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Eine Beschaffenheitsvereinbarung i. S. des § 434 I 1 BGB setzt keine ausdrücklichen Erklärungen der Parteien voraus, sondern kann sich auch aus den Umständen des Vertragsschlusses ergeben. Deshalb genügt es beispielsweise, dass der Verkäufer die Eigenschaften der Kaufsache bei Vertragsschluss in einer bestimmten Weise beschreibt und der Käufer vor diesem Hintergrund seine Kaufentscheidung trifft oder dass der Käufer dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand zur Kenntnis bringt und der Verkäufer zustimmt.
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Die in der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache liegende Pflichtverletzung des Verkäufers ist in der Regel nicht i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich, wenn der Mangel darin besteht, dass der Kaufsache eine vereinbarte Beschaffenheit fehlt (§ 434 I 1 BGB). Ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung indiziert in der Regel vielmehr die Erheblichkeit der Pflichtverletzung (im Anschluss an BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VIII ZR 374/11, NJW 2013, 1365 Rn. 16).
LG Coburg, Urteil vom 02.08.2016 – 23 O 25/16
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Ein Käufer, der sein Wahlrecht zugunsten einer Art der Nacherfüllung (Nachbesserung oder Ersatzlieferung) ausgeübt und diese vom Verkäufer verlangt hat, ist grundsätzlich an seine Wahl gebunden, wenn der Verkäufer wie verlangt nacherfüllt oder den Käufer in Bezug auf die gewählte Art der Nacherfüllung in Annahmeverzug versetzt hat oder wenn der Verkäufer rechtskräftig zu einer Art der Nacherfüllung verurteilt wurde.
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Der Verkäufer kann die Einrede aus § 439 III BGB, dass die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich sei, nicht mehr erheben, wenn der Käufer bereits wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten ist. Vielmehr muss der Verkäufer die Unverhältnismäßigkeit geltend machen, solange noch ein Nacherfüllungsanspruch besteht, also bevor der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt, den Kaufpreis gemindert oder Schadensersatz statt der Leistung verlangt hat.
OLG Hamm, Urteil vom 21.07.2016 – 28 U 175/15
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Bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 474 I BGB) muss der mit einer mangelhaften Sache belieferte Käufer dem Verkäufer nicht erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen, bevor er wegen des Mangels Schadensersatz statt der Leistung verlangen, vom Kaufvertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern darf. Vielmehr genügt, dass der Käufer – ohne dem Verkäufer eine Frist zu setzen – Nacherfüllung verlangt, der Verkäufer aber nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums Abhilfe geschaffen hat (im Anschluss an LG Stuttgart, Urt. v. 08.02.2012 – 13 S 160/11; LG Meiningen, Urt. v. 06.12.2012 – 1 O 201/12).
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Der Käufer eines Neuwagens, der wegen eines Mangels den „Rücktritt vom Kaufvertrag“ erklärt und dem Verkäufer gleichzeitig mitteilt, er sei damit einverstanden, dass der Verkäufer ihm ein neues (mangelfreies) Fahrzeug bestelle, bringt damit hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass er in Wahrheit Nacherfüllung durch Ersatzlieferung (§ 437 Nr. 1, § 439 I Fall 2 BGB) begehrt.
LG Bonn, Urteil vom 20.07.2016 – 9 O 350/15
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Bei der Beurteilung, ob eine vom Käufer zur Nacherfüllung bestimmte Frist angemessen ist, ist – in den Grenzen des § 475 I BGB – in erster Linie eine Vereinbarung der Parteien maßgeblich (Fortführung von BGH, Urt. v. 06.02.1954 – II ZR 176/53, BGHZ 12, 267, 269 f.). Dabei darf der Käufer eine vom Verkäufer selbst angegebene Frist als angemessen ansehen, auch wenn sie objektiv zu kurz ist.
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Für eine Fristsetzung zur Nacherfüllung gemäß § 323 I BGB, § 281 I BGB genügt es, wenn der Gläubiger durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen – hier ein Verlangen nach schneller Behebung gerügter Mängel – deutlich macht, dass dem Schuldner für die Erfüllung nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht. Der Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten (End-)Termins bedarf es nicht (Fortführung von BGH, Urt. v. 12.08.2009 – VIII ZR 254/08, NJW 2009, 3153; Urt. v. 18.03.2015 – VIII ZR 176/14, NJW 2015, 2564). Ergibt sich dabei aus den Gesamtumständen, dass ein ernsthaftes Nacherfüllungsverlangen vorliegt, schadet es nicht, dass dieses in höfliche Form einer „Bitte“ gekleidet ist.
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Für die Beurteilung, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Zuverlässigkeit des Verkäufers oder der Umstand, dass der Verkäufer bereits bei dem ersten Erfüllungsversuch, also bei Übergabe, einen erheblichen Mangel an fachlicher Kompetenz hat erkennen lassen und das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig gestört ist (Bestätigung von BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, NJW 2015, 1669).
BGH, Urteil vom 13.07.2016 – VIII ZR 49/15
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Es ist nicht glaubhaft, dass der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs vom Kauf Abstand genommen hätte, wenn er gewusst hätte, dass in dem Fahrzeug eine seinen Schadstoffausstoß manipulierende Software zum Einsatz kommt. Denn zum einen beeinträchtigt die Software nicht die Nutzbarkeit des Fahrzeugs, und zum anderen kann sie innerhalb von weniger als einer Stunde mit einem Aufwand von unter 100 € beseitigt werden.
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Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – und deshalb möglicherweise mangelhaften – Fahrzeugs muss dem Verkäufer grundsätzlich gemäß § 323 I BGB eine angemessene Frist zur Nacherfüllung (§ 439 I BGB) setzen, bevor er wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten kann. Bei der Bemessung dieser Frist ist zugunsten des Verkäufers zu berücksichtigen, dass die den Schadstoffausstoß manipulierende Software, die in dem Fahrzeug zum Einsatz kommt, seien Betrieb nicht beeinträchtigt. Ebenso ist zugunsten des Verkäufers zu berücksichtigen, dass eine Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) nur in Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt erfolgen kann.
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Die – mögliche – Pflichtverletzung eines Kfz-Verkäufers, die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen und deshalb möglicherweise mangelhaften Fahrzeugs liegt, ist i. S. von § 323 V 2 BGB unerheblich und rechtfertigt deshalb keinen Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag. Denn der – unterstellte – Mangel lässt sich durch die Installation eines Softwareupdates beseitigen, und diese Maßnahme erfordert einen Kostenaufwand von weniger als 100 €, sodass die Mangelbeseitigungskosten im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind.
LG München II, Urteil vom 05.07.2016 – 14 O 404/16
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Ein Verkäufer verschweigt einen Mangel nur dann arglistig, wenn er die den Mangel begründenden Umstände kennt oder sie zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer diese Umstände nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Ob der Verkäufer die den Mangel begründenden Umstände rechtlich zutreffend einordnet, ist ohne Belang; dass sich ihm ihr Vorliegen hätte aufdrängen müssen, genügt für Arglist aber nicht.
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Einen Mangel, der einer Besichtigung zugänglich und damit für den Käufer ohne Weiteres erkennbar ist, muss der Verkäufer nicht von sich aus offenbaren.
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Nach einem mangelbedingten Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag ist gemeinsamer Erfüllungsort für sämtliche Rückgewährpflichten der Ort, an dem sich die Kaufsache vertragsgemäß befindet.
OLG München, Urteil vom 09.06.2016 – 23 U 1201/14
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Der Käufer eines Gebrauchtwagens darf erwarten, dass das Fahrzeug die durch die einschlägige Abgasnorm (hier: „Euro 5“) vorgegebenen Emissionsgrenzwerte tatsächlich und nicht nur dann einhält, wenn das Fahrzeug – was eine spezielle Software erkennt – einem Abgastest unterzogen wird.
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Auch der Käufer eines Fahrzeugs, das vom VW-Abgasskandal betroffen und deshalb mangelhaft ist, muss dem Verkäufer grundsätzlich Gelegenheit zur Nacherfüllung geben. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Käufer in der Nutzung des Fahrzeugs in keiner Weise eingeschränkt ist. Ihm kann deshalb zugemutet werden abzuwarten, bis sein Fahrzeug im Rahmen des Rückrufs, den das Kraftfahrt-Bundesamt gegenüber der Volkswagen AG angeordnet hat, an der Reihe ist.
LG Paderborn, Urteil vom 09.06.2016 – 3 O 23/16
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Ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug weist einen zum Rücktritt berechtigenden Mangel auf, wenn die Kaufvertragsparteien hinsichtlich seiner Stickoxid-Emissionen eine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) getroffen haben und das Fahrzeug die vereinbarten „Laborwerte“ nur deshalb einhält, weil eine Software die Abgasaufbereitung optimiert, sobald das Fahrzeug einem Emissionstest unterzogen wird.
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Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs, der dem Verkäufer eine Frist zur Nachbesserung setzt, muss hinsichtlich der Länge dieser Frist zwar insbesondere berücksichtigen, dass der Verkäufer ohne die Hilfe der Volkswagen AG zu einer Nachbesserung gar nicht in der Lage ist. Es kann dem Käufer aber nicht zum Nachteil gereichen, dass die Volkswagen AG millionenfach Fahrzeuge manipuliert hat und es mehr als ein Jahr dauert, die Manipulationen rückgängig zu machen. Eine Nachbesserungsfrist von zwei Monaten ist deshalb ausreichend.
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Bei der Beurteilung, ob der Mangel, der einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug anhaftet, erheblich ist, kann nicht nur darauf abgestellt werden, dass die eigentliche Mangelbeseitigung einen Zeitaufwand von rund einer Stunde und einen Kostenaufwand von weniger als 100 € erfordert. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, dass die technische Vorbereitung der beabsichtigten Mangelbeseitigung fast ein Jahr beansprucht und das Kraftfahrt-Bundesamt die beabsichtigten Maßnahmen genehmigen muss.
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Die zu erwartende Gesamtlaufleistung eines Dieselfahrzeugs eines namhaften Herstellers (hier: Volkswagen) beträgt mindestens 250.000 km.
LG Lüneburg, Urteil vom 02.06.2016 – 4 O 3/16
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Nach einem wirksamen Rücktritt vom Kaufvertrag sind die gegenseitigen Rückgewährpflichten entgegen der herrschenden Meinung nicht einheitlich an dem Ort zu erfüllen, an dem sich die Kaufsache vertragsgemäß befindet. Vielmehr muss der Erfüllungsort für jede Rückgewährpflicht gesondert bestimmt werden. Dies hat zur Folge, dass der Käufer eine Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises – auch mit Blick auf § 29 I ZPO – in der Regel bei dem für den Wohn- bzw. Geschäftssitz des Verkäufers zuständigen Gericht erheben muss.
LG München I, Beschluss vom 27.05.2016 – 31 O 4974/16
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Der Käufer eines Neuwagens darf erwarten, dass das Fahrzeug die durch die einschlägige Norm (hier: „Euro 5“) vorgegebenen Emissionsgrenzwerte tatsächlich und nicht nur dann einhält, wenn es – was eine spezielle Software erkennt – einem Abgastest unterzogen wird.
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Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen und deshalb mangelhaften Neuwagens muss dem Verkäufer vor einem Rücktritt vom Kaufvertrag grundsätzlich die Möglichkeit zur Nacherfüllung geben.
LG Paderborn, Urteil vom 17.05.2016 – 2 O 381/15
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