1. Bei der Prü­fung, ob ein i. S. von § 323 V 2 BGB ge­ring­fü­gi­ger Man­gel vor­liegt, ist ei­ne auf die Um­stän­de des Ein­zel­falls be­zo­ge­ne Ab­wä­gung der In­ter­es­sen der Ver­trags­part­ner vor­zu­neh­men. Ob ei­ne er­heb­li­che oder nur ei­ne un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung vor­liegt, be­stimmt sich bei ei­nem Man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB nach ob­jek­ti­ven Ge­sichts­punk­ten, ins­be­son­de­re nach dem ob­jek­ti­ven Aus­maß der Qua­li­täts­ab­wei­chung und der sich dar­aus er­ge­ben­den Be­ein­träch­ti­gung des Äqui­va­lenzin­ter­es­ses des Käu­fers. Die nach frü­he­rem Kauf­recht (al­lein) maß­ge­ben­den Kri­te­ri­en der Wert­min­de­rung und der Ge­brauchs­stö­rung (§ 459 I 2 BGB a.F.) sind für ei­ne Kon­kre­ti­sie­rung des Merk­mals der Un­er­heb­lich­keit vor­ran­gig her­an­zu­zie­hen.
  2. Bei ei­nem Neu­fahr­zeug ist die Gren­ze von ei­nem un­er­heb­li­chen zu ei­nem er­heb­li­chen Man­gel eher über­schrit­ten als bei ei­nem ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeug. Dies gilt ins­be­son­de­re mit Blick auf ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf den Fahr­kom­fort. Wenn ein Neu­wa­gen­käu­fer durch die Be­stel­lung be­stimm­ter, er­fah­rungs­ge­mäß kost­spie­li­ger Son­der­aus­stat­tun­gen den Ba­sis­fahr­kom­fort in­di­vi­du­ell stei­gern woll­te, dann muss – auch nach der Ver­kehrs­an­schau­ung – ein tech­nisch be­ding­ter Aus­fall die­ses „Ex­tras“ ei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung er­fah­ren als im Fall des Kaufs ei­nes ge­brauch­ten, be­reits kom­plett aus­ge­stat­te­ten Fahr­zeugs. Auch bei der ge­bo­te­nen ob­jek­ti­ven Be­trach­tungs­wei­se ist ei­nem Neu­fahr­zeug­käu­fer in die­ser Hin­sicht ein ge­rin­ge­res Maß an ne­ga­ti­ven Aus­wir­kun­gen zu­zu­mu­ten.
  3. Ob die ver­trag­lich ver­ein­bar­te, hilfs­wei­se die ge­wöhn­li­che Ge­brauchs­taug­lich­keit und/oder der Wert des Kauf­ob­jekts er­heb­lich be­ein­träch­tigt sind, kann bei ei­nem be­heb­ba­ren Man­gel auch, aber nicht aus­schließ­lich an­hand des Um­fangs und der Kos­ten der Män­gel­be­sei­ti­gung be­ur­teilt wer­den. Bei ei­ner man­gel­haf­ten Son­der­aus­stat­tung er­scheint es zu­dem sinn­voll, auf die Re­la­ti­on zwi­schen Ge­samt­kauf­preis und dem Preis für das „Ex­tra“ ab­zu­stel­len.

OLG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 08.01.2007 – I-1 U 177/06

Sach­ver­halt: Der Klä­ger nimmt das be­klag­te Au­to­haus auf Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ei­nen neu­en Pkw in An­spruch. Der Streit der Par­tei­en be­trifft in ers­ter Li­nie die Fra­ge, ob der Aus­fall der Lenk­rad­fern­be­die­nung ein er­heb­li­cher, den vom Klä­ger er­klär­ten Rück­tritt recht­fer­ti­gen­der Man­gel ist.

Ge­mäß ver­bind­li­cher Be­stel­lung vom 30.09.2004 kauf­te der Klä­ger von der Be­klag­ten ei­nen neu­en Opel zum Preis von 31.563 €. In der Lis­te „Fahr­zeug-Son­der­aus­stat­tung“ ist un­ter an­de­rem – oh­ne Ein­zel­preis­an­ga­be – ei­ne Lenk­rad­fern­be­die­nung für ein eben­falls als Son­der­zu­be­hör be­stell­tes Ra­dio auf­ge­führt. Da die Lenk­rad­fern­be­die­nung von An­fang an nicht rich­tig funk­tio­nier­te, such­te der Klä­ger wie­der­holt die Be­klag­te auf. Als es die­ser trotz drei­er Ver­su­che nicht ge­lang, die Stö­rung nach­hal­tig zu be­sei­ti­gen, er­klär­te der Klä­ger mit An­walts­schrei­ben vom 20.05.2005 die „Wand­lung“ des Kauf­ver­trags.

Im ers­ten Rechts­zug hat der Klä­ger zu­letzt Zah­lung von 25.160,33 € Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Pkw ver­langt und die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs be­gehrt. Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es im We­sent­li­chen aus­ge­führt, dass die Fehl­funk­ti­on der Lenk­rad­fern­be­die­nung zwar ei­nen Sach­man­gel dar­stel­le. In­so­weit sei ein Rück­tritt je­doch aus­ge­schlos­sen, weil die in dem Sach­man­gel lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB sei. Da­ge­gen wen­det sich der Klä­ger mit sei­ner Be­ru­fung. Er ver­folgt sein erst­in­stanz­li­ches Kla­ge­ziel im Grund­satz wei­ter. Das Rechs­mit­tel hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Das Land­ge­richt hat die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen.

Der Klä­ger kann nicht vom Kauf ge­mäß § 437 Nr.2 BGB i. V. mit § 323 I BGB zu­rück­tre­ten. Denn der Rück­tritt ist, wie das Land­ge­richt rich­tig ent­schie­den hat, nach § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen. Nach die­ser Vor­schrift kann der Gläu­bi­ger im Fall ver­trags­wid­ri­ger Leis­tung vom Ver­trag nicht zu­rück­tre­ten, wenn die Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich ist. Das ist hier mit dem Land­ge­richt nach den ge­sam­ten Um­stän­den des Falls fest­zu­stel­len.

1. Al­ler­dings ent­hal­ten we­der das BGB (hier: § 323 BGB) noch die EU-Kauf­rechts­richt­li­nie 1999/44 (hier: Art. 3 VI) nä­he­re Kri­te­ri­en für die Be­stim­mung der Un­er­heb­lich­keit. Auch in der na­tio­na­len kauf­recht­li­chen Recht­spre­chung zum mo­der­ni­sier­ten Schuld­recht ha­ben sich noch kei­ne all­ge­mein an­er­kann­ten Grund­sät­ze her­aus­ge­bil­det, an­hand de­rer sich er­heb­li­che von un­er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zun­gen (Sach­män­geln) si­cher und nach­voll­zieh­bar ab­gren­zen las­sen.

a) Der BGH hat in ei­ner Ent­schei­dung vom 14.09.2005 (Urt. v. 14.09.2005 – VI­II ZR 363/04, NJW 2005, 3490) of­fen­ge­las­sen, ob für die Fra­ge der Er­heb­lich­keit ei­nes – wie hier – be­heb­ba­ren Man­gels stets auf die Kos­ten der Män­gel­be­sei­ti­gung ab­zu­stel­len ist, und bei wel­chem Pro­zent­satz vom Kauf­preis oder vom Wert der Sa­che in man­gel­frei­em Zu­stand die Gren­ze zur Er­heb­lich­keit zu zie­hen ist. Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten von nur knapp 1 % des Kauf­prei­ses lie­gen nach die­ser Ent­schei­dung ein­deu­tig un­ter­halb der Ba­ga­tell­gren­ze.

Bei Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten von 2.500 € und ei­nem Kauf­preis von rund 84.000 € (für ei­ne Ei­gen­tums­woh­nung) hat der V. Zi­vil­se­nat des BGH un­ent­schie­den ge­las­sen, ob da­mit die Gren­ze zur Er­heb­lich­keit über­schrit­ten ist (Urt. v. 24.03.2006 – V ZR 173/05, NJW 2006, 1960 = DAR 2006, 448 m. Anm. An­d­reae). Für den Fall, dass nach rein ob­jek­ti­ven Ge­sichts­punk­ten von ei­nem nur ge­ring­fü­gi­gen Man­gel/Pflicht­ver­let­zung aus­zu­ge­hen ist, hat der V. Zi­vil­se­nat mit Rück­sicht auf das arg­lis­ti­ge Ver­schwei­gen des Man­gels Er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung be­jaht.

Arg­list schei­det im Streit­fall als Ar­gu­ment für die Be­ja­hung von Er­heb­lich­keit von vorn­her­ein aus, eben­so Fahr­läs­sig­keit. Die Be­klag­te hat we­der den Man­gel als sol­chen noch das Fehl­schla­gen der Nach­bes­se­rung zu ver­tre­ten (§ 276 BGB). Al­lem An­schein nach fehl­te ihr aus Grün­den, die sie als Händ­le­rin nicht zu ver­tre­ten hat, das pas­sen­de Er­satz­teil, um den Feh­ler nach­hal­tig zu be­sei­ti­gen.

b) Wie in Fäl­len oh­ne Arg­list oder ei­nem min­der­schwe­ren Ver­schul­den ge­ring­fü­gi­ge Män­gel ei­nes Kraft­fahr­zeugs von er­heb­li­chen im Lich­te der EU-Kauf­rechts­richt­li­nie 1999/44 ab­zu­gren­zen sind, hat der ös­ter­rei­chi­sche OGH be­reits mehr­fach ent­schie­den. Bei ei­nem fa­brik­neu­en Pkw (Ta­ge­zu­las­sung) kön­ne nicht mehr von ei­nem nur ge­ring­fü­gi­gen Man­gel ge­spro­chen wer­den, wenn nach „Ver­bes­se­rungs­ver­su­chen“ Vi­bra­ti­ons­ge­räu­sche vom Ar­ma­tu­ren­brett aus­ge­hen, die lin­ke hin­te­re Tü­re schwer­gän­gig sei, bei ge­ra­der Lenk­rad­ein­stel­lung ei­ne Sei­ten­ab­wei­chung von zwei Me­tern auf ei­ner Stre­cke von hun­dert Me­tern ge­ge­ben sei, und die Stau­klap­pen im Kof­fer­raum au­ßer­ge­wöhn­lich gro­ße For­m­ab­wei­chun­gen auf­wei­sen (Urt. v. 28.09.2005 – 7 Ob 194/05p, ZVR 2006, 285). Dem­ge­gen­über hat der OGH in ei­ner frü­he­ren Ent­schei­dung – gleich­falls zum Neu­fahr­zeug­kauf – ei­nen Man­gel als nur ge­ring­fü­gig ein­ge­stuft, der in ei­nem Ge­räusch durch das (spo­ra­di­sche) Vi­brie­ren des Schalt­he­bels be­stan­den hat (Entsch. v. 24.05.2005 – 1 Ob 14/05y).

Eben­so wie der BGH (V. Zi­vil­se­nat, Urt. v. 24.03.2006 – V ZR 173/05, NJW 2006, 1960 = DAR 2006, 448) stellt der OGH das Re­gel-Aus­nah­me-Ver­hält­nis her­aus, das der „Ge­ring­fü­gig­keits­re­ge­lung“ zu­grun­de liegt. Auf die­sen Ge­sichts­punkt weist auch die Be­ru­fung zu Recht hin. Rück­tritt bzw. Wand­lung (Ös­ter­reich) sind in der Tat nur in Aus­nah­me­fäl­len aus­ge­schlos­sen. Grund­sätz­lich hat das Rück­ab­wick­lungs­in­ter­es­se des Käu­fers bei Man­gel­haf­tig­keit der Kauf­sa­che Vor­rang. Wie nicht zu­letzt aus § 441 I 2 BGB her­vor­geht, han­delt es sich bei der Re­ge­lung in § 323 V 2 BGB um ei­nen Aus­schluss­grund. Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last liegt beim Ver­käu­fer.

Nach ge­fes­tig­ter An­sicht des ös­ter­rei­chi­schen OGH ist bei der Prü­fung, ob ein ge­ring­fü­gi­ger Man­gel vor­liegt, ei­ne auf den kon­kre­ten Ver­trag bzw. die Um­stän­de des Ein­zel­falls be­zo­ge­ne Ab­wä­gung der In­ter­es­sen der Ver­trags­part­ner vor­zu­neh­men (ZVR 2006, 285 [287]). Dem stimmt der Se­nat zu. Ob ei­ne er­heb­li­che oder un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung vor­liegt, be­stimmt sich in ei­nem Fall der Man­gel­haf­tig­keit i. S. der ob­jek­ti­ven Kri­te­ri­en des § 434 I 2 Nr. 2 BGB nach ob­jek­ti­ven Ge­sichts­punk­ten, ins­be­son­de­re nach dem ob­jek­ti­ven Aus­maß der Qua­li­täts­ab­wei­chung und der sich dar­aus er­ge­ben­den Be­ein­träch­ti­gung des Äqui­va­lenzin­ter­es­ses des Käu­fers. Die nach dem frü­he­ren Kauf­recht (al­lein) maß­ge­ben­den Kri­te­ri­en der Wert­min­de­rung und der Ge­brauchs­stö­rung (§ 459 I 2 BGB a.F.) sind bei der Kon­kre­ti­sie­rung des Merk­mals der Un­er­heb­lich­keit vor­ran­gig her­an­zu­zie­hen.

2. Ge­mes­sen an die­sen Grund­sät­zen muss die Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen nach den ge­sam­ten Um­stän­den des Streit­fal­les zu­las­ten des Klä­gers aus­fal­len.

a) In tat­säch­li­cher Hin­sicht ist der Se­nat da­bei von Fol­gen­dem aus­ge­gan­gen: Die feh­ler­haf­te Lenk­rad­fern­be­die­nung ge­hört nicht zur se­ri­en­mä­ßi­gen Aus­stat­tung des Kauf­ob­jekts, son­dern ist Be­stand­teil der vom Klä­ger ge­wähl­ten Son­der­aus­stat­tung. Wie dem – nach Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung ein­ge­reich­ten – Aus­zug aus der Be­die­nungs­an­lei­tung … zu ent­neh­men ist, wer­den (in Ab­hän­gig­keit vom Fahr­zeug­typ) zwei un­ter­schied­li­che Ty­pen von Lenk­rad­fern­be­die­nun­gen ver­baut, näm­lich „Lenk­rad 1“ und „Lenk­rad 2“. Nach den farb­li­chen Mar­kie­run­gen in der Be­die­nungs­an­lei­tung zu ur­tei­len, kommt im Fall des Klä­gers der Typ 1 („Lenk­rad 1“) zum Zu­ge. Wie es … in der … Be­die­nungs­an­lei­tung heißt, kann über die Lenk­rad­fern­be­die­nung das In­fo­tain­ment-Sys­tem si­cher und be­quem, oh­ne ei­ne Hand vom Lenk­rad neh­men zu müs­sen, be­dient wer­den. Er­gän­zend heißt es da­zu …: „Zur Er­hö­hung der Fahr­si­cher­heit und zur Stei­ge­rung des Be­dien­kom­forts lässt sich das In­fo­tain­ment-Sys­tem be­quem über die Lenk­rad­t­as­ten be­die­nen“.

In der münd­li­chen Ver­hand­lung ist der Se­nat der Fra­ge nach­ge­gan­gen, wel­che Ein­zel­funk­tio­nen über die Lenk­rad­fern­be­die­nung ge­steu­ert wer­den kön­nen. Ei­nig­keit herrscht zwi­schen den Par­tei­en in­so­weit, als es nicht nur um die Ver­rin­ge­rung bzw. Er­hö­hung der Laut­stär­ke geht. Un­be­strit­ten ist an­de­rer­seits, dass das Au­to des Klä­gers nicht über ei­ne Mo­bile­pho­ne-Ein­rich­tung ver­fügt, so­dass ei­ne Stö­rung in die­sem Be­reich au­ßer Be­tracht zu blei­ben hat. Au­ßer der Laut­stär­ke­re­ge­lung (Ra­dio/CD) kann über die Lenk­rad­fern­be­die­nung zwi­schen Ra­dio- und CD-Wie­der­ga­be um­ge­schal­tet wer­den. Auch in­so­weit be­stand im Se­nats­ter­min Über­ein­stim­mung. Die vom Klä­ger nach­träg­lich vor­ge­leg­te Be­die­nungs­an­lei­tung be­stä­tigt auch im Üb­ri­gen, dass die Be­schrei­bung der Funk­tio­nen in den Schrift­sät­zen des Klä­gers zu­trifft. Hier­nach kön­nen nicht nur das Ra­dio und der CD-Play­er, son­dern auch der Bord­com­pu­ter und das Na­vi­ga­ti­ons­sys­tem vom Lenk­rad aus be­dient wer­den. Für ei­ne we­ni­ger weit­ge­hen­de Funk­ti­ons­wei­se hat die Be­klag­te nichts Kon­kre­tes vor­ge­tra­gen.

Was den Aus­fall der Ein­zel­funk­tio­nen an­geht, ist in tat­säch­li­cher Hin­sicht gleich­falls dem Klä­ger zu fol­gen. Da­nach tra­ten von An­fang an stän­dig Fehl­funk­tio­nen auf. Ein­ga­be­be­feh­le wur­den über­haupt nicht an­ge­nom­men. Es er­folg­ten un­ge­woll­te Um­schal­tun­gen, et­wa vom Na­vi­ga­ti­ons­mo­dus in den Ra­dio­be­trieb wie vom CD-Be­trieb in den Na­vi­ga­ti­ons­mo­dus. We­gen die­ser Fehl­funk­tio­nen war der Klä­ger un­strei­tig drei­mal in der Werk­statt der Be­klag­ten. Sämt­li­che Nach­bes­se­rungs­ver­su­che schlu­gen aus tech­ni­schen Grün­den fehl. Ob nach den ein­zel­nen Ver­su­chen – der letz­te war An­fang Ja­nu­ar 2005 – we­nigs­tens vor­über­ge­hend Bes­se­rung ein­ge­tre­ten war, kann der Se­nat nicht be­ur­tei­len. Nach der Dar­stel­lung der Be­klag­ten war die Funk­ti­on der Lenk­rad­fern­be­die­nung nur „zeit­wei­se“ feh­ler­haft. Zu­guns­ten des Klä­gers un­ter­stellt der Se­nat, dass die Fern­be­die­nung in den oben ge­nann­ten Funk­tio­nen bis zum Zeit­punkt des Rück­tritts­schrei­bens vom 20.01.2005 durch­gän­gig in der vom Klä­ger be­haup­te­ten Wei­se ge­stört war. Wie vie­le Ki­lo­me­ter der Klä­ger mit der feh­ler­haf­ten Lenk­rad­fern­be­die­nung zu­rück­ge­legt hat, kann der Se­nat an­hand der An­ga­ben des Klä­gers zur Be­rech­nung der Nut­zungs­ver­gü­tung ab­schät­zen. Bis zum 29.11.2005 will der Klä­ger 48.816 km ge­fah­ren sein. Das sind pro Mo­nat durch­schnitt­lich et­wa 3.500 km. Ei­ne sol­che Fahr­leis­tung ist über­durch­schnitt­lich hoch. So ge­se­hen ist es rich­tig, wenn der Klä­ger sich als „Viel­fah­rer“ be­zeich­net.

b) Un­ter Be­rück­sich­ti­gung all die­ser Um­stän­de stuft der Se­nat den vor­lie­gen­den Sach­man­gel in Über­ein­stim­mung mit dem Land­ge­richt als nur un­er­heb­lich ein.

aa) Ge­wiss wird man dem Fall nicht ge­recht, wenn man das Pro­blem mit der Be­klag­ten auf ein Kom­fort­pro­blem re­du­ziert. Die Lenk­rad­fern­be­die­nung, die der Klä­ger als Zu­satz­aus­stat­tung be­stellt hat, dient nicht nur der Er­hö­hung des Be­dien­kom­forts. In der Be­die­nungs­an­lei­tung wird aus­drück­lich auch die Stei­ge­rung der Fahr­si­cher­heit an­ge­spro­chen, wo­bei die­ser Ge­sichts­punkt so­gar an ers­ter Stel­le ge­nannt wird. Dar­an muss die Be­klag­te sich fest­hal­ten las­sen, auch wenn es nicht ih­re ei­ge­ne Dar­stel­lung ist (Rechts­ge­dan­ke des § 434 I 3 BGB).

Dass die Lenk­rad­fern­be­die­nung zur Er­hö­hung der Fahr­si­cher­heit bei­trägt, be­deu­tet nicht zwangs­läu­fig, dass ihr Aus­fall die Fahr­si­cher­heit spür­bar be­ein­träch­tigt. Glei­ches gilt für das Kri­te­ri­um Be­dien­kom­fort. Auch oh­ne in­tak­te Lenk­rad­fern­be­die­nung war der Klä­ger da­zu in der La­ge, sämt­li­che Funk­tio­nen, die über die Lenk­rad­fern­be­die­nung steu­er­bar wa­ren, an­der­wei­tig zu be­tä­ti­gen, bei­spiels­wei­se durch das Drü­cken oder Dre­hen des Mul­ti­funk­ti­ons­knopfs. Er stellt das zen­tra­le Be­dien­ele­ment des In­fo­tain­ment-Sys­tems dar, mit dem na­he­zu al­le Funk­tio­nen des Sys­tems über Me­nüs be­dient wer­den kön­nen.

Wäh­rend der ge­sam­ten Dau­er der Nut­zung ab Ok­to­ber 2004 bis zum Rück­tritts­schrei­ben vom 20.01.2005 war die Ver­kehrs­si­cher­heit des Fahr­zeugs in­fol­ge des hier in Re­de ste­hen­den Man­gels zu kei­nem Zeit­punkt be­ein­träch­tigt. Auch oh­ne Lenk­rad­fern­be­die­nung konn­te der Klä­ger sein Au­to ver­kehrs- und be­triebs­si­cher be­we­gen. In die­sem Sin­ne ist auch das Land­ge­richt zu ver­ste­hen, wenn es aus­führt, bei der Lenk­rad­fern­be­die­nung han­de­le es sich nicht um ein „un­mit­tel­bar si­cher­heits­re­le­van­tes Aus­stat­tungs­de­tail“. Mag sei­ne wei­te­re Ein­schät­zung, ein ge­wis­ser Ge­winn an Ver­kehrs­si­cher­heit sei nur „ein Ne­ben­ef­fekt“, mit der Dar­stel­lung in der Be­die­nungs­an­lei­tung nicht un­be­dingt ver­ein­bar sein, so sieht doch auch der Se­nat in ers­ter Li­nie den ver­trag­lich vor­aus­ge­setz­ten – er­höh­ten – Fahr­kom­fort (Be­dien­kom­fort) als be­ein­träch­tigt an.

Die­se Ein­bu­ße hat bei ob­jek­ti­ver Be­trach­tung nicht das Ge­wicht, um dem Klä­ger die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags zu­zu­bil­li­gen. Da­bei ver­kennt der Se­nat nicht, dass es sich hier um ei­nen Neu­wa­gen han­delt. Bei Fahr­zeu­gen die­ser Art … ist die Ba­ga­tell­gren­ze ten­den­zi­ell en­ger zu zie­hen als bei be­reits ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeu­gen. Dies gilt ins­be­son­de­re mit Blick auf ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf den Fahr­kom­fort. Wenn ein Neu­wa­gen­käu­fer durch die Be­stel­lung be­stimm­ter, er­fah­rungs­ge­mäß kost­spie­li­ger Son­der­aus­stat­tun­gen den Ba­sis­fahr­kom­fort in­di­vi­du­ell hat stei­gern wol­len, und ihm zu­dem ein Ge­winn an Fahr­si­cher­heit ver­spro­chen wird, dann muss – auch nach der Ver­kehrs­an­schau­ung – ein tech­nisch be­ding­ter Aus­fall die­ses „Ex­tras“ ei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung er­fah­ren als im Fall des Kaufs ei­nes ge­brauch­ten, be­reits kom­plett aus­ge­stat­te­ten Fahr­zeugs. Auch bei der ge­bo­te­nen ob­jek­ti­ven Be­trach­tungs­wei­se ist ei­nem Neu­fahr­zeug­käu­fer in die­ser Hin­sicht ein ge­rin­ge­res Maß an ne­ga­ti­ven Aus­wir­kun­gen zu­zu­mu­ten, die Gren­ze zur Er­heb­lich­keit al­so eher über­schrit­ten als beim Kauf ei­nes ge­brauch­ten Kfz.

bb) Dass die­se Gren­ze an­ders ver­lau­fen muss als in den­je­ni­gen Fäl­len, die im frü­he­ren Kauf­recht nach Maß­ga­be des § 45 I 2 BGB a.F. be­ur­teilt wur­den, steht für den Se­nat au­ßer Fra­ge (eben­so OLG Bam­berg, Urt. v. 10.04.2006 – 4 U 295/05, DAR 2006, 456 = OLGR 2006, 502; Schmidt-Räntsch, Fest­schr. f. Wen­zel, 2005, S. 409 [417 f.]). Da­mit ver­bie­tet sich ei­ne An­knüp­fung an die Aus­le­gung von § 459 I 2 BGB a.F. (so aus­drück­lich Schmidt-Räntsch, a. a. O.), mag sie dem Ge­setz­ge­ber auch vor Au­gen ge­stan­den ha­ben. Al­ler­dings sind sol­che Män­gel, die be­reits nach der frü­he­ren Ba­ga­tell­re­ge­lung als un­er­heb­lich ein­ge­stuft wor­den sind, heu­te erst recht nicht ge­eig­net, aus ih­nen ein Rück­tritts­recht ge­mäß § 437 Nr. 2 BGB her­zu­lei­ten. Un­ter die­sem Blick­win­kel ist die um­fang­rei­che, frei­lich nicht ein­heit­li­che Ka­su­is­tik zu § 459 I 2 a.F. durch­aus ver­wert­bar.

cc) Auch nach neu­em Recht ist im Fal­le ei­nes be­heb­ba­ren Man­gels zu­min­dest auch auf den Auf­wand ab­zu­stel­len, der zur Män­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­lich ist (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 27.02.2004 – I-3 W 21/04, NJW-RR 2004, 1060; Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 66. Aufl., § 323 Rn. 32). Ob die ver­trag­lich ver­ein­bar­te, hilfs­wei­se die ge­wöhn­li­che Ge­brauchs­taug­lich­keit und/oder der Wert des Kauf­ob­jekts er­heb­lich be­ein­träch­tigt sind, kann bei ei­nem be­heb­ba­ren Man­gel in der Tat auch, aber nicht nur, an­hand des Um­fangs und der Kos­ten der Män­gel­be­sei­ti­gung be­ur­teilt wer­den. Wel­cher Pro­zent­satz da­bei an­zu­set­zen ist, wird in der Recht­spre­chung un­ter­schied­lich be­ur­teilt (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 27.02.2004 – I-3 W 21/04, NJW-RR 2004, 1060; LG Kiel, Urt. v. 03.11.2004 – 12 O 90/04, DAR 2005, 38; OLG Bam­berg, Urt. v. 10.04.2006 – 4 U 295/05, DAR 2006, 456). Hin­zu­wei­sen ist auch auf die be­reits zi­tier­te Ent­schei­dung des BGH, wo­nach Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten un­ter 1 % des Kauf­prei­ses ein­deu­tig un­ter­halb der Ba­ga­tell­gren­ze lie­gen.

Auch das Land­ge­richt hat im an­ge­foch­te­nen Ur­teil auf die­sen As­pekt ab­ge­ho­ben, wenn es aus­führt, dass der Man­gel vor­aus­sicht­lich mit ge­rin­gem Zeit- und Kos­ten­auf­wand be­ho­ben wer­den kön­ne. Zur Un­ter­maue­rung die­ser Ein­schät­zung hat die Be­klag­te ei­nen Kos­ten­vor­an­schlag … zu den Ak­ten ge­reicht. Dar­aus er­gibt sich ein Ge­samt­re­pa­ra­tur­auf­wand von 265,58 € brut­to. Der Lohn­an­teil macht 22,80 € net­to aus, was dar­auf hin­deu­tet, dass es sich um ei­ne ein­fa­che, schnell aus­führ­ba­re Re­pa­ra­tur­maß­nah­me han­delt. Bei ei­nem Kauf­preis von 31.563 € be­tra­gen die ge­sam­ten Re­pa­ra­tur­kos­ten le­dig­lich rund 0,85 %.

Al­lein dar­aus auf Un­er­heb­lich­keit zu schlie­ßen, hält der Se­nat für ver­fehlt. Stö­run­gen im Be­reich der Elek­trik/Elek­tro­nik las­sen sich er­fah­rungs­ge­mäß nicht sel­ten oh­ne gro­ßen Kos­ten­auf­wand be­he­ben, wie auch der Streit­fall zeigt. An­ge­sichts der ho­hen Neu­wa­gen­prei­se (im Durch­schnitt 25.000 €) blie­be selbst die 1 %-Gren­ze häu­fig un­ter­schrit­ten. Sinn­vol­ler er­scheint es dem Se­nat, beim Aus­fall ei­ner Son­der­aus­stat­tung auch auf die Re­la­ti­on zwi­schen Ge­samt­kauf­preis und dem Preis für das „Ex­tras“ ab­zu­stel­len (in die­se Rich­tung auch OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 10.02.2006 – 22 U 149/05, VRR 2006, 306). Ob der Klä­ger ei­nen Auf­preis für die Lenk­rad­fern­be­die­nung ge­zahlt hat, geht aus dem Be­stell­schein (Kauf­ver­trag) nicht her­vor. Aber selbst wenn sie auf­preis­pflich­tig ge­we­sen sein soll­te, dürf­te der Be­trag 1.000 € nicht über­schrit­ten wor­den sein. Auch un­ter die­sem Blick­win­kel er­weist sich die Rück­ab­wick­lung des ge­sam­ten Ver­trags als un­ver­hält­nis­mä­ßig. Un­ab­hän­gig von dem zwi­schen­zeit­li­chen Dieb­stahl des Fahr­zeugs ist dem be­rech­tig­ten In­ter­es­se des Klä­gers durch ei­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses in vol­lem Um­fang Ge­nü­ge ge­tan …

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