1. Der Ver­käu­fer ei­nes Kraft­fahr­zeugs – hier: ei­nes seit sechs Mo­na­ten zu­ge­las­se­nen Vor­führ­wa­gens mit ei­nem Kil­mo­ter­stand von 700 – muss ei­nem po­ten­zi­el­len Käu­fer un­ge­fragt sol­che ihm be­kann­te oder für mög­li­che ge­hal­te­ne Um­stän­de of­fen­ba­ren, die für den Kauf­ent­schluss ei­nes ver­stän­di­gen Käu­fers von we­sent­li­cher Be­deu­tung sind. Dass bei dem zum Kauf an­ge­bo­te­nen Fahr­zeug der Mo­tor­block aus­ge­tauscht wur­de, ist ein sol­cher für je­den ver­stän­di­gen Käu­fer maß­geb­li­cher Um­stand. Das gilt un­ab­hän­gig da­von, ob es um ei­nen Neu- oder um ei­nen Ge­braucht­wa­gen geht, und es gilt im Be­son­de­ren, wenn der Mo­tor­block be­reits bei ei­ner ge­rin­gen Lauf­leis­tung (hier: 350 km) aus­ge­tauscht wer­den muss­te.
  2. Der Ver­kauf ei­nes Kraft­fahr­zeugs ge­hört re­gel­mä­ßig zur ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB, so­dass Um­stän­de, die sich ne­ga­tiv auf die Ver­käuf­lich­keit des Fahr­zeugs aus­wir­ken (hier: ein Aus­tausch des Mo­tor­blocks bei ei­ner Lauf­leis­tung von 350 km), ei­nen Sach­man­gel im Sin­ne die­ser Vor­schrift be­grün­den.

AG An­der­nach, Ur­teil vom 23.12.2020 – 69 C 379/19

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von der Be­klag­ten im No­vem­ber 2017 für 34.000 € ei­nen Pkw Hy­un­dai Tuc­son 2.0 CR­Di. Die­ses im Mai 2017 erst­zu­ge­las­se­ne Fahr­zeug war von der Be­klag­ten, die ein Au­to­haus be­treibt, als Vor­führ­wa­gen ge­nutzt wor­den; es wies sei­ner­zeit ei­ne Ki­lo­me­ter­stand von 700 auf.

Im Früh­jahr 2018 war der Mo­tor des Pkw, des­sen Ki­lo­me­ter­stand zu die­sem Zeit­punkt 18.000 be­trug, de­fekt. auf. Die Be­klag­te bau­te im We­ge der Nach­bes­se­rung (§ 439 I Fall 1 BGB) ei­nen Aus­tausch­mo­tor in das Fahr­zeug ein.

In der Fol­ge­zeit such­te der Klä­ger mit sei­nem Fahr­zeug we­gen ei­nes an­de­ren Pro­blems ein an­de­res Au­to­haus auf. Dort wur­de fest­ge­stellt, dass der Mo­tor des Hy­un­dai Tuc­son 2.0 CR­Di vor Ab­schluss des hier in­ter­es­sie­ren­den Kauf­ver­trags schon ein­mal aus­ge­tauscht wor­den war, und zwar bei ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 350. Dies hat­te die Be­klag­te dem Klä­ger bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht mit­ge­teilt.

Mit Schrei­ben vom 22.01.2019 for­der­te der an­walt­lich ver­tre­te­ne Klä­ger die Be­klag­te zur Nach­er­fül­lung auf und setz­te ihr da­für ei­ne Frist bis zum 06.02.2019. Die Be­klag­te lehn­te ei­ne Nach­er­fül­lung ab. Der Klä­ger er­klär­te des­halb mit Schrei­ben vom 18.02.2019 die Min­de­rung des Kauf­prei­ses und for­der­te die Be­klag­te auf, den Min­de­rungs­be­trag von 1.200 € bis zum 28.02.2019 an ihn zu­rück­zu­zah­len. Auch dies lehn­te die Be­klag­te ab.

Der Klä­ger hat von der Be­klag­ten mit sei­ner Kla­ge – je­weils nebst Zin­sen – die Zah­lung von 1.200 € so­wie den Er­satz vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 201,71 € ver­langt. Er hat gel­tend ge­macht, dass die Be­klag­te ihm hät­te of­fen­ba­ren müs­sen, dass vor Ab­schluss des hier in­ter­es­sie­ren­den Kauf­ver­trags der Mo­tor des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw aus­ge­tauscht wur­de. In­fol­ge des Aus­tauschs sei­en Schraub­ver­bin­dun­gen etc. nicht mehr in ori­gi­na­lem Zu­stand, und bei ei­ner Wei­ter­ver­äu­ße­rung des Fahr­zeugs wir­ke sich die Er­klä­rung, dass der Pkw mit ei­nem Aus­tausch­mo­tor aus­ge­stat­tet sei, ne­ga­tiv auf den Kauf­preis aus. Er, der Klä­ger, hät­te das Fahr­zeug nicht ge­kauft, wenn er von dem Mo­tor­aus­tausch ge­wusst hät­te. Je­den­falls sei ei­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses um 1.200 € an­ge­mes­sen.

Die Be­klag­te hat ein­ge­wandt, dass vor Ab­schluss des mit dem Klä­ger ein­ge­gan­ge­nen Kauf­ver­trags nicht le­dig­lich ein Aus­tausch­mo­tor, son­dern viel­mehr ein völ­lig neu­er Mo­tor­block in den Pkw ein­ge­baut wor­den sei. Die­ser sei qua­li­ta­tiv völ­lig iden­tisch mit dem Mo­tor ei­nes fa­brik­neu­en Fahr­zeugs, so­dass ein Sach­man­gel nicht vor­lie­ge. Der Pkw sei dem­zu­fol­ge auch nicht we­ni­ger wert. Ei­ne Of­fen­ba­rungs­pflicht ha­be sie, die Be­klag­te, nicht ge­trof­fen, zu­mal sie dem Klä­ger ei­nen Händ­ler­nach­las­ses in Hö­he von rund 10.000 € ge­währt und so­mit der Klä­ger „ein Schnäpp­chen ge­macht“ ha­be.

Die Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Zah­lung von 1 200 € ge­mäß § 437 Nr. 2 Fall 2, §§  441 I, III, IV, 323 I, 346 I BGB bzw. ge­mäß §§ 280 I, 241 II BGB.

Die Be­klag­te hat ih­re ver­trag­li­chen Auf­klä­rungs- und In­for­ma­ti­ons­pflich­ten ver­letzt, in­dem sie den Klä­ger vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht dar­über in­for­mier­te, dass der Mo­tor­block des Fahr­zeugs bei ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 350 aus­ge­tauscht wor­den ist. Der Klä­ger hat we­gen der Man­gel­haf­tig­keit des Pkw ein Min­de­rungs­recht, so­weit an dem Fahr­zeug in­fol­ge des Aus­tauschs des Mo­tor­blocks ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert ent­stan­den ist.

Der Be­klag­ten ob­lag hin­sicht­lich des Kauf­ver­trags­ab­schlus­ses die Ne­ben­pflicht, den Klä­ger dar­über auf­zu­klä­ren, dass der Mo­tor­block des Pkw bei ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 350 aus­ge­tauscht wur­de.

Der Ver­käu­fer muss Um­stän­de, die für den Ent­schluss ei­nes ver­stän­di­gen Käu­fers von we­sent­li­cher Be­deu­tung sind, von sich aus of­fen­ba­ren, wenn er sie selbst kennt oder für mög­lich hält (BGH, Urt. v. 07.03.2003 – V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990; Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, NJW 2012, 2793 Rn. 10; Pa­landt/​Wei­den­kaff, BGB, 79. Aufl. [2020], § 433 Rn. 23). Der Käu­fer ist auf die In­for­ma­tio­nen des Ver­käu­fers an­ge­wie­sen. Die Kennt­nis des Ver­käu­fers ist in der Re­gel die ein­zi­ge In­for­ma­tio­nen­quel­le, die dem Käu­fer Auf­schluss über Zu­stand und Be­schaf­fen­heit des Kauf­ge­gen­stands ge­ben kann.

Der Aus­tausch des Mo­tor­blocks ist ei­ne für je­den ver­stän­di­gen Käu­fer maß­geb­li­che In­for­ma­ti­on beim Ab­schluss ei­nes Pkw-Kauf­ver­trags. Dies gilt un­ab­hän­gig da­von, ob der Pkw neu oder ge­braucht ist. Der Mo­tor ist ei­nes der we­sent­lichs­ten Tei­le an ei­nem Kraft­fahr­zeug. Er ist nicht nur An­triebs­ma­schi­ne; mit ihm hän­gen vie­le wei­te­re wich­ti­ge Kom­po­nen­ten, zum Bei­spiel Zy­lin­der­kopf und Öl­wan­ne, zu­sam­men. Der Aus­tausch des Mo­tor­blocks er­folgt nicht oh­ne Grund, so­dass dies für ei­nen po­ten­zi­el­len Käu­fer maß­geb­li­ches Kri­te­ri­um sein kann, um ein­zu­schät­zen, wel­che Ri­si­ken mit dem Er­werb die­ses Fahr­zeugs ver­bun­den sind. Für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug gilt dies im Be­son­de­ren, so­weit der Aus­tausch bei ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von le­dig­lich 350 er­folg­te und der Pkw zu die­sem Zeit­punkt noch kei­ne sechs Mo­na­te zu­ge­las­sen war.

Da die Be­klag­te den Mo­tor­block selbst ge­tauscht hat, wuss­te sie um die­sen Um­stand. Sie hät­te den Klä­ger vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags über den vor­ge­nom­me­nen Aus­tausch in­for­mie­ren müs­sen. Dass sie dies un­ter­ließ, hat sie zu ver­tre­ten (§ 280 I 2 BGB).

So­weit die Be­klag­te dem ent­geg­net, Aus­bau, Zer­le­gung und Wie­der­ein­bau des Mo­tors sei ein Vor­gang, der auch im Her­stel­ler­werk im Rah­men der Qua­li­täts­kon­trol­le und Nach­ar­beit er­fol­ge und kei­ne Hin­weis­pflicht be­grün­de, ist dies mit dem Aus­tausch im We­ge der Re­pa­ra­tur nicht ver­gleich­bar. Auch wenn die Ar­beits­wei­se in­so­weit iden­tisch ist und der Aus­tausch durch ei­ne qua­li­fi­zier­te Fach­werk­statt er­folgt, ist der Grund von Aus- und Ein­bau ein we­sent­lich an­de­rer. Bei Aus­tausch nach Fahr­zeug­zu­las­sung und -nut­zung muss es ei­nen An­lass bzw. Be­gleit­um­stän­de ge­ge­ben ha­ben, die den Mo­tor ha­ben aus­fal­len las­sen. Die­se müs­sen der­art er­heb­lich ge­we­sen sein, dass die blo­ße Re­pa­ra­tur nicht aus­reich­te. Die­ses dem Pkw so­mit in­ne­woh­nen­de – wenn auch ge­fühl­te – Ri­si­ko, recht­fer­tigt ei­ne ei­gen­stän­di­ge Of­fen­ba­rungs­pflicht.

Der Aus­tausch des Mo­tor­blocks hat ei­nen mer­kan­ti­len Min­der­wert des Pkw zur Fol­ge, wel­cher ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB be­grün­det.

Ei­ne Sa­che ist ge­mäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB man­gel­be­haf­tet, wenn sie sich nicht für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und1Wenn man – wie das AG An­der­nach – die in § 434 I 2 Nr. 2 BGB ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen ne­ga­tiv for­mu­liert, muss es hier „oder“ hei­ßen. Denn die in der Vor­schrift ge­nann­ten Merk­ma­le (Ver­wen­dungs­eig­nung und üb­li­che Be­schaf­fen­heit) müs­sen ku­mu­la­tiv vor­lie­gen, da­mit die Sa­che frei von Sach­män­geln ist (s. nur BGH, Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17 Rn. 23 m. w. Nachw.). ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art un­üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che nicht zu er­war­ten ver­mag. Nicht nur der tech­ni­sche, auch der mer­kan­ti­le Min­der­wert des Kauf­ge­gen­stands kann ei­nen Sach­man­gel dar­stel­len: Ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert liegt vor, wenn nach er­folg­ter Män­gel­be­sei­ti­gung ei­ne ver­rin­ger­te Ver­wert­bar­keit ge­ge­ben ist, weil die maß­geb­li­chen Ver­kehrs­krei­se ein im Ver­gleich zur ver­trags­ge­mä­ßen Aus­füh­rung ge­rin­ge­res Ver­trau­en in die Qua­li­tät des Ge­gen­stands ha­ben (BGH, Urt. v. 06.12.2012 – VII ZR 84/10, NJW 2013, 525 Rn. 13 m. w. Nachw.). Der Ver­kauf ge­hört re­gel­mä­ßig zur ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung, so­dass Um­stän­de, die sich ne­ga­tiv auf die Ver­käuf­lich­keit aus­wir­ken, eben­falls ei­ne Ab­wei­chung des Ist­zu­stands vom Soll­zu­stand zu­las­ten des Käu­fers dar­stel­len (BGH, Urt. v. 14.01.1971 – VII ZR 3/69, NJW 1971, 615; Urt. v. 06.12.2012 – VII ZR 84/10, NJW 2013, 525 Rn. 17 ff.).

Der Sach­ver­stän­di­ge hat in sei­nem Gut­ach­ten ei­nen mer­kan­ti­len Min­der­wert in­fol­ge des Aus­tauschs be­jaht. Er er­läu­tert, bei dem Mo­tor­block han­de­le es sich nicht um den ge­sam­ten Mo­tor. Im Ge­gen­satz zum Aus­tausch­mo­tor wür­den bei Aus­tausch des rei­nen Mo­tor­blocks in der An­zahl er­heb­lich mehr Schraub­ver­bin­dun­gen ge­löst und Bau­tei­le de­mon­tiert und mon­tiert, als dies bei kom­plet­ter Er­neue­rung des Mo­tors der Fall wä­re. Durch den Um­stand, dass ein po­ten­zi­el­ler Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens den Grund nicht ken­ne, war­um der Mo­tor­block er­neu­ert wor­den sei, so­wie auch durch die Un­kennt­nis über den Zu­stand der um­lie­gen­den Bau­tei­le, ob die­se even­tu­ell auch be­gin­nend be­schä­digt sei­en, was sich erst im spä­te­ren Zeit­ver­lauf zei­gen kön­ne, ver­blei­be ein ge­wis­ses Miss­trau­en ge­gen­über ei­ner sol­chen Re­pa­ra­tur­maß­nah­me. Auch die Fra­ge, ob das Zer­le­gen und Zu­sam­men­fü­gen des Mo­tors hand­werk­lich sach- und fach­ge­recht er­folgt sei, sei für ei­nen Lai­en als Käu­fer nicht zu über­schau­en. Dies füh­re in Ge­samt­heit zu ei­nem ge­wis­sen Miss­trau­en und da­mit zu ei­ner Käu­fer­zu­rück­hal­tung ge­gen­über ei­nem sol­chen Fahr­zeug, wel­che sich dann nur über ei­ne Kauf­preis­min­de­rung (mer­kan­ti­ler Min­der­wert) kom­pen­sie­ren las­se. De­ment­ge­gen sei auch zu be­rück­sich­ti­gen, dass der Fahr­zeug­her­stel­ler für das Fahr­zeug ei­ne fünf­jäh­ri­ge Ga­ran­tie ge­wäh­re und sich ein even­tu­el­les Ri­si­ko für die ge­tä­tig­ten Maß­nah­men nach re­la­tiv kur­zer Zeit ver­wirk­li­chen wür­de, so­dass dies – wenn die Re­pa­ra­tur von ei­ner vom Her­stel­ler au­to­ri­sier­ten Werk­statt durch­ge­führt wor­den sei – ei­ne Kauf­preis­zu­rück­hal­tung zum Teil ent­kräf­te und die Hö­he der mer­kan­ti­len Wert­min­de­rung re­du­zie­re. Das Ge­richt folgt den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen, die von Sach­kun­de ge­tra­gen sind. Die Be­weis­fra­gen hat der Sach­ver­stän­de prä­zi­se be­ant­wor­tet. Er hat ei­ne Zu­rück­hal­tung po­ten­zi­el­ler Käu­fer und den da­durch zu er­war­ten­den Kauf­preis­ab­schlag schlüs­sig und nach­voll­zieh­bar dar­ge­stellt.

Die Be­klag­te wen­det ein, al­lei­ne mit ei­nem Miss­trau­en in Be­zug auf ei­ne hand­werk­lich fach­ge­rech­te Aus­füh­rung sei ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert nicht zu be­grün­den. Die Er­neue­rung des Mo­tor­blocks sei in ih­rem Hau­se, ei­ner qua­li­fi­zier­ten Fach­werk­statt, er­folgt, da­her sei von ei­ner sach- und fach­ge­rech­ten Re­pa­ra­tur aus­zu­ge­hen. Die ord­nungs­ge­mä­ße Durch­füh­rung des Aus­tauschs hat der Sach­ver­stän­di­ge nicht be­strit­ten. Ein tech­ni­scher Min­der­wert sei nicht an­zu­neh­men. Es sei nicht zu be­ur­tei­len, ob im kon­kre­ten Fall die Halt­bar­keit des Fahr­zeugs bzw. des­sen Mo­tors be­ein­träch­tigt sei, da die je­wei­li­gen An­läs­se und Be­gleit­um­stän­de der Mo­tor­aus­fäl­le so­wie die Scha­dens- und Re­pa­ra­tur­um­fän­ge nicht be­kannt sei­en. Er er­klär­te zu­dem zu wis­sen, dass die Be­klag­te qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Ar­bei­ten vor­neh­me. Die Ein­schät­zung des Sach­ver­stän­di­gen be­ruht mit­hin nicht dar­auf, dass der Aus­tausch nicht fach­ge­recht vor­ge­nom­men wor­den sei. Viel­mehr sei es die Un­wis­sen­heit po­ten­zi­el­ler Käu­fer, die ei­ne Zu­rück­hal­tung be­grün­de. Es sei das feh­len­de Be­ur­tei­lungs­ver­mö­gen ei­nes Lai­en, der die Qua­li­tät der Aus­füh­rung nicht ein­schät­zen kön­ne und da­her zö­ger­lich sei. Zu­dem ist es der dem Aus­tausch zu­grun­de lie­gen­de Um­stand, auf den der Sach­ver­stän­di­ge die Käu­fer­zu­rück­hal­tung stützt. Es muss ei­nen Grund ge­ge­ben ha­ben, der den Aus­tausch er­for­der­lich mach­te, und die­ser Grund – ob be­ho­ben oder nicht – ist es, der mög­li­cher­wei­se die Ab­stand­nah­me vom Ver­trags­schluss, je­den­falls aber die Re­du­zie­rung des Kauf­prei­ses zur Fol­ge hat. In lai­en­haf­ten Wor­ten: „Wo ein­mal ein Feh­ler war, ent­steht eher wie­der ei­ner als dort, wo noch kei­ner ge­we­sen ist.“ oder „Wo be­reits ein Feh­ler war, sind wo­mög­lich auch noch wei­te­re.“

Der mer­kan­ti­le Min­der­wert ist mit ei­nem Be­trag von 1.200 € zu be­mes­sen. Der Klä­ger hat in die­ser Hö­he ei­nen Scha­den er­lit­ten. Der ge­min­der­te Kauf­preis be­trägt 32.800 €.

Bei der Min­de­rung ist der Kauf­preis in dem Ver­hält­nis her­ab­zu­set­zen, in wel­chem zur Zeit des Vor­trags­schlus­ses der Wert der Sa­che in man­gel­frei­em Zu­stand zu dem wirk­li­chen Wert ge­stan­den ha­ben wür­de. Die Min­de­rung ist, so­weit er­for­der­lich, durch Schät­zung zu er­mit­teln (§ 441 III BGB). Ist un­ter den Par­tei­en strei­tig, ob ein Scha­den ent­stan­den ist und wie hoch sich der Scha­den oder ein zu er­set­zen­des In­ter­es­se be­lau­fe, so ent­schei­det hier­über das Ge­richt un­ter Wür­di­gung al­ler Um­stän­de nach frei­er Über­zeu­gung (§ 287 I 1 ZPO). Im Rah­men des § 287 I ZPO schätzt das Ge­richt die Scha­dens­hö­he, wo­bei in Kauf ge­nom­men wird, dass das Er­geb­nis un­ter Um­stän­den mit der Wirk­lich­keit nicht über­ein­stimmt (BGH, Urt. v. 16.12.1963 – III ZR 47/63, NJW 1964, 589).

Un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler dem Ge­richt zur Be­mes­sung zur Ver­fü­gung ste­hen­den Tat­sa­chen er­ach­tet das Ge­richt ei­nen Min­de­rungs­be­trag von 1.200 € für an­ge­mes­sen.

Der Sach­ver­stän­di­ge er­mit­tel­te den Wie­der­be­schaf­fungs­wert des Pkw zum Stich­tag 02.11.2017 mit ei­nem bun­des­wei­ten Durch­schnitts­wert in Hö­he von 33.792,85 €. Aus tech­ni­scher Sicht las­se sich dar­stel­len, dass der Kauf­preis in Hö­he von 34.000 € für ein Fahr­zeug, des­sen Mo­tor­block nicht ge­tauscht wor­den ist, markt­kon­form ge­we­sen sei. In­fol­ge des Um­stands, dass das Fahr­zeug ei­nen Aus­tausch­block er­hal­ten ha­be, sei der tat­säch­li­che Wert zum Zeit­punkt des Kaufs auf 32.800 € zu schät­zen. Ei­ne Min­de­rung von 1.200 €, mit­hin 3,5 % des Kauf­prei­ses, sei tech­nisch nicht zu be­an­stan­den.

Zu­tref­fend ent­hält das Gut­ach­ten kei­ne ver­gleich­ba­re Dar­stel­lung von Prei­sen, die Kun­den für ei­nen Pkw mit und oh­ne aus­ge­tausch­tem Mo­tor­block zah­len wür­den. Dies macht die Fest­stel­lung je­doch nicht un­plau­si­bel. Der Min­der­wert kann, da er maß­geb­lich auf ei­nem in den Ge­dan­ken des Kun­den be­rück­sich­tig­tem Miss­trau­en fußt, nur ge­schätzt wer­den. Der in­so­weit ge­bo­te­nen Schät­zung ei­nes Min­dest­scha­dens steht es nicht ent­ge­gen, dass der Min­der­wert vom Sach­ver­stän­di­gen nicht mit ma­the­ma­ti­scher Ge­nau­ig­keit be­zeich­net wer­den kann (BGH, Urt. v. 06.12.2012 – VII ZR 84/10, NJW 2013, 525 Rn. 25).

Der Sach­ver­stän­di­ge hat im Zu­ge der münd­li­chen Er­läu­te­rung dar­ge­stellt, wie ei­ne Markt­ana­ly­se funk­tio­niert. Ei­ne Markt­ana­ly­se er­stre­cke sich auf den ge­sam­ten Markt, mit­hin so­wohl bes­ser wie auch schlech­ter aus­ge­stat­te­te Pkw. Bei Ge­braucht­wa­gen sei ein glei­ches Fahr­zeug nie zu fin­den, im­mer nur ähn­li­che Fahr­zeu­ge. Im obe­ren Be­reich des un­te­ren Drit­tels lie­ge in der Re­gel die Nach­fra­ge des Mark­tes. Dies ent­sprä­che je­doch nicht dem tat­säch­li­chen Kauf­preis, son­dern dem An­ge­bots­preis, der dann noch der Ver­hand­lung of­fen­ste­he. Der Kun­de zah­le in der Re­gel nicht den Preis, der auf dem Ver­kaufs­schild ste­he. Ra­bat­te sei­en der Re­gel­fall. Der tat­säch­li­che Kauf­preis lie­ge in der Re­gel fünf bis zehn Pro­zent un­ter dem an­non­cier­ten Preis. Ob und wie sich ein be­stimm­tes Merk­mal ei­nes Pkw im ein­zel­nen Ver­kaufs­ge­spräch aus­wir­ke, sei ab­hän­gig vom Ge­schmack und per­sön­li­chen Emp­fin­den des je­wei­li­gen Kun­den. Der Sach­ver­stän­di­ge er­läu­ter­te dies an­hand des Merk­mals „Le­der­aus­stat­tung“.

Dar­aus lässt sich für den vor­lie­gen­den Fall ab­lei­ten, dass ein für je­den Fall an­zu­set­zen­der Be­trag nicht fest­zu­le­gen ist. Wie sich der Um­stand, dass bei ei­nem nied­ri­gen Ki­lo­me­ter­stand be­reits ein Aus­tausch des Mo­tor­blocks er­for­der­lich war, im Ein­zel­nen auf die Ver­käuf­lich­keit aus­wirkt, hängt maß­geb­lich vom je­wei­li­gen po­ten­zi­el­len Käu­fer ab. Die­se sub­jek­tiv ge­präg­te La­ge lässt sich nicht in Gän­ze ob­jek­ti­vie­ren. Den­noch ist in­so­weit zu be­rück­sich­ti­gen, dass al­lei­ne der Wert ei­nes neu­en Mo­tors für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug oh­ne Aus-/​Ein­bau­kos­ten, wie aus der Rech­nung vom 28.05.2018 er­sicht­lich, mehr als 11.000 € be­trägt und so­mit fast ei­nem Drit­tel des Ge­samt­fahr­zeug­prei­ses ent­spricht. Be­trach­tet man zu­dem die Lis­te von Tei­len, die im Zu­ge des zwei­ten Aus­tauschs eben­falls er­neu­ert wur­den, so er­gibt sich ein Er­satz­teil­preis von rund 14.500 €. Im Ver­hält­nis zum Ver­kaufs­preis er­klärt sich der Um­fang ei­ner der­ar­ti­gen Maß­nah­me und das dar­auf zu­rück­zu­füh­ren­de Miss­trau­en.

So­weit die Be­klag­te dar­auf ver­weist, der Klä­ger ha­be in­fol­ge ei­nes Händ­ler­nach­las­ses von rund 10.000 € ein Schnäpp­chen ge­macht, ist die­ser ho­he Nach­lass maß­geb­lich dar­auf zu­rück­zu­füh­ren, dass der Klä­ger ei­nen Vor­führ­wa­gen kauf­te.

In Be­zug auf den Wie­der­be­schaf­fungs­wert des Pkw zum Stich­tag 02.11.2017 war nicht der vom Sach­ver­stän­di­gen im We­ge des Er­gän­zungs­gut­ach­tens für den re­gio­na­len Markt er­mit­tel­te Wert, son­dern der bun­des­wei­te Durch­schnitt zu­grun­de zu le­gen. Der Sach­ver­stän­di­ge hat für das Ge­richt über­zeu­gend dar­ge­legt, dass es ei­nen re­gio­na­len Markt, wie es ihn frü­her ge­ge­ben ha­be, heu­te nicht mehr gibt, so­dass die­ser nicht als ob­jek­ti­ve Be­ur­tei­lungs­grund­la­ge für den vor­lie­gen­den Fall die­nen kann. Die Gren­zen sei­en schwim­mend. In­fol­ge der Di­gi­ta­li­sie­rung und er­höh­ten Mo­bi­li­tät sei ei­ne Be­schrän­kung auf lo­ka­le Händ­ler na­he­zu nicht mehr vor­han­den. Das En­de der Kfz-Su­che be­deu­te das En­de der Tas­ta­tur. Im Zwei­fel wür­den In­ter­net­an­ge­bo­te dem re­gio­na­len Händ­ler vor­ge­legt und auf die­ser Grund­la­ge ver­han­delt.

An­sprü­che auf die gel­tend ge­mach­ten Ne­ben­for­de­run­gen ste­hen dem Klä­ger aus §§ 280 I, II, 286 BGB so­wie §§ 288 I, 291 BGB zu. Zur Be­glei­chung des ein­ge­for­der­ten Be­trags wur­de die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 18.02.2019 er­folg­los un­ter Frist­set­zung bis zum 28.02.2019 auf­ge­for­dert. Die Be­klag­te be­fin­det sich be­züg­lich der Haupt­for­de­rung mit­hin seit dem 01.03.2019 in Ver­zug. Die Kla­ge­schrift wur­de der Be­klag­ten am 08.07.2019 zu­ge­stellt. Hin­sicht­lich der au­ßer­ge­richt­li­chen An­walts­ge­büh­ren be­fin­det sich die Be­klag­te so­mit seit dem 09.07.2019 in Ver­zug.

Die Hö­he der An­sprü­che folgt aus § 288 I 2 BGB und §§ 13, 14 RVG i. V. mit Nrn. 2300, 7002, 7008 VV RVG. Die Rechts­an­walts­ge­büh­ren er­rech­nen sich aus ei­ner 1,3-fa­chen Ge­bühr nebst Aus­la­gen­pau­scha­le und ge­setz­li­cher Um­satz­steu­er aus ei­nem Ge­gen­stands­wert von 1.200 €. …

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