Ein Gebrauchtwagen, der unter Hinweis auf eine noch bestehende Herstellergarantie verkauft wird, ist nicht deshalb sachmangelhaft, weil eine Herstellergarantie tatsächlich nicht mehr besteht.

OLG München, Urteil vom 13.05.2015 – 21 U 4559/14
(nachfolgend: BGH, Urteil vom 15.06.2016 – VIII ZR 134/15)

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der beklagten Kfz-Händlerin mit Kaufvertrag vom 06.07.2013 einen gebrauchten Audi TT RS Coupé. Dieses Fahrzeug hatte die Beklagte von K in Zahlung genommen und anschließend mit dem Hinweis angeboten, dass noch eine Herstellergarantie bestehe („inklusive Audi-Anschlussgarantie bis 11/2014“). Tatsächlich war die Herstellergarantie bereits erloschen, weil K – was die Beklagte nicht wusste – das Fahrzeug einem Tuning unterzogen und die Tuningmaßnahmen vor Inzahlungabe des Fahrzeugs rückgängig gemacht hatte.

Das Landgericht hat die auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass das Fahrzeug des Klägers nicht mangelhaft sei und dem Kläger auch kein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte zustehe.

Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Das OLG München hat sie durch Beschluss gemäß § 522 II ZPO zurückgewiesen, nachdem es mit Beschluss vom 18.03.2015 auf diese Absicht hingewiesen hatte.

Aus den Gründen: B. Die Voraussetzungen einer endgültigen Behandlung nach § 522 II ZPO liegen … weiterhin vor: Vor allem hat die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (vgl. § 522 II Nr. 1 ZPO).

Auf die Urteilsgründe des Landgerichts sowie insbesondere auf den oben genannten Hinweisbeschluss des Senats wird ausdrücklich Bezug genommen (vgl. § 522 II 3 BGB). Die Ausführungen im Schriftsatz des Klägervertreters vom 01.04.2015, insbesondere zur Norm des § 434 I 3 BGB, führen aus Sicht des Senats zu keiner abweichenden Bewertung der Rechtslage. Der Senat geht weiterhin davon aus, dass der Sachmangelbegriff nach § 434 BGB durch Einführung von § 434 I 3 BGB nicht dergestalt erweitert wurde, dass jegliche Erwartungshaltung des Käufers aufgrund bestimmter Prospektangaben, losgelöst vom Beschaffenheits- bzw. Eigenschaftsbegriff, dem Gewährleistungsrecht unterfallen soll.

Das vom Senat bereits im Hinweisbeschluss zitierte Urteil des OLG München vom 10.04.2013 – 20 U 4749/12, NJW-RR 2013, 1526 – bestätigt – entgegen dem klägerischen Einwand – auch diese Auffassung. So heißt es dort in den Gründen:

„Denn die Erwartungshaltung in § 434 I 2 Nr. 2 BGB wird durch das bestimmt, was der Käufer ‚nach der Art der Sache‘ erwarten kann, während sie in § 434 I 3 BGB durch das bestimmt ist, was der Käufer aufgrund bestimmter Prospektangaben erwarten kann. Enthält die jeweilige Prospektangabe also nicht eine Beschränkung auf die übliche Beschaffenheit und den Stand der Technik, so wird gemäß § 434 I 3 BGB die geschuldete Beschaffeneheit über die übliche Beschaffenheit des § 434 I 2 Nr. 2 BGB angehoben. Die Soll-Beschaffenheit wird dann um Eigenschaften erweitert, die an sich nicht zur üblichen Beschaffenheit gehören.“

Folglich wird zwar der Erwartungshorizont eines Käufers durch das „Medium“ Prospekt oder allgemein durch öffentliche Äußerungen hinsichtlich des Umfangs der Beschaffenheit des Kaufobjekts erweitert, aber der Bezugspunkt der Erwartungshaltung bleibt weiterhin ein Beschaffenheitsmerkmal im rechtstechnischen Sinne des Sachmangelbegriffs nach § 434 (I 2) BGB. „Beschaffenheit“ ist danach jede Eigenschaft und jeder der Sache anhaftende tatsächliche, wirtschaftliche oder rechtliche Umstand, die/der dem Kaufgegenstand selbst unmittelbar innewohnt oder von ihm ausgeht. Entsprechend ging es auch bei dem zitierten Urteil des 20. Senats um eine technische Eigenheit des Autos („Smart-Key-System“: schlüsselloses Öffnen/Verschließen der Türen und Starten des Motors per Start-Stop-Knopf).

Die hier streitgegenständliche Herstellergarantie fällt nicht darunter …

Hinweis: Der BGH hat diese Entscheidung auf die Revision des Klägers hin aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG München zurückverwiesen (s. BGH, Urteil vom 15.06.2016 – VIII ZR 134/15

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