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Probleme beim Autokauf?

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Kategorie: Neuwagen

Ersatzlieferung trotz zwischenzeitlicher Überarbeitung des Fahrzeugmodells – VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist jedenfalls deshalb i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil er – entgegen der Erwartung eines Durchschnittskäufers – die einschlägigen (Euro-5-)Emissionsgrenzwerte nur auf dem Prüfstand und dort auch nur deshalb einhält, weil eine Software für eine Verringerung des Schadstoffausstoßes sorgt, sobald sie erkennt, dass das Fahrzeug einen Emissionstest absolviert.
  2. Dass ein Neuwagen so, wie ihn der Käufer bestellt und erhalten hat, mittlerweile nicht mehr produziert wird, macht eine Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) auch dann nicht i. S. des § 275 I BGB unmöglich, wenn der Kfz-Kaufvertrag keinen Änderungsvorbehalt i. S. des § 308 Nr. 4 BGB enthält. Vielmehr kann der Verkäufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs auch in diesem Fall verpflichtet sein, dem Käufer ein Fahrzeug der aktuellen Generation zu liefern. Denn dass es mittlerweile nur noch eine in bestimmten Punkten geänderte oder verbesserte Version des ursprünglich bestellten und gelieferten Fahrzeugs gibt, darf nicht zulasten des Käufers gehen.
  3. Auf eine Nachbesserung durch Installation eines Softwareupdates kann dann nicht ohne erhebliche Nachteile für den Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens zurückgegriffen werden, wenn öffentlich intensiv und kontrovers diskutiert wird, ob sich das Update in technischer Hinsicht negativ auf das Fahrzeug auswirkt. Denn die aus dieser Diskussion resultierende Unsicherheit kann den Wiederverkaufswert des Fahrzeugs auch dann mindern, wenn das Update tatsächlich nicht zu Folgeproblemen führt.

LG Detmold, Urteil vom 11.05.2017 – 9 O 140/16

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Rücktritt vom Kaufvertrag über einen Jahreswagen – VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Jahreswagen ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft. Denn der Käufer darf erwarten, dass das Fahrzeug die einschlägigen Emissionsgrenzwerte – hier: die Euro-5-Emissionsgrenzwerte – tatsächlich einhält. Diese Erwartung wird enttäuscht, wenn die Grenzwerte nur während eines Emissionstests auf dem Prüfstand und dann nur deshalb eingehalten werden, weil eine spezielle Software die Testsituation erkennt und einen eigens dafür vorgesehenen Betriebsmodus aktiviert, in dem der Stickoxidausstoß niedriger ist als beim Betrieb des Fahrzeugs im Straßenverkehr.
  2. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Jahreswagen ist darüber hinaus deshalb i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil er zur (Wieder-)Herstellung seiner Vorschriftsmäßigkeit zwingend technisch überarbeitet werden muss, also wenigstens ein Softwareupdate benötigt. Ohne das Update ist das Fahrzeug folglich nicht vorschriftsmäßig, doch kann der Käufer eines Jahreswagens ein den Vorschriften entsprechendes Fahrzeug erwarten.
  3. Dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs ist eine Nachbesserung i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar, wenn er dem Verkäufer schon deshalb keine Frist zur Nachbesserung (§ 323 I BGB) setzen kann, weil das Kraftfahrt-Bundesamt das für eine technische Überarbeitung des Fahrzeugs erforderliche Softwareupdate noch nicht freigegeben hat und deshalb völlig ungewiss ist, wann dem Verkäufer eine Mangelbeseitigung möglich sein wird.
  4. Die Pflichtverletzung des Verkäufers, die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs liegt, ist selbst dann nicht i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich, wenn eine Mangelbeseitigung – bezogen auf das konkret betroffene Fahrzeug – einen Zeitaufwand von weniger als einer Stunde und einen Kostenaufwand von weniger als 100 € erfordert. Gegen eine Geringfügigkeit des Mangels spricht bereits, dass der Käufer auf eine Nachbesserung praktisch nicht verzichten kann, sondern er gezwungen ist, sein Fahrzeug im Rahmen der zwischen der Volkswagen AG und dem Kraftfahrt-Bundesamt abgestimmten Rückrufaktion überarbeiten zu lassen, um dessen Zulassung zum Straßenverkehr nicht zu gefährden.
  5. Die Software, die in einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug zum Einsatz kommt und dessen Stickoxidausstoß (nur) verringert, sobald das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert, ist eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. des Art. 5 II i. V. mit Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 (im Anschluss an LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017 – 3 O 139/16, DAR 2017, 83).
  6. Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs kann gegen die – am Kaufvertrag nicht beteiligte – Volkswagen AG als Fahrzeugherstellerin einen Anspruch auf Schadensersatz wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (§ 826 BGB i. V. mit § 31 BGB) haben. Dieser Anspruch knüpft daran an, dass die Volkswagen AG Fahrzeuge mit Dieselmotoren in den Verkehr gebracht hat, in denen eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz kommt und die deshalb nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Er ist darauf gerichtet, den Käufer so zu stellen, wie er stünde, wenn er den Kaufvertrag über das VW-Abgasskandal betroffene Fahrzeug nicht geschlossen hätte.
  7. Die Haftung der Volkswagen AG aus § 826 BGB i. V. mit § 31 BGB setzt voraus, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter i. S. des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat. Dies darzulegen und zu beweisen, ist zwar Sache des klagenden Fahrzeugkäufers. Die Volkswagen AG trifft insoweit aber eine sekundäre Darlegungslast, der sie durch den Vortrag genügt, wer in ihrem Unternehmen über die Entwicklung und den Einsatz einer die Schadstoffemissionen manipulierenden Software entschieden hat und bis zu welcher höheren Ebene diese Entscheidung anschließend gegebenenfalls kommuniziert wurde. Dass sie dabei unter Umständen nähere Ausführungen zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit ihrer Vorstandsmitglieder oder ihrer leitenden Mitarbeiter machen muss und diese damit möglicherweise strafrechtlich belastet, spielt insoweit keine Rolle. Genügt die Volkswagen AG ihrer sekundären Darlegungslast nicht, ist davon auszugehen, dass die Entscheidung, eine den Schadstoffausstoß manipulierende Software zu entwickeln und einzusetzen, vom Vorstand getroffen oder jedenfalls abgesegnet wurde.

LG Osnabrück, Urteil vom 09.05.2017 – 5 O 1198/16

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Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen VW Polo 1.6 TDI – VW-Abgasskandal

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist schon deshalb mangelhaft, weil das Fahrzeug zum Erhalt der Betriebserlaubnis eines Softwareupdates bedarf. Der durchschnittliche Käufer eines Neuwagens kann indes i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs nicht deshalb gefährdet ist, weil seine Vorschriftswidrigkeit feststeht oder vonseiten der Behörden (hier: des Kraftfahrt-Bundesamtes) angenommen wird.
  2. Darüber hinaus weist ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen auch deshalb nicht die Beschaffenheit auf, die ein durchschnittlicher Neuwagenkäufer i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten kann, weil der Durchschnittskäufer eines Neuwagens erwarten kann, dass das Fahrzeug die einschlägigen Emissionsgrenzwerte nicht nur während eines Emissionstests auf einem Prüfstand und nicht nur deshalb einhält, weil eine Software die Testsituation erkennt und für eine Verringerung des Stickoxidausstoßes sorgt.
  3. Bei der Beurteilung, ob die Kaufsache eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB), ist gegebenenfalls ein herstellerübergreifender Vergleich anzustellen, weil man andernfalls bei Konstruktions- oder Fabrikationsfehlern, die einer ganzen Serie anhaften, einen Sachmangel verneinen müsste.
  4. Bei der Beurteilung, ob der Mangel, an dem ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen leidet, i. S. des § 323 V 2 BGB geringfügig ist, kann nicht allein auf die Kosten abgestellt werden, die für die Entwicklung und die Installation des zur Mangelbeseitigung erforderlichen Softwareupdates aufgewendet werden müssen. Denn insoweit existiert, da das Update ausschließlich vom Fahrzeughersteller angeboten wird, kein Marktpreis, sodass allenfalls an die vom Fahrzeughersteller angegebenen Kosten angeknüpft werden könnte. Das aber verbietet sich, weil andernfalls der Fahrzeughersteller durch entsprechende Angaben bestimmen könnte, ob ein von ihm verursachter Mangel geringfügig ist oder nicht.
  5. Ein technischer Mangel eines Kraftfahrzeugs, für dessen Beseitigung der Fahrzeughersteller über Monate personelle und technischen Ressourcen einsetzen muss, ist nicht deshalb geringfügig i. S. des § 323 V 2 BGB, weil er einer Vielzahl von Neu- und Gebrauchtwagen anhaftet und der auf das einzelne Fahrzeug (anteilig) entfallende Mangelbeseitigungsaufwand vergleichsweise gering ist.
  6. Eine Frist zur Nachbesserung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens von über einem Jahr ist nicht mehr angemessen i. S. von § 323 I BGB, sondern unangemessen lang. Daran ändert nichts, dass vom VW-Abgasskandal allein in Deutschland Millionen von Fahrzeugen betroffen sind; denn die Mangelhaftigkeit dieser Fahrzeuge geht auf eine bewusste Manipulation der Fahrzeugherstellerin zurück.
  7. Kosten, die der Käufer eines Neuwagens für Winterreifen aufgewendet hat, sind ebenso wie Inspektionskosten notwendige Verwendungen i. S. des § 347 II 1 BGB. Gleiches gilt für die Kosten für eine Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO; jedenfalls aber handelt es sich dabei um nützliche Verwendungen i. S. von § 347 II 2 BGB.

LG Aachen, Urteil vom 04.05.2017 – 10 O 422/14

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Kein Rücktrittsrecht wegen Geringfügigkeit des Mangels im VW-Abgasskandal – Verjährung

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist zwar mangelhaft, weil er keine i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB übliche und von einem Käufer zu erwartende Beschaffenheit aufweist. Die in der Lieferung eines solchen Fahrzeugs liegende Pflichtverletzung des – nicht mit der Fahrzeugherstellerin identischen – Verkäufers ist jedoch unerheblich i. S. von § 323 V 2 BGB. Denn der Verkäufer kann den Mangel durch die Installation eines Softwareupdates beseitigen, und die Kosten dafür sind im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig, zumal die – nicht beim Verkäufer angefallenen – Kosten für die Entwicklung des Updates außer Betracht bleiben müssen.
  2. Der Hersteller eines Kraftfahrzeugs ist auch dann nicht Gehilfe (§ 278 BGB) des – rechtlich selbstständigen – Verkäufers bei der Erfüllung der in § 433 I BGB genannten Pflichten, wenn der Verkäufer ein Vertragshändler des Herstellers ist. Ein etwaiges Verschulden der Volkswagen AG im VW-Abgasskandal muss sich ein VW-Vertragshändler deshalb nicht nach § 278 BGB zurechnen lassen.

LG Aachen, Urteil vom 27.04.2017 – 1 O 234/16
(nachfolgend: OLG Köln, Beschluss vom 14.06.2018 – 5 U 82/17OLG Köln, Beschluss vom 16.07.2018 – 5 U 82/17)

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Leichtes Ruckeln eines neuen Wohnmobils als zum Rücktritt berechtigender Sachmangel

  1. Ein neues Wohnmobil leidet an einem den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigenden Mangel, wenn kurz vor Erreichen der Betriebstemperatur unter bestimmten Voraussetzungen (Außentemperatur zwischen 13,6 °C und 18,5 °C, Motordrehzahl zwischen 1.500 −1 und 2.000 −1) aus ungeklärter Ursache spürbare Zugkraftunterbrechungen auftreten, die als leichten Ruckeln des Motors wahrnehmbar sind und bei Erreichen der Betriebstemperatur verschwinden. Denn die genannten Voraussetzungen liegen – jedenfalls in Deutschland – bei fast jedem Kaltstart vor, sodass es bei praktisch jeder Fahrt, zumindest aber sehr häufig zu der in Rede stehenden Funktionsbeeinträchtigung kommt.
  2. Damit die in § 476 BGB vorgesehene Beweislastumkehr zugunsten des Käufers eingreift, muss dieser lediglich beweisen, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine Mangelerscheinung) gezeigt hat, der – unterstellt, er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand – eine Sachmängelhaftung des Verkäufers begründen würde. Der Käufer muss indes weder darlegen noch nachweisen, auf welche Ursache der mangelhafte Zustand zurückzuführen ist. Deshalb greift zu seinen Gunsten die Vermutung des § 476 BGB auch dann ein, wenn die Ursache offengeblieben und damit letztlich ungeklärt geblieben ist, ob überhaupt ein vom Verkäufer zu verantwortender Sachmangel vorlag (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, MDR 2016, 1437 Rn. 36, 55).
  3. Bei der Beurteilung, ob ein behebbarer Mangel geringfügig und deshalb ein mangelbedingter Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag gemäß § 323 V 2 BGB ausgeschlossen ist, ist grundsätzlich auf den zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Kostenaufwand und nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen. Das gilt aber nicht, wenn die Ursache einer Mangelerscheinung unbekannt ist, da sich dann nicht abschätzen lässt, ob überhaupt und gegebenenfalls mit welchem Aufwand sie aufgefunden und beseitigt werden kann. In einer solchen Situation kann deshalb die Beurteilung, ob der Mangel geringfügig ist, nur an das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung anknüpfen.

OLG Oldenburg, Urteil vom 27.04.2017 – 1 U 45/16
(vorangehend: LG Aurich, Urteil vom 08.09.2016 – 1 O 1195/14)

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Außerordentliche Kündigung eines Leasingvertrages wegen Vertrauensverlusts – VW-Abgasskandal

  1. Der Besitzer eines aus dem VW-Konzern stammenden Leasingfahrzeugs (hier: eines Porsche Cayenne GTS) legt weder einen Mangel noch auch nur einen konkreten Mangelverdacht hinreichend substanziiert dar, wenn er allein gestützt auf Presseberichte geltend macht, er müsse annehmen, dass auch sein Fahrzeug von für den VW-Abgasskandal typischen Manipulationen betroffen sei.
  2. Zwar kann ein Leasingnehmer zur außerordentlichen Kündigung des Leasingvertrages berechtigt sein, wenn sein Vertragspartner – der Leasinggeber – durch sein Verhalten das für ein Dauerschuldverhältnis erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört hat. Allein der Umstand, dass der Leasinggeber zum Volkswagen-Konzern gehört und es bei anderen Gesellschaften dieses Konzerns zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist („VW-Abgasskandal“), rechtfertigt aber nicht die Annahme, der Leasingnehmer habe berechtigterweise das Vertrauen in den Leasinggeber als seinen Vertragspartner verloren.
  3. Dass die Volkswagen AG und die Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG in einem Konzern verbunden sind, reicht nicht aus, um der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG das Wissen der Volkswagen AG zuzurechnen.

OLG Stuttgart, Urteil vom 25.04.2017 – 6 U 146/16

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Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrages wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (§ 826 BGB) – VW-Abgasskandal

  1. Ein Käufer, der unwissentlich ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug erwirbt, erleidet einen Schaden i. S. des § 826 BGB. Lebensnah betrachtet würde nämlich kein durchschnittlich informierter und wirtschaftlich vernünftig denkender Verbraucher ein Fahrzeug erwerben, das mit einer Software ausgetattet ist, die insbesondere den Stickoxidausstoß reduziert, sobald das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert. Denn die Verwendung einer solchen Software verstößt gegen Art. 5 II 1 i. V. mit Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, weil es sich dabei um eine (unzulässige) Abschalteinrichtung im Sinne dieser Vorschriften handelt.
  2. Indem die Volkswagen AG Fahrzeuge mit Dieselmotoren in Verkehr gebracht hat, die die einschlägigen Emissionsgrenzwerte softwaregesteuert nur einhalten, wenn sie auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolvieren, kann sie die – pflichtwidrig darüber nicht aufgeklärten – Fahrzeugkäufer i. S. des § 826 BGB sittenwidrig vorsätzlich geschädigt haben. Voraussetzung dafür ist, ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Volkswagen AG (§ 31 BGB) den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat. Davon kann auszugehen sein, wenn die Volkswagen AG sich trotz einer sie treffenden sekundären Darlegungslast nicht dazu erklärt, welches ihrer Organe Kenntnis von der den Schadstoffausstoß optimierenden Software hatte und das Inverkehrbringen der mit dieser Software versehenen Motoren veranlasst hat.
  3. Der heimliche Einsatz einer Software, die den Schadstoffausstoß eines Fahrzeugs (nur) während eines Emissionstests reduziert, ist sittenwidrig. Verwerflich erscheint insbesondere, dass ein Fahrzeugkauf jedenfalls für einen durchschnittlichen Verbraucher mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden ist, der bei lebensnaher Betrachtung auf einer wohlüberlegten und abwägenden Entscheidung fußt. Auch verstößt gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, dass die Software die Einhaltung gesetzlicher Umweltstandards vortäuscht, damit der Hersteller ein dem gesellschaftlichen Zeitgeist der Umweltfreundlichkeit und Umweltverträglichkeit entsprechendes Fahrzeug vermarkten kann.
  4. Die Volkswagen AG kann den Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes (§ 826 BGB) auch dann so zu stellen haben, als hätte er den für ihn wirtschaftlich nachteiligen Kfz-Kaufvertrag nicht geschlossen, wenn sie selbst nicht Partei dieses Vertrages geworden ist.

LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 – 2 O 118/16

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Mangelhaftigkeit eines Neuwagens wegen Verstoßes gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung – VW-Abgasskandal

  1. Eine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) setzt keine ausdrücklichen Erklärungen der Parteien voraus, sondern kann sich auch aus den Umständen des Vertragsschlusses, etwa aus dem Kontext der dabei geführten Gespräche oder den bei dieser Gelegenheit abgegebenen Beschreibungen, ergeben. Insbesondere kann die für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Willensübereinstimmung konkludent in der Weise erzielt werden, dass der Käufer dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand zur Kenntnis bringt und der Verkäufer zustimmt. Auch kann es genügen, dass der Verkäufer die Eigenschaften der Kaufsache bei Vertragsschluss in einer bestimmten Weise beschreibt und der Käufer vor diesem Hintergrund seine Kaufentscheidung trifft.
  2. Einem als „Euro-5-Fahrzeug“ beworbenen, vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagen fehlt eine i. S. des § 434 I 1 BGB vereinbarte Beschaffenheit und das Fahrzeug ist deshalb mangelhaft, wenn es die Euro-5-Emissionsgrenzwerte zwar während eines Emissionstests auf dem Prüfstand, aber nicht im realen Fahrbetrieb einhält.
  3. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen, bei dem eine Software die korrekte Messung der Stickoxidemissionen verhindert, indem sie den Stickoxidausstoß (nur) während eines Emissionstests optimiert, ist (auch) i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, da er nicht die für einen Neuwagen übliche und daher vom Käufer zu erwartende Beschaffenheit aufweist. Ein durchschnittlicher Neuwagenkäufer darf nämlich davon ausgehen, dass die einschlägigen Emissionsgrenzwerte nicht nur während eines Emissionstests eingehalten werden, weil eine Software die Testsituation erkennt und für eine Verringerung der Schadstoffemissionen sorgt.
  4. Der Käufer, der gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB die ersatzweise Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen darf, soll – nur – das erhalten, was er nach dem Kaufvertrag vom Verkäufer beanspruchen kann. Der Verkäufer hat dem Käufer daher im Rahmen der Nacherfüllung anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und gleichwertige Sache zu übergeben und zu übereignen. Ein Anspruch auf Ersatzlieferung ist deshalb gemäß § 275 I BGB ausgeschlossen, wenn ein Neuwagen so, wie ihn der Käufer bestellt hat, nicht mehr hergestellt wird, sondern ein Modellwechsel stattgefunden hat.
  5. Die Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) zielt darauf ab, die gekaufte Sache ohne jede Einschränkung in einen vertragsgemäßen Zustand zu versetzen, das heißt, sie muss zu einer vollständigen und nachhaltigen Beseitigung des Mangels führen. Daran fehlt es, wenn ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ein Softwareupdate erhält; denn dieses Update ändert nichts daran, dass das Fahrzeug vom VW-Abgasskandal betroffen (gewesen) ist. Das Fahrzeug bleibt deshalb trotz des Softwareupdates mangelhaft.

LG Kempten, Urteil vom 29.03.2017 – 13 O 808/16

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Unmöglichkeit der Ersatzlieferung beim Neuwagenkauf – VW-Abgasskandal

Ein Anspruch des Käufers eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens auf Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs (§§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB) besteht gemäß § 275 I BGB nicht, wenn er ein Fahrzeug mit einem bestimmten Motor bestellt hat, das so nicht mehr hergestellt wird. Insbesondere muss der Verkäufer dem Käufer in diesem Fall kein Fahrzeug aus der aktuellen Produktion liefern; denn die Fahrzeuge aus der aktuelle Produktion gehören nicht derselben Gattung an wie das dem Käufer ursprünglich gelieferte (mangelhafte) Fahrzeug.

LG Darmstadt, Urteil vom 27.03.2017 – 13 O 543/16

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Unzumutbarkeit der Nachbesserung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens

  1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil er nicht die für einen Neuwagen übliche und deshalb von einem durchschnittlichen Käufer zu erwartende Beschaffenheit aufweist. Ein Durchschnittskäufer darf nämlich erwarten, dass die Prozesse, die für eine Reduzierung des Stickoxidausstoßes sorgen, nicht nur während eines Emissionstests, sondern auch im regulären Fahrbetriebs aktiv sind.
  2. Dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagens ist es i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar, dem Verkäufer eine Frist zur Nachbesserung zu setzen, wenn er die Gelegenheit zur Nachbesserung zeitlich nicht begrenzen kann, weil nicht absehbar ist, innerhalb welchen Zeitraums die – einer behördlichen Genehmigung bedürfende – Nachbesserung erfolgen kann.
  3. Dem Verkäufer eine Frist zur Nachbesserung zu setzen, ist dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs auch dann i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar, wenn die mit einem Zuwarten verbundenen Risiken (z. B. das Risiko, dass das Fahrzeug mangelbedingt an Wert verliert) so hoch sind, dass sie dem Käufer nicht aufgebürdet werden können.
  4. Bei der Beurteilung, ob der Mangel, der einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug anhaftet, i. S. des § 323 V 2 BGB geringfügig ist, kann dann nicht primär auf das Verhältnis der Mängelbeseitigungskosten zum Kaufpreis abgestellt werden, wenn eine technische Überarbeitung mangels Freigabe durch das Kraftfahrt-Bundesamt (noch) nicht möglich ist. In diesem Fall kommt es vielmehr entscheidend darauf an, in welchem Ausmaß die Funktionsfähigkeit des Fahrzeugs beeinträchtigt ist. Besteht zumindest mittelbar die konkrete Gefahr, dass das Fahrzeug aufgrund des Mangels seine Zulassungsfähigkeit und damit seine Hauptfunktion als Fortbewegungsmittel gänzlich verliert, ist seine Funktionsfähigkeit erheblich beeinträchtigt und steht deshalb § 323 V 2 BGB einem Rücktritt des Käufers nicht entgegen.

LG Arnsberg, Urteil vom 24.03.2017 – 2 O 254/16

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