1. Die Bezeichnung eines Gebrauchtwagens als „unfallfrei“ besagt unter Zugrundelegung der Verkehrsanschauung im Kraftfahrzeughandel, dass das Fahrzeug keinen über einen Bagatellschaden hinausgehenden Unfallschaden erlitten hat. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann ein Fahrzeug – etwa mit Blick auf sein Alter – auch dann „unfallfrei“ sein, wenn es kleinere Beulen aufweist. Allerdings ist ein Unfallschaden, der mit einem Kostenaufwand von mehr als 500 € beseitigt wurde, regelmäßig kein bloßer Bagatellschaden mehr.
  2. Bezeichnet der – hier gewerbliche – Verkäufer eines Gebrauchtwagens diesen nicht nur als „unfallfrei“, sondern erklärt er gegenüber dem Käufer darüber hinaus, das Fahrzeug sei „super in Schuss“ und es sei „nie etwas dran“ gewesen, so bringt er damit zum Ausdruck, dass das Fahrzeug gar keine (Unfall-)Schäden – auch keine bloßen Bagatellschäden – erlitten habe.
  3. Ein Unfallschaden ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch jeder Schaden, der auf eine plötzliche, schnell vorübergehende Einwirkung von außen zurückgeht; dass der Schaden im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr entstanden ist, es sich also um einen „Verkehrsunfallschaden“ handelt, ist nicht erforderlich. Ein Unfallschaden liegt deshalb etwa auch dann vor, wenn ein geparktes Fahrzeug durch die böswillige Handlung einer fremden Person beschädigt wird.
  4. Ein gebrauchter Pkw eignet sich nicht für die gewöhnliche Verwendung i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB, wenn er technische Mängel aufweist, die die Zulassung zum Verkehr auf öffentlichen Straßen hindern oder zur Folge haben, dass bei einer Hauptuntersuchung keine Prüfplakette zugeteilt werden kann. Eine die Zulassung des Fahrzeugs zum Verkehr auf öffentlichen Straßen hindernde Gefährdung von Verkehrsteilnehmern ist gegeben, wenn ein Pkw mit Sportfahrwerk nachträglich derart tiefergelegt wird, dass die – für das Fahrzeug zugelassenen – Reifen an der Karosserie schleifen.

LG Coburg, Urteil vom 24.03.2004 – 22 O 673/03
(nachfolgend: OLG Bamberg, Urteil vom 03.05.2005 – 5 U 99/04)

Sachverhalt: Die Klägerin kaufte von der Beklagten mit Vertrag von 26.04.2002 einen gebrauchten Pkw BMW 325tds Touring mit einer Laufleistung vonm 129.500 km. Der Kaufpreis betrug 16.950 €; für eine Gebrauchtwagengarantie („EUROPlus-Garantie“) zahlte die Klägerin weitere 350 €.

Im Kaufvertrag heißt es unter anderem: „Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden lt. Vorbesitzer: keine“. Auf der Rückseite des von der Klägerin unterschriebenen Vertragsformulars sind Allgemeine Geschäftsbedingungen abgedruckt. Klausel VI Nr. 1 lautet:

„Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Lieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden.

Hiervon abweichend erfolgt der Verkauf von Nutzfahrzeugen unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung, wenn der Käufer eine juristische Person des öffentlichen Rechts, ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen oder ein Unternehmer ist, der bei Abschluss des Vertrages in Ausübung seiner gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Bei arglistigem Verschweigen von Mängeln oder der Übernahme einer Garantie für die Beschaffenheit bleiben weitergehende Ansprüche unberührt.“

In der zwischen den Parteien getroffenen Garantievereinbarung heißt es:

„Der Verkäufer bestätigt hiermit den mangelfreien Zustand aller von der Garantie umfassten mechanisch-elektrischen Teile nach Funktions-, Geräusch- und äußerer Sichtüberprüfung.“

Bei Abschluss des Kaufvertrags wurde die Klägerin nicht darauf hingewiesen, dass Kratzer am Fahrzeug verspachtelt worden waren. Ihr wurde im Verlauf des Verkaufsgesprächs zugesichert, dass das Auto „super in Schuss“ und „nie etwas dran gewesen“ sei.

Nachdem der Pkw der Klägerin gegen Zahlung von 17.300 € übergeben worden war, versuchte sie mehrfach – erfolglos –, die Beklagte dazu zu bewegen, das Fahrzeug in einen vertragsgemäßen Zustand zu versetzen oder zurückzunehmen. Mit Schreiben vom 26.06.2003 erklärte die Klägerin schließlich die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Unter dem 25.07.2003 forderte sie die Beklagte auf, den Kaufvertrag bis zum 01.08.2003 rückabzuwickeln.

Der von der Klägerin erworbene BMW 325tds Touring hat folgende Vorgeschichte: Die Erstzulassung erfolgte am 24.04.1998. Im Jahr 2000 kaufte H das Fahrzeug als Gebrauchtwagen von der Beklagten; er wurde am 29.12.2000 als zweiter Halter in den Fahrzeugbrief eingetragen. Vor Übergabe des Fahrzeugs an H führte die Beklagte Instandsetzungsarbeiten an dem Pkw durch, bei denen mindestens die vordere und die hintere Stoßstange nachlackiert und an der hinteren linken Seitenwand Kratzer verspachtelt und lackiert wurden. Am 21.06.2001 wurden bei der Hauptuntersuchung (§ 29 StVZO) des Fahrzeugs keine erkennbaren Mängel festgestellt. Um den 01.08.2001 ließ H von der Beklagten ein Sportfahrwerk in den BMW 325tds Touring einbauen. Am 31.01.2002 stellte die Beklagte H eine Fahrwerksabnahme in Rechnung.

Gegenüber der Klägerin bezog sich die Beklagte in Bezug auf die Fahrwerksänderung auf ein Teilegutachten der X-GmbH betreffend eine Fahrwerksumrüstung vom 25.01.1999. Dieses Teilegutachten sowie der Bericht über die Hauptuntersuchung vom 21.06.2001 hat die Beklagte der Klägerin beim Kauf des Pkw übergeben.

Als die Klägerin das Fahrzeug im April 2003 zur Hauptuntersuchung vorführte, wurde dem BMW 325tds Touring keine Plakette zugeteilt. Die Klägerin hat behauptet, der Zuteilung stehe bereits entgegen, dass das Fahrwerk in die Fahrzeugpapiere hätte eingetragen werden müssen, eine Eintragung tatsächlich aber nicht erfolgt sei. Zudem fehlten erforderliche Unterlagen , denn das übergebene Teilegutachten gehöre nicht zu den tatsächlich eingebauten Teilen. Die Rad-Reifen-Kombination sei nicht abgenommen.

Neben diesen formalen Aspekten sei das Fahrzeug aber auch gar nicht zulassungsfähig. Die vorderen Fahrwerksfedern seien für das Fahrzeug unzulässig, da dessen zulässige Achslast 900 kg, die maximale Achslast der Federn aber nur 890 kg betrage. An den Hinterachsen seien nicht die in dem Teilegutachten genannten Federn, sondern andere, ungeeignete Federn eingebaut worden. Die Reifen seien nicht freigängig. Das vordere rechte Rad liege beim Einfedern an der Karosserie an; beim Lenkanschlag würden die Reifeninnenkante rechts und links an der Karosserie schleifen. Das Fahrzeug sei deshalb verkehrsunsicher.

Schließlich liege auch ein Unfallvorschaden vor. Die erkennbaren Spuren (Spachtelungen an der hinteren linken Seitenwand, Abklebespuren sowie ein erhöhtes Spaltmaß des Kofferraumdeckels zum Schlusslicht und zur linken Seitenwand hin) deuteten auf einen Heckanstoß hinten links hin.

Die Klägerin hat gemeint, die von ihr erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sei wirksam. Die Beklagte habe „ins Blaue hinein“ unter Berufung auf das Teilegutachten die verkehrsrechtliche Zulassungsfähigkeit des Pkw zugesichert. Sie habe sich jedoch nicht auf ein überholtes Gutachten aus dem Jahr 1999 verlassen dürfen. Hilfsweise hat sich die Klägerin auf einen gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzanspruch berufen.

Die Klage hatte Erfolg.

Aus den Gründen: I. Die Klage hat in der Sache Erfolg. Dier Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 16.500 € aus § 812 I 2 Fall 1, §§ 818 I und II, 123 I Fall 1, § 142 I BGB bzw. aus § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I und III, 281 I 1 und I 3, II, V BGB.

A. Der Bereicherungsanspruch

1. Die Beklagte hat die Klägerin über die Unfallfreiheit des Kaufgegenstands getäuscht.

a) Die Beklagte hat in dem Vertragsformular in die Rubrik „Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden lt. Vorbesitzer“ als zutreffende Angabe „keine“ eingetragen. Die Bezeichnung eines Fahrzeugs als „unfallfrei“ bedeutet unter Zugrundelegung der Verkehrsanschauung im Kraftfahrzeughandel in der Regel, dass das Fahrzeug keine über Bagatellschäden hinausgehende Unfallschäden erlitten hat. Je nach den Umständen des Einzelfalls (z. B. Alter des Fahrzeugs) stellen kleine Kratzer, Fahrschrammen und kleinere Beulen keine „Unfallschäden“ dar mit der Folge, dass die Aussage des Verkäufers, das Fahrzeug sei laut Vorbesitzer unfallfrei, dann nicht objektiv unrichtig ist (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 29.09.1994 – 28 U 175/93, OLGR 1995, 55 = juris Rn. 2; OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.03.2001 – 3A U 2/01, DAR 2002, 167 = juris Rn. 8 f.). Die Bagatellgrenze wird regelmäßig bei Reparaturkosten von etwa 500 € gezogen (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.07.2000 – 25 U 62/00, OLGR 2001, 29 = juris Rn. 41).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte eingeräumt, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Voreigentümer Kratzer an der vorderen und hinteren Stoßstange aufwies und dass die hintere linke Seitenwand gespachtelt und lackiert wurde. Der Geschäftsführer der Beklagten hat bei seiner persönlichen Anhörung erklärt, die in dem Privatgutachten der S erwähnten und auf den dortigen Lichtbildern 3 und 5 erkennbaren Spuren seien auf die damaligen Instandsetzungsarbeiten durch die Beklagte zurückzuführen. Die Frage, ob die genannten Schäden als erheblich oder als bloße Bagatellen zu bezeichnen sind, die von der Erklärung der Unfallfreiheit nicht erfasst werden, kann dahinstehen. Der das Verkaufsgespräch führende Zeuge M hat nämlich bei den Vertragsverhandlungen zusätzlich noch erklärt, das Auto sei „super in Schuss“ und es sei „nie etwas daran“ gewesen. Die Beklagte ist der entsprechenden Behauptung der Klägerin nicht entgegengetreten. Durch diese Zusätze hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass das Fahrzeug noch überhaupt keine Schäden, also auch keine Bagatellschäden, erlitten hat. An dieser Erklärung muss sich die Beklagte festhalten lassen, sodass es auf das übliche Verständnis der Angabe der Unfallfreiheit nicht ankommt (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 14.06.1994 – 28 U 245/93, NJW-RR 1995, 48 = juris Rn. 6 f.). Die Aussage der Beklagten war somit objektiv falsch.

b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte beteuert, die behobenen Kratzer seien nicht Folge eines Verkehrsunfalls. Die Entstehung des Schadens im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr wird bei dem Gebrauch des Begriffs „Unfallschaden“ nicht vorausgesetzt. Es heißt gerade nicht „Verkehrsunfallschaden“. Daher liegt ein Unfallschaden nach der Verkehrsanschauung auch dann vor, wenn das geparkte Fahrzeug beispielsweise durch böswillige Handlungen fremder Personen beschädigt wird. Maßgeblich ist die Sicht des Eigentümers, der von Beschädigungen im fließenden Verkehr ebenso betroffen ist wie von solchen im geparkten Zustand (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 14.06.1994 – 28 U 245/93, NJW-RR 1995, 48 = juris Rn. 5).

2. Die Beklagte handelte arglistig. Sie kannte die Unrichtigkeit ihrer Aussage zur Unfallfreiheit, denn die Reparatur der Schäden war von ihr selbst durchgeführt worden. Es ist zu vermuten, dass die Klägerin bei Kenntnis der wahren Gegebenheit den Vertrag so nicht abgeschlossen hätte.

Die Beklagte muss sich das Verhalten ihres Verkäufers zurechnen lassen. Der Zeuge M ist nicht „Dritter“ i. S. des § 123 II BGB, denn er ist als Erfüllungsgehilfe der Beklagten tätig geworden, sodass sein Verhalten nach § 278 Satz 1 BGB der Beklagten anzulasten ist.

3. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 26.06.2003 die Anfechtung innerhalb der Jahresfrist des § 124 I, II 1 BGB seit Entdeckung der Täuschung erklärt.

4. Die Beklagte hat den infolge der Anfechtung rechtsgrundlos durch Leistung erlangten Kaufpreis zurückzuerstatten. Die Klägerin brauchte Gegenansprüche des Bereicherungsgegners nicht bereits im Klageantrag zu berücksichtigen, sodass Nutzungsentschädigungsansprüche wegen des zwischenzeitlichen Gebrauchs des Fahrzeugs für Fahrten von insgesamt circa 21.000 km nicht automatisch anzurechnen waren. Zwar entsteht nach der Saldotheorie grundsätzlich ein einheitlicher Anspruch auf Ausgleich der beiderseitigen Vermögensverschiebungen. Die Saldotheorie ist aber im Falle der Arglist nicht anzuwenden, weil der Bereicherungsgegner in diesem Fall nicht schutzwürdig ist. Er hat seine etwaigen Gegenansprüche vielmehr selbstständig geltend zu machen und kann dies auch im gleichen Rechtsstreit tun (OLG Karlsruhe, Urt. v. 20.03.1992 – 15 U 260/91, NJW-RR 1992, 1144 f.). Dies hat die Beklagte vorliegend aber nicht getan.

B. Der Gewährleistungsanspruch

Die Klägerin kann die Kaufpreiserstattung auch im Wege des Schadensersatzes gemäß § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I und III, 281 I 1 und I 3, II und V BGB geltend machen.

1. Ein Sachmangel besteht – abgesehen von. der fehlenden Unfallfreiheit – darin, dass die Reifen nicht die erforderliche Freigängigkeit aufweisen. Dabei kann dahinstehen, ob in der Angabe im Kaufvertrag, die nächste Hauptuntersuchung sei im März 2003, eine konkrete Beschaffenheitsvereinbarung i. S. des § 434 I 1 BGB zu sehen ist, denn auch die Eignung zur vertragsgemäßen oder gewöhnlichen Verwendung i. S. des § 434 I 2 BGB ist nicht gegeben. Bei einem gebrauchten Pkw sind grundsätzlich als Sachmängel alle technischen Mängel anzusehen, welche die Zulassung zum öffentlichen Verkehr und die Erteilung der Prüfplakette durch den TÜV verhindern würden (OLG Bamberg, Urt. v. 08.05.1984 – 5 U 21/84, DAR 1985, 27). Eine die Zulassung des Fahrzeugs zum öffentlichen Verkehr hindernde Gefährdung von Verkehrsteilnehmern liegt im Fall des Einbaus eines Sportfahrwerks vor, wenn infolge der Tieferlegung die für den Wagen zugelassenen Reifen an der Karosserie schleifen (OLG Koblenz, Urt. v. 15.12.2003 – 12 U 444/99, DAR 2004, 147, 148). Dass dem so ist, steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund des Privatgutachtens der S, das als urkundlich belegter substanziierter Parteivortrag zu behandeln ist. Der Privatsachverständige P hat in seiner Stellungnahme auf den Karosseriekontakt beim Einfedern bzw. Lenkanschlag hingewiesen. Auf den Lichtbildern 6 bis 9 sind Schleifspuren bzw. der fehlende Abstand zwischen Reifen und Karosserie erkennbar. Die Beklagte hat sich in diesem Punkt trotz richterlichen Hinweises auf das Erfordernis eines substanziierten Gegenvortrags damit begnügt, die in dem Gutachten gemachten Feststellungen pauschal zu bestreiten. Ein konkreter Einwand gegen die gutachterliche Feststellung zur Freigängigkeit der Räder fehlt.

An der Erheblichkeit des Sachmangels gemäß  § 281 I 3 BGB bestehen keine Zweifel. Eine Auswirkung des Schleifens an der Karosserie auf die Verkehrssicherheit liegt auf der Hand.

2. Das Gericht ist ferner davon überzeugt, dass Veränderungen am Fahrwerk durch die Klägerseite nach Übernahme von der Beklagten nicht vorgenommen worden sind. Die entsprechende Mutmaßung der Beklagten erfolgte sichtlich ins Blaue hinein. Das Gericht hat die Klägerin hierzu persönlich angehört. Ihre Beteuerung, sie habe an dem Fahrzeug nichts verändert, sind absolut glaubhaft gewesen. Auch ansonsten liegen keinerlei Anknüpfungspunkte für die Feststellung der Unglaubwürdigkeit der Klägerin vor. Sie hat nicht den Eindruck vermittelt, einseitig zu ihren Gunsten vorzutragen. So hat sie beispielsweise offen zugestanden, mit dem Auspuff einmal aufgesetzt zu sein. Sie ist zudem angesichts der Vorhaltungen der Beklagtenseite sichtlich emotional getroffen gewesen. Der Verstoß gegen die Absichtserklärung aus dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung, das Fahrzeug bei der Beklagten einer Hauptuntersuchung zu unterziehen, ist als Ausdruck besonderen Misstrauens einzuordnen und spricht nicht schon gegen die Glaubwürdigkeit der Klägerin.

3. Die Beklagte wurde vor Erklärung der Anfechtung fruchtlos zur Nacherfüllung in Form der Mängelbeseitigung aufgefordert.

4. Der Gewährleistungsanspruch der Klägerin ist auch nicht verjährt. Die Abkürzung der Verjährungsfrist in Ziffer VI 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist wegen Verstoßes gegen § 202 I BGB unwirksam, weil sie sich auch auf den Fall der Haftung wegen Vorsatzes erstreckt. Zwar findet sich am Ende der Ziffer VI 1 eine Beschränkung für den Fall der Arglist oder Garantieübernahme. Nach dem Gesamtkontext bezieht sich dieser Zusatz aber lediglich auf den Verkauf von Nutzfahrzeugen. Unklarheiten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehen gemäß § 305c II BGB zulasten des Verwenders. Vor Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist des § 438 I Nr. 3 BGB ist durch die Klageerhebung zum 03.09.2003 (Eingang der am 06.09.2003 zugestellten Klage) die Hemmung eingetreten (§§ 253, 167 ZPO). Auf die Frage der Arglist (§ 438 III BGB) kommt es demnach nicht an.

5. Die Klägerin kann im Wege des „großen“ Schadensersatzes (Schadensersatz statt der ganzen Leistung) auch die Rückzahlung des Kaufpreises verlangen. Dem Schuldner steht zwar gemäß § 281 V BGB, § 346 I BGB ein Anspruch auf Nutzungsersatz zu. Ausweislich des Wortlauts des § 281 V BGB ist der Schuldner jedoch nur zur Rückforderung „berechtigt“. Vorliegend hat die Beklagte einen Ausgleich der Gebrauchsvorteile jedoch nicht beansprucht. …

Hinweis: Der 5. Zivilsenat des OLG Bamberg hat die Berufung der Beklagten nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Urteil vom 03.05.2005 – 5 U 99/04 – zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

„Auch das Berufungsgericht bejaht das Vorliegen einer arglistigen Täuschung seitens der Beklagten. Das arglistige Verhalten der Beklagten liegt darin, dass sie unstreitig der Klägerin – entgegen der die Beklagte treffenden Verpflichtung – nicht offenbarte, dass an dem von der Klägerin gekauften Pkw BMW 325tds Touring von der Beklagten selbst umfangreiche Lackierarbeiten mit Spachtelung (Lackierung der Stoßstange und des linken hinteren Seitenteils, dies mit lokalen Spachtelarbeiten; vgl. das Sachverständigengutachten vom 28.2.2005, S. 3) vorgenommen worden sind.

Unter Verweis auf diese Lackier- und Spachtelarbeiten hat die Klägerin, bei Kenntnis durch das DEKRA-Gutachten vom 04.12.2003, innerhalb der Jahresfrist des § 124 I, II BGB mit der Berufungserwiderung vom 26.08.2004 den Kaufvertrag über den Pkw BMW 325tds Touring wegen arglistiger Täuschung i. S. von § 123 I Fall 1 BGB wirksam angefochten.

Bei den oben genannten umfangreichen Lackierarbeiten durch die Beklagte handelt es sich um einen offenbarungspflichtigen Umstand, auch wenn ihnen kein Unfallschaden, sondern lediglich Kratzer am Fahrzeug zugrunde lagen. Es muss davon ausgegangen werden, dass auch ein möglicher Kaufinteressent – beispielsweise bei einem Weiterverkauf des Fahrzeugs durch die Klägerin – die Tatsache der umfangreichen Nachlackierung, insbesondere an der Seitenwand, durch eine bloße Sichtprüfung erkennen kann (vgl. insoweit das von der Klägerin erholte DEKRA-Privatgutachten, das wegen der Nachlackierungen annahm, dass ein Unfallschaden vorliegen würde). Demgemäß liegt es nahe, dass der Kaufinteressent auch einen – wenn auch letztlich nicht begründeten – Unfallverdacht hegen und aus diesem Grund nur einen erheblich verminderten Kaufpreis akzeptieren oder gar vom Kauf Abstand nehmen wird. Deshalb stellt die Tatsache der Lackierungs- und Spachtelarbeiten des Fahrzeugs der Klägerin – auch ohne Unfall – einen offenbarungspflichtigen, weil für den Wert des Fahrzeugs erheblichen Umstand dar.

Im Übrigen wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils des LG Coburg zur Problematik der arglistigen Täuschung wie auch zur Verneinung der Verjährung der Ansprüche der Klägerin verwiesen. …“

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