1. Von ei­nem ge­werb­li­chen Kfz-Händ­ler kann nicht in je­dem Fall er­war­tet wer­den, dass er ein ge­brauch­tes Fahr­zeug beim An­kauf auf Un­fall­schä­den un­ter­sucht. Viel­mehr darf sich der Händ­ler re­gel­mä­ßig dar­auf be­schrän­ken, das Fahr­zeug ei­ner Sicht­prü­fung zu un­ter­zie­hen, wie sie im Kfz-Han­del beim An­kauf ei­nes Fahr­zeugs all­ge­mein üb­lich ist und die sich an den An­ga­ben des Ver­käu­fers zum Zu­stand des Fahr­zeugs zu ori­en­tie­ren hat. Ei­ne Ob­lie­gen­heit, das Fahr­zeug wei­ter­ge­hend zu un­ter­su­chen, trifft den Händ­ler nur aus­nahms­wei­se, näm­lich wenn die Sicht­prü­fung ei­nen Un­fall­scha­den na­he­legt oder sonst kon­kre­te An­halts­punk­te für ei­nen Un­fall­scha­den vor­lie­gen.
  2. Er­klärt ein pri­va­ter Ver­käu­fer ge­gen­über ei­nem ge­werb­li­chen Kfz-Händ­ler un­ein­ge­schränkt, das dem Händ­ler zum Kauf an­ge­bo­te­ne Fahr­zeug sei un­fall­frei, so kann die­se Er­klä­rung ein­schrän­kend da­hin aus­zu­le­gen sein, dass das Fahr­zeug wäh­rend sei­ner Be­sitz­zeit kei­nen Un­fall er­lit­ten ha­be.

OLG Saar­brü­cken, Ur­teil vom 06.07.2016 – 2 U 54/15

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin, die ge­werb­lich mit Kraft­fahr­zeu­gen han­delt, er­warb von dem Be­klag­ten mit schrift­li­chem Kauf­ver­trag („An­kauf­schein“) vom 12.01.2015 für 7.900 € ei­nen im März 2013 erst­zu­ge­las­se­nen Da­cia San­de­ro. Der Kauf­ver­trag wur­de ge­schlos­sen, als der bei der Klä­ge­rin ge­ring­fü­gig be­schäf­tig­te G das Fahr­zeug bei dem Be­klag­ten, der es über die In­ter­net­platt­form „mobile.​de“ zum Kauf an­ge­bo­ten hat­te, ab­hol­te. In dem von der Klä­ge­rin vor­ge­ge­be­nen Ver­trags­for­mu­lar ist un­ter „Wei­te­re Ex­tras“ un­ter an­de­rem hand­schrift­lich ein­ge­tra­gen: „un­fall­frei, Be­schrei­bung wie bei mo­bi­le“. Wei­ter un­ten fin­det sich der vor­for­mu­lier­te Satz: „Der An­kauf/Ein­tausch be­ruht auf dem zum Zeit­punkt des An­kaufs ak­tu­el­len Zu­stand des Fahr­zeugs.“ In sei­ner In­ter­net­an­zei­ge hat­te der Be­klag­te das Fahr­zeug als „un­fall­frei“ be­schrie­ben und die Lauf­leis­tung mit 29.800 km an­ge­ge­ben; im Kauf­ver­trag ist dem­ge­gen­über ei­ne Lauf­leis­tung von 33.600 km fest­ge­hal­ten.

Ein von der Klä­ge­rin kurz nach dem Kauf be­auf­trag­ter Kfz-Sach­ver­stän­di­ger stell­te an dem Fahr­zeug ei­nen er­heb­li­chen und nicht fach­ge­recht in­stand ge­setz­ten Un­fall­scha­den im Front­be­reich fest. Hier­auf ge­stützt trat die Klä­ge­rin mit An­walts­schrei­ben vom 20.01.2015 vom Kauf­ver­trag zu­rück und for­der­te den Be­klag­ten – ver­geb­lich – zur Rück­nah­me des Fahr­zeugs auf.

Mit ih­rer auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ge­rich­te­ten Kla­ge macht die Klä­ge­rin au­ßer­dem Gut­ach­ter­kos­ten in Hö­he von 531,99 € so­wie vor­ge­richt­li­che An­walts­kos­ten in Hö­he von 729,23 € gel­tend.

Das Land­ge­richt (LG Saar­brü­cken, Urt. v. 03.08.2015 – 12 O 102/15) hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Es hat ei­nen Sach­man­gel des von der Klä­ge­rin er­wor­be­nen Fahr­zeugs dar­in ge­se­hen, dass die­ses Fahr­zeug vor dem Ver­kauf an die Klä­ge­rin ei­nen er­heb­li­chen Un­fall­scha­den er­lit­ten ha­be. Dar­aus re­sul­tie­ren­de Ge­währ­leis­tungs­rech­te sei­en in­des we­gen grob fahr­läs­si­ger Un­kennt­nis des Man­gels ge­mäß § 442 I 2 BGB aus­ge­schlos­sen, weil die Klä­ge­rin – die sich nicht auf den feh­len­den Sach­ver­stand des G be­ru­fen kön­ne – das Fahr­zeug vor dem Kauf nicht nä­her un­ter­sucht ha­be. Durch die Be­zeich­nung des Fahr­zeugs als un­fall­frei sei we­der ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung des In­halts zu­stan­de ge­kom­men, ,dass das Fahr­zeug vor der Be­sitz­zeit des Be­klag­ten kei­nen Un­fall er­lit­ten ha­be, noch ha­be der Be­klag­te in­so­weit ei­ne Be­schaf­fen­heits­ga­ran­tie über­nom­men. Dass das Fahr­zeug wäh­rend der kur­zen Nut­zungs­zeit des Be­klag­ten ei­nen Un­fall er­lit­ten ha­be, sei nicht nach­ge­wie­sen. Eben­so we­nig ste­he fest, dass der Be­klag­te bei Ab­schluss des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags Kennt­nis von dem Un­fall­scha­den ge­habt ha­be.

Die da­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: B. … I. Der mit der Kla­ge gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs ge­mäß § 346 I BGB i. V. mit § 437 Nr. 2, §§ 440, 323 BGB steht der Klä­ge­rin nicht zu.

1. Nach den Fest­stel­lun­gen des Land­ge­richts, das für ein – in der Ver­trags­ur­kun­de nicht an­deu­tungs­wei­se an­klin­gen­des – Han­deln des Be­klag­ten als Ver­tre­ter sei­ner Mut­ter kei­ne An­halts­punk­te ge­se­hen hat, ist die­ser durch den mit der Klä­ge­rin, ver­tre­ten durch den Zeu­gen G, ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag per­sön­lich ver­pflich­tet wor­den. Recht­li­che Be­den­ken hier­ge­gen er­ge­ben sich nicht und wer­den zweit­in­stanz­lich von kei­ner Par­tei vor­ge­bracht.

2. Eben­falls zu Recht hat das Land­ge­richt ei­nen Sach­man­gel des Fahr­zeugs an­ge­nom­men.

a) Da­zu kann da­hin­ste­hen, ob der Sa­che im Hin­blick auf die in dem Kauf­ver­trag ent­hal­te­ne An­ga­be, das Fahr­zeug sei un­fall­frei, ei­ne ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit i. S. des § 434 I 1 BGB fehlt (da­zu BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VI­II ZR 117/12, NJW 2013, 1733, 1734), was das Land­ge­richt mit der Be­grün­dung ver­neint hat, ei­ne et­wai­ge Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung be­zö­ge sich nach den Um­stän­den nur auf die – durch die Klä­ge­rin nicht wi­der­leg­te – Un­fall­frei­heit wäh­rend der kur­zen Be­sitz­zeit des Be­klag­ten, nicht aber auf den da­vor lie­gen­den Zeit­raum, weil der Be­klag­te in­so­weit er­kenn­bar le­dig­lich sein von dem Vor­be­sit­zer er­lang­tes Wis­sen wei­ter­ge­ge­ben ha­be.

Der Sach­man­gel er­gibt sich – wie das Land­ge­richt zu­tref­fend er­kannt hat – je­den­falls aus § 434 I 2 BGB. Da­nach ist die Kauf­sa­che, so­weit die Be­schaf­fen­heit nicht ver­ein­bart ist, frei von Sach­män­geln, wenn sie sich für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung eig­net (Nr. 1), sonst wenn sie sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann (Nr. 2). Zu­min­dest die zu­letzt ge­nann­te Vor­aus­set­zung für die Man­gel­frei­heit ist hier nicht er­füllt.

b) Nach der Recht­spre­chung des BGH kann der Käu­fer auch beim Kauf ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs, wenn kei­ne be­son­de­ren Um­stän­de vor­lie­gen, i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­war­ten, dass das Fahr­zeug kei­nen Un­fall er­lit­ten hat, bei dem es zu mehr als „Ba­ga­tell­schä­den“ ge­kom­men ist. „Ba­ga­tell­schä­den“ in die­sem Sin­ne sind bei Per­so­nen­kraft­wa­gen nur ganz ge­ring­fü­gi­ge, äu­ße­re (Lack-)Schä­den, nicht da­ge­gen an­de­re (Blech-)Schä­den, auch wenn sie kei­ne wei­ter­ge­hen­den Fol­gen hat­ten und der Re­pa­ra­tur­auf­wand ge­ring war; ob das Fahr­zeug nach dem Un­fall fach­ge­recht re­pa­riert wor­den ist, ist nicht von Be­deu­tung (BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517, 1518; Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53, 54).

c) Nach dem von der Klä­ge­rin ein­ge­hol­ten Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S, des­sen In­halt von dem Be­klag­ten nicht in­fra­ge ge­stellt wird, hat das Fahr­zeug im Front­be­reich ei­nen er­heb­li­chen Un­fall­scha­den an der Ka­ros­se­rie er­lit­ten, der an­schlie­ßend nur un­fach­män­nisch re­pa­riert wor­den ist und zu des­sen Be­sei­ti­gung Kos­ten von 9.481,40 € zu­züg­lich Mehr­wert­steu­er an­fal­len wür­den. Das geht weit über ei­nen Ba­ga­tell­scha­den hin­aus und be­grün­det so­mit ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB.

d) So­weit das Land­ge­richt fest­ge­stellt hat, dass der Un­fall­scha­den be­reits zum maß­geb­li­chen Zeit­punkt der Über­ga­be (§ 446 Satz 1 BGB) vor­lag, un­ter­liegt dies in dem Be­ru­fungs­ver­fah­ren kei­nen Be­an­stan­dun­gen. Das Land­ge­richt konn­te sich hier­bei zum ei­nen auf die Aus­sa­ge des Zeu­gen G stüt­zen, der an­ge­ge­ben hat, auf der Fahrt vom Wohn­ort des Be­klag­ten zum Be­trieb der Klä­ge­rin kei­nen Un­fall er­lit­ten zu ha­ben, zum an­de­ren auch auf den en­gen zeit­li­chen Zu­sam­men­hang zwi­schen dem am 12.01.2015 ab­ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag und dem be­reits mit Schrei­ben vom 20.01.2015 er­klär­ten Rück­tritt.

3. Die Klä­ge­rin ist al­ler­dings ge­mäß § 442 I 2 BGB mit ih­ren Ge­währ­leis­tungs­rech­ten aus­ge­schlos­sen, weil ihr der Man­gel in­fol­ge gro­ber Fahr­läs­sig­keit un­be­kannt ge­blie­ben ist.

a) Gro­be Fahr­läs­sig­keit setzt ei­nen ob­jek­tiv schwer­wie­gen­den und sub­jek­tiv nicht ent­schuld­ba­ren Ver­stoß ge­gen die An­for­de­run­gen der im Ver­kehr er­for­der­li­chen Sorg­falt vor­aus (BGH, Urt. v. 22.09.2011 – III ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111, 112). Dem Käu­fer kann es im All­ge­mei­nen nicht als Sorg­falts­ver­stoß an­ge­las­tet wer­den, wenn er sich auf die An­ga­ben des Ver­käu­fers zum Kauf­ge­gen­stand ver­lässt und des­halb kei­ne ei­ge­nen Nach­for­schun­gen an­stellt (BGH, Urt. v. 20.02.2013 – VI­II ZR 40/12, ju­ris Rn. 15). Ei­ne Ob­lie­gen­heit des Käu­fers, den Kauf­ge­gen­stand vor dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags auf et­wai­ge Män­gel zu un­ter­su­chen, um sich sei­ne Ge­währ­leis­tungs­rech­te zu er­hal­ten, wird durch § 442 I 2 BGB nicht be­grün­det (vgl. Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2013, § 442 Rn. 25 m. w. Nachw.).

b) Von ei­nem ge­werb­li­chen Au­to­händ­ler wie der Klä­ge­rin kann dem­ge­mäß nicht in je­dem Fall er­war­tet wer­den, beim An­kauf ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs die­ses zu­nächst auf mög­li­che Un­fall­schä­den zu un­ter­su­chen. Hier­zu ist er auch bei ei­nem an­schlie­ßen­den Wei­ter­ver­kauf des Fahr­zeugs, vor dem er grund­sätz­lich nur ei­ne fach­män­ni­sche äu­ße­re Be­sich­ti­gung („Sicht­prü­fung“) vor­zu­neh­men hat, da­mit er sei­ner Auf­klä­rungs­pflicht ge­gen­über dem Käu­fer hin­sicht­lich et­wai­ger Un­fall­schä­den nach­kom­men kann, nicht ver­pflich­tet (vgl. BGH, Urt. v. 19.06.2013 – VI­II ZR 183/12, NJW 2014, 211, 212 m. w. Nachw.). Für den An­kauf kön­nen dann im Aus­gangs­punkt kei­ne stren­ge­ren An­for­de­run­gen gel­ten. Der Händ­ler kann sich da­her re­gel­mä­ßig dar­auf be­schrän­ken, das Fahr­zeug ei­ner – im Kfz-Han­del bei der Her­ein­nah­me ei­nes Fahr­zeugs zu­dem all­ge­mein üb­li­chen – Sicht­prü­fung zu un­ter­zie­hen, die sich an den An­ga­ben des Ver­käu­fers zum Zu­stand des Fahr­zeugs zu ori­en­tie­ren hat (vgl. OLG Schles­wig, Urt. v. 04.11.2005 – 4 U 46/05, MDR 2006, 629). Auf die­se darf er al­ler­dings auch dann nicht ver­zich­ten, wenn der Ver­käu­fer das Fahr­zeug als un­fall­frei be­schrie­ben hat, will er sich nicht dem ei­ne gro­be Fahr­läs­sig­keit be­grün­den­den Vor­wurf aus­set­zen, er ha­be über ins Au­ge sprin­gen­de Auf­fäl­lig­kei­ten hin­weg­ge­se­hen, wel­che in ei­nem of­fen­sicht­li­chen Wi­der­spruch zu der be­haup­te­ten Un­fall­frei­heit ste­hen. Ei­ne wei­ter­ge­hen­de Un­ter­su­chungs­ob­lie­gen­heit trifft den Händ­ler da­ge­gen nur aus­nahms­wei­se, wenn die Sicht­prü­fung ei­nen Un­fall­vor­scha­den na­he­legt und/oder der Händ­ler auf­grund sons­ti­ger Er­kennt­nis­se kon­kre­te An­halts­punk­te da­für be­sitzt, dass die An­ga­ben des Ver­käu­fers falsch oder zu­min­dest frag­wür­dig sind (vgl. Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 12. Aufl., Rn. 3932).

c) Im Streit­fall lie­fer­te schon der äu­ße­re An­schein des Fahr­zeugs deut­li­che Hin­wei­se auf ei­nen nicht fach­ge­recht be­sei­tig­ten Un­fall­scha­den. Aus den Fo­to­gra­fi­en, wel­che dem Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S bei­ge­fügt wa­ren, geht un­ter an­de­rem ei­ne Spalt­maß­ver­en­gung an der Mo­tor­hau­be her­vor (Fo­tos Nr. 5 und Nr. 6), au­ßer­dem sind ein deut­lich sicht­ba­rer Ebe­nen­ver­satz im Be­reich des vor­de­ren Kot­flü­gels (Nr. 7 und Nr. 8), ei­ne De­po­si­tio­nie­rung der vor­de­ren Rad­lauf­blen­den (Nr. 8 und Nr. 11), ein Riss in der Stoß­fän­ger­zier­leis­te (Nr. 10) so­wie über das ge­sam­te Fahr­zeug ver­teil­te Ein­del­lun­gen und Ver­for­mun­gen (Nrn. 17, 19, 24, 38–40) do­ku­men­tiert. Dies al­les hät­te ei­nem fach­kun­di­gen Be­trach­ter bei ei­ner Sicht­prü­fung, die sich ins­be­son­de­re auch auf ei­ne Über­prü­fung der Spalt­ma­ße zu er­stre­cken hat (vgl. OLG Karls­ru­he, Beschl. v. 25.10.2010 – 4 U 71/09, NJW-RR 2011, 1070, 1072), oh­ne Wei­te­res auf­fal­len und An­lass für kri­ti­sche Nach­fra­gen zu der an­geb­li­chen Un­fall­frei­heit und ge­ge­be­nen­falls für ei­ne nä­he­re Un­ter­su­chung ge­ben müs­sen.

Dass der Zeu­ge G die Auf­fäl­lig­kei­ten an der Ka­ros­se­rie nach ei­ge­nen An­ga­ben nicht be­merkt hat und auf­grund sei­ner feh­len­den Fach­kun­de – der Zeu­ge ist Me­di­zi­ner im Ru­he­stand und wur­de im Rah­men ei­ner ge­ring­fü­gi­gen Be­schäf­ti­gung für die Klä­ge­rin tä­tig – wohl nicht in der La­ge ge­we­sen wä­re, wei­te­re Un­ter­su­chun­gen, et­wa der Lack­schicht­di­cke oder des Fahr­zeug­un­ter­bo­dens, durch­zu­füh­ren, be­trifft aus­schließ­lich die Ri­si­ko­sphä­re der Klä­ge­rin und ist da­her un­er­heb­lich. Die Klä­ge­rin hat durch die Be­auf­tra­gung des Zeu­gen mit dem An­kauf und der Ab­ho­lung ei­nes im In­ter­net an­ge­bo­te­nen Ge­braucht­fahr­zeugs am Wohn­sitz des Ver­käu­fers be­wusst dar­auf ver­zich­tet, die­ses vor dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags zu­nächst in ih­rem Be­trieb durch ei­nen fach­kun­di­gen Mit­ar­bei­ter in Au­gen­schein zu neh­men. Der an sie an­zu­le­gen­de Sorg­falts­maß­stab ei­nes durch­schnitt­li­chen ge­werb­li­chen Kfz-Händ­lers wird durch die Ein­schal­tung ei­nes Er­fül­lungs­ge­hil­fen oh­ne die er­for­der­li­che fach­li­che Qua­li­fi­ka­ti­on nicht her­ab­ge­setzt (vgl. BGH, Urt. v. 15.12.1959 – VI ZR 222/58, BGHZ 31, 358, 367), wie be­reits das Land­ge­richt zu­tref­fend aus­ge­führt hat.

Un­er­heb­lich ist fer­ner der Ein­wand der Klä­ge­rin, auch ihr Ge­schäfts­füh­rer hät­te die von dem Sach­ver­stän­di­gen S fest­ge­stell­ten Män­gel mög­li­cher­wei­se nicht er­kannt. Die vor­ge­leg­ten Fo­to­gra­fi­en aus dem Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten le­gen das Ge­gen­teil na­he. Im Üb­ri­gen hat die Klä­ge­rin be­reits un­mit­tel­bar, nach­dem der Zeu­ge G das Fahr­zeug bei ihr ab­ge­lie­fert hat­te, An­lass da­für ge­se­hen, die­ses durch ei­nen Sach­ver­stän­di­gen be­gut­ach­ten zu las­sen. Das ist man­gels an­de­rer An­halts­punk­te nur da­mit er­klär­bar, dass sie schon auf­grund ei­ner blo­ßen In­au­gen­schein­nah­me den Ver­dacht ei­nes Un­fall­scha­dens hat­te.

4. Nach § 442 I 2 Halb­satz 2 BGB scha­det dem Käu­fer al­ler­dings auch ei­ne grob fahr­läs­si­ge Man­ge­lun­kennt­nis nicht, wenn der Ver­käu­fer ent­we­der den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen oder ei­ne Ga­ran­tie für die Be­schaf­fen­heit der Sa­che über­nom­men hat. Bei­des war hier nicht der Fall.

a) Das Land­ge­richt legt die An­ga­be in dem Kauf­ver­trag, das Fahr­zeug sei un­fall­frei, un­ter Be­ru­fung auf ei­ne in der Recht­spre­chung (OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 16.04.1992 – 13 U 206/91, VersR 1993, 1027, 1028 [zur Zu­si­che­rung nach al­tem Recht]; LG Mün­chen I, Urt. v. 02.10.2003 – 32 O 11282/03, DAR 2004, 276, 277; AG Hom­burg, Urt. v. 19.12.2003 – 4 C 250/02, ZfS 2004, 411; an­ders OLG Bran­den­burg, Urt. v. 26.06.2008 – 12 U 236/07, ju­ris; LG Karls­ru­he, Urt. v. 01.02.2005 – 8 O 614/04, NJW-RR 2005, 1368) ver­tre­te­ne Auf­fas­sung ein­schrän­kend da­hin ge­hend aus, dass der Be­klag­te je­den­falls für die Zeit vor sei­nem Be­sit­zer­werb er­kenn­bar kei­ne Be­schaf­fen­heits­ga­ran­tie, was die Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs be­trifft, ha­be über­neh­men wol­len. Dem ver­mag der Se­nat zu­min­dest un­ter den Be­son­der­hei­ten des Streit­falls zu fol­gen, auch wenn der Be­klag­te sei­ne Er­klä­rung nicht mit ei­ner Ein­schrän­kung (z. B. „un­fall­frei lt. Vor­be­sit­zer“, vgl. da­zu BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517 f.) ver­se­hen hat.

aa) Die Über­nah­me ei­ner Ga­ran­tie setzt vor­aus, dass der Ver­käu­fer in ver­trags­mä­ßig bin­den­der Wei­se die Ge­währ für das Vor­han­den­sein der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit der Kauf­sa­che über­nimmt und da­mit sei­ne Be­reit­schaft zu er­ken­nen gibt, für al­le Fol­gen des Feh­lens die­ser Be­schaf­fen­heit ein­zu­ste­hen (BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86, 92). Ob ei­ne be­stimm­te An­ga­be des Käu­fers ei­ne Be­schaf­fen­heits­ga­ran­tie (§ 444 Fall 2 BGB) dar­stellt, ist un­ter Be­rück­sich­ti­gung der beim Ab­schluss ei­nes Kauf­ver­trags ty­pi­scher­wei­se ge­ge­be­nen In­ter­es­sen­la­ge zu be­ant­wor­ten. Da­bei ist grund­sätz­lich da­nach zu un­ter­schei­den, ob der Ver­käu­fer ein Ge­braucht­wa­gen­händ­ler oder ei­ne Pri­vat­per­son ist. Han­delt es sich bei dem Ver­käu­fer um ei­nen Ge­braucht­wa­gen­händ­ler, so ist die In­ter­es­sen­la­ge ty­pi­scher­wei­se da­durch ge­kenn­zeich­net, dass der Käu­fer sich auf die be­son­de­re, ihm in al­ler Re­gel feh­len­de Er­fah­rung und Sach­kun­de des Händ­lers ver­lässt. Er darf da­her dar­auf ver­trau­en, dass der Händ­ler für Er­klä­run­gen zur Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs, die er in Kennt­nis die­ses Um­stands ab­gibt, die Rich­tig­keits­ge­währ über­nimmt. Die­se Er­wä­gung trifft auf den pri­va­ten Ver­kauf in der Re­gel nicht zu. Hier steht viel­mehr dem In­ter­es­se des Käu­fers gleich­ge­wich­tig das In­ter­es­se des Ver­käu­fers ge­gen­über, für nicht mehr als das­je­ni­ge ein­ste­hen zu müs­sen, was er nach sei­ner lai­en­haf­ten Kennt­nis zu be­ur­tei­len ver­mag (BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86, 93 f. [{zur An­ga­be der Lauf­leis­tung ei­nes Ge­braucht­fahr­zeugs]).

bb) Die­se In­ter­es­sen­la­ge ist auch bei der Aus­le­gung der Er­klä­rung des Be­klag­ten zu der Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs zu be­rück­sich­ti­gen. Ei­ne Be­ur­tei­lung, ob das Fahr­zeug vor sei­ner Be­sitz­zeit ei­nen Un­fall er­lit­ten hat­te, war dem Be­klag­ten als Pri­vat­per­son aus ei­ge­ner Wahr­neh­mung nicht mög­lich. Im Ge­gen­satz da­zu ver­füg­te die Klä­ge­rin als ge­werb­li­che Händ­le­rin über ei­ne un­gleich grö­ße­re Sach­kun­de, das Fahr­zeug als Un­fall­fahr­zeug zu iden­ti­fi­zie­ren. Sie konn­te da­her bei ver­stän­di­ger Wür­di­gung nicht oh­ne Wei­te­res an­neh­men, der Be­klag­te wol­le für die Rich­tig­keit sei­ner Er­klä­rung un­ter al­len Um­stän­den ga­ran­tie­mä­ßig ein­ste­hen und ge­ge­be­nen­falls auch oh­ne Ver­schul­den auf Scha­dens­er­satz haf­ten. Ei­ner aus­drück­li­chen Klar­stel­lung durch den Be­klag­ten, für ei­nen wäh­rend der Be­sitz­zeit des oder der Vor­be­sit­zer statt­ge­fun­de­nen Un­fall nicht ein­ste­hen zu wol­len, be­durf­te es da­zu nicht (vgl. auch BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86, 94). Die­se Ein­schrän­kung ist der be­son­de­ren Kon­stel­la­ti­on des Ver­kaufs von pri­vat an ei­nen Ge­braucht­wa­gen­händ­ler grund­sätz­lich im­ma­nent. Dass der Be­klag­te au­ßer­halb der Ver­trags­ur­kun­de, et­wa im Ge­spräch mit dem Zeu­gen G oder bei dem von der Klä­ge­rin be­haup­te­ten Kon­takt mit ih­rem Ge­schäfts­füh­rer im Vor­feld des Ab­ho­lungs­ter­mins, sei­nen un­be­ding­ten Ein­stands­wil­len auch für die Zeit vor sei­nem Er­werb mit hin­rei­chen­der Deut­lich­keit zum Aus­druck ge­bracht hat, wird nicht kon­kret dar­ge­legt und hat sich auch bei der erst­in­stanz­li­chen Be­weis­auf­nah­me nicht er­ge­ben. Eben­so we­nig lässt die Be­schrei­bung des Fahr­zeugs als un­fall­frei in den In­ter­net­an­zei­gen auf die Über­nah­me ei­ner Be­schaf­fen­heits­ga­ran­tie schlie­ßen (vgl. auch KG, Urt. v. 26.08.2004 – 12 U 172/03, NJW-RR 2005, 60, 61 f.).

cc) Ob der Be­klag­te je­den­falls ei­ne Ga­ran­tie für die Un­fall­frei­heit wäh­rend sei­ner ei­ge­nen Be­sitz­zeit über­nom­men hat, be­darf kei­ner nä­he­ren Er­ör­te­rung. Das Land­ge­richt hat nicht fest­zu­stel­len ver­mocht, dass der un­fach­män­nisch re­pa­rier­te Un­fall­scha­den in die­sem Zeit­raum auf­ge­tre­ten ist. Das wird mit der Be­ru­fung nicht an­ge­grif­fen und geht zu­las­ten der Klä­ge­rin, die für das Vor­lie­gen ei­ner der in § 442 I 2 Halb­satz 2 BGB ge­nann­ten Aus­nah­men be­weis­be­las­tet ist (vgl. Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 75. Aufl., § 442 Rn. 6).

b) Auch ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen des Un­fall­scha­dens durch den Be­klag­ten lässt sich nicht fest­stel­len. Das Land­ge­richt ist mit aus­führ­li­chen und in je­der Hin­sicht über­zeu­gen­den Er­wä­gun­gen, auf die Be­zug ge­nom­men wird, zu dem Er­geb­nis ge­langt, dass ei­ne Kennt­nis des Be­klag­ten von dem Un­fall­scha­den nicht nach­ge­wie­sen wer­den kann. Da­ge­gen wird mit der Be­ru­fung nichts Er­heb­li­ches ein­ge­wen­det. Soll­te der Be­klag­te, wie die Klä­ge­rin un­ter Hin­weis auf die Ki­lo­me­ter­an­ga­ben in der In­ter­net­an­zei­ge (29.800) und dem Kauf­ver­trag (33.600) gel­tend macht, in sei­ner kur­zen Be­sitz­zeit mehr als 3.000 Ki­lo­me­ter mit dem Fahr­zeug zu­rück­ge­legt ha­ben, wür­de das für sich ge­nom­men noch nicht da­für spre­chen, dass ihm der nicht fach­män­nisch re­pa­rier­te Un­fall­scha­den auf­ge­fal­len ist. Das gilt um­so mehr, als sich die Klä­ge­rin selbst – wenn­gleich ver­geb­lich (s. oben) – dar­auf be­ruft, der Vor­scha­den sei auch für ei­nen Fach­mann nicht oh­ne Wei­te­res er­kenn­bar ge­we­sen.

Nicht ent­schei­dend wä­re fer­ner, falls der Be­klag­te, der bei sei­ner erst­in­stanz­li­chen An­hö­rung an­ge­ge­ben hat, das – mit bel­gi­schen Zu­las­sungs­pa­pie­ren aus­ge­stat­te­te – Fahr­zeug in Ru­mä­ni­en ge­kauft zu ha­ben, die­sen Um­stand bei dem Ver­kauf nicht of­fen­bart ha­ben soll­te, wie der Zeu­ge G aus­ge­sagt hat. Hier­aus al­lein könn­te noch nicht ge­schlos­sen wer­den, dass der Be­klag­te ei­nen Un­fall zu­min­dest für mög­lich ge­hal­ten hat.

Ei­ne Arg­list kann schließ­lich auch nicht da­mit be­grün­det wer­den, der Be­klag­te ha­be die Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs oh­ne hin­rei­chen­de Tat­sa­chen­grund­la­ge „ins Blaue hin­ein“ be­haup­tet (da­zu all­ge­mein BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, NJW 2006, 2839, 2840; Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 75. Aufl., § 123 Rn. 11; je­weils m. w. Nachw.). Dem steht ent­ge­gen, dass sich sei­ne dies­be­züg­li­che ver­trag­li­che Er­klä­rung nach dem ob­jek­ti­ven Emp­fän­ger­ho­ri­zont nur auf sei­ne ei­ge­ne Be­sitz­zeit be­zog.

II. Man­gels Pflicht­ver­let­zung des Be­klag­ten ist auch der wei­ter­hin gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Er­stat­tung der vor­ge­richt­li­chen Gut­ach­ter- und An­walts­kos­ten nicht be­grün­det. Eben­so we­nig kommt die Fest­stel­lung in Be­tracht, dass sich der Be­klag­te mit der Rück­nah­me des Fahr­zeugs in An­nah­me­ver­zug be­fin­det. …

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