1. Die rechts­kräf­ti­ge Ab­wei­sung ei­ner Kla­ge, die auf die man­gel­be­ding­te Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags ge­rich­tet war, steht ei­ner neu­en Kla­ge, mit der die­ses Be­geh­ren wei­ter­ver­folgt wird, dann nicht ent­ge­gen, wenn der Le­bens­sach­ver­halt, der der zwei­ten Kla­ge zu­grun­de liegt, sich von dem­je­ni­gen des Vor­pro­zes­ses un­ter­schei­det. So liegt es, wenn die ers­te Kla­ge nur des­halb kei­nen Er­folg hat­te, weil der kla­gen­de Käu­fer dem be­klag­ten Ver­käu­fer vor Er­klä­rung des Rück­tritts ent­ge­gen § 323 I BGB kei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat­te, ei­ne dem Ver­käu­fer (erst) nach Ab­schluss des Vor­pro­zes­ses ge­setz­te Frist zur Nach­er­fül­lung aber er­folg­los ab­ge­lau­fen ist und der Käu­fer dar­auf­hin er­neut den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt hat.
  2. Ein Kauf­ver­trag wan­delt sich nur durch ei­nen wirk­sa­men Rück­tritt in ein Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis. Des­halb schließt die Er­klä­rung des Rück­tritts (§ 349 BGB) den An­spruch auf die Leis­tung nur und erst aus, wenn im Zeit­punkt der Rück­tritt­er­klä­rung ein Rück­tritts­recht be­steht (vgl. Se­nat, Urt. v. 14.10.2020 – VI­II ZR 318/19, ju­ris Rn. 25; fer­ner Se­nat, Urt. v. 09.05.2018 – VI­II ZR 26/17, BGHZ 218, 320 Rn. 24). Dar­an fehlt es et­wa, wenn der Käu­fer dem Ver­käu­fer vor Er­klä­rung des Rück­tritt ent­ge­gen § 323 I BGB kei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat und ei­ne Frist­set­zung auch nicht ge­mäß § 323 II BGB, § 326 V Halb­satz 2 BGB oder § 440 BGB ent­behr­lich war.
  3. Nicht je­der Wi­der­spruch zwi­schen zwei Ver­hal­tens­wei­sen ist als un­zu­läs­si­ge Rechts­aus­übung zu wer­ten. Ein wi­der­sprüch­li­ches Ver­hal­ten (ve­ni­re con­tra fac­tum pro­pri­um) ist nur dann rechts­miss­bräuch­lich i. S. von § 242 BGB, wenn be­son­de­re Um­stän­de die Rechts­aus­übung als treu­wid­rig er­schei­nen las­sen. Ent­schei­dend sind die Um­stän­de des je­wei­li­gen Ein­zel­falls. Wi­der­sprüch­li­ches Ver­hal­ten kann recht­miss­bräuch­lich sein, wenn für den an­de­ren Teil ein Ver­trau­en­stat­be­stand ge­schaf­fen wor­den ist oder wenn an­de­re be­son­de­re Um­stän­de die Rechts­aus­übung als treu­wid­rig er­schei­nen las­sen.
  4. Zu den Mehr­auf­wen­dun­gen, die ein im An­nah­me­ver­zug be­find­li­cher Gläu­bi­ger dem Schuld­ner ge­mäß § 304 BGB zu er­set­zen hat, ge­hö­ren auch ob­jek­tiv er­for­der­li­che La­ger­kos­ten.

BGH, Be­schluss vom 15.12.2020 – VI­II ZR 304/19

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin er­warb von der Be­klag­ten, die ein Mö­bel­haus be­treibt, im Ja­nu­ar 2015 ei­ne Pols­ter­gar­ni­tur zum Preis von 3.300 €.

Mit schrift­li­cher „Re­kla­ma­ti­on“ vom 16.04.2015 teil­te die Klä­ge­rin der Be­klag­ten mit, die Pols­ter­gar­ni­tur wei­se „er­heb­li­che Män­gel auf (Sitz­ver­hal­ten, Ses­sel oh­ne Rol­len)“ und bat um Rück­nah­me so­wie Er­stat­tung des Kauf­prei­ses. Mit Schrei­ben vom 28.04.2015 bot die Be­klag­te den Aus­tausch der be­an­stan­de­ten Rol­len am Ses­sel so­wie der Fü­ße am So­fa an. Mit Schrei­ben vom sel­ben Tag for­der­te die Klä­ge­rin „die ver­trags­ge­rech­te Er­fül­lung des Kauf­ver­trags bis 16.05.2015“. Die Be­klag­te ant­wor­te­te dar­auf, nach ih­rer An­sicht sei der Ver­trag er­füllt; die Klä­ge­rin mö­ge sa­gen, was ihr an der Gar­ni­tur nicht ge­fal­le und was sie ge­än­dert ha­ben möch­te. Hier­auf er­klär­te die Klä­ge­rin mit Schrei­ben vom 06.05.2015, es müs­se die Rück­ab­wick­lung er­fol­gen, da die Be­klag­te die Män­gel nicht be­sei­ti­gen kön­ne; sie ha­be „nur moch ei­nen ein­zi­gen Wunsch“, näm­lich dass die Be­klag­te „kurz­fris­tig ei­nen Ter­min für die Ab­ho­lung der Gar­ni­tur“ mit­tei­le.

Nach­dem der spä­te­re Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te der Klä­ge­rin de­ren Rück­tritt von dem mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag er­klärt hat­te, er­hob die Klä­ge­rin Kla­ge auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ der Pols­ter­gar­ni­tur, und Er­stat­tung vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten.

Die­se Kla­ge hat vor dem Amts­ge­richt kei­nen Er­folg ge­habt. Zwar sei die Kauf­sa­che – was nach Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens er­wie­sen sei – man­gel­haft, da die Sitz­hö­he des ge­lie­fer­ten 3-Sit­zers von der Sitz­hö­he des be­stell­ten Pols­ter­mö­bels ab­wei­che und die von der Be­klag­ten un­ter den Ses­sel mon­tier­ten Wal­zen­rol­len im Ver­gleich zu den Ori­gi­nal­rol­len ei­ne schlech­te­re Roll­ei­gen­schaft auf­wie­sen so­wie die Mon­ta­ge­kon­struk­ti­on un­ge­eig­net sei. Je­doch feh­le es an der er­for­der­li­chen Frist­set­zung zur – mög­li­chen – Nach­bes­se­rung.

Die ge­gen die­ses Ur­teil ein­ge­leg­te Be­ru­fung nahm die Klä­ge­rin zu­rück und setz­te der Be­klag­ten an­schlie­ßend ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung. Die Be­klag­te teil­te mit, dass „ei­ne Nach­bes­se­rung, oh­ne die kon­kre­te Be­schrei­bung, wie die­se denn nun­mehr […] aus­se­hen sol­le, […] nicht in Be­tracht ge­zo­gen“ wer­de. Nach­dem die Klä­ge­rin die Be­klag­te er­neut zur Nach­er­fül­lung auf­ge­for­dert hat­te, si­gna­li­sier­te die Be­klag­te, dass die Män­gel­be­sei­ti­gung er­fol­gen sol­le, und bat um Mit­tei­lung, wo die Pols­ter­gar­ni­tur ein­ge­la­gert sei. Die Klä­ge­rin teil­te der Be­klag­ten den Ein­la­ge­rungs­ort mit und set­ze ihr er­neut ei­ne Frist zur Män­gel­be­sei­ti­gung, und zwar bis zum 25.08.2017. Nach dem frucht­lo­sen Ab­lauf die­ser Frist er­klär­te die Klä­ge­rin (er­neut) den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag.

Mit ih­rer Kla­ge hat die Klä­ge­rin – je­weils nebst Zin­sen – die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses (3.300 €), Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ der Pols­ter­gar­ni­tur, so­wie den Er­satz von La­ger­kos­ten (124,95 €) und vor­ge­richt­lich ent­stan­de­nen Rechts­an­walts­kos­ten ver­langt. Au­ßer­dem hat sie die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten be­gehrt. Die­se Kla­ge hat in den Vor­in­stan­zen – bis auf Tei­le der gel­tend ge­mach­ten Zins­for­de­run­gen – Er­folg ge­habt.

Mit ih­rer Re­vi­si­on hat die Be­klag­te ihr Kla­ge­ab­wei­sungs­be­geh­ren wei­ter­ver­folgt. Das Rechts­mit­tel hat sie zu­rück­ge­nom­men, nach­dem der VI­II. Zi­vil­se­nat des BGH hat auf sei­ne Ab­sicht hin­ge­wie­sen hat­te, die Re­vi­si­on durch ein­stim­mi­gen Be­schluss nach § 552a ZPO zu­rück­zu­wei­sen.

Aus den Grün­den: [6]    II. 1. Die Vor­aus­set­zun­gen für die Zu­las­sung der Re­vi­si­on (§ 552a Satz 1, § 543 II 1 ZPO) lie­gen nicht vor.

[7]    Das Be­ru­fungs­ge­richt hat die „un­be­schränkt(e)“ Re­vi­si­ons­zu­las­sung nicht be­grün­det. Soll­te es die Re­vi­si­on we­gen der aus sei­ner Sicht (un­ter Ver­weis auf OLG Naum­burg, Ur­t. v. 09.04.2015 – 2 U 127/13, NJW-RR 2015, 1399 Rn. 15) „nicht ein­heit­lich“ be­ant­wor­te­ten Fra­ge, „ob die wirk­sa­me Aus­übung des Rück­tritts vom Kauf­ver­trag (§ 323 I BGB) ne­ben der wirk­sa­men Rück­tritts­er­klä­rung (§ 349 BGB) auch das Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen des ge­setz­li­chen Rück­tritts­rechts, wie et­wa ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung (§ 439 BGB)“ vor­aus­set­ze, zu­ge­las­sen ha­ben, trägt dies kei­nen der in § 543 II 1 ZPO ge­nann­ten Re­vi­si­ons­zu­las­sungs­grün­de. Ins­be­son­de­re hat die Rechts­sa­che kei­ne grund­sätz­li­che Be­deu­tung (§ 543 II 1 Nr. 1 ZPO), denn die Fra­ge, ob nur ein wirk­sa­mer Rück­tritt zu ei­nem Rück­ab­wick­lungs­schuld­ver­hält­nis führt und da­mit (Nach-)Er­fül­lungs­an­sprü­che aus­schließt, ist nicht um­strit­ten und oh­ne Wei­te­res zu be­ja­hen (da­zu un­ter 2 b).

[8]    2. Die – wirk­sam durch den Ein­zel­rich­ter zu­ge­las­se­ne (vgl. hier­zu Se­nat, Urt. v. 29.04.2020 – VI­II ZR 355/18, NJW 2020, 1947 Rn. 12 m. w. Nachw.; BGH, Beschl. v. 04.06.2019 – II ZR 416/18, ju­ris Rn. 5) – Re­vi­si­on hat auch kei­ne Aus­sicht auf Er­folg. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat im Er­geb­nis zu Recht ei­nen An­spruch der Klä­ge­rin auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be der Pols­ter­gar­ni­tur nach § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 434 I, 323 I, 346 ff. BGB, auf Er­satz der Auf­wen­dun­gen für die La­ger­kos­ten nach § 304 BGB, auf Zah­lung vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­ner Rechts­an­walts­kos­ten ge­mäß §§ 280 I, 249 I BGB so­wie auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten be­jaht.

[9]    a) Der Zu­läs­sig­keit der vor­lie­gen­den Kla­ge steht die ma­te­ri­el­le Rechts­kraft (§ 322 I ZPO) des Ur­teils des Amts­ge­richts im Vor­pro­zess nicht ent­ge­gen.

[10]   aa) Nach der stän­di­gen Recht­spre­chung des BGH ver­bie­tet die ma­te­ri­el­le Rechts­kraft ei­ner ge­richt­li­chen Ent­schei­dung – als ne­ga­ti­ve Pro­zess­vor­aus­set­zung – ei­ne neue Ver­hand­lung über den­sel­ben Streit­ge­gen­stand (ne bis in idem). Un­zu­läs­sig ist des­halb ei­ne er­neu­te Kla­ge, de­ren Streit­ge­gen­stand mit dem ei­nes rechts­kräf­tig ent­schie­de­nen Rechts­streits iden­tisch ist. Streit­ge­gen­stand ei­nes Rechts­streits ist nicht ein be­stimm­ter ma­te­ri­ell-recht­li­cher An­spruch, son­dern der als Rechts­schutz­be­geh­ren oder Rechts­fol­gen­be­haup­tung ver­stan­de­ne ei­gen­stän­di­ge pro­zes­sua­le An­spruch, der durch den Kla­ge­an­trag (Rechts­fol­ge) und den Le­bens­sach­ver­halt (An­spruchs­grund), aus dem der Klä­ger die be­gehr­te Rechts­fol­ge her­lei­tet, be­stimmt wird (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 19.12.1991 – IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 5; Urt. v. 19.11.2003 – VI­II ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 50; Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 253/16, NJW 2018, 2056 Rn. 14).

[11]   Zum Le­bens­sach­ver­halt in vor­ge­nann­tem Sin­ne sind al­le Tat­sa­chen zu rech­nen, die bei ei­ner na­tür­li­chen, vom Stand­punkt der Par­tei­en aus­ge­hen­den und den Sach­ver­halt sei­nem We­sen nach er­fas­sen­den Be­trach­tung zu dem zur Ent­schei­dung ge­stell­ten Tat­sa­chen­kom­plex ge­hö­ren, den der Klä­ger zur Stüt­zung sei­nes Rechts­schutz­be­geh­rens dem Ge­richt vor­trägt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 25.10.2012 – IX ZR 207/11, NJW 2013, 540 Rn. 14; Urt. v. 22.10.2013 – XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294 Rn. 15; Urt. v. 14.03.2017 – VI ZR 605/15, VersR 2017, 822 Rn. 17).

[12]   bb) Hier­nach steht die Rechts­kraft des Ur­teils im Vor­pro­zess den in vor­lie­gen­dem Ver­fah­ren erst­mals ge­stell­ten An­trä­gen auf Er­stat­tung der La­ger­kos­ten so­wie auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten – was auch die Re­vi­si­on nicht be­an­stan­det – nicht ent­ge­gen (vgl. Se­nat, Urt. v. 19.11.2003 – VI­II ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 54).

[13]   cc) Glei­ches gilt im Er­geb­nis auch für das im Vor­pro­zess be­reits ver­folg­te Be­geh­ren auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses und Zah­lung vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten, da der vor­lie­gen­den Kla­ge ein an­de­rer Le­bens­sach­ver­halt zu­grun­de liegt.

[14]   (1) Zwar wer­den in­so­weit die­sel­ben An­trä­ge ge­stellt. Al­lein der Um­stand, dass die Klä­ge­rin nun­mehr be­züg­lich bei­der Zah­lungs­an­trä­ge – an­ders als im Vor­pro­zess – Zin­sen erst ab ei­nem spä­te­ren Zeit­punkt ver­langt, be­grün­det kei­nen an­de­ren Streit­ge­gen­stand. Denn die­ser spä­te­re Zins­be­ginn ist als blo­ße zeit­li­che Ein­schrän­kung des Be­geh­rens un­be­acht­lich (vgl. Se­nat, Urt. v. 19.11.2003 – VI­II ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 53).

[15]   (2) Je­doch wer­den die Rechts­schutz­be­geh­ren nun­mehr auf ei­nen an­de­ren Le­bens­sach­ver­halt ge­stützt, so­dass die vor­lie­gen­de Kla­ge im Ver­gleich zum Vor­pro­zess ei­nen an­de­ren Streit­ge­gen­stand hat. Dar­auf hat das Be­ru­fungs­ge­richt zu Recht ab­ge­stellt, so­dass die von der Re­vi­si­on the­ma­ti­sier­te An­sicht des Amts­ge­richts, wo­nach die Kla­ge im Vor­pro­zess le­dig­lich als der­zeit un­be­grün­det ab­ge­wie­sen wor­den sei, un­er­heb­lich ist.

[16]   (a) Der Le­bens­sach­ver­halt, wel­cher der Kla­ge auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses so­wie Zah­lung vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten zu­grun­de liegt, un­ter­schei­det sich von dem­je­ni­gen des Vor­pro­zes­ses da­durch, dass die Klä­ge­rin – durch ih­ren spä­te­ren Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten – nun­mehr ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat­te. Die­se war frucht­los ab­ge­lau­fen, wor­auf­hin die Klä­ge­rin (er­neut) den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klär­te. Der frucht­lo­se Ab­lauf der zur Nach­er­fül­lung ge­setz­ten Frist ist ei­ne neue Tat­sa­che, de­ren Gel­tend­ma­chung die Rechts­kraft­wir­kung des Ur­teils im Vor­pro­zess nicht ent­ge­gen­steht. Denn die Rechts­kraft ei­nes Ur­teils hin­dert, wie all­ge­mein an­er­kannt ist, ei­ne neue ab­wei­chen­de Ent­schei­dung dann nicht, wenn dies durch ei­ne nach­träg­li­che Än­de­rung des Sach­ver­halts ver­an­lasst wird. Da­bei kommt es auch nicht et­wa dar­auf an, ob die neu ein­ge­tre­te­ne Tat­sa­che – vor­lie­gend die (frucht­los ab­ge­lau­fe­ne) Frist zur Nach­er­fül­lung – schon frü­her hät­te her­bei­ge­führt wer­den kön­nen (vgl. BGH, Urt. v. 11.03.1983 – V ZR 287/81, NJW 1984, 126 un­ter II 2 b; Urt. v. 02.03.2000 – IX ZR 285/99, NJW 2000, 2022 un­ter IV 1 m. w. Nachw.).

[17]   (b) Zur Be­grün­dung ih­rer ge­gen­tei­li­gen An­sicht kann die Re­vi­si­on nicht mit Er­folg auf die Rechts­na­tur des Rück­tritts als Ge­stal­tungs­recht (vgl. hier­zu Se­nat, Urt. v. 09.05.2018 – VI­II ZR 26/17, BGHZ 218, 320 Rn. 19; BT-Drs. 14/6040, S. 221, 223) ab­stel­len.

[18]   Zwar ver­weist sie zu­tref­fend dar­auf, dass nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH zur Be­stim­mung der zeit­li­chen Gren­zen der ma­te­ri­el­len Rechts­kraft bei Ge­stal­tungs­rech­ten nicht auf de­ren Aus­übung, son­dern – oh­ne Rück­sicht auf die Kennt­nis des Be­rech­tig­ten – auf den Zeit­punkt ih­res Ent­ste­hens und die ob­jek­ti­ve Be­fug­nis zu ih­rer Aus­übung ab­zu­stel­len ist. Da­her ist et­wa ei­ne nach Schluss der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung des Vor­pro­zes­ses er­klär­te An­fech­tung, die sich auf ei­nen im Zeit­punkt der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung ob­jek­tiv be­reits vor­han­de­nen An­fech­tungs­grund stützt, kei­ne neue Tat­sa­che, die es recht­fer­ti­gen wür­de, die sich aus der An­fech­tung er­ge­ben­den Rechts­fol­gen zum Ge­gen­stand ei­ner neu­en Kla­ge zu ma­chen (vgl. Se­nat, Urt. v. 19.11.2003 – VI­II ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 52 f. m. w. Nachw.).

[19]   Die ob­jek­ti­ve Be­fug­nis zur wirk­sa­men Aus­übung ei­nes Rück­tritts be­steht je­doch erst – von hier nicht vor­lie­gen­den Aus­nah­men ab­ge­se­hen (§ 323 II, § 326 V Halb­satz 2, § 440 BGB) – nach frucht­lo­sem Ab­lauf ei­ner zur Nach­er­fül­lung ge­setz­ten Frist (§ 323 I BGB); erst da­nach ist der Gläu­bi­ger be­rech­tigt, vom Ver­trag zu­rück­zu­tre­ten (vgl. Se­nat, Urt. v. 20.05.2009 – VI­II ZR 247/06, NJW 2009, 2532 Rn. 16). Die­se ob­jek­ti­ven Vor­aus­set­zun­gen la­gen hier zum Zeit­punkt des Schlus­ses der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung im Vor­pro­zess noch nicht vor.

[20]   Denn vor­lie­gend hat die Klä­ge­rin (erst) nach Ab­schluss des Vor­pro­zes­ses ei­ne (wirk­sa­me) Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt. Dies führt zu ei­ner maß­ge­ben­den Än­de­rung des Le­bens­sach­ver­halts, da die Be­klag­te hier­nach die Mög­lich­keit zur Nach­bes­se­rung hat­te und die Klä­ge­rin nur dann wirk­sam vom Ver­trag zu­rück­tre­ten konn­te, wenn die Be­klag­te die­se Mög­lich­keit nicht wahr­nimmt und die Frist oh­ne Ein­tritt des Leis­tungs­er­folgs (vgl. hier­zu Se­nat, Urt. v. 26.08.2020 – VI­II ZR 351/19, ju­ris Rn. 24) ab­läuft. Da­her un­ter­schei­det sich der vor­lie­gen­de Fall – an­ders als die Re­vi­si­on meint – von dem Sach­ver­halt, der dem ge­nann­ten Se­na­tur­teil vom 19.11.2003 – VI­II ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 48 – zu­grun­de lag. Dort wur­de auf Ba­sis des iden­ti­schen Le­bens­sach­ver­halts zu­nächst der Rück­tritt und spä­ter – oh­ne wei­te­re Än­de­rung – die An­fech­tung er­klärt. Al­lein die­se spä­te­re Aus­übung des Ge­stal­tungs­rechts ist kei­ne neue Tat­sa­che für das Rechts­schutz­be­geh­ren ei­nes Klä­gers, aus der sich ein ge­gen­über dem Vor­pro­zess ver­än­der­ter Streit­ge­gen­stand er­gä­be (so Se­nat, Urt. v. 19.11.2003 – VI­II ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 52).

[21]   (d) Zu Un­recht be­grün­det die Re­vi­si­on schließ­lich das Nicht­vor­lie­gen ei­nes neu­en Streit­ge­gen­stands mit fol­gen­der „Kon­troll­über­le­gung“: stell­te sich erst nach Ab­schluss des Vor­pro­zes­ses her­aus, dass ei­ne Nach­er­fül­lung schon nicht mög­lich ge­we­sen sei, wä­re der ers­te Rück­tritt wirk­sam, so­dass al­lei­ne des­halb die Rechts­kraft der Ent­schei­dung im Vor­pro­zess ei­ner neu­en Kla­ge ent­ge­gen­stün­de und sich in­fol­ge ei­ner (nach­träg­li­chen) Frist­set­zung und ei­nes er­neu­ten Rück­tritts kein neu­er Streit­ge­gen­stand er­ge­ben kön­ne. Dies trifft im Er­geb­nis nicht zu. Zwar wä­re in die­sem Fall der ers­te Rück­tritt wirk­sam, des­halb ein Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis ent­stan­den und gin­ge da­her die hier­nach er­folg­te Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung ins Lee­re. Dies führ­te je­doch nicht da­zu, dass ei­ne neue Kla­ge, ge­stützt auf ei­ne neue Rück­tritts­er­klä­rung nach frucht­lo­sem Frist­ab­lauf un­zu­läs­sig wä­re; sie wä­re un­be­grün­det.

[22]   b) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zu Recht ei­nen An­spruch der Klä­ge­rin auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be der Pols­ter­gar­ni­tur aus § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 434 I, 323 I, 346 ff. BGB be­jaht.

[23]   Die Kauf­sa­che war im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs und ist noch im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung (vgl. hier­zu Se­nat, Urt. v. 30.10.2019 – VI­II ZR 69/18, NJW 2020, 389 Rn. 35; Urt. v. 27.05.2020 – VI­II ZR 315/18, NJW 2020, 2879 Rn. 42 f. m. w. Nachw.) – was zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig ist – man­gel­haft (§ 434 I BGB).

[24]   Auch die üb­ri­gen Rück­tritts­vor­aus­set­zun­gen lie­gen nun­mehr vor. Ins­be­son­de­re ist die sei­tens der Klä­ge­rin ge­setz­te Frist zur Nach­er­fül­lung (§ 439 I BGB) frucht­los ab­ge­lau­fen. Der grund­sätz­li­chen Wirk­sam­keit ei­ner Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung steht vor­lie­gend nicht ent­ge­gen, dass die Klä­ge­rin be­reits zu­vor den Rück­tritt er­klärt hat­te. Zwar wä­re ein Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen wir­kungs­los, wenn sich das Ver­trags­ver­hält­nis in­fol­ge ei­nes da­vor er­klär­ten Rück­tritts be­reits in ein Rück­ab­wick­lungs­ver­hält­nis um­ge­wan­delt hät­te, da der Käu­fer dann kei­ne Er­fül­lung mehr ver­lan­gen kann. Dies ist vor­lie­gend je­doch nicht der Fall. Denn ein Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis ent­steht nur bei ei­nem wirk­sa­men Rück­tritt. So­mit schließt die Aus­übung des Rück­tritts­rechts den Leis­tungs­an­spruch erst dann aus, wenn des­sen Vor­aus­set­zun­gen im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung (§ 349 BGB) vor­la­gen (vgl. Se­nat, Urt. v. 14.10.2020 – VI­II ZR 318/19, ju­ris Rn. 25; BT-Drs. 14/6040, S. 140; vgl. auch Se­nat, Urt. v. 09.05.2018 – VI­II ZR 26/17, BGHZ 218, 320 Rn. 24). Dies war be­züg­lich der Rück­tritts­er­klä­rung, auf wel­che die Kla­ge im Vor­pro­zess ge­stützt wur­de, nach den rechts­feh­ler­frei­en und un­an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts – man­gels ord­nungs­ge­mä­ßer Frist­set­zung – nicht der Fall. Da­mit war das Ver­trags­ver­hält­nis der Par­tei­en noch nicht in ein Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis um­ge­stal­tet und konn­te die Klä­ge­rin hier­nach noch zur (Nach-)Er­fül­lung auf­for­dern.

[25]   c) Die Be­klag­te kann sich auch nicht mit Er­folg dar­auf be­ru­fen, die Klä­ge­rin ha­be sich wi­der­sprüch­lich ver­hal­ten, so­dass die Aus­übung des Rück­tritts­rechts da­her ge­gen das Ge­bot von Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) ver­sto­ße.

[26]   aa) Nicht je­der Wi­der­spruch zwi­schen zwei Ver­hal­tens­wei­sen ist als un­zu­läs­si­ge Rechts­aus­übung zu wer­ten. Ein wi­der­sprüch­li­ches Ver­hal­ten (ve­ni­re con­tra fac­tum pro­pri­um) ist nur dann rechts­miss­bräuch­lich i. S. von § 242 BGB, wenn be­son­de­re Um­stän­de die Rechts­aus­übung als treu­wid­rig er­schei­nen las­sen. Ent­schei­dend sind die Um­stän­de des je­wei­li­gen Ein­zel­falls. Wi­der­sprüch­li­ches Ver­hal­ten kann recht­miss­bräuch­lich sein, wenn für den an­de­ren Teil ein Ver­trau­en­stat­be­stand ge­schaf­fen wor­den ist oder wenn an­de­re be­son­de­re Um­stän­de die Rechts­aus­übung als treu­wid­rig er­schei­nen las­sen (vgl. BGH, Urt. v. 17.02.2005 – III ZR 172/04, BGHZ 162, 175, 181; Urt. v. 15.11.2012 – IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 12; Urt. v. 16.07.2014 – IV ZR 73/13, NJW 2014, 2723 Rn. 33; Urt. v. 04.02.2015 – VI­II ZR 154/14, BGHZ 204, 145 Rn. 24; Se­nat, Urt. v. 26.08.2020 – VI­II ZR 351/19, ju­ris Rn. 66). Ei­ne Rechts­aus­übung ist hier­nach un­zu­läs­sig, wenn sich ob­jek­tiv das Ge­samt­bild ei­nes wi­der­sprüch­li­chen Ver­hal­tens er­gibt, weil das frü­he­re Ver­hal­ten mit dem spä­te­ren sach­lich un­ver­ein­bar ist und die In­ter­es­sen der Ge­gen­sei­te im Hin­blick dar­auf vor­ran­gig schutz­wür­dig er­schei­nen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2012 – IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 12; Urt. v. 09.05.2014 – V ZR 305/12, NJW 2014, 2790 Rn. 41; Urt. v. 16.07.2014 – IV ZR 73/13, NJW 2014, 2723 Rn. 33; Urt. v. 10.07.2018 – II ZR 24/17, BGHZ 219, 193 Rn. 32; je­weils m. w. Nachw.). Hier­bei han­delt es sich al­ler­dings um ei­nen en­gen Aus­nah­me­tat­be­stand (BGH, Urt. v. 15.11.2012 – IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 13; Urt. v. 04.02.2015 – VI­II ZR 154/14, BGHZ 204, 145 Rn. 25).

[27]   bb) Die tatrich­ter­li­che Wer­tung, ob ein Ver­hal­ten ei­ne un­zu­läs­si­ge Rechts­aus­übung i. S. des § 242 BGB dar­stellt, un­ter­liegt im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren nur ei­ner ein­ge­schränk­ten Über­prü­fung. Das Re­vi­si­ons­ge­richt prüft le­dig­lich, ob der Tatrich­ter den un­be­stimm­ten Rechts­be­griff des Rechts­miss­brauchs rich­tig er­fasst hat, sei­ne Ent­schei­dung auf ei­ne zu­tref­fen­de und zu­rei­chen­de Tat­sa­chen­grund­la­ge ge­stützt, nicht wi­der­sprüch­lich ge­ur­teilt und nicht ge­gen Denk­ge­set­ze und Er­fah­rungs­sät­ze ver­sto­ßen hat (vgl. BGH, Urt. v. 13.01.2016 – IV ZR 284/13, ju­ris Rn. 19; Urt. v. 07.10.2015 – VI­II ZR 247/14, NJW 2015, 3780 Rn. 25; Urt. v. 16.03.2017 – I ZR 39/15, GRUR 2017, 702 Rn. 99). Ei­ner sol­chen Über­prü­fung hält die Ent­schei­dung des Be­ru­fungs­ge­richts stand.

[28]   cc) Ein schutz­wür­di­ges Ver­trau­en der Be­klag­ten da­hin ge­hend, dass die Klä­ge­rin nach dem rechts­kräf­ti­gen Ab­schluss des Vor­pro­zes­ses den Rück­tritt nicht noch­mals er­klä­ren wer­de, be­stand nicht. Die Klä­ge­rin hat durch ihr bis­he­ri­ges Ver­hal­ten stets deut­lich ge­macht, dass sie die Kauf­sa­che als man­gel­haft an­sieht und den Kauf­ver­trag not­falls rück­gän­gig ma­chen will. Zu­dem wur­de im Vor­pro­zess das Vor­lie­gen von – sei­tens der Be­klag­ten dort be­strit­te­nen – Män­geln der Kauf­sa­che be­wie­sen, so­dass die Be­klag­te da­mit rech­nen muss­te, die Klä­ge­rin wer­de – hier­auf ge­stützt – wei­ter­hin (Ge­währ­leis­tungs-)An­sprü­che gel­tend ma­chen.

[29]   Sons­ti­ge Um­stän­de, die die Rechts­aus­übung als treu­wid­rig er­schei­nen lie­ßen, hat das Be­ru­fungs­ge­richt zu Recht ver­neint. Die Re­vi­si­on weist zwar zu­tref­fend dar­auf hin, dass das Ver­hal­ten der Klä­ge­rin nicht durch­ge­hend kon­sis­tent war. Je­doch ist – wie aus­ge­führt – nicht je­des wi­der­sprüch­li­che Ver­hal­ten rechts­miss­bräuch­lich. Ent­ge­gen der An­sicht der Re­vi­si­on kann der Klä­ge­rin da­her nicht ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den, sie ha­be ei­ne Nach­bes­se­rung zu­vor ab­ge­lehnt und setz­te sich so­mit mit der vor dem hie­si­gen Pro­zess ge­setz­ten Frist zur Nach­er­fül­lung zu dem vor­ma­li­gen Ver­hal­ten in Wi­der­spruch.

[30]   So hat die Klä­ge­rin mit Schrei­ben vom 28.04.2015 ei­ne Frist zur „ver­trags­ge­rech­ten Er­fül­lung“ ge­setzt, was un­ge­ach­tet der Fra­ge der recht­li­chen Re­le­vanz die­ser Auf­for­de­rung zeigt, dass – zu­min­dest pha­sen­wei­se – ei­ne Be­reit­schaft be­stand, die Kauf­sa­che durch die Be­klag­te nach­bes­sern zu las­sen. Die Be­klag­te kann der Klä­ge­rin auch nicht ent­ge­gen­hal­ten, die Frist­set­zung zur Nach­bes­se­rung sei „nur vor­ge­scho­ben“, da die­se be­reits ei­ne an­de­re Pols­ter­gar­ni­tur an­ge­schafft und der Sa­che nach kein In­ter­es­se an ei­ner Nach­bes­se­rung ge­habt ha­be. Dies än­dert nichts an der Wirk­sam­keit der Frist­set­zung, in­fol­ge de­rer die Be­klag­te die Mög­lich­keit hat­te, die im Vor­pro­zess fest­ge­stell­ten Män­gel, zu de­ren kon­kre­ter Be­sei­ti­gungs­mög­lich­keit der Sach­ver­stän­di­ge eben­falls An­ga­ben ge­macht hat­te, nun­mehr zu be­he­ben.

[31]   Der Vor­trag der Be­klag­ten – den das Be­ru­fungs­ge­richt nach Auf­fas­sung der Re­vi­si­on nicht be­ach­tet ha­be –, wo­nach die Klä­ge­rin im Vor­pro­zess auch nach durch­ge­führ­ter Be­weis­auf­nah­me, der Vor­la­ge des Gut­ach­tens und der Ein­ho­lung ei­nes Er­gän­zungs­gut­ach­tens „noch im Ver­hand­lungs­saal“ ei­nen Aus­tausch der Rol­len und Fü­ße ab­ge­lehnt ha­be, deckt sich – un­ge­ach­tet der recht­li­chen Re­le­vanz – nicht mit dem Ver­fah­rens­ab­lauf, da nach Ein­ho­lung des Er­gän­zungs­gut­ach­tens ein Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung nicht mehr statt­ge­fun­den hat. Die Par­tei­en hat­ten be­reits zu­vor ei­ner „Über­lei­tung ins schrift­li­che Ver­fah­ren ge­mäß § 128 II ZPO“ zu­ge­stimmt.

[32]   d) Der Klä­ge­rin steht auch ein An­spruch auf Er­satz der Kos­ten für die Ein­la­ge­rung der Pols­ter­gar­ni­tur für den (ein­ge­klag­ten) Zeit­raum nach dem nun­mehr er­klär­ten Rück­tritt (12.09.2017 bis zum 30.11.2017) zu.

[33]   Es kann of­fen­blei­ben, ob ein sol­cher An­spruch – was das Be­ru­fungs­ge­richt be­zug­neh­mend auf die Aus­füh­run­gen des Amts­ge­richts an­ge­nom­men hat – vor­lie­gend aus § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 434 I, 325, 280 I, II, 286 I BGB folgt, weil die Be­klag­te mit der Rück­nah­me der Pols­ter­gar­ni­tur in (Schuld­ner-)Ver­zug war. Je­den­falls hat die Klä­ge­rin nach er­klär­tem Rück­tritt die Pols­ter­gar­ni­tur der Be­klag­ten in ei­ner den An­nah­me­ver­zug be­grün­den­den Wei­se an­ge­bo­ten (§ 295 Satz 1 BGB), so­dass der An­spruch aus § 304 BGB folgt. Hier­nach ist der sich im An­nah­me­ver­zug be­find­li­che Gläu­bi­ger auch zum Er­satz der ob­jek­tiv er­for­der­li­chen La­ger­kos­ten des Schuld­ners ver­pflich­tet (vgl. hier­zu Se­nat, Urt. v. 14.02.1996 – VI­II ZR 185/94, NJW 1996, 1464 un­ter 1 b aa; Stau­din­ger/​Feld­mann, BGB, Neu­be­arb. 2019, § 304 Rn. 5; MünchKomm-BGB/​Ernst, 8. Aufl., § 304 Rn. 2).

[34]   Nach Vor­ste­hen­dem kann die Klä­ge­rin auch die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten be­an­spru­chen.

[35]   e) Schließ­lich be­steht ein An­spruch auf Zah­lung der vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­nen Rechts­an­walts­kos­ten (§§ 280 I, 249 I BGB). Ent­ge­gen der An­sicht der Re­vi­si­on fehlt es in­so­weit auch nicht an der Kau­sa­li­tät zwi­schen der Pflicht­ver­let­zung (in Form der Lie­fe­rung ei­ner man­gel­haf­ten Sa­che) und dem Scha­den, da die Klä­ge­rin aus­weis­lich der Kla­ge­schrift die au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten ih­res jet­zi­gen Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten für des­sen Tä­tig­keit – ins­be­son­de­re die Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung – und nicht die­je­ni­gen Kos­ten gel­tend macht, die durch die Be­auf­tra­gung des da­ma­li­gen Be­voll­mäch­tig­ten im Vor­feld des Vor­pro­zes­ses ent­stan­den wa­ren.

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