1. Er­fül­lungs­ort für An­sprü­che ei­nes Neu­wa­gen­käu­fers aus ei­ner Her­stel­ler­ga­ran­tie ist man­gels ab­wei­chen­der Ver­ein­ba­rung je­den­falls nicht der (Wohn-)Sitz des Käu­fers.
  2. Er­fül­lungs­ort für An­sprü­che aus ei­ner Mo­bi­li­täts­ga­ran­tie ist re­gel­mä­ßig – wenn ei­ne ab­wei­chen­de Ver­ein­ba­rung fehlt – der Sitz des Ga­ran­tie­ge­bers. Denn der In­halt ei­ner Mo­bi­li­täts­ga­ran­tie be­schränkt sich letzt­lich dar­auf, dem Ga­ran­ti­en­eh­mer (Fahr­zeug­käu­fer) Auf­wen­dun­gen für die Pan­nen­hil­fe, das Ab­schlep­pen sei­nes Fahr­zeugs und ei­nen Miet­wa­gen zu er­stat­ten oder da­für zu sor­gen, dass Drit­te Leis­tun­gen für den Ga­ran­ti­en­eh­mer (z. B. Über­las­sung ei­nes Miet­wa­gens) auf Kos­ten des Ga­ran­tie­ge­bers er­brin­gen.
  3. Wird ei­ne Kla­ge zu­nächst nur ge­gen ei­nen Be­klag­ten er­ho­ben und erst nach form­lo­ser Ab­ga­be der Sa­che an ein an­de­res Ge­richt auf ei­nen Streit­ge­nos­sen des Be­klag­ten er­wei­tert, ist für ei­ne in­fol­ge­des­sen er­for­der­lich wer­den­de Zu­stän­dig­keits­be­stim­mung nach § 36 I Nr. 3 ZPO das Ge­richt, bei dem der par­tei­er­wei­tern­de Schrift­satz ein­ge­reicht wur­de, als das „zu­erst mit der Sa­che be­fass­te Ge­richt“ i. S. des § 36 II ZPO an­zu­se­hen.

Ba­yO­bLG, Be­schluss vom 23.06.2023 – 102 AR 9/23

Sach­ver­halt: Die in B. an­säs­si­ge An­trag­stel­le­rin ist Hal­te­rin ei­nes Pkw Fi­at Ta­len­to, für den die in Rüs­sels­heim an­säs­si­ge An­trags­geg­ne­rin zu 2 ein Neu­wa­gen­ga­ran­tie ge­währt hat. Die­ses Fahr­zeug wur­de nach Ein­tritt ei­nes Mo­tor­scha­dens am 13.09.2021 in ei­ne Kfz-Werk­statt in Ham­burg ver­bracht, wo es sich noch im­mer be­fin­det. In ei­nem be­reits ein­ge­lei­te­ten selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren möch­te die An­trag­stel­le­rin un­ter an­de­rem die Ur­sa­che des Mo­tor­scha­dens klä­ren las­sen.

Sie be­haup­tet, der Mo­tor­scha­den be­ru­he auf ei­nem Her­stel­lungs­man­gel und sei im Rah­men der Ga­ran­tie durch Re­pa­ra­tur oder Aus­tausch der be­trof­fe­nen Tei­le zu be­sei­ti­gen. Nicht aus­zu­schlie­ßen sei aber auch, dass ih­re Streit­hel­fe­rin bei der War­tung des Pkw min­der­wer­ti­ges Öl ver­wen­det ha­be, was al­lei­ne oder mit zu dem Mo­tor­scha­den ge­führt ha­ben kön­ne. Die An­trags­geg­ne­rin zu 2 ge­wäh­re für die Lauf­zeit der Neu­wa­gen­ga­ran­tie ei­ne Mo­bi­li­täts­ga­ran­tie, de­ren Leis­tun­gen durch die An­trags­geg­ne­rin zu 1 er­bracht wür­den. Im noch nicht an­hän­gi­gen Haupt­sa­che­ver­fah­ren be­ab­sich­ti­ge sie, die An­trag­stel­le­rin, da­her, Ga­ran­tie­an­sprü­che ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 2 gel­tend zu ma­chen und die An­trags­geg­ne­rin zu 1 auf Kos­ten­über­nah­me be­zie­hungs­wei­se Aus­la­gen­er­stat­tung in An­spruch zu neh­men. Der mit ei­ner Be­sei­ti­gung des Mo­tor­scha­dens ver­bun­de­ne Kos­ten­auf­wand be­tra­ge nicht mehr als 5.000 €.

Im selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren be­an­tragt die An­trag­stel­le­rin, ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten un­ter an­de­rem da­zu ein­zu­ho­len, dass bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug ein Mo­tor­scha­den vor­lie­ge, ob der Her­stel­ler für die­sen Scha­den ver­ant­wort­lich sei, wel­cher Maß­nah­men es zur Be­sei­ti­gung des Mo­tor­scha­dens be­dür­fe, wel­che Kos­ten da­für ent­stün­den und ob ei­ne feh­len­de Schmie­rung zu dem Mo­tor­scha­den ge­führt ha­be.

Die dem selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren auf­sei­ten der An­trag­stel­le­rin bei­ge­tre­te­ne Ne­benin­ter­ve­ni­en­tin will ge­klärt wis­sen, wel­ches Öl sich im Mo­tor des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs be­fin­det, und be­haup­tet, sie ha­be den Pkw nur ein­mal, näm­lich im Ju­ni 2020 ei­ner War­tung un­ter­zo­gen und da­bei fach­ge­recht das rich­ti­ge Öl ver­wen­det. Mög­lich sei aber, dass der Pkw da­nach durch ei­nen Drit­ten ge­war­tet wor­den sei.

Die An­trags­geg­ne­rin zu 1 macht gel­tend, sie sei nicht pas­siv­le­gi­ti­miert, weil sie nur Mo­bi­li­täts­dienst­leis­tun­gen für die An­trags­geg­ne­rin zu 2 er­brin­ge. Da­zu ge­hör­ten zum Bei­spiel die Pan­nen­hil­fe, das Ab­schlep­pen von Fahr­zeu­gen und die Über­las­sung von Miet­wa­gen. Die Be­gut­ach­tung ei­nes Fahr­zeugs und die Be­sei­ti­gung von Män­geln ge­hör­ten nicht zur Mo­bi­li­täts-, son­dern zur Fahr­zeug­ga­ran­tie. Ei­ne sol­che ha­be sie, die An­trags­geg­ne­rin zu 1, der An­trag­stel­le­rin nicht ge­währt.

Die An­trags­geg­ne­rin zu 2 be­haup­tet, der Mo­tor­scha­den sei da­durch ent­stan­den, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug un­zu­rei­chend oder feh­ler­haft ge­war­tet wor­den sei. Sie meint, An­sprü­che ge­gen sie kä­men da­her nicht in Be­tracht.

Den An­trag auf Durch­füh­rung ei­nes selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens hat die An­trag­stel­le­rin zu­nächst nur ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 1 ge­rich­tet und beim AG Ham­burg-Barm­bek ein­ge­reicht. Die­ses hat mit Ver­fü­gung vom 11.03.2022 dar­auf hin­ge­wie­sen, dass sei­ne Zu­stän­dig­keit nicht er­kenn­bar sei, da die An­trags­geg­ne­rin zu 1 ih­ren Sitz in Mün­chen ha­be, das Fahr­zeug sich im Be­zirk des AG Ham­burg-Al­to­na be­fin­de und Vor­trag zu ei­ner drin­gen­den Ge­fahr i. S. von § 486 III ZPO feh­le.

Die An­trag­stel­le­rin hat dar­auf­hin be­an­tragt, die Sa­che an das „ört­lich und sach­lich zu­stän­di­ge AG Ham­burg-Al­to­na zu ver­wei­sen“. Ei­ne drin­gen­de Ge­fahr lie­ge vor, da ihr Fahr­zeug nach wie vor mit zer­leg­tem Mo­tor in der Ham­bur­ger Kfz-Werk­statt ste­he. Sie wol­le den Pkw re­pa­rie­ren las­sen, sei da­zu aber nicht „ge­hal­ten“, so­lan­ge kei­ne Be­wei­se ge­si­chert wor­den sei­en. Es be­ste­he die drin­gen­de Ge­fahr, dass Be­weis­mit­tel ver­lo­ren­gin­gen oder de­ren Be­nut­zung er­schwert wer­de.

Auf den Hin­weis des AG Ham­burg-Barm­bek, ei­ne Eil­zu­stän­dig­keit des AG Ham­burg-Al­to­na sei nach wie vor nicht er­kenn­bar, hat die An­trag­stel­le­rin die form­lo­se Ab­ga­be des Ver­fah­rens an das AG Mün­chen be­an­tragt. Dem ist das AG Ham­burg-Barm­bek mit Ver­fü­gung vom 22.04.2022 nach­ge­kom­men, oh­ne zu­vor den An­trag auf Durch­füh­rung des selb­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens der An­trags­geg­ne­rin zu 1 zu­zu­stel­len.

Nach­dem die Ak­te beim AG Mün­chen ein­ge­gan­gen und der An­trag auf Durch­füh­rung des selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens der An­trags­geg­ne­rin zu 1 zu­ge­stellt wor­den war, hat die An­trag­stel­le­rin den An­trag mit Schrift­satz vom 08.06.2022 auf die An­trags­geg­ne­rin zu 2 er­wei­tert. Die An­trags­geg­ne­rin­nen wür­den er­sucht, sich mit ei­ner ört­li­chen Zu­stän­dig­keit des AG Ham­burg-Al­to­na als Ge­richt der be­le­ge­nen Sa­che ein­ver­stan­den zu er­klä­ren. An­dern­falls wer­de um Ge­richts­stands­be­stim­mung ge­mäß § 36 I Nr. 3 ZPO „durch das an­ge­ru­fe­ne Ge­richt“ ge­be­ten.

Die An­trags­geg­ne­rin zu 2 hat gel­tend ge­macht, ört­lich und sach­lich sei das LG Ham­burg zu­stän­dig. Denn die im Raum ste­hen­den An­sprü­che der An­trag­stel­le­rin sei­en je­den­falls teil­wei­se auf Be­sei­ti­gung des Mo­tor­scha­dens ge­rich­tet. Ei­ne ent­spre­chen­de Ga­ran­tie­leis­tung sei in der Ham­bur­ger Kfz-Werk­statt­zu er­brin­gen. Der Streit­wert be­tra­ge min­des­tens 8.000 €, weil dies der Lis­ten­preis für ei­nen Aus­tausch­mo­tor sei. Mit ei­ner Ver­wei­sung an das LG Ham­burg sei sie, die An­trags­geg­ne­rin zu 2, ein­ver­stan­den. Die An­trags­geg­ne­rin zu 1 hat sich ei­ner Ver­wei­sung wi­der­setzt. So­weit der An­trag auf Durch­füh­rung ei­nes selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens ge­gen sie ge­rich­tet sei, ha­be das AG Mün­chen ihn als un­zu­läs­sig zu­rück­zu­wei­sen. Die An­trag­stel­le­rin hat mit Schrift­satz vom 23.09.2022 be­an­tragt, das Ver­fah­ren an das „ört­lich und sach­lich zu­stän­di­ge LG Ham­burg zu ver­wei­sen“.

Das AG Mün­chen hat die Ak­te mit Ver­fü­gung vom 31.01.2023 dem Baye­ri­schen Obers­ten Lan­des­ge­richt über­sandt, und zwar „mit dem An­trag, das zu­stän­di­ge Ge­richt nach § 36 I Nr. 3 ZPO zu be­stim­men (ge­mäß dem An­trag der An­trag­stel­le­rin auf Bl. 29 d. A.)“. Zur Be­grün­dung hat das AG Mün­chen auf sei­ne Ver­fü­gung vom 25.10.2022 ver­wie­sen. Die An­trags­geg­ne­rin­nen hät­ten ih­ren all­ge­mei­nen Ge­richts­stand je­weils bei un­ter­schied­li­chen Ge­rich­ten. Ein ge­mein­schaft­li­cher be­son­de­rer Ge­richts­stand be­ste­he nicht. Die An­trag­stel­le­rin be­ab­sich­ti­ge, in der Haupt­sa­che ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 1 ei­nen Zah­lungs­an­spruch (Kos­ten­über­nah­me bzw. Aus­la­gen­er­stat­tung) gel­tend zu ma­chen. Für die­sen An­spruch sei Er­fül­lungs­ort der Sitz der An­trags­geg­ne­rin zu 1. Hin­sicht­lich der ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 2 in der Haupt­sa­che gel­tend zu ma­chen­den An­sprü­che sei ein Ge­richts­stand des Er­fül­lungs­orts in Mün­chen nicht er­sicht­lich. Die An­trags­geg­ne­rin zu 2 ha­be den Sitz in Rüs­sels­heim, das Fahr­zeug be­fin­de sich in Ham­burg und die An­trag­stel­le­rin ha­be ih­ren Sitz in B.

Die An­trags­geg­ne­rin zu 1 hat im Zu­stän­dig­keits­be­stim­mungs­ver­fah­ren aus­ge­führt, sie sei ei­ne Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft mit Sitz in Mün­chen. Ein An­spruch der An­trag­stel­le­rin ge­gen sie kön­ne sich nur auf die Er­brin­gung ei­ner Ver­si­che­rungs­leis­tung be­zie­hen. Er­fül­lungs­ort sei in­so­weit Mün­chen. Bei der ge­ge­be­nen Sach- und Rechts­la­ge ha­be die An­trag­stel­le­rin in­des kei­nen An­spruch auf Er­brin­gung ei­ner Ver­si­che­rungs­leis­tung ge­gen sie, so­dass der ge­gen sie ge­rich­te­te An­trag auf Durch­füh­rung ei­nes selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens von ei­nem Mün­che­ner Ge­richt durch Be­schluss ab­zu­leh­nen sei.

Als für das selbst­stän­di­ge Be­weis­ver­fah­ren ört­lich zu­stän­di­ge Ge­richt wur­de das AG Mün­chen be­stimmt.

Aus den Grün­den: II. … 1. Das Baye­ri­sche Obers­te Lan­des­ge­richt ist ge­mäß § 36 II ZPO i. V. mit § 9 EG­Z­PO für die Be­stim­mung des ge­mein­sam ört­lich zu­stän­di­gen Ge­richts zu­stän­dig. Die An­trags­geg­ne­rin zu 1 und die An­trags­geg­ne­rin zu 2 ha­ben ih­ren je­wei­li­gen all­ge­mei­nen Ge­richts­stand (§§ 12, 17 ZPO) in ver­schie­de­nen Land­ge­richts­be­zir­ken, näm­lich Mün­chen und Darm­stadt, so­dass das ge­mein­schaft­li­che im Rechts­zug zu­nächst hö­he­re Ge­richt ge­mäß § 36 I ZPO der BGH ist. An des­sen Stel­le be­fin­det ge­mäß § 36 II ZPO i. V. mit § 9 EG­Z­PO das Baye­ri­sche Obers­te Lan­des­ge­richt über das Be­stim­mungs­ge­such, weil das mit der Sa­che be­reits be­fass­te Ge­richt in Bay­ern liegt. Auf die Ein­rei­chung des An­trags zu­nächst beim AG Ham­burg-Barm­bek kommt es nicht an. Die­ses hat das Ver­fah­ren an das AG Mün­chen ab­ge­ge­ben, be­vor die An­trag­stel­le­rin ih­ren An­trag auf die An­trags­geg­ne­rin zu 2 er­wei­tert hat (vgl. Ba­yO­bLG, Beschl. v. 10.06.2020 – 1 AR 45/20, ju­ris Rn. 17).

2. Die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Be­stim­mung des ört­lich zu­stän­di­gen Ge­richts ge­mäß § 36 I Nr. 3 ZPO sind ge­ge­ben.

a) Ein Ge­such der An­trag­stel­le­rin auf Be­stim­mung des ört­lich zu­stän­di­gen Ge­richts nach § 37 I ZPO liegt vor. Mit Schrift­satz vom 08.06.2022 hat die An­trag­stel­le­rin die bei­den An­trags­geg­ne­rin­nen „er­sucht, sich mit dem AG Ham­burg-Al­to­na als Ge­richt der be­le­ge­nen Sa­che als ört­lich zu­stän­di­gen Ge­richt ein­ver­stan­den zu er­klä­ren“. „An­de­ren­falls“ wer­de „um Ge­richts­stand­be­stim­mung ge­mäß § 36 I Nr. 3 ZPO durch das an­ge­ru­fe­ne Ge­richt ge­be­ten“. Die An­trags­geg­ne­rin zu 1 be­gehrt ei­ne An­trags­ab­wei­sung durch das AG Mün­chen als un­zu­läs­sig oder zu­min­dest un­be­grün­det und ist mit­hin mit ei­ner et­wai­gen Ent­schei­dung durch das AG Ham­burg-Al­to­na ge­ra­de nicht ein­ver­stan­den.

Un­schäd­lich ist fer­ner, dass der An­trag nach sei­nem Wort­laut auf ei­ne Be­stim­mungs­ent­schei­dung „durch das an­ge­ru­fe­ne Ge­richt“, al­so das AG Mün­chen, ge­rich­tet ist. Pro­zes­sua­le An­trä­ge sind der Aus­le­gung zu­gäng­lich. Im Zwei­fel ist das­je­ni­ge ge­wollt, was nach den Maß­stä­ben der Rechts­ord­nung ver­nünf­tig ist und der wohl­ver­stan­de­nen In­ter­es­sen­la­ge ent­spricht (BGH, Urt. v. 16.05.2017 – XI ZR 586/15, NJW 2017, 2340 Rn. 11; Ba­yO­bLG, Beschl. v. 19.08.2022 – 102 AR 77/22, ju­ris Rn. 8). Mit­hin kann der An­trag da­hin aus­ge­legt wer­den, dass die Zu­stän­dig­keits­be­stim­mung durch das hier­für zu­stän­di­ge Ge­richt be­gehrt wird und das an­ge­ru­fe­ne Ge­richt nur die­sem die Ak­ten vor­le­gen sol­le, um die Zu­stän­dig­keits­be­stim­mung zu er­mög­li­chen. Ge­gen die der An­trag­stel­le­rin mit­ge­teil­te Ak­ten­über­mitt­lung an das Baye­ri­sche Obers­te Lan­des­ge­richt hat die­se auch kei­ne Ein­wen­dun­gen er­ho­ben.

Schließ­lich ist nicht da­von aus­zu­ge­hen, dass die An­trag­stel­le­rin mit der im Schrift­satz vom 23.09.2022 be­gehr­ten Ver­wei­sung an das ört­lich (und sach­lich) zu­stän­di­ge LG Ham­burg ih­ren frü­he­ren An­trag auf Be­stim­mung des ört­lich zu­stän­di­gen Ge­richts zu­rück­neh­men woll­te. Das Baye­ri­sche Obers­te Lan­des­ge­richt hat mit Ver­fü­gung vom 08.02.2023 mit­ge­teilt, dass die An­trag­stel­le­rin mit Schrift­satz vom 08.06.2022 ei­nen An­trag auf Zu­stän­dig­keits­be­stim­mung ge­stellt und das Amts­ge­richt die Ak­ten zur Ent­schei­dung über die­sen An­trag dem Baye­ri­schen Obers­ten Lan­des­ge­richt vor­ge­legt ha­be. Ein­wen­dun­gen hier­ge­gen hat die An­trag­stel­le­rin nicht er­ho­ben.

Nur er­gän­zend sei dar­auf ver­wie­sen, dass sich der An­trag vom 08.06.2022 aus­schließ­lich auf die Be­stim­mung des ört­lich zu­stän­di­gen Ge­richts be­zieht. Der An­trag wird ge­ra­de für den Fall ge­stellt, dass sich die An­trags­geg­ne­rin­nen nicht mit dem AG Ham­burg-Al­to­na als „das Ge­richt der be­le­ge­nen Sa­che als ört­lich“ zu­stän­di­ges Ge­richt ein­ver­stan­den er­klä­ren. Im An­schluss an die Rü­ge auch der sach­li­chen Un­zu­stän­dig­keit durch die An­trags­geg­ne­rin zu 2 be­gehrt die An­trag­stel­le­rin zwar ei­ne Ver­wei­sung an das LG Ham­burg als das sach­lich (und ört­lich) zu­stän­di­ge Ge­richt, aber kei­ne Ge­richts­stands­be­stim­mung nach § 36I Nr. 3 ZPO in Be­zug auf die sach­li­che Zu­stän­dig­keit. Dem­entspre­chend geht auch das vor­le­gen­de AG Mün­chen, wie aus den Ver­fü­gun­gen vom 25.10.2022 und vom 31.01.2023 er­sicht­lich, da­von aus, dass sich die Zu­stän­dig­keits­be­stim­mung nur auf die ört­li­che Zu­stän­dig­keit be­zie­hen sol­le.

b) Ei­ne Be­stim­mung des zu­stän­di­gen Ge­richts kann in ent­spre­chen­der An­wen­dung des § 36 I Nr. 3 ZPO auch für ein selbst­stän­di­ges Be­weis­ver­fah­ren vor­ge­nom­men wer­den (Ba­yO­bLG, Beschl. v. 23.01.2023 – 101 AR 64/22, ju­ris Rn. 29; Beschl. v. 05.08.2022 – 101 AR 54/22, ju­ris Rn. 15 – je­weils m. w. Nachw.). Dass die­ses be­reits an­hän­gig ist, schließt die Ge­richts­stands­be­stim­mung nicht aus, denn über den Wort­laut des § 36 I Nr. 3 ZPO hin­aus kann ei­ne Be­stim­mung re­gel­mä­ßig auch noch nach Rechts­hän­gig­keit er­fol­gen (BGH, Beschl. v. 27.11.2018 – X ARZ 321/18, ju­ris Rn. 10; Beschl. v. 23.02.2011 – X ARZ 388/10, NJW-RR 2011, 929 Rn. 6 f.; Ba­yO­bLG, Beschl. v. 23.01.2023 – 101 AR 64/22, ju­ris Rn. 31 m. w. Nachw.). Der Ver­fah­rens­stand steht ei­ner Zu­stän­dig­keits­be­stim­mung vor­lie­gend nicht ent­ge­gen.

Ob der An­trag auf Durch­füh­rung des selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens zu­läs­sig ist, be­darf im Be­stim­mungs­ver­fah­ren kei­ner Prü­fung (Ba­yO­bLG, Beschl. v. 10.06.2020 – 1 AR 39/20, ju­ris Rn. 27; Beschl. v. 19.12.2019 – 1 AR 110/19, ju­ris Rn. 12).

c) Die An­trags­geg­ne­rin­nen wer­den nach dem maß­geb­li­chen (vgl. Zöl­ler/​Schultz­ky, ZPO, § 36 Rn. 28) und in­so­weit schlüs­si­gen Vor­brin­gen der An­trag­stel­le­rin als Streit­ge­nos­sen i. S. von §§ 59, 60 ZPO in An­spruch ge­nom­men.

aa) Streit­ge­nos­sen­schaft nach § 60 ZPO setzt vor­aus, dass gleich­ar­ti­ge und auf ei­nem im We­sent­li­chen gleich­ar­ti­gen tat­säch­li­chen und recht­li­chen Grund be­ru­hen­de An­sprü­che oder Ver­pflich­tun­gen den Ge­gen­stand des Rechts­streits bil­den. Der An­wen­dungs­be­reich der grund­sätz­lich weit aus­zu­le­gen­den Vor­schrift ist be­reits dann er­öff­net, wenn die An­sprü­che in ei­nem in­ne­ren sach­li­chen Zu­sam­men­hang ste­hen, der sie ih­rem We­sen nach als gleich­ar­tig er­schei­nen lässt (BGH, Beschl. v. 20.10.2020 – X ARZ 124/20, ju­ris Rn. 12; Beschl. v. 06.06.2018 – X ARZ 303/18, NJW 2018, 2200 Rn. 12; Ba­yO­bLG, Beschl. v. 22.02.2023 – 102 AR 73/22, ju­ris Rn. 39).

Das ist hier der Fall. Im Rah­men des selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens soll ins­be­son­de­re fest­ge­stellt wer­den, ob der Mo­tor­scha­den des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs auf ei­nem Her­stel­lungs­man­gel be­ruht oder durch ei­ne feh­ler­haf­te War­tung, ins­be­son­de­re die Ver­wen­dung ei­nes fal­schen Öls, (mit-)ver­ur­sacht wur­de. Die An­trag­stel­le­rin will aus­ge­hend hier­von ge­mäß § 443 I BGB An­sprü­che ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 2 als Ga­ran­tie­ge­be­rin der Neu­wa­gen-Fahr­zeug­ga­ran­tie er­he­ben. Im Rah­men die­ser Ga­ran­tie sei der Ver­käu­fer ver­pflich­tet, Her­stel­lungs­män­gel kos­ten­los durch Re­pa­ra­tur oder Aus­tausch der be­trof­fe­nen Tei­le zu be­sei­ti­gen. Die Ga­ran­tie­an­sprü­che sol­len ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 2) nach dem Vor­trag der An­trag­stel­le­rin „als Mo­di­fi­zie­rung der Nach­bes­se­rungs­pflicht des Ver­käu­fers“ gel­tend ge­macht wer­den. We­sent­li­che Vor­aus­set­zung für der­ar­ti­ge An­sprü­che auf Re­pa­ra­tur oder Aus­tausch des Mo­tors ist nach dem Vor­trag der An­trag­stel­le­rin, dass es sich um ei­nen Her­stel­lungs­man­gel han­delt und der Scha­den nicht nur durch ei­ne man­geln­de War­tung durch Drit­te (et­wa durch die Streit­hel­fe­rin) ver­ur­sacht wur­de. Ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 1 will die An­trag­stel­le­rin nach ih­rem letz­ten Vor­trag zwar nur An­sprü­che auf Kos­ten­über­nah­me oder Aus­la­gen­er­stat­tung als Leis­tungs­er­brin­ge­rin der Neu­wa­gen-Mo­bi­li­täts­ga­ran­tie gel­tend ma­chen. Ob der An­trag­stel­le­rin ein der­ar­ti­ger An­spruch tat­säch­lich zu­steht und ins­be­son­de­re, ob die An­trags­geg­ne­rin zu 1 pas­siv­le­gi­ti­miert ist, be­darf vor­lie­gend kei­ner Ent­schei­dung (vgl. Ba­yO­bLG, Beschl. v. 10.06.2020 – 1 AR 39/20, ju­ris Rn. 24; Zöl­ler/​Schultz­ky, a.  .a. O., § 36 Rn. 28). An­sprü­che aus ei­ner „Neu­wa­gen-Mo­bi­li­täts­ga­ran­tie“ kom­men aber of­fen­sicht­lich eben­falls nur in Be­tracht, wenn die Ur­sa­che der feh­len­den Mo­bi­li­tät des Fahr­zeugs, vor­lie­gend al­so der Mo­tor­scha­den, auf ei­nem Her­stel­lungs­man­gel und nicht le­dig­lich auf ei­ner feh­ler­haf­ten War­tung durch die An­trag­stel­le­rin be­zie­hungs­wei­se durch ei­nen von ihr be­auf­trag­ten Drit­ten be­ruht. Der we­sent­li­che, für die be­haup­te­ten An­sprü­che ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 1 und ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 2 maß­geb­li­che Sach­ver­halt ist mit­hin iden­tisch. Auf dem­sel­ben Rechts­ver­hält­nis oder der­sel­ben An­spruchs­grund­la­ge müs­sen die An­sprü­che nicht be­ru­hen (BGH, Beschl. v. 20.10.2020 – X ARZ 124/20, ju­ris Rn. 14; Ba­yO­bLG, Beschl. v. 19.08.2022 – 102 AR 77/22, ju­ris Rn. 13). Fer­ner ist un­schäd­lich, dass ein­zel­ne Sach­ver­halts­ele­men­te nur im Ver­hält­nis zu ein­zel­nen An­trags­geg­nern von Be­deu­tung sein mö­gen (BGH, Beschl. v. 06.06.2018 – X ARZ 303/18, NJW 2018, 2200 Rn. 13; Ba­yO­bLG, Beschl. v. 19.08.2022 – 102 AR 77/22, ju­ris Rn. 13).

Schließ­lich steht ei­ner Gleich­ar­tig­keit der An­sprü­che i. S. des § 60 ZPO auch nicht ent­ge­gen, dass die An­sprü­che in der Haupt­sa­che ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 1 auf Zah­lung oder Kos­ten­über­nah­me, ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 2 da­ge­gen nach Vor­trag der An­trag­stel­le­rin auf Re­pa­ra­tur oder Aus­tausch des Mo­tors ge­rich­tet sind. Dass die An­sprü­che je­weils zur glei­chen Rechts­fol­ge füh­ren, er­for­dert § 60 ZPO nicht (vgl. Ba­yO­bLG, Beschl. v. 05.08.2022 – 101 AR 54/22, ju­ris Rn. 18; OLG Köln, Beschl. v. 29.01.2020 – 8 AR 10/20, ju­ris Rn. 13; je­weils für An­sprü­che auf Fest­stel­lung zur Ta­bel­le ei­ner­seits und Zah­lung an­de­rer­seits). Aus­rei­chend er­scheint viel­mehr, dass die An­trag­stel­le­rin vor­lie­gend von bei­den An­trags­geg­ne­rin­nen die Be­sei­ti­gung der Fol­gen des be­haup­te­ten Her­stel­lungs­man­gels be­gehrt.

d) Ein ge­mein­schaft­li­cher be­son­de­rer Ge­richts­stand, der ei­ner Be­stim­mung grund­sätz­lich ent­ge­gen­stün­de, lässt sich aus dem Vor­trag der Be­tei­lig­ten nicht er­ken­nen.

Ei­ne ge­richt­li­che Be­stim­mung des zu­stän­di­gen Ge­richts setzt nach § 36 I Nr. 3 ZPO vor­aus, dass für den Rechts­streit kein ge­mein­schaft­li­cher all­ge­mei­ner oder be­son­de­rer Ge­richts­stand im In­land er­öff­net ist. Die der Ge­richts­stands­be­stim­mung ge­zo­ge­ne Gren­ze gilt grund­sätz­lich auch, wenn die zu­nächst nur ge­gen ei­nen Be­klag­ten er­ho­be­ne Kla­ge ge­gen wei­te­re Be­klag­te als Streit­ge­nos­sen er­wei­tert wer­den soll oder wor­den ist. Ei­ne Be­stim­mung des zu­stän­di­gen Ge­richts schei­det des­halb grund­sätz­lich aus, wenn ein ge­mein­schaft­li­cher Ge­richts­stand be­stan­den hat, die­ser durch die bin­den­de Wahl (§ 35 ZPO) ei­nes an­de­ren Ge­richts aber ver­lo­ren­ge­gan­gen ist (vgl. Ba­yO­bLG, Beschl. v. 10.02.2021 – 101 AR 161/20, ju­ris Rn. 14 f. m. w. Nachw.).

aa) Man­gels An­hän­gig­keit der Haupt­sa­che ist kein ge­mein­schaft­li­cher Ge­richts­stand nach § 486 I ZPO er­öff­net.

bb) Die Vor­aus­set­zun­gen des § 486 III ZPO lie­gen eben­falls nicht vor. Ein ge­mein­schaft­li­cher Ge­richts­stand beim AG Ham­burg-Al­to­na, in des­sen Be­zirk sich das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug be­fin­det, schei­det da­her eben­falls aus. Ei­ne drin­gen­de Ge­fahr nach § 486 III ZPO kann nur an­ge­nom­men wer­den, wenn die ver­lang­te und so­fort not­wen­di­ge Be­weis­er­he­bung vor dem an sich zu­stän­di­gen Haupt­sa­che­ge­richt nicht mehr recht­zei­tig durch­führ­bar wä­re (Ba­yO­bLG, Beschl. v. 10.06.2020 – 1 AR 39/20, ju­ris Rn. 36; Hu­ber, in: Mu­sielak/​Voit, ZPO, 20. Aufl. [2023], § 486 Rn. 5; Zöl­ler/​Schultz­ky, ZPO, § 486 Rn. 5). Die blo­ße Be­sorg­nis, dass der Ver­lust des Be­weis­mit­tels dro­he, ge­nügt hin­ge­gen nicht, da dies schon in § 485 I Fall 2 ZPO für die Zu­läs­sig­keit des selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens vor­aus­ge­setzt wird (Ba­yO­bLG, Beschl. v. 10.06.2020 – 1 AR 39/20, ju­ris Rn. 36).

Nach die­sen Grund­sät­zen fehlt es vor­lie­gend an den Vor­aus­set­zun­gen des § 486 III ZPO. Die An­trag­stel­le­rin trägt le­dig­lich vor, das Fahr­zeug ste­he mit zer­leg­tem Mo­tor in der Werk­statt in Ham­burg. Sie wol­le das Au­to re­pa­rie­ren las­sen, se­he sich dar­an aber ge­hin­dert, so­lan­ge die Be­weis­mit­tel nicht ge­si­chert sei­en. Es sei da­her zu be­sor­gen, dass das Be­weis­mit­tel ver­lo­ren­ge­he be­zie­hungs­wei­se des­sen Be­nut­zung er­schwert wer­de. Ei­ne drin­gen­de Ge­fahr lässt sich hier­aus nicht ab­lei­ten. Ei­ne Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs durch die Werk­statt kann of­fen­sicht­lich nur mit Zu­stim­mung der An­trag­stel­le­rin er­fol­gen. Oh­ne Zu­tun der An­trag­stel­le­rin ver­bleibt es da­her beim bis­he­ri­gen Zu­stand. Dass – ab­ge­se­hen von ei­ner Re­pa­ra­tur – ei­ne an­der­wei­ti­ge Ver­än­de­rung des Fahr­zeugs oder des Mo­tors un­mit­tel­bar droh­te, be­haup­tet auch die An­trag­stel­le­rin nicht.

cc) Ein ge­mein­sa­mer Ge­richts­stand am Er­fül­lungs­ort für die An­sprü­che aus der Neu­wa­gen-Mo­bi­li­täts­ga­ran­tie ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 1 so­wie aus der Fahr­zeug-Neu­wa­gen­ga­ran­tie ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 2 ge­mäß § 486 II 1, § 29 I ZPO er­gibt sich aus dem Vor­trag der An­trag­stel­le­rin nicht.

(1) An­sprü­che ge­gen den Ga­ran­tie­ge­ber sind trotz des Wort­lauts des § 443 I BGB nicht als ge­setz­li­che, son­dern als An­sprü­che aus ei­nem selbst­stän­di­gen Ga­ran­tie­ver­trag zwi­schen Käu­fer und Ga­ran­tie­ge­ber zu qua­li­fi­zie­ren (BGH, Beschl. v. 10.02.2022 – I ZR 38/21, GRUR 2022, 500 Rn. 33 – Zu­frie­den­heits­ga­ran­tie; BeckOGK/​Stö­ber, Stand: 01.08.2022, § 443 Rn. 51 m. w. Nachw. auch zur im Schrift­tum teil­wei­se ver­tre­te­nen a. A.) und da­her ver­trag­li­che An­sprü­che ge­mäß § 29 I ZPO.

(2) Für die An­sprü­che ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 1) kommt als Er­fül­lungs­ort le­dig­lich Mün­chen, der Sitz der An­trags­geg­ne­rin zu 1, in Be­tracht.

Maß­geb­lich für die Be­stim­mung des Leis­tungs- und da­mit auch des Er­fül­lungs­orts nach § 29 I ZPO sind ge­mäß § 269 I BGB (ggf. in Ver­bin­dung mit § 270 IV BGB), wenn nichts an­de­res ver­ein­bart ist, die Ge­samt­um­stän­de, ins­be­son­de­re die Na­tur des Schuld­ver­hält­nis­ses. So­fern sich dar­aus kein Er­fül­lungs­ort ab­lei­ten lässt, ist der Sitz des Schuld­ners bei Ent­ste­hung des Schuld­ver­hält­nis­ses maß­geb­lich.

Die An­trag­stel­le­rin will nach ih­rem Vor­trag ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 1 An­sprü­che auf Kos­ten­über­nah­me und Aus­la­gen­er­stat­tung aus der Neu­wa­gen-Mo­bi­li­täts­ga­ran­tie gel­tend ma­chen. Dass es hier­für ei­ne Ver­ein­ba­rung zum Leis­tungs- bzw. Er­fül­lungs­ort ge­be, trägt kei­ner der Be­tei­lig­ten vor. Nach den da­her maß­geb­li­chen Ge­samt­um­stän­den des vor­lie­gen­den Ein­zel­falls ist der Er­fül­lungs­ort die­ser An­sprü­che der Sitz der An­trags­geg­ne­rin zu 1. Die An­trags­geg­ne­rin zu 1 be­treibt we­der ein Ab­schlepp­un­ter­neh­men noch ei­ne Fahr­zeug­ver­mie­tung, son­dern ist nach un­strei­ti­gem ei­ge­nen Vor­trag ei­ne Ver­si­che­rung. Da­mit er­scheint es na­he­lie­gend, dass ei­ne von ihr ge­ge­be­ne Mo­bi­li­täts­ga­ran­tie sich letzt­lich dar­auf be­schränkt, das Ab­schlep­pen, die Pan­nen­hil­fe oder die Zur­ver­fü­gung­stel­lung von Miet­wa­gen ent­we­der über Dritt­fir­men un­ter Kos­ten­über­nah­me zu or­ga­ni­sie­ren oder ge­ge­be­nen­falls die dem Käu­fer hier­für an­ge­fal­le­nen Auf­wen­dun­gen zu er­set­zen. Als Er­fül­lungs­ort die­ser Pflich­ten kommt nur der Sitz der An­trags­geg­ne­rin zu 1 in Be­tracht. Der ak­tu­el­le Stand­ort des Fahr­zeugs oder die An­nah­me ei­nes be­stim­mungs­ge­mä­ßen Stand­orts am Sitz der An­trag­stel­le­rin er­schei­nen als An­knüp­fungs­punkt un­ge­eig­net, da der Zweck ei­nes Fahr­zeugs ge­ra­de nicht im sta­tio­nä­ren Auf­ent­halt an ei­nem Ort be­steht (so für den Nach­er­fül­lungs­an­spruch ge­gen ei­nen Ver­käu­fer auch BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VI­II ZR 220/10, BGHZ 189, 196 = NJW 2011, 2278 Rn. 33) und die Mo­bi­li­täts­ga­ran­tie ge­ra­de die Mög­lich­keit der Fort­be­we­gung zu den ver­schie­dens­ten Or­ten si­cher­stel­len soll. Vor al­lem aber han­delt es sich letzt­lich um ei­ne blo­ße Or­ga­ni­sa­ti­ons- und/​oder Zah­lungs­pflicht der An­trags­geg­ne­rin zu 1, die na­tur­ge­mäß von ih­rem Sitz aus zu er­brin­gen ist. Hier­für spricht fer­ner die Re­ge­lung in § 269 I BGB, wo­nach sich der Er­fül­lungs­ort am Sitz des Schuld­ners bei Ent­ste­hen des Schuld­ver­hält­nis­ses be­fin­det, wenn sich aus den Um­stän­den nichts an­de­res ab­lei­ten lässt. Auch da­nach ist Er­fül­lungs­ort vor­lie­gend Mün­chen.

(2) Ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 2 will die An­trag­stel­le­rin An­sprü­che aus ei­ner Neu­wa­gen-Fahr­zeug­ga­ran­tie gel­tend ma­chen. Da­bei be­gehrt die An­trag­stel­le­rin die Re­pa­ra­tur oder den Aus­tausch des de­fek­ten Mo­tors.

Nicht ab­schlie­ßend ge­klärt ist bis­lang, wie im Rah­men ei­ner Neu­wa­gen-Her­stel­ler­ga­ran­tie der Er­fül­lungs­ort zu be­stim­men ist. Teils wird pau­schal aus­ge­führt, bei ei­ner Her­stel­ler­ga­ran­tie sei Er­fül­lungs­ort der Wohn­sitz des Schuld­ners (Roth, in: Stein/​Jo­nas, ZPO, 23. Aufl. [2014], § 29 Rn. 21). Teils wird da­nach dif­fe­ren­ziert, ob sich die Ga­ran­tie­an­sprü­che auf Zah­lungs­pflich­ten be­schrän­ken. Dann sei Er­fül­lungs­ort je­den­falls man­gels be­son­de­rer Um­stän­de der Sitz des Schuld­ners (OLG Bran­den­burg, Beschl. v. 08.06.2010 – 3 W 58/09, ju­ris Rn. 13; Smid/​Hart­mann, in: Wiec­zo­rek/​Schüt­ze, ZPO, 5. Aufl. [2020], § 29 Rn. 51). Wenn der Ga­ran­tie­an­spruch sich nicht auf ei­ne Geld­leis­tung be­zieht, wird zum Teil für maß­geb­lich er­ach­tet, wo sich das Fahr­zeug be­stim­mungs­ge­mäß be­fin­de, näm­lich am Wohn­sitz des Käu­fers (LG Saar­brü­cken, Beschl. v. 30.11.2010 – 5 T 517/10, ju­ris Rn. 24). Im Un­ter­schied da­zu nimmt der BGH al­ler­dings für Nach­er­fül­lungs­an­sprü­che ge­gen den Ver­käu­fer an, Er­fül­lungs­ort sei in der Re­gel der Sitz des Ver­käu­fers, da der Be­le­gen­heits­ort bei ver­kauf­ten Fahr­zeu­gen va­ria­bel sei. Fahr­zeu­ge be­fän­den sich ty­pi­scher­wei­se und be­stim­mungs­ge­mäß nicht nur am Wohn­sitz des Käu­fers, son­dern sei­en un­ter­wegs zu den ver­schie­dens­ten Zie­len wie et­wa der Ar­beits­stät­te, dem Ur­laubs­ort oder sons­ti­gen Rei­se­zie­len (BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VI­II ZR 220/10, BGHZ 189, 196 = NJW 2011, 2278 Rn. 33; eben­so i. E. BGH, Urt. v. 19.07.2017 – VI­II ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 27 ff.). In Fäl­len mit in­ter­na­tio­na­lem Be­zug wird schließ­lich ver­tre­ten, der Er­fül­lungs­ort der vom aus­län­di­schen Her­stel­ler ge­ge­be­nen Ga­ran­tie lie­ge am Sitz sei­ner mit der Ga­ran­tie­ab­wick­lung be­trau­ten Ver­trags­händ­ler (Ba­yO­bLG, Beschl. v. 12.08.2003 – 1Z AR 88/03, ju­ris Rn. 5; OLG Karls­ru­he, Urt. v. 09.08.2011 – 17 U 68/10, BeckRS 2012, 20670).

Ein Er­fül­lungs­ort am (Wohn-) Sitz des Käu­fers, vor­lie­gend al­so in B., ist aus den dar­ge­stell­ten Er­wä­gun­gen bei ei­ner Her­stel­ler­ga­ran­tie für ein Kraft­fahr­zeug nicht an­zu­neh­men. Im Üb­ri­gen kann da­hin­ge­stellt blei­ben, wel­cher der an­ge­führ­ten An­sich­ten zu fol­gen ist. Ein Er­fül­lungs­ort in Mün­chen kommt je­den­falls nicht in Be­tracht. Der Sitz der An­trags­geg­ne­rin zu 2 ist in Rüs­sels­heim. Das Fahr­zeug be­fin­det sich der­zeit in ei­ner Werk­statt in Ham­burg, in der es nach den Vor­stel­lun­gen so­wohl der An­trag­stel­le­rin als auch der An­trags­geg­ne­rin zu 2 auch re­pa­riert wer­den soll. Mit­hin lässt sich ein ge­mein­sa­mer Er­fül­lungs­ort für die An­sprü­che ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 1 ei­ner­seits und ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 2 an­de­rer­seits nicht fest­stel­len.

(3) Nur er­gän­zend sei dar­auf ver­wie­sen, dass ein ge­mein­sa­mer Ge­richts­stand am Sitz der An­trag­stel­le­rin in B. nach § 486 II 1 ZPO, § 215 I 1 VVG eben­falls nicht in Be­tracht kommt. Zwar trägt die An­trags­geg­ne­rin zu 1 selbst vor, sie sei ei­ne Ver­si­che­rung. Al­ler­dings ist die An­trags­geg­ne­rin zu 2 of­fen­sicht­lich kei­ne Ver­si­che­rung, so­dass für die An­sprü­che ge­gen sie § 215 I 1 VVG kei­ne An­wen­dung fin­det. Ein Ge­richts­stand nach § 486 II 1, § 29 I ZPO für die An­sprü­che ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 2 be­steht je­den­falls nicht in B., wie oben un­ter (2) aus­ge­führt.

3. Die Aus­wahl un­ter den in Be­tracht kom­men­den Ge­rich­ten er­folgt nach den Grund­sät­zen der Zweck­mä­ßig­keit und der Pro­zess­öko­no­mie. Aus­zu­wäh­len ist grund­sätz­lich ei­nes der Ge­rich­te, an dem die An­trags­geg­ne­rin­nen ih­ren all­ge­mei­nen Ge­richts­stand (§§ 12, 17 ZPO) ha­ben (Be­ckOK-ZPO/​Tous­saint, Stand: 01.03.2023, § 36 Rn. 24).

Da das AG Ham­burg-Barm­bek das Ver­fah­ren ge­gen die An­trags­geg­ne­rin zu 1 an das AG Mün­chen form­los ab­ge­ge­ben, aber nicht ver­wie­sen hat, ist in­so­weit das Aus­wahler­mes­sen des Se­nats auch nicht ein­ge­schränkt (vgl. Ba­yO­bLG, Beschl. v. 10.06.2020 – 1 AR 45/20, ju­ris Rn. 28).

Der Se­nat wählt un­ter den in Be­tracht kom­men­den Ge­rich­ten das AG Mün­chen. Hier hat die An­trags­geg­ne­rin zu 1 ih­ren all­ge­mei­nen Ge­richts­stand. Es spre­chen Er­wä­gun­gen der Pro­zess­wirt­schaft­lich­keit für die­ses Ge­richt, da das selbst­stän­di­ge Be­weis­ver­fah­ren dort be­reits an­hän­gig ist und ge­wis­sen Fort­gang ge­nom­men hat (vgl. BGH, Beschl. v. 06.06.2018 – X ARZ 303/18, NJW 2018, 2200 Rn. 16). Für die bun­des­weit am Markt auf­tre­ten­de An­trags­geg­ne­rin zu 2 be­deu­tet ei­ne Pro­zess­füh­rung am Sitz der An­trags­geg­ne­rin zu 1 auch kei­ne un­zu­mut­ba­re Be­las­tung. Ei­ne Be­stim­mung des AG Ham­burg-Al­to­na, an dem sich das Fahr­zeug der­zeit be­fin­det, kommt nicht in Be­tracht. Ein Ge­richt, bei dem kei­ner der Streit­ge­nos­sen sei­nen all­ge­mei­nen Ge­richts­stand hat, kann nicht schon des­we­gen im Ver­fah­ren nach § 36 I Nr. 3 ZPO als zu­stän­di­ges Ge­richt be­stimmt wer­den, weil für ei­nen der An­trags­geg­ner dort der be­son­de­re Ge­richts­stand des Er­fül­lungs­orts er­öff­net ist (Ba­yO­bLG, Beschl. v. 10.06.2020 – 1 AR 39/20, ju­ris Rn. 41) oder er­öff­net sein könn­te. Mög­li­che Er­leich­te­run­gen bei der Be­weis­auf­nah­me be­tref­fen kei­ne spe­zi­fi­schen As­pek­te die­ses Ver­fah­rens, son­dern gel­ten all­ge­mein, wenn über die be­haup­te­te Man­gel­haf­tig­keit ei­ner sich nicht am Ge­richts­ort be­find­li­chen Sa­che Be­weis zu er­he­ben ist (Ba­yO­bLG, Beschl. v. 10.06.2020 – 1 AR 39/20, ju­ris Rn. 41; Beschl. v. 20.03.2019 – 1 AR 19/19, ju­ris Rn. 29). Sie fal­len fer­ner bei Män­geln ei­nes Fahr­zeugs nicht in der­sel­ben Wei­se ins Ge­wicht wie bei ei­nem un­be­weg­li­chen Bau­werk (Ba­yO­bLG, Beschl. v. 10.06.2020 – 1 AR 39/20, ju­ris Rn. 41). Ob et­was an­de­res gel­ten könn­te, wenn sämt­li­che Par­tei­en mit ei­ner Durch­füh­rung des selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens in Ham­burg ein­ver­stan­den wä­ren, be­darf kei­ner Ent­schei­dung. Die An­trags­geg­ne­rin zu 1 hat sich dem aus­drück­lich wi­der­setzt.

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