1. Aus der Na­tur ei­nes kauf­recht­li­chen Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis er­gibt sich, dass Er­fül­lungs­ort so­wohl für den An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses als auch für den An­spruch auf Rück­ge­währ der Kauf­sa­che der Ort ist, an dem sich die Kauf­sa­che ver­trags­ge­mäß be­fin­det.
  2. Macht ein Rechts­an­walt au­ßer­ge­richt­lich kauf­recht­li­che Rück­ge­währan­sprü­che gel­tend, so ist der An­spruch auf Er­satz der da­für an­ge­fal­le­nen Rechts­an­walts­kos­ten am sel­ben Ort zu er­fül­len wie die Rück­ge­währan­sprü­che.
  3. Ein Ver­wei­sungs­be­schluss ist ob­jek­tiv will­kür­lich und des­halb für das Ge­richt, an das die Sa­che ver­wie­sen wird, nicht bin­dend, wenn sich das ver­wei­sen­de Ge­richt mit ei­ner sei­ne Zu­stän­dig­keit be­grün­den­den Norm (hier: § 29 I ZPO) nicht be­fasst hat, ob­wohl sich ei­ne Be­fas­sung da­mit nach den Um­stän­den – ins­be­son­de­re nach dem Vor­trag der Par­tei­en – der­art auf­dräng­te, dass die ge­trof­fe­ne Ver­wei­sungs­ent­schei­dung als nicht auf der Grund­la­ge von § 281 ZPO er­gan­gen an­ge­se­hen wer­den kann.

Baye­ri­sches Obers­tes Lan­des­ge­richt, Be­schluss vom 08.04.2020 – 1 AR 18/20

Sach­ver­halt: Der Klä­ger wohnt im Be­zirk des AG Kemp­ten (All­gäu) und hat bei die­sem Ge­richt Kla­ge ge­gen die in Köln woh­nen­de Be­klag­te er­ho­ben. Er be­haup­tet, ein ge­brauch­ter Kin­der­wa­gen, den er von der Be­klag­ten er­wor­ben hat, sei man­gel­haft. Er ha­be die Be­klag­te auf­ge­for­dert, ihm den Kauf­preis und die von ihm ge­tra­ge­nen Trans­port­kos­ten zu er­stat­ten, und da­mit die Zu­sa­ge ver­bun­den, den Kin­der­wa­gen an­schlie­ßend an die Be­kla­ge zu­rück­zu­sen­den. Dar­auf­hin ha­be die Be­klag­te er­wi­dert, sie wol­le erst den Kin­der­wa­gen zu­rück­ha­ben und wer­de erst an­schlie­ßend Zah­lun­gen leis­ten. Auf das An­ge­bot sei­nes – des Klä­gers – Rechts­an­walt, dass der Klä­ger den Kin­der­wa­gen zu­rück­sen­den wer­de, so­bald die dem Klä­ger zu er­stat­ten­den Be­trä­ge ei­nem An­der­kon­to des Rechts­an­walts gut­ge­schrie­ben wor­den sei­en, ha­be die Be­klag­te nicht re­agiert.

Mit sei­ner Kla­ge macht der Klä­ger ne­ben dem An­spruch auf Er­stat­tung des Kauf­prei­ses (350 € nebst Zin­sen) und der Trans­port­kos­ten (43,27 € nebst Zin­sen) den Er­satz vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 83,54 € gel­tend. Das AG Kemp­ten (All­gäu) – so meint der Klä­ger – sei für die Kla­ge ört­lich zu­stän­dig, da es um die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags ge­he.

Die Be­klag­te ist der Kla­ge ent­ge­gen­ge­tre­ten. Sie ver­tritt die Auf­fas­sung, dass ört­lich das AG Köln zu­stän­dig sei, weil die Pflicht des Klä­gers zur Rück­ge­währ des Kin­der­wa­gens ei­ne Schick­schuld sei. Ei­ne Hol­schuld tref­fe sie – die Be­klag­te – in­so­weit nicht, denn bis­lang ha­be der Klä­ger we­der sei­nen Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt noch die Rück­ge­währ des Kin­der­wa­gens an­ge­bo­ten.

Der Klä­ger hat in der Fol­ge be­an­tragt, den Rechts­streit an das AG Köln zu ver­wei­sen.

Mit Be­schluss vom 05.09.2019 hat sich das AG Kemp­ten (All­gäu) für ört­lich un­zu­stän­dig er­klärt und den Rechts­streit an das AG Köln ver­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es le­dig­lich aus­ge­führt, dass die Ent­schei­dung auf § 281 I ZPO be­ru­he. Das an­ge­gan­ge­ne Ge­richt sei ört­lich un­zu­stän­dig; auf An­trag der Kla­ge­par­tei ha­be es sich des­halb für un­zu­stän­dig zu er­klä­ren und den Rechts­streit an das ört­lich zu­stän­di­ge Ge­richt zu ver­wei­sen.

Das AG Köln hat sich mit Be­schluss vom 08.01.2020 für ört­lich un­zu­stän­dig er­klärt und die Sa­che mit Be­schluss vom 04.02.2020 dem Baye­ri­schen Obers­ten Lan­des­ge­richt zur Be­stim­mung des zu­stän­di­gen Ge­richts vor­ge­legt. Im Be­stim­mungs­ver­fah­ren hat der Klä­ger sei­ne Auf­fas­sung be­kräf­tigt, dass das AG Kemp­ten (All­gäu) zu­stän­dig sei; er ha­be die Ver­wei­sung des Rechts­streits an das AG Köln auf­grund ei­nes – nicht in den Ak­ten be­find­li­chen – Hin­wei­ses des AG Kemp­ten (All­gäu) be­an­tragt. Die­sen Hin­weis ha­be das Ge­richt er­teilt, nach­dem die Be­klag­te sei­ne ört­li­che Zu­stän­dig­keit ge­rügt ha­be. Die Be­klag­te hat sich im Be­stim­mungs­ver­fah­ren nicht ge­äu­ßert.

Als zu­stän­di­ges Ge­richt wur­de das AG Kemp­ten (All­gäu) be­stimmt.

Aus den Grün­den: II. … 1. Die Vor­aus­set­zun­gen für die Zu­stän­dig­keits­be­stim­mung ge­mäß § 36 I Nr. 6, II ZPO (vgl. Zöl­ler/Schultz­ky, ZPO, 33. Aufl. [2020], § 36 Rn. 34 m. w. Nachw.) durch das Baye­ri­sche Obers­te Lan­des­ge­richt lie­gen vor.

Das AG Kemp­ten (All­gäu) hat sich durch un­an­fecht­ba­ren Ver­wei­sungs­be­schluss vom 05.09.2019 (§ 281 II 2 ZPO) für un­zu­stän­dig er­klärt, das AG Köln durch die zu­stän­dig­keits­ver­nei­nen­de Ent­schei­dung vom 08.01.2020. Die je­weils aus­drück­lich aus­ge­spro­che­ne Leug­nung der ei­ge­nen Zu­stän­dig­keit er­füllt das Tat­be­stands­merk­mal „rechts­kräf­tig“ i. S. des § 36 I Nr. 6 ZPO (st. Rspr., vgl. BGH, Beschl. v. 15.08.2017 – X ARZ 204/17, NJW-RR 2017, 1213 Rn. 12 m. w. Nachw.). Nicht nur der Ver­wei­sungs­be­schluss selbst ist ge­mäß § 281 II 2 ZPO un­an­fecht­bar, son­dern auch der Be­schluss, mit dem sich das Ge­richt, an das ver­wie­sen wor­den ist, sei­ner­seits für un­zu­stän­dig er­klärt (vgl. BGH, Beschl. v. 22.02.1978 – IV ARZ 10/78, BGHZ 71, 15 = ju­ris Rn. 2; Ba­yO­bLG, Beschl. v. 19.09.2002 – 1Z AR 120/02, ju­ris Rn. 8). Dem steht nicht ent­ge­gen, dass das AG Köln die Par­tei­en vor sei­ner Ent­schei­dung nicht ge­hört hat, denn es hat sei­ne Ent­schei­dung den Par­tei­en zu­min­dest nach­träg­lich be­kannt ge­macht (vgl. KG, Beschl. v. 06.03.2008 – 2 AR 12/08, NJW-RR 2008, 1465 = ju­ris Rn. 5), so­dass die­se nicht mehr als ge­richts­in­ter­ner Vor­gang an­ge­se­hen wer­den kann, der die An­for­de­rung des § 36 I Nr. 6 ZPO nicht er­füll­te (vgl. BGH, Beschl. v. 22.02.1995 – XII ARZ 2/95, NJW-RR 1995, 641 = ju­ris Rn. 10; Ba­yO­bLG, Beschl. v. 02.09.2005 – 1Z AR 16/05, NJW-RR 2005, 1012 = ju­ris Rn. 3).

Zu­stän­dig für die Be­stim­mungs­ent­schei­dung ist ge­mäß § 36 II ZPO i. V. mit § 9 EG­Z­PO das Baye­ri­sche Obers­te Lan­des­ge­richt, weil die Be­zir­ke der am ne­ga­ti­ven Kom­pe­tenz­kon­flikt be­tei­lig­ten Ge­rich­te zu den Zu­stän­dig­keits­be­rei­chen un­ter­schied­li­cher Ober­lan­des­ge­rich­te (Mün­chen und Köln) ge­hö­ren und das mit der Rechts­sa­che zu­erst be­fass­te Ge­richt in Bay­ern liegt.

2. Ört­lich zu­stän­dig ist das AG Kemp­ten (All­gäu).

a) Des­sen ört­li­che Zu­stän­dig­keit er­gibt sich aus § 29 I ZPO.

Die­se Vor­schrift be­grün­det ei­nen be­son­de­ren Ge­richts­stand an dem Ort, an dem die strei­ti­ge Ver­pflich­tung zu er­fül­len ist. Wel­cher Ort das ist, be­stimmt sich nach dem ma­te­ri­el­len Recht, ins­be­son­de­re § 269 I BGB. Da­nach hat die Leis­tung bei Feh­len ei­ner Be­stim­mung durch die Par­tei­en des Schuld­ver­hält­nis­ses an dem Ort zu er­fol­gen, der den Um­stän­den, ins­be­son­de­re aus der Na­tur des Schuld­ver­hält­nis­ses, zu ent­neh­men ist, an­sons­ten am Wohn­sitz des Schuld­ners.

Bei ei­nem kauf­recht­li­chen Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis er­gibt sich aus der Na­tur der Sa­che ein ein­heit­li­cher Er­fül­lungs­ort so­wohl für den An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses als auch für den An­spruch auf Rück­ga­be des Kauf­ge­gen­stands an dem Ort, an dem sich der Kauf­ge­gen­stand ver­trags­ge­mäß be­fin­det (vgl. BGH, Urt. v. 09.03.1983 – VI­II ZR 11/82, BGHZ 87, 104 = ju­ris Rn. 14; Ba­yO­bLG, Beschl. v. 09.01.2004 – 1Z AR 140/03, ju­ris Rn. 10; OLG Mün­chen, Urt. v. 04.10.2018 – 24 U 1279/18, ju­ris Rn. 10; Urt. v. 13.01.2014 – 19 U 3721/13, ju­ris Rn. 14; KG, Beschl. v. 21.03.2016 – 2 AR 9/16, ju­ris Rn. 10; OLG Hamm, Urt. v. 20.10.2015 – 28 U 91/15, NJW-RR 2016, 177 = ju­ris Rn. 33; OLG Düs­sel­dorf, Beschl. v. 17.07.2013 – I-22 W 19/13, ju­ris Rn. 11; OLG Karls­ru­he, Urt. v. 14.06.2013 – 13 U 53/13, ju­ris Rn. 6; OLG Bam­berg, Beschl. v. 24.04.2013 – 8 SA 9/13, ju­ris Rn. 21; OLG Schles­wig, Urt. v. 04.09.2012 – 3 U 99/11, ju­ris Rn. 17 f.; OLG Saar­brü­cken, Beschl. v. 06.01.2005 – 5 W 306/04, NJW 2005, 906 = ju­ris Rn. 5; Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 79. Aufl. [2020], § 269 Rn. 14; Bitt­ner/Kol­be, in: Stau­din­ger, BGB, Neu­be­arb. 2019, § 269 Rn. 29; MünchKomm-BGB/Krü­ger, 8. Aufl. [2019], § 269 Rn. 42 a. E.; a. A. Be­ckOK-BGB/Lo­renz, Stand: 01.02.2020, § 269 Rn. 36; BeckOGK/Be­urs­kens, Stand: 15.12.2019, § 269 BGB Rn. 51.1; Stö­ber, NJW 2006, 2661, 2662 ff.).

Ein An­spruch auf Er­stat­tung vor­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten stellt sich als Se­kun­där­an­spruch zu der Leis­tung aus dem Ver­trags­ver­hält­nis dar, die vor­ge­richt­lich an­walt­lich gel­tend ge­macht wor­den ist. In­so­weit ist an den Ort für die­se Pri­mär­leis­tung an­zu­knüp­fen (vgl. BGH, Urt. v. 07.11.2012 – VI­II ZR 108/12, BGHZ 195, 243 Rn. 14; Be­ckOK-ZPO/Tous­saint, Stand: 01.01.2020, § 29 Rn. 19; Zöl­ler/Schultz­ky, a. a. O., § 29 Rn. 19; BeckOGK/Be­urs­kens, a. a. O., § 269 BGB Rn. 8; Hein­rich, in: Mu­sielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. [2020], § 29 Rn. 16).

b) Da­nach sind die For­de­run­gen, die der Klä­ger gel­tend macht, an des­sen Wohn­sitz zu er­fül­len, so­dass das AG Kemp­ten (All­gäu) ört­lich zu­stän­dig ist. Auch so­weit der Klä­ger ne­ben der Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses die Er­stat­tung sei­ner Trans­port­kos­ten ver­langt, lei­tet er den An­spruch aus der Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags her. Den An­spruch auf Er­satz vor­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten stützt er er­sicht­lich, wenn auch nicht aus­drück­lich an­ge­spro­chen, auf Ver­zug der Be­klag­ten mit den – ih­rer­seits am Klä­ger­wohn­sitz zu er­fül­len­den – Ver­pflich­tun­gen zur Er­stat­tung des Kauf­prei­ses und der Trans­port­kos­ten, so­dass der Er­fül­lungs­ort auch in­so­weit dort liegt.

Der Zu­stän­dig­keit des AG Kemp­ten (All­gäu) steht nicht ent­ge­gen, dass die Be­klag­te sich dar­auf be­ru­fen hat, ein Rück­tritt sei nicht er­folgt. Denn ob die Vor­aus­set­zun­gen für die gel­tend ge­mach­ten An­sprü­che vor­lie­gen – zu de­nen im Streit­fall die Rück­tritts­er­klä­rung zählt –, ist ei­ne Fra­ge der Be­grün­det­heit. So­weit ei­ner sol­chen Tat­sa­che da­ne­ben Be­deu­tung für die Zu­stän­dig­keits­prü­fung zu­kommt, ist die Rich­tig­keit des Kla­ge­vor­trags da­zu zu un­ter­stel­len, so­fern er schlüs­sig ist (vgl. BGH, Urt. v. 25.10.2016 – VI ZR 678/15, BGHZ 212, 318 Rn. 22 m. w. Nachw.). Des­halb ist im Streit­fall aus­rei­chend, dass der Klä­ger vor­trägt, die Be­klag­te sei un­ter An­kün­di­gung der Rück­sen­dung der Wa­re zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses auf­ge­for­dert wor­den; die­sem Vor­brin­gen ist ei­ne zu­min­dest kon­klu­den­te Rück­tritts­er­klä­rung zu ent­neh­men.

Eben­so we­nig steht der Zu­stän­dig­keit des AG Kemp­ten (All­gäu) ent­ge­gen, dass der Klä­ger die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses nicht Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Kauf­ge­gen­stands, son­dern un­be­dingt be­an­tragt. In­so­weit mag der Kla­ge­an­trag un­ter Um­stän­den nicht voll­stän­dig Er­folg ha­ben; an dem Ort, an dem die gel­tend ge­mach­te For­de­rung nach dem klä­ge­ri­schen Vor­brin­gen zu er­fül­len ist, än­dert das in­des nichts.

c) Die ört­li­che Zu­stän­dig­keit des AG Kemp­ten (All­gäu) ist nicht da­durch ent­fal­len, dass der Klä­ger als (mit­tel­ba­re oder un­mit­tel­ba­re) Re­ak­ti­on auf die Zu­stän­dig­keits­rü­ge der Be­klag­ten die Ver­wei­sung an das – ge­mäß §§ 12, 13 ZPO eben­falls zu­stän­di­ge – AG Köln be­an­tragt hat. Denn mit der Kla­ge­er­he­bung (§ 253 I, § 261 I ZPO) beim zu­stän­di­gen Ge­richt hat er sein zwi­schen meh­re­ren Ge­richts­stän­den ge­mäß § 35 ZPO be­ste­hen­des Wahl­recht bin­dend und un­wi­der­ruf­lich aus­ge­übt (vgl. OLG Mün­chen, Beschl. v. 11.03.2020 – 34 AR 235/19, ju­ris Rn. 13; Zöl­ler/Schultz­ky, a. a. O., § 35 Rn. 2 f.); ei­ne spä­te­re Än­de­rung kommt we­gen des sich aus § 261 III Nr. 2 ZPO er­ge­ben­den Grund­sat­zes der per­pe­tua­tio fo­ri nicht in Be­tracht.

d) Der ört­li­chen Zu­stän­dig­keit des AG Kemp­ten (All­gäu) steht auch des­sen Ver­wei­sungs­be­schluss vom 05.09.2019 nicht ent­ge­gen.

aa) Der Ge­setz­ge­ber hat in § 281 II 2 und 4 ZPO die grund­sätz­li­che Un­an­fecht­bar­keit von Ver­wei­sungs­be­schlüs­sen und de­ren Bin­dungs­wir­kung an­ge­ord­net. Dies hat der Se­nat im Ver­fah­ren nach § 36 I Nr. 6 ZPO zu be­ach­ten. Im Fal­le ei­nes ne­ga­ti­ven Kom­pe­tenz­kon­flikts in­ner­halb der or­dent­li­chen Ge­richts­bar­keit ist da­her grund­sätz­lich das Ge­richt als zu­stän­dig zu be­stim­men, an das die Sa­che in dem zu­erst er­gan­ge­nen Ver­wei­sungs­be­schluss ver­wie­sen wor­den ist. Dem­nach ent­zie­hen sich auch ein sach­lich zu Un­recht er­gan­ge­ner Ver­wei­sungs­be­schluss und die die­sem Be­schluss zu­grun­de lie­gen­de Ent­schei­dung über die Zu­stän­dig­keit grund­sätz­lich je­der Nach­prü­fung. Die Bin­dungs­wir­kung ent­fällt nur dann, wenn der Ver­wei­sungs­be­schluss schlech­ter­dings nicht als im Rah­men des § 281 ZPO er­gan­gen an­zu­se­hen ist, et­wa weil er auf ei­ner Ver­let­zung recht­li­chen Ge­hörs be­ruht, nicht durch den ge­setz­li­chen Rich­ter er­las­sen wur­de oder je­der ge­setz­li­chen Grund­la­ge ent­behrt und des­halb als ob­jek­tiv will­kür­lich be­trach­tet wer­den muss (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 15.08.2017 – X ARZ 204/17, NJW-RR 2017, 1213 Rn. 15; Zöl­ler/Gre­ger, ZPO, 33. Aufl. [2020], § 281 Rn. 16 f.; je­weils m. w Nachw.).

Will­kür liegt nur vor, wenn der Ver­wei­sungs­be­schluss bei ver­stän­di­ger Wür­di­gung der das Grund­ge­setz be­herr­schen­den Ge­dan­ken nicht mehr ver­ständ­lich er­scheint und of­fen­sicht­lich un­halt­bar ist (vgl. BGH, Beschl. v. 09.06.2015 – X ARZ 115/15, NJW-RR 2015, 1016 Rn. 9 m. w. Nachw.). Ein Ver­wei­sungs­be­schluss kann als nicht mehr ver­ständ­lich und of­fen­sicht­lich un­halt­bar zu be­ur­tei­len sein, wenn das ver­wei­sen­de Ge­richt ei­ne sei­ne Zu­stän­dig­keit be­grün­den­de Norm nicht zur Kennt­nis ge­nom­men oder sich oh­ne Wei­te­res dar­über hin­weg­ge­setzt hat. Je­doch ist ei­ne Ver­wei­sung nicht stets als will­kür­lich an­zu­se­hen, wenn das ver­wei­sen­de Ge­richt sich mit ei­ner sei­ne Zu­stän­dig­keit be­grün­den­den Norm nicht be­fasst hat, et­wa weil es die Vor­schrift über­se­hen oder de­ren An­wen­dungs­be­reich un­zu­tref­fend be­ur­teilt hat. Denn für die Be­wer­tung als will­kür­lich ge­nügt es nicht, dass der Ver­wei­sungs­be­schluss in­halt­lich un­rich­tig oder sonst feh­ler­haft ist. Es be­darf viel­mehr zu­sätz­li­cher Um­stän­de, die die ge­trof­fe­ne Ent­schei­dung als schlech­ter­dings nicht mehr nach­voll­zieh­bar er­schei­nen las­sen (vgl. BGH, Beschl. v. 09.06.2015 – X ARZ 115/15, NJW-RR 2015, 1016 Rn. 11 m. w. Nachw.). Sol­che sind et­wa ge­ge­ben, wenn sich ei­ne Be­fas­sung mit dem Ge­richts­stand nach den Um­stän­den, ins­be­son­de­re dem Par­tei­vor­trag da­zu, der­art auf­drängt, dass die ge­trof­fe­ne Ver­wei­sungs­ent­schei­dung als nicht auf der Grund­la­ge von § 281 ZPO er­gan­gen an­ge­se­hen wer­den kann (vgl. BGH, Beschl. v. 09.06.2015 – X ARZ 115/15, NJW-RR 2015, 1016 Rn. 11, 15; Beschl. v. 17.05.2011 – X ARZ 109/11, NJW-RR 2011, 1364 Rn. 12).

bb) Bei An­le­gung die­ses Maß­stabs ent­fal­tet der Ver­wei­sungs­be­schluss des AG Kemp­ten (All­gäu) kei­ne Bin­dungs­wir­kung. Der Klä­ger hat­te sich be­reits in der Kla­ge­schrift dar­auf be­ru­fen, dass das AG Kemp­ten (All­gäu) zu­stän­dig sei, weil der Kauf­ver­trag rück­ab­ge­wi­ckelt wer­den sol­le. Auch oh­ne aus­drück­li­che Nen­nung des § 29 I ZPO war da­mit der Ge­richts­stand des Er­fül­lungs­orts in ei­ner der­art deut­li­chen Wei­se an­ge­spro­chen, dass es sich für die­ses Ge­richt un­ab­weis­bar auf­drän­gen muss­te, sei­ne Zu­stän­dig­keit un­ter die­sem Ge­sichts­punkt zu prü­fen. Dass es die­se Fra­ge gleich­wohl nicht auf­ge­grif­fen, son­dern den Rechts­streit le­dig­lich mit ei­ner nichts­sa­gen­den Leer­for­mel ver­wie­sen hat, lässt sei­ne Ent­schei­dung als nicht mehr ver­ständ­lich und of­fen­sicht­lich un­halt­bar er­schei­nen.

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