Tag: Komfortmangel
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Einem Käufer ist es jedenfalls dann nicht verwehrt, von seinem ursprünglichen Nachbesserungsverlangen Abstand zu nehmen und gestützt auf § 437 Nr. 1, § 439 I Fall 2 BGB die Lieferung einer mangelfreien Sache zu verlangen, wenn der Verkäufer die zunächst verlangte Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) nicht zuwege gebracht hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 42 ff.).
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Die Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) eines Neuwagens ist nicht schon deshalb i. S. von § 275 I BGB unmöglich, weil ein Modellwechsel stattgefunden hat. Vielmehr ist der Verkäufer gemäß § 437 Nr. 1, § 439 I Fall 2 BGB (lediglich) verpflichtet, dem Käufer anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und gleichwertige Sache zu liefern, und das kann grundsätzlich auch ein Neufahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion sein (vgl. BGH, Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 24 ff.). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Käufer ausdrücklich die Ersatzlieferung eines Neufahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion verlangt und damit dokumentiert, dass (auch) aus seiner Sicht die vom Verkäufer geschuldete Leistung austauschbar ist.
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Macht ein Käufer seinen Anspruch auf Nacherfüllung (§ 437 Nr. 1, § 439 I BGB) klageweise geltend, dann ist der Verkäufer in der Regel nicht daran gehindert, sich erst im Rechtsstreit darauf zu berufen, dass die von dem Käufer gewählte Art der Nacherfüllung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich sei (§ 439 III BGB a.F. = § 439 IV BGB n.F.). Das gilt auch dann, wenn der Verkäufer vorprozessual lediglich Mängel der Kaufsache in Abrede gestellt und aus diesem Grund die Nacherfüllung verweigert hatte, also vorprozessual von unverhältnismäßigen Kosten keine Rede war (im Anschluss an BGH, Urt. v. 16.10.2013 – VIII ZR 273/12, NJW 2014, 213 Rn. 17).
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Verlangt der Käufer wegen eines Mangels gemäß § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 BGB Schadensersatz statt der ganzen Leistung, so ist bei der Beurteilung, ob die in der Lieferung der mangelhaften Kaufsache liegende Pflichtverletzung des Verkäufers i. S. von § 281 I 3 BGB unerheblich und der Schadensersatzanspruch deshalb ausgeschlossen ist, auf den Zeitpunkt der Geltendmachung des Schadensersatzverlangens abzustellen (vgl. zum Rücktritt BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 29). War zu diesem Zeitpunkt die Ursache des aufgetretenen Mangelsymptoms noch nicht bekannt und deshalb nicht absehbar, ob und gegebenenfalls mit welchem Aufwand der Mangel beseitigt werden kann, ist eine Geringfügigkeit regelmäßig zu verneinen (vgl. BGH, Urt. v. 15.06.2011 – VIII ZR 139/09, NJW 2011, 3708 Rn. 9).
OLG Hamm, Urteil vom 09.05.2019 – 28 U 109/17
(nachfolgend: BGH, Beschluss vom 25.08.2020 – VIII ZR 140/19)
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Ein neues Wohnmobil leidet an einem den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigenden Mangel, wenn kurz vor Erreichen der Betriebstemperatur unter bestimmten Voraussetzungen (Außentemperatur zwischen 13,6 °C und 18,5 °C, Motordrehzahl zwischen 1.500 −1 und 2.000 −1) aus ungeklärter Ursache spürbare Zugkraftunterbrechungen auftreten, die als leichten Ruckeln des Motors wahrnehmbar sind und bei Erreichen der Betriebstemperatur verschwinden. Denn die genannten Voraussetzungen liegen – jedenfalls in Deutschland – bei fast jedem Kaltstart vor, sodass es bei praktisch jeder Fahrt, zumindest aber sehr häufig zu der in Rede stehenden Funktionsbeeinträchtigung kommt.
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Damit die in § 476 BGB vorgesehene Beweislastumkehr zugunsten des Käufers eingreift, muss dieser lediglich beweisen, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine Mangelerscheinung) gezeigt hat, der – unterstellt, er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand – eine Sachmängelhaftung des Verkäufers begründen würde. Der Käufer muss indes weder darlegen noch nachweisen, auf welche Ursache der mangelhafte Zustand zurückzuführen ist. Deshalb greift zu seinen Gunsten die Vermutung des § 476 BGB auch dann ein, wenn die Ursache offengeblieben und damit letztlich ungeklärt geblieben ist, ob überhaupt ein vom Verkäufer zu verantwortender Sachmangel vorlag (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, MDR 2016, 1437 Rn. 36, 55).
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Bei der Beurteilung, ob ein behebbarer Mangel geringfügig und deshalb ein mangelbedingter Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag gemäß § 323 V 2 BGB ausgeschlossen ist, ist grundsätzlich auf den zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Kostenaufwand und nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen. Das gilt aber nicht, wenn die Ursache einer Mangelerscheinung unbekannt ist, da sich dann nicht abschätzen lässt, ob überhaupt und gegebenenfalls mit welchem Aufwand sie aufgefunden und beseitigt werden kann. In einer solchen Situation kann deshalb die Beurteilung, ob der Mangel geringfügig ist, nur an das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung anknüpfen.
OLG Oldenburg, Urteil vom 27.04.2017 – 1 U 45/16
(vorangehend: LG Aurich, Urteil vom 08.09.2016 – 1 O 1195/14)
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Ein mit einem N47-Dieselmotor ausgestatteter BMW X1 sDrive18d leidet nicht deshalb an einem zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigenden Mangel, weil beim Betrieb des Fahrzeugs Geräusche auftreten, die – möglicherweise – im Zusammenhang mit der Steuerkette stehen. Bei diesen Geräuschen handelt es sich vielmehr um ein rein akustisches Problem bzw. ein Komfortproblem, zumal selbst aus sachverständiger Sicht allenfalls „denkbar“ ist, dass sie zu einem Motorschaden führen können.
OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 21.04.2017 – 24 U 26/15
(vorhergehend: LG Darmstadt, Urteil vom 30.01.2015 – 27 O 100/13)
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Zur Unzumutbarkeit einer Fristsetzung zur Nachbesserung bei sporadisch auftretenden sicherheitsrelevanten Mängeln eines verkauften Kraftfahrzeugs.
BGH, Urteil vom 26.10.2016 – VIII ZR 240/15
(vorhergehend: OLG Schleswig, Urteil vom 02.10.2015 – 17 U 43/15)
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Ein Neuwagen ist nicht deshalb i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil Chromzierleisten, mit denen das Fahrzeug als Sonderausstattung versehen ist, unterschiedlich glänzen.
LG Bielefeld, Urteil vom 14.10.2016 – 1 O 231/14
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Ein fabrikneues Wohnmobil weist einen den Käufer zum Rücktritt berechtigenden Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf, wenn kurz vor Erreichen der Betriebstemperatur bei Außentemperaturen zwischen 13,6 °C und 18,5 °C und einer Motordrehzahl von 1.500–2.000 min−1 aus ungeklärter Ursache Zugkraftunterbrechungen auftreten, die als – jedenfalls – leichten Ruckeln des Motors wahrnehmbar sind und bei Erreichen der Betriebstemperatur verschwinden.
LG Aurich, Urteil vom 08.09.2016 – 1 O 1195/14
(nachfolgend: OLG Oldenburg, Urt. v. 27.04.2017 – 1 U 45/16)
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Ein Porsche 911 aus der Modellreihe 997 ist nicht schon deshalb mangelhaft, weil bei ihm aufgrund einer konstruktiven Besonderheit, die vergleichbare Sportwagen anderer Hersteller nicht aufweisen, Wasser in den Motorraum gelangen kann. Denn es besteht zwar die Möglichkeit, dass das Wasser auch den Flachriemen erreicht und diesen durchrutschen lässt, was dann (unter anderem) einen Ausfall der Servopumpe zur Folge hat. Es lässt sich aber nicht feststellen, dass es dazu unter realistischen Bedingungen – zum Beispiel bei Stark- oder Dauerregen oder beim Durchfahren größerer Pfützen – kommen wird.
OLG Hamm, Urteil vom 15.10.2015 – 28 U 158/12
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Zur üblichen Beschaffenheit eines Neuwagens, die ein Käufer erwarten darf, gehört, dass das Fahrzeug dem Stand der Technik zum Zeitpunkt des Erwerbs entspricht. Zu diesem aktuellen Stand der Technik gehört, was geeignet, erprobt und sicher ist; insoweit muss sich das Fahrzeug zum einen am Stand der Serie, aus der es stammt, und zum anderen am Stand der Technik vergleichbarer Fahrzeuge anderer Hersteller messen lassen. Es kommt aber nicht darauf an, ob eine Weiterentwicklung und Verbesserung der Technik denkbar bzw. in der Erprobung ist; denn dass eine Technik hinter der Käufererwartung zurückbleibt oder verbesserungswürdig erscheint, begründet für sich noch keinen Mangel.
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Ein Porsche 911 Turbo S, dessen Tankvolumen im Fahrzeugprospekt mit 67 Litern angegeben wird, ist nicht deshalb mangelhaft, weil nicht der gesamte Kraftstoff für den Fahrzeugbetrieb genutzt werden kann, sondern die Kraftstoffpumpen des Fahrzeugs den im Pumensumpf befindlichen Kraftstoff (ca. 3,3 Liter) nicht erreichen können. Ebenso ist es kein Sachmangel, dass der Bordcomputer des Fahrzeugs schon dann eine Reichweite von noch 0 km anzeigt, wenn sich im Tank noch insgesamt – unter Einschluss des für die Pumpen ohnehin unerreichbaren Kraftstoffs – noch 6,4 Liter Kraftstoff befinden. Dies beruht nämlich nicht auf einem technischen Fehler, sondern ist als Schutz vor Motorschäden gewollt.
OLG Hamm, Urteil vom 16.06.2015 – 28 U 165/13
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Ein Neuwagen, zu dessen Sonderausstattung eine Rückfahrkamera gehört, ist mangelhaft i. S. des § 434 I 1 BGB, wenn die Kamera dem Fahrer den Bereich hinter dem Fahrzeug ausweislich des Verkaufsprospekts des Herstellers und der Betriebsanleitung mit statischen und dynamischen Hilfslinien anzeigt, tatsächlich aber keine Hilfslinien in das Kamerabild eingeblendet werden. Jedenfalls liegt unter diesen Umständen ein Mangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2, I 3 BGB vor.
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Ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung indiziert regelmäßig die Erheblichkeit der in der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache liegenden Pflichtverletzung des Verkäufers (im Anschluss an BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VIII ZR 374/11, NJW 2013,1365; Urt. v. 17.02.2010 – VIII ZR 70/07, NJW-RR 2010, 1289). Die bewusste Entscheidung des Käufers für eine teure Zusatzausstattung – hier: eine Rückfahrkamera – steht deshalb grundsätzlich der Annahme entgegen, deren vollständiges oder teilweises Fehlen sei nur unerheblich. Daran ändert nichts, dass Fahrzeugnutzer in früheren Zeiten ohne die technischen Möglichkeiten, die Fahrzeuge heute zumindest gegen Aufpreis bieten, ausgekommen sein mögen.
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Ob ein behebbarer Mangel erheblich ist, richtet sich grundsätzlich nach der Höhe der voraussichtlich aufzuwendenden Mängelbeseitigungskosten. Auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung kommt es dagegen nur ausnahmsweise an, nämlich wenn sich der Mangel nicht oder nur mit einem hohen Kostenaufwand beseitigen lässt.
OLG Hamm, Urteil vom 09.06.2015 – 28 U 60/14
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Der Käufer eines Neuwagens (hier: eines Lexus) kann zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt sein, wenn das Fahrzeug nicht mit einem fest installierten und beleuchteten Aschenbecher ausgestattet ist, obwohl der Käufer deutlich gemacht hat, dass ihm dieses Ausstattungsmerkmal ganz wichtig sei. Dies gilt umso mehr, als das Fehlen eines fest installierten und beleuchteten Aschenbechers keine bloße Bagatelle ist, sondern mit für einen Raucher nicht unerheblichen Beeinträchtigungen einhergeht.
OLG Oldenburg, Urteil vom 10.03.2015 – 13 U 73/14
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