Ein fabrikneues Wohnmobil weist einen den Käufer zum Rücktritt berechtigenden Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf, wenn kurz vor Erreichen der Betriebstemperatur bei Außentemperaturen zwischen 13,6 °C und 18,5 °C und einer Motordrehzahl von 1.500–2.000 min−1 aus ungeklärter Ursache Zugkraftunterbrechungen auftreten, die als – jedenfalls – leichten Ruckeln des Motors wahrnehmbar sind und bei Erreichen der Betriebstemperatur verschwinden.

LG Aurich, Urteil vom 08.09.2016 – 1 O 1195/14
(nachfolgend: OLG Oldenburg, Urt. v. 27.04.2017 – 1 U 45/16)

Sachverhalt: Die Kläger verlangen von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrages.

Sie erwarben von der Beklagten im September 2012 ein neues Wohnmobil „Challenger Genesis 32“ zum Preis von 42.350 €. Bei der Übergabe des Fahrzeugs am 19.09.2012 händigte der Geschäftsführer der Beklagten den Klägern ein an die Beklagte gerichtetes Schreiben der Fahrzeugherstellerin, der Ford-Werke GmbH, vom 26.04.2011 mit dem Hinweis aus, die Beklagte könne als Wohnmobilhändlerin bei irgendwelchen technischen Schwierigkeiten nichts unternehmen, sondern werde die Kläger an eine Ford-Vertragswerkstatt verweisen.

Die Kläger behaupten, dass in der Folgezeit zahlreiche Probleme an dem Wohnmobil aufgetreten seien. Es sei immer wieder zu Ölverdünnungen gekommen, sodass das Fahrzeug alle 1.500–2.000 km einen Ölwechsel verlangt habe, der dann auch durchgeführt worden sei. Bei Temperaturen unter 15–20 °C ruckele der Motor enorm, und es träten heftige Vibrationen auf; das Ruckeln sei häufig von akustisch und mechanisch deutlich wahrnehmbaren „Schlägen“ im Motor begleitet.

In verschiedenen Ford-Vertragswerkstätten hätten mehrere Nachbesserungsversuche stattgefunden, die sämtlich erfolglos geblieben seien. Im Mai 2013 sei das Wohnmobil bei der Firma G in L. wegen des monierten Ruckelns eingehend untersucht worden, ohne dass ein Fehler gefunden worden sei. Am 08.10.2013 habe das Fahrzeug bei einer Laufleistung von 5.716 km bei der Firma A in P. ein Softwareupdate erhalten, und am 28.04.2014 (Laufleistung: 6.231 km) sei bei der Firma G eine neue Motorsoftware installiert worden, ohne dass eine Änderung des Fahrzeugverhaltens eingetreten sei. In der Zeit vom 24.06. bis zum 27.06.2014 (Laufleistung: 8.483 km) habe die Firma G das Fahrzeug erneut wegen des Motorruckelns überprüft und eine defekte Einspritzdüse ausgetauscht. Bei einer anschließenden Probefahrt sei das Ruckeln indes immer noch vorhanden gewesen.

Mit Schreiben vom 15.08.2014 erklärten die Kläger gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag. Gleichzeitig erklärten sie sich breit der Beklagten einen letzten Nachbesserungsversuch einzuräumen. Das Wohnmobil wurde deshalb ins Herstellerwerk nach Köln verbracht und dort überprüft. Ein Fehler wurde nicht festgestellt. Vor diesem Hintergrund lehnte die Beklagte Gewährleistungsansprüche der Kläger ebenso ab wie eine Rückabwicklung des Kaufvertrages.

Mit ihrer Klage machen verlangen die Kläger – jeweils nebst Zinsen – die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Wohnmobils sowie den Ersatz vergeblicher Aufwendungen.

Die Beklagte und ihre Streithelfer behaupten, dass das streitgegenständliche Fahrzeug keine technischen Mängel aufweise. Vielmehr sei das von den Klägern als störend empfundene Ruckeln – falls es überhaupt vorhanden sei – eine notwendige technische Regenerationsphase des Dieselpartikelfilters. Die Beklagte und ihre Streithelfer sind der Auffassung, dass die Beklagte sich die behaupteten Arbeiten in den Ford-Vertragswerkstätten nicht zurechnen lassen müsse. Denn die Beklagte – so behaupten sie – sei erstmals am 11.08.2014 telefonisch über die behaupteten Mängel informiert worden, obwohl die Kläger nach ihrem Vortrag seit dem 28.05.2013 regelmäßig Ford-Vertragswerkstätten aufgesucht hätten. Folglich hätten die Kläger die Beklagte entgegen deren Neuwagen-Verkaufsbedingungen nicht unverzüglich davon unterrichtet, dass sie Nachbesserungsarbeiten nicht von der Beklagten, sondern von einem vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieb hätten ausführen lassen.

Die Klage hatte im Wesentlichen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages … über das Wohnmobil … aus §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 440, 346, 323, 434 I 2 Nr. 2 BGB.

Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag über das streitgegenständliche Wohnmobil zustande kommen.

Das gemäß § 346 I BGB zunächst erforderliche Rücktrittsrecht der Kläger folgt daraus, dass das von ihnen erworbene Fahrzeug im Zeitpunkt der Übergabe und der Rücktrittserklärung nachweislich mangelhaft gewesen ist (§ 437 Nr. 2 Fall 1 BGB).

Gemäß § 433 I 2 BGB hat der Verkäufer dem Käufer die verkaufte Sache frei von Sach- und Rechtsmängel zu verschaffen. Gemäß § 434 I 1 und 2 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit – wie hier – nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, und sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Die Beweislast für diese Voraussetzungen trägt der Kläger, der den Anforderungen des § 286 ZPO entsprechend beweisen muss, dass ein Mangel bei Übergabe der Kaufsache vorlag und trotz etwaiger Nachbesserungsversuche des Verkäufers weiter vorhanden ist. Dabei kommt den Klägern die Vermutung des § 476 BGB zugute, da der streitgegenständliche Kaufvertrag ein Verbrauchsgüterkauf i. S. des § 474 I BGB gewesen ist.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit fest, dass das Fahrzeug bei Übergabe an den Kläger mit einem Mangel behaftet war, der dazu geführt hat, dass das Fahrzeug bei der Fahrt mit bestimmten Außentemperaturen, einer bestimmten Betriebstemperatur und bestimmten Motordrehzahlen ein “Ruckeln“ aufwies und weiterhin aufweist. Damit weist das Fahrzeug nicht die Beschaffenheit auf, die bei einem Neufahrzeug üblich ist und die der Käufer erwarten kann.

Nach der Beweisaufnahme durch Einholung des Gutachtens und der ergänzenden Vernehmung des Sachverständigen R steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Fahrzeug ein – jedenfalls – leichtes Ruckeln des Motors, das nach einigen Minuten Fahrzeit mit Erreichen der Betriebstemperatur verschwindet, aufweist. Es tritt kurz vor Erreichen der Betriebstemperatur bei Außentemperaturen zwischen 13,6 °C und 18,5 °C und einer Motordrehzahl zwischen 1.500 und 2.000 Umdrehungen auf. Der Sachverständige hat zwei Probefahrten mit dem Fahrzeug durchgeführt, bei denen jeweils dieses Phänomen einsetzte. Der Sachverständige konnte zwar nicht das von den Klägern geschilderte erhebliche Ruckeln und heftige Vibrationen sowie deutlich wahrnehmbare „Schläge“ feststellen, vermerkte jedoch das nicht dem normalen Betriebsverhalten des Motors entsprechende leichte „Ruckeln“. Die Ursache für die zu dem Motorruckeln führenden Zugkraftunterbrechungen konnte der Sachverständige zwar nicht feststellen, dies ist aber unerheblich. Den Klägern obliegt es nicht, die Ursache für das Mangelsymptom nachzuweisen. Insoweit genügt es, wenn der Nachweis gelingt, dass die Ursache nicht in einer unsachgemäßen Behandlung durch sie oder Dritte begründet ist.

Um dies auszuschließen, hat der Sachverständige das Fahrzeug bei der zweiten Probefahrt mit eingestelltem Tempomaten gefahren; die Zugkraftunterbrechungen traten dennoch auf. Auch konnte der Sachverständige nachvollziehbar darlegen, dass das „Ruckeln“ nicht auf ein untertouriges Fahren zurückgeführt werden kann. Das Fahrzeug zeige schon bei 2.000 Umdrehungen an, dass man in den nächsten Gang schalten solle; es habe ein sehr großes Drehmoment, welches man bei circa 1.500–2.000 Umdrehungen fahre. Ebenso konnte der Sachverständige ausschließen, dass die Zugkraftunterbrechung auf eine lange Standzeit des Fahrzeugs zurückzuführen war, da er die zweite Probefahrt relativ kurzfristig nach der ersten Probefahrt vorgenommen hat. Als ausschließliche Ursache für die Zugkraftunterbrechungen kann somit eine unsachgemäße Behandlung oder Fahrweise durch die Kläger ausgeschlossen werden. Auch konnte der Sachverständige als mögliche Ursache eine möglicherweise noch nicht erfolgte Regeneration des Dieselpartikelfilters ausschließen, da die Kläger eine längere Fahrt bis nach Österreich mit dem Fahrzeug unternommen hatten, die für die Regeneration des Partikelfilters ausgereicht habe. Damit kommen ausschließlich Ursachen für die Zugkraftunterbrechung in Betracht, die im Fahrzeug selbst begründet liegen.

Es kann dahinstehen, ob der Wirksamkeit des im Schreiben vom 15.08.2014 erklärten Rücktritts entgegensteht, dass die Kläger die Beklagte zuvor nicht unter Fristsetzung zur Nacherfüllung … aufgefordert hatten. Dementsprechend kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte sich die Nachbesserungsversuche der durch vom Hersteller autorisierten Betriebe zurechnen lassen muss. Denn die Kläger haben den Rücktritt mehrfach erklärt. Die Klageschrift vom 23.12.2014 sowie die Klageerweiterung vom 19.02.2015 enthalten eindeutig Aufforderungen, den Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu erstatten. Darin liegt das Begehren (§§ 133, 157 BGB), den Kaufvertrag wegen Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs rückabzuwickeln. Zuvor war der Beklagten im Schreiben vom 15.08.2014 die Gelegenheit gegeben worden, das Fahrzeug zu überprüfen und gegebenenfalls nachzubessern. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 13.10.2014 an die Prozessbevollmächtigten der Kläger eindeutig und endgültig deutlich gemacht, dass sie das Fahrzeug als mangelfrei ansieht und eine Nachbesserung nicht vornehmen wird. Spätestens nach diesem Schreiben war für die Erklärung des Rücktritts eine weitere Fristsetzung nicht erforderlich, sodass der mit Klage und Klageerweiterung erklärte Rücktritt wirksam ist. Das Recht der Kläger war durch den möglicherweise unwirksam erklärten Rücktritt vom 15.08.2014 nicht erloschen. Das Recht konnte erneut ausgeübt werden.

Der Wirksamkeit des Rücktritts steht § 323 V 2 BGB nicht entgegen. Durch die vom Sachverständigen festgestellten Zugkraftunterbrechungen wird die Gebrauchstauglichkeit des Fahrzeugs mehr als nur unerheblich beeinträchtigt. Nach den Feststellungen des Sachverständigen traten bei beiden von ihm durchgeführten Probefahrten Zugkraftunterbrechungen vor Erreichen der Betriebstemperatur auf. Auch wenn dieses Phänomen nur unter bestimmten äußeren Umständen und für einen kurzen Zeitraum auftritt, ist zu berücksichtigen, dass die Ursache dieses Phänomens nicht ermittelt werden konnte. Die Ursache der Fehlfunktionen konnte selbst bei einer Untersuchung beim Hersteller, Ford-Werke GmbH, nicht festgestellt werden. Auch der vom Gericht eingeschaltet Sachverständige konnte eine Ursache für die Zugkraftunterbrechungen nicht feststellen. Ein solcher Befund ist regelmäßig als erheblicher Mangel einzustufen (BGH, Urt. v. 05.11.2008 – VIII ZR 166/07, NJW 2009, 508 Rn. 19).

Die Kläger sind wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Sie sind berechtigt die Rückabwicklung des mit der Beklagten geschlossenen Vertrages zu verlangen.

Gemäß § 346 I BGB sind im Falle des wirksamen Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben; außerdem besteht unter den Voraussetzungen des § 347 II BGB ein Anspruch auf Verwendungsersatz.

Dementsprechend können die Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs verlangen.

Die Kläger haben gegenüber der Beklagten außerdem Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für die durchgeführten Ölwechsel. Gemäß § 347 II BGB sind dem Rückgewährschuldner die notwendige Verwendung, die dieser auf den zurückgewährten Gegenstand gemacht hat, ebenfalls zu ersetzen. Zu den notwendigen Verwendung im Sinne dieser Vorschrift zählen alle Aufwendungen, die zur Erhaltung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache erforderlich sind; darüber hinaus aber auch die gewöhnlichen Erhaltungskosten, da der Rückgewährschuldner im Rahmen der §§ 346 ff. BGB die Nutzung herausgeben bzw. vergüten muss (OLG Hamm, Urt. v. 10.02.2005 – 28 U 147/04, NJW-RR 2005, 1220). Deshalb sind hier die Kosten für Ölwechsel in Höhe von 486,56 € zu zahlen. Das Gericht ist aufgrund der von den Klägern vorgelegten Rechnungen, auf denen auch vermerkt wurde, dass die Ölservice-Kontrollleuchte leuchtet, davon überzeugt, dass die Kläger die Ölwechsel aufgrund der Anforderungen des Fahrzeugs durchgeführt haben. Sie sind als notwendige Verwendungen den Klägern zu erstatten. Ein Anspruch darauf besteht aber erst bei Rückgabe des Fahrzeugs, sodass dieser Anspruch nur Zug um Zug gegen Rückgabe besteht.

Soweit die Kläger Zinsvorteile als Nutzungsersatz für den gezahlten Kaufpreis von der Beklagten verlangen, fehlt es an hinreichendem Sachvortrag zu gezogenen Nutzungen. Allein der Hinweis, dass ein solcher Anspruch grundsätzlich gegeben ist, reicht nicht aus.

Die Kläger müssen sich auf ihren Rückzahlungsanspruch die von ihnen gezogenen Nutzungen anrechnen lassen.

Gemäß § 346 I BGB sind im Falle des Rücktritts, auch bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache, die vom Käufer während der Zeit gezogenen Nutzungen herauszugeben. Der Wert von Gebrauchsvorteilen bei der Eigennutzung beweglicher Sachen berechnet sich grundsätzlich nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung, also nach einem Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebrauch und der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer der Sache unter Berücksichtigung des Werts der Sache bzw. des vereinbarten Kaufpreises (Palandt/Grüneberg, BGB, 76.  Aufl. [2017], § 346 Rn. 10). Der Wert der Nutzung des neu erworbenen Wohnmobils durch die Kläger ist dementsprechend anhand des Bruttokaufpreises, der Fahrstrecke und der zu erwartenden Restlaufleistung auf der Grundlage linearer Wertermittlung zu berechnen. Die Kläger haben mit dem Fahrzeug 11.863 km zurückgelegt. Zwar diente ein Teil davon Nachbesserung bzw. Mangelsuche; da die Kläger dazu jedoch keine hinreichenden Grundlagen vorgetragen haben, ist insoweit auch auf der Basis einer Mindestschätzung kein Abzug zugunsten der Kläger möglich.

Die Gesamtlaufleistung des Wohnmobils schätzt das Gericht in Anlehnung an andere Gerichtsentscheidungen auf rund 200.000 km, die Nutzungsvergütung auf 0,67 % des Kaufpreises je 1.000 gefahrene Kilometer. Daraus errechnet sich eine Nutzungsvergütung in Höhe von (0,0067 × 42.350 € × 11,8 =) 3.348,19 €.

Zwar wird in der Rechtsprechung bei der Berechnung der Nutzungsvergütung für Wohnmobile zum Teil nicht auf die Fahrleistung, sondern auf die Lebensdauer abgestellt, weil Fahrzeuge dieser Art bestimmungsgemäß in mehr oder weniger großem Umfang auch während der Standzeit genutzt werden. Davon hat das Gericht im Rahmen des ihm von § 287 II ZPO eingeräumten Schätzermessens im vorliegenden Fall keinen Gebrauch gemacht. Das wäre hier nicht angemessen, weil die Kläger, wie sich an der geringen Fahrleistung über vier Jahre zeigt, das Fahrzeug kaum für Urlaubsfahrten genutzt haben.

Die berechtigten Ansprüche der Kläger errechnen sich danach wie folgt: Der zu erstattende Kaufpreis beträgt 42.350 €, hiervon in Abzug zu bringen ist der Gebrauchsvorteil in Höhe von 3.348,19 €. Danach verbleibt ein Betrag in Höhe von 39.001,81 €. Hinzu kommt die Vergütung für die Ölwechsel in Höhe von 486,56 €. Diese Beträge sind erst ab Rechtshängigkeit zu verzinsen, da als wirksame Rücktrittserklärung erst die Klageschrift angesehen werden kann.

Ein Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten ist nicht zu erkennen. Er besteht erst ab Eintritt des Verzugs der Beklagten. Dass ein solcher Verzugseintritt vor Einschaltung der Prozessbevollmächtigten der Kläger eingetreten ist, ist nicht ersichtlich. …

Hinweis: Mit ihren Berufungen gegen dieses Urteil haben die Beklagte und eine ihrer Streithelferinnen im Wesentlichen geltend gemacht, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass das bei dem erworbenen Wohnmobil zeitweise auftretende „Ruckeln“ des Motors einen Sachmangel darstelle, der bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen habe. Jedenfalls sei ein „Ruckeln“ als reiner Komfortmangel hinzunehmen. Zudem sei ein Rücktrittsrecht der Kläger gemäß § 323 V 2 BGB wegen Geringfügigkeit des Mangels ausgeschlossen. Die Rechtsmittel hatten keinen Erfolg; das OLG Oldenburg hat sie mit Urteil vom 27.04.2017 – 1 U 45/16 – zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

II. … Die Kläger können von der Beklagten die Rückabwicklung des im September 2012 geschlossenen Kaufvertrags über das Wohnmobil … in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang gemäß §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 434 I, 323, 326 V BGB verlangen.

1. Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, ist das erworbene Wohnmobil mangelhaft.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Ing. R tritt bei Fahrten mit dem Fahrzeug kurz vor Erreichen der Betriebstemperatur bei Außentemperaturen zwischen 13,6 °C und 18,5 °C und einer Motordrehzahl zwischen 1.500 und 2.000 Umdrehungen ein „Ruckeln“ des Motors auf, das mit Erreichen der Betriebstemperatur wieder verschwindet. Die entsprechenden Feststellungen sind für den Senat bindend (§ 529 I 1 ZPO). Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen, sind nicht gegeben.

Aufgrund dieses  „Ruckelns“ des Motors ist das erworbene Wohnmobil nicht sachmangelfrei i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB. Denn vorbehaltlich weitergehender Anforderungen (vgl. § 434 I 1, 2 Nr. 1 BGB) ist eine Sache nach dieser Bestimmung (nur dann) frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Es kommt dabei auf die berechtigten Erwartungen eines verständigen Käufers an. Maßstab ist das Niveau, das nach Typ, Alter und Laufleistung vergleichbarer Fahrzeuge anderer Hersteller erreicht wird und das der Markterwartung entspricht (vgl. OLG Köln, Urt. v. 27.04.2010 – 15 U 185/09, NJW-RR 2011, 61).

Hiernach weist das Wohnmobil – wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat – nicht eine Beschaffenheit auf, die bei Fahrzeugen der gleichen Art üblich ist und die die Kläger als Käufer erwarten durften. Nach Auffassung des Senats durften die Kläger im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Fahrzeug um ein Neufahrzeug eines deutschen Fahrzeugherstellers zu einem Kaufpreis von 42.350 € handelt, die berechtigte Erwartung haben, dass das Fahrzeug nicht einen Antrieb hat, der unter bestimmten Voraussetzungen vor Erreichen der Betriebstemperatur „ruckelt“. Anders als die Berufung der Beklagten meint, stellt diese Fehlfunktion des Motors auch nicht lediglich einen (lässlichen) Komfortmangel dar, der hinzunehmen ist. Dies folgt bereits daraus, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen mit dem Auftreten des Ruckelns zugleich eine spürbare Zugkraftunterbrechung eintritt, sodass zumindest zeitweise nur eine reduzierte Motorkraft vorhanden ist. 

b) Nach der – zugunsten der Kläger als Verbraucher anwendbaren – Vorschrift des § 476 BGB ist zu vermuten, dass der Sachmangel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs und damit bei Übergabe des Fahrzeugs im Septemer 2012 vorlag.

Nach der neuen Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, MDR 2016, 1437) ist eine richtlinienkonforme Auslegung des § 476 BGB dahin geboten, dass der Käufer lediglich den Nachweis führen muss, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine Mangelerscheinung) gezeigt hat, der – unterstellt, er beruhe auf einer dem Verkäufer zuzurechnenden Ursache – eine Haftung des Verkäufers wegen Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen würde (BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, MDR 2016, 1437 Rn. 36).

Dieser hiernach erforderliche Nachweis ist den Klägern gelungen.

Nach der persönlichen Anhörung der Parteien steht zur Überzeugung des Senats fest, dass sich die Mangelerscheinung bereits von Anfang an und damit binnen sechs Monaten nach der Übergabe des Fahrzeugs gezeigt hat. Der Kläger hat nachvollziehbar geschildert, dass das Wohnmobil von Anfang an geruckelt habe und er dies bereits im September/Oktober 2012, nach circa 200 gefahrenen Kilometern, in der Werkstatt G in L. moniert habe, ihm aber geraten worden sei, das Fahrzeug zunächst weiter einzufahren. Inzwischen würden sie das Wohnmobil aufgrund eines befürchteten Motorschadens gar nicht mehr fahren. Diese Angaben hat die Klägerin ebenfalls glaubhaft bestätigt.

Dagegen ist der zur Widerlegung der Vermutung zu erbringende Beweis des Gegenteils (§  92 ZPO) dahin, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang aufgetretene mangelhafte Zustand auf eine nach Gefahrübergang eingetretene, der Beklagten als Verkäuferin nicht zuzurechnende Ursache zurückzuführen ist, nicht erbracht. Das Landgericht hat auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen vielmehr als ausgeschlossen erachtet, dass das auftretende „Ruckeln“ des Motors lediglich auf einer unsachgemäßen Behandlung oder Fahrweise durch die Kläger beruht oder seine Ursache in einer noch nicht erfolgten Regeneration des Dieselpartikelfilters hat. Die entsprechenden Feststellungen des Landgerichts sind – wenngleich sie in der Annahme einer Beweislastverteilung nach der früheren Rechtsprechung getroffen worden sind – für den Senat bindend (§ 529 I 1 ZPO). Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen begründen, zeigen die Berufungen nicht auf und sind auch nicht erkennbar.

Dass die genaue Ursache für die Fehlfunktion des Motors letztlich nicht geklärt werden konnte, sondern nach den Ausführung des Sachverständigen lediglich davon auszugehen ist, dass ein Fehler in der Gemischbildung vorliegen muss, steht dem Eingreifen der Vermutung des § 476 BGB zugunsten der Kläger als Käufer nicht entgegen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, MDR 2016, 1437 Rn. 36, 55).

2. Die Kläger haben der Beklagten darüber hinaus erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt (§ 323 I BGB). Zwar war dieses Erfordernis noch nicht zum Zeitpunkt der (ersten) Rücktrittserklärung mit Schreiben vom 15.08.2014 gegeben, weil erst in diesem Schreiben eine entsprechende Frist gesetzt worden war. Nachdem aber auf Veranlassung der Beklagten ein Nachbesserungsversuch in den Ford-Werkstätten in Köln stattgefunden hat, der erfolglos war, lagen die Rücktrittsvoraussetzungen jedenfalls vor der Klagerhebung vor. In dieser ist – neben dem weiteren Schreiben vom 27.08.2014 – zugleich eine erneute (konkludente) Rücktrittserklärung zu sehen. Es kommt daher darauf, ob eine Fristsetzung entbehrlich gewesen wäre, weil eine Nachbesserung bereits aufgrund von wiederholt in Ford-Vertragswerkstätten durchgeführten Nachbesserungsversuchen als fehlgeschlagen zu werten gewesen wäre, nicht an. Im Übrigen hat die Beklagte – wie bereits das Landgericht ausgeführt hat – auch nach Auffassung des Senats mit Schreiben vom 13.10.2014 eine weitere Nachbesserung ernsthaft und endgültig verweigert.

3. Der Rücktritt ist nicht gemäß § 323 V 2 BGB ausgeschlossen.

Ob eine Pflichtverletzung als unerheblich einzustufen, der Mangel also als geringfügig anzusehen ist, beurteilt sich im Wege einer umfassenden Interessenabwägung (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 16; Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 27). Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Erheblichkeitsschwelle des § 323 V 2 BGB bei einem behebbaren Sachmangel jedenfalls in der Regel bereits dann als erreicht anzusehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises überschreitet (BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 28 m. w. Nachw.). Solange jedoch – wie hier – die Ursache eines aufgetretenen Mangelsymptoms unklar ist, lässt sich nicht abschätzen, ob überhaupt und mit welchem Aufwand die Ursache aufgefunden und in der Folge beseitigt werden kann. In dieser Situation kann die Geringfügigkeit eines Mangels deshalb regelmäßig nur an der von dem Mangelsymptom ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung gemessen werden (BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 30).

Nach diesem Maßstab liegt hier nach Auffassung des Senats nicht lediglich ein geringfügiger Mangel vor. Zwar hat der Sachverständige bei den durchgeführten zwei Probefahrten lediglich ein leichtes Ruckeln feststellen können, das nach zwei bis vier Minuten wieder beendet war, und nicht ein an sich geltend gemachtes heftiges Ruckeln mit Vibrationen. Die Voraussetzungen, unter denen das festgestellte Ruckeln auftritt – nämlich bei Temperaturen kurz vor Erreichen der Betriebstemperatur, bei Außentemperaturen zwischen 13,6 °C und 18,5 °C und Motordrehzahlen zwischen 1.500 und 2.000 Umdrehungen –, liegen aber (jedenfalls in Deutschland) regelmäßig bei fast jedem Kaltstart vor, sodass die Funktionsbeeinträchtigung bei praktisch jeder Fahrt bzw. zumindest sehr häufig zum Tragen kommt. Im Übrigen hat der Sachverständige – wie bereits ausgeführt – festgestellt, dass mit dem Auftreten des Ruckelns zugleich eine spürbare Zugkraftunterbrechung eintritt, sodass zumindest zeitweise eine nur reduzierte Motorkraft vorhanden ist. Hinzu kommt, dass die genaue Ursache für die Fehlfunktion des Motors nicht geklärt werden konnte bzw. nach den Aussagen des Sachverständigen davon auszugehen ist, dass ein Fehler in der Gemischbildung vorliegt, sodass die Käufer die berechtigte Befürchtung haben können, dass es zumindest langfristig zu Motorschäden kommt, zumal im Übrigen in der Fachpresse – wie sich aus den von den Klägern zu den Akten gereichten Artikeln entnehmen lässt – wiederholt über das Auftreten von Motorschäden bei dem gleichen Fahrzeugmodell berichtet worden ist.

Soweit die Beklagte schließlich darauf verweist, dass ein Ruckeln des Fahrzeugs zu vermeiden sei, wenn das Getriebe frühzeitig in den dritten Gang geschaltet werde, kann dies zu keiner anderen Bewertung führen. Selbst wenn die Behauptung der Beklagten zutreffend sein sollte, bleibt es dabei, dass eine Fehlfunktion des Motors gegeben ist, die die Kläger als Käufer nicht hinzunehmen haben.

4. Die Kläger können die Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß § 346 BGB in dem vom Landgericht zugesprochenen Umfang verlangen. Das Landgericht hat dabei insbesondere zutreffend einen Gegenanspruch auf Wertersatz in Höhe von 3.348,19 € wegen der Gebrauchsvorteile des Wohnmobils während der Besitzzeit der Kläger unter Berücksichtigung einer zu erwartenden Gesamtfahrleistung von 200.000 km in Abzug gebracht. Auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts, die von den Berufungen nicht angegriffen werden, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. …“

PDF erstellen