- Ein Pkw ist grundsätzlich nur dann frei von Sachmängeln, wenn er keine technischen Mängel aufweist, die seine Zulassung zum Straßenverkehr hindern oder seine Gebrauchsfähigkeit aufheben oder beeinträchtigen.
- Ein Pkw eignet sich nur dann für die nach dem Vertrag vorausgesetzte i. S. des § 434 I 2 Nr. 1 BGB, wenn er im Sinne der Zulassungsvorschriften betriebsfähig ist.
- Bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 474 I 1 BGB) ist ein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltener pauschaler Gewährleistungsausschluss gemäß § 475 I BGB auch insoweit unwirksam, als er einen Anspruch des Käufers auf Schadensersatz ausschließt. Denn es ist nach § 475 III BGB zwar grundsätzlich zulässig, einen Anspruch des Käufers Schadensersatz auszuschließen, doch findet eine geltungserhaltende Reduktion des Gewährleistungsausschlusses nicht statt.
OLG Bremen, Urteil vom 10.09.2003 – 1 U 12/03
Sachverhalt: Der Kläger erwarb von dem Beklagten – einem gewerblichen Gebrauchtwagenhändler – mit Kaufvertrag vom 13.03.2002 für 5.100 € einen gebrauchten Fiat Scudo 1.9 TD. In diesem am 14.02.1997 erstzugelassenen Fahrzeug befand sich bei der Übergabe an den Kläger nicht mehr der Originalmotor, sondern ein nicht typgerechter Austauschmotor.
Der Kläger behauptet, der Beklagte habe den Fiat Scuudo 1.9 TD im Internet mit der Angabe zum Kauf angeboten, dass die Erstzulassung des Fahrzeugs im Januar 1998 („1/98“) erfolgt sei. Er hält den Wagen deshalb und wegen des Austauschmotors für mangelhaft und behauptet insoweit, dass das Fahrzeug mit dem Austauschmotor nicht zulassungsfähig sei. Vor diesem Hintergrund hat der Kläger den Beklagten im Wesentlichen auf Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fiat Scudo 1.9 TD, in Anspruch genommen.
Der Beklagte hat eingewandt, er habe den Kläger im Verkaufsgespräch auf das tatsächliche Erstzulassungsdatum des streitgegenständlichen Fahrzeugs hingewiesen und ihm auch mitgeteilt, dass der Wagen mit einem Austauschmotor ausgestattet sei. Dies ergebe sich auch aus den Eintragungen unter „sonstige Vermerke“ in einer Checkliste, die der Kläger bei der Übergabe des Fahrzeugs erhalten habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der insoweit beweisbelastete Kläger habe nicht bewiesen, dass die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts getroffen hätten, dass die Erstzulassung des Fiat Scudo 1.9 TD im Januar 1998 erfolgt sei. Der Kläger habe auch gewusst, dass das Fahrzeug mit einem nicht typgerechten Austauschmotor ausgestattet sei; denn nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass er in Kenntnis (auch) dieses Umstands eine Übergabecheckliste unterschrieben habe. Der Vortrag im – nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten – Schriftsatz des Klägers vom 13.02.2003, dass der Fiat Scudo 1.9 TD mit dem nicht typgerechten Austauschmotor nicht zulassungsfähig sei, sei neu und gemäß § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen; er zwinge auch nicht zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
Mit seiner dagegen gerichteten Berufung hat der Kläger geltend gemacht, das Landgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass bezüglich der Erstzulassung keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden sei. Da im Internetinserat des Beklagten – unstreitig – angegeben gewesen sei, dass die Erstzulassung des Fiat Scudo 1.9 TD im Januar 1998 („1/98“) erfolgt sei, treffe den Beklagten die Beweislast dafür, dass er ihn, den Kläger, darauf hingewiesen habe, dass die Erstzulassung bereits im Februar 1997 stattgefunden habe. Diesen Beweis habe der Beklagte nicht erbracht. Außerdem – so hat der Kläger geltend gemacht – habe das Landgericht verkannt, dass erstinstanzlich unstreitig gewesen sei, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einem nicht typgerechten Motor ausgestattet sei. Dass der Fiat Scudo 1.9 TD deshalb nicht über eine Allgemeine Betriebserlaubnis verfüge, sei lediglich eine rechtliche, sich aus gesetzlichen Vorschriften ergebende Folge.
Die Berufung hatte Erfolg.
Aus den Gründen: Dem Kläger steht gegen den Beklagten gemäß § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten zu. Denn der Beklagte hat eine Pflicht aus dem von den Parteien am 13.03.2002 geschlossenen Kaufvertrag verletzt. Die verkaufte Sache war und ist mangelhaft.
Nach § 434 I 1 BGB ist die Kaufsache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 2 Nr. 1 BGB), sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).
Grundsätzlich ist ein Pkw nur frei von Sachmängeln, wenn er keine technischen Mängel aufweist, welche die Zulassung (TÜV) hindern oder die Gebrauchsfähigkeit aufheben oder beeinträchtigen (Palandt/Putzo, BGB, 62. Aufl. [2003], § 434 Rn. 70). Zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung des Kaufgegenstands i. S. des § 434 I 2 Nr. 1 BGB gehört die Betriebsfähigkeit des Fahrzeugs im Sinne der Zulassungsvorschriften. Das verkaufte Fahrzeug ist jedoch unstreitig nicht betriebsfähig, weshalb es als mangelhaft i. S. des § 434 I BGB anzusehen ist.
Der Kläger hat bereits in der Klagschrift vorgetragen, dass der verkaufte Pkw „nicht betriebsfähig“ sei. Der Kläger hat insoweit auf eine Rechnung der K-GmbH vom 18.03.2002 (Anlage K 4) Bezug genommen, in der es heißt: „Der Motor, der in dem Fahrzeug verbaut ist, ist nicht der originale und auch nicht der richtige Motor.“ Diese Darstellung hat der Kläger in seinem Schriftsatz vom 13.02.2003 nach der mündlichen Verhandlung des Landgerichts ergänzt und einen Bericht des TÜV Nord vom 12.02.2003 vorgelegt (Anlage K 11), in dem es heißt: „Motor BJZ nicht für dieses Fahrzeug zugelassen“. Der Kläger hat in seinem Schriftsatz vom 13.02.2003 im Einzelnen dargelegt, dass das Fahrzeug keine gültige Betriebserlaubnis hat, da sich der Einbau des nicht zugelassenen Motors auf die Abgasemissionen auswirkt, was nach § 19 II 2 Nr. 3 StVZO zum Erlöschen der Allgemeinen Betriebserlaubnis für das Fahrzeug führt und auch die Erteilung einer Einzelbetriebserlaubnis hindert.
Auf diese Ausführungen hat der Kläger in der Berufungsbegründung (dort S. 2) Bezug genommen. Eine solche Bezugnahme ist zulässig, und zwar auch insoweit, als sie Vorbringen in einem Schriftsatz nach erstinstanzlicher mündlicher Verhandlung betrifft, und auch dann, wenn solches Vorbringen vom erstinstanzlichen Gericht nicht berücksichtigt worden ist (BGH, Urt. v. 03.06.1998 – VIII ZR 162/97, NJW-RR 1998, 1514).
Der Beklagte hat den detaillierten und plausiblen Vortrag des Klägers zu der fehlenden Zulassungsfähigkeit des nicht typgerechten Austauschmotors und zu der darauf beruhenden fehlenden Betriebsfähigkeit des Fahrzeugs in seiner Berufungserwiderungsschrift vom 14.08.2003 nicht bestritten. Soweit ein solches Bestreiten erstmals in dem Schriftsatz des Beklagten vom 08.09.2003 erfolgt ist, ist es nach § 296a ZPO nicht berücksichtigungsfähig, weil es nicht mehr Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats geworden ist. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 I BGB aufgrund des neuen Beklagtenvorbringens nach Schluss der mündlichen Verhandlung war nicht angezeigt; insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 156 II ZPO nicht vor.
Damit ergibt sich, dass durch den Einbau eines nicht typgerechten anderen Motors die Allgemeine Betriebserlaubnis für den von dem Kläger erworbenen Pkw erloschen ist. Der von dem Beklagten verkaufte Pkw war mithin bei Gefahrübergang, das heißt bei Übergabe an den Kläger (§ 446 Satz 1 BGB), mangelhaft.
Der Beklagte kann sich auf den in dem Kaufvertrag vereinbarten pauschalen Gewährleistungsausschluss nicht berufen, da dieser Ausschluss nach § 474 I 1, § 475 I BGB unwirksam ist. Zwar erfasst das Gewährleistungsausschlussverbot des § 475 I BGB nicht Schadensersatzansprüche, wie sich aus § 475 III BGB ergibt. Aber der hier vorliegende pauschale Gewährleistungsausschluss in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten ist unzulässig, da er mangels Teilbarkeit dieser Klausel gegen §§ 475 I, 307 I BGB verstößt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl. [2003], vor § 307 Rn. 8 ff., 11).
Der Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 280 I BGB setzt vorliegend nicht eine Fristsetzung des Klägers zur Leistung i. S. des § 281 I 1 BGB voraus, da der Beklagte die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat (§ 281 II Fall 1, § 440 BGB)
Der Beklagte hat den Mangel auch zu vertreten; insoweit gilt die gesetzliche Vermutung des § 311a II 2 BGB. Vortrag des Beklagten dazu, dass er das Leistungshindernis nicht kannte und nicht kennen konnte, fehlt.
Die Schadenshöhe ist von dem Beklagten nicht substanziiert bestritten worden.
Nach alledem hat der Beklagte dem Kläger den Kaufpreis zurückzuzahlen sowie die von dem Kläger getätigten Aufwendungen zu erstatten, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw. Der Zinsausspruch beruht auf §§ 286 I, 288 I BGB. …