1. Auch bei einem Navigationsgerät, das fest in ein hochpreisiges Fahrzeug (hier: einen Bentley Continental GTC) eingebaut ist, lässt sich technisch nicht ausschließen, dass es in Einzelfällen zu falschen Wegweisungen kommt. Ein Mangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB liegt deshalb erst und nur dann vor, wenn die Fehlweisungen entweder auf einem im Fahrzeug angelegten technischen Defekt beruhen oder ein Navigationssystem mit seriell schon veralteter Hard- oder Software verbaut worden ist oder – bei Wahrung des Stands der Serie – die Fehlweisungen nach Art und/oder Anzahl ein Ausmaß annehmen, wie es bei vergleichbaren Fahrzeugen anderer Hersteller nicht zu finden ist.
  2. Ein Zeuge, der angeblich bekunden kann, dass ein Navigationsgerät bei vier Fahrten falsche Anweisungen gegeben habe und Ähnliches „ständig“ passiere, ist kein Ersatz für die Untersuchung des Geräts durch einen Sachverständigen, der es benutzen und gegebenenfalls – herstellerübergreifend – mit anderen Geräten vergleichen kann.

OLG Hamm, Urteil vom 22.03.2016 – 28 U 44/15

Sachverhalt: Die Klägerin verlangt die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Bentley Continental GTC, den sie als Neuwagen zum Preis von 199.520,01 € erworben hat und der ihr Anfang September 2013 übergeben wurde.

Zur Ausstattung des Fahrzeugs gehört ein fest eingebautes Navigationsgerät. Mit E-Mail vom 29.10.2013 rügte die Klägerin, dass es Probleme mit diesem Gerät, das falsche bzw. nicht existente Wege vorschlage, gebe. Mit E-Mail vom 11.11.2013 bemängelte sie den Zustand des Navigationssystems erneut und bekundete ihre Erwartung, dass bei einem aus anderen Gründen anstehenden Werkstattaufenthalt zumindest die Navigations-CD ausgetauscht werde. Mit Schreiben vom 03.03.2014 beklagte die Klägerin, dass der gerügte Mangel des Navigationsgeräts fortbestehe, und setzte der Beklagten eine Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 12.03.2014.

Mit einem – in der Berufungsinstanz vorgelegten – Schreiben vom 13.03.2014, dessen zeitnahen Empfang die Klägerin bestritten hat, bat die Beklagte um exakte Ortsangabe der „Fehlleitung“ durch das Navigationssystem, um mit einem Vergleichsfahrzeug Tests durchführen zu können.

Die Klägerin nahm anwaltliche Hilfe in Anspruch und mandatierte ihren späteren Prozessbevollmächtigten, der mit Schreiben vom 26.03.2014 eine Frist zur Mangelbehebung bis zum 15.04.2014 setzte. Unter dem 09.04.2014 beanstandete die Klägerin die bisherige Abwicklung durch die Beklagte, nahm dabei auf eine telefonische Abstimmung vom 03.04.2014 Bezug und setzte nun eine Frist zur Mängelbeseitigung bis zum 23.04.2014. Die Beklagte verwies mit E-Mail vom gleichen Tag darauf, dass sie mit dem Hersteller in Kontakt stehe, der noch „einige Prüfungen“ durchführe, weshalb um Geduld gebeten werde. Mit Anwaltsschreiben vom 22.04.2014 teilte die Beklagte mit, nach Auskunft des Herstellers liege ein Fehler in der Grundprogrammierung der Software vor, weshalb diese Ende des Jahres aktualisiert werden solle. Die Klägerin setzte nun eine Frist zur Mängelbeseitigung bis zum 15.05.2014; sie war aber nicht bereit, bis zum Jahresende zu warten. Mit Anwaltsschreiben vom 15.05.2014 verwies die Beklagte auf einige kleinere Softwarefehler und nahm den Standpunkt ein, für das angekündigte Softwareupdate sei sie nicht die richtige Ansprechpartnerin, weil sie das Update vom Hersteller erhalte. Gleichzeitig erklärte die Beklagte sich bereit, das Update nach dessen Erscheinen aufzuspielen.

Unter dem 28.05.2014 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Vertrag, den die Beklagten unter dem 30.05.2014 zurückwies.

Mit ihrer nachfolgend erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, das Fahrzeug weise einen anfänglichen Mangel auf, weil das Navigationssystem wegen der Fehlfunktionen so gut wie unbrauchbar sei. Zur Darlegung der von ihr angenommenen Mangelhaftigkeit hat die Klägerin mehrere konkrete Streckenführungen beschrieben, bei denen es nach ihrer Behauptung zu fehlerhaften Anweisungen gekommen sei, und behauptet, Derartiges passiere ständig und nicht nur dort, wo sich Straßenführungen geändert hätten. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat die Klägerin erstmals gerügt, dass es neben Fehlleitungen auch Totalausfälle des Navigationssystems gebe.

Das Landgericht hat die im Wesentlichen auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage abgewiesen. Es hat gemeint, die Klägerin sei nicht wirksam von dem mit der Beklagten Kaufvertrag zurückgetreten; die von ihr geschilderten Fehlinformationen entsprächen lediglich den gerichtsbekannten typischen Schwächen eines jeden Navigationsgeräts, insbesondere eines fest im Fahrzeug eingebauten Gerätes. Dass ein Navigationsgerät makelos funktioniere, könne auch bei einem hochpreisigen Fahrzeug nicht verlangt werden. Die Brauchbarkeit des Fahrzeugs werde auch dann nicht in einer zum Rücktritt berechtigenden Weise gemindert, wenn sich die Zurverfügungstellung des Updates verzögere. Die Kosten für ein Update lägen nicht in einer Größenordnung, durch die das Fahrzeug in erheblicher Weise als mangelbehaftet zu qualifizieren wäre.

Mit ihrer Berufung hat die Klägerin zunächst ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt.

In der Berufungsbegründung hat sie unter anderem ausgeführt, zum Umfang der Mangelhaftigkeit könne sie eine Vielzahl weiterer Fehlmeldungen vortragen; dies sei aber entbehrlich, weil ein Sachverständiger das Gerät nutzen und prüfen könne. Später – nachdem sie das Fahrzeug verkauft hatte – hat die Klägerin den Standpunkt eingenommen, dass ein Sachverständiger anhand der von ihr vorgetragenen und unter Beweis gestellten Fehler in der Routenführung bewerten könne, ob die Ausfallerscheinungen über einen vom Kunden zu akzeptierenden Umfang hinausgehen oder nicht.

Mit Schriftsatz vom 22.10.2015 hat die Klägerin ausgeführt, dass sie für das zwischenzeitlich veräußerte Fahrzeug Wertersatz leisten müsse, und in Abänderung ihres urprünglichen Klageantrags beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 20.000 € nebst Zinsen zu verurteilen. Zur Begründung heißt es, dass der Kaufpreis von 199.520,01 € nach den Grundsätzen der Minderung analog § 441 III BGB herabzusetzen sei und der Minderwert des Fahrzeugs aufgrund des defekten Navigationsgeräts 20.000 € betrage.

Am 03.11.2015 ist ein Versäumnisurteil gegen die Klägerin ergangen, mit dem ihre Berufung zurückgewiesen worden ist.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin unter dem 26.11.2015 Einspruch eingelegt. Gleichzeitig hat sie beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von 20.000 € nebst Zinsen zu verurteilen.

Mit Schriftsatz vom 01.03.2016 hat die Klägerin ihr Begehren erneut geändert und zuletzt im Wesentlichen beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 03.11.2015 zur Zahlung von 25.000 € nebst Zinsen zu verurteilen.

Das OLG Hamm hat das Versäumnisurteil aufrechterhalten.

Aus den Gründen: II. … 1. Der Einspruch der Klägerin … ist zulässig …

2. Im Übrigen ist die Berufung der Klägerin auch nach der Antragsänderung vom 22.10.2015 zulässig.

Anderes käme in Betracht, wenn sich die Klägerin nicht mehr gegen die Beschwer aus dem klageabweisenden Urteil des Landgerichts wenden würde, indem sie statt des zunächst verfolgten Begehrens auf Rückabwicklung des Kaufs nunmehr eine Minderung des Kaufpreises verlangt (vgl. hierzu OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.06.2005 – 4 U 105/05, BeckRS 2005, 11634). So ist ihr Vorbringen im Schriftsatz vom 22.10.2015 aber nicht zu verstehen. Vielmehr geht daraus hervor, dass die Klägerin an dem Begehren auf Rückzahlung des Kaufpreises nach erfolgtem Vertragsrücktritt festhalten will und nun statt der von ihr Zug um Zug zu leistenden Rückübereignung des Fahrzeugs den aus ihrer Sicht bestehenden gegnerischen Wertersatzanspruch aus § 346 I, II Nr. 2 BGB von ihrem vermeintlichen Zahlungsanspruch in Abzug bringt.

3. Diese Änderung des Antragsbegehrens in der Berufungsinstanz ist gemäß den §§ 533, 263 f. ZPO zulässig.

Soweit diese mit einer quantitativen Beschränkung des ursprünglichen Zahlungsbegehrens verbunden ist, sind hierfür allerdings nicht allein die Regeln über die Klageänderung maßgeblich. Der Teil des Anspruchs, der nicht mehr … weiterverfolgt werden soll, muss nach den sonst geltenden Verfahrensvorschriften dem Streit der Parteien entzogen werden, insbesondere durch eine Klagerücknahme, einen Klageverzicht oder eine Erklärung der Erledigung der Hauptsache (s. hierzu BGH, Urt. v. 01.06.1990 – V ZR 58/89, NJW 1990, 2682). Die Klägerin hat sich hierzu nicht ausdrücklich erklärt; bei interessengerechter Auslegung der erfolgten Antragsumstellung liegt es nahe, dass sie wegen der von ihr im Prozess vorgenommenen Saldierung der Ansprüche ihr früheres Zahlungsbegehren, soweit es den Betrag von 20.000 € übersteigt, für erledigt erklären wollte. Denkbar ist auch eine teilweise Klagerücknahme, die allerdings nach § 269 ZPO grundsätzlich wirksam nur mit Zustimmung der Beklagten erfolgen kann.

4. In beiden Fällen begegnet auch die nachfolgende Antragsänderung, mit der der Zahlungsanspruch in einer Höhe von 25.000 € verfolgt werden soll, keinen Zulässigkeitsbedenken. Eine Erledigungserklärung ist bis zur Anschließung des Gegners bzw. zur Entscheidung des Gerichts grundsätzlich frei widerruflich (BGH, Urt. v. 07.06.2001 – I ZR 157/98, NJW 2002, 442). Eine Klageerweiterung ist selbst im Falle einer wirksamen teilweisen Klagerücknahme unter den – hier zu bejahenden – Voraussetzungen der §§ 533, 269 VI ZPO möglich.

Zulässigkeitsbedenken gegen die Erweiterung des zunächst auf 20.000 € reduzierten Zahlungsbegehrens auf den Betrag von 25.000 € ergäben sich nur, wenn mit der Antragsumstellung vom 22.10.2015 eine teilweise Berufungsrücknahme verbunden gewesen wäre, weil eine solche nicht frei widerruflich ist. Eine solche teilweise Rücknahme des Rechtsmittels hat die Klägerin aber nicht erklärt.

Damit erweist sich ihr zuletzt in der Berufung verfolgtes Begehren als prozessual zulässig. Dass die den Betrag von 20.000 € übersteigende Mehrforderung mangels Begründung von vornherein unschlüssig ist, ändert daran nichts.

5. Das Klagebegehren ist allerdings in vollem Umfang unbegründet.

Der Klägerin stand gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 199.520,01 € zu, von dem nach Verrechnung mit einem gegenläufigen Wertersatzanspruch eine Forderung in Höhe von 25.000 € (bzw. 20.000 €) verblieben ist.

Die Voraussetzungen eines solchen Zahlungsanspruchs, welcher sich aus den §§ 346, 323, 437 Nr. 2, 434 BGB ergeben könnte, liegen nicht vor. Die Klägerin ist nicht wirksam von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag über den als Neufahrzeug erworbenen Bentley Continental zurückgetreten.

a) Sie hat nicht den ihr obliegenden Beweis erbracht, dass das verkaufte Fahrzeug zur Zeit des Gefahrübergangs, das heißt bei Übergabe, einen Sachmangel im Sinne des § 434 BGB aufwies.

aa) Eine Negativabweichung von einer Beschaffenheitsvereinbarung i. S. des § 434 I 1 BGB scheidet aus. Dass die Parteien bei Vertragsschluss eine bestimmte Beschaffenheit des in dem Fahrzeug verbauten Navigationsgeräts vereinbart haben, lässt sich nicht feststellen.

Wenn die Klägerin mit ihrem Vorbringen vom 09.04.2015, ihr sei beim Kauf ausdrücklich zugesichert worden, dass ein Navigationssystem einschließlich Software „nach dem neuesten Stand der Technik“ geliefert werde, eine solche Beschaffenheitsvereinbarung behaupten will, dringt sie damit nicht durch. Abgesehen davon, dass dieser erstmals in der Berufung gehaltene und von der Beklagten bestrittene Vortrag nach § 531 II ZPO als verspätet zurückzuweisen ist – Gründe für die Verspätung werden nicht benannt –, ist die Darstellung auch nicht schlüssig. Eine Aussage mit dem von der Klägerin geschilderten Inhalt ist nicht mehr als eine bloße Anpreisung. Im Übrigen ist sie aus der Sicht eines verständigen Empfängers dahin zu verstehen, dass damit der Stand von Hard- und Software gemeint ist, der bei einem Neufahrzeug dieses Modells aktuell erhältlich ist. Das bedeutet aber nicht, dass die Käuferin erwarten kann, dass die Navigationssoftware unmittelbar vor der im September 2013 erfolgten Auslieferung des Fahrzeugs upgedatet worden ist.

Dass die in dem streitgegenständlichen Fahrzeug bei Übergabe vorhandene Navigationssoftware nicht dem seinerzeit aktuellen „Bentley“-Stand entsprach, welcher nach Angaben der Beklagten damals circa ein Jahr alt war, also offenbar aus dem Jahr 2012 stammte, behauptet die Klägerin selbst nicht.

bb) Der Senat kann auch nicht feststellen, dass das Fahrzeug respektive das darin verbaute Navigationssystem nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei einem Fahrzeug der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).

Eine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit eines (Neu-)Fahrzeugs ist zum einen dann begründet, wenn das streitgegenständliche Fahrzeug vom technischen Stand der Serie negativ abweicht, was durch einen Vergleich mit typ- und modellgleichen Fahrzeugen desselben Herstellers festzustellen ist. Im Übrigen kann sich ein Mangel daraus ergeben, dass das betreffende Fahrzeug von dem jeweiligen Stand der Technik negativ abweicht, was grundsätzlich einen herstellerübergreifenden Vergleich bedingt (s. Senat, Urt. v. 18.03.2014 – 28 U 162/13, BeckRS 2014, 07366 m. w. Nachw.).

(1) Entgegen der Einschätzung der Klägerin ist die Mangelhaftigkeit des in dem verkauften Bentley verbauten Navigationssystems nicht unstreitig.

Zwar hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt, dass es gelegentlich zu Fehlanweisungen durch den im streitgegenständlichen Fahrzeug vorhandenen Routenplaner kommt, auch wenn sie die einzelnen von der Klägerin geschilderten Vorfälle – zulässigerweise – mit Nichtwissen bestritten hat. Das lässt aber noch nicht auf einen unstreitigen Mangel im vorgenannten Sinn schließen. Auch bei einem Navigationsgerät, das fest in ein hochpreisiges Fahrzeug eingebaut ist, lässt sich technisch nicht ausschließen, dass es in Einzelfällen zu falschen Wegweisungen kommt. Zum einen müssen die Gründe hierfür nicht notwendig im Fahrzeug angelegt sein; denkbar ist zum Beispiel auch eine Störung seitens der Navigationssatelliten, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat. Zum anderen ist es – angesichts der menschlichen Unzulänglichkeiten – nicht vollständig vermeidbar, dass das zugrundeliegende Daten-/Kartenmaterial nicht hundertprozentig der Wirklichkeit entspricht und Programmierungsfehler falsche Wege vorgeben und diese Fehler in Fehlweisungen zur Route zu Tage treten. Außerdem kann der Karten- und „Wissensstand“ eines Navigationssystems, welches nicht fortlaufend (per Internet) aktualisiert werden kann, hinter der sich von Tag zu Tag ändernden Straßenwirklichkeit zurückbleiben.

Ein Mangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB liegt deshalb erst bzw. nur dann vor, wenn entweder Fehlweisungen auf einem im Fahrzeug angelegten technischen Defekt beruhen oder ein Navigationssystem mit seriell schon veralteter Hard- oder Software verbaut worden ist oder – bei Wahrung des Stands der Serie – wenn die im Fahrzeug verwendete Navigationstechnik und -software zu Fehlweisungen führt, die nach Art und/oder Anzahl ein Ausmaß annehmen, wie es bei vergleichbaren Fahrzeugen anderer Hersteller nicht zu finden ist.

Weil einerseits die Beklagte die von der Klägerin geschilderten einzelnen Fehlanleitungen durch den Routenplaner bestritten hat, andererseits die Klägerin bestritten hat, dass Ursache des Dilemmas die von der Beklagte angegebene Fehlerhaftigkeit der „Grundprogrammierung“ der Software ist, sind sowohl die vorgetragenen Mängelsymptome als auch die Fehlerursache streitig und beweisbedürftig. Die Beweispflicht für das Vorliegen eines anfänglichen Mangels liegt bei der Klägerin als Anspruchstellerin.

(2) Ihr Berufungsangriff gegen das Urteil des Landgerichts, das gemeint hat, über die Mangelhaftigkeit aus eigener Sachkunde entscheiden zu können, ist im Ansatz berechtigt. Allerdings konnte die in erster Instanz versäumte Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz nicht nachgeholt werden, weil die Klägerin keinen geeigneten Beweis (mehr) angeboten hat.

Dass die Klägerin für die von ihr konkret vorgetragenen mehrfachen Fehlweisungen des Navigationsgeräts bei insgesamt vier Fahrten Zeugenbeweis angetreten hat und durch den Zeugen X zudem für wahr halten will, dass ähnliche Vorfälle „ständig“ aufträten, reicht hierfür nicht aus. Selbst wenn der klägerisch benannte Zeuge bestätigen sollte, dass es bei den benannten Fahrten zu Falschanweisungen durch das Navigationsgerät gekommen ist, und bekundete, auch bei anderer Gelegenheit von dem System fehlerhaft geführt worden zu sein, ließe das keinen Rückschluss auf die Ursache zu und ermöglichte auch keinen herstellerübergreifenden Vergleich.

Wie die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung selbst zutreffend ausgeführt hat, bedürfte es hierzu vielmehr der Überprüfung des Navigationssystems durch einen technischen Sachverständigen, der das Gerät benutzen und prüfen und gegebenenfalls sodann dessen Beschaffenheit dem Zustand vergleichbarer Fahrzeuge desselben und anderer Hersteller gegenüberstellen müsste.

Die dementsprechend ursprünglich vom Senat veranlasste Beauftragung eines Sachverständigen mit einer solchen Begutachtung hat sich aber als undurchführbar erwiesen, als feststand, dass die Klägerin das streitgegenständliche Fahrzeug nicht für eine Untersuchung zur Verfügung zu stellen vermochte. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens erwies sich danach als ungeeignetes Beweismittel, weil einem Gutachter ohne das Fahrzeug erkennbar keine ausreichende Tatsachengrundlage zur Verfügung gestellt werden kann, aufgrund derer er seine fachspezifischen Feststellungen treffen könnte. Die von der Klägerin unter Zeugenbeweis gestellten Fehler in der Routenführung bei vier Fahrten sind ersichtlich keine tragfähigen Anknüpfungstatsachen, die einem Sachverständigen einen Rückschluss auf die Ursache ermöglichen. Damit bleibt ungeklärt, ob die Ausfälle auf einem anfänglich im System vorhandenen Defekt oder Programmierfehler beruhen. So lässt sich insbesondere auch nicht klären, ob ein Zusammenhang besteht mit dem von der Beklagten benannten Fehler in der Grundprogrammierung der Navigationssoftware, dessen Ursächlichkeit die Klägerin selbst bestreitet.

Allein aus der Art und Anzahl der von der Klägerin benannten Fehlweisungen lässt sich nicht mit sachverständiger Hilfe feststellen, dass das in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute Navigationssystem von dem Stand der Serie oder von dem Stand der Technik abweicht. Ohne die Ermittlung der Ursache, welche nur anhand einer Untersuchung des Fahrzeugs selbst möglich ist, entbehrt ein Vergleich mit anderen Fahrzeugen einer belastbaren Grundlage.

(3) Die Klägerin ist auch beweisfällig, was den von ihr beklagten gelegentlichen Totalausfall des Navigationsgeräts angeht. Eine Überprüfung dieser Mängelbehauptung wäre ebenso nur durch eine sachverständige Untersuchung des Fahrzeugs möglich gewesen.

b) Durch die auf freier Willensentschließung beruhende Veräußerung des Fahrzeugs während des Prozesses hat die Klägerin zudem der Beklagten die Möglichkeit genommen, den Nachweis zu führen, dass eine etwaig ihr durch Auslieferung eines mangelbehafteten Fahrzeugs anzulastende Pflichtverletzung unerheblich ist und deshalb gemäß § 323 V 2 BGB nicht zum Rücktritt berechtigt.

Die Frage, ob eine Pflichtverletzung in diesem Sinne unerheblich ist, erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls. Dabei ist bei behebbaren Mängeln grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung und nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen; das gilt auch bei Fahrzeugen der Luxusklasse (BGH, Urt. v. 29.06.2011 – VIII ZR 202/10, NJW 2011, 2872 Rn. 20 f.; Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, NJW 2014, 3229 Rn. 17, so auch OLG Köln, Urt. v. 12.12.2006 – 3 U 70/06, NJW 2007, 1694). Auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung kommt es nur dann an, wenn der Mangel nicht oder nur mit hohen Kosten behebbar oder die Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungewiss ist, etwa weil auch der Verkäufer sie nicht feststellen konnte (BGH, Urt. v. 29.06.2011 – VIII ZR 202/10, NJW 2011, 2872 Rn. 21.). Nach aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung ist bei einem behebbaren Mangel im Rahmen dieser Interessenabwägung von einer Geringfügigkeit des Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung jedenfalls in der Regel nicht mehr auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises übersteigt (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, NJW 2014, 3229 Rn. 30). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der (Un-)Erheblichkeit und damit auch für die Höhe der Mängelbeseitigungskosten ist der Zeitpunkt der Rücktrittserklärung (BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VIII ZR 374/11, NJW 2013, 1365 Rn. 18; Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, NJW 2014, 3229 Rn. 16).

Im vorliegenden Fall streiten die Parteien um einen Mangel, der als behebbar anzusehen ist. Das gilt auch dann, wenn die Problembehebung durch das von der Beklagten angesprochene, vom Hersteller angekündigte Softwareupdate erfolgen konnte, dieses aber zur Zeit der Rücktrittserklärung noch nicht auf den Markt gebracht war. Geht es (nur) um eine Veränderung der Software, kann diese grundsätzlich unabhängig von der Softwareentwicklung des Fahrzeugherstellers durchgeführt werden.

Kommt es dementsprechend für die Beurteilung der (Un-)Erheblichkeit eines etwaigen Mangels maßgeblich auf die Höhe der Beseitigungskosten an, setzt auch deren Feststellung zunächst die Klärung der Fehlerursache voraus. Diese kann aus von der Klägerin zu verantwortenden Gründen nicht mehr erfolgen; ob die darin liegende Beweisvereitelung im konkreten Fall zu einer Beweislastumkehr führt (zu den Folgen einer Beweisvereitelung: BGH, Urt. v. 23.11.2005 – VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434 Rn. 23 ff.), bedarf keiner Entscheidung, weil die Klägerin den ohnehin ihr obliegenden Mangelbeweis nicht geführt hat.

Ihr Zahlungsverlangen erweist sich schon deshalb als unbegründet …

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