1. Der Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs im Fal­le ei­ner Zug-um-Zug-Ver­ur­tei­lung kommt ein ei­ge­ner wirt­schaft­li­cher Wert nicht zu, weil die Fra­ge des An­nah­me­ver­zugs nur ein recht­lich un­selbst­stän­di­ges Ele­ment der um­strit­te­nen Leis­tungs­ver­pflich­tung und des­halb mit die­ser wirt­schaft­lich iden­tisch ist (st. Rspr.; s. nur BGH, Beschl. v. 18.01.2018 – III ZR 537/16, ju­ris Rn. 11; Beschl. v. 20.03.2018 – II ZR 349/16, ju­ris Rn. 1; Beschl. v. 16.07.2019 – XI ZR 538/18, ju­ris Rn. 9; vom 26.05.2020 – XI ZR 414/19, ju­ris Rn. 1).
  2. Auch für das Rechts­mit­tel der be­klag­ten Par­tei ist die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs ne­ben ei­ner Zug-um-Zug-Ver­ur­tei­lung wert­mä­ßig für die Be­schwer oh­ne Be­deu­tung (An­schluss an BGH, Beschl. v. 23.06.2016 – III ZR 104/15, ju­ris Rn. 5; Beschl. v. 25.10.2016 – XI ZR 33/15, ju­ris Rn. 3).

BGH, Be­schluss vom 13.10.2020 – VI­II ZR 290/19
(vor­an­ge­hend: BGH, Be­schluss vom 05.08.2020 – VI­II ZR 290/19)

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en strei­ten um die Rück­ab­wick­lung ei­nes Pfer­de­tausch­ver­trags. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat der Kla­ge, die nach den tat­be­stand­li­chen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ur­teils auf Zah­lung von 19.620,54 € nebst Zin­sen ge­rich­tet ist, in Hö­he von 5.000 € nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Pferds an die Be­klag­ten, statt­ge­ge­ben und die wei­ter­ge­hen­de Zah­lungs­kla­ge dem Grun­de nach für ge­recht­fer­tigt er­klärt. Fer­ner hat das Be­ru­fungs­ge­richt fest­ge­stellt, dass die Be­klag­ten sich im Ver­zug der An­nah­me be­fin­den.

Die Be­schwer­de macht gel­tend, der Wert der mit der Re­vi­si­on gel­tend zu ma­chen­den Be­schwer über­stei­ge 20.000 €. Die sich aus der Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs er­ge­ben­de Be­schwer der Be­klag­ten sei je­den­falls mit 500 € an­zu­set­zen. Zwar sei es in Fäl­len, in de­nen die kla­gen­de Par­tei Rechts­mit­tel­füh­rer sei, rich­tig, dass die er­streb­te Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs den Wert der Be­schwer nicht er­hö­he, weil die Fra­ge des An­nah­me­ver­zugs le­dig­lich ein recht­lich un­selbst­stän­di­ges Ele­ment der um­strit­te­nen Leis­tungs­ver­pflich­tung sei. Die Be­schwer der Be­klag­ten sei hin­ge­gen an­ders zu be­ur­tei­len. Denn die vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­trof­fe­ne Fest­stel­lung, die Be­klag­ten be­fän­den sich im Ver­zug der An­nah­me, füh­re ge­mäß § 322 III, § 274 II BGB, § 756 I, § 765 Nr. 1 ZPO da­zu, dass sie den aus­ge­ur­teil­ten Be­trag zu zah­len hät­ten, oh­ne die Ge­wiss­heit zu ha­ben, das der Klä­ge­rin über­las­se­ne Pferd tat­säch­lich zu­rück­zu­er­hal­ten.

Der VI­II. Zi­vil­se­nat des BGH hat die Be­klag­ten mit Be­schluss vom 05.08.2020 dar­auf hin­ge­wie­sen, dass er be­ab­sich­ti­ge, die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de als un­zu­läs­sig zu ver­wer­fen. Da­ge­gen ha­ben die Be­klag­ten – er­folg­los – Ein­wen­dun­gen er­ho­ben.

Aus den Grün­den: [4]    II. Die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de der Be­klag­ten ist un­zu­läs­sig, weil der Wert der gel­tend zu ma­chen­den Be­schwer le­dig­lich 19.620,54 € be­trägt und so­mit die ge­mäß § 544 II Nr. 1 ZPO er­for­der­li­che Min­dest­be­schwer von mehr als 20.000 € nicht er­reicht.

[5]    1. Die Be­schwer der Be­klag­ten er­gibt sich aus der Ver­ur­tei­lung zur Zah­lung von 5.000 € und dem wei­ter er­gan­ge­nen Grun­dur­teil (vgl. BGH, Beschl. v. 26.11.2009 – III ZR 116/09, NJW 2010, 681 Rn. 6 m. w. Nachw.) und ist – an­ders als die Be­schwer­de meint – durch die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs nicht er­höht wor­den.

[6]    a) In sei­ner frü­he­ren Recht­spre­chung hat der BGH der durch die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs be­wirk­ten Be­schwer zwar noch ei­nen (ge­rin­gen) zu­sätz­li­chen Wert zu­ge­mes­sen (vgl. et­wa BGH, Beschl. v. 17.03.2009 – XI ZR 142/08, ju­ris Rn. 2: 200 €; Beschl. v. 28.01.2010 – III ZR 47/09, ju­ris Rn. 4: 500 €; s. auch Se­nat, Beschl. v. 18.08.2009 – VI­II ZB 62/08, ju­ris: 300 €).

[7]    b) Nach der neue­ren Recht­spre­chung des BGH kommt je­doch, wie die Be­schwer­de nicht ver­kennt, der Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs im Fal­le ei­ner Zug-um-Zug-Ver­ur­tei­lung ein ei­ge­ner wirt­schaft­li­cher Wert nicht zu, weil die Fra­ge des An­nah­me­ver­zugs nur ein recht­lich un­selbst­stän­di­ges Ele­ment der um­strit­te­nen Leis­tungs­ver­pflich­tung und des­halb mit die­ser wirt­schaft­lich iden­tisch ist (BGH, Beschl. v. 23.02.2010 – XI ZR 219/09, ju­ris; Beschl. v. 06.07.2010 – XI ZB 40/09, NJW-RR 2010, 1295 Rn. 16; Beschl. v. 21.12.2010 – XI ZR 157/10, ju­ris; Beschl. v. 18.10.2011 – XI ZR 27/11, ju­ris Rn. 2; Beschl. v. 03.11.2011 – III ZR 211/10, ju­ris Rn. 4; Beschl. v. 27.06.2013 – III ZR 143/12, NJW 2013, 3100 Rn. 10; Beschl. v. 13.05.2014 – II ZR 24/14, ju­ris Rn. 1; Beschl. v. 02.06.2014 – II ZR 61/14, ju­ris Rn. 1; Beschl. v. 09.05.2017 – XI ZR 484/15, ju­ris Rn. 4; Beschl. v. 20.06.2017 – XI ZR 109/17, ju­ris Rn. 4; Beschl. v. 25.07.2017 – XI ZR 545/16, ju­ris; Beschl. v. 18.01.2018 – III ZR 537/16, ju­ris Rn. 11; Beschl. v. 20.03.2018 – II ZR 349/16, ju­ris Rn. 1; Beschl. v. 16.07.2019 – XI ZR 538/18, ju­ris Rn. 9; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 414/19, ju­ris Rn. 1; vgl. auch Se­nat, Beschl. v. 21.08.2018 – VI­II ZB 1/18, ju­ris; Beschl. v. 05.03.2019 – VI­II ZR 190/18, ju­ris; Beschl. v. 30.06.2020 – VI­II ZR 167/19, ju­ris).

[8]    Auch für das Rechts­mit­tel der be­klag­ten Par­tei ist, wie der BGH be­reits ent­schie­den hat, die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs ne­ben ei­ner Zug-um-Zug-Ver­ur­tei­lung wert­mä­ßig für die Be­schwer oh­ne Be­deu­tung (vgl. BGH, Beschl. v. 23.06.2016 – III ZR 104/15, ju­ris Rn. 5; Beschl. v. 25.10.2016 – XI ZR 33/15, ju­ris Rn. 3). Zwar lau­fen die Be­klag­ten durch den Fest­stel­lungs­aus­spruch Ge­fahr, an die Klä­ge­rin den ti­tu­lier­ten Be­trag im We­ge der Zwangs­voll­stre­ckung zah­len zu müs­sen, oh­ne dass we­gen des fest­ge­stell­ten An­nah­me­ver­zugs ge­währ­leis­tet ist, dass sie gleich­zei­tig das der Klä­ge­rin über­las­se­ne Pferd zu­rück­er­hal­ten. Gleich­wohl liegt die Be­schwer der Be­klag­ten nicht über der Be­schwer ei­ner un­ter­le­ge­nen Kla­ge­par­tei. Denn die­ser voll­stre­ckungs­recht­li­che As­pekt er­höht nicht das wirt­schaft­li­che In­ter­es­se der Be­klag­ten an der Be­sei­ti­gung der er­folg­ten Ver­ur­tei­lung. Den Be­klag­ten geht es nicht dar­um, den fest­ge­stell­ten An­nah­me­ver­zug als sol­chen zu be­sei­ti­gen, son­dern der Ver­ur­tei­lung ins­ge­samt zu ent­ge­hen. Hier­von ist aber die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs, die nur die Voll­stre­ckung des Ur­teils er­leich­tern soll, wirt­schaft­lich be­trach­tet le­dig­lich ein un­selbst­stän­di­ges Ele­ment.

[9]    2. Auf die vor­ge­nann­ten Maß­stä­be hat der Se­nat die Be­klag­ten mit Be­schluss vom 05.08.2020 hin­ge­wie­sen. Dem sind die Be­klag­ten in ih­rer Stel­lung­nah­me vom 28.09.2020 in der Sa­che nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten.

[10]   a) Ver­geb­lich macht die Be­schwer­de nun­mehr gel­tend, die Klä­ge­rin ha­be in ih­rer Be­ru­fungs­be­grün­dung vom 03.05.2018 zwar ei­nen Zah­lungs­an­trag von 19.620,54 € an­ge­kün­digt, die Kla­ge je­doch mit Schrift­satz vom 09.08.2018 um 1.340,30 € auf 20.960,84 € er­höht und den er­höh­ten An­trag aus­weis­lich der zweit­in­stanz­li­chen Sit­zungs­pro­to­kol­le auch ver­le­sen. Ent­ge­gen der An­sicht der Be­schwer­de er­höht sich die Be­schwer der Be­klag­ten von 19.620,54 € je­doch nicht be­reits des­halb um wei­te­re 1.340,30 €.

[11]    aa) Dies folgt zum ei­nen schon dar­aus, dass der Be­schwer­de­füh­rer, um dem Re­vi­si­ons­ge­richt die Prü­fung der in § 544 II 1 ZPO ge­re­gel­ten Wert­gren­ze von 20.000 € zu er­mög­li­chen, be­reits in­ner­halb der lau­fen­den Frist zur Be­grün­dung der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de (auch) dar­le­gen und glaub­haft ma­chen muss, dass er mit der be­ab­sich­tig­ten Re­vi­si­on das Be­ru­fungs­ur­teil in ei­nem Um­fang, der die Wert­gren­ze von 20.000 € über­steigt, ab­än­dern las­sen will (Se­nat, Beschl. v. 05.02.2019 – VI­II ZR 277/17, NJW 2019, 1531 Rn. 16 m. w. Nachw.; BGH, Beschl. v. 06.06.2019 – I ZR 159/18, ju­ris Rn. 5). Schon hier­an fehlt es.

[12]   bb) Zum an­de­ren hat das Be­ru­fungs­ge­richt den um 1.340,30 € er­höh­ten An­trag nicht in den Tat­be­stand sei­nes (in­so­weit un­voll­stän­di­gen) Ur­teils auf­ge­nom­men, und die An­trags­er­hö­hung – in­so­weit ver­se­hent­lich – auch nicht be­schie­den. Die Klä­ge­rin hat es un­ter­las­sen, das Über­ge­hen der Kla­ge­er­hö­hung mit ei­nem (frist­ge­bun­de­nen) An­trag nach § 321 ZPO gel­tend zu ma­chen. Dies hat zur Fol­ge, dass die Rechts­hän­gig­keit der vom Be­ru­fungs­ge­richt über­gan­ge­nen An­trags­er­hö­hung mit dem Ab­lauf der An­trags­frist des § 321 II ZPO ent­fal­len ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.02.2005 – VI­II ZR 133/04, NJW-RR 2005, 790 un­ter II 2; Urt. v. 20.01.2015 – VI ZR 209/14, NJW 2015, 1826 Rn. 5).

[13]   Ei­ner et­wai­gen Ur­teil­s­er­gän­zung nach § 321 ZPO hät­te über­dies ei­ne Be­rich­ti­gung des Tat­be­stands nach § 320 ZPO vor­an­ge­hen müs­sen (BGH, Urt. v. 16.02.2005 – VI­II ZR 133/04, NJW-RR 2005, 790 un­ter II 2; Urt. v. 20.01.2015 – VI ZR 209/14, NJW 2015, 1826 Rn. 5; s. auch BAG, Beschl. v. 26.06.2008 – 6 AZN 1161/07, NZA 2008, 1028, 1030; Mu­sielak, in: Mu­sielak/​Voit, ZPO, 17. Aufl., § 321 Rn. 6). Zur Be­grün­dung ei­nes sol­chen An­trags auf Tat­be­stands­be­rich­ti­gung hät­te die Klä­ge­rin vor­lie­gend die Sit­zungs­pro­to­kol­le des Be­ru­fungs­ge­richts her­an­zie­hen kön­nen (§ 314 Satz 2 ZPO) und un­ter Be­rück­sich­ti­gung des be­rich­tig­ten Tat­be­stands dann in­ner­halb der Frist des § 321 II ZPO Ur­teil­s­er­gän­zung be­an­tra­gen müs­sen (BGH, Urt. v. 20.01.2015 – VI ZR 209/14, NJW 2015, 1826 Rn. 5). Ei­nen sol­chen An­trag auf Tat­be­stands­be­rich­ti­gung hat die Klä­ge­rin – wor­auf be­reits die Be­schwer­de­er­wi­de­rung hin­ge­wie­sen hat – je­doch eben­falls nicht ge­stellt.

[14]   b) Aus der Wert­fest­set­zung durch das Be­ru­fungs­ge­richt lässt sich ent­ge­gen der An­sicht der Be­schwer­de nichts für die An­nah­me her­lei­ten, die Be­schwer der Be­klag­ten über­stei­ge 20.000 €. Der Streit­wert von 19.620,54 € ent­spricht ei­ner Ge­büh­ren­stu­fe von bis zu 22.000 €, wie sie auch vom Be­ru­fungs­ge­richt fest­ge­setzt wor­den ist. Oh­ne­hin hat das Re­vi­si­ons­ge­richt, wie auch die Be­schwer­de nicht ver­kennt, über die Hö­he der Be­schwer selbst zu be­fin­den (s. nur BGH, Beschl. v. 19.06.2019 – IV ZR 224/18, ju­ris Rn. 6; Beschl. v. 09.11.2018 – VI ZR 5/18, ju­ris Rn. 3; Beschl. v. 04.05.2017 – III ZR 615/16, ju­ris Rn. 3; Beschl. v. 13.03.2013 – XII ZR 8/13, NJW-RR 2013, 1401 Rn. 8, Beschl. v. 13.10.2004 – XII ZR 110/02, NJW-RR 2005, 224 un­ter 1).

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