Der Feststellung des Annahmeverzugs kommt bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung kein eigener wirtschaftlicher Wert zu, weil die Frage des Annahmeverzugs nur ein rechtlich unselbstständiges Element der umstrittenen Leistungsverpflichtung und deshalb mit ihr wirtschaftlich identisch ist.
BGH, Beschluss vom 05.08.2020 – VIII ZR 290/19
(nachfolgend: BGH, Beschluss vom 13.10.2020 – VIII ZR 290/19)
Sachverhalt: Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Pferdetauschvertrags.
Das Berufungsgericht hat der auf Zahlung von 19.620,54 € nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben, indem es die Beklagten zur Zahlung von 5.000 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe eines der Klägerin überlassenen Pferds, verurteilt und die weitergehende Zahlungsklage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt hat. Außerdem hat das Berufungsgericht den Annahmeverzug der Beklagten festgestellt.
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision haben die Beklagten geltend gemacht, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteige. Ihre sich aus der Feststellung des Annahmeverzugs ergebende Beschwer sei jedenfalls mit 500 € anzusetzen. Zwar sei es in den Fällen, in denen die klagende Partei Rechtsmittelführer sei, richtig, dass die erstrebte Feststellung des Annahmeverzugs den Wert der Beschwer nicht erhöhe, weil die Frage des Annahmeverzugs lediglich ein rechtlich unselbstständiges Element der umstrittenen Leistungsverpflichtung sei. Ihre – der Beklagten – Beschwer sei aber anders zu beurteilen. Denn die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung, sie befänden sich im Annahmeverzug, führe gemäß § 322 III, § 274 II BGB, § 756 I, § 765 Nr. 1 ZPO dazu, dass sie den ausgeurteilten Betrag zu zahlen hätten, ohne die Gewissheit zu haben, das der Klägerin überlassene Pferd tatsächlich zurückzuerhalten.
Der VIII. Zivilsenat des BGH hat die Beklagten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, ihre Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Aus den Gründen: [3] II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist unzulässig, weil der Wert der geltend zu machenden Beschwer lediglich 19.620,54 € beträgt und somit die gemäß § 544 II Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht. Die Beschwer der Beklagten ergibt sich aus der Verurteilung zur Zahlung von 5.000 € und dem weiter ergangenen Grundurteil (vgl. BGH, Beschl. v. 26.11.2009 – III ZR 116/09, NJW 2010, 681 Rn. 6 m. w. Nachw.) und ist – anders als die Beschwerde meint – durch die Feststellung des Annahmeverzugs nicht erhöht worden.
[4] Zwar hat der BGH der durch die Feststellung des Annahmeverzugs bewirkten Beschwer in seiner früheren Rechtsprechung noch einen (geringen) zusätzlichen Wert zugemessen (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 17.03.2009 – XI ZR 142/08, juris Rn. 2: 200 €; Beschl. v. 28.01.2010 – III ZR 47/09, juris Rn. 4: 500 €; s. auch Senat, Beschl. v. 18.08.2009 – VIII ZB 62/08, juris: 300 €).
[5] Nach der neueren Rechtsprechung des BGH kommt jedoch, wie die Beschwerde nicht verkennt, der Feststellung des Annahmeverzugs im Falle einer Zug-um-Zug-Verurteilung ein eigener wirtschaftlicher Wert nicht zu, weil die Frage des Annahmeverzugs nur ein rechtlich unselbstständiges Element der umstrittenen Leistungsverpflichtung und deshalb mit dieser wirtschaftlich identisch ist (BGH, Beschl. v. 23.02.2010 – XI ZR 219/09, juris; Beschl. v. 06.07.2010 – XI ZB 40/09, NJW-RR 2010, 1295 Rn. 16; Beschl. v. 21.12.2010 – XI ZR 157/10, juris; Beschl. v. 18.10.2011 – XI ZR 27/11, juris Rn. 2; Beschl. v. 03.11.2011 – III ZR 211/10, juris Rn. 4; Beschl. v. 27.06.2013 – III ZR 143/12, NJW 2013, 3100 Rn. 10; Beschl. v. 13.05.2014 – II ZR 24/14, juris Rn. 1; Beschl. v. 02.06.2014 – II ZR 61/14, juris Rn. 1; Beschl. v. 09.05.2017 – XI ZR 484/15, juris Rn. 4; Beschl. v. 20.06.2017 – XI ZR 109/17, juris Rn. 4; Beschl. v. 25.07.2017 – XI ZR 545/16, juris; Beschl. v. 18.01.2018 – III ZR 537/16, juris Rn. 11; Beschl. v. 20.03.2018 – II ZR 349/16, juris Rn. 1; Beschl. v. 16.07.2019 – XI ZR 538/18, juris Rn. 9; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 414/19, juris Rn. 1; vgl. auch Senat, Beschl. v. 21.08.2018 – VIII ZB 1/18, juris; Beschl. v. 05.03.2019 – VIII ZR 190/18, juris; Beschl. v. 30.06.2020 – VIII ZR 167/19, juris).
[6] Auch für das Rechtsmittel der beklagten Partei ist, wie der BGH bereits entschieden hat, die Feststellung des Annahmeverzugs neben einer Zug-um-Zug-Verurteilung wertmäßig für die Beschwer ohne Bedeutung (vgl. BGH, Beschl. v. 23.06.2016 – III ZR 104/15, juris Rn. 5; Beschl. v. 25.10.2016 – XI ZR 33/15, juris Rn. 3). Zwar laufen die Beklagten durch den Feststellungsausspruch Gefahr, an die Klägerin den titulierten Betrag im Wege der Zwangsvollstreckung zahlen zu müssen, ohne dass wegen des festgestellten Annahmeverzugs gewährleistet ist, dass sie gleichzeitig das der Klägerin überlassene Pferd zurückerhalten. Gleichwohl liegt die Beschwer der Beklagten nicht über der Beschwer einer unterlegenen Klagepartei. Denn dieser vollstreckungsrechtliche Aspekt erhöht nicht das wirtschaftliche Interesse der Beklagten an der Beseitigung der erfolgten Verurteilung. Den Beklagten geht es nicht darum, den festgestellten Annahmeverzug als solchen zu beseitigen, sondern der Verurteilung insgesamt zu entgehen. Hiervon ist aber die Feststellung des Annahmeverzugs, die nur die Vollstreckung des Urteils erleichtern soll, wirtschaftlich betrachtet lediglich ein unselbstständiges Element. …
Hinweis: Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss vom 13.10.2020 verworfen.