1. Die An­ga­be ei­nes „ab­ge­le­se­nen“ Ki­lo­me­ter­stands in ei­nem Ge­braucht­wa­gen­kauf­ver­trag stellt re­gel­mä­ßig kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung im Sin­ne des § 434 I 1 BGB a.F. dar.
  2. Es ge­hört zur üb­li­chen Be­schaf­fen­heit ei­nes Kraft­fahr­zeugs im Sin­ne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F. und ein Käu­fer darf da­her re­gel­mä­ßig er­war­ten, dass die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs nicht we­sent­lich hö­her ist als die vom Ki­lo­me­ter­zäh­ler an­ge­zeig­te Lauf­leis­tung (im An­schluss u. a. an OLG Cel­le, Urt. v. 25.09.2019 – 7 U 8/19, ju­ris Rn. 16; OLG Hamm, Urt. v. 11.12.2012 – I-28 U 80/12, ju­ris Rn. 10).
  3. Ein Fahr­zeug wird grund­sätz­lich un­ter der er­klär­ten oder je­den­falls still­schwei­gen­den Vor­aus­set­zung ver­kauft, dass es mit dem Ori­gi­nal­ki­lo­me­ter­zäh­ler aus­ge­stat­tet ist und der dort an­ge­zeig­te Ki­lo­me­ter­stand nicht nach­träg­lich durch Ma­ni­pu­la­ti­on „re­du­ziert“ wor­den ist.

OLG Nürn­berg, Ur­teil vom 11.12.2024 – 12 U 1061/23

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin er­warb von der Be­klag­ten im No­vem­ber 2021 ei­nen Ge­braucht­wa­gen zum Preis von 9.500 €. Beim Ver­kauf gab die Be­klag­te die Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs mit „56.456 km ab­ge­le­sen“ an.

Nach der Über­ga­be des Fahr­zeugs mach­te die Klä­ge­rin ge­gen­über der Be­klag­ten gel­tend, dass die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs beim Ver­kauf be­reits mehr als 250.000 km be­tra­gen ha­be, und er­klär­te des­halb die An­fech­tung ih­rer Ver­trags­er­klä­rung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung so­wie den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag we­gen ei­nes aus ih­rer Sicht er­heb­li­chen Sach­man­gels auf­grund der Ki­lo­me­ter­ab­wei­chung. Die Be­klag­te ver­wei­ger­te die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags und wies ins­be­son­de­re dar­auf hin, dass ihr nur der ab­ge­le­se­ne Ki­lo­me­ter­stand be­kannt ge­we­sen sei. Hin­sicht­lich der Lauf­leis­tung ha­be sie die Klä­ge­rin nicht arg­lis­tig ge­täuscht, und der Klä­ge­rin stün­den in­so­weit auch kei­ne Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che zu.

Mit ih­rer Kla­ge hat die Klä­ge­rin von der Be­klag­ten ins­be­son­de­re die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in Hö­he von 9.500 €, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be und Rück­über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs, so­wie den Er­satz ihr ent­stan­de­ner Stand­kos­ten in Hö­he von 300 € ver­langt.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen und zur Be­grün­dung aus­ge­führt, das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug sei nicht man­gel­haft. Ihm feh­le hin­sicht­lich der Lauf­leis­tung nicht die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit, da die Be­klag­te le­dig­lich den ab­ge­le­se­nen Ki­lo­me­ter­stand an­ge­ge­ben ha­be. Das Fahr­zeug sei auch nicht für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung un­ge­eig­net. Die Klä­ge­rin, die ih­re Ver­trags­er­klä­rung auch nicht wirk­sam an­ge­foch­ten ha­be, ha­be da­her we­der ei­nen An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags noch ei­nen An­spruch auf Er­satz von Stand­kos­ten.

Mit ih­rer da­ge­gen ge­rich­te­ten Be­ru­fung hat die Klä­ge­rin zu­letzt – nach Wei­ter­ver­äu­ße­rung des Fahr­zeugs für 6.000 € – be­an­tragt, die Be­klag­te un­ter Ab­än­de­rung des land­ge­richt­li­chen Ur­teils zur Zah­lung von 3.500 € nebst Zin­sen so­wie zur Zah­lung von 300 € nebst Zin­sen zu ver­ur­tei­len. Das Rechts­mit­tel hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Die Klä­ge­rin kann von der Be­klag­ten die Rück­zah­lung des für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug be­zahl­ten Kauf­prei­ses un­ter An­rech­nung des von ihr durch den Wei­ter­ver­kauf er­ziel­ten Er­lö­ses ver­lan­gen. Die Klä­ge­rin war zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag schon des­we­gen be­rech­tigt, weil die er­heb­lich über dem Ta­chostand lie­gen­de tat­säch­li­che Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs ei­nen Sach­man­gel dar­stellt. Es kommt so­mit nicht dar­auf an, ob die Be­klag­te der Klä­ge­rin ei­ne be­stimm­te Lauf­leis­tung kon­kret zu­ge­si­chert hat oder ob sie die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung kann­te und der Klä­ge­rin bei Ver­trags­schluss ver­schwie­gen hat.

1. Die Klä­ge­rin hat ge­gen die Be­klag­te ge­mäß § 346 I BGB ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des von ihr für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ge­leis­te­ten Kauf­prei­ses, da sie we­gen ei­nes Sach­man­gels be­rech­tig­ter­wei­se vom Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten ist (§ 437 Nr. 2 Fall 1, § 323 BGB).

a) Das Erst­ge­richt ist auf­grund des Er­geb­nis­ses der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags ei­ne weit über dem von der Be­klag­ten mit „56.556 km ab­ge­le­sen“ an­ge­ge­be­nen Ki­lo­me­ter­stand lie­gen­de tat­säch­li­che Lauf­leis­tung von über 250.000 km auf­ge­wie­sen hat. Dies wird auch von der Be­klag­ten nicht grund­sätz­lich in­fra­ge ge­stellt, die le­dig­lich be­haup­tet, von ei­ner über dem ab­ge­le­se­nen Ki­lo­me­ter­stand lie­gen­den tat­säch­li­chen Lauf­leis­tung kei­ne Kennt­nis ge­habt zu ha­ben.

Die­se er­heb­li­che Ab­wei­chung zwi­schen dem an­ge­zeig­ten Ki­lo­me­ter­stand und der tat­säch­li­chen Lauf­leis­tung stellt ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Erst­ge­richts ei­nen Man­gel des ver­kauf­ten Fahr­zeugs dar.

Beim Ver­kauf ei­nes ge­brauch­ten Fahr­zeugs ist die An­ga­be ei­nes „ab­ge­le­se­nen“ Ki­lo­me­ter­stands durch den Ver­käu­fer eben­so wie et­wa ei­ne An­ga­be „Ki­lo­me­ter­stand laut An­ga­be des Vor­be­sit­zers“ grund­sätz­lich le­dig­lich als ei­ne Wis­sens­er­klä­rung oh­ne Ga­ran­tie­über­nah­me im Sin­ne von § 443 BGB an­zu­se­hen. Da so­mit kein Ki­lo­me­ter­stand kon­kret im Sin­ne von § 434 I 1 BGB a.F. ver­ein­bart ist, kommt es auf die üb­li­che Be­schaf­fen­heit ge­mäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F. und dar­auf an, was der Käu­fer be­rech­tig­ter­wei­se er­war­ten kann.

Wel­che Be­schaf­fen­heit im Hin­blick auf den Zu­stand ei­nes ge­brauch­ten Fahr­zeugs als üb­lich an­ zu­se­hen ist, rich­tet sich nach den Um­stän­den des Ein­zel­falls. In Be­zug auf die Lauf­leis­tung ist nach der Recht­spre­chung des BGH dar­auf ab­zu­stel­len, ob der Käu­fer nach den Um­stän­den er­war­ten darf, dass die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs nicht we­sent­lich hö­her ist, als der Ki­lo­me­ter­zäh­ler an­zeigt (vgl. hier­zu BGH, Urt. v. 16.03.2005 – VI­II ZR 130/04, ju­ris Rn. 9). Maß­geb­lich ist in­so­weit, ob ein ver­stän­di­ger Durch­schnitts­käu­fer un­ter den kon­kre­ten Um­stän­den, ins­be­son­de­re mit Rück­sicht auf das Al­ter des Fahr­zeugs, die An­zahl der Vor­be­sit­zer und sei­ne Vor­be­nut­zung, be­rech­tig­ter­wei­se von der Rich­tig­keit des an­ge­zeig­ten Ki­lo­me­ter­stands aus­ge­hen darf.

Es ge­hört da­bei schon zu den Nor­mal­ei­gen­schaf­ten ei­nes Fahr­zeugs, nicht we­sent­lich mehr ge­fah­ren zu sein, als der Ki­lo­me­ter­zäh­ler an­zeigt (vgl. OLG Bre­men, Urt. v. 08.10.2003 – 1 U 40/03, Rn. 9 m. w. Nachw. [zu § 459 I BGB a.F.]; OLG Cel­le, Urt. v. 25.09.2019 – 7 U 8/19, ju­ris Rn. 16; OLG Hamm, Urt. v. 11.12.2012 – I-28 U 80/12, ju­ris Rn. 10). Ein Fahr­zeug wird im Üb­ri­gen grund­sätz­lich un­ter der er­klär­ten oder je­den­falls still­schwei­gen­den Vor­aus­set­zung ver­kauft, dass es mit dem Ori­gi­nal­ta­cho aus­ge­stat­tet ist und dass der dort an­ge­zeig­te Ki­lo­me­ter­stand auch nicht nach­träg­lich durch ei­ne Ma­ni­pu­la­ti­on „re­du­ziert“ wur­de. Der Ori­gi­nal­ta­cho ist, wenn er nicht ma­ni­pu­liert wor­den ist, die ein­zi­ge zu­ver­läs­si­ge Kon­trol­le der wirk­li­chen Fahr­leis­tung. Dem­ge­mäß stellt es nach der Ver­kehrs­auf­fas­sung grund­sätz­lich ei­nen Sach­man­gel dar, wenn in Wirk­lich­keit nach­träg­lich ein ge­brauch­ter an­de­rer Ta­cho ein­ge­baut wor­den ist oder der ur­sprüng­li­che Ta­cho ma­ni­pu­liert wur­de, was vor­lie­gend der Fall sein muss. Denn un­ter die­sen Um­stän­den ist die wirk­li­che Fahr­leis­tung nicht mehr kon­trol­lier­bar (vgl. hier­zu OLG Köln, Urt. v. 26.02.1986 – 2 U 183/85, NJW-RR 1986, 988 [zu § 459 I BGB a.F.]).

Dies zu­grun­de ge­legt, durf­te die Klä­ge­rin auch als ge­werb­li­che Kfz-Händ­le­rin hier da­von aus­ge­hen, dass die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung je­den­falls nicht na­he­zu dem Fünf­fa­chen des an­ge­zeig­ten Ki­lo­me­ter­stands ent­sprach, was nur ent­we­der durch ei­nen nicht fach­ge­rech­ten Aus­tausch des ur­sprüng­li­chen Ta­chos oder durch ei­ne Ma­ni­pu­la­ti­on des Ori­gi­nal­ta­chos mög­lich war.

Dies gilt auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung des­sen, dass das im Fe­bru­ar 2016 erst­mals zu­ge­las­se­ne Fahr­zeug zum Zeit­punkt des Ver­kaufs an die Klä­ge­rin be­reits ei­ne Nut­zungs­zeit von mehr als fünf Jah­ren auf­wies. Der an­ge­zeig­te Ki­lo­me­ter­stand ist des­we­gen nicht von vorn­her­ein un­plau­si­bel. Sons­ti­ge für die Klä­ge­rin beim Kauf er­kenn­ba­re An­halts­punk­te für ei­ne mög­li­cher­wei­se weit hö­he­re tat­säch­li­che Lauf­leis­tung sind nicht er­sicht­lich. Die Be­klag­te hat­te im Üb­ri­gen we­der beim Ab­schluss des Kauf­ver­trags noch in der die­sem zu­grun­de lie­gen­den Be­schrei­bung des Fahr­zeugs auf der Ver­kaufs­platt­form X. An­ga­ben zu Vor­be­sit­zern ge­macht. Für die Klä­ge­rin war zu­nächst auch nicht er­kenn­bar, dass das Fahr­zeug frü­her … ge­werb­lich ge­nutzt wor­den war.

b) Da die Klä­ge­rin so­mit schon we­gen der Be­schaf­fen­heits­ab­wei­chung zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­tigt war, kommt es nicht dar­auf an, ob die Be­klag­te beim Ab­schluss des Kauf­ver­trags die ab­ge­le­se­ne als die tat­säch­li­che Ge­samt­lauf­leis­tung zu­ge­si­chert hat, wo­von der Se­nat al­ler­dings nicht aus­geht.

c) Eben­so kann des­we­gen da­hin­ste­hen, ob die Klä­ge­rin den ge­gen­über der Be­klag­ten gel­tend ge­mach­ten An­spruch auch aus ei­ner An­fech­tung des Kauf­ver­trags we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung durch Ver­schwei­gen ei­nes der Be­klag­ten be­kann­ten, er­heb­lich über dem ab­ge­le­se­nen lie­gen­den tat­säch­li­chen Ki­lo­me­ter­stand her­lei­ten könn­te. Auch hier­für sieht der Se­nat im Üb­ri­gen nach den ge­sam­ten Um­stän­den und dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me kei­ne hin­rei­chen­den An­halts­punk­te.

d) Auf ei­nen Aus­schluss der Ge­währ­leis­tung kann sich die Be­klag­te nicht be­ru­fen. In dem zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­nen An­kaufs­ver­trag (An­la­ge K 2) ist ein sol­cher nicht ver­ein­bart. Der Haf­tungs­aus­schluss in Nr. 7 der All­ge­mei­nen Nut­zungs­be­din­gun­gen der X. (An­la­ge B 4) re­gelt nur das Ver­hält­nis die­ses Un­ter­neh­mens zu den „Teilneh­mern“, die die von ihm an­ge­bo­te­ne Ver­kaufs­platt­form nut­zen. Für die Rechts­ver­hält­nis­se zwi­schen „Teil­neh­mern“, die un­ter Nut­zung der Ver­kaufs­platt­form Ver­trä­ge ab­schlie­ßen, lässt sich hier­aus nichts her­lei­ten.

e) Der zwi­schen­zeit­li­che Wei­ter­ver­kauf des Fahr­zeugs steht dem An­spruch der Klä­ge­rin auf Rück­erstat­tung des Kauf­prei­ses nicht ent­ge­gen. Da die Klä­ge­rin des­we­gen die von ihr emp­fan­ge­ne Leis­tung nicht mehr an die Be­klag­te zu­rück­ge­ben kann, ist sie die­ser ge­mäß § 346 II 1 Nr. 2 BGB zum Wert­er­satz ver­pflich­tet. In­fol­ge­des­sen muss sie sich auf ih­ren Rück­erstat­tungs­an­spruch von grund­sätz­lich 9.500 € den von ihr er­ziel­ten Ver­kaufs­er­lös von 6.000 € an­rech­nen las­sen, was sie bei ih­rer An­trag­stel­lung zu­letzt auch be­rück­sich­tigt hat. Die Klä­ge­rin kann da­mit noch den von ihr zu­letzt ge­for­der­ten Be­trag von 3.500 € be­an­spru­chen.

Der Se­nat geht da­bei da­von aus, dass der Wert des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs un­ter Be­rück­sich­ti­gung der tat­säch­li­chen Lauf­leis­tung den von der Klä­ge­rin im De­zem­ber 2022 er­ziel­ten Ver­kaufs­er­lös von 6.000 € nicht über­stieg und da­her durch des­sen An­rech­nung ein hin­rei­chen­der Wert­er­satz für das nicht mehr zu­rück­ge­ge­be­ne Fahr­zeug er­folgt. Dies wird be­stä­tigt durch ei­ne vom Se­nat – be­zo­gen auf den Ver­kaufs­tag 13.12.2022 – durch­ge­führ­te ak­tu­el­le elek­tro­ni­sche Ab­fra­ge bei der all­ge­mein an­er­kann­ten Fahr­zeug­be­wer­tungs­da­ten­bank Schwa­cke, aus der sich ein Zeit­wert in­klu­si­ve Mehr­wert­steu­er für das Fahr­zeug im un­be­schä­dig­ten Zu­stand in Hö­he von 10.750 € er­gibt. Zu­grun­de ge­legt wur­de hier­bei ei­ne Ge­samt­lauf­leis­tung von 270.000 km. Im Hin­blick auf die er­heb­li­chen wert­min­dern­den Un­fall­schä­den, die das Fahr­zeug aus­weis­lich der „Ob­jekt-De­tail­in­for­ma­tio­nen“ in dem An­ge­bot bei X. (An­la­ge K 3) be­reits beim Ver­kauf an die Klä­ge­rin auf­wies, be­ste­hen kei­ne An­halts­punk­te da­für, dass die­ses zum Zeit­punkt des Ver­kaufs durch die Klä­ge­rin ei­nen hö­he­ren Wert als 6.000 € ge­habt ha­ben könn­te.

f) Er­gän­zend ist noch dar­auf hin­zu­wei­sen, dass die im Hin­blick auf den Wei­ter­ver­kauf ge­än­der­te An­trag­stel­lung der Klä­ge­rin (Ver­min­de­rung des ge­for­der­ten Be­trags bei Weg­fall der Zug um Zug an­ge­bo­te­nen Rück­ga­be und Über­eig­nung des Fahr­zeugs so­wie der Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs) schon des­we­gen nicht un­zu­läs­sig ist, weil sie als teil­wei­se Er­le­di­gungs­er­klä­rung hin­sicht­lich der Haupt­sa­che aus­zu­le­gen ist (da­zu nä­her nach­fol­gend un­ter II 3). Dies stellt nach herr­schen­der Mei­nung ei­ne nach § 264 Nr. 2 ZPO stets zu­läs­si­ge Be­schrän­kung (und da­mit Än­de­rung) des Kla­ge­an­trags dar (vgl. Zöl­ler/​Alt­ham­mer, ZPO, 35. Aufl., § 91a Rn. 34 m. w. Nachw.).

2. Der Klä­ge­rin steht ge­gen die Be­klag­te fer­ner ein An­spruch auf Er­satz von Stand­kos­ten im gel­tend ge­mach­ten Um­fang von 300 € zu.

a) Nach dem wirk­sa­men Rück­tritt der Klä­ge­rin vom Kauf­ver­trag be­fand sich die Be­klag­te, der das Fahr­zeug mit Schrift­satz der Klä­ger­ver­tre­ter vom 08.03.2022 un­ter Frist­set­zung bis zum 22.03.2022 zum Zweck der Rück­ab­wick­lung Zug um Zug ge­gen Rück­zah­lung des ge­leis­te­ten Kauf­prei­ses an­ge­bo­ten wor­den war, spä­tes­tens seit 23.03.2022 mit der Rück­nah­me des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs in An­nah­me­ver­zug (§ 293 BGB). Die Klä­ge­rin hat da­mit als Rück­ge­währ­schuld­ne­rin ge­gen die Be­klag­te als Rück­ge­währ­gläu­bi­ge­rin nach § 304 Fall 2 BGB ei­nen An­spruch auf Er­satz der Mehr­auf­wen­dun­gen, die ihr für die Auf­be­wah­rung und Er­hal­tung des Fahr­zeugs als des ge­schul­de­ten Ge­gen­stands ent­stan­den sind.

Da die Klä­ge­rin das Fahr­zeug auf ih­rem Be­triebs­ge­län­de ver­wahrt hat, sind ihr zwar kei­ne Auf­wen­dun­gen durch zu er­brin­gen­de Geld­leis­tun­gen ent­stan­den. Sie kann sich je­doch vor­lie­gend auf § 354 I HGB be­ru­fen, da sie die Ver­wah­rung im Rah­men ih­rer ge­werb­li­chen Tä­tig­keit als Au­to­händ­le­rin auf ih­rem Be­triebs­ge­län­de vor­ge­nom­men hat. Nach die­ser Vor­schrift kann der­je­ni­ge, der in Aus­übung sei­nes Han­dels­ge­wer­bes ei­nem an­de­ren Ge­schäf­te be­sorgt oder Diens­te leis­tet, auch oh­ne Ver­ab­re­dung für die Auf­be­wah­rung von Ge­gen­stän­den La­ger­geld nach den an dem Or­te üb­li­chen Sät­zen for­dern. Dies gilt un­ab­hän­gig da­von, dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Kauf­ver­trag für die Be­klag­te nur ein Pri­vat­ge­schäft war (vgl. hier­zu et­wa Pau­lus, in: Eben­roth/​Bou­jong, HGB, 5. Aufl., § 354 Rn. 6 m. w. Nachw.).

Die not­wen­di­ge Be­rech­ti­gung der Klä­ge­rin zur Auf­be­wah­rung des Fahr­zeugs er­gab sich schon dar­aus, dass die Be­klag­te die Rück­nah­me des Fahr­zeugs ver­wei­ger­te und die Klä­ge­rin die­ses im Rah­men des durch ih­ren Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ent­stan­de­nen Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis­ses (§ 346 BGB) grund­sätz­lich an dem Ort für die Be­klag­te zur Rück­nah­me be­reit­hal­ten muss­te, an dem es sich nach dem Kauf­ver­trag be­stim­mungs­ge­mäß be­fand. Dies war bis zur Wei­ter­ver­äu­ße­rung das Be­triebs­ge­län­de der Klä­ge­rin.

b) Die Hö­he des von der Klä­ge­rin in­so­weit gel­tend ge­mach­ten Be­trags ist nicht zu be­an­stan­den.

Die Be­klag­te hat nicht be­strit­ten, dass der Stand­geld-Ta­ges­satz von 10 €, den die Klä­ge­rin ih­rer Be­rech­nung zu­grun­de legt, grund­sätz­lich orts­üb­lich und an­ge­mes­sen ist. Bei ei­ner Schät­zung nach § 287 ZPO wä­re es eben­falls an­ge­mes­sen, ei­nen Ta­ges­satz in die­ser Hö­he zu­grun­de zu le­gen.

Es ist auch un­strei­tig, dass das Fahr­zeug we­gen der ver­wei­ger­ten Rück­nah­me min­des­tens 30 Ta­ge von der Klä­ge­rin ver­wahrt wur­de.

Da­mit er­rech­net sich ein Er­satz­an­spruch der Klä­ge­rin in Hö­he von (30 × 300 € =) 300 €.

c) Durch die „Ei­gen­ver­wah­rung„ des Fahr­zeugs hat die Klä­ge­rin auch nicht ge­gen ih­re Scha­dens­min­de­rungs­pflicht (§ 254 II BGB) ver­sto­ßen. Die Be­klag­te hat schon nicht be­haup­tet, dass es an­de­re Mög­lich­kei­ten der Ver­wah­rung ge­ge­ben hät­te, für die ge­rin­ge­re Kos­ten ent­stan­den wä­ren. Hier­für ist auch sonst nichts er­sicht­lich. Auf öf­fent­li­chen Stra­ßen, We­gen und Plät­zen durf­te das Fahr­zeug man­gels Zu­las­sung nicht ab­ge­stellt wer­den. Ei­ne an­der­wei­ti­ge ge­werb­li­che Ver­wah­rung hät­te kei­ne ge­rin­ge­ren Kos­ten ver­ur­sacht. Im Üb­ri­gen wä­ren bei ei­ner Ver­brin­gung vom Be­triebs­ge­län­de der Klä­ge­rin zu ei­ner an­der­wei­ti­gen Ver­wah­rung noch zu­sätz­lich Trans­port­kos­ten an­ge­fal­len.

3. Es ist fer­ner fest­zu­stel­len, dass der Rechts­streit in der Haupt­sa­che er­le­digt ist, so­weit die Klä­ge­rin zu­nächst ei­nen (wei­te­ren) Be­trag in Hö­he von 6.000 € Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be und Über­eig­nung des Fahr­zeugs und Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten ge­for­dert hat­te.

a) Aus der Be­grün­dung der ge­än­der­ten An­trag­stel­lung der Klä­ge­rin ge­mäß Schrift­satz vom 06.11.2024, mit der die Klä­ge­rin ih­re Kla­ge­for­de­rung um ei­nen Be­trag von 6.000 € ver­min­dert hat, er­gibt sich, dass dies nur des­we­gen er­folgt ist, weil die Klä­ge­rin das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ver­kauft hat und die­ses des­we­gen nicht mehr Zug um Zug an die Be­klag­te her­aus­ge­ben kann. Den der Be­klag­ten we­gen da­durch ein­ge­tre­te­ner Un­mög­lich­keit der Rück­ga­be des Fahr­zeugs zu­ste­hen­den Wert­er­satz­an­spruch hat die Klä­ge­rin be­rück­sich­tigt, in­dem sie sich den durch den Wei­ter­ver­kauf er­lang­ten Kauf­preis auf ih­re ur­sprüng­li­che For­de­rung an­rech­nen lässt. Nach­dem die Klä­ge­rin zu­gleich wei­ter be­an­tragt, der Be­klag­ten die ge­sam­ten Kos­ten des Rechts­streits auf­zu­er­le­gen, ist die ge­än­der­te An­trag­stel­lung da­hin aus­zu­le­gen, dass sie der Auf­fas­sung ist, dass der Rechts­streit durch den Wei­ter­ver­kauf in Hö­he ih­rer For­de­rung von 6.000 € in der Haupt­sa­che er­le­digt ist, und dass sie be­gehrt, dies ge­ge­be­nen­falls mit ent­spre­chen­der Kos­ten­fol­ge für die Be­klag­te fest­zu­stel­len.

Bei Er­le­di­gung der Haupt­sa­che brau­chen die Par­tei­en ei­ne Er­le­di­gungs­er­klä­rung nicht wört­lich oder aus­drück­lich ab­zu­ge­ben. Es ge­nügt viel­mehr, wenn sich der hier­auf ge­rich­te­te Wil­le kon­klu­dent im We­ge der Aus­le­gung ih­res pro­zes­sua­len Ver­hal­tens er­mit­teln lässt (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.1991 – XI ZR 148/90, NJW-RR 1991, 1211, ). Dies ist vor­lie­gend hin­sicht­lich der Klä­ge­rin der Fall. Dem Um­stand, dass sie nach Er­zie­lung ei­nes Ver­kaufs­er­lö­ses ih­ren Kla­ge­an­spruch um die­sen er­mä­ßigt und zu­gleich die un­mög­lich ge­wor­de­ne Zug-um-Zug-Leis­tung nicht mehr an­ge­bo­ten hat, kann kein an­de­rer Sinn als der ei­ner teil­wei­sen Er­le­di­gungs­er­klä­rung zu­kom­men. Denn dass die Klä­ge­rin et­wa die Kla­ge in­so­weit mit der für sie un­güns­ti­gen Kos­ten­fol­ge (§ 269 III ZPO) zu­rück­neh­men woll­te, kann nicht an­ge­nom­men wer­den, zu­mal sie wei­ter be­an­tragt hat, die ge­sam­ten Kos­ten des Rechts­streits der Be­klag­ten auf­zu­er­le­gen.

b) Die teil­wei­se Er­le­di­gungs­er­klä­rung der Klä­ge­rin ist ein­sei­tig ge­blie­ben, da das Pro­zess­ver­hal­ten der Be­klag­ten, die schon die ge­än­der­te An­trag­stel­lung als sol­che für un­zu­läs­sig hält und wei­ter die voll­um­fäng­li­che Ab­wei­sung der Kla­ge un­ter Auf­er­le­gung der ge­sam­ten Kos­ten­last auf die Klä­ge­rin be­an­tragt, da­hin aus­zu­le­gen ist, dass sie der kon­klu­den­ten Er­le­di­gungs­er­klä­rung der Klä­ge­rin nicht zu­stimmt.

Die so­mit ein­sei­ti­ge Er­le­di­gungs­er­klä­rung ist im Sin­ne ei­nes ent­spre­chen­den Fest­stel­lungs­be­geh­rens un­ter Auf­er­le­gung der Kos­ten­last auf die Be­klag­te zu wer­ten (vgl. hier­zu Zöl­ler/​Alt­ham­mer, a. a. O., § 91a Rn. 37). Die­ses ist be­grün­det, da die zu­nächst zu­läs­si­ge und we­gen des be­rech­tig­ten Rück­tritts der Klä­ge­rin be­grün­de­te Rück­ab­wick­lungs­kla­ge hin­sicht­lich der ge­for­der­ten Zah­lung von zu­nächst 9.500 € nur in­fol­ge der Er­zie­lung ei­nes ei­nem Teil des zu­rück­ge­for­der­ten Kauf­prei­ses ent­spre­chen­den Ver­kaufs­er­lö­ses teil­wei­se (im Um­fang von 6.000 €) un­be­grün­det wur­de und in­so­weit ei­ne Er­le­di­gung der Haupt­sa­che ein­ge­tre­ten ist.

4. Der An­spruch der Klä­ge­rin auf Zin­sen hin­sicht­lich der Rück­erstat­tungs­for­de­rung er­gibt sich un­ter dem Ge­sichts­punkt des Ver­zugs aus §§ 286 I, 288 I 1 BGB. Der zu ver­zin­sen­de Be­trag hat sich nach Er­halt des Ver­kaufs­er­lö­ses von 9.500 € auf 3.500 € ver­min­dert, was die Klä­ge­rin mit ih­rem zu­letzt ge­stell­ten An­trag auch be­rück­sich­tigt hat. Die Klä­ge­rin kann Zin­sen je­doch nur in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz ge­mäß § 288 I 2 BGB be­an­spru­chen. Für den ge­for­der­ten hö­he­ren Zins­satz von neun Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz nach § 288 II BGB wä­re es er­for­der­lich, dass es sich um ein Rechts­ge­schäft han­delt, an dem ein Ver­brau­cher nicht be­tei­ligt ist. Die Klä­ge­rin konn­te je­doch nicht hin­rei­chend be­le­gen, dass es sich bei dem Ver­kauf des Fahr­zeugs sei­tens der Be­klag­ten nicht um ein Pri­vat­ge­schäft han­del­te.

Hin­sicht­lich des Er­satz­an­spruchs für Mehr­auf­wen­dun­gen ste­hen der Klä­ge­rin die gel­tend ge­mach­ten Pro­zess­zin­sen seit Rechts­hän­gig­keit der Kla­ge ge­mäß § 291 Satz 1 BGB zu. Die Rechts­hän­gig­keit ist mit Zu­stel­lung der Kla­ge am 27.05.2022 ein­ge­tre­ten (§ 261 I ZPO). Des­halb sind der Klä­ge­rin in­so­weit Zin­sen seit dem auf die Zu­stel­lung fol­gen­den Tag zu­zu­spre­chen (vgl. BGH, Urt. v. 04.07.2017 – XI ZR 562/15 BGHZ 215, 172 Rn. 103). Auch in­so­weit kann die Klä­ge­rin aus den vor­ge­nann­ten Grün­den ge­mäß § 291 Satz 2, § 288 I 2, II BGB nur Zin­sen in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz be­an­spru­chen.

So­weit die Klä­ge­rin ei­nen über­höh­ten Zins­satz gel­tend ge­macht hat, war die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

III. … 1. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 92 II Nr. 1 ZPO. Die Klä­ge­rin ob­siegt fast voll­um­fäng­lich, dies auch, so­weit die teil­wei­se Er­le­di­gung des Rechts­streits in der Haupt­sa­che fest­zu­stel­len ist. Durch die ver­hält­nis­mä­ßig ge­ring­fü­gi­ge Zu­viel­for­de­rung in Be­zug auf den ge­for­der­ten Zins­satz von neun Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz wur­den kei­ne hö­he­ren Kos­ten ver­ur­sacht. Es ist da­her an­ge­mes­sen, der Be­klag­ten die Kos­ten des Rechts­streits in bei­den In­stan­zen voll­um­fäng­lich auf­zu­er­le­gen. …

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