Ein (vermeintlicher) Kaufinteressent, der mit einem zum Verkauf stehenden Fahrzeug eine Probefahrt unternimmt, ist in der Regel auch dann lediglich Besitzdiener (§ 855 BGB) des Verkäufers, wenn dieser – wie üblich – an der Probefahrt nicht teilnimmt. Deshalb kommt das Fahrzeug dem Verkäufer i. S. von § 935 I 1 BGB abhanden, wenn der Kaufinteressent es ohne den Willen des Verkäufers einem Dritten überlässt, sodass ein gutgläubiger Erwerb des Eigentums an dem Fahrzeug durch den Dritten ausgeschlossen ist.
LG Berlin, Urteil vom 26.09.2017 – 36 O 273/16
(nachfolgend: KG, Beschluss vom 04.10.2018 – 26 U 159/17)
Sachverhalt: Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Herausgabe eines – näher bezeichneten – Pkw Audi A6.
Bei diesem Fahrzeug handelt es sich um ein ehemaliges Leasingfahrzeug. Nachdem der Pkw nach Beendigung des Leasingvertrags an die Volkswagen Leasing GmbH zurückgelangt war, hatte diese ihn für 21.241,17 € an die Autohaus W-GmbH (im Folgenden: W-GmbH) verkauft. Anschließend hatte die W-GmbH den Audi A6 als Gebrauchtwagen zum Kauf angeboten.
Für den 12.04.2016 hatte die W-GmbH mit dem Interessenten P eine Probefahrt vereinbart. Der zwischen der W-GmbH und P geschlossene Probefahrtvertrag sah vor, dass P die Probefahrt um 15.25 Uhr beginnt und mit dem Fahrzeug um 15.45 Uhr zurückkehrt. P, der außer dem Pkw einen Fahrzeugschlüssel und ein rotes Fahrzeugscheinheft erhalten hatte, hatte das Fahrzeug jedoch nach Antritt der Probefahrt entwendet.
Nachdem die W-GmbH am 13.04.2016 Strafanzeige erstattet und der Klägerin den Eintritt eines Versicherungsfalls angezeigt hatte, zahlte die Klägerin nach Ablauf eines Monats an ihre Versicherungsnehmerin, die W-GmbH, eine Entschädigung in Höhe von 17.450,98 €. Die W-GmbH übersandte der Klägerin die zu dem Audi A6 gehörenden Fahrzeugpapiere sowie einen Zweit- und einem Notschlüssel. Ob die W-GmbH das Fahrzeug bei der Klägerin kaskoversichert hatte, ist zwischen den Parteien streitig.
Der Beklagte kaufte den Audi A6 am 15.05.2016 von einer Person, die sich als X auswies, zum Preis von 18.000 €. Der Verkäufer übergab dem Beklagten nach Zahlung des Kaufpreises das Fahrzeug nebst einem Fahrzeugschlüssel sowie eine Zulassungsbescheinigung Teil I und eine Zulassungsbescheinigung Teil II, die sich später als gefälscht herausstellten. Der Verkäufer versprach dem Beklagten, er werde den zweiten Fahrzeugschlüssel nachliefern, doch erwies sich dieses Versprechen später als wahrheitswidrig.
Der Audi A6 wurde in der Folgezeit polizeilich sichergestellt und später mit Beschluss des AG Dortmund nach § 111k StPO an den Beklagten herausgegeben.
Die Klägerin hat behauptet, die W-GmbH sei hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs bei ihr und bei der V-Versicherung AG versichert gewesen. Die V-Versicherung AG hat ihre Ansprüche unter dem 10.12.2016 an die Klägerin abgetreten; diese hat die Abtretung angenommen.
Der Beklagte hat die Abweisung der Herausgabeklage beantragt und widerklagend die Herausgabe der zu dem Audi A6 gehörenden Fahrzeugpapiere (Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II) sowie des Zweit- und des Notschlüssels begehrt.
Er hat zunächst bestritten, dass die W-GmbH an die Volkswagen Leasing GmbH 21.241,17 € gezahlt und dass die Klägerin die W-GmbH in Höhe von 17.450,98 € entschädigt habe. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten später erklärt, dass dieses Bestreiten nicht aufrechterhalten werde. Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass er das streitgegenständliche Fahrzeug gutgläubig erworben habe. Dementsprechend ist er der Auffassung der Klägerin, das Fahrzeug sei der W-GmbH abhandengekommen und ihm – dem Beklagte – sei außerdem grobe Fahrlässigkeit (§ 932 I 1, II BGB) vorzuwerfen, entgegengetreten.
Während die Klage im Wesentlichen Erfolg hatte, wurde die Widerklage als unbegründet abgewiesen.
Aus den Gründen: I. … Der Beklagte ist zur Herausgabe des streitgegenständlichen Audi A6 nebst dem zugehörigen Fahrzeugschlüssel an die Klägerin verpflichtet. … Die Klägerin ist nicht verpflichtet, an den Beklagten die Fahrzeugpapiere sowie die restlichen Schlüssel herauszugeben.
1. Der Beklagte ist als Besitzer gemäß §§ 985, 931 BGB i. V. mit A.2.4.5 b der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung von Nutz- und Flottenfahrzeugen (AKB NF) 2010 verpflichtet, dem Kläger den streitgegenständlichen Pkw nebst dem zugehörigen Schlüssel herauszugeben.
Die Klägerin hat unter Berücksichtigung der Abtretungserklärung vom 10.12.2016 nach A.2.4.5 b AKB NF 2010 Eigentum an dem streitgegenständlichen Fahrzeug erlangt. Gemäß dieser Bestimmung wird ein entwendetes Fahrzeug, welches nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Schadensanzeige wieder aufgefunden wird, nach Ablauf dieser Frist Eigentum des Versicherers.
Das schlichte beklagtenseitige Bestreiten des Bestehens einer Kaskoversicherung … ist in Ansehung der vorgelegten Versicherungsverträge, gegen deren inhaltliche Richtigkeit der Beklagte sich nicht konkret gewandt hat, und der zuletzt nicht mehr bestrittenen Zahlung der Entschädigungssumme unsubstanziiert und unbeachtlich.
Die Entwendung des Fahrzeugs ist unstreitig; das Versicherungsverhältnis steht nach dem Vorstehenden fest. Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.
a) Soweit die Klägerin zunächst im Klageantrag – anders als im weiteren Vortrag – die Fahrzeug-identifizierungsnummer mit unzutreffender Buchstabenfolge angegeben hat, konnte sie dieses aus dem Klagevorbringen deutlich werdende offensichtliche Versehen in der mündlichen Verhandlung richtigstellen. Der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens wird durch den Klageantrag und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt bestimmt. Die aus dem weiteren Vorbringen in der Klageschrift offensichtlich werdende zunächst erfolgte Falschbezeichnung der Identifizierungsnummer des Fahrzeugs im Klageantrag war vor diesem Hintergrund unschädlich und konnte von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung – entgegen der hierzu in der mündlichen Verhandlung beklagtenseitig geäußerten Ansicht – auch nach Stellung der Anträge noch klargestellt werden; dass der Beklagte davon ausging, dass die Klägerin ein anderes Fahrzeug als das streitgegenständliche gemeint hat, behauptet er selbst nicht.
b) Für die dingliche Rechtslage ist auch unerheblich, dass der Beklagte mit Beschluss des AG Dortmund das sichergestellte Fahrzeug zurückerhalten hat. Denn die Entscheidung nach § 111k StPO schafft lediglich eine vorläufige Besitzstandsregelung, die den Dritten nicht hindert, sein besseres Recht gegen den Anordnungsbesitzer zu verfolgen, an den die beschlagnahmte Sache herausgegeben worden ist (BGH, Urt. v. 24.05.2007 – IX ZR 97/04, NJW 2007, 3352 Rn. 22).
c) Es ist davon auszugehen, dass ursprüngliche Eigentümerin des Fahrzeugs die W-GmbH war. Soweit der Beklagte die Zahlung des Kaufpreises durch die W-GmbH an die Leasinggeberin nunmehr unstreitig gestellt hat, ist ein weiteres schlichtes Bestreiten des Eigentumserwerbs an dem Rücklauffahrzeug, welches beklagtenseits allein darauf gestützt war, dass das Fahrzeug bis zur Zahlung des Kaufpreises Eigentum der Volkswagen Leasing GmbH bleiben sollte, angesichts des von der Klägerin vorgetragenen Erwerbsvorgangs, gegen den sich der Beklagte nicht im Einzelnen gewandt hat, unsubstanziiert und daher unbeachtlich.
d) Die W-GmbH hat ihr Eigentum nicht dadurch verloren, dass das Fahrzeug im Rahmen einer Probefahrt entwendet und hiernach an den Beklagten veräußert worden ist. Der Beklagte ist hierdurch nicht Eigentümer des Fahrzeugs geworden, weil er dasselbe von einem Nichtberechtigten erworben hat und einem gutgläubigen Erwerb § 935 I BGB entgegensteht.
Nach § 935 I 1 BGB ist ein gutgläubiger Erwerb von Gegenständen nicht möglich, wenn sie dem Eigentümer gestohlen wurden oder sonst abhandengekommen sind. Eine bewegliche Sache kommt ihrem Eigentümer i. S. von § 935 I BGB abhanden, wenn dieser den Besitz an ihr unfreiwillig verliert. Eine Unterschlagung durch einen Besitzdiener i. S. des § 855 BGB stellt einen solchen unfreiwilligen Besitzverlust dar, weil der Besitzdiener die tatsächliche Gewalt über die Sache lediglich innehat, um diese für den Besitzer auszuüben. Kennzeichnend für eine Besitzdienerschaft ist daher, dass der Besitzer zur jederzeitigen Weisung bzw. zum jederzeitigen Eingreifen berechtigt ist. So liegt der Fall hier.
Das Fahrzeug ist während einer Probefahrt von einer Person, die sich als Kaufinteressent ausgegeben hat, entwendet worden. Der Kaufinteressent einer Probefahrt ist zur Überzeugung des Gerichts in der Regel als Besitzdiener anzusehen, weil die Probefahrt sowohl hinsichtlich der Frage, ob sie stattfindet, als auch in ihrer konkreten Ausgestaltung einzig vom Willen des Händlers abhängig ist (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 18.04.2005 – 19 U 10/05 m. w. Nachw.; vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 17.03.2017 – V ZR 70/16 Rn. 11 f. m. w. Nachw.). Die Voraussetzungen eines Leihvertrags oder eines leihähnlichen Vertragsverhältnisses liegen bei einer Probefahrt offensichtlich nicht vor. Denn bei lebensnaher Betrachtung steht dem Verkäufer des Fahrzeugs das Recht zu, von dem Kaufinteressenten jederzeit die Rückgabe des Fahrzeugs verlangen zu können, und auch der Kaufinteressent kann angesichts des festgelegten Verwendungszwecks und des jederzeitigen Rechts des Verkäufers, von einem Verkauf gänzlich Abstand zu nehmen, nicht davon ausgehen, dass er nach Vereinbarung der Probefahrt nunmehr einen durchsetzbaren Anspruch auf probeweise Nutzung des Fahrzeugs hat, auch wenn etwa ein Kauf bzw. Verkauf von einer Seite nicht mehr erwogen werden sollte.
Nichts anderes ergibt sich aus dem vorliegend abgeschlossenen Probefahrtvertrag. Dafür, dass im vorliegenden Fall der Interessent entgegen der üblichen Rolle des Fahrers einer Probefahrt eigene Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich des Besitzs des Fahrzeugs übertragen erhalten sollte und deswegen von einem freiwilligen Verlust des unmittelbaren Besitzs durch Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses auszugehen ist, ist nichts ersichtlich. Der Probefahrtvertrag regelt die (üblichen) Verpflichtungen des Benutzers im Rahmen einer Probefahrt nach erfolgter Übergabe des Fahrzeugs, die Beschränkung des Verwendungszwecks auf eine Probefahrt, die Vorgabe einer Abfahrts- und Ankunftszeit, die eine sehr kurzfristige Fahrtzeit von 20 Minuten ergab, sowie Haftungsfragen, aber eben nicht eine Übertragung eines Besitzrechts, welches weisungsfrei ausgeübt werden konnte. Dass die Abfahrtzeit und die Ankunftszeit – notwendigerweise und nach der Formulierung nach erfolgter Übergabe des Fahrzeugs – geregelt wurden, lässt nicht den Schluss zu, dass der Interessent nunmehr einen durchsetzbaren Anspruch auf Abfahrt um diese Uhrzeit hatte und es dem Verkäufer verwehrt gewesen wäre, etwa bei nachträglich aufkommenden Zweifeln an der Vertrauenswürdigkeit des Kaufinteressenten oder der Echtheit seiner Personalpapiere die bekundete Bereitschaft zur Überlassung des Pkw zu widerrufen.
Ohne Bedeutung war auch, dass die W-GmbH während der Dauer der Probefahrt selbst ihre Weisungsbefugnis mangels Einwirkungsmöglichkeit nicht ausüben konnte; denn beides ist den meisten Probefahrtverträgen immanent, ohne dass dies den Schluss auf den Abschluss eines Leihvertrags und auf den Verzicht des Überlassenden auf die Kontinuität des eigenen Besitzes zuließe.
e) Vor dem Hintergrund des Vorstehenden kann dahinstehen, ob einem gutgläubigen Erwerb auch eine grobe Verletzung der Prüfungs- und Sorgfaltspflichten entgegensteht.
f) Der Beklagte ist ferner zur Herausgabe des zugehörigen Fahrzeugschlüssels verpflichtet. Dass der Beklagte im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Lebenssachverhalt mehr als einen Fahrzeugschlüssel erhalten hat, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, sodass die Klage hinsichtlich weiterer Fahrzeugschlüssel abzuweisen war.
2. Die Widerklage ist unbegründet, weil der Beklagte als Nichteigentümer gegenüber der Klägerin keinen Anspruch auf Herausgabe der Fahrzeugpapiere und der weiteren Fahrzeugschlüssel hat.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 II Nr. 1, § 269 III 2 ZPO. Obwohl die Klage hinsichtlich weiterer Fahrzeugschlüssel keinen Erfolg hat und die Klägerin den Antrag auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten zurückgenommen hat, hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits in vollem Umfang zu tragen. Denn die Zuvielforderung der Klägerin war bei wirtschaftlicher Betrachtung verhältnismäßig geringfügig und hat keine besonderen Kosten veranlasst. …
Hinweis: Mit Beschluss vom 04.10.2018 – 26 U 159/17 – hat das Kammergericht einen Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
„1. Der Antrag war gemäß § 114 I 1 ZPO zurückzuweisen, weil die zweitinstanzliche Rechtsverteidigung bzw. -verfolgung des Beklagten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Denn das Landgericht hat – nach naturgemäß nur vorläufiger Einschätzung des Senats vor Durchführung der mündlichen Verhandlung in der Hauptsache – den Beklagten zu Recht zur Hausausgabe des Fahrzeugs verurteilt und die Widerklage des Beklagten auf Herausgabe der Fahrzeugpapiere abgewiesen.
Der Beklagte erwarb das Fahrzeug nämlich zumindest deshalb nicht gemäß § 932 BGB gutgläubig, weil das Fahrzeug zuvor der Eigentümerin, der W-GmbH, i. S. von § 935 I BGB abhandengekommen war. Letzteres ist deshalb der Fall, weil P, dem die W-GmbH das Fahrzeug zum Zwecke der Probefahrt überlassen hatte, während dieser Zeit bloßer sogenannter Besitzdiener der W-GmbH i. S. des § 855 BGB war (vgl. Palandt/Herrle, BGB, 77. Aufl. [2018], § 935 Rn. 8), wie das Landgericht zu Recht angenommen hat. Dabei kann die in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittene und vom BGH bislang ungeklärte Frage (vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 17.03.2017 – V ZR 70/16, juris Rn. 15) offenbleiben, ob während der Überlassung von Fahrzeugen zum Zwecke der Probefahrt generell nur eine Besitzdienerschaft des Probefahrenden entsteht (so die herrschende Meinung: OLG Frankfurt, Urt. v. 09.02.2016 – 25 U 53/15, juris Rn. 23; OLG Köln, Beschl. v. 18.04.2005 – 19 U 10/05, juris Rn. 3) oder ob unmittelbarer Besitz des Probefahrenden entsteht (so die Mindermeinung: OLG Düsseldorf, Urt. v. 09.03.1992 – 1 U 70/91, juris Rn. 6, allerdings ohne nähere Begründung). Denn jedenfalls sprechen die Einzelheiten des vorliegenden Falls für eine bloße Besitzdienerschaft. Hierzu im Einzelnen:
a) Die Eigentümerin hat vorliegend – anders als in dem Fall, über den der BGH in seinem Urteil vom 17.03.2017 – V ZR 70/16, juris Rn. 15 – zu entscheiden hatte und in dem er einen unmittelbaren Besitz des Probefahrers angenommen hat – dem Probefahrer keine Fahrzeugpapiere überlassen.
b) Das Fahrzeug war dem Probefahrer nur während einer Dauer von 20 Minuten überlassen worden. Es ist anerkannt, dass der Erwerb des unmittelbaren Besitzes gemäß § 854 BGB eine gewisse Dauer und Festigkeit der Beziehung zwischen dem Besitzer und der Sache erfordert (Palandt/Herrle, a. a. O., § 854 Rn. 3), weshalb ein bloßer ‚Kurzbesitz‘ in der Regel keinen unmittelbaren Besitz begründet (Palandt/Herrle, a. a. O., § 854 Rn. 5). Zugleich ist anerkannt, dass es einer ununterbrochenen Einwirkungsmöglichkeit des Besitzherren auf den in Besitzdienerschaft befindlichen Gegenstand nicht bedarf, um den alleinigen unmittelbaren Besitz des Besitzherrn fortbestehen zu lassen (RG, Urt. v. 18.05.1909 – VII 88/09, RGZ 71, 248, 251: Versendung von Schmuck durch eine Botin als Besitzdienerin; Palandt/Herrle, a. a. O., § 855 Rn. 2).
c) Das Fahrzeug war zum Zeitpunkt der Probefahrt mit einem ‚roten‘ Nummernschild (für Händler) ausgestattet. Daher war auch gegenüber Dritten die Zuordnung des Fahrzeugs zu dem Händler – hier der W-GmbH – kenntlich gemacht. Zugleich war nach außen hin erkenntlich, dass es sich bei der Fahrt des P um eine bloße Überführungs-, Probe- oder Prüfungsfahrt, das heißt gerade nicht um die reguläre Fahrt eines Eigentümers handelte.
d) P war lediglich ein Satz Autoschlüssel für die Probefahrt überlassen worden, während die W-GmbH den zweiten Schlüsselsatz sowie den Notschlüssel behielt. Dadurch bewahrte sich die W-GmbH auch während der Zeit der Probefahrt ihre unmittelbare Zugangsmöglichkeit in das Fahrzeuginnere. Demgegenüber waren die Möglichkeiten des P, etwa im Wegen des unbefugten Verkaufs des Fahrzeugs über das Fahrzeug wie ein Eigentümer zu verfügen, vermindert. Denn üblicherweise erwartet der Käufer eines Fahrzeugs die Übergabe beider Fahrzeugschlüssel. Im Übrigen hat der BGH entschieden, dass das bloße Überlassen eines von mehreren Schlüssels durch den Eigentümer an einen Dritten und die damit verbundene faktische Zugriffsmöglichkeit dieses Dritten auf den verschlossenen Gegenstand noch nicht als Einräumung unmittelbaren Besitzes über den Gegenstand an den Dritten anzusehen ist (BGH, Urt. v. 30.01.2015 – V ZR 63/13, juris Rn. 15–20).
e) P war vertraglich untersagt worden, während der Probefahrt im Fahrzeug zu rauchen. Dies spiegelt in gewissem Umfang die für eine bloße Besitzdienerschaft typische soziale Unterordnung des Besitzdieners gegenüber dem unmittelbaren Besitzer wider (vgl. Palandt/Herrle, a. a. O., § 855 Rn. 1). Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Fall der Überlassung eines Fahrzeugs als Dienstwagen, bei dem die Rechtsprechung unmittelbaren Besitz des Bediensteten annimmt (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.02.1986 – 11 U 76/85, juris Leitsatz 2; zustimmend Palandt/Herrle, a. a. O., § 855 Rn. 3 m. Rechtsprechungsnachw.) und bei dem das Rauchen des Bediensteten im Fahrzeug in aller Regel zulässig ist.
f) Schließlich spricht der Umstand, dass die Eigentümerin bzw. einer ihrer Angestellten während der Probefahrt nicht im Fahrzeug anwesend war, im Hinblick auf die Entscheidung des BGH im Urteil vom 17.03.2017 – V ZR 70/16 – nicht gegen die Bejahung einer bloßen Besitzdienerschaft des P. Denn in diesem Urteil hat der BGH aus dem Umstand, dass der Eigentümer während der Probefahrt im Fahrzeug als Beifahrer anwesend war, gefolgert, dass der Probefahrer noch nicht einmal Besitzdiener des Fahrzeugs geworden ist, sondern der unvermindert fortbestehende Besitz des Eigentümers lediglich ‚gelockert‘ wurde. …“