Der (aus­län­di­sche) Her­stel­ler ei­nes Mo­tors ei­nes mit ei­ner ita­lie­ni­schen Typ­ge­neh­mi­gung in den Ver­kehr ge­brach­ten Fahr­zeugs, in dem ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung zum Ein­satz kommt, haf­tet ei­nem in Deutsch­land an­säs­si­gen Er­wer­ber die­ses Fahr­zeugs nicht we­gen sit­ten­wid­ri­ger vor­sätz­li­cher Schä­di­gung (§ 826 BGB) auf Scha­dens­er­satz.

LG Frei­burg, Ur­teil vom 26.02.2021 – 14 O 333/20

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb am 02.06.2015 von der V-GmbH ein fa­brik­neu­es Wohn­mo­bil (Deth­leffs Deth­leffs Es­prit T 7150 EB) zum Preis von 69.459 €. Die­ses Fahr­zeug, das mit ei­nem von der Be­klag­ten ent­wi­ckel­ten her­ge­stell­ten Mo­tor – Fi­at Du­ca­to Mul­ti­Jet 150 (148 PS) – aus­ge­stat­tet ist, wur­de dem Klä­ger am 08.09.2015 über­ge­ben. Sei­nem Be­trieb liegt ei­ne ita­lie­ni­sche EG-Typ­ge­neh­mi­gung zu­grun­de.

Der streit­ge­gen­ständ­li­che Mo­tor ist mit ver­schie­de­nen un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tun­gen aus­ge­stat­tet, die be­wir­ken, dass die ein­schlä­gi­gen Emis­si­ons­grenz­wer­te nur auf dem Prüf­stand, aber nicht beim rea­len Be­trieb des Fahr­zeugs im Stra­ßen­ver­kehr ein­ge­hal­ten wer­den. Ins­be­son­de­re wird die Ab­gas­rei­ni­gung zeit- und tem­pe­ra­tur­ge­steu­ert („Ther­mo­fens­ter“).

Hät­te der Klä­ger vom Ein­satz der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tun­gen ge­wusst, hät­te er vom Er­werb des Wohn­mo­bils Ab­stand ge­nom­men.

Der Füh­rungs­ebe­ne der Be­klag­ten war von Be­ginn an be­kannt, dass und in wel­chem Um­fang bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tor un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tun­gen ein­ge­setzt wer­den. Ent­we­der hat ein Re­prä­sen­tant der Be­klag­ten die Ver­wen­dung der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tun­gen di­rekt ver­an­lasst, oder ein Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten ist an ei­nen ih­rer Re­prä­sen­tan­ten her­an­ge­tre­ten und die­ser Re­prä­sen­tant hat die Ver­wen­dung un­zu­läs­si­ger Ab­schalt­ein­rich­tun­gen ge­bil­ligt. Denn Mo­to­ren wer­den bei der Be­klag­ten nicht ent­wi­ckelt und pro­du­ziert, oh­ne dass ein Re­prä­sen­tant der Be­klag­ten di­rekt oder durch ei­ne von ihm be­stimm­te Per­son von we­sent­li­chen Ent­schei­dun­gen Kennt­nis er­langt und sie bil­ligt. Die Be­klag­te hat den streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tor, der in ei­ner Viel­zahl von Fahr­zeu­gen zum Ein­satz kommt, vor­sätz­lich und aus rei­nem Ge­winn­stre­ben mit un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tun­gen aus­ge­stat­tet und da­bei die Schä­di­gung von Ge­sund­heit und Um­welt zu­min­dest bil­li­gend in Kauf ge­nom­men.

Dem Klä­ger ist da­durch ein Scha­den ent­stan­den.

Im Mai 2016 for­der­te das Kraft­fahrt-Bun­des­amt die Be­klag­te und die ita­lie­ni­sche Zu­las­sungs­be­hör­de auf, Maß­nah­men zu er­grei­fen, um si­cher­zu­stel­len, dass die von der Be­klag­ten her­ge­stell­ten Fahr­zeu­ge mit dem ge­neh­mig­ten Typ in Über­ein­stim­mung ge­bracht wer­den. Der EU-Mit­glieds­staat Ita­li­en ver­hin­der­te we­der den Ver­kauf noch die wei­te­re Zu­las­sung von Fahr­zeu­gen der Be­klag­ten. Im Mai 2017 lei­te­te die EU-Kom­mis­si­on des­halb ein Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fah­ren Ita­li­en ein. Eben­falls 2017 kam es in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka zu Er­mitt­lun­gen ge­gen die Be­klag­te. Die­se zahl­te 2019 in ei­nem US-ame­ri­ka­ni­schen Ver­gleichs­ver­fah­ren rund 800 Mil­lio­nen Dol­lar Stra­fe we­gen mög­li­cher Ma­ni­pu­la­tio­nen von Die­sel­fahr­zeu­gen.

Der Klä­ger hat die Fest­stel­lung be­gehrt, dass ihm die Be­klag­te Schä­den, die aus der Ma­ni­pu­la­ti­on des streit­ge­gen­ständ­li­chen Wohn­mo­bils re­sul­tier­ten, er­set­zen müs­se, und den Er­lass ei­nes ent­spre­chen­den Ver­säum­nis­ur­teils be­an­tragt. Er macht gel­tend, dass er ge­gen die Be­klag­te we­gen der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tun­gen (Art. 3 Nr. 10, Art. 5 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007) ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz ha­be. Die Fest­stel­lun­gen der ita­lie­ni­schen Typ­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de sei­en in­so­weit un­er­heb­lich, zu­mal nicht aus­zu­schlie­ßen sei, dass die­se be­stimm­te Stra­te­gi­en bis zum heu­ti­gen Ta­ge noch nicht ha­be auf­de­cken kön­nen oder ha­be auf­de­cken wol­len. Die ita­lie­ni­sche Be­hör­de ver­fü­ge nicht über die not­wen­di­gen Mit­tel, um ein ab­schlie­ßen­des Er­geb­nis für al­le Fahr­zeu­ge lie­fern zu kön­nen. Den in Deutsch­land le­ben­den Hal­tern von Fahr­zeu­gen mit dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tor dro­he ein vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt an­ge­ord­ne­ter Rück­ruf; soll­te ei­ne Teil­nah­me dar­an ver­wei­gert wer­den, weil ein Soft­ware­up­date ein schwer­wie­gen­der Ein­griff in die Steue­rungs­soft­ware des je­wei­li­gen Fahr­zeugs sei, dro­he ei­ne Be­triebs­un­ter­sa­gung. Auch kön­ne er, der Klä­ger, mit Steu­er­nach­for­de­run­gen kon­fron­tiert wer­den.

Für sei­ne Kla­ge – so macht der Klä­ger gel­tend – sei­en die deut­schen Ge­rich­te in­ter­na­tio­nal zu­stän­dig, ob­wohl die Be­kla­ge ih­ren Sitz in den Nie­der­lan­den ha­be. Dies er­ge­be sich aus Art. 4 I Rom-II-Ver­ord­nung und ei­ner Ent­schei­dung des EuGH (Urt. v. 09.07.2020 – C-343/19, ECLI:EU:C:2020:534 – Ver­ein für Kon­su­men­ten­in­for­ma­ti­on/Volks­wa­gen AG). Das streit­ge­gen­ständ­li­che Wohn­mo­bil sei in Deutsch­land er­wor­ben wor­den, so­dass er, der Klä­ger, hier ei­nen Ver­mö­gens­scha­den er­lit­ten ha­be. Ihm ste­he ge­mäß Art. 4 I Rom-II-Ver­ord­nung i. V. mit Art. 3 I Rom-I-Ver­ord­nung ein Wahl­recht zu, dass er zu­guns­ten des deut­schen Rechts aus­üben möch­te.

Über­dies macht der Klä­ger gel­tend, dass die F-AG die deut­sche Zweig­nie­der­las­sung der Be­klag­ten sei. Es sei ein­hel­li­ge Auf­fas­sung, dass ei­ne Aus­lands­zu­stel­lung nicht ver­an­lasst sei, wenn der Schuld­ner über ei­ne Zweig­nie­der­las­sung im In­land ver­fü­ge. Es be­ste­he da­her kei­ne Ver­an­las­sung, die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Er­satz­zu­stel­lung nach § 178 ZPO zu prü­fen. Denn die Zu­stel­lung der Kla­ge­schrift an die F-AG sei kei­ne Er­satz­zu­stel­lung an die Be­klag­te, son­dern ei­ne Zu­stel­lung an die Be­klag­te, weil ei­ne Par­tei nicht nur an ih­rem Haupt­sitz, son­dern auch an je­dem Ort ih­rer Nie­der­las­sung ver­klagt wer­den kön­ne. Die F-AG über­neh­me für die Be­klag­te al­le Tä­tig­kei­ten in Deutsch­land (Ver­trieb, Lie­fe­rung von Er­satz­teil­len, Ko­or­di­na­ti­on der Ver­trags­händ­ler). Auf ih­rer In­ter­net­sei­te wür­den die Fahr­zeu­ge der Be­klag­ten zum Kauf an­ge­bo­ten. So­mit sei die F-AG ei­ne „ty­pi­sche“ aus­län­di­sche Nie­der­las­sung der Be­klag­ten.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Die Rechts­hän­gig­keit der Kla­ge liegt vor, in­dem die Kla­ge der Be­klag­ten­par­tei wirk­sam zu­ge­stellt wor­den ist. Die am 2020 er­folg­te Ein­la­ge der Kla­ge­schrift in den zur An­schrift „…“ ge­hö­ren­den Brief­kas­ten der F-AG stellt sich im vor­lie­gen­den Fall näm­lich als wirk­sa­me Er­satz­zu­stel­lung in ei­nem Ge­schäfts­raum der Be­klag­ten­par­tei durch Ein­le­gen in den Brief­kas­ten i. S. von § 178 I Nr. 2, § 180 Satz 1 ZPO dar.

Ein aus­län­di­sches Un­ter­neh­men muss sich näm­lich den durch sein ei­ge­nes pro­zes­sua­les und vor­pro­zes­sua­les Ver­hal­ten ge­setz­ten Rechts­schein ei­ner zu­stel­lungs­fä­hi­gen Ge­schäfts­an­schrift im In­land für den Fall ei­ner er­folg­ten Zu­stel­lung zu­rech­nen las­sen. Die tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen ei­ner sol­chen Zu­rech­nung der Zu­stel­lung kraft Rechts­scheins sind er­füllt, wenn zu­rei­chen­de tat­säch­li­che Um­stän­de da­für vor­han­den sind, dass sich ein aus­län­di­sches Un­ter­neh­men all­ge­mein in der Öf­fent­lich­keit als Ge­wer­be­trei­ben­der mit ei­nem Ge­schäfts­raum un­ter ei­ner Adres­se im In­land aus­ge­ge­ben hat (OLG Ham­burg, Beschl. v. 06.09.2005 – 5 W 71/05, ju­ris Rn. 7).

Im vor­lie­gen­den Fall sind bei der ge­bo­te­nen Ge­samt­be­trach­tung die von der Kla­ge­par­tei in Be­zug auf die F-AG vor­ge­tra­ge­nen tat­säch­li­chen Um­stän­de aus­rei­chend trag­fä­hig, um die Exis­tenz ei­nes zu­stel­lungs­ge­eig­ne­ten Ge­schäfts­raums der Be­klag­ten­par­tei un­ter der An­schrift „…“ zu be­le­gen. Dies­be­züg­lich ist maß­geb­lich in An­satz zu brin­gen, dass die Be­klag­ten­par­tei im Hin­blick auf die Kür­zel des Un­ter­neh­mens­na­men der F-AG im We­sent­li­chen ent­spricht und im Im­pres­sum der der Be­klag­ten­par­tei ver­mit­tels de­ren Be­zeich­nung als „…“ zu­zu­ord­nen­den In­ter­net­sei­te „www…de“ die F-AG mit der An­schrift und der E-Mail-Adres­se „…“ als al­lei­ni­ge An­sprech­part­ne­rin ge­nannt wird.

II. Die Kla­ge­par­tei hat nicht sub­stan­zi­iert dar­le­gen kön­nen, dass ihr ge­gen die Be­klag­ten­par­tei aus dem In­ver­kehr­brin­gen des Mo­tors des Klä­ger­fahr­zeugs ein Scha­dens­er­satz­an­spruch zu­steht.

1 Ver­trag­li­che Scha­dens­er­satz­an­sprü­che

Zu­nächst sind An­sprü­che der Kla­ge­par­tei ge­gen die Be­klag­ten­par­tei aus Ver­trag oder ver­trags­ähn­li­cher Haf­tung nicht ge­ge­ben.

1.1 Ver­trag

Scha­dens­er­satz­an­sprü­che aus Ver­trags­ver­let­zung ste­hen der Kla­ge­par­tei nicht zu, da sie nicht dar­ge­legt hat, dass es im Zu­sam­men­hang mit dem Er­werb des Klä­ger­fahr­zeugs zur Be­grün­dung ei­nes ver­trag­li­chen Ver­hält­nis­ses zwi­schen Kla­ge­par­tei und der Be­klag­ten­par­tei ge­kom­men ist. Der von der Kla­ge­par­tei im Hin­blick auf den Er­werb des Klä­ger­fahr­zeugs vor­ge­leg­ten An­la­ge K 20 lässt sich näm­lich die V-GmbH als Ver­käu­fe­rin des Klä­ger­fahr­zeugs ent­neh­men.

1.2 Sach­wal­ter­haf­tung

Die Kla­ge­par­tei hat auch nicht schlüs­sig dar­ge­legt, dass die Be­klag­ten­par­tei auf­grund der Ab­ga­be der Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung ei­ner Sach­wal­ter­haf­tung nach den §§ 280 I, 311 II, III, 241 II BGB un­ter­liegt.

Nach den Grund­sät­zen der Sach­wal­ter­haf­tung auf der Grund­la­ge des § 311 II, III BGB kön­nen auch sol­che Per­so­nen, die nicht un­mit­tel­bar Ver­trags­par­tei ge­wor­den sind, ei­ner Scha­dens­er­satz­haf­tung nach den §§ 280 I, 241 II BGB un­ter­fal­len, wenn sie in be­son­de­rem Ma­ße per­sön­li­ches Ver­trau­en in An­spruch ge­nom­men ha­ben und da­durch ei­nem Be­tei­lig­ten ei­ne zu­sätz­li­che, ge­ra­de von ih­nen per­sön­lich aus­ge­hen­de Ge­währ für Be­stand und Er­fül­lung des in Aus­sicht ge­nom­me­nen Rechts­ge­schäfts ge­bo­ten ha­ben (s. BGH, Urt. v. 29.01.1997 – VI­II ZR 356/95, NJW 1997, 1233 = ju­ris Rn. 8). Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind aber mit der blo­ßen Ab­ga­be ei­ner Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung nicht er­füllt (vgl. OLG Braun­schweig, Urt. v. 20.06.2019 – 7 U 185/18, NJW-RR 2019, 1421 = ju­ris Rn. 87; OLG Frank­furt a. M., Beschl. v. 06.06.2019 – 19 U 44/19, ju­ris Rn. 17; OLG Hamm, Urt. v. 02.09.2020 – 30 U 192/19, ju­ris Rn. 49; OLG Ko­blenz, Urt. v. 06.02.2020 – 6 U 1219/19, ju­ris Rn. 41; OLG Mün­chen, Urt. v. 04.12.2019 – 3 U 2220/19, ju­ris Rn. 33; Urt. v. 05.02.2020 – 3 U 6342/19, ju­ris Rn. 20).

Wer ein Kraft­fahr­zeug im öf­fent­li­chen Ver­kehr „in Be­trieb set­zen will“ (In­be­trieb­nah­me), be­nö­tigt ei­ne Zu­las­sung (§ 1 1 StVG und § 3 1 1 FZV). Die Zu­las­sung stützt sich auf ei­ne Be­triebs­ge­neh­mi­gung, et­wa in Form ei­ner EG-Typ­ge­neh­mi­gung (§ 1 I StVG, § 3 I 2 FZV). Un­ter den Be­din­gun­gen der Se­ri­en­pro­duk­ti­on hat der Her­stel­ler durch Qua­li­täts­si­che­rungs­maß­nah­men die Kon­for­mi­tät der Fließ­band­pro­duk­ti­on zu ge­währ­leis­ten (Art. 5 I und 12 Rah­men­richt­li­nie1Richt­li­nie 2007/46/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 05.09.2007 zur Schaf­fung ei­nes Rah­mens für die Ge­neh­mi­gung von Kraft­fahr­zeu­gen und Kraft­fahr­zeug­an­hän­gern so­wie von Sys­te­men, Bau­tei­len und selbst­stän­di­gen tech­ni­schen Ein­hei­ten für die­se Fahr­zeu­ge (Rah­men­richt­li­nie), ABl. 2007 L 263, 1.). Dies bringt er mit der „Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung“ zum Aus­druck, die zu­gleich die Ver­knüp­fung zwi­schen Typ­ge­neh­mi­gung und Zu­las­sung her­stellt. Ei­ne Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung nach § 6 I EG-FGV wird mit­hin vom Her­stel­ler ab­ge­ge­ben, um die Vor­aus­set­zun­gen für An­ge­bot, Ver­äu­ße­rung und In­ver­kehr­brin­gen von Fahr­zeu­gen nach § 27 I EG-FVG zu er­fül­len (vgl. Führ/​Be­low, ZUR 2018, 259, 261 f.). Nach dem ob­jek­ti­ven Emp­fän­ger­ho­ri­zont ist der Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung, die nicht an den End­ab­neh­mer ge­rich­tet ist, mit­hin kei­ne be­son­de­re per­sön­li­che In­an­spruch­nah­me von Ver­trau­en durch den Mo­to­ren­her­stel­ler zu ent­neh­men, zu­mal kei­ne Um­stän­de des kon­kre­ten Falls er­sicht­lich sind, auf­grund de­rer ein über die Er­fül­lung der Vor­aus­set­zun­gen der §§ 6 I, 27 I EG-FGV hin­aus­ge­hen­der Er­klä­rungs­ge­halt der Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung der Be­klag­ten­par­tei an­zu­neh­men wä­re. Die Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung, die Se­ri­en­fahr­zeu­ge mit ei­ner Ge­neh­mi­gung ver­bin­det, ent­hält im Re­gel­fall, und mit­hin man­gels ent­ge­gen­ste­hen­der An­halts­punk­te auch im vor­lie­gen­den Fall, le­dig­lich die Aus­sa­ge, dass die her­ge­stell­ten Fahr­zeu­ge mit dem ge­neh­mig­ten Typ über­ein­stim­men (vgl. Führ/​Be­low, ZUR 2018, 259, 262).

1.3 §§ 280 I, 311 II, III, 241 II BGB

Die Kla­ge­par­tei hat nicht sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen, dass sie ge­gen die Be­klag­ten­par­tei aus dem In­ver­kehr­brin­gen des Mo­tors des Klä­ger­fahr­zeugs ei­nen An­spruch aus §§ 280 I, 311 II, III, 241 II BGB hat. Im Be­reich des Er­werbs ei­nes Kraft­fahr­zeugs kommt ei­ne Pro­spekt­haf­tung näm­lich nicht in Be­tracht, da so­wohl die von der Recht­spre­chung ent­wi­ckel­te Pro­spekt­haf­tung im en­ge­ren Sin­ne als auch die Pro­spekt­haf­tung im wei­te­ren Sin­ne le­dig­lich im Zu­sam­men­hang mit ei­ner Ka­pi­tal­an­la­ge An­wen­dung fin­den und de­ren Grund­sät­ze nicht auf Kauf­ver­trä­ge über­trag­bar sind (vgl. OLG Stutt­gart, Urt. v. 04.08.2020 – 16a U 197/19, ju­ris Rn. 58).

1.4 § 443 BGB

Die Kla­ge­par­tei hat auch nicht sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen, dass sie ge­gen die Be­klag­ten­par­tei ei­nen An­spruch aus ei­ner Ga­ran­tie ge­mäß § 443 BGB hat. Der Bei­ga­be der EG-Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung kann näm­lich je­den­falls nicht der Er­klä­rungs­wert ei­ner auf Ab­schluss ei­nes Ga­ran­tie­ver­trags ge­rich­te­ten Wil­lens­er­klä­rung bei­ge­mes­sen wer­den (vgl. OLG Mün­chen, Urt. v. 04.12.2019 – 3 U 2943/19, ju­ris Rn. 28).

2. De­lik­ti­sche Scha­dens­er­satz­an­sprü­che

Der Kla­ge­par­tei ste­hen ge­gen die Be­klag­ten­par­tei aus dem In­ver­kehr­brin­gen des Mo­tors des Klä­ger­fahr­zeugs auch kei­ne de­lik­ti­schen An­sprü­che zu.

2.1 § 826 BGB

Das klä­ge­ri­sche Vor­brin­gen be­grün­det zu­nächst kei­nen An­spruch der Kla­ge­par­tei ge­gen die Be­klag­ten­par­tei aus § 826 BGB.

Nach der Recht­spre­chung des BGH zu § 826 BGB ist sit­ten­wid­rig ein Ver­hal­ten, das nach sei­nem Ge­samt­cha­rak­ter, der durch um­fas­sen­de Wür­di­gung von In­halt, Be­weg­grund und Zweck zu er­mit­teln ist, ge­gen das An­stands­ge­fühl al­ler bil­lig und ge­recht Den­ken­den ver­stößt (vgl. BGH, Urt. v. 19.07.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668 = ju­ris Rn. 48; Urt. v. 20.11.2012 – VI ZR 268/11, WM 2012, 2377 = ju­ris Rn. 25; Urt. v. 15.10.2013 – VI ZR 124/12, WM 2013, 2322 = ju­ris Rn. 8; Urt. v. 07.05.2019 – VI ZR 512/17, WM 2019, 1262 = ju­ris Rn. 8; Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = NJW 2020, 1962 = ju­ris Rn. 15; Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 = ju­ris Rn. 29). Da­für ge­nügt es nach der Recht­spre­chung des BGH im All­ge­mei­nen nicht, dass der Han­deln­de ver­trag­li­che Pflich­ten oder das Ge­setz ver­letzt oder bei ei­nem an­de­ren ei­nen Ver­mö­gens­scha­den her­vor­ruft. Viel­mehr muss ei­ne be­son­de­re Ver­werf­lich­keit sei­nes Ver­hal­tens hin­zu­tre­ten, die sich aus dem ver­folg­ten Ziel, den ein­ge­setz­ten Mit­teln, der zu­ta­ge tre­ten­den Ge­sin­nung oder den ein­ge­tre­te­nen Fol­gen er­ge­ben kann (vgl. BGH, Urt. v. 19.10.1987 – II ZR 9/87, BGHZ 102, 68 = ju­ris Rn. 21; Urt. v. 19.07.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668 = ju­ris Rn. 49; Urt. v. 15.10.2013 – VI ZR 124/12, WM 2013, 2322 = ju­ris Rn. 9; Urt. v. 07.05.2019 – VI ZR 512/17, WM 2019, 1262 = ju­ris Rn. 8; Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = NJW 2020, 1962 = ju­ris Rn. 15; Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 = ju­ris Rn. 29). Sit­ten­wid­rig ist da­bei, wenn ein Fahr­zeug­her­stel­ler ba­sie­rend auf ei­ner grund­le­gen­den stra­te­gi­schen Ent­schei­dung im ei­ge­nen Kos­ten- und Ge­winn­in­ter­es­se die Mo­tor­steue­rungs­soft­ware in von ihm her­ge­stell­ten Die­sel­fahr­zeu­gen be­wusst und ge­wollt so pro­gram­miert, dass die ge­setz­li­chen Ab­gas­grenz­wer­te nur auf dem Prüf­stand ein­ge­hal­ten, im nor­ma­len Fahr­be­trieb hin­ge­gen über­schrit­ten wur­den, und da­mit das Kraft­fahrt-Bun­des­amt zwecks Er­lan­gung der Typ­ge­neh­mi­gung be­wusst und ge­wollt ge­täuscht und die mit die­ser Soft­ware aus­ge­stat­te­ten Fahr­zeu­ge un­ter be­wuss­ter Aus­nut­zung der Arg­lo­sig­keit der Er­wer­ber, die die Ein­hal­tung der ge­setz­li­chen Vor­ga­ben als selbst­ver­ständ­lich vor­aus­setz­ten, mil­lio­nen­fach in den Ver­kehr ge­bracht hat (BGH, Urt. v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20, ju­ris Rn. 19).

Ge­mes­sen an den vor­be­zeich­ne­ten Vor­aus­set­zun­gen stellt sich nach dem klä­ge­ri­schen Vor­trag das von der Kla­ge­par­tei dar­ge­stell­te Ver­hal­ten der Be­klag­ten­par­tei nicht als sit­ten­wid­rig i. S. von § 826 BGB dar.

Zu­nächst steht der Sit­ten­wid­rig­keit des klä­ger­seits im Zu­sam­men­hang mit dem In­ver­kehr­brin­gen des Mo­tors des Klä­ger­fahr­zeugs dar­ge­stell­ten Ver­hal­tens der Be­klag­ten­par­tei ent­ge­gen, dass aus­weis­lich der vom BGH im Hin­blick auf die Sit­ten­wid­rig­keit des Ver­hal­tens ei­nes Fahr­zeug­her­stel­lers im Zu­sam­men­hang mit dem In­ver­kehr­brin­gens ei­nes mit ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung ver­se­he­nen Fahr­zeugs her­aus­ge­ar­bei­te­ten Kri­te­ri­en ein sit­ten­wid­ri­ges Ver­hal­ten ei­nes Fahr­zeug­her­stel­lers vor­aus­setzt, dass das deut­sche Kraft­fahrt-Bun­des­amt im Zu­sam­men­hang mit dem der Be­triebs­zu­las­sung des be­trof­fe­nen Fahr­zeugs zu­grun­de lie­gen­den Typ­ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren ge­täuscht wor­den ist und ei­ne sol­che Täu­schung des Kraft­fahrt-Bun­des­amts im Zu­sam­men­hang mit der Ty­pen­ge­neh­mi­gung des Klä­ger­fahr­zeugs ge­ra­de nicht vor­liegt. Nach dem Klä­ger­vor­trag liegt dem Be­trieb des Klä­ger­fahr­zeugs näm­lich ei­ne von ei­ner ita­lie­ni­schen Be­hör­de er­teil­te Typ­ge­neh­mi­gung zu­grun­de, so­dass das Kraft­fahrt-Bun­des­amt nicht Er­klä­rungs­adres­sat von Er­klä­run­gen der Be­klag­ten­par­tei im Zu­sam­men­hang mit dem Er­halt der auf das Klä­ger­fahr­zeug be­zo­ge­nen Typ­ge­neh­mi­gung ge­we­sen ist und das Kraft­fahrt-Bun­des­amt über­dies an die von den ita­lie­ni­schen Zu­las­sungs­be­hör­den er­teil­te Typ­ge­neh­mi­gung ge­bun­den ist. Mit­glieds­staa­ten sind näm­lich auf dem – im vor­lie­gen­den Fall be­trof­fe­nen – Ge­biet der Ab­gas­emis­sio­nen an ei­ne von ei­nem an­de­ren Mit­glieds­staat er­teil­te Typ­ge­neh­mi­gung ge­bun­den und da­her auch nicht be­rech­tigt, auf dem vor­be­zeich­ne­ten Ge­biet zu­sätz­li­che na­tio­na­le Be­schei­ni­gun­gen zu ver­lan­gen oder die Be­triebs­ge­neh­mi­gung von wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen ab­hän­gig zu ma­chen (vgl. EuGH, Urt. v. 29.05.1997 – C-329/95, Slg. 1997, I‑0267 = ECLI:EU:C:1997:256 = BeckRS 2004, 76418 Rn. 17 ff. – VAG Sve­ri­ge).

Vor dem vor­be­zeich­ne­ten Hin­ter­grund ist auch der Vor­trag der Kla­ge­par­tei, wo­nach die im Mo­tor des Klä­ger­fahr­zeugs ver­bau­ten Ab­schalt­ein­rich­tung ei­nen Man­gel im Sin­ne des Haupt­un­ter­su­chungs­rechts nach § 29 III 1 StV­ZO in Ver­bin­dung mit An­la­ge VI­II dar­stel­len wür­den und die Er­tei­lung der TÜV-Pla­ket­te ver­sagt wer­den kön­ne, un­sub­stan­zi­iert und un­schlüs­sig, da ei­ne ita­lie­ni­sche Be­triebs­ge­neh­mi­gung in Deutsch­land nach dem Ur­teil des EuGH vom 29.05.1997 (C-329/95, Slg. 1997, I‑0267 = ECLI:EU:C:1997:256 = BeckRS 2004, 76418 Rn. 17 ff. – VAG Sve­ri­ge) ge­ra­de nicht von der Er­fül­lung wei­te­rer Vor­aus­set­zun­gen ab­hän­gig ge­macht wer­den kann.

Es ist von der Kla­ge­par­tei auch nicht sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen wor­den, dass bei ei­nem mit ei­ner ita­lie­ni­schen Typ­ge­neh­mi­gung ver­se­he­nen Fahr­zeug we­gen des Vor­lie­gens ge­mäß Art. 5 II II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 un­zu­läs­si­ger Ab­schalt­ein­rich­tun­gen in Deutsch­land die Er­tei­lung der TÜV-Pla­ket­te ver­sagt wor­den ist oder ei­ne Still­le­gung ei­nes sol­chen Fahr­zeugs an­ge­droht oder an­ge­ord­net wor­den ist. Die von der Kla­ge­par­tei dies­be­züg­lich aus­zugs­wei­se zi­tier­te Recht­spre­chung von Ver­wal­tungs­ge­rich­ten be­trifft näm­lich le­dig­lich Typ­ge­neh­mi­gun­gen aus Groß­bri­tan­ni­en und lässt über­dies kei­ne sub­stan­zi­el­le Aus­ein­an­der­set­zung mit der vor­be­zeich­ne­ten Recht­spre­chung des EuGH er­ken­nen.

Ei­ne Stra­te­gie­ent­schei­dung der Be­klag­ten­par­tei der­ge­stalt, im ei­ge­nen Kos­ten- und Ge­winn­in­ter­es­se durch be­wuss­te und ge­woll­te Täu­schung der ita­lie­ni­schen Typ­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de sys­te­ma­tisch, lang­jäh­rig und in gro­ßem Um­fang Fahr­zeu­ge mit Mo­to­ren mit un­zu­läs­si­ger Ab­schalt­ein­rich­tung in den Ver­kehr zu brin­gen, ist im vor­lie­gen­den Fall – un­ge­ach­tet der Fra­ge ih­rer Re­le­vanz für die Be­grün­dung ei­ner Sit­ten­wid­rig­keit nach dem deut­schen Bür­ger­li­chen Ge­setz­buch – von der Kla­ge­par­tei je­den­falls nicht sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen wor­den. Viel­mehr in­di­ziert der Klä­ger­vor­trag mit dem dor­ti­gen all­ge­mei­nen Hin­weis auf ein von der EU-Kom­mis­si­on im Hin­blick auf ita­lie­ni­sche Typ­ge­neh­mi­gun­gen an­ge­streng­tes, ge­gen den EU-Mit­glieds­staat Ita­li­en ge­rich­te­tes Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fah­ren ei­ne wei­te Aus­le­gung der ita­lie­ni­schen Typ­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de im Hin­blick auf die nach Art. 5 II 2 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 aus­nahms­wei­se zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tun­gen.

Die wei­te Aus­le­gung und da­mit ei­ne im Ver­gleich zum Kraft­fahrt-Bun­des­amt groß­zü­gi­ge­re An­nah­me von zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tun­gen durch die ita­lie­ni­schen Be­hör­den wird auch durch den Schluss­an­trag der Ge­ne­ral­an­wäl­tin beim EuGH Sharps­ton vom 30.04.2020 im Ver­fah­ren C-693/18 in­di­ziert, wo­nach die von der ita­lie­ni­schen Re­gie­rung ver­tre­te­ne wei­te Aus­le­gung der Aus­nah­me­tat­be­stän­de des Art. 5 II 2 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 im Hin­blick auf die Zie­le der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 und ins­be­son­de­re je­nes des Um­welt­schut­zes und der Ver­bes­se­rung der Luft­qua­li­tät in­ner­halb der Uni­on kei­nes­wegs zu recht­fer­ti­gen sei:

„Mei­nes Er­ach­tens ist da­her die wei­te Aus­le­gung der ita­lie­ni­schen Re­gie­rung zu­rück­zu­wei­sen, wo­nach der Be­griff ‚Be­schä­di­gung‘ der­art aus­ge­dehnt wer­den müs­se, dass er die Ab­nut­zung, den Ef­fi­zi­enz­ver­lust oder den Wert­ver­lust des Fahr­zeugs auf­grund des Ver­schlei­ßes und der all­mäh­li­chen Ver­schmut­zung sei­nes Mo­tors er­fas­se.“ (Ge­ne­ral­an­wäl­tin Sharps­ton, Schluss­an­trä­ge v. 30.04.2020 – C-693/18, ECLI:EU:C:2020:323 Rn. 138 – CLCV).

Ei­ne Sit­ten­wid­rig­keit der Be­klag­ten­par­tei im Zu­sam­men­hang mit dem In­ver­kehr­brin­gen des Mo­tors des Klä­ger­fahr­zeugs lässt sich auch nicht dar­aus her­lei­ten, dass nach der Ent­schei­dung des EuGH in der Rechts­sa­che C-693/18 vom 17.12.2020 (ECLI:EU:C:2020:1040 = BeckRS 2020, 35477 – CLCV) nun­mehr ei­ne en­ge Aus­le­gung der im Hin­blick auf die Zu­läs­sig­keit von Ab­schalt­ein­rich­tun­gen in Art. 5 II 2 lit. a der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 ge­trof­fe­nen Re­ge­lun­gen rechts­ver­bind­lich fest­ge­stellt wor­den ist:

„Folg­lich ist ei­ne die Wir­kung des Emis­si­ons­kon­troll­sys­tems ver­rin­gern­de Ab­schalt­ein­rich­tung ge­mäß Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Ver­ord­nung Nr. 715/2007 zu­läs­sig, wenn sie es er­mög­licht, den Mo­tor vor plötz­li­chen und au­ßer­ge­wöhn­li­chen Schä­den zu schüt­zen. … Da Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Ver­ord­nung Nr. 715/2007 ei­ne Aus­nah­me vom Ver­bot der Ver­wen­dung von Ab­schalt­ein­rich­tun­gen dar­stellt, die die Wir­kung von Emis­si­ons­kon­troll­sys­te­men ver­rin­gern, ist er eng aus­zu­le­gen.“ (EuGH, Urt. v. 17.12.2020 – C-693/18, ECLI:EU:C:2020:1040 = BeckRS 2020, 35477 Rn. 109, 112 – CLCV).

Es ist näm­lich nicht er­sicht­lich, dass die Ent­schei­dung des EuGH vom 17.12.2020 C-693/18 im Ver­fah­ren C-693/18 (ECLI:EU:C:2020:1040 = BeckRS 2020, 35477 – CLCV) kon­kre­te Aus­wir­kun­gen auf die Typ­ge­neh­mi­gung des Klä­ger­fahr­zeugs hat. Die Kla­ge­par­tei hat näm­lich nicht sub­stan­zi­iert dar­ge­legt, dass in Be­zug auf das Klä­ger­fahr­zeug ei­ne Ent­zie­hung der Typ­ge­neh­mi­gung droht. Bis zum Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung ist auch nicht vor­ge­tra­gen wor­den, dass in Be­zug auf das Klä­ger­fahr­zeug ein Rück­ruf er­folgt ist oder die Kla­ge­par­tei in Be­zug auf die Mo­tor­kon­fi­gu­ra­ti­on des Klä­ger­fahr­zeugs zur Durch­füh­rung ei­nes Soft­ware­up­dates auf­ge­for­dert wor­den ist. Viel­mehr hat die Kla­ge­par­tei im Schrift­satz vom ….2020 dar­ge­legt, dass die zu­stän­di­ge Typ­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de in Ita­li­en nichts un­ter­neh­me und we­der die Typ­ge­neh­mi­gung än­de­re noch ei­nen Rück­ruf an­ord­ne und die Eu­ro­päi­sche Kom­mis­si­on am 17.05.2017 be­schlos­sen ha­be, ein Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fah­ren ge­gen Ita­li­en ein­zu­lei­ten, weil das Land sei­ne Ver­pflich­tun­gen im Rah­men der EU-Typ­ge­neh­mi­gungs­vor­schrift für Kraft­fahr­zeu­ge im Fall der Be­klag­ten­par­tei nicht ein­ge­hal­ten ha­be. Die Ein­lei­tung ei­nes – nach dem Vor­trag der Kla­ge­par­tei im Schrift­satz vom ….2021 bis­lang nicht ab­ge­schlos­se­nen – Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fah­rens auf EU-Ebe­ne ist aber nicht da­zu ge­eig­net, in ir­gend­ei­ner Wei­se den Vor­wurf ei­nes sit­ten­wid­ri­gen vor­sätz­li­chen Ver­hal­tens der Be­klag­ten­par­tei nach dem deut­schen Bür­ger­li­chen Ge­setz­buch zu be­grün­den. Viel­mehr stellt sich die im vor­lie­gen­den Fall maß­geb­li­che Streit­fra­ge, näm­lich die Aus­le­gung der ita­lie­ni­schen Typ­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de im Hin­blick auf die Zu­läs­sig­keit re­spek­ti­ve Un­zu­läs­sig­keit von Ab­schalt­ein­rich­tun­gen vor dem Hin­ter­grund der in Art. 5 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 sta­tu­ier­ten Vor­aus­set­zun­gen pri­mär als Streit­fra­ge um die von Ita­li­en als ei­nem EU-Mit­glieds­staat zu be­werk­stel­li­gen­de ord­nungs­ge­mä­ße Um­set­zung und An­wen­dung von EU-Recht dar, de­ren Be­ant­wor­tung und Im­pli­ka­tio­nen ein deut­sches Ge­richt in ei­ner – wie im vor­lie­gen­den Fall – zwi­schen ei­ner na­tür­li­chen Per­son und ei­ner ju­ris­ti­schen Per­son ge­führ­ten zi­vil­recht­li­chen Strei­tig­keit we­gen der nach dem EU-Recht gel­ten­den Wa­ren­ver­kehrs­frei­heit (Art. 34 AEUV) letzt­lich ent­ho­ben ist.

2.2 § 823 II BGB

Die Kla­ge­par­tei kann auch nicht aus dem In­ver­kehr­brin­gen des Mo­tors des Klä­ger­fahr­zeugs mit Aus­sicht auf Er­folg ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­gen die Be­klag­ten­par­tei aus § 823 II BGB in Ver­bin­dung mit ei­ner Ver­let­zun­gen der §§ 6 I, 27 I EG-FGV bzw. des Art. 5 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 gel­tend ma­chen.

2.2.1 §§ 6 I, 27 I EG-FGV

In der Recht­spre­chung des BGH ist zu­nächst ge­klärt, dass es sich bei den §§ 6 I, 27 I EG-FGV nicht um Schutz­ge­set­ze i. S. des § 823 II BGB han­delt, die ei­nen Käu­fer vor dem Er­werb ei­nes nicht der Typ­ge­neh­mi­gung ent­spre­chen­den Fahr­zeugs schüt­zen sol­len (s. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = NJW 2020, 1962 = ju­ris Rn. 76; Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 = ju­ris Rn. 16).

2.2.2 Art. 5 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007

Eben­so hat der BGH auch in Be­zug auf die Re­ge­lun­gen des Art. 5 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 ent­schie­den, dass das In­ter­es­se des Er­wer­bers ei­nes Fahr­zeugs, nicht zur Ein­ge­hung ei­ner un­ge­woll­ten Ver­bind­lich­keit ver­an­lasst zu wer­den, of­fen­sicht­lich nicht im Auf­ga­ben­be­reich die­ser Be­stim­mung liegt, so­dass die­ser Re­ge­lung nicht die Na­tur ei­nes Schutz­ge­set­zes zu­kommt.

Es be­darf da­bei im vor­be­zeich­ne­ten Zu­sam­men­hang auch nicht der Durch­füh­rung ei­nes Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­rens nach Art. 267 AEUV zur Klä­rung der Fra­ge, ob Art. 5 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 da­hin ge­hend aus­zu­le­gen ist, dass die­ser Norm ei­ne sol­che in­di­vi­du­al­schüt­zen­de Funk­ti­on zu­kommt. Viel­mehr ist die Rechts­la­ge in­so­weit von vorn­her­ein ein­deu­tig, so­dass es nach den Grund­sät­zen des „ac­te clair“ ei­ner Vor­la­ge an den EuGH nicht be­darf (vgl. BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 = ju­ris Rn. 16).

2.2.3 Art. 4 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007

Ein An­spruch der Kla­ge­par­tei folgt schließ­lich auch nicht aus § 823 II BGB i. V. mit Art. 4 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007.

Nach Art. 4 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 hat der Her­stel­ler si­cher­zu­stel­len, dass die Typ­ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren zur Über­prü­fung der Über­ein­stim­mung der Pro­duk­ti­on, der Dau­er­halt­bar­keit der emis­si­ons­min­dern­den Ein­rich­tun­gen und der Über­ein­stim­mung in Be­trieb be­find­li­cher Fahr­zeu­ge be­ach­tet wer­den.

Es fehlt je­doch eben­falls an jeg­li­chen An­halts­punk­ten da­für, dass die Ver­ord­nung dem Schutz des wirt­schaft­li­chen Selbst­be­stim­mungs­rechts des ein­zel­nen Fahr­zeu­ger­wer­bers die­nen könn­te, so­dass auch ei­ne Vor­la­ge an den EuGH zu un­ter­blei­ben hat (vgl. OLG Karls­ru­he, Urt. v. 30.10.2020 – 17 U 296/19, ju­ris Rn. 56).

2.2.4 § 263 StGB

Es ist im vor­lie­gen­den Fall auch kein An­spruch der Kla­ge­par­tei ge­gen die Be­klag­ten­par­tei aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB, § 31 BGB ge­ge­ben.

Ei­ne Haf­tung der Be­klag­ten­par­tei ge­gen­über der Kla­ge­par­tei aus § 831 I 1, § 826 BGB schei­det im vor­lie­gen­den Fall un­ter Be­zug­nah­me auf die un­ter 2.1 ge­nann­ten Grün­de je­den­falls des­halb aus, weil in Be­zug auf den Mo­tor des Klä­ger­fahr­zeugs die Be­wer­tun­gen und Ein­schät­zun­gen der ita­lie­ni­schen Typ­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de maß­geb­lich sind und die Kla­ge­par­tei nicht sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen hat, dass die ita­lie­ni­sche Ty­pen­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de im Zu­sam­men­hang mit der Er­tei­lung der Typ­ge­neh­mi­gung für den klä­ge­ri­schen Fahr­zeug­typ sei­tens der Be­klag­ten­par­tei ge­täuscht wor­den ist. Ei­ne Haf­tung der Be­klag­ten­par­tei ge­gen­über der Kla­ge­par­tei schei­tert al­so im Er­geb­nis dar­an, dass so­wohl der ob­jek­tiv er­kenn­ba­ren ita­lie­ni­schen EG-Typ­ge­neh­mi­gung des Klä­ger­fahr­zeugs als auch der hier­auf be­zo­ge­nen Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung bei ob­jek­ti­ver Be­trach­tung le­dig­lich der Er­klä­rungs­wert bei­ge­mes­sen wer­den kann, dass in Be­zug auf das Klä­ger­fahr­zeug die von den ita­lie­ni­schen Be­hör­den auf­ge­stell­ten ma­te­ri­el­len Vor­aus­set­zun­gen für die Er­tei­lung der EG-Typ­ge­neh­mi­gung er­füllt wor­den sind und im vor­lie­gen­den Fall kei­ne greif­ba­ren An­halts­punk­te da­für be­ste­hen, dass die­se durch die Mo­tor­kon­fi­gu­ra­ti­on des Klä­ger­fahr­zeugs nicht er­füllt wor­den sind und auch wei­ter­hin wer­den.

Im vor­be­zeich­ne­ten Zu­sam­men­hang ist wie­der­um ins­be­son­de­re zu be­rück­sich­ti­gen, dass die von der Kla­ge­par­tei nicht nä­her be­zeich­ne­te Typ­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de in Ita­li­en bis zum Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung in Be­zug auf die Typ­ge­neh­mi­gung für den klä­ge­ri­schen Fahr­zeug­typ kei­ne Än­de­rung vor­ge­nom­men hat und mit­hin in Be­zug auf das Klä­ger­fahr­zeug we­der ein Rück­ruf noch ei­ne Auf­for­de­rung zur Durch­füh­rung ei­nes auf die Kon­fi­gu­ra­ti­on des klä­ge­ri­schen Mo­tor­typs be­zo­ge­nen Soft­ware­up­dates vor­liegt. Auf die ent­spre­chen­den Aus­füh­run­gen un­ter 2.1, die für den An­spruch aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB, § 31 BGB ent­spre­chend gel­ten, wird ver­wie­sen.

2.2.5 § 16 UWG

Die Kla­ge­par­tei hat ge­gen die Be­klag­ten­par­tei aus dem ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug­kauf auch kei­nen An­spruch aus § 823 II BGB i. V. mit § 16 UWG. Die Kla­ge­par­tei hat näm­lich nicht kon­kret und da­mit nicht sub­stan­zi­iert dar­ge­legt, dass die Be­klag­ten­par­tei in der Ab­sicht, den An­schein ei­nes be­son­ders güns­ti­gen An­ge­bots her­vor­zu­ru­fen, in öf­fent­li­chen Be­kannt­ma­chun­gen oder in Mit­te­lun­gen, die für ei­nen grö­ße­ren Kreis von Per­so­nen be­stimmt sind, durch ir­re­füh­ren­de An­ga­ben ir­re­füh­rend ge­wor­ben hat.

Nach den Vor­stel­lun­gen des Tä­ters muss die Ent­schei­dung des Adres­sa­ten für das Er­werbs­ge­schäft von dem an­ge­prie­se­nen be­son­de­ren Vor­teil, der tat­säch­lich nicht ge­ge­ben ist, be­ein­flusst wer­den (Drey­er, in: Har­te-Ba­ven­damm/​Hen­ning-Bo­de­wig, UWG, 3. Aufl., § 16 Rn. 31, 32; LG Braun­schweig, Urt. v. 26.06.2017 – 11 O 3829/16 (115), ju­ris Rn. 60; für § 4 UWG a.F. auch BGH, Urt. v. 26.10.1977 – 2 StR 432/77, BGHSt 27, 293 = ju­ris Rn. 6, 7).

Falls die Be­klag­ten­par­tei im vor­lie­gen­den Fall tat­säch­lich in Wer­be­un­ter­la­gen in Be­zug auf den Mo­tor­typ des Klä­ger­fahr­zeugs fal­sche In­for­ma­tio­nen ver­brei­tet ha­ben soll­te, wä­re mit der An­ga­be be­stimm­ter Leis­tungs­wer­te un­ter Ein­hal­tung der ent­spre­chen­den Eu­ro-Norm je­den­falls kein be­son­de­rer Vor­teil des Klä­ger­fahr­zeugs an­ge­prie­sen wor­den, da die Grenz­wer­te schließ­lich al­le ver­gleich­ba­ren Fahr­zeu­ge am Markt ein­hal­ten muss­ten, um die Typ­ge­neh­mi­gung zu er­lan­gen (vgl. LG Braun­schweig, Urt. v. 26.06.2017 – 11 O 3829/16 (115), ju­ris Rn. 60).

2.2.6 § 4 Nr. 11 UWG a.F.

Die Kla­ge­par­tei hat ge­gen die Be­klag­ten­par­tei auch kei­nen An­spruch aus § 823 II BGB i. V. mit § 4 Nr. 11 UWG in der Fas­sung vom 03.03.2010 (im Fol­gen­den: a.F.)2Ge­meint ist die Neu­fas­sung des Ge­set­zes ge­gen den un­lau­te­ren Wett­be­werb vom 03.03.2010, BGBl. 2010 I, 254.

Es ist be­reits frag­lich, ob § 4 Nr. 11 UWG über­haupt ein Schutz­ge­setz i. S. des § 823 II BGB dar­stellt (vgl. LG Braun­schweig, Urt. v. 26.06.2017 – 11 O 3829/16 (115), ju­ris Rn. 62).

Je­den­falls hat die Be­klag­ten­par­tei hier nicht ge­gen Vor­schrif­ten ver­sto­ßen, de­ren Ein­hal­tung § 4 Nr. 11 UWG schütz­te. §§ 1, 4, 5 Pkw-EnVKV ge­bie­ten le­dig­lich, dass die im Typ­ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren er­ziel­ten Kraft­stoff­ver­brauchs- und Emis­si­ons­wer­te zu nen­nen sind (vgl. die Be­griffs­be­stim­mun­gen in § 2 Nr. 5, Nr. 6 Pkw-EnVKV). Die Kla­ge­par­tei hat je­den­falls nicht kon­kret und da­mit nicht sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen, dass die von der Be­klag­ten­par­tei in Be­zug auf den Mo­tor­typ des Klä­ger­fahr­zeugs ge­nann­ten Kraft­stoff­ver­brauchs- und Emis­si­ons­wer­te von der Be­klag­ten­par­tei im vor der ita­lie­ni­schen Typ­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de durch­ge­führ­ten Typ­ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren nicht er­zielt wor­den sind.

2.3 An­spruch aus § 831 BGB

Man­gels nach den vor­be­zeich­ne­ten Aus­füh­run­gen er­füll­ter de­lik­ti­scher Haf­tungs­tat­be­stän­de ver­mag auch der klä­ge­ri­sche Ver­weis auf die Re­ge­lung des § 831 BGB den Kla­ge­an­trag nicht zu be­grün­den.

3 Wei­te­re An­spruchs­grund­la­gen

An­de­re als die vor­be­zeich­ne­ten An­spruchs­grund­la­gen für den klä­ger­seits ge­gen die Be­klag­ten­par­tei ver­folg­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch sind im vor­lie­gen­den Fall nicht er­sicht­lich.

III. Der In­halt der nicht nach­ge­las­se­nen Schrift­sät­ze der Kla­ge­par­tei … und der F-AG … wur­de bei der Ent­schei­dung nicht be­rück­sich­tigt, da es sich hier­bei um ver­spä­te­tes Vor­brin­gen nach Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung han­delt. Vor dem Hin­ter­grund des In­halts der vor­be­zeich­ne­ten Schrift­sät­ze war auch kei­ne Wie­der­er­öff­nung der Ver­hand­lung ge­mäß § 156 ZPO an­ge­zeigt.

IV. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 91 I ZPO, …

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