- Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Fahrzeugs, der geltend macht, eine Nachbesserung durch die Installation eines von der Volkswagen AG entwickelten Softwareupdates sei insbesondere deshalb unmöglich beziehungsweise ihm unzumutbar, weil das Softwareupdate zu einer Erhöhung der Schadstoffemissionen und des Kraftstoffverbrauchs, zu einer Verschlechterung der Motorleistung sowie zu verstärktem Verschleiß führe, und der dies unter Bezugnahme auf eine auszugsweise vorgelegte Fachpublikation unter anderem damit begründet, dass die Stickoxid(NOX)-Emissionen eines Fahrzeugs nur ohne Leistungseinbußen gesenkt werden könnten, wenn der Kraftstoffverbrauch substanziell erhöht werde, wodurch insbesondere der CO2-Ausstoß exponentiell anstiege, trägt damit ausreichend zu einer – von ihm für wahrscheinlich erachteten – nicht ordnungsgemäßen Nachbesserung durch das Softwareupdate vor. Die Angabe weiterer Einzelheiten, etwa zum Umfang, in dem sich die Motorleistung verringere und/oder die Schadstoffemissionen und der Kraftstoffverbrauch anstiegen, ist von dem Käufer nicht zu fordern. Diese Einzelheiten sind vielmehr im Rahmen einer Beweisaufnahme – durch Einholung eines von dem Käufer angebotenen Sachverständigengutachtens – zu klären.
- Ob bei einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug – ähnlich wie bei einem Unfallwagen – ein merkantiler Minderwert verbleibt, lässt sich bislang nicht allgemeingültig und abschließend sagen. Denn bislang ist weder geklärt, wie sich die bei einem solchen Fahrzeug installierte unzulässige Abschalteinrichtung beziehungsweise das zu ihrer Entfernung installierte Softwareupdate auf das Fahrzeug im Übrigen auswirkt, noch – was insoweit entscheidend ist –, ob beziehungsweise inwieweit aufgrund dessen bei weiten Teilen des Publikums wegen eines nicht auszuschließenden Verdachts verborgen gebliebener Schäden oder des Risikos höherer Schadensanfälligkeit eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb eines derartigen Fahrzeugs besteht, die sich in einer entsprechenden Herabsetzung des Verkehrswerts niederschlägt. Deshalb reicht es – jedenfalls derzeit – für einen substanziierten Sachvortrag aus, dass der klagende Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs behauptet, die ungewissen Auswirkungen des Softwareupdates sowie das infolge des Abgasskandals allgemein gesunkene Vertrauen in von der Volkswagen AG produzierte Dieselfahrzeuge führten dazu, dass sein Fahrzeug allein deshalb, weil es vom VW-Abgasskandal betroffen ist, auf dem freien Markt einen erheblichen Wertverlust erfahre. Ob das Fahrzeug tatsächlich von dem behaupteten Wertverlust betroffen ist und ob dieser tatsächlich auf die Betroffenheit vom VW-Abgasskandal zurückzuführen ist, ist eine Tatfrage, die durch Einholung eines zum Beweis angebotenen Sachverständigengutachtens zu klären ist.
BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VIII ZR 226/19
Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der Beklagten mit Kaufvertrag vom 09.12.2010 für 20.400 € einen mit einem Dieselmotor (Euro 5) Gebrauchtwagen. Das Fahrzeug wies eine besondere softwaregesteuerte Vorrichtung zur Steuerung der Abgasrückführung auf, die erkannte, wenn auf einem Rollenprüfstand seine Schadstoffemissionen ermittelt wurden. In diesem Fall wurde ein Betriebsmodus („Modus 1“) aktiviert, in dem die Abgasrückführungsrate höher und deshalb der Stickoxid(NOX)-Ausstoß geringer war als in dem Modus, im dem das Fahrzeug normal im Straßenverkehr betrieben wurde („Modus 0“).
Nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt die Software als unzulässige Abschalteinrichtung beanstandet hatte, entwickelte die Fahrzeugherstellerin ein Softwareupdate, dessen Installation hinsichtlich der NOX-Emissionen der betroffenen Fahrzeuge einen vorschriftsmäßigen Zustand herstellen sollte. Dieses – vom Kraftfahrt-Bundesamt freigegebene – Update stand für das Fahrzeug des Klägers ab dem 14.12.2016 zur Verfügung, worüber die Fahrzeugherstellerin den Kläger auch im Dezember 2016 informierte.
Mit Schreiben vom 20.12.2016 erklärte der – anwaltlich vertretene – Kläger gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte sie auf, diesen Vertrag bis zum 29.12.2016 rückabzuwickeln. Dem kam die Beklagte nicht nach. Am 17.08.2017 ließ der Kläger das Softwareupdate bei seinem Fahrzeug von der Beklagten installieren.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich Aufwendungen für Reparaturen in Höhe von 1.777,17 € und Zinsen, Zug um Zug gegen die Rückgewähr des erworbenen Fahrzeugs sowie gegen Zahlung einer noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung, verlangt. Außerdem hat er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten sowie den Ersatz vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers durch Beschluss gemäß § 522 II ZPO zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgte, hatte Erfolg.
Aus den Gründen: [5] II. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung – soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse – im Wesentlichen ausgeführt:
[6] Zwar sei das streitgegenständliche Fahrzeug aufgrund der verwendeten Software bei Übergabe an den Kläger mangelhaft i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB gewesen. Ein Rücktrittsrecht des Klägers sei jedoch nach § 323 I, II BGB ausgeschlossen, weil dieser der Beklagten unstreitig keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe.
[7] Insbesondere lägen keine besonderen Umstände gemäß § 323 II Nr. 3 BGB vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt des Klägers rechtfertigten. Auch nach dem Vortrag des Klägers selbst sei nicht im Ansatz von einer arglistigen Täuschung durch die Beklagte als Verkäuferin des Gebrauchtfahrzeugs auszugehen. Eine mögliche arglistige Täuschung des Herstellers müsse sich die Beklagte nicht zurechnen lassen.
[8] Die Nachbesserung durch die Beklagte sei für den Kläger auch nicht unzumutbar, was sich bereits daraus ergebe, dass der Kläger im Jahre 2017 das Aufspielen des Updates letztendlich tatsächlich durch diese habe durchführen lassen. Eine mögliche arglistige Täuschung des Herstellers führe im Übrigen nicht zwingend dazu, dass das Vertrauensverhältnis zur Beklagten als Verkäuferin zerrüttet sei. Darüber hinaus sei die Erstellung des Updates in Absprache mit dem Kraftfahrt-Bundesamt erfolgt und das Update erst nach Freigabe und Zulassung durch dieses durchgeführt worden. Ein unzumutbares Zuwarten, bis das Update zur Verfügung gestanden habe, sei vorliegend offensichtlich nicht gegeben, da der Kläger bereits im Dezember 2016 über das verfügbare Update informiert worden sei.
[9] Auch der vom Kläger behauptete merkantile Minderwert, der durch keinerlei Tatsachen konkretisiert werde, sowie der behauptete Mangelverdacht hinsichtlich weiterer Mängel, die sich aus dem Update ergeben würden, führten zu keiner anderen Bewertung. Vielmehr habe der Kläger nach seinen eigenen Angaben im Termin vor dem Landgericht einen höheren Kraftstoffverbrauch, mit dem er unter anderem den merkantilen Minderwert begründe, nicht festgestellt. Der vom Kläger erstmals in der Berufungsbegründung gestellte Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass ungeachtet des Softwareupdates der Minderwert des Fahrzeugs durch den Abgasskandal 30 % betrage, sei bereits nach § 531 I, II Nr. 3 ZPO verspätet und damit unzulässig. Zudem habe der Kläger keinerlei konkrete Anknüpfungstatsachen für eine solche Begutachtung vorgetragen, sodass es sich hierbei um eine schlichte Behauptung ins Blaue hinein handele.
[10] III. Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 IX ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 I GG). Denn das Berufungsgericht hat gehörswidrig das hinreichend substanziierte Vorbringen des Klägers zu durch das Softwareupdate hervorgerufenen Folgeschäden sowie zu einem am Fahrzeug bestehenden merkantilen Minderwert übergangen und in der Folge versäumt, die hierfür vom Kläger angebotenen Sachverständigenbeweise zu erheben. Die Annahme des Berufungsgerichts, der bezüglich des Bestehens eines Minderwerts gestellte Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens sei nach § 531 II ZPO ausgeschlossen, ist ebenfalls offenkundig fehlerhaft und gehörsverletzend.
[11] 1. Das Gebot rechtlichen Gehörs (Art. 103 I GG) verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Als grundrechtsgleiches Recht soll es sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 I GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung auch die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 I GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (st. Rspr.; vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 08.11.1978 – 1 BvR 158/78, BVerfGE 50, 32, 35 f.; Beschl. v. 29.11.1983 – 1 BvR 1313/82, BVerfGE 65, 305, 307; Beschl. v. 30.01.1985 – 1 BvR 393/84, BVerfGE 69, 141, 143 f.; ; BVerfG [1. Kammer des Zweiten Senats], Beschl. v. 25.03.2020 – 2 BvR 113/20, juris Rn. 45; Senat, Beschl. v. 11.10.2016 – VIII ZR 300/15, NJW-RR 2017, 75 Rn. 10; Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 4; Beschl. v. 26.05.2020 – VIII ZR 64/19, NJW-RR 2020, 1019 Rn. 13; Beschl. v. 08.09.2021 – VIII ZR 258/20, juris Rn. 13; jeweils m. w. Nachw.).
[12] Dies gilt auch dann, wenn die Nichtberücksichtigung des betreffenden Sachvortrags sowie eines damit zusammenhängenden Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat. Eine solche nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Tatrichters dar, in der nach Art. 103 I GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 22.07.2009 – II ZR 143/08, NJW 2009, 2598 Rn. 2; Senat, Beschl. v. 21.10.2014 – VIII ZR 34/14, NJW-RR 2015, 910 Rn. 13; Beschl. v. 21.02.2017 – VIII ZR 1/16, NJW 2017, 1877 Rn. 10; Beschl. v. 22.06.2021 – VIII ZR 134/20, NJW-RR 2021, 1093 Rn. 16; jeweils m. w. Nachw.).
[13] Ebenso verletzt es den Anspruch der Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 I GG), wenn ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel einer Partei deswegen unberücksichtigt bleibt, weil der Tatrichter es in offenkundig fehlerhafter Anwendung einer Präklusionsvorschrift wie derjenigen des § 531 ZPO zu Unrecht zurückgewiesen hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 27.02.2018 – VIII ZR 90/17, NJW 2018, 1686 Rn. 13; Beschl. v. 20.03.2019 – VII ZR 182/18, NJW-RR 2019, 726 Rn. 15; Beschl. v. 23.09.2020 – IV ZR 74/20, FamRZ 2020, 2021 Rn. 8; jeweils m. w. Nachw.).
[14] 2. Gemessen an diesen Maßstäben ist dem Berufungsgericht eine Gehörsverletzung nach Art. 103 I GG anzulasten. Wie die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht rügt, hätte das Berufungsgericht den Sachvortrag des Klägers zu Folgeschäden des Softwareupdates und zu einem merkantilen Minderwert infolge der Betroffenheit des Fahrzeugs vom sogenannten Abgasskandal nicht pauschal und ohne nähere Begründung als „durch keinerlei Tatsachen konkretisiert“ und „schlichte Behauptung ins Blaue hinein“ abtun dürfen, sondern vielmehr die diesbezüglich angebotenen Sachverständigenbeweise erheben müssen.
[15] a) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2014 – VIII ZR 88/13, NJW 2015, 934 Rn. 43; Beschl. v. 29.01.2020 – VIII ZR 80/18, BGHZ 224, 302 Rn. 55; Beschl. v. 13.07.2021 – VI ZR 128/20, WM 2021, 1609 Rn. 20; Senat, Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7; Beschl. v. 22.06.2021 – VIII ZR 134/20, NJW-RR 2021, 1093 Rn. 33). Das gilt insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat (BGH, Beschl. v. 26.10.2016 – IV ZR 52/14, NJW-RR 2017, 22 Rn. 27; Senat, Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7). Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (st. Rspr; vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2014 – VIII ZR 88/13, NJW 2015, 934 Rn. 43; Beschl. v. 29.01.2020 – VIII ZR 80/18, BGHZ 224, 302 Rn. 55; Beschl. v. 13.07.2021 – VI ZR 128/20, WM 2021, 1609 Rn. 20).
[16] Dabei ist es einer Partei grundsätzlich nicht verwehrt, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Umstände zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich hält (vgl. Senat, Urt. v. 29.01.2020 – VIII ZR 385/18, NJW-RR 2020, 615 Rn. 83; Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 8; jeweils m. w. Nachw.). Sie darf auch von ihr nur vermutete Tatsachen insbesondere dann als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von entscheidungserheblichen Einzeltatsachen hat (BGH, Urt. v. 18.05.2021 – VI ZR 401/19, NJW-RR 2021, 886 Rn. 19 m. w. Nachw.). Eine Behauptung ist erst dann unbeachtlich, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufgestellt worden ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urt. v. 26.04.2018 – VII ZR 139/17, NJW 2019, 76 Rn. 34; Urt. v. 07.02.2019 – III ZR 498/16, NJW 2019, 1137 Rn. 37; Senat, Urt. v. 29.01.2020 – VIII ZR 385/18, NJW-RR 2020, 615 Rn. 83; Urt. v. 13.07.2021 – VI ZR 128/20, WM 2021, 1609 Rn. 22; jeweils m. w. Nachw.). Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur beim Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte gerechtfertigt werden können (BGH, Urt. v. 27.05.2003 – IX ZR 283/99, NJW-RR 2004, 337 unter II 1; Beschl. v. 16.04.2015 – IX ZR 195/14, NJW-RR 2015, 829 Rn. 13; Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 8).
[17] b) Gemessen hieran hat der Kläger ausreichend substanziiert dargelegt, dass nach seiner Auffassung durch das beklagtenseits zur Beseitigung des Sachmangels der unzulässigen Abschalteinrichtung (vgl. hierzu ausführlich Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, ZIP 2021, 1706 Rn. 24 ff. m. w. Nachw., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) angebotene und inzwischen aufgespielte Softwareupdate Folgeschäden am Fahrzeug entstünden und zudem auch unabhängig von der Durchführung des Updates ein merkantiler Minderwert des Fahrzeugs verbleibe, weswegen die für einen Rücktritt nach § 323 I BGB grundsätzlich erforderliche vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung vorliegend entbehrlich gewesen sei (§ 326 V, § 323 II Nr. 3, § 440 Satz 1 Fall 3 BGB). Bei seiner gegenteiligen Auffassung hat das Berufungsgericht die Anforderungen an einen substanziierten und schlüssigen Sachvortrag überspannt.
[18] aa) Das Berufungsgericht hätte dem unter Beweis gestellten Vorbringen des Klägers zu den negativen technischen Auswirkungen des Softwareupdates für das Fahrzeug nachgehen müssen.
[19] (1) Der Kläger hat wiederholt geltend gemacht, ihm sei eine Nachbesserung durch ein vom Hersteller entwickeltes Softwareupdate (unter anderem) deswegen unmöglich beziehungsweise unzumutbar, weil es nach Durchführung des Updates in vielen Fällen zu weiteren Mängeln in Form einer Erhöhung der Emissionswerte und des Kraftstoffverbrauchs, einer Verschlechterung der Motorleistung sowie verstärkten Verschleißerscheinungen komme; überdies springe auch nach dem Update ab einer Geschwindigkeit von 121 km/h der „Dreckmodus“ wieder an. Diesbezüglich hat er sich auf verschiedene Entscheidungen von Instanzgerichten berufen und die von ihm befürchteten Folgeschäden des Updates – unter Bezugnahme auf eine von ihm auszugsweise vorgelegte fachliche Publikation – unter anderem damit begründet, dass es technisch und chemisch nur möglich sei, den NOX-Wert ohne Leistungseinbußen zu senken, wenn der Verbrauch substanziell erhöht werde, wodurch wiederum die CO2-Werte und gleichzeitig auch die Rußpartikelwerte exponentiell anstiegen. Zum Nachweis der von ihm deshalb drohenden Folgeschäden eines auf die Entfernung der unzulässigen Abschalteinrichtung gerichteten Updates hat er sich wiederholt auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens berufen.
[20] Damit hat der Kläger ausreichend eine von ihm für wahrscheinlich erachtete, nicht ordnungsgemäße Nachbesserung durch das Softwareupdate dargetan, aufgrund derer gegebenenfalls eine vorherige Fristsetzung nach § 323 I BGB entbehrlich hätte sein können. Insbesondere durfte er sich dabei als Laie auf nur vermutete Tatsachen stützen, denn er kann mangels eigener Sachkunde und hinreichenden Einblicks in die Funktionsweise des Softwareupdates keine genaue Kenntnis von dessen konkreter (Aus-)Wirkung haben, weswegen er betreffend die von ihm befürchteten Folgeschäden letztlich auf Vermutungen angewiesen ist und diese naturgemäß nur auf entsprechende Anhaltspunkte stützen kann (vgl. Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, ZIP 2021, 1706 Rn. 85 f., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; BGH, Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7 ff.; Beschl. v. 26.03.2019 – VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 11 ff.). Weitere Einzelheiten, etwa zum Umfang einer Verringerung der Fahrzeugleistung, zu einer Erhöhung des Abgasausstoßes oder selbst zu einem Anstieg des Kraftstoffverbrauchs, sind von ihm nicht zu fordern. Diese sind vielmehr im Rahmen der Beweisaufnahme – also im Wege der Einholung des vom Kläger angebotenen Sachverständigengutachtens – zu klären.
[21] (2) Soweit das Berufungsgericht demgegenüber pauschal gemeint hat, der Kläger habe seine Behauptungen „durch keinerlei Tatsachen konkretisiert“, hat es dessen Ausführungen nicht in der nach Art. 103 I GG gebotenen Weise zur Kenntnis genommen und sich nicht mit ihnen inhaltlich auseinandergesetzt. Den beschriebenen strengen Voraussetzungen für eine Behauptung „ins Blaue hinein“ genügt es nicht, dass das Berufungsgericht – wie zuvor bereits das Landgericht – insoweit einzig darauf verwiesen hat, der Kläger habe bis zum Termin vor dem Landgericht (also rund sechs Monate nach Durchführung des Updates) eigene Ermittlungen zu einem gestiegenen Kraftstoffverbrauch noch nicht angestellt. Ohnehin ist zu bedenken, dass eine aussagekräftige Feststellung entsprechender Werte vor und nach dem Softwareupdate – also hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs, aber auch betreffend die Fahrzeugleistung oder den Abgasausstoß – spezifische technische Kenntnisse, Fähigkeiten und Gerätschaften erfordern wird, sodass derartige Anforderungen von der darlegungsbelasteten Partei ohne vorherige Einholung eines (kostenträchtigen) Privatgutachtens letztlich gar nicht erfüllt werden könnten.
[22] (3) Schließlich führt auch der von der Beklagtenseite wiederholt hervorgehobene Umstand, dass in der von ihr vorgelegten Bescheinigung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 03.11.2016 unter anderem ausgeführt wird, „die ursprünglich vom Hersteller angegebenen Kraftstoffverbrauchswerte und CO2-Emissionen wurden in Prüfungen durch einen technischen Dienst bestätigt“, und weiter angegeben wird, „die bisherige Motorleistung und das maximale Drehmoment blieben unverändert“, nicht zu erhöhten Substanziierungsanforderungen beim Kläger als Laien, zumal das Kraftfahrt-Bundesamt nicht offengelegt hat, auf welche Weise diese Erkenntnisse konkret gewonnen wurden. Allenfalls führt der Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes dazu, dass die Beklagte das Vorbringen des Klägers unter Berufung auf die Freigabebestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes substanziiert bestreiten kann (s. bereits Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, ZIP 2021, 1706 Rn. 87 m. w. Nachw., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
[23] bb) Darüber hinaus hätte das Berufungsgericht auch über die Behauptung des Klägers, das Softwareupdate könne wegen des hiervon unberührten merkantilen Minderwerts zu keiner vollständigen Mängelbeseitigung führen, Beweis erheben müssen. Der Kläger hat vorgetragen – und dies von vornherein ebenfalls unter Sachverständigenbeweis gestellt –, das Fahrzeug sei unabhängig davon, ob es nach dem Update in technischer Hinsicht noch Nachteile aufweise, jedenfalls auch deshalb weiterhin (unbehebbar) mangelhaft, weil es von dem Abgasskandal betroffen und deshalb mit einem Makel behaftet sei, der zu einem erheblich geringeren Wiederverkaufswert führe.
[24] (1) Das Verbleiben eines merkantilen Minderwerts trotz vollständiger Behebung eines ursprünglichen Mangels wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung in bestimmten Fällen angenommen. Insbesondere bei Unfallfahrzeugen ist anerkannt, dass selbst nach vollständiger und fachgerechter Beseitigung des Unfallschadens wegen eines merkantilen Minderwerts noch ein Mangel verbleiben kann, weil der Charakter eines Fahrzeugs als Unfallfahrzeug sich nicht durch Nachbesserung beseitigen lässt (vgl. Senat, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 17; Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 18, 21; Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 20; Urt. v. 20.05.2009 – VIII ZR 191/07, BGHZ 181, 170 Rn. 16; zu Gebäuden s. etwa BGH, Urt. v. 10.12.2010 – V ZR 203/09, juris Rn. 12 f.; Urt. v. 06.12.2012 – VII ZR 84/10, NJW 2013, 525 Rn. 19; jeweils m. w. Nachw.). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass trotz vollständiger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines erheblich beschädigten Kraftfahrzeugs bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen eines nicht auszuschließenden Verdachts verborgen gebliebener Schäden und des Risikos höherer Schadensanfälligkeit infolge nicht fachgerechter Reparatur, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb eines derart beschädigten Kraftfahrzeugs besteht (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2004 – VI ZR 357/03, BGHZ 161, 151, 159 f.; Urt. v. 20.05.2009 – VIII ZR 191/07, BGHZ 181, 170 Rn. 16; jeweils m. w. Nachw.). Die Eigenschaft als Unfallfahrzeug kann danach selbst dann mangelbegründend wirken, wenn im Einzelfall die Befürchtung eines Folgeschadens in Wahrheit unbegründet ist (vgl. bereits BGH, Urt. v. 20.06.1968 – III ZR 32/66, WM 1968, 1220 unter A II 3).
[25] (2) Ob die Eigenschaft eines vom sogenannten Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs – insbesondere wenn es über einen Dieselmotor des Typs EA189 verfügt – in vergleichbarer Weise einen (unbehebbaren) Sachmangel darstellt, weil sie ebenfalls einen merkantilen Minderwert zur Folge hat, lässt sich bislang – anders als für die Eigenschaft als Unfallfahrzeug – nicht allgemeingültig und abschließend beantworten (nach einem Sachverständigengutachten in einem konkreten Fall verneinend zuletzt etwa OLG Karlsruhe, Urt. v. 23.03.2021 – 17 U 102/18, NJW-RR 2021, 852 [zu § 441 BGB]). Denn bislang ist weder geklärt, wie sich die bei den betroffenen Fahrzeugen verbauten Abschalteinrichtungen beziehungsweise die zu ihrer Entfernung vorgenommenen Softwareupdates auf das Fahrzeug im Übrigen auswirken, noch – was insoweit entscheidend ist –, ob beziehungsweise inwieweit aufgrund dessen bei weiten Teilen des Publikums wegen eines nicht auszuschließenden Verdachts verborgen gebliebener Schäden oder des Risikos höherer Schadensanfälligkeit eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb eines derart beschädigten Kraftfahrzeugs besteht, die sich in einer entsprechenden Herabsetzung des Verkehrswertes niederschlägt.
[26] Vor diesem Hintergrund ist es (jedenfalls derzeit) für einen substanziierten Sachvortrag ausreichend, dass der Kläger behauptet hat, die ungewissen Auswirkungen des Softwareupdates sowie das infolge des Abgasskandals allgemein gesunkene Vertrauen in von der Volkswagen AG produzierte Dieselfahrzeuge führten dazu, dass allein aufgrund des Makels „vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug“ ein Kraftfahrzeug auf dem freien Markt einen erheblichen Wertverlust erfahre. Soweit das Berufungsgericht demgegenüber von einem Vortrag „ins Blaue hinein“ ausgeht, weil der Kläger keinerlei konkrete Anknüpfungstatsachen vorgetragen habe, auf die ein Sachverständiger seine Begutachtung aufbauen könnte, ist bereits nicht erkennbar, dass es das Vorbringen des Klägers überhaupt zur Kenntnis genommen und sich inhaltlich mit ihm auseinandergesetzt hat sowie welches weitere – vom Kläger tatsächlich erfüllbare – Vorbringen das Berufungsgericht erwartet haben würde. Ob das vom Kläger erworbene Fahrzeug tatsächlich von dem behaupteten Wertverlust betroffen ist – was die Beklagte bestreitet – und ob dieser tatsächlich kausal auf die Betroffenheit vom sogenannten Abgasskandal zurückzuführen ist – und nicht, wie die Beklagte vorträgt, allenfalls mit der Befürchtung von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge in den Innenstädten zusammenhängt – ist eine Tatfrage, die durch Einholung des hierfür zum Beweis angebotenen Sachverständigengutachtens zu klären sein wird (vgl. auch bereits Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, ZIP 2021, 1706 Rn. 84 m. w. Nachw.).
[27] (3) In ebenfalls gehörsverletzender Weise ist das Berufungsgericht zudem davon ausgegangen, das angebotene Sachverständigengutachten zum Beweis des merkantilen Minderwerts sei auch deshalb nicht einzuholen, weil der Kläger den entsprechenden Antrag erstmals in der Berufungsbegründung gestellt habe und es sich damit um ein neues Angriffsmittel handelte, welches nach § 531 II ZPO in der Berufungsinstanz nicht mehr zuzulassen sei.
[28] Denn neu i. S. des § 531 II ZPO ist ein Beweisantritt nur dann, wenn er entweder in der ersten Instanz überhaupt nicht oder zwar zunächst gestellt, aber im Folgenden auf ihn verzichtet worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 31.05.2017 – VIII ZR 69/16, NJW 2017, 2288 Rn. 21; Beschl. v. 25.04.2019 – I ZR 170/18, TranspR 2019, 376 Rn. 17). Vorliegend hat der Kläger – worauf die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht hinweist – jedoch bereits in erster Instanz (Replik) ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Behauptung angeboten, das mit dem Makel des Abgasskandals behaftete Fahrzeug erfahre als solches auf dem freien Markt einen erheblichen Wertverlust. Allein die sodann in der Berufungsbegründung vorgenommene (nicht näher begründete) Ergänzung, dieser Minderwert betrage vor und nach dem Update „30 %“, führt nicht zu einem neuen Beweisantrag i. S. von § 531 II ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 08.06.2004 – span class=“nowrap“>VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 251; Urt. v. 21.12.2011 – span class=“nowrap“>VIII ZR 166/11, NJW-RR 2012, 341 Rn. 15; Urt. v. 19.02.2016 – span class=“nowrap“>V ZR 216/14, NJW 2016, 2315 Rn. 27; Senat, Beschl. v. 23.08.2016 – span class=“nowrap“>VIII ZR 178/15, NJW-RR 2017, 72 Rn. 20; Beschl. v. 26.05.2020 – span class=“nowrap“>VIII ZR 64/19, NJW-RR 2020, 1019 Rn. 26).
[29] 3. Dem Erfolg der vom Kläger geltend gemachten Gehörsverletzung steht, abweichend von der Auffassung der Beschwerdeerwiderung, nicht der allgemeine Grundsatz der Subsidiarität entgegen.
[30] a) Der Subsidiaritätsgrundsatz fordert, dass ein Beteiligter über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen muss, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine solche zu verhindern (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 09.02.2011 – VIII ZR 285/09, WuM 2011, 178 Rn. 10; Urt. v. 14.06.2018 – III ZR 54/17, BGHZ 219, 77 Rn. 37; Urt. v. 18.11.2020 – VIII ZR 123/20, NJW-RR 2021, 76 Rn. 67; Beschl. v. 28.03.2019 – IX ZR 147/18, ZInsO 2019, 1026 Rn. 4; Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 15; jeweils m. w. Nachw.). Dieser Grundsatz ist nicht auf das Verhältnis zwischen Verfassungs- und Fachgerichtsbarkeit beschränkt, sondern gilt auch im Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahren (vgl. Senat, Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 15). Denn einer Revision kommt bei der Verletzung von Verfahrensgrundrechten auch die Funktion zu, präsumtiv erfolgreiche Verfassungsbeschwerden vermeidbar zu machen. Daher sind für ihre Beurteilung die gleichen Voraussetzungen maßgebend, die nach der Rechtsprechung des BVerfG zum Erfolg einer Verfassungsbeschwerde führten (vgl. BGH, Beschl. v. 27.03.2003 – V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 296 f.).
[31] b) Ein diesbezügliches Versäumnis ist dem Kläger vorliegend jedoch nicht anzulasten. Die Möglichkeit, auf den Hinweisbeschluss gemäß § 522 II 2 ZPO Stellung zu nehmen – der nach allgemeiner Auffassung dem Zweck dient, dem Berufungsführer rechtliches Gehör zu gewähren –, hat er mit seinem Schriftsatz vom 07.06.2019 genutzt. Hierin hat er ausgeführt, dass er entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Fristsetzung zur Nacherfüllung für entbehrlich halte, wobei er dies unter weitgehender Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens erneut (unter anderem) mit einem unbehebbaren merkantilen Minderwert des Fahrzeugs und der Gefahr von Folgeschäden durch das Update begründet und zum Beweis, wie bereits in erster Instanz, („wiederholend“) jeweils die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten hat.
[32] Zwar darf eine Partei auf den Hinweis des Berufungsgerichts, ihr Vortrag sei unsubstanziiert, zur Erfüllung der Anforderungen des Subsidiaritätsgrundsatzes nicht mit der Begründung, ihr sei weiterer Sachvortrag nicht möglich, auf eine Stellungnahme zum gerichtlichen Hinweisbeschluss verzichten, sondern kann unter Umständen auch gehalten sein, dem Gericht die oben genannte höchstrichterliche Rechtsprechung zu den strengen Anforderungen an eine Behauptung „ins Blaue hinein“ vor Augen zu führen und damit beizeiten der gerügten Gehörsverletzung entgegenzuwirken (vgl. zu einem solchen Fall Senat, Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 17). Vorliegend bestand für derartige weitergehende (rechtliche) Ausführungen indes keine Veranlassung. Denn der Kläger hat in seiner Stellungnahme zum Hinweisbeschluss zahlreiche andere gerichtliche Entscheidungen aufgeführt, die vergleichbaren Vortrag zu Folgemängeln des Softwareupdates haben ausreichen lassen. Damit handelt es sich um einen anderen Sachverhalt als in dem Fall, der dem Senatsbeschluss vom 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 – zugrunde lag.
[33] 4. Die vom Kläger geltend gemachte Gehörsverletzung war auch entscheidungserheblich (§ 544 IX ZPO). Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht, hätte es das Vorbringen des Klägers in gebotener Weise zur Kenntnis genommen und den angebotenen Sachverständigenbeweis zu den behaupteten Folgeschäden des Updates und zum merkantilen Minderwert des Fahrzeugs erhoben, zu der Überzeugung gelangt wäre, dass mit Blick auf die vom Kläger im Rücktrittsschreiben als maßgebliche Nacherfüllungsvariante gewählte (s. hierzu Senat, Urt. v. 29.09.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 28 ff., 39 ff. m. w. Nachw.) Nachbesserung durch das Softwareupdate besondere Umstände vorlagen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen einen sofortigen Rücktritt auch ohne vorherige Fristsetzung rechtfertigten (§ 323 II Nr. 3 BGB) oder aufgrund derer es wegen Unzumutbarkeit für den Kläger nach § 440 1 Fall 3 BGB oder wegen Unmöglichkeit (beider Arten) der Nacherfüllung nach § 326 V BGB einer solchen Fristsetzung nicht bedurft hätte, sodass der Kläger aus diesem Grund nicht mit seinem auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichteten Begehren ausgeschlossen gewesen wäre (vgl. hierzu bereits Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, ZIP 2021, 1706 Rn. 82 ff. m. w. Nachw., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
[34] IV. Nach alledem ist der Beschluss des Berufungsgerichts aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Entscheidung und Verhandlung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 IX ZPO). Der Senat macht dabei von der – auch auf den Fall einer Zurückverweisung nach § 544 IX ZPO entsprechend anwendbaren – Möglichkeit Gebrauch, die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückzuverweisen (§ 563 I 2 ZPO; vgl. BGH, Beschl. v. 01.02.2007 – V ZR 200/06, NJW-RR 2007, 1221 Rn. 12; Beschl. v. 12.05.2002 – VIII ZR 171/19, NJW 2020, 2730 Rn. 26; Beschl. v. 26.05.2020 – VIII ZR 64/19, NJW-RR 2020, 1019 Rn. 29; Urt. v. 10.11.2020 – VIII ZR 18/20, juris Rn. 22; jeweils m. w. Nachw.).
[35] Für das weitere Berufungsverfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass der Kläger vorliegend auch nicht unter dem Gesichtspunkt treuwidrigen Verhaltens (§ 242 BGB) gehindert wäre, an einer durch den gegebenenfalls wirksam erklärten Rücktritt erlangten Rechtsposition festzuhalten, weil er das Softwareupdate noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung durchführen ließ. Denn der Kläger hat in diesem Zusammenhang ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 19.02.2018 – was die Beschwerdeerwiderung übersieht – unwidersprochen erklärt, dass er zuvor schriftlich auf die mögliche Zwangsstilllegung des Fahrzeugs ohne die binnen kurzer Frist durchzuführende Nachbesserung hingewiesen worden sei (s. hierzu bereits Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 275/19, juris Rn. 38, sowie Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 357/20, juris Rn. 36).