen, weil die Be­klag­te zu 2 Drit­ter i. S. des § 123 II BGB ist und da­her die Täu­schung nur dann zu­zu­rech­nen ist, wenn die Ge­schäfts­füh­rung der Be­klag­ten zu 1 die­se kann­te oder ken­nen muss­te. Hier­für hat der Klä­ger in­des nichts Sub­stan­zi­ier­tes dar­ge­tan.

3. Dem Klä­ger steht der gel­tend ge­mach­te Rück­ge­währan­spruch aus §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 440, 323, 326 V, 346 I BGB zu.

Nach die­sen Be­stim­mun­gen kann der Käu­fer – mit der Fol­ge, dass der Kauf­preis ge­mäß § 346 I BGB zu­rück­zu­er­stat­ten ist – vom Kauf­ver­trag zu­rück­tre­ten, wenn die Kauf­sa­che bei Über­ga­be ei­nen Man­gel hat­te und er dem Ver­käu­fer ver­geb­lich ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Be­sei­ti­gung des Man­gels (Nach­er­fül­lung) ge­setzt hat­te oder ei­ne Frist hier­zu ent­behr­lich war.

a) Das Fahr­zeug ist man­gel­haft.

Ein Kauf­ge­gen­stand ist dann man­gel­haft, wenn er – wie hier – bei Ge­fahr­über­gang kei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).

Die in dem Fahr­zeug ein­ge­bau­te Soft­ware, die zwi­schen dem nor­ma­len Fahr­be­trieb und dem Prüf­be­trieb un­ter­schei­det, be­grün­det ei­nen Man­gel des Fahr­zeugs. Das Ge­richt schließt sich in­so­weit dem Ur­teil des LG Ha­gen vom 18.10.2016 – 3 O 66/16 – an. Das Land­ge­richt hat aus­ge­führt:

„Nach – so­weit er­sicht­lich – ein­hel­li­ger Auf­fas­sung der zum so­ge­nann­ten VW-Ab­gas­skan­dal ver­öf­fent­li­chen Recht­spre­chung ent­spricht je­den­falls ein Neu­fahr­zeug nicht schon dann der üb­li­chen und be­rech­tig­ter­wei­se von ei­nem Käu­fer zu er­war­ten­den Be­schaf­fen­heit, wenn es tech­nisch si­cher und fahr­be­reit ist und über al­le Ge­neh­mi­gun­gen ver­fügt. Viel­mehr stellt die In­stal­la­ti­on ei­ner Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware, wel­che die kor­rek­te Mes­sung der Stick­oxid­wer­te ver­hin­dert und im Prüf­be­trieb nied­ri­ge Aus­stoß­men­gen vor­täuscht, als sie im Fahr­be­trieb ent­ste­hen, ei­ne ne­ga­ti­ve Ab­wei­chung von der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit ver­gleich­ba­rer Fahr­zeu­ge dar (…).

[N]ach dem un­strei­ti­gen Vor­brin­gen muss der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw ein Up­date er­hal­ten, mit dem – zu­min­dest nach An­sicht des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes – erst die Vor­schrifts­mä­ßig­keit des Fahr­zeugs her­ge­stellt wird.

Schon das Vor­han­den­sein ei­ner Um­schalt­lo­gik, wel­che auf dem Prüf­stand in den NOX-op­ti­mier­ten Mo­dus 1 (mit ei­ner er­höh­ten Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te) und im nor­ma­len Fahr­be­trieb in ei­nen Mo­dus 0 (mit re­du­zier­ter Ab­gas­rück­füh­rung) schal­tet, ent­täuscht be­rech­tig­te Er­war­tung des Kun­den an die üb­li­che Be­schaf­fen­heit von Fahr­zeu­gen ver­gleich­ba­rer Art. Denn nur bei in We­sent­li­chem iden­ti­scher Funk­ti­on der Mo­tor­steue­rung wird ge­währ­leis­tet, dass die Ab­gas- und Ver­brauchs­wer­te, die nicht mit de­nen des rea­len Fahr­be­triebs über­ein­stim­men müs­sen, in ei­ner ge­wis­sen Kor­re­la­ti­on zu­ein­an­der ste­hen. Nur bei tech­nisch ein­heit­li­cher Mo­tor­steue­rung auf dem Prüf­stand und im Fahr­be­trieb las­sen die im Prüf­be­trieb er­mit­tel­ten Wer­te ei­ne Aus­sa­ge über den rea­len Fahr­be­trieb so­wie ei­nen Ver­gleich zu an­de­ren Fahr­zeu­gen zu und er­lau­ben nied­ri­ge Wer­te im Prüf­stand Rück­schlüs­se des Käu­fers auf nied­ri­ge Wer­te im rea­len Fahr­be­trieb (…).“

Dies ent­spricht nicht den Er­war­tun­gen des Kun­den. Das Ge­richt schließt sich da­her der Auf­fas­sung an, dass das Fahr­zeug man­gel­haft war.

b) Die von Klä­ger­sei­te ge­setz­te Frist zur Man­gel­be­sei­ti­gung ist ab­ge­lau­fen.

Bei der Be­ur­tei­lung, ob ei­ne vom Käu­fer zur Nach­er­fül­lung be­stimm­te Frist an­ge­mes­sen ist, sind al­le Um­stän­de des Ein­zel­falls zu be­rück­sich­ti­gen (BGH, Urt. v. 13.07.2016 – VI­II ZR 49/15). Die hier ge­setz­te Frist von über ei­nem Mo­nat ist an­ge­mes­sen. Dass von Be­klag­ten­sei­te auf­grund der not­wen­di­gen Zu­las­sung durch das Kraft­fahrt-Bun­des­amt und der Viel­zahl der be­trof­fe­nen Fahr­zeug­ty­pen zeit­nah kei­ne In­stal­la­ti­on des Up­dates mög­lich war, geht nicht zu­las­ten des Klä­gers, son­dern ist Fol­ge des um­fang­rei­chen Ein­sat­zes der un­zu­läs­si­gen Soft­ware. Dies kann der Ver­käu­fer nicht ent­las­ten.

c) Oh­ne Er­folg macht die Be­klag­te zu 1 gel­tend, dass der Rück­tritt we­gen Un­er­heb­lich­keit (§ 323 V 2 BGB) aus­ge­schlos­sen sei. Ei­nem sol­chen Aus­schluss steht be­reits ent­ge­gen, dass das Fahr­zeug ins­ge­samt man­gel­haft ist und dass der Klä­ger be­fürch­ten muss, dass die Be­triebs­er­laub­nis des Fahr­zeugs er­lischt, wenn es nicht nach­ge­rüs­tet wird.

d) Die Be­klag­te zu 1 ist da­her auf­grund des Rück­tritts des Klä­gers zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ver­pflich­tet.

Dem ge­gen­über ste­hen An­sprü­che der Be­klag­ten zu 1 auf Nut­zungs­er­satz für den Ge­brauch des Fahr­zeugs (§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB). Der Klä­ger ist mit dem Fahr­zeug cir­ca 80.000 km ge­fah­ren. Das Ge­richt schätzt (§ 287 ZPO) den Wert der durch den Ge­brauch ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen ge­mäß der Ent­schei­dung des BGH vom 26.06.1991 – VI­II ZR 198/90 – (vgl. auch OLG Karls­ru­he, Urt. v. 07.03.2003 – 14 U 154/01) bei ei­ner Ge­samt­lauf­stre­cke von 300.000 km auf 940 €. …

II. Zum An­nah­me­ver­zug

Die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs hat ih­re Grund­la­ge in §§ 293, 295 BGB. Da die Be­klag­te zu 1 die Rück­nah­me des Fahr­zeugs ver­wei­gert, ge­nügt ein wört­li­ches An­ge­bot des Klä­gers auf Rück­ga­be des Fahr­zeugs. Die­ses An­ge­bot ist spä­tes­tens im Zug-um-Zug-An­trag er­klärt wor­den.

III. Zu den vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten

In­so­weit war die Kla­ge hin­sicht­lich der Be­klag­ten zu 1 ab­zu­wei­sen. Zwar kön­nen die zur Durch­set­zung der Rück­ge­währan­sprü­che er­for­der­li­chen Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten ge­mäß § 280 I BGB Ge­gen­stand ei­nes ver­trag­li­chen Scha­dens­er­satz­an­spruchs sein (BGH, Urt. v. 30.04.1986 – VI­II ZR 112/85), denn die Be­klag­te zu 1 hat durch die Lie­fe­rung des man­gel­be­haf­te­ten Fahr­zeugs ih­re ver­trag­li­chen Pflich­ten ver­letzt. Die Be­klag­te zu 1 hat dies aber nicht ver­schul­det. Die Be­klag­te zu 1 war über den Ein­satz der Soft­ware nicht in­for­miert und konn­te die­se auch nicht er­ken­nen. Ent­spre­chen­des be­haup­tet auch der Klä­ger nicht.

Ein Ver­zug der Be­klag­ten zu 1 lag zum Zeit­punkt der vor­ge­richt­li­chen Be­auf­tra­gung der Klä­ger­ver­tre­ter nicht vor.

B. Zur Be­klag­ten zu 2

Die Be­klag­te zu 2 ist dem Klä­ger zum Scha­den­er­satz ge­mäß § 826 BGB ver­pflich­tet.

I. Zur Rück­ab­wick­lung

1. Der Ein­bau der Soft­ware zur un­ter­schied­li­chen Steue­rung der Ab­gas­an­la­ge im Prüf- und Echt­be­trieb be­dingt – wie aus­ge­führt – ei­nen Man­gel des Fahr­zeugs. Die be­wuss­te Lie­fe­rung ei­nes man­gel­haf­ten Fahr­zeugs ist ei­ne sit­ten­wid­ri­ge Schä­di­gung. Sit­ten­wid­rig ist ein Ver­hal­ten, das nach sei­nem Ge­samt­cha­rak­ter, der durch um­fas­sen­de Wür­di­gung von In­halt, Be­weg­grund und Zweck zu er­mit­teln ist, ge­gen das An­stands­ge­fühl al­ler bil­lig und ge­recht Den­ken­den ver­stößt. Da­für ge­nügt es im All­ge­mei­nen nicht, dass der Han­deln­de ei­ne Pflicht ver­letzt und ei­nen Ver­mö­gens­scha­den her­vor­ruft. Viel­mehr muss ei­ne be­son­de­re Ver­werf­lich­keit sei­nes Ver­hal­tens hin­zu­tre­ten, die sich aus dem ver­folg­ten Ziel, den ein­ge­setz­ten Mit­teln, der zu­ta­ge ge­tre­te­nen Ge­sin­nung oder den ein­ge­tre­te­nen Fol­gen er­ge­ben kann (BGH, Urt. v. 15.10.2013 – VI ZR 124/12 Rn. 8; Urt. v. 28.06.2016 – VI ZR 536/15 Rn. 16). Die In­stal­la­ti­on der Soft­ware er­folg­te mit dem Ziel, die Käu­fer zu täu­schen und durch den Ab­satz der Fahr­zeu­ge Ge­winn zu er­wirt­schaf­ten. Die­se Form des Ge­winn­stre­bens be­grün­det die be­son­de­re Ver­werf­lich­keit.

2. Die Be­klag­te zu 2 haf­tet auch, da die Schä­di­gung auf die Bil­li­gung des Ein­baus der Soft­ware durch die ver­fas­sungs­mä­ßig be­ru­fe­nen Ver­tre­ter (da­zu BGH, Urt. v. 28.06.2016 – VI ZR 536/15) zu­rück­zu­füh­ren ist. Der Klä­ger hat vor­ge­tra­gen, dass die Füh­rungs­ebe­ne der Be­klag­ten bis hin zum Vor­stand von dem Ein­satz der rechts­wid­ri­gen Soft­ware Kennt­nis hat­te. Dem ist die Be­klag­te zu 2 nicht hin­rei­chend ent­ge­gen­ge­tre­ten. Das Ge­richt schließt sich in­so­weit der Auf­fas­sung des LG Hil­des­heim (Urt. v. 17.01.2017 – 3 O 139/16) an, nach der die Be­klag­te zu 2 im Rah­men ih­rer se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last dar­zu­tun hat, wann wel­che Mit­ar­bei­ter den Ein­satz der Soft­ware be­schlos­sen ha­ben und wann der Vor­stand hier­über in­for­miert wur­de. Hin­rei­chen­den Vor­trag zu die­ser – in der münd­li­chen Ver­hand­lung er­ör­ter­ten – Fra­ge hat die Be­klag­te nicht vor­ge­bracht.

Es gilt in­so­weit so­dann die Ver­mu­tung des auf­klä­rungs­rich­ti­gen Ver­hal­tens, nach der der Klä­ger vom Kauf des Fahr­zeugs ab­ge­se­hen hät­te, wenn er über den Ein­satz der Soft­ware in­for­miert wor­den wä­re. Oh­ne Er­folg macht die Be­klag­te zu 2 gel­tend, dass dies für den Scha­den­stoff­aus­stoß nicht von Be­deu­tung sei, denn die Täu­schung er­folg­te über den Ein­satz der Soft­ware und die dar­aus re­sul­tie­ren­de Man­gel­haf­tig­keit.

3. Der Klä­ger ist im Rah­men des Scha­den­er­satz­an­spruchs so zu stel­len, wie er oh­ne den ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag ge­stan­den hät­te. Dem­entspre­chend sind die ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter als Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Ab­zug zu brin­gen. Das Ge­richt geht beim Die­sel­fahr­zeug von ei­ner Fahr­leis­tung von 300.000 km aus, so­dass 8/30 des Kauf­prei­ses in Ab­zug zu brin­gen sind.

4. Die Kla­ge war ab­zu­wei­sen, so­weit der Klä­ger Zin­sen für den Zeit­raum bis zum 28.02.2016 be­gehrt, denn ein ent­spre­chen­der Zins­an­spruch er­gibt sich aus § 826 BGB nicht. Oh­ne Er­folg macht der Klä­ger gel­tend, dass sich ein ent­spre­chen­der An­spruch aus § 849 BGB er­ge­be. Die­se Vor­schrift ord­net die Ver­zin­sung für den Fall der Ent­zie­hung oder Be­schä­di­gung ei­ner Sa­che an. Dies ist bei der Lie­fe­rung ei­ner man­gel­haf­ten Sa­che nicht der Fall.

II. Zum An­nah­me­ver­zug

Da im Rah­men der Rück­ab­wick­lung das Fahr­zeug zu­rück­zu­ge­wäh­ren ist, war auch hier der An­nah­me­ver­zug fest­zu­stel­len.

III. Zu den vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten

Teil des Scha­den­er­satz­an­spruchs sind auch die vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten der Par­tei. Der Frei­stel­lungs­an­spruch ist aber nur in Hö­he des be­rech­tig­ten An­spruchs ge­recht­fer­tigt. Bei ent­spre­chen­der zeitra­tier­li­cher Auf­tei­lung der zum Zeit­punkt der münd­li­chen Ver­hand­lung ge­fah­re­nen 80.000 km er­gibt sich für den Zeit­punkt des Schrift­sat­zes vom 15.02.2016 ei­ne Fahr­leis­tung von cir­ca 60.000 km. Da­mit er­gibt sich ein Scha­dens­er­satz­an­spruch von 240/300 von 37.255 €, mit­hin 29.804 €. Da­mit er­rech­net sich ei­ne an­walt­li­che nicht an­re­chen­ba­re Ver­gü­tung von ei­ner 0,65-fa­chen Ge­schäfts­ge­bühr zu­züg­lich 20 € Aus­la­gen­pau­scha­le und Um­satz­steu­er in Hö­he von 691,33 €.

Ein Frei­stel­lungs­an­spruch ist nicht zu ver­zin­sen (BGH, Urt. v. 29.06.1994 – IV ZR 229/93). …

Hin­weis: Die­ses Ur­teil hat mir freund­li­cher­wei­se der Kol­le­ge Dr. Ralf StollDr. Stoll & Sau­er Rechts­an­walts­ge­sell­schaft mbH – zu­kom­men las­sen, der es für den Klä­ger erstrit­ten hat.

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