1. Der Scha­dens­er­satz­an­spruch des Käu­fers ei­nes mit ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung für die Ab­gas­rück­füh­rung ver­se­he­nen Fahr­zeugs kann durch die im We­ge des Vor­teils­aus­gleichs er­fol­gen­de An­rech­nung ge­zo­ge­ner Nut­zun­gen voll­stän­dig auf­ge­zehrt wer­den (Fort­füh­rung von Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 64–77).
  2. De­likt­szin­sen nach § 849 BGB kön­nen nicht ver­langt wer­den, wenn der Ge­schä­dig­te für die Hin­ga­be sei­nes Gel­des im We­ge des Leis­tungs­aus­tauschs ei­ne in tat­säch­li­cher Hin­sicht voll nutz­ba­re Ge­gen­leis­tung er­hält. In die­sem Fall kom­pen­siert die tat­säch­li­che Nutz­bar­keit der Ge­gen­leis­tung die Nut­zungs­mög­lich­keit des Gel­des.

BGH, Ur­teil vom 30.07.2020 – VI ZR 354/19

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb am 07.05.2014 von ei­nem Drit­ten für 23.750 € ei­nen ge­brauch­ten VW Pas­sat 2.0 TDl, der mit ei­nem Die­sel­mo­tor des Typs EA189 aus­ge­stat­tet ist. Die Be­klag­te ist die Her­stel­le­rin die­ses Fahr­zeugs, das beim Er­werb durch den Klä­ger ei­ne Lauf­leis­tung von 56.739 km auf­wies.

Für den Fahr­zeug­typ wur­de die Typ­ge­neh­mi­gung nach der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schad­stoff­klas­se Eu­ro 5 er­teilt. Die Ein­hal­tung des da­für maß­geb­li­chen Grenz­werts für Stick­oxid­emis­sio­nen hängt da­von ab, in wel­chem Aus­maß Ab­ga­se über ein Ab­gas­rück­füh­rungs­ven­til in den An­saug­trakt des Mo­tors zu­rück­ge­lei­tet wer­den. Un­ter den Be­din­gun­gen des zur Er­lan­gung der Typ­ge­neh­mi­gung durch­ge­führ­ten, ge­setz­lich vor­ge­schrie­be­nen Test­laufs be­wirkt die Mo­tor­steue­rungs­soft­ware ei­ne Ab­gas­rück­füh­rung im zur Ein­hal­tung der Grenz­wer­te nö­ti­gen Aus­maß. Be­wegt sich das Fahr­zeug nicht in die­sem eng vor­ge­ge­be­nen Ge­schwin­dig­keits­mus­ter, er­kennt die Soft­ware dies und ver­rin­gert die Ab­gas­rück­füh­rung im Ver­hält­nis zum Prüf­stand­test, wo­durch sich die Stick­oxid­emis­sio­nen er­hö­hen.

Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt er­kann­te in der ge­nann­ten Soft­ware ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung i. S. von Art. 5 II 1 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 und ord­ne­te ei­nen Rück­ruf an. Ein dar­auf­hin von der Be­klag­ten an­ge­bo­te­nes Soft­ware­up­date ließ der Klä­ger bis­lang nicht in­stal­lie­ren. Der Land­rat des Krei­ses Höx­ter un­ter­sag­te des­halb mit Be­scheid vom 21.06.2018 den Be­trieb des Fahr­zeugs im öf­fent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr. Die so­for­ti­ge Voll­zie­hung ord­ne­te er nicht an. Der Klä­ger er­hob ge­gen den Be­scheid Kla­ge und nutz­te das Fahr­zeug wei­ter. Zur Zeit der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Be­ru­fungs­ge­richt be­trug die Lauf­leis­tung 254.658 km.

Mit sei­ner Kla­ge ver­langt der Klä­ger von der Be­klag­ten die Zah­lung von 23.750 € nebst Zin­sen in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 08.05.2014, Zug um Zug ge­gen „Rück­ga­be“ des Fahr­zeugs, die Er­stat­tung von Auf­wen­dun­gen (In­spek­ti­ons­kos­ten etc.) in Hö­he von ins­ge­samt 2.119,48 € nebst Zin­sen so­wie die Frei­stel­lung von au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten in Hö­he von 1.564,26 €.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg. Sei­ne Re­vi­si­on, mit der er sein Be­geh­ren voll­um­fäng­lich wei­ter­ver­folg­te, blieb eben­so er­folg­los.

Aus den Grün­den: [6]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt, des­sen Ur­teil bei ju­ris und un­ter BeckRS 2019, 40569 ver­öf­fent­licht ist, hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung – so­weit für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren von In­ter­es­se – im We­sent­li­chen Fol­gen­des aus­ge­führt:

[7]    Un­ab­hän­gig da­von, ob die sons­ti­gen Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Kauf­prei­ser­stat­tungs­an­spruchs aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB, aus § 823 II BGB i. V. mit §§ 6, 27 EG-FGV oder aus § 826 BGB er­füllt sei­en, feh­le es an­ge­sichts der mit dem Fahr­zeug er­reich­ten Lauf­leis­tung je­den­falls in­zwi­schen an ei­nem Scha­den des Klä­gers. Ge­mäß dem Grund­satz der Vor­teils­aus­glei­chung müs­se sich der Klä­ger den aus der Nut­zung des Fahr­zeugs ge­zo­ge­nen Vor­teil an­rech­nen las­sen, was den ge­zahl­ten Kauf­preis letzt­lich voll­stän­dig auf­zeh­re. Zur Be­rech­nung des Nut­zungs­vor­teils sei der Kauf­preis zu der vor­aus­sicht­li­chen Rest­lauf­leis­tung im Kauf­zeit­punkt ins Ver­hält­nis zu set­zen und mit der tat­säch­li­chen Fahr­leis­tung des Käu­fers zu mul­ti­pli­zie­ren. Hin­sicht­lich des vom Klä­ger ge­kauf­ten VW Pas­sats ge­he der Se­nat von ei­ner Ge­samt­lauf­leis­tung von 250.000 km aus, die das Fahr­zeug zum Zeit­punkt der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung mit 254.658 km be­reits über­schrit­ten ha­be. Das Vor­brin­gen des Klä­gers, dass das Fahr­zeug we­gen der Soft­ware­steue­rung der Ab­gas­rück­füh­rung nicht zu­las­sungs­fä­hig sei und kei­nen Markt­wert ha­be, sei un­er­heb­lich, da es für den Vor­teils­aus­gleich auf die tat­säch­li­che Nut­zung an­kom­me; in­so­weit ha­be der Klä­ger kei­ne Be­ein­träch­ti­gung vor­ge­tra­gen.

[8]    Der Klä­ger kön­ne auch kei­nen Auf­wen­dungs­er­satz be­an­spru­chen. Da schon kein Kauf­prei­ser­stat­tungs­an­spruch Zug um Zug ge­gen Über­eig­nung des Fahr­zeugs be­ste­he, sei­en die gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen nicht ver­geb­lich er­bracht wor­den.

[9]    Schließ­lich kön­ne der Klä­ger auch kei­ne Frei­stel­lung von au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten ver­lan­gen. Ei­ne ent­spre­chen­de Ver­bind­lich­keit sei nicht sub­stan­zi­iert dar­ge­legt, da es an jeg­li­chem Sach­vor­trag des Klä­gers zu ei­ner au­ßer­ge­richt­li­chen an­walt­li­chen Be­ra­tung vor der Kla­ge­er­he­bung feh­le.

[10]   II. Die Re­vi­si­on ist un­be­grün­det. Die Ent­schei­dung des Be­ru­fungs­ge­richts hält der recht­li­chen Über­prü­fung stand.

[11]   1. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat frei von Rechts­feh­lern an­ge­nom­men, dass ein et­wai­ger Kauf­prei­ser­stat­tungs­an­spruch des Klä­gers (vgl. zur Haf­tung dem Grun­de nach Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 12–63) – un­ab­hän­gig von der Rechts­grund­la­ge – im We­ge der Vor­teil­s­an­rech­nung um die vom Klä­ger ge­zo­ge­nen Nut­zungs­vor­tei­le zu re­du­zie­ren ist, was un­ter den be­son­de­ren Um­stän­den des vor­lie­gen­den Fal­les zu ei­nem voll­stän­di­gen Weg­fall des Scha­dens des Klä­gers führt. Die in­so­weit von der Re­vi­si­on er­ho­be­nen Ein­wän­de, mit der Vor­teil­s­an­rech­nung wür­den die Prä­ven­ti­ons­wir­kung des De­liktsrechts ver­fehlt, das Ge­bot uni­ons­rechts­kon­for­mer Rechts­an­wen­dung ver­letzt, die Be­klag­te un­an­ge­mes­sen ent­las­tet und ge­setz­li­che Wer­tun­gen miss­ach­tet, grei­fen nicht durch (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 64–77 m. w. Nachw.).

[12]   2. Bei der ge­mäß § 287 ZPO vor­zu­neh­men­den Be­mes­sung der an­zu­rech­nen­den Vor­tei­le ist das Be­ru­fungs­ge­richt von fol­gen­der Be­rech­nungs­for­mel aus­ge­gan­gen:

\text{Nut­zungs­vor­teil} = {\frac{\text{Brut­to­kauf­preis}\times\text{ge­fah­re­ne Stre­cke (seit Er­werb)}}{\text{er­war­te­te Rest­lauf­leis­tung im Er­werbs­zeit­punkt}}}.

[13]   Die­se Be­rech­nungs­me­tho­de ist re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Der Ein­wand der Re­vi­si­on, der er­rech­ne­te Nut­zungs­vor­teil sei zu­min­dest er­heb­lich her­ab­zu­set­zen, weil die Fahr­zeug­nut­zung recht­lich un­zu­läs­sig sei, ver­fängt nicht, da es im Rah­men der Vor­teils­aus­glei­chung auf die tat­säch­lich ge­zo­ge­nen Vor­tei­le an­kommt (vgl. zum Gan­zen Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 78–82 m. w. Nachw.).

[14]   Ent­ge­gen der An­sicht der Re­vi­si­on ist die Vor­teil­s­an­rech­nung auch nicht auf den Zeit­raum bis zu ei­nem et­wai­gen Ein­tritt des Schuld­ner- oder An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten be­schränkt (zum An­nah­me­ver­zug vgl. be­reits BGH, Urt. v. 02.07.1962 – VI­II ZR 12/61, NJW 1962, 1909 f., ju­ris Rn. 6). Die Vor­teil­s­an­rech­nung ba­siert dar­auf, dass der Klä­ger mit der fort­ge­setz­ten Nut­zung des Fahr­zeugs ei­nen geld­wer­ten Vor­teil er­zielt. Ein et­wai­ger Ver­zug der Be­klag­ten än­der­te hier­an nichts (vgl. auch Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 68).

[15]   3. Die vom Be­ru­fungs­ge­richt zu­grun­de ge­leg­te Ge­samt­lauf­leis­tungs­er­war­tung von 250.000 km wird von der Re­vi­si­on nicht an­ge­grif­fen und ist schon des­halb re­vi­si­ons­recht­lich hin­zu­neh­men. Es ist auch nicht aus sons­ti­gen Rechts­grün­den zu be­an­stan­den, dass der et­wai­ge Kauf­prei­ser­stat­tungs­an­spruch des Klä­gers durch die Vor­teil­s­an­rech­nung voll­stän­dig auf­ge­zehrt wird und so­mit ent­fällt. Die Vor­teil­s­an­rech­nung ist dem Ge­schä­dig­ten auch mit die­ser Kon­se­quenz zu­mut­bar und ent­las­tet die Schä­di­ge­rin nicht un­an­ge­mes­sen, ent­spricht al­so auch mit die­ser Kon­se­quenz dem Zweck des Er­satz­an­spruchs. Sie ver­hin­dert da­mit zwar ei­ne Los­lö­sung vom un­ge­woll­ten Kauf­ver­trag im We­ge des Scha­dens­er­sat­zes (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 47 m. w. Nachw.). Maß­geb­lich ist aber, dass der mit dem Kauf­prei­ser­stat­tungs­an­spruch gel­tend ge­mach­te fi­nan­zi­el­le Scha­den durch die geld­wer­te Fahr­zeug­nut­zung be­reits voll­stän­dig aus­ge­gli­chen wur­de. Ei­ne Be­gren­zung der Vor­teil­s­an­rech­nung – et­wa auf den Wert­ver­lust des Fahr­zeugs – ist nicht an­ge­zeigt (vgl. für den Nut­zungs­er­satz nach Rück­tritt auch BGH, Urt. v. 09.04.2014 – VI­II ZR 215/13, NJW 2014, 2435 Rn. 11 f., 17). So­weit der Kauf­prei­ser­stat­tungs­an­spruch von den Nut­zungs­vor­tei­len erst nach Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit auf­ge­zehrt wird, ver­bleibt dem Ge­schä­dig­ten die Mög­lich­keit, den Rechts­streit in der Haupt­sa­che für er­le­digt zu er­klä­ren.

[16]   4. Dass das Be­ru­fungs­ge­richt dem Klä­ger in Be­zug auf ei­nen mög­li­chen Kauf­prei­ser­stat­tungs­an­spruch kei­ne Zin­sen zu­ge­spro­chen hat, ist im Er­geb­nis eben­falls nicht zu be­an­stan­den. Für den Zeit­raum, in dem der Kauf­preis noch nicht voll­stän­dig durch die an­zu­rech­nen­den Nut­zungs­vor­tei­le auf­ge­zehrt war, kommt die Ver­zin­sung ei­nes (rest­li­chen) Er­stat­tungs­an­spruchs zwar grund­sätz­lich in Be­tracht. Die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Zins­an­spruchs sind vor­lie­gend aber nicht er­füllt.

[17]   a) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on steht dem Klä­ger kein Zins­an­spruch ge­mäß § 849 BGB zu.

[18]   Der Zins­an­spruch nach § 849 BGB soll mit ei­nem pau­scha­lier­ten Min­dest­be­trag den Ver­lust der Nutz­bar­keit ei­ner ent­zo­ge­nen oder be­schä­dig­ten Sa­che aus­glei­chen, der durch den spä­te­ren Ge­brauch der­sel­ben oder ei­ner an­de­ren Sa­che nicht nach­ge­holt wer­den kann (Se­nat, Urt. v. 24.02.1983 – VI ZR 191/81, BGHZ 87, 38, 41 = ju­ris Rn. 10 m. w. Nachw.; BGH, Ver­säum­nis­urt. v. 26.11.2007 – II ZR 167/06, NJW 2008, 1084 Rn. 5). Die Vor­schrift er­fasst grund­sätz­lich je­den Sach­ver­lust durch De­likt, auch wenn die­ser mit dem Wil­len des Ge­schä­dig­ten durch Weg­ga­be er­folgt. "Sa­che" i. S. von § 849 BGB ist da­bei auch Geld in je­der Form (BGH, Ver­säum­nis­urt. v. 26.11.2007 – II ZR 167/06, NJW 2008, 1084 Rn. 4 ff. m. w. Nachw.). Ein all­ge­mei­ner Rechts­grund­satz da­hin, de­lik­ti­sche Scha­dens­er­satz­an­sprü­che sei­en stets von ih­rer Ent­ste­hung an zu ver­zin­sen, ist § 849 BGB aber nicht zu ent­neh­men (BGH, Urt. v. 12.06.2018 – KZR 56/16, NJW 2018, 2479 Rn. 45).

[19]   Vor­lie­gend steht ei­ner An­wen­dung des § 849 BGB schon der Um­stand ent­ge­gen, dass der Klä­ger als Ge­gen­leis­tung für die Hin­ga­be des Kauf­prei­ses ein in tat­säch­li­cher Hin­sicht voll nutz­ba­res Fahr­zeug er­hielt (vgl. et­wa OLG Ko­blenz, Urt. v. 28.08.2019 – 5 U 1218/18, ju­ris Rn. 136; OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019 – 13 U 149/18, ju­ris Rn. 97; OLG Cel­le, Urt. v. 22.01.2020 – 7 U 445/18, ju­ris Rn. 72 f. m. w. Nachw.). Zwar hat der Klä­ger durch den un­ge­woll­ten Ver­trags­schluss ei­nen Scha­den er­lit­ten, weil dem Fahr­zeug ei­ne Be­triebs­be­schrän­kung oder -un­ter­sa­gung droh­te und im Zeit­punkt des Er­werbs nicht ab­seh­bar war, ob über­haupt, wenn ja zu wel­chem Zeit­punkt und wie – vor al­lem oh­ne Nach­teil für den Käu­fer – der Man­gel be­ho­ben wer­den kann (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 48 ff.). Gleich­wohl war das Fahr­zeug im Streit­fall aber tat­säch­lich nutz­bar, weil sich die be­ste­hen­de Ge­fahr nicht rea­li­sier­te. Die tat­säch­li­che Mög­lich­keit, das Fahr­zeug zu nut­zen, kom­pen­sier­te da­mit den Ver­lust der Nut­zungs­mög­lich­keit des Gel­des. Die Be­triebs­un­ter­sa­gung vom 21.06.2018 spielt in­so­weit schon des­halb kei­ne Rol­le, weil der Klä­ger das Fahr­zeug wei­ter­nutz­te und auf­grund der auf­schie­ben­den Wir­kung sei­ner ge­gen die Be­triebs­un­ter­sa­gung ge­rich­te­ten Kla­ge auch wei­ter­nut­zen durf­te. Ei­ne Ver­zin­sung ge­mäß § 849 BGB ent­sprä­che nach dem Ge­sag­ten nicht dem Norm­zweck, son­dern kä­me ei­ner nach all­ge­mei­nen scha­dens­recht­li­chen Grund­sät­zen nicht ge­recht­fer­tig­ten Über­kom­pen­sa­ti­on gleich. An­ders liegt es et­wa in Ka­pi­tal­an­la­ge­fäl­len (vgl. BGH, Ver­säum­nis­urt. v. 26.11.2007 – II ZR 167/06, NJW 2008, 1084; Urt. v. 15.11.2011 – XI ZR 54/09, BKR 2012, 78 Rn. 65), weil dort die Weg­ga­be des Gel­des nicht im Hin­blick auf ei­ne tat­säch­li­che Nut­zung der Ge­gen­leis­tung er­folgt, son­dern ty­pi­scher­wei­se zur Er­zie­lung ei­ner Ren­di­te, so­dass es für den An­spruch aus § 849 BGB nicht auf die Ge­gen­leis­tung an­kommt.

[20]   Dass sich der Klä­ger die tat­säch­li­che Fahr­zeug­nut­zung im We­ge des Vor­teils­aus­gleichs an­rech­nen las­sen muss, recht­fer­tigt ent­ge­gen ei­ner in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur ver­tre­te­nen An­sicht (et­wa OLG Köln, Urt. v. 10.03.2020 – I-4 U 219/19, ju­ris Rn. 157 f.; Klöhn, ZIP 2020, 341, 350) kei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung. Der kom­pen­sie­ren­de Leis­tungs­aus­tausch (Geld ge­gen Fahr­zeug), der zur Un­an­wend­bar­keit des § 849 BGB führt, fand un­ab­hän­gig da­von statt, ob und in wel­chem Aus­maß das Fahr­zeug spä­ter tat­säch­lich ge­nutzt wur­de; maß­ge­bend ist hier die Mög­lich­keit der Nut­zung. Der Klä­ger war be­reit, für das Fahr­zeug nicht nur den Kauf­preis hin­zu­ge­ben, son­dern auch auf des­sen ren­tier­li­che Nut­zung wäh­rend des Fahr­zeug­be­sit­zes zu ver­zich­ten.

[21]   Vor dem Hin­ter­grund der un­ein­ge­schränk­ten tat­säch­li­chen Nutz­bar­keit des er­lang­ten Fahr­zeugs kommt ent­ge­gen der An­sicht der Re­vi­si­on schließ­lich auch kei­ne Ver­zin­sung ei­nes Teils des Kauf­prei­ses in Be­tracht.

[22]   b) Es be­steht auch kein Zins­an­spruch des Klä­gers un­ter dem Ge­sichts­punkt des Ver­zugs (§ 288 I BGB). Ei­ne ver­zugs­be­grün­den­de Mah­nung ge­mäß § 286 I 1 BGB ist we­der fest­ge­stellt, noch wird sie von der Re­vi­si­on gel­tend ge­macht. Ent­ge­gen der An­sicht der Re­vi­si­on lie­gen auch kei­ne be­son­de­ren Grün­de vor, die un­ter Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen der Par­tei­en den so­for­ti­gen Ver­zug­s­ein­tritt oh­ne Mah­nung recht­fer­ti­gen wür­den (§ 286 II Nr. 4 BGB). Ins­be­son­de­re ist der Streit­fall mit den un­ter der Be­zeich­nung „fur sem­per in mo­ra“ er­ör­ter­ten Sach­ver­halts­kon­stel­la­tio­nen nicht ver­gleich­bar.

[23]   c) Schließ­lich be­steht auch kein An­spruch auf Pro­zess­zin­sen aus § 291 BGB. Die Re­vi­si­on hat kei­nen von den Vor­in­stan­zen über­gan­ge­nen Tat­sa­chen­vor­trag da­zu auf­ge­zeigt, ob und in wel­cher Hö­he un­ter Be­rück­sich­ti­gung der an­zu­rech­nen­den Nut­zungs­vor­tei­le bei Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit ei­ne ver­zins­li­che Haupt­for­de­rung be­stand und wie sich die­se im Lau­fe des Ver­fah­rens an­ge­sichts der fort­lau­fen­den Nut­zung des Fahr­zeugs ge­ge­be­nen­falls ent­wi­ckel­te.

[24]   5. Im Er­geb­nis zu­tref­fend hat das Be­ru­fungs­ge­richt auch den vom Klä­ger er­ho­be­nen An­spruch auf Er­satz von Auf­wen­dun­gen in Hö­he von ins­ge­samt 2.119,48 € ver­neint. Der Klä­ger macht, so­weit an­hand der ein­ge­reich­ten Rech­nun­gen nach­voll­zieh­bar, In­spek­ti­ons- und War­tungs­kos­ten ein­schließ­lich Ver­brauchs­ma­te­ria­li­en (Schmier­stof­fe, Fil­ter etc.) so­wie Klein­re­pa­ra­tu­ren gel­tend, wo­bei die letz­ten die­ser Auf­wen­dun­gen bei ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 179.450 ge­tä­tigt wur­den. Auf­wen­dun­gen der hier frag­li­chen Art, die zu den ge­wöhn­li­chen Un­ter­hal­tungs­kos­ten zäh­len, sind un­ter den im Streit­fall ge­ge­be­nen Um­stän­den nicht er­satz­fä­hig. Da der Klä­ger das Fahr­zeug wie vor­ge­se­hen ge­nutzt hat, han­delt es sich in­so­weit nicht um ver­geb­li­che Auf­wen­dun­gen.

[25]   6. Schließ­lich hält das Be­ru­fungs­ur­teil der re­vi­si­ons­ge­richt­li­chen Kon­trol­le auch in­so­weit stand, als ein An­spruch des Klä­gers auf Frei­stel­lung von vor­ge­richt­li­chen Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten ver­neint wur­de. Die Rü­ge der Re­vi­si­on, dass der Klä­ger auf Sei­te 14 der Kla­ge­schrift und mit der An­la­ge K 3 ei­ne au­ßer­ge­richt­li­che An­walts­tä­tig­keit dar­ge­legt ha­be, greift nicht durch. Auf Sei­te 14 der Kla­ge­schrift ist – in an­de­rem Zu­sam­men­hang – oh­ne Hin­weis auf ei­ne An­walts­tä­tig­keit le­dig­lich von ei­nem „An­spruchs­schrei­ben des Klä­gers“ die Re­de. Die eben­falls in an­de­rem Zu­sam­men­hang vor­ge­leg­te An­la­ge K 3 – ein vor­ge­richt­li­ches Schrei­ben der Be­klag­ten vom 23.09.2016 – lässt zwar er­ken­nen, dass die erst­in­stanz­li­chen Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten des Klä­gers der Be­klag­ten mit­ge­teilt hat­ten, ihr Man­dant – of­fen­bar der Klä­ger – wol­le sein Fahr­zeug an die Be­klag­te „zu­rück­ge­ben“. Dar­in liegt je­doch noch kei­ne aus­rei­chen­de Dar­le­gung ei­ner vor­ge­richt­li­chen An­walts­tä­tig­keit.

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