- Eine vorformulierte Klausel, nach der es dem Garantienehmer bei einer Gebrauchtwagengarantie pauschal untersagt ist, das Fahrzeug nach dem Eintritt eines Schadensfalls ohne schriftliche Weisung des Garantiegebers (weiter) zu bewegen und den Fahrzeugzustand zu verändern, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Garantienehmers gemäß § 307 I 1 BGB unwirksam. Denn es wäre dem Garantienehmer ohne schriftliche Weisung des Garantienehmers nicht einmal möglich, sein beschädigtes Fahrzeug in eine Werkstatt zu bringen und dort feststellen zu lassen, ob überhaupt ein Garantiefall vorliegt.
- Eine vorformulierte Klausel, nach der Ansprüche aus einer gegen Entgelt gewährten Gebrauchtwagengarantie davon abhängen, dass der Garantienehmer alle sechs Monate einen Motorölwechsel durchführt und dabei ein ausschließlich beim Garantiegeber erhältiches, vom Fahrzeughersteller nicht empfohlenes Mittel („Longlife Garant N5“) verwendet, dessen Inhaltsstoffe sich weder aus dem Garantievertrag noch aus den Garantiebedingungen ergeben, wird gemäß § 305c I BGB schon nicht Bestandteil des Garantievertrags. Jedenfalls aber ist eine solche Klausel wegen unangemessener Benachteiligung des Garantienehmers gemäß § 307 I 1 BGB unwirksam.
- Eine vorformulierte Klausel, nach der Ansprüche aus einer gegen Entgelt gewährten Gebrauchtwagengarantie davon abhängen, dass beim Fahrzeug des Garantienehmers – deutlich über die Herstellervorgaben hinaus – alle sechs Monate sämtliche von der der Garantie umfassten Baugruppen auf Undichtigkeiten und Schäden überprüft und der Kühlwasserstand, der Getriebeölstand sowie der Differenzialölstand kontrolliert werden, ist so ungewöhnlich, dass der Garantienehmer damit ohne jeden Hinweis im Garantievertrag selbst nicht zu rechnen braucht. Die Klausel wird deshalb gemäß § 305c I BGB nicht Bestandteil des Grantievertrags.
- Ein Garantiegeber, der geltend macht, er sei leistungsfrei, weil der Garantienehmer gegen die Garantiebedingungen verstoßen habe, muss einen Verstoß des Garantienehmers gegen die Garantiebedingungen darlegen und gegebenenfalls beweisen. Es ist nicht Sache des Garantienehmers darzulegen, dass er nicht gegen die Garantiebedingungen versoßen habe.
AG Hannover, Urteil vom 06.10.2020 – 558 C 9324/19
Sachverhalt: Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Gebrauchtwagengarantie in Anspruch.
Er erwarb am 12.07.2017 von einem Kraftfahrzeughändler einen gebrauchten Opel Zafira und schloss am 13.07.2017 mit der Beklagten einen Garantievertrag bezüglich dieses Fahrzeugs. In der Garantievereinbarung heißt es:
„Für das nachstehend bezeichnete Fahrzeug wurden dem Käufer/Garantienehmer aus Anlass seines Fahrzeugerwerbs Longlife-Garant-Verschleißprodukte verkauft und ausgehändigt. Bei weiterem Bedarf, entsprechend den Garantiebedingungen, werden diese auf Anforderung kostenlos zugesandt. Garantiebeginn ist Verkaufsdatum.“
Nach § 5 der Garantiebedingungen der Beklagten ist „Voraussetzung für jegliche Garantieansprüche“ unter anderem, dass der Käufer als Garantienehmer „an seinem Fahrzeug die Garantiebehandlungen und die vom Hersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs- und Inspektionsarbeiten“ durchführen lässt (§ 5.2). Nach § 5.3 ist jeweils mit den vom Fahrzeughersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs- und Inspektionsarbeiten,
„spätestens jedoch jeweils 6 Monate nach der Erst- oder der zuletzt davor fällig gewesenen Garantiebehandlung (wobei eine Abweichung nicht mehr als 7 Tage betragen darf) … ein Motorölwechsel durchzuführen. Eine Tube Longlife Garant N5 in das Motoröl füllen. Alle garantiegeschützten Baugruppen sind auf Undichtigkeiten und Schäden zu überprüfen. Kühlwasser-, Getriebe- und Differenzialölstände sind zu kontrollieren und fehlende Flüssigkeiten sowie Additive zu ergänzen.“
Nach einem Schadensfall bestehen nach den Garantiebedingungen weitere Obliegenheiten des Garantienehmers. Dieser darf beispielsweise das Fahrzeug ohne schriftliche Weisung der Beklagten nicht bewegen (§ 5.12) und auch nicht den Fahrzeugzustand verändern (§ 5.13).
Das Fahrzeug des Klägers erlitt während der Garantiezeit, im Juli 2018, einen Schaden am Kraftstoffsystem, der eine Erneuerung des Kraftstoffbehälters, der Kraftstoffpumpe, der Einspritzpumpe und der Einspritzdüsen erforderlich machte. Ausweislich eines vom Kläger eingeholten Kostenvoranschlags vom 14.07.2018 beliefen sich die Materialkosten auf 6.213,05 € und die Arbeitskosten auf 564,66 €.
Im Zeitpunkt des Schadenseintritts wies der Pkw eine Laufleistung von 145.144 km auf. Bei dieser Laufleistung hat die Beklagte gemäß § 6.1. der Garantiebedingungen die Lohnkosten (brutto) vollständig und 40 % der Materialkosten (brutto), höchstens aber 5.000 € zu ersetzen.
Nachdem die Beklagte eine Korrespondenz mit der späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers aus Datenschutzgründen verweigert hatte, forderte die spätere Prozessbevollmächtigte die Beklagte mit Schreiben vom 07.12.2018 auf, dem Kläger die aufgewendeten Reparaturkosten bis zum 21.12.2018 zu erstatten. Dem kam die Beklagte nicht nach.
Der Kläger hat zunächst beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 2.474,50 € nebst Zinsen sowie zum Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 € nebst Zinsen zu verurteilen. Insoweit ist am 22.08.2019 antragsgemäß ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte ergangen, gegen das die Beklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt hat.
Der Kläger hat daraufhin beantragt, das Versäumnisurteil mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass die Beklagte zur Zahlung von 2.036,90 € nebst Zinsen und zum Ersatz der außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten verurteilt wird. Dem Zahlungsantrag liegt zugrunde, dass der Kläger folgende Materialkosten aufgewendet hat:
Ersatz der Kraftstoffpumpe | 248,00 € | |
Ersatz des Sicherungsrings der Kraftstoffpumpe | 7,25 € | |
Ersatz des Kraftstoffmessgeräts | 168,00 € | |
Ersatz der Einspritzpumpe | 1.236,00 € | |
Ersatz der Einspritzdüsen | 2.142,00 € | |
Materialkosten netto | 3.801,25 € | |
19 % Umsatzsteuer | + | 722,24 € |
Materialkosten brutto | 4.523,49 € |
Von diesen Kosten – so hat der Kläger geltend gemacht – habe die Beklagte 40 %, also 1.809,40 € brutto, zu erstatten. Darüber hinaus müsse die Beklagte die Arbeitskosten für das Erneuern der Einspritzdüsen (104 €) und der Hochdruckpumpe (123,50 €) in voller Höhe erstatten, insgesamt also 227,50 €.
Die Beklagte hat gemeint, dass der Kläger keinen Garantieanspruch habe. Sie hat geltend gemacht, die Materialkosten für den Sicherungsring der Kraftstoffpumpe (7,25 €) und das Kraftstoffmessgerät (168 €) seien ohnehin nicht von der Garantie umfasst. Zum anderen habe der Kläger diverse Voraussetzungen, die sich aus den Garantiebedingungen ergäben, nicht erfüllt. Der Kläger habe es unterlassen, sämtliche Nachweise über die nach Garantiebeginn durchgeführten Wartungs- und Inspektionsarbeiten bei ihr, der Beklagten, einzureichen. Ebenso habe es der Kläger unterlassen, einem Beauftragten der Beklagten die Untersuchung der beschädigten Bauteile zu ermöglichen. Der Kläger habe auch nicht vorgetragen, dass er sein Fahrzeug nach dem Schadensfall nicht bewegt und den Zustand des Fahrzeugs nicht verändert habe. Überdies fehle es an Vortrag des Klägers zur Verwendung der in den Garantiebedingungen genannten, von ihr – der Beklagten – vertriebenen Additive.
Der Einspruch der Beklagten hatte nur zum Teil Erfolg.
Aus den Gründen: I. Die zulässige Klage ist größtenteils begründet.
1. Der Kläger hat aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Garantievertrag gemäß § 443 I BGB einen Anspruch auf Zahlung von 1.953,48 €.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sind nach dem unstreitigen Parteivortrag Vertragsbestandteil geworden. Es kann daher dahingestellt bleiben, dass die Unterschrift des Klägers auf der Garantievereinbarung in dem entsprechenden Feld, in dem er den Erhalt der Garantiebedingungen bestätigen sollte, fehlt.
Unstreitig ist während der Garantiezeit ein Defekt am Fahrzeug des Klägers an der Kraftstoffanlage aufgetreten. Gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sind die Kosten für die Kraftstoffpumpe (248 €), die Einspritzpumpe (1.236 €) und die Einspritzdüsen (2.142 €), insgesamt 3.626 € netto zuzüglich Mehrwertsteuer, in Höhe von 40 % zu erstatten. Dies ergibt einen Betrag in Höhe von 1.725,98 €. Zudem hat die Beklagte nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Arbeitskosten für das Erneuern der Einspritzdüsen (104 €) und der Hochdruckpumpe (123,50 €) in Höhe von 227,50 € zu ersetzen.
a) Soweit die Beklagte pauschal rügt, der Kläger habe die Vorgaben gemäß § 5.1 bis § 5.15 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht beachtet, weswegen ein Anspruch des Klägers auf eine Garantieleistung ausgeschlossen sei, folgt das Gericht dem nicht. Wenn sich die Beklagte auf einen Verstoß des Klägers gegen ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen beruft, obliegt es der Beklagten diesen Verstoß darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Diese Obliegenheit erfüllt der Vortrag der Beklagten nicht.
Im Einzelnen:
Die Beklagte meint, der Kläger habe keinen Anspruch aus dem abgeschlossenen Garantievertrag, weil er es unterlassen habe, gemäß § 5.8 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten gegenüber einen Nachweis über alle ab Garantiebeginn nach Werksvorgabe durchgeführten Wartungs- und Inspektionsarbeiten einzureichen.
Der Kläger führt insoweit aus, zum Zeitpunkt des Schadenseintritts, am 06.07.2018 – die Auslesung des Fehlers erfolgte am 10.07.2018 – sei noch keine weitere Inspektion oder Wartung fällig gewesen. Ausweislich des Kaufvertrags hatte mit dem Verkauf des Fahrzeugs ein Öl- und Filterwechsel stattgefunden; die nächsten Untersuchungen waren erst im Mai 2019 fällig. Da der Kläger das Fahrzeug von einem gewerblichen Händler gekauft hatte, konnte er auch davon ausgehen, dass dieser das Fahrzeug vor dem Verkauf fachmännisch überprüft hatte und keine Inspektions- bzw. Wartungsarbeiten mit dem Verkauf offen waren (st. Rspr. des BGH1Nach der hier vom Amtsgericht nachgewiesenen Rechtsprechung des BGH trifft einen Gebrauchtwagenhändler keine generelle, anlassunabhängige Obliegenheit, ein Fahrzeug vor dem Verkauf umfassend zu untersuchen. Vielmehr kann der Händler zu einer Überprüfung des Fahrzeugs nur aufgrund besonderer Umstände, die für ihn einen konkreten Verdacht auf Mängel begründen, gehalten sein. Abgesehen von diesen Fällen ist der Händler grundsätzlich nur zu einer fachmännischen äußeren Besichtigung („Sichtprüfung“) verpflichtet.; vgl. Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, juris Rn. 14; Urt. v. 19.06.2013 – VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 24; Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 15; Urt. v. 03.11.1982 – VIII ZR 282/81, NJW 1983, 217 unter II 2 b; Urt. v. 21.01.1981 – VIII ZR 10/80, WM 1981, 323 unter II 3 b aa; Urt. v. 11.06.1979 – VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 388 f.; Urt. v. 16.03.1977 – VIII ZR 283/75, NJW 1977, 1055 unter III 1 a; Urt. v. 21.01.1975 – VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 386 f.).
Im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast hätte es der Beklagten oblegen darzulegen, welche Wartungsarbeiten der Kläger unterjährig hätte durchführen lassen müssen.
Die Beklagte bezieht sich weiter auf einen Verstoß des Klägers gegen § 5.10 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Danach hätte der Kläger einem von der Beklagten Beauftragen jederzeit die Untersuchung der beschädigten Bauteile ermöglichen müssen. Die Beklagte hat aber nicht dargelegt, ob sie sich mit dieser Forderung überhaupt an den Kläger gewandt habe. Selbst nach den Allgemeinen Geschäftsbedingen der Beklagten hat nicht der Garantienehmer die Verpflichtung, die beschädigten Bauteile der Beklagten anzubieten, sondern der Garantienehmer muss einem Beauftragten der Beklagten die vorgenannte Untersuchung gestatten. Dass die Beklagte eine solche Untersuchung durch einen Beauftragten hat vornehmen wollen, die der Kläger nicht gestattet hat, hat die Beklagte nicht behauptet.
Gleiches gilt für die Rechtsansicht der Beklagten, sie sei leistungsfrei geworden, weil der Kläger nichts hinsichtlich eines Verstoßes gegen § 5.12 und § 5.13 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgetragen habe. Nicht der Kläger muss darlegen, dass er nicht gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verstoßen hat, sondern die Beklagte, die sich auf einen Verstoß und eine daraus resultierende Leistungsfreiheit berufen möchte, muss den Verstoß des Klägers darlegen und gegebenenfalls beweisen.
Selbst wenn aber die Beklagte einen Verstoß des Klägers diesbezüglich belegt hätte, könnte sie daran nicht die Folge der Leistungsfreiheit knüpfen. Denn die Klauseln der Beklagten, in denen sie ohne schriftliche Weisung jegliche Veränderung des Fahrzeugzustands und jegliche Bewegung des Fahrzeugs verbietet und daran die Folge der Leistungsfreiheit knüpft, verstoßen gegen § 307 I 1 BGB.
Gemäß § 307 I 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dies ist gemäß § 307 II Nr. 2 BGB insbesondere dann der Fall, wenn durch die Bestimmung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
Die §§ 5.1 bis 5.15 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen auch sämtlich der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB, weil sie anordnen, unter welchen Bedingungen der Verwender seine Hauptleistung überhaupt nicht zu erbringen hat. Sie stellen daher eine Einschränkung des vertraglich gegebenen Leistungsversprechens dar. Insoweit liegt keine der Inhaltskontrolle entzogene Leistungsabrede, sondern eine Nebenabrede dazu vor (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, juris Rn. 12).
Eine Formularklausel ist nach der Rechtsprechung des BGH unangemessen, wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, juris Rn. 15). So liegt der Fall hier.
Die vorgenannten Bestimmungen der §§ 5.12 und 5.13 verbieten pauschal im Schadensfall jede Bewegung des Fahrzeugs und jede Veränderung des Fahrzeugzustands. Es wäre dem Garantienehmer somit – ohne schriftliche Genehmigung – nicht möglich, sein Fahrzeug in eine Werkstatt zu bringen und dort feststellen zu lassen, ob überhaupt ein Garantiefall vorliegt. Es wäre dem Garantienehmer auch nicht möglich, einen detaillierten Kostenvoranschlag gemäß § 5.9 einzureichen, der – nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten – aber die Voraussetzung für einen Garantieanspruch ist. Dadurch wird die Verfolgung der Ansprüche aus der Garantievereinbarung in unzumutbarer Weise erschwert, ohne dass die Regelung erforderlich wäre, um berechtigte Interessen der Beklagten zu wahren. Denn dem Interesse der Beklagten an der Prüfung des ihr angezeigten Garantiefalls und der erforderlichen Reparaturkosten wird durch die Bestimmungen über die Untersuchung der beschädigten Teile durch einen Beauftragten in § 5.10 und über die Vorlage eines detaillierten Kostenvoranschlags in § 5.9 hinreichend Rechnung getragen (vgl. LG Hannover, Urt. v. 11.05.2011 – 6 S 87/10, juris Rn. 32). Es bedarf für die Beklagte daher keiner Regelung, die pauschal jede Bewegung und Fahrzeugveränderung verbietet. Diese Regelung erschwert allein dem Garantienehmer die Wahrnehmung seiner vertraglichen Rechte, ohne dass sie für die Beklagte einen weiteren inhaltlichen – auf den Schaden bezogenen – Erkenntnisgewinn bringen.
Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, gemäß § 5.3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen von ihrer Entschädigungspflicht befreit zu sein. Diese Regelung, die dem Garantienehmer den halbjährlichen Austausch des Motoröls verbunden mit dem Einfüllen eines nicht im Handel erhältlichen und nicht vom Hersteller des Fahrzeugs empfohlenen Mittels auferlegen, dessen Inhaltsstoffe sich nicht aus dem Vertrag und auch nicht aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergeben, stellt eine unangemessene Benachteiligung des Garantienehmers gemäß § 307 I 1 BGB dar. Die Regelung ist überdies überraschend gemäß § 305c I BGB.
Es stellt eine unangemessene Benachteiligung des Garantienehmers gemäß § 307 I 1 BGB dar, wenn die Garantieleistung an die Verwendung von unbekannten und nur über die Beklagte erhältliche Mittel gekoppelt ist. Denn die Beklagte hätte es in der Hand, ob der Garantienehmer die von ihr gesetzten Fristen (Verwendung der Mittel alle sechs Monate, eine Abweichung darf nur sieben Tage betragen) überhaupt einhalten kann. Versendet die Beklagte ihre Mittel verzögert, kann der Garantienehmer die vorgenannte Frist gemäß § 5.3 nicht mehr einhalten und die Beklagte ist – nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen – leistungsfrei, wenn nicht der Garantienehmer den Nachweis einer fehlenden Ursächlichkeit erbringt.
Die Regelung ist gemäß § 305c I BGB überdies überraschend, weil ein Garantienehmer, der eine Gebrauchtwagengarantie abschließt, nicht damit rechnen muss, dass diese Garantie daran geknüpft ist, dass er nicht vom Hersteller empfohlene Mittel verwenden muss, deren Inhaltsstoffe sich weder aus dem Vertrag noch aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erkennen lassen. Diese Bedingung, die die Hauptleistungspflicht einschränkt, lässt sich auch nicht aus dem Vertrag selbst erkennen. Aus der Vertragsurkunde selbst ergibt sich lediglich, dass es sich um eine Gebrauchtwagengarantie handelt. Dass der Garantienehmer unbekannte Zusätze verwenden muss, ergibt sich nicht aus dem Vertrag.
Überraschend ist weiter, dass der Garantienehmer über die strengen Herstellervorgaben hinaus verpflichtet ist, alle sechs (!) Monate einen Motorölwechsel durchzuführen und – ebenfalls über die allgemein bekannten Herstellervorgaben hinaus – alle sechs Monate sämtliche Kühlwasser-, Getriebe- und Differentialölbestände überprüfen lassen und auch insoweit die von der Beklagten vertriebenen unbekannten Mittel hinzufügen muss.
Dass die Ansprüche aus einer Gebrauchtwagengarantie von der Verwendung von unbekannten, nicht frei verkäuflichen Mitteln, die nur über die Beklagte erhältlich sind, und zudem von weiteren Obliegenheiten abhängen, die deutlich über die jeweiligen Herstellervorgaben hinausgehen, ist so ungewöhnlich, dass der Garantienehmer mit diesen Vorgaben ohne jeden Hinweis im Vertrag selbst nicht zu rechnen braucht.
b) Nach den in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen in § 2.6 aufgezählten Bestandteilen der Kraftstoffanlage hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung von 40 % der Kosten der Kraftstoffpumpe (248 €), der Einspritzpumpe (1.236 €) und der Einspritzdüsen (2.142 €), insgesamt 3.626 € netto zuzüglich Mehrwertsteuer. Dies ergibt einen Betrag in Höhe von 1.725,98 €. Zudem hat die Beklagte nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Arbeitskosten für das Erneuern der Einspritzdüsen (104 €) und der Hochdruckpumpe (123,50 €) in Höhe von 227,50 € zu ersetzen. Insgesamt hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung von 1953,48 €.
Keinen Anspruch hat der Kläger auf Zahlung des Sicherungsrings der Kraftstoffpumpe (7,25 €) und des Kraftstoffmessgeräts (168 €), die nicht zu denen der Garantie unterliegenden Bauteilen gehören.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß §§ 280 I, II, 286 BGB auf Zahlung der geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren. Nach seinem Vortrag hat erst seine Prozessbevollmächtigte die Beklagte mit Schreiben vom 7.12.2018 aufgefordert, die erforderlichen Reparaturkosten im Rahmen des Garantievertrags zu erstatten. Damit war das vorgenannte Schreiben erst verzugsbegründend. …