Tag: Erfüllungsort
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Art. 3 III der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten für die Bestimmung des Ortes zuständig bleiben, an dem der Verbraucher gemäß dieser Vorschrift dem Verkäufer ein im Fernabsatz erworbenes Verbrauchsgut für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands bereitzustellen hat. Dieser Ort muss für eine unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands binnen einer angemessenen Frist ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher geeignet sein, wobei die Art des Verbrauchsgutes sowie der Zweck, für den der Verbraucher das Verbrauchsgut benötigte, zu berücksichtigen sind. Insoweit ist das nationale Gericht verpflichtet, eine mit der Richtlinie 1999/44 vereinbare Auslegung vorzunehmen und gegebenenfalls auch eine gefestigte Rechtsprechung zu ändern, wenn diese auf einer Auslegung des nationalen Rechts beruht, die mit den Zielen dieser Richtlinie unvereinbar ist.
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Art. 3 II bis IV der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass das Recht des Verbrauchers auf eine „unentgeltliche“ Herstellung des vertragsgemäßen Zustands eines im Fernabsatz erworbenen Verbrauchsgutes nicht die Verpflichtung des Verkäufers umfasst, wenn das Verbrauchsgut zum Zweck der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands an den Geschäftssitz des Verkäufers transportiert wird, einen Vorschuss auf die damit verbundenen Kosten zu leisten, sofern für den Verbraucher die Tatsache, dass er für diese Kosten in Vorleistung treten muss, keine Belastung darstellt, die ihn von der Geltendmachung seiner Rechte abhalten könnte; dies zu prüfen ist Sache des nationalen Gerichts.
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Art. 3 III i. V. mit Art. 3 V zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens der Verbraucher, der dem Verkäufer die Vertragswidrigkeit des im Fernabsatz erworbenen Verbrauchsgutes mitgeteilt hat, dessen Transport an den Geschäftssitz des Verkäufers für ihn eine erhebliche Unannehmlichkeit darstellen könnte, und der dem Verkäufer dieses Verbrauchsgut an seinem Wohnsitz zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands bereitgestellt hat, mangels Abhilfe binnen einer angemessenen Frist die Vertragsauflösung verlangen kann, wenn der Verkäufer keinerlei angemessene Maßnahme ergriffen hat, um den vertragsgemäßen Zustand des Verbrauchsgutes herzustellen, wozu auch gehört, dem Verbraucher den Ort mitzuteilen, an dem er ihm dieses Verbrauchsgut zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands bereitstellen muss. Insoweit ist es Sache des nationalen Gerichts, anhand einer mit der Richtlinie 1999/44 vereinbaren Auslegung sicherzustellen, dass der Verbraucher sein Recht auf Vertragsauflösung ausüben kann.
EuGH (Erste Kammer), Urteil vom 23.05.2019 – C-52/18 (Fülla/Toolport GmbH)
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Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers muss dessen Bereitschaft umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen, damit der Verkäufer prüfen kann, ob der Käufer zu Recht Nacherfüllung verlangt.
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Ist der Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung am Wohn- oder Geschäftssitz des Verkäufers zu erfüllen und muss deshalb die Kaufsache (hier: ein Gebrauchtwagen) dorthin verbracht werden, so hat der Verkäufer dem Käufer auf dessen Verlangen zwar grundsätzlich einen Transportkostenvorschuss zu gewähren. Ein Anspruch des Käufers auf einen Transportkostenvorschuss besteht aber nicht, wenn der Verkäufer bereit ist, die Kaufsache auf eigene Kosten beim Käufer abzuholen und zum Erfüllungsort der Nacherfüllung und zurück zu transportieren.
OLG Köln, Beschluss vom 23.10.2018 – 16 U 113/18
(vorangehend: LG Aachen, Urteil vom 14.06.2018 – 12 O 29/18)
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Jedenfalls nach einem Rücktritt (hier: des Käufers) von einem beiderseits vollständig erfüllten Kaufvertrag sind sämtliche Rückgewährpflichten einheitlich dort zu erfüllen, wo sich die Kaufsache im Zeitpunkt des Rücktritts vertragsgemäß befindet. Gemeinsamer Erfüllungsort ist also in der Regel der Ort, an dem der Käufer seinen Wohnsitz hat. Der Käufer kann deshalb regelmäßig gestützt auf § 29 I ZPO bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen Amts- oder Landgericht Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache, erheben.
OLG München, Urteil vom 04.10.2018 – 24 U 1279/18
(vorangehend: LG Memmingen, Urteil vom 04.04.2018 – 31 O 846/17)
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Entgegen der herrschenden Meinung sind nach einem mangelbedingten Rücktritt des Käufers von einem Kfz-Kaufvertrag sämtliche Rückgewähransprüche – und damit auch der Anspruch des Käufers auf Rückzahlung des Kaufpreises – nicht einheitlich dort zu erfüllen, wo sich das Fahrzeug im Zeitpunkt des Rücktritts vertragsgemäß befindet. Vielmehr muss grundsätzlich der Erfüllungsort für jede Rückgewährpflicht gesondert bestimmt werden; der Verkäufer hat deshalb seine Pflicht zur Rückzahlung des Kaufpreises regelmäßig an seinem Wohn- oder Geschäftssitz zu erfüllen (§§ 269 I, II, 270 IV BGB).
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Der Käufer eines Fahrzeugs, der sich dafür entscheidet, mit einem nicht an seinem Wohnsitz ansässigen Verkäufer zu kontrahieren, geht damit bewusst das Risiko ein, einen Rechtsstreit am Wohn- oder Geschäftssitz des Verkäufers führen zu müssen.
LG Augsburg, Beschluss vom 25.09.2018 – 082 O 2813/18
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Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers muss dessen Bereitschaft umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen, damit der Verkäufer insbesondere prüfen kann, ob der vom Käufer behauptete Mangel vorliegt und ob und wie dieser Mangel gegebenenfalls beseitigt werden kann. Der Verkäufer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm die Gelegenheit zu einer entsprechenden Untersuchung der Kaufsache gegeben hat.
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Erfordert eine Nacherfüllung den Transport eines angeblich mangelhaften Fahrzeugs an einen entfernt liegenden Ort – den Erfüllungsort der Nacherfüllung –, so kann der Käufer vom Verkäufer zwar grundsätzlich gestützt auf § 439 II BGB vorab einen (abrechenbaren) Vorschuss zur Abdeckung der Transportkosten verlangen. Einen Anspruch auf einen Transportkostenvorschuss hat der Käufer aber nur, wenn bei ihm Kosten für einen Transport des Fahrzeugs auch tatsächlich anfallen werden. Eine Vorschusspflicht des Verkäufers besteht deshalb nicht, wenn dieser bereit ist, das Fahrzeug auf eigene Kosten beim Käufer abzuholen.
LG Aachen, Urteil vom 14.06.2018 – 12 O 29/18
(nachfolgend: OLG Köln, Beschluss vom 23.10.2018 – 16 U 113/18)
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Entgegen der herrschenden Meinung sind nach einem Rücktritt des Käufers von einem – hier beiderseits erfüllten – Kaufvertrag die gegenseitigen Rückgewährpflichten nicht einheitlich dort zu erfüllen, wo sich die Kaufsache im Zeitpunkt des Rücktritts vertragsgemäß befindet. Vielmehr ist der Erfüllungsort für jede Rückgewährpflicht (Rückzahlung des Kaufpreises, Rückgabe und Rückübereignung der Kaufsache) gesondert zu bestimmen. Der Käufer kann deshalb regelmäßig selbst dann nicht gestützt auf § 29 I ZPO bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen Amts- oder Landgericht auf Rückzahlung des Kaufpreises klagen, wenn er berücksichtigt, dass er dem Verkäufer die Kaufsache zurückgewähren muss, und daher nur eine Zug-um-Zug-Verurteilung des Verkäufers erstrebt.
LG Memmingen, Urteil vom 04.04.2018 – 31 O 846/17
(nachfolgend: OLG München, Urteil vom 04.10.2018 – 24 U 1279/18)
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Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen darf sich nicht auf eine eine mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Nacherfüllung beschränken, sondern muss die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache (hier: einen Gebrauchtwagen) am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen, damit der Verkäufer insbesondere prüfen kann, ob der behauptete Mangel besteht und ob er gegebenenfalls bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat. Der Verkäufer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm Gelegenheit zu einer entsprechenden Untersuchung der Kaufsache gegeben hat.
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Für die Bestimmung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung gilt im Kaufrecht mangels einer speziellen Regelung die allgemeine Vorschrift des § 269 I, II BGB. Danach ist der Erfüllungsort der Nacherfüllung bei einem Autokauf, wenn die Parteien nichts Abweichendes vereinbart haben und das angeblich mangelhafte Fahrzeug ohne Schwierigkeiten transportiert werden kann, regelmäßig am Betriebssitz des Händlers anzusiedeln, weil dieser dort auf seine materiellen und personellen Ressourcen zurückgreifen und sie sinnvoll nutzen kann.
LG Berlin, Urteil vom 08.03.2018 – 10 O 248/15
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Nach einem wirksamen Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag obliegt es dem Verkäufer, die Kaufsache abzuholen. Denn einheitlicher Erfüllungsort für die Rückgewährpflichten aus § 346 I BGB ist der Ort, an dem sich die Kaufsache im Zeitpunkt des Rücktritts vertragsgemäß befindet. Deshalb genügt zur Beendigung des Annahmeverzugs des Verkäufers nicht dessen bloße Erklärung, er sei zur Annahme der ihm vom Käufer angebotenen Leistung bereit. Vielmehr endet der Annahmeverzug des Verkäufers erst, wenn er die Kaufsache beim Käufer abholt, nachdem er mit diesem die Modalitäten abgestimmt hat.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 06.03.2018 – 6 W 10/18
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Bei der im Rahmen des § 323 V 2 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung indiziert der Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) in der Regel die Erheblichkeit der Pflichtverletzung (im Anschluss an BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VIII ZR 374/11, juris Rn. 16, Urt. v. 17.02.2010 – VIII ZR 70/07, juris Rn. 23).
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Ein Wohnmobil, dessen Bodenfreiheit sich durch den Einbau einer elektrisch ausfahrbaren Trittstufe derart verringert hat, dass das Fahrzeug beim Überfahren von Bodenunebenheiten aufsetzt, ist zwar mangelhaft. Es ist dem Käufer indes nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, Rechte wegen dieses Mangels geltend zu machen, wenn er auf dem Einbau der Trittstufe bestanden und das Fahrzeug mit eingebauter Trittstufe entgegengenommen hat, obwohl der Verkäufer mehrfach darauf hingewiesen hatte, dass und warum der Einbau einer Trittstufe problematisch sei.
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Wo der Nacherfüllungsanspruch eines Käufers zu erfüllen ist, richtet sich nach § 269 I BGB, sodass es in erster Linie darauf ankommt, ob die Kaufvertragsparteien einen bestimmten Erfüllungsort der Nacherfüllung vertraglich vereinbart haben (im Anschluss an BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 29; Urt. v. 19.07.2017 – VIII ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 21 ff.).
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Ein Fahrzeugkäufer hat keinen Anspruch darauf, dass der Verkäufer ihm einen Vorschuss auf die in § 439 II BGB genannten Transportkosten gewährt, damit das Fahrzeug zum Zwecke der Nachbesserung zum Verkäufer verbracht werden kann, wenn er den Kaufpreis noch nicht vollständig gezahlt hat und voraussichtlich die Transportkosten den noch ausstehenden Betrag nicht übersteigen.
OLG Köln, Urteil vom 07.02.2018 – 16 U 133/15
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Verlangt der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs vom Verkäufer – in erster Linie gestützt auf eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, hilfsweise gestützt auf einen mangelbedingten Rücktritt vom Kaufvertrag – die Rückabwicklung des Kaufvertrags und macht er gegen die Volkswagen AG als Herstellerin des Fahrzeugs Ansprüche aus unerlaubter Handlung (§ 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB, § 826 BGB) geltend, dann kann für den Rechtsstreit der gemeinschaftliche besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) begründet sein.
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Die sich aus einer wirksamen Anfechtung (hier: wegen arglistiger Täuschung) oder einem wirksamen Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag ergebenden Rückgewährpflichten sind einheitlich dort zu erfüllen, wo sich die Kaufsache im Zeitpunkt der Entstehung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses vertragsgemäß befindet, in der Regel also am Wohnsitz des Käufers.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.10.2017 – I-5 Sa 44/17
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