1. Zur se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last hin­sicht­lich der Fra­ge, wer die Ent­schei­dung über den Ein­satz ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung bei dem be­klag­ten Fahr­zeug­mo­to­ren­her­stel­ler ge­trof­fen und ob der Vor­stand hier­von Kennt­nis hat­te.
  2. Ein Scha­den i. S. des § 826 BGB kann auch in ei­ner auf dem sit­ten­wid­ri­gen Ver­hal­ten be­ru­hen­den Be­las­tung mit ei­ner un­ge­woll­ten Ver­pflich­tung lie­gen. Nach de­ren Er­fül­lung setzt sich der Scha­den in dem Ver­lust der auf­ge­wen­de­ten Geld­mit­tel fort.

BGH, Ur­teil vom 27.07.2021 – VI ZR 151/20

Sach­ver­halt: Der Klä­ger nimmt die Be­klag­te als Mo­to­ren­her­stel­le­rin we­gen Ver­wen­dung ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung auf Scha­dens­er­satz in An­spruch.

Er er­warb im Au­gust 2013 für 21.500 € ei­nen ge­brauch­ten ŠKO­DA Su­perb 2.0 TDI. Das Fahr­zeug ist mit ei­nem von der Be­klag­ten her­ge­stell­ten Die­sel­mo­tor des Typs EA189 aus­ge­stat­tet. In der Mo­tor­steue­rung kam ei­ne das Ab­gas­rück­füh­rungs­ven­til steu­ern­den Soft­ware zum Ein­satz, die er­kann­te, ob der Pkw auf ei­nem Prüf­stand dem Neu­en Eu­ro­päi­schen Fahr­zy­klus un­ter­zo­gen wur­de. In die­sem Fall ak­ti­vier­te die Soft­ware ei­nen Ab­gas­rück­füh­rungs­mo­dus mit nied­ri­gem Stick­oxid(NOX)-Aus­stoß, wäh­rend au­ßer­halb des Prüf­stands – im nor­ma­len Fahr­be­trieb – ein Ab­gas­rück­füh­rungs­mo­dus mit hö­he­rem Stick­oxid­aus­stoß ak­tiv war. Das Fahr­zeug wur­de in die Schad­stoff­klas­se Eu­ro 5 ein­ge­ord­net, weil die nach die­ser Ab­gas­norm gel­ten­den NOX-Grenz­wer­te auf dem Prüf­stand ein­ge­hal­ten wur­den.

Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt er­kann­te in der Soft­ware ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung und ver­pflich­te­te die Be­klag­te mit Be­scheid vom 15.10.2015 im We­ge ei­ner nach­träg­li­chen Ne­ben­be­stim­mung zu den je­weils er­teil­ten Typ­ge­neh­mi­gun­gen, die­se Ab­schalt­ein­rich­tung aus den be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen zu ent­fer­nen und „ge­eig­ne­te Maß­nah­men zur Wie­der­her­stel­lung der Vor­schrift­mä­ßig­keit“ der Fahr­zeu­ge zu er­grei­fen. Nach­dem die für Fahr­zeu­ge der Mar­ke ŠKO­DA zu­stän­di­ge Typ­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de, die bri­ti­sche Ve­hi­cle Cer­ti­fi­ca­ti­on Agen­cy, ein Soft­ware­up­date für das streit­ge­gen-ständ­li­che Fahr­zeug am 10.06.2016 frei­ge­ge­ben hat­te, ließ der Klä­ger die­ses Up­date in­stal­lie­ren.

Der Klä­ger hat von der Be­klag­ten zu­letzt den Er­satz des Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des Pkw, die Zah­lung von De­likt­szin­sen und die Frei­stel­lung von vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­nen Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten ver­langt. Au­ßer­dem hat er die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten be­gehrt.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg. Mit der Re­vi­si­on hat der Klä­ger sein Be­geh­ren im We­sent­li­chen wei­ter­ver­folgt; er woll­te al­ler­dings nicht mehr den An­nah­me­ver­zug der Be­klag­ten fest­ge­stellt ha­ben und hat von der Be­klag­ten Zin­sen erst ab Rechts­hän­gig­keit ver­langt. Das Rechts­mit­tel hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: [6]    I. Nach Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts ste­hen dem Klä­ger kei­ne Scha­dens­er­satz­an­sprü­che ge­gen die Be­klag­te zu. Die Be­klag­te haf­te nicht aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB, da der Klä­ger den Vor­satz der Be­klag­ten be­zie­hungs­wei­se ei­nes ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Ver­tre­ters nicht ha­be nach­wei­sen kön­nen. Zwar ha­be der Klä­ger hin­rei­chend kon­kret, schlüs­sig und sub­stan­zi­iert dar­ge­legt und un­ter Be­weis ge­stellt, dass der da­ma­li­ge Vor­stands­vor­sit­zen­de der Be­klag­ten vor­sätz­lich ge­han­delt ha­be. Doch ha­be der zu­nächst als Zeu­ge ge­la­de­ne Ge­nann­te un­ter Be­zug­nah­me auf die ge­gen ihn lau­fen­den Straf- und Er­mitt­lungs­ver­fah­ren zu Recht um­fas­send von sei­nem Zeug­nis­ver­wei­ge­rungs­recht nach § 384 Nr. 2 ZPO Ge­brauch ge­macht. Der Klä­ger kön­ne sich auch nicht mit Er­folg auf die Grund–sät­ze der se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last be­ru­fen. Die se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last die­ne da­zu, der dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­ten Par­tei dar­über hin­weg­zu­hel­fen, dass sie den er­for­der­li­chen Vor­trag auf­grund man­geln­der Kennt­nis nicht er­brin­gen kön­ne, wäh­rend dies der an­de­ren Par­tei mög­lich und zu­mut­bar sei. Da­mit be­dür­fe es de­ren An­wen­dung nicht, wenn die dar­le­gungs­pflich­ti­ge Par­tei wie im Streit­fall in der La­ge sei, die an­spruchs­be­grün­den­den Tat­sa­chen vor­zu­tra­gen. Zweck der An­nah­me ei­ner se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last sei es nicht, der Par­tei, die ih­ren aus­rei­chen­den Vor­trag nicht be­wei­sen kön­ne, wei­te­re Tat­sa­chen an die Hand zu ge­ben, wel­che ei­nen er­neu­ten und wei­te­ren Vor­trag zur An­spruchs­be­grün­dung er­mög­lich­ten. Ab­ge­se­hen da­von ha­be die Be­klag­te gel­tend ge­macht, al­les Zu­mut­ba­re und Mög­li­che ge­tan zu ha­ben, um die tat­säch­li­chen Ge­scheh­nis­se auf­zu­klä­ren. Ein Be­ru­fungs­an­griff hier­ge­gen sei nicht er­folgt.

[7]    Ein An­spruch aus §§ 826, 31 BGB schei­de aus, weil der gel­tend ge­mach­te Scha­den schon nicht vom Schutz­zweck des § 826 BGB ge­deckt wer­de. Es mö­ge sein, dass ver­ant­wort­li­che Per­so­nen der Be­klag­ten in Be­zug auf Be­lan­ge des Um­welt­schut­zes sit­ten­wid­rig ge­han­delt hät­ten. Der hier gel­tend ge­mach­te Scha­den (Ab­schluss ei­nes Kauf­ver­trags) lie­ge aber au­ßer­halb des Schutz­be­reichs des Ge­bots, das Fahr­zeug nicht oh­ne gül­ti­ge EG-Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung in den Ver­kehr zu brin­gen.

[8]    Es feh­le auch an ei­nem sit­ten­wid­ri­gen Ver­hal­ten der für die Be­klag­te han­deln­den Per­so­nen im Ver­hält­nis zu den End­kun­den. Nach der vor­zu­neh­men­den Ge­samt­wür­di­gung kön­ne das In­ver­kehr­brin­gen des Fahr­zeugs mit der Um­schalt­lo­gik nicht als (kon­klu­den­te) Täu­schung durch po­si­ti­ves Tun qua­li­fi­ziert wer­den, zu­mal der Ein­satz des Fahr­zeugs mit der EG-Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung oh­ne Wei­te­res mög­lich ge­we­sen sei und wei­ter­hin sei. Ei­ne Pflicht zur Auf­klä­rung über den Ein­satz der „Schum­mel­soft­ware“ ha­be je­den­falls kei­ne sol­che Schwe­re, dass ei­ne Auf­klä­rung ei­nem sitt­li­chen Ge­bot ent­spro­chen hät­te. Er­heb­li­che wert­bil­den­de Fak­to­ren sei­en nicht ver­letzt. Der Klä­ger nut­ze das Fahr­zeug seit dem Kauf le­gal und un­ein­ge­schränkt. Sit­ten­wid­ri­ges Ver­hal­ten wä­re der Be­klag­ten nur dann vor­zu­wer­fen, wenn sie trotz po­si­ti­ver Kennt­nis von der Chan­cen­lo­sig­keit der Er­hal­tung der Be­triebs­er­laub­nis ge­schwie­gen hät­te, al­so in Kennt­nis des Um­stands, dass ei­ne Un­ter­sa­gung der Be­triebs­er­laub­nis un­mit­tel­bar be­vor­ge­stan­den hät­te. Dies sei we­der gel­tend ge­macht noch er­sicht­lich.

[9]    Un­ab­hän­gig da­von ha­be der Klä­ger den Be­weis vor­sätz­li­chen Han­delns von Per­so­nen i. S. des § 31 BGB nicht ge­führt und kön­ne sich aus den zu­vor ge­nann­ten Grün­den auch im Rah­men der §§ 826, 31 BGB nicht auf ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last der Be­klag­ten be­ru­fen.

[10]   Im Üb­ri­gen müs­se sich der Vor­satz der Per­so­nen, de­ren Ver­hal­ten der Be­klag­ten nach § 31 BGB zu­zu­rech­nen sei, dar­auf be­zie­hen, dass das Kraft­fahr­zeug für den Klä­ger auf­grund der „Schum­mel­soft­ware“ wert­los ge­wor­den sei. Ei­ne et­wa zu er­war­ten­de Be­las­tung des Klä­gers we­gen sich bei ei­nem spä­te­ren Wei­ter­ver­kauf er­ge­ben­der Ein­bu­ßen auf­grund ei­nes ge­rin­ge­ren Ge­braucht­wa­gen­prei­ses rei­che da­zu nicht aus.

[11]   II. Die­se Er­wä­gun­gen hal­ten der re­vi­si­ons­recht­li­chen Über­prü­fung nicht stand. Mit der Be­grün­dung des Be­ru­fungs­ge­richts kann ein Scha­dens­er­satz­an­spruch des Klä­gers aus § 826 BGB we­gen sit­ten­wid­ri­ger vor­sätz­li­cher Schä­di-gung nicht ver­neint wer­den.

[12]   1. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts ist das Ver­hal­ten der für die Be­klag­te han­deln­den Per­so­nen im Ver­hält­nis zum Klä­ger auf der Grund­la­ge des man­gels ab­wei­chen­der Fest­stel­lun­gen re­vi­si­ons­recht­lich zu­grun­de zu le­gen­den Sach­vor­trags des Klä­gers als sit­ten­wid­rig zu qua­li­fi­zie­ren (vgl. im Ein­zel­nen Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 16 ff., 21, 23; Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 367/19, ZIP 2020, 1763 Rn. 12 f.; Urt. v. 26.01.2021 – VI ZR 405/19, ZIP 2021, 368 Rn. 12 f.; Beschl. v. 19.01.2021 – VI ZR 433/19, ZIP 2021, 297 Rn. 17). Da­bei wirkt es sich im Er­geb­nis nicht aus, dass es vor­lie­gend um ein Fahr­zeug­mo­dell ei­ner Toch­ter­ge­sell­schaft der Be­klag­ten (ŠKO­DA) geht, die Be­klag­te al­so nicht das Fahr­zeug in den Ver­kehr ge­bracht, son­dern den dar­in ein­ge­bau­ten Mo­tor her­ge­stellt und an ih­re Toch­ter­ge­sell­schaft ver­äu­ßert hat. Denn als sit­ten­wid­rig ist es auch zu be­ur­tei­len, wenn ein Mo­to­ren­her­stel­ler – wie vom Klä­ger in Be­zug auf die Be­klag­te der Sa­che nach vor­ge­tra­gen – ei­nen Mo­tor auf der Grund­la­ge ei­ner für sein Un­ter­neh­men ge­trof­fe­nen grund­le­gen­den stra­te­gi­schen Ent­schei­dung im ei­ge­nen Kos­ten- und Ge­winn­in­ter­es­se mit ei­ner un­mit­tel­bar auf die arg­lis­ti­ge Täu­schung der Typ­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de ab­zie­len­den und ei­gens zu die­sem Zweck ent­wi­ckel­ten Steue­rungsssoft­ware aus­stat­tet und die­sen Mo­tor in dem Be­wusst­sein in den Ver­kehr bringt, dass er von dem Er­wer­ber – sei­ner Toch­ter­ge­sell­schaft – in ein Fahr­zeug ver­baut und die­ses an ei­nen arg­lo­sen Käu­fer ver­äu­ßert wer­den wird (vgl. OLG Köln, Urt. v. 15.04.2020 – 27 U 76/19, ju­ris Rn. 57 ff.). Auch ein sol­ches Ver­hal­ten steht wer­tungs­mä­ßig ei­ner un­mit­tel­ba­ren arg­lis­ti­gen Täu­schung der Per­so­nen gleich, die ein mit der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung ver­se­he­nes Fahr­zeug in Un­kennt­nis die­ses Um­stands – und vor den von der Be­klag­ten im Sep­tem­ber 2015 er­grif­fe­nen Maß­nah­men zur In­for­ma­ti­on der Öf­fent­lich­keit (vgl. Se­nat, Urt. v. 08.12.2020 – VI ZR 244/20, ZIP 2021, 84 Rn. 12; Urt. v. 23.03.2021 – VI ZR 1180/20, ZIP 2021, 959 Rn. 10; Urt. v. 13.04.2021 – VI ZR 276/20, MDR 2021, 743 Rn. 8; Beschl. v. 09.03.2021 – VI ZR 889/20, WM 2021, 652 Rn. 13; je­weils m. w. Nachw.) – er­war­ben.

[13]   Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts setzt die An­nah­me von Sit­ten­wid­rig­keit nicht vor­aus, dass ei­ne Un­ter­sa­gung der Be­triebs­er­laub­nis un­mit­tel­bar be­vor­ge­stan­den hät­te. Es ge­nügt, dass nicht fest­stand, wel­che der recht­lich mög­li­chen und grund­sätz­lich auch die Vor­nah­me ei­ner Be­triebs­be­schrän­kung oder -un­ter­sa­gung nach § 5 I FZV um­fas­sen­den Maß­nah­men die Be­hör­den bei Auf­de­ckung der Ver­wen­dung der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung in Form der Um­schalt­lo­gik er­grei­fen wür­den (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 19, 21). Da das sit­ten­wid­ri­ge Ver­hal­ten der für die Be­klag­te han­deln­den Per­so­nen in ei­nem ak­ti­ven Tun und nicht in ei­nem Un­ter­las­sen liegt (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 16, 25 f., 29; Beschl. v. 19.01.2021 – VI ZR 433/19, ZIP 2021, 297 Rn. 17), kommt es auch nicht dar­auf an, ob die Be­klag­te ei­ne Pflicht zur Auf­klä­rung über die ver­wen­de­te Prüf­stan­der­ken­nungs­soft­ware traf (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 26).

[14]   2. Die Re­vi­si­on wen­det sich auch mit Er­folg ge­gen die Be­ur­tei­lung des Be­ru­fungs­ge­richts, ein An­spruch aus § 826 BGB schei­de be­reits des­halb aus, weil der Klä­ger nicht ha­be be­wei­sen kön­nen, dass der von ihm als Zeu­ge be­nann­te da­ma­li­ge Vor­stands­vor­sit­zen­de der Be­klag­ten, des­sen Han­deln sich die Be­klag­te ge­mäß § 31 BGB zu­rech­nen las­sen müss­te, den de­lik­ti­schen Tat­be­stand ver­wirk­licht ha­be.

[15]   a) Zwar trägt im Grund­satz der­je­ni­ge, der ei­nen An­spruch aus § 826 BGB gel­tend macht, die vol­le Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die an­spruchs­be­grün­den­den Tat­sa­chen. Bei der In­an­spruch­nah­me ei­ner ju­ris­ti­schen Per­son hat der An­spruch­stel­ler dem­entspre­chend auch dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen, dass ein ver­fas­sungs­mä­ßig be­ru­fe­ner Ver­tre­ter (§ 31 BGB) die ob­jek­ti­ven und sub­jek­ti­ven Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen des § 826 BGB ver­wirk­licht hat (vgl. Se­nat, Urt. v. 26.01.2021 – VI ZR 405/19, ZIP 2021, 368 Rn. 15; Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 367/19, ZIP 2020, 1763 Rn. 15; Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 35).

[16]   Die­ser Grund­satz er­fährt aber ei­ne Ein­schrän­kung, wenn die pri­mär dar­le­gungs­be­las­te­te Par­tei kei­ne nä­he­re Kennt­nis von den maß­geb­li­chen Um­stän­den und auch kei­ne Mög­lich­keit zur wei­te­ren Sach­auf­klä­rung hat, wäh­rend der Pro­zess­geg­ner al­le we­sent­li­chen Tat­sa­chen kennt und es ihm un­schwer mög­lich und zu­mut­bar ist, nä­he­re An­ga­ben zu ma­chen. In die­sem Fall trifft den Pro­zess­geg­ner ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last, im Rah­men de­rer es ihm auch ob­liegt, zu­mut­ba­re Nach­for­schun­gen zu un­ter­neh­men. Ge­nügt er sei­ner se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last nicht, gilt die Be­haup­tung des An­spruch­stel­lers nach § 138 III ZPO als zu­ge­stan­den (vgl. Se­nat, Urt. v. 26.01.2021 – VI ZR 405/19, ZIP 2021, 368 Rn. 16; Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 367/19, ZIP 2020, 1763 Rn. 16; Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 37 ff. m. w. Nachw.).

[17]   b) Nach die­sen Grund­sät­zen traf die Be­klag­te die se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last hin­sicht­lich der Fra­gen, wer die Ent­schei­dung über den Ein­satz der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung bei ihr ge­trof­fen und ob ihr Vor­stand hier­von Kennt­nis hat­te.

[18]   aa) Die Fra­gen, wer die Ent­schei­dung über den Ein­satz der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung bei der Be­klag­ten ge­trof­fen und ob der Vor­stand hier­von Kennt­nis hat­te, be­tref­fen un­ter­neh­mens­in­ter­ne Ab­läu­fe und Ent­schei­dungs­pro­zes­se, die sich der Kennt­nis und dem Ein­blick des Klä­gers ent­zie­hen. Dem­ge­gen­über war der Be­klag­ten Vor­trag hier­zu mög­lich und zu­mut­bar (vgl. Se­nat, Urt. v. 26.01.2021 – VI ZR 405/19, ZIP 2021, 368 Rn. 19; Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 367/19, ZIP 2020, 1763 Rn. 19; Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 39 ff.).

[19]   bb) Dem steht nicht ent­ge­gen, dass der Klä­ger sei­nen Vor­trag hin­sicht­lich der ge­ziel­ten Ent­wick­lung und des Ein­sat­zes der Prüf­stan­der­ken­nungs­soft­ware durch den da­ma­li­gen Vor­stands­vor­sit­zen­den der Be­klag­ten so­weit sub­stan­zi­ie­ren konn­te, dass sich das Be­ru­fungs­ge­richt zu­nächst ver­an­lasst sah, die­sen als Zeu­gen zu la­den.

[20]   Zum ei­nen rügt die Re­vi­si­on mit Er­folg (§ 286 ZPO), dass sich der Vor­trag des Klä­gers, der Vor­stand der Be­klag­ten ha­be über um­fas­sen­de Kennt­nis von dem Ein­satz der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­soft­ware ver­fügt, er­kenn­bar auf den ge­sam­ten Vor­stand der Be­klag­ten und nicht nur auf die Per­son ih­res da­ma­li­gen Vor­stands­vor­sit­zen­den be­zog. Aus­weis­lich der tat­be­stand­li­chen Fest­stel­lung im Be­ru­fungs­ur­teil hat­te der Klä­ger be­haup­tet, der Vor­stand der Be­klag­ten ha­be nicht nur über um­fas­sen­de Kennt­nis­se von dem Ein­satz der Prüf­stan­der­ken­nungs­soft­ware ver­fügt, son­dern auch in der Vor­stel­lung die Her­stel­lung und das In­ver­kehr­brin­gen der man­gel­be­haf­te­ten Mo­to­ren ver­an­lasst, dass die­se un­ver­än­dert und oh­ne ent­spre­chen­den Hin­weis wei­ter­ver­äu­ßert wür­den. Al­lein der Um­stand, dass der da­ma­li­ge Vor­stands­vor­sit­zen­de zu­nächst als Zeu­ge ge­la­den wur­de, be­vor er sich auf sein Zeug­nis­ver­wei­ge­rungs­recht aus § 384 Nr. 2 ZPO be­rief und wie­der ab­ge­la­den wur­de, ent­bin­det die Be­klag­te da­her nicht von ih­rer se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last hin­sicht­lich des Ver­hal­tens und der Kennt­nis des Vor­stands im Üb­ri­gen.

[21]   Zum an­de­ren wä­re der au­ßer­halb des maß­geb­li­chen Ge­sche­hens ste­hen­de Ge­schä­dig­te – folg­te man der An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts – schutz­los ge­stellt, wenn er in Be­zug auf ei­ne der han­deln­den Per­so­nen aus­rei­chen­de An­halts­punk­te für ein (mög­li­cher­wei­se) straf­ba­res Ver­hal­ten vor­tra­gen kann, die­se Per­son je­doch na­tur­ge­mäß we­gen der Ge­fahr ei­ner straf­recht­li­chen Ver­fol­gung als Zeu­ge nicht zur Ver­fü­gung steht (§ 384 Nr. 2 ZPO). Das ist mit der aus den ver­fas­sungs­recht­lich ge­schütz­ten Rech­ten auf ein fai­res Ver­fah­ren und auf ef­fek­ti­ven Rechts­schutz fol­gen­den Ver­pflich­tung zu ei­ner fai­ren Ver­tei­lung der Dar­le­gungs- und Be­weis­las­ten (vgl. BVerfG [2. Kam­mer des Ers­ten Se­nats], Beschl. v. 18.02.2019 – 1 BvR 2556/17, NJW 2019, 1510 Rn. 12 ff.; Beschl. v. 06.10.1999 – 1 BvR 2110/93, NJW 2000, 1483, 1484 = ju­ris Rn. 42) nicht zu ver­ein­ba­ren und hat der BGH auch in der Ver­gan­gen­heit im Zu­sam­men­hang mit Sach­ver­hal­ten, in de­nen von ei­ner se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last aus­ge­gan­gen wur­de, nicht an­ge­nom­men (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 18.01.2018 – I ZR 150/15, NJW 2018, 2412 Rn. 28 ff.; zum Gan­zen Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 42).

[22]   c) Mit der pau­scha­len Be­haup­tung, al­les Zu­mut­ba­re und Mög­li­che ge­tan zu ha­ben, um die tat­säch­li­chen Ge­scheh­nis­se auf­zu­klä­ren, hat die Be­klag­te die­ser ihr ob­lie­gen­den se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last er­kenn­bar nicht ge­nügt. Wie die Re­vi­si­on zu Recht rügt, be­durf­te es in­so­weit – jen­seits der Be­ru­fung auf eben die Grund­sät­ze der se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last, die ei­nen zen­tra­len Be­ru­fungs­an­griff des Klä­gers dar­stell­te – kei­ner nä­he­ren Aus­füh­run­gen durch den Klä­ger, wel­che Auf­klä­rungs­schrit­te der Be­klag­ten dar­über hin­aus noch zu­mut­bar und mög­lich ge­we­sen wä­ren.

[23]   3. Mit der Be­grün­dung des Be­ru­fungs­ge­richts kann zu­dem der für ei­nen Er­satz­an­spruch aus § 826 BGB er­for­der­li­che Scha­den nicht ver­neint wer­den.

[24]   Ein Scha­den i. S. des § 826 BGB kann auch in ei­ner auf dem sit­ten­wid­ri­gen Ver­hal­ten be­ru­hen­den Be­las­tung mit ei­ner un­ge­woll­ten Ver­pflich­tung lie­gen (Se­nat, Urt. v. 26.01.2021 – VI ZR 405/19, ZIP 2021, 368 Rn. 21; Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 367/19, ZIP 2020, 1763 Rn. 21; Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 44 ff. m. w. Nachw.). Nach de­ren Er­fül­lung setzt sich der Scha­den in dem Ver­lust der auf­ge­wen­de­ten Geld­mit­tel fort (vgl. Se­nat, Urt. v. 20.07.2021 – VI ZR 533/20; Urt. v. 20.07.2021 – VI ZR 575/20, zur Ver­öf­fent­li­chung be­stimmt; BGH, Urt. v. 13.11.2012 – XI ZR 334/11, NJW 2013, 450 Rn. 18).

[25]   Der vom Klä­ger gel­tend ge­mach­te Scha­den liegt da­mit nicht au­ßer­halb des Schutz­zwecks des § 826 BGB. Auf den Schutz­zweck des Ge­bots, das Fahr­zeug nicht oh­ne gül­ti­ge EG-Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung in den Ver­kehr zu brin­gen, kommt es im Rah­men des Scha­dens­er­satz­an­spruchs aus § 826 BGB ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts nicht an (vgl. Se­nat, Urt. v. 26.01.2021 – VI ZR 405/19, ZIP 2021, 368 Rn. 24; Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 367/19, ZIP 2020, 1763 Rn. 23 f.).

[26]   4. Rechts­feh­ler­haft hat das Be­ru­fungs­ge­richt schließ­lich an­ge­nom­men, dass sich der Schä­di­gungs­vor­satz der für die Be­klag­te han­deln­den Per­so­nen dar­auf be­zie­hen müs­se, dass das Kraft­fahr­zeug für den Klä­ger auf­grund der „Schum­mel­soft­ware“ wert­los ge­wor­den sei. Da der Scha­den des Käu­fers in der Be­las­tung mit der un­ge­woll­ten Ver­pflich­tung aus dem Kauf­ver­trag liegt, reich­te es für die An­nah­me des hier­auf be­zo­ge­nen Vor­sat­zes aus, wenn den ge­nann­ten Per­so­nen be­wusst war, dass in Kennt­nis des Ri­si­kos ei­ner Be­triebs­be­schrän­kung oder -un­ter­sa­gung der be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge nie­mand – oh­ne ei­nen er­heb­li­chen, dies be­rück­sich­ti­gen­den Ab­schlag vom Kauf­preis – ein da­mit be­las­te­tes Fahr­zeug er­wer­ben wür­de (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 63).

[27]   III. Das Be­ru­fungs­ur­teil war da­her auf­zu­he­ben und die Sa­che zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen (§§ 562 I, 563 I 1 ZPO).

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