Ein Käufer, der vor Bekanntwerden des VW-Abgasskandals einen 2011 erstzugelassenen Gebrauchtwagen von einem Kfz-Händler erwarb, konnte i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass in dem Fahrzeug keine Software dafür sorgt, dass der Schadstoffausstoß während eines Emissionstests auf dem Prüfstand geringer ist als im realen Fahrbetrieb. Daran ändert nichts, dass sich das reale Emissionsverhalten eines Fahrzeugs vom Verhalten „unter Laborbedingungen“ unterscheidet. Denn jedenfalls entspricht es der objektiv berechtigten Käufererwartung, dass Emissionen im realen Fahrbetrieb mit derselben Effektivität wie auf dem Prüfstand vermieden werden.
LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 – 3 O 66/16
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Ein Neuwagen ist nicht deshalb i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil Chromzierleisten, mit denen das Fahrzeug als Sonderausstattung versehen ist, unterschiedlich glänzen.
LG Bielefeld, Urteil vom 14.10.2016 – 1 O 231/14
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Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen (hier: ein Škoda Fabia) ist jedenfalls i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft. Denn dass in einem Pkw eine Software zum Einsatz kommt, die den Schadstoffausstoß reduziert, sobald das Fahrzeug auf einem Prüfstand einem Emissionstest unterzogen wird, ist nicht üblich.
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Die in diesem Mangel zum Ausdruck kommende Pflichtverletzung des Verkäufers ist nicht i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich, zumal die insoweit erforderliche Interessenabwägung nicht auf das Verhältnis von Kaufpreis und Mängelbeseitigungskosten reduziert werden kann. Vielmehr ist zugunsten des Käufers auch zu berücksichtigen, dass eine Mangelbeseitigung (vorübergehend) unmöglich ist, bis die dafür benötigte Software zur Verfügung steht. Die Unsicherheit, ob und wann eine vollständige Nachbesserung möglich ist, geht zulasten des Verkäufers.
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Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine Pflichtverletzung i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich ist und deshalb einen Rücktritt vom Kaufvertrag nicht rechtfertigt, trägt der Verkäufer als Rücktrittsgegner.
LG Braunschweig, Urteil vom 12.10.2016 – 4 O 202/16
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Dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs kann zugemutet werden, dem Verkäufer für die Beseitigung des dem Fahrzeug (möglicherweise) anhaftenden Mangels eine Frist von mindestens 14 Monaten zu setzen. Denn der (mögliche) Mangel des Fahrzeugs besteht allein darin, dass sein Stickoxidausstoß softwaregesteuert reduziert wird, sobald das Fahrzeug unter Laborbedingungen einen Emissionstest absolviert. Im regulären Fahrbetrieb sind hingegen keine Einschränkungen festzustellen, und auch von außen ist dem Fahrzeug kein Mangel anzumerken.
LG Traunstein, Urteil vom 10.10.2016 – 3 O 709/16
(nachfolgend: OLG München, Beschluss vom 23.03.2017 – 3 U 4316/16)
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Eine i. S. des § 434 I 2 Nr. 1 BGB nach dem Kaufvertrag vorausgesetzte Verwendung der Kaufsache kann auch deren Weiterveräußerung durch den Käufer sein.
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Ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug, bei dem die Schadstoffemissionen (nur) optimiert werden, sobald sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet, eignet sich weder zur gewöhnlichen Verwendung, noch weist es eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Es ist deshalb i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft.
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Mit Blick darauf, dass der Verkäufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs für eine Nachbesserung auf die Unterstützung der Fahrzeugherstellerin angewiesen ist und es wegen der Vielzahl betroffener Fahrzeuge einer Koordinierung der Nachbesserungsmaßnahmen bedarf, mag eine Frist zur Nacherfüllung von einem Monat unangemessen kurz sein. Durch das Setzen einer zu kurzen Frist wird jedoch eine angemessene Frist in Gang gesetzt, die kein halbes Jahr oder gar länger beträgt.
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Liefert der Verkäufer dem Käufer eine mangelhafte Sache, ist die Erheblichkeit der darin liegenden Pflichtverletzung nicht nur dann indiziert, wenn der Mangel darin besteht, dass der Kaufsache eine vereinbarte Beschaffenheit fehlt (vgl. BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VIII ZR 374/11, NJW 2013, 1365 Rn. 16). Vielmehr ist die Pflichtverletzung des Verkäufers in der Regel auch dann nicht i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich, wenn sich die Kaufsache nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet.
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Ob die Pflichtverletzung des Verkäufers, der dem Käufer ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug geliefert hat, i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich ist, darf nicht mit Blick auf die Kosten und den Aufwand für die Nachbesserung eines einzelnen Fahrzeugs bestimmt werden.
LG Bonn, Urteil vom 07.10.2016 – 15 O 41/16
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Dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen und deshalb möglicherweise mangelhaften Neuwagens ist eine Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) selbst dann nicht i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar, wenn Verkäuferin des Fahrzeugs die Volkswagen AG ist und man annimmt, dass diese den Käufer arglistig getäuscht habe. Denn es fehlt aufseiten des Käufers an einem die Unzumutbarkeit der Nachbesserung begründenden Vertrauensverlust, weil die Volkswagen AG vom VW-Abgasskandal betroffene Fahrzeuge in enger Zusammenarbeit mit dem Kraftfahrt-Bundesamt und damit unter staatlicher Aufsicht nachbessert, sodass eine ordnungsgemäße Nachbesserung gewährleistet ist.
LG Hagen, Urteil vom 07.10.2016 – 9 O 58/16
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Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist zwar i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil er nicht die übliche und von einem Käufer zu erwartende Beschaffenheit eines Neuwagens aufweist. Da jedoch die Beseitigung des Mangels möglich ist und – bezogen auf ein einzelnes Fahrzeug – einen Kostenaufwand von weniger als 100 € erfordert, kann der Verkäufer eine Nacherfüllung durch Lieferung eines mangelfreien Neuwagens (§ 439 I Fall 2 BGB) gemäß § 439 III BGB verweigern.
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Die Kosten, die der Volkswagen AG in Vorbereitung der konkreten Mangelbeseitigung (z. B. für die Entwicklung eines Softwareupdates) bereits entstanden sind, sind nicht in die nach § 439 III BGB vorzunehmende Abwägung einzustellen, weil es sich dabei um „Sowiesokosten“ handelt. Sie erhöhen sich dadurch, dass ein konkretes Fahrzeug nachgebessert wird, nicht.
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Bei der Beurteilung, ob eine Frist zur Nachbesserung, die der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs dem Verkäufer gemäß § 323 I BGB gesetzt hat, angemessen ist, ist zu berücksichtigen, dass der Käufer sein Fahrzeug uneingeschränkt nutzen kann. Für ihn ist es deshalb weitgehend unerheblich, wann eine Mangelbeseitigung erfolgt.
LG Münster, Urteil vom 04.10.2016 – 02 O 1/16
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Ein vom VW Abgasskandal betroffener Neuwagen ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft. Denn ein durchschnittlicher Neuwagenkäufer darf davon ausgehen, dass das Fahrzeug die gesetzlich vorgegebenen Emissionsgrenzwerte nicht nur deshalb (scheinbar) einhält, weil insbesondere der Ausstoß von Stickoxiden in gesetzlich unzulässiger Weise reduziert wird, sobald eine Software erkennt, dass sich das Fahrzeug auf einem Emissionsprüfstand befindet.
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Der dem Fahrzeug anhaftende Mangel ist schon deshalb nicht i. S. des § 323 V 2 BGB geringfügig, weil er erst behoben werden kann, nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt die erforderliche Freigabe erteilt hat. Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass sich die Berichterstattung über den VW-Abgasskandal negativ auf den Wiederverkaufswert der betroffenen Fahrzeuge auswirkt.
LG Dortmund, Urteil vom 29.09.2016 – 25 O 49/16
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Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist zwar i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft. Einem auf diesen Mangel gestützten Rücktritt des Käufers steht aber § 323 V 2 BGB entgegen, weil er mit einem im Verhältnis zum Kaufpreis geringen Kostenaufwand durch Aufspielen eines Softwareupdates behoben werden kann und das Aufspielen des Updates einen Zeitaufwand von nicht einmal einer Stunde erfordert.
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Es widerspricht der Lebenserfahrung, dass für die Kaufentscheidung einer natürlichen Person eine Rolle spielt, wie viel Stickoxid ein Neuwagen unter Testbedingungen ausstößt. Für einen Neuwagenkäufer ist allenfalls wichtig, welcher Schadstoffklasse das Fahrzeug angehört.
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Bei einem „Montagsauto“ kann dem Käufer eine (weitere) Nacherfüllung i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar sein. Ein Neuwagen ist dann als „Montagsauto“ zu qualifizieren, wenn der bisherige Geschehensablauf aus Sicht eines verständigen Käufers bei wertender und prognostischer Betrachtung die Befürchtung rechtfertigt, es handele sich um ein Fahrzeug, das wegen seiner auf herstellungsbedingten Qualitätsmängeln – namentlich auf schlechter Verarbeitung – beruhenden Fehleranfälligkeit insgesamt mangelhaft ist und das auch zukünftig nicht über längere Zeit frei von herstellungsbedingten Mängeln sein wird. Dafür ist es regelmäßig erforderlich, dass sich innerhalb eines kürzeren Zeitraums eine Vielzahl herstellungsbedingter – auch kleiner – Mängel zeigt, die entweder wiederholt oder erstmals auftreten und bei verständiger Würdigung das Vertrauen des Käufers in eine ordnungsgemäße Herstellung des Fahrzeugs ernsthaft erschüttern.
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Der Käufer eines mangelhaften Neuwagens, der sich für ein Fahrzeug der gehobenen Klasse mit umfangreicher technischer Ausstattung – hier: einen VW Tiguan 2.0 TDI Sport & Style – entschieden und dafür 39.636 € gezahlt hat, muss ein gewisses Maß an Geduld für Nachbesserungsmaßnahmen aufbringen, bevor er dem Verkäufer durch einen Rücktritt vom Kaufvertrag erhebliche Nachteile zufügt.
LG Bamberg, Urteil vom 19.09.2016 – 10 O 129/16
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Ein verständiger Käufer weiß zwar, dass der tatsächliche Kraftstoffverbrauch eines Fahrzeugs von zahlreichen Einflüssen und der individuellen Fahrweise abhängt und deshalb nicht mit den Angaben des Herstellers, die auf einem standardisierten Messverfahren beruhen, gleichgesetzt werden darf. Der Käufer kann aber erwarten, dass die vom Fahrzeughersteller genannten Verbrauchswerte unter Testbedingungen reproduzierbar sind (im Anschluss an OLG Hamm, Urt. v. 07.02.2013 – I-28 U 94/12, juris).
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Ist der unter Testbedingungen ermittelte Kraftstoffverbrauch eines Fahrzeugs um mehr als zehn Prozent höher als vom Hersteller angegeben, liegt ein i. S. des § 323 V 2 BGB erheblicher Mangel vor, der den Käufer grundsätzlich zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt. Maßgeblich ist die Abweichung vom Durchschnittswert („kombiniert“), wenn sich die Herstellerangaben auf verschiedene Fahrzyklen beziehen.
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Ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug ist schon deshalb i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil es zwingend ein Softwareupdate benötigt, um seine Zulassung zum Straßenverkehr zu erhalten.
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Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs muss dem Verkäufer keine Frist zur Nacherfüllung von mehreren Monaten setzen. Denn auch ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug ist schlicht ein mangelhafter Gebrauchsgegenstand. Eine außerhalb des VW-Abgasskandals als angemessen bewertete Frist ist deshalb auch dann angemessen, wenn es um die Nachbesserung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs geht, zumal es schon im Ansatz nicht die Obliegenheit des Käufers ist, an einem möglichst reibungslosen Ablauf der Rückrufaktion der Volkswagen AG mitzuwirken.
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Rechtsanwaltskosten, die einem Käufer für die Geltendmachung eines Nacherfüllungsanspruchs entstehen, kann der Verkäufer dem Käufer gemäß § 439 II BGB verschuldensunabhängig zu ersetzen haben.
LG Essen, Urteil vom 16.09.2016 – 16 O 165/16
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