1. Ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nes Fahr­zeug, bei dem ei­ne Soft­ware für ei­ne Ver­rin­ge­rung der Stick­oxid­emis­sio­nen sorgt, so­bald sie er­kennt, dass das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert, ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB man­gel­haft.
  2. Ei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs von knapp zwei Mo­na­ten ist an­ge­mes­sen i. S. des § 323 I BGB. Denn zu­guns­ten des Fahr­zeug­ver­käu­fers ist zwar zu be­rück­sich­ti­gen, dass er dar­auf an­ge­wie­sen ist, vom Fahr­zeug­her­stel­ler das für ei­ne Man­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­che Soft­ware­up­date zu er­hal­ten, und dass das be­trof­fe­ne Fahr­zeug bis zur In­stal­la­ti­on die­ses Up­dates un­ein­ge­schränkt be­nutzt wer­den kann und ver­kehrs­si­cher ist. Der Ver­käu­fer darf in­des nicht zum Nach­teil des Käu­fers gel­tend ma­chen, dass im Rah­men des VW-Ab­gas­skan­dals Mil­lio­nen von Fahr­zeu­ge ma­ni­pu­liert wur­den und es vie­le Mo­na­te dau­ern wird, die­se Ma­ni­pu­la­tio­nen rück­gän­gig zu ma­chen.
  3. Ei­ne Nach­bes­se­rung durch In­stal­la­ti­on ei­nes Soft­ware­up­dates ist dem Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs un­zu­mut­bar (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB), wenn die be­grün­de­te Be­fürch­tung be­steht, dass das Up­date den Man­gel, der dem Fahr­zeug an­haf­tet, nicht be­sei­ti­gen oder zu Fol­ge­män­geln (z. B. ei­nem hö­he­ren Kraft­stoff­ver­brauch) füh­ren wird. Dass Fol­ge­män­gel ent­ste­hen wer­den, muss der kla­gen­de Käu­fer nicht be­wei­sen oder auch nur als si­cher be­haup­ten; es ge­nügt, wenn er kon­kre­te tat­säch­li­che An­halts­punk­te auf­zeigt, die Fol­ge­män­gel aus der Sicht ei­nes ver­stän­di­gen Käu­fers mög­lich er­schei­nen las­sen.
  4. Bei der Be­ur­tei­lung, ob der Man­gel, der ei­nem vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeug an­haf­tet, i. S. von § 323 V 2 BGB ge­ring­fü­gig ist, kann nicht dar­auf ab­ge­stellt wer­den, mit wel­chem Kos­ten­auf­wand die In­stal­la­ti­on des zur Man­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­chen Soft­ware­up­dates ver­bun­den ist. Denn das aus­schließ­lich vom Fahr­zeug­her­stel­ler an­ge­bo­te­ne Soft­ware­up­date hat kei­nen Markt­preis, so­dass al­len­falls an die vom Fahr­zeug­her­stel­ler an­ge­ge­be­nen Ent­wick­lungs- und In­stal­la­ti­ons­kos­ten an­ge­knüpft wer­den könn­te. Dies ver­bie­tet sich je­doch, weil an­dern­falls der Fahr­zeug­her­stel­ler be­stim­men könn­te, ob ein vom ihm ver­ur­sach­ter Man­gel ge­ring­fü­gig ist oder nicht.

LG Stutt­gart, Ur­teil vom 30.06.2017 – 20 O 425/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­stell­te bei der Be­klag­ten am 28.11.2013 ei­nen Pkw der Mar­ke Ško­da zum Preis von 25.603 €. Das Fahr­zeug wur­de ihm am 26.05.2014 über­ge­ben, nach­dem die Be­klag­te die Be­stel­lung mit Auf­trags­be­stä­ti­gung vom 13.12.2013 an­ge­nom­men hat­te.

Aus­weis­lich ei­ner EG-Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung (COC) vom 31.03.2014 hält der Pkw die Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wer­te ein und be­trägt der Stick­oxid(NOX)-Aus­stoß von 134,6 mg/km.

In dem Fahr­zeug kommt ei­ne Ab­schalt­ein­rich­tung in Ge­stalt ei­ner Soft­ware zum Ein­satz, die er­kennt, ob der Pkw auf ei­nem Prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert. In die­sem Fall wird die Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te er­höht, wo­durch sich ins­be­son­de­re der Stick­oxid­aus­stoß ver­rin­gert. Beim re­gu­lä­ren Be­trieb des Fahr­zeugs im Stra­ßen­ver­kehr ist die Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te ge­rin­ger und sind dem­entspre­chend die NOX-Emis­sio­nen hö­her als wäh­rend ei­nes Emis­si­ons­tests auf dem Prüf­stand.

Der Klä­ger sieht dar­in ei­nen Man­gel und for­der­te die Be­klag­te mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 08.03.2016 auf, die­sen Man­gel bis zum 04.04.2016 zu be­sei­ti­gen. Mit Schrei­ben vom 24.03.2016 er­klär­te die Be­klag­te, sie sei nicht der rich­ti­ge An­sprech­part­ner, da sie we­der ei­ne VW- noch ei­ne Ško­da-Ver­trags­händ­le­rin sei. Ein Ško­da-Part­ner wer­de den Klä­ger kon­tak­tie­ren, so­bald das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug nach­ge­bes­sert wer­den kön­ne.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 02.05.2016 er­klär­te der Klä­ger den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te die Be­klag­te auf, an ihn bis zum 09.05.2016 Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Pkw 22.741 € zu zah­len. Der ver­lang­te Be­trag setzt sich wie folgt zu­sam­men, wo­bei sich frei­lich ein Re­chen­feh­ler ein­ge­schli­chen hat:

Kauf­preis 25.603,00 €
Zu­las­sungs­kos­ten + 50,00 €
Nut­zungs­ent­schä­di­gung 2.862,00 €
Ge­samt­be­trag 22.791,00 €

Die Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 0,09 €/km hat der Klä­ger auf der Grund­la­ge ei­ner Lauf­leis­tung von 31.800 km und ei­ner vor­aus­sicht­li­chen Ge­samt­lauf­leis­tung von 300.000 km er­rech­net.

Als der Klä­ger den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klär­te, exis­tier­te noch kein für ei­ne Nach­bes­se­rung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs er­for­der­li­ches Soft­ware­up­date.

Mit an­walt­li­chen Schrei­ben vom 15.09.2016 er­klär­te der Klä­ger vor­sorg­lich die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung. Mit Schrei­ben vom sel­ben Tag ver­wies die Be­klag­te er­neut dar­auf, nicht der rich­ti­ge An­sprech­part­ner zu sein.

Der Klä­ger be­haup­tet, sein Fahr­zeug hal­te beim re­gu­lä­ren Be­trieb die Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wer­te nicht ein. Die­se Grenz­wer­te wür­den nur auf dem Prüf­stand und dort auch nur des­halb ein­ge­hal­ten, weil ei­ne Soft­ware für ei­ne Re­du­zie­rung der Schad­stoff­emis­sio­nen sor­ge, so­bald sie die Test­si­tua­ti­on er­ken­ne.

Dem­ge­gen­über be­haup­tet die Be­klag­te, die die Ein­re­de der Ver­jäh­rung er­ho­ben hat, dass die Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wer­te auch beim re­gu­lä­ren Be­trieb des Fahr­zeugs ein­ge­hal­ten wür­den. Die EG-Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung vom 31.03.2014 gel­te wei­ter­hin. Soll­te das Fahr­zeug des Klä­gers gleich­wohl man­gel­haft sein, so kön­ne es durch die In­stal­la­ti­on ei­nes Soft­ware­up­dates, die mit ei­nem Kos­ten­auf­wand von deut­lich we­ni­ger als 100 € ver­bun­den sei, nach­ge­bes­sert wer­den.

Die Kla­ge hat­te im We­sent­li­chen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. … Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses aus §§ 346 I, 348, 433 I 2, 434 I 2 Nr. 2, 437 Nr. 2, 440, 323 I BGB.

Da­nach kann ein Käu­fer vom Kauf­ver­trag zu­rück­tre­ten, wenn die Kauf­sa­che bei Ge­fahr­über­gang ei­nen Sach­man­gel auf­wies, der Käu­fer dem Ver­käu­fer er­folg­los ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat und der Man­gel nicht un­er­heb­lich ist. Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind vor­lie­gend er­füllt.

1. Zwi­schen den Par­tei­en ist nach Be­stel­lung vom 28.11.2013 und durch Auf­trags­be­stä­ti­gung vom 13.12.2013 ein Kauf­ver­trag über das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug zu­stan­de ge­kom­men.

2. Das Fahr­zeug ist mit ei­nem Sach­man­gel be­haf­tet.

Ge­mäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist die Sa­che frei von Sach­män­geln, wenn sie sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann. Dies ist vor­lie­gend nicht der Fall, so­dass es auch nicht dar­auf an­kommt, ob die Par­tei­en im Hin­blick auf be­stimm­te Emis­si­ons­wer­te oder der­glei­chen ei­ne Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs (§ 434 I 1 BGB) oder im Ver­trag ei­ne be­stimm­te Ver­wen­dung ver­ein­bart ha­ben und ob sich das Fahr­zeug für die­se Ver­wen­dung eig­net (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB).

Ein Neu­fahr­zeug ent­spricht je­den­falls nicht schon dann der üb­li­chen und be­rech­tig­ter­wei­se von ei­nem Käu­fer zu er­war­ten­den Be­schaf­fen­heit, wenn es tech­nisch si­cher und fahr­be­reit ist und über al­le Ge­neh­mi­gun­gen ver­fügt. Viel­mehr stellt die In­stal­la­ti­on ei­ner Ab­schalt­vor­rich­tung und ei­ner Soft­ware, wel­che die kor­rek­te Mes­sung von Emis­si­ons­wer­ten ver­hin­dert und im Prüf­be­trieb nied­ri­ge­re Aus­stoß­men­gen vor­täuscht, als sie im Fahr­be­trieb ent­ste­hen, ei­ne ne­ga­ti­ve Ab­wei­chung von der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit ver­gleich­ba­rer Fahr­zeu­ge dar.

Die im streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug ein­ge­bau­te Ab­schalt­vor­rich­tung bzw. in­stal­lier­te Soft­ware, wo­nach der Prüf­stand­lauf er­kannt und über ent­spre­chen­de Pro­gram­mie­rung der Mo­tor­steue­rung ins­be­son­de­re der Stick­stoff­aus­stoß re­du­ziert und in der Fol­ge der Mo­tor nur bei Prüf­stand­fahrt in ei­nen Mo­dus mit hö­he­rer Ab­gas­rück­füh­rung und da­durch be­dingt ge­rin­ge­ren NOX-Wer­ten ge­bracht wird, wo­hin­ge­gen der Mo­tor im rea­len Fahr­be­trieb ei­ne ge­rin­ge­re Ab­gas­rück­füh­rung und da­mit hö­he­re NOX-Wer­te auf­weist, ent­spricht nicht der Be­schaf­fen­heit, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann. Hier­auf hät­te die Be­klag­te den Klä­ger hin­wei­sen müs­sen.

Die Ver­wen­dung ei­ner Ab­schalt­vor­rich­tung, die da­zu führt, dass der Prüf­stand­lauf er­kannt und über ent­spre­chen­de Pro­gram­mie­rung der Mo­tor­steue­rung ins­be­son­de­re der Stick­stoff­aus­stoß re­du­ziert wird, was beim Fah­ren im nor­ma­len Stra­ßen­ver­kehr je­doch nicht der Fall ist, ist auch bei Fahr­zeu­gen an­de­rer Her­stel­ler in ei­ner ver­gleich­ba­ren Fahr­zeug­klas­se je­den­falls nicht be­kann­ter­ma­ßen üb­lich.

Auch er­war­tet ein Durch­schnitts­käu­fer nicht, dass das Fahr­zeug mit ei­ner Ab­schalt­vor­rich­tung bzw. Soft­ware ver­se­hen ist, wo­nach der Prüf­stand­lauf er­kannt und über ent­spre­chen­de Pro­gram­mie­rung der Mo­tor­steue­rung ins­be­son­de­re der Stick­stoff­aus­stoß re­du­ziert und in der Fol­ge der Mo­tor nur bei Prüf­stand­fahrt in ei­nen Mo­dus mit hö­he­rer Ab­gas­rück­füh­rung und da­durch be­dingt ge­rin­ge­ren NOX-Wer­ten ge­bracht wird, wo­hin­ge­gen der Mo­tor im rea­len Fahr­be­trieb ei­ne ge­rin­ge­re Ab­gas­rück­füh­rung und da­mit hö­he­re NOX-Wer­te auf­weist. Ein sol­cher Um­stand stellt be­reits für sich ge­nom­men ein die Man­gel­haf­tig­keit be­grün­den­des In­diz für ei­ne be­wuss­te Ma­ni­pu­la­ti­on der Emis­si­ons­wer­te dar, oh­ne dass es dar­auf an­kommt, ob das Fahr­zeug auch oh­ne die Ab­schalt­vor­rich­tung bzw. Soft­ware die Eu­ro-5-Wer­te ein­hal­ten wür­de oder nicht, und oh­ne dass es dar­auf an­kommt, ob das Fahr­zeug oh­ne die ver­wen­de­te Soft­ware auch im Prüf­stand­lauf be­stimm­te Emis­si­ons­wer­te nicht ein­hal­ten wür­de.

Die Man­gel­haf­tig­keit er­gibt sich da­mit nicht et­wa dar­aus, dass die un­ter La­bor­be­din­gun­gen ge­mes­se­nen Wer­te im nor­ma­len Stra­ßen­ver­kehr nicht ein­ge­hal­ten wür­den. Auch für den Klä­ger als Käu­fer war er­kenn­bar, dass die An­ga­ben zum Schad­stoff­aus­stoß auf ei­ner ak­ti­vie­ren­den Grund­la­ge, al­so ei­nem stan­dar­di­sier­ten Fahr­zy­klus auf dem Prüf­stand, be­ru­hen und nicht den Ab­gas­wer­ten im rea­len Fahr­be­trieb ent­spre­chen wer­den. Denn der Prüf­stand­mo­dus gibt zwar nicht den rea­len Fahr­be­trieb wie­der, die Mo­tor­steue­rung muss aber je­den­falls im We­sent­li­chen iden­tisch wie dort funk­tio­nie­ren. Nur so wird ge­währ­leis­tet, dass die Ab­gas- und Ver­brauchs­wer­te, die nicht mit de­nen des rea­len Fahr­be­triebs über­ein­stim­men müs­sen, in ei­ner ge­wis­sen Kor­re­la­ti­on zu­ein­an­der ste­hen und ei­ne Aus­sa­ge über den rea­len Fahr­be­trieb so­wie den Ver­gleich zu an­de­ren Fahr­zeu­gen zu­las­sen: Nied­ri­ge Wer­te im Prüf­stand­mo­dus las­sen auch nied­ri­ge Wer­te im rea­len Fahr­be­trieb er­war­ten und um­ge­kehrt.

Die Fahr­zeu­ge müs­sen die Prüf­stand­si­tua­ti­on auch er­ken­nen kön­nen und in ei­nen Prüf­stand­mo­dus um­schal­ten, da­mit die Fahr­zeugas­sis­tenz­sys­te­me nicht falsch re­agie­ren (et­wa des­halb, weil sich hier die Hin­ter­rä­der nicht mit­dre­hen). Der Prüf­stand­mo­dus dient aber nicht da­zu, das Emis­si­ons­kon­troll­sys­tem an­ders zu steu­ern.

Die Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs ba­siert da­her viel­mehr dar­auf, dass ei­ne Ab­schalt­vor­rich­tung bzw. Soft­ware vor­han­den ist, die den Prüf­stand­lauf er­kennt und so­dann oh­ne sach­lich nach­voll­zieh­ba­ren Grund ge­rin­ge­re Emis­si­ons­wer­te ge­ne­riert.

3. Ge­mäß §§ 437 Nr. 2, 323 I BGB kann der Käu­fer ei­nes man­gel­haf­ten Fahr­zeugs vom Ver­trag zu­rück­tre­ten, wenn er dem Ver­käu­fer er­folg­los ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Leis­tung oder Nach­er­fül­lung be­stimmt hat.

a) Vor­lie­gend hat der Klä­ger der Be­klag­ten mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 08.03.2016 er­folg­los ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung bis 04.04.2016 ge­setzt.

b) Die Frist war auch an­ge­mes­sen.

Das ist der Fall, wenn sie dem Schuld­ner ei­ne letz­te Ge­le­gen­heit zur Ver­trags­er­fül­lung er­öff­net. Sie braucht da­her nicht so be­mes­sen zu wer­den, dass der Schuld­ner die noch gar nicht be­gon­ne­ne Leis­tung erst an­fan­gen und fer­tig­stel­len kann (vgl. BGH, Urt. v. 06.12.1984 – VII ZR 227/83). Der Schuld­ner soll le­dig­lich in die La­ge ver­setzt wer­den, die be­reits in An­griff ge­nom­me­ne Leis­tung zu voll­enden (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.1982 – VI­II ZR 27/81). Setzt der Gläu­bi­ger ei­ne zu kur­ze Frist, wird die an­ge­mes­se­ne Frist in Lauf ge­setzt (vgl. BGH, Urt. v. 21.06.1985 – V ZR 134/84).

Man­gels kon­kre­ter Par­tei­ver­ein­ba­rung rich­tet sich die Be­wer­tung der An­ge­mes­sen­heit nach ob­jek­ti­ven Maß­stä­ben (vgl. BGH, Urt. v. 21.06.1985 – V ZR 134/84). Die An­ge­mes­sen­heit der Frist be­stimmt sich nach den Um­stän­den des kon­kre­ten Ver­tra­ges, wo­bei die In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­par­tei­en zu be­rück­sich­ti­gen sind, so­wie nach der Art der zu er­brin­gen­den Leis­tung und der Ver­kehrs­an­schau­ung (vgl. OLG Ham­burg, Urt. v. 29.10.2009 – 6 U 253/08). Be­zieht der Ver­käu­fer sei­ne Wa­ren sei­ner­seits von ei­nem Her­stel­ler, so rich­tet sich die An­ge­mes­sen­heit der Frist da­nach, mit wel­chem or­ga­ni­sa­to­ri­schen Auf­wand die zur Nach­er­fül­lung er­for­der­li­chen Er­satz­tei­le be­schafft wer­den kön­nen. Eben­so ist im Rah­men der An­ge­mes­sen­heit zu be­rück­sich­tig­ten, ob die Re­pa­ra­tur­dienst­leis­tung an dem Fahr­zeug nur mit­hil­fe ei­nes Drit­ten er­bracht wer­den kann.

Spe­zi­ell für das Kauf­recht ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass die­ses auf ei­ne zeit­na­he Re­gu­lie­rung von Ge­währ­leis­tungs­rech­ten aus­ge­rich­tet ist, was ins­be­son­de­re in der auf zwei Jah­re ver­kürz­ten Ver­jäh­rungs­frist und bei ge­brauch­ten Sa­chen zu­sätz­lich in der selbst beim Ver­brauchs­gü­ter­kauf ein­ge­räum­ten Mög­lich­keit ei­ner Ver­kür­zung der Ver­jäh­rungs­frist auf ein Jahr zum Aus­druck kommt.

Vor­lie­gend ist bei der An­ge­mes­sen­heit der Frist zur Nach­er­fül­lung auch zu be­rück­sich­ti­gen, dass die Be­klag­te al­lein wohl gar nicht in der La­ge ge­we­sen wä­re, den Man­gel zu be­sei­ti­gen, son­dern dass die­se dar­auf an­ge­wie­sen war, vom Her­stel­ler das er­for­der­li­che Soft­ware­up­date zu er­hal­ten. Fer­ner ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass das Fahr­zeug des Klä­gers durch die ver­wen­de­te Soft­ware in sei­nen Fahr­ei­gen­schaf­ten nicht be­ein­träch­tigt und wei­ter­hin ver­kehrs­si­cher ist.

Auf der an­de­ren Sei­te ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass sich die An­ge­mes­sen­heit der Frist vor­ran­gig nach dem In­ter­es­se des Käu­fers rich­tet, der ge­ra­de bei All­tags­ge­schäf­ten die kurz­fris­ti­ge Re­pa­ra­tur oder den so­for­ti­gen Aus­tausch der man­gel­haf­ten Sa­che be­an­spru­chen kann. Auch kann es nicht zum Nach­teil des Klä­gers ge­rei­chen, dass der Her­stel­ler zu­nächst mil­lio­nen­fach ei­ne ma­ni­pu­la­ti­ve Soft­ware in sei­ne Fahr­zeu­ge ein­baut und sich die Händ­ler dann zum Nach­teil der Käu­fer dar­auf zu­rück­zie­hen, dass es vie­le Mo­na­te dau­ert, um die­se Ma­ni­pu­la­ti­on zu be­he­ben.

Dar­über hin­aus ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass die Be­klag­te kei­ner­lei ei­ge­ne Ak­ti­vi­tät da­hin ge­hend ent­wi­ckelt hat, den Her­stel­ler zur Be­he­bung des Man­gels zu be­we­gen. In ih­rem Schrei­ben vom 24.03.2016 und so­gar noch im Schrei­ben vom 15.09.2016 hat sich die Be­klag­te un­ter Zu­sam­men­fü­gung von Text­bau­stei­nen le­dig­lich dar­auf zu­rück­ge­zo­gen, den Klä­ger an den Her­stel­ler zu ver­wei­sen.

Vor­lie­gend stand der Be­klag­ten bis 04.04.2016 ei­ne Frist von knapp vier Wo­chen zur Nach­bes­se­rung zur Ver­fü­gung, bis zum Zeit­punkt der Er­klä­rung des Rück­tritts am 02.05.2016 so­gar knapp zwei Mo­na­te, die die Be­klag­te un­ge­nutzt hat ver­strei­chen las­sen. Dies ist nach Maß­ga­be der vor­ste­hen­den Er­wä­gun­gen mehr als aus­rei­chend, so­dass es dem Klä­ger nicht zu­mut­bar ist, et­wai­ge her­stel­ler­sei­ti­ge Maß­nah­men zur Man­gel­be­sei­ti­gung ab­zu­war­ten.

c) Vor­lie­gend spricht dar­über hin­aus viel da­für – oh­ne dass es hier­auf ent­schei­dend an­kä­me –, dass ei­ne Frist­set­zung ge­mäß § 326 V BGB ent­behr­lich war. Hat näm­lich der Ver­trag – wie hier – die Lie­fe­rung ei­ner Gat­tungs­schuld zum Ge­gen­stand, hängt die Fest­stel­lung der Un­mög­lich­keit ent­schei­dend da­von ab, ob sich die Schuld be­reits auf ein be­stimm­tes Stück kon­kre­ti­siert hat oder nicht. Wenn – wie hier – ei­ne Kon­kre­ti­sie­rung nicht vor­liegt, kann Un­mög­lich­keit nur bei Un­ter­gang der gan­zen Gat­tung an­ge­nom­men wer­den (vgl. LG Stutt­gart, Urt. v. 23.05.2017 – 2 O 91/16). Da­von dürf­te im vor­lie­gen­den Fall aus­zu­ge­hen sein, so­dass es der Frist­set­zung ge­mäß § 326 V BGB nicht be­durf­te.

d) Un­ab­hän­gig da­von war dem Klä­ger ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten die Nach­er­fül­lung un­zu­mut­bar mit der Fol­ge, dass es der Frist­set­zung auch aus die­sem Grund nicht be­durf­te (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB).

aa) Für die Be­ur­tei­lung, ob die Nach­er­fül­lung für den Käu­fer un­zu­mut­bar ist, sind al­le Um­stän­de des Ein­zel­falls zu be­rück­sich­ti­gen, ins­be­son­de­re die Zu­ver­läs­sig­keit des Ver­käu­fers, ei­ne nach­hal­ti­ge Stö­rung des Ver­trau­ens­ver­hält­nis­ses der Par­tei­en, die Art der Sa­che und der Zweck, für den der Ver­brau­cher sie be­nö­tigt, die Art des Man­gels und die Be­gleit­um­stän­de der Nach­er­fül­lung; die Un­zu­mut­bar­keit ist al­lein aus der Per­spek­ti­ve des Käu­fers zu be­ur­tei­len, ei­ne In­ter­es­sen­ab­wä­gung fin­det nicht statt (vgl. BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VI­II ZR 80/14 Rn. 22).

Die Nach­bes­se­rung war dem Klä­ger schon des­halb un­zu­mut­bar, weil er die be­grün­de­te Be­fürch­tung he­gen durf­te, dass das be­ab­sich­tig­te Soft­ware­up­date ent­we­der nicht er­folg­reich sein oder zu Fol­ge­män­geln füh­ren wür­de.

Es war vor­lie­gend zum Zeit­punkt des Rück­tritts, auf den al­lein ab­zu­stel­len ist, nicht aus­zu­schlie­ßen, dass die Be­sei­ti­gung der Soft­ware ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die üb­ri­gen Emis­si­ons­wer­te, den Kraft­stoff­ver­brauch und die Mo­tor­leis­tung ha­ben wür­de. Im Ge­gen­teil, der­ar­ti­ge Be­fürch­tun­gen wur­den ge­richts­be­kannt auch von Fach­leu­ten mehr­fach öf­fent­lich ge­äu­ßert – ak­tu­ell be­rich­tet un­ter http://​www.​spiegel.​de/​auto/​aktuell/​vw-abgasskandal-auch-umgeruestete-diesel-weiter-dreckig-a-1150977.​html – und be­ruh­ten auf der na­he­lie­gen­den Über­le­gung, war­um der Her­stel­ler nicht schon bei der Ent­wick­lung der Mo­to­ren zur Er­stel­lung ei­ner ent­spre­chen­den Soft­ware in der La­ge ge­we­sen sei bzw. war­um der Her­stel­ler nicht schon viel frü­her, näm­lich schon weit vor Be­kannt­wer­den des Ab­gas­skan­dals, die Ent­wick­lung der in Aus­sicht ge­stell­ten Soft­ware un­ter­nom­men ha­be. Sie be­ruh­ten wei­ter auf dem be­kann­ten Ziel­kon­flikt zwi­schen güns­ti­gen Stick­oxid­wer­ten und güns­ti­gen Koh­len­di­oxid­wer­ten.

Der be­rech­tig­te Man­gel­ver­dacht reicht aus, um dem Klä­ger die Nach­bes­se­rung un­zu­mut­bar zu ma­chen (vgl. BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VI­II ZR 266/09). Es ge­nügt näm­lich grund­sätz­lich nicht, ei­nen Man­gel ab­zu­stel­len, wenn da­für ein an­de­rer Man­gel ent­steht. Dass dies ge­sche­hen wird, muss der Klä­ger nicht be­wei­sen oder auch nur als si­cher ein­tre­tend be­haup­ten. Sei­ne In­ter­es­sen sind viel­mehr schon hin­rei­chend be­ein­träch­tigt, wenn er aus Sicht ei­nes ver­stän­di­gen Kun­den kon­kre­te tat­säch­li­che An­halts­punk­te für die Mög­lich­keit an­de­rer Män­gel hat. Das ist für so­ge­nann­te Mon­tags­au­tos an­er­kannt und be­ruht dort auf der Über­le­gung, dass ein Au­to, das schon ei­ni­ge Män­gel zeig­te, mit ei­ner ge­wis­sen Wahr­schein­lich­keit (aber nicht mit Si­cher­heit), wei­te­re Män­gel auf­wei­sen wird (vgl. BGH, Urt. v. 23.01.2013 – VI­II ZR 140/12 Rn. 23 ff.). Ähn­lich ist es vor­lie­gend. Der Man­gel­ver­dacht er­gibt sich aus plau­si­blen Über­le­gun­gen, die auf tat­säch­li­chen An­nah­men be­ru­hen und die die Be­klag­te je­den­falls zum Zeit­punkt des Rück­tritts nicht wi­der­legt hat.

bb) Es war dem Klä­ger auch zeit­lich un­zu­mut­bar, auf die Nach­er­fül­lung zu war­ten.

Die an­ge­mes­se­ne War­te­zeit rich­tet sich vor­ran­gig nach dem In­ter­es­se des Käu­fers, weil – wie dar­ge­legt – al­lein aus sei­ner Sicht die Un­zu­mut­bar­keit zu be­ur­tei­len ist. Zwar kommt es nicht auf ei­ne rein sub­jek­ti­ve Be­trach­tung an, was be­reits dar­aus folgt, dass ein Käu­fer dem Ver­käu­fer grund­sätz­lich ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zu set­zen hat, ei­ne zwei­te An­die­nung al­so nicht in sei­nem Be­lie­ben steht. Bei der Be­stim­mung der An­ge­mes­sen­heit die­ser Frist sind zu­nächst ob­jek­ti­ve Fak­to­ren maß­geb­lich, was vor­der­grün­dig im Streit­fall da­für spre­chen könn­te, die Zeit­span­ne für Ent­wick­lung, Prü­fung, Ge­neh­mi­gung und (mas­sen­haf­tes) Auf­spie­len der Soft­ware für an­ge­mes­sen zu hal­ten.

Die al­lei­ni­ge Maß­geb­lich­keit ob­jek­ti­ver Fak­to­ren im vor­lie­gen­den Fall wür­de aber die In­ter­es­sen des Klä­gers als Käu­fer in un­an­ge­mes­se­ner Wei­se hint­an­stel­len. Die Be­klag­te war näm­lich im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung noch gar nicht in der La­ge, den Man­gel zu be­sei­ti­gen, da ihr das in Re­de ste­hen­de Soft­ware­up­date bis da­hin nicht zur Ver­fü­gung stand. Auch wenn sie hier­bei auf die Un­ter­stüt­zung des Her­stel­lers und die Frei­ga­be durch das Kraft­fahrt-Bun­des­amt an­ge­wie­sen ge­we­sen sein soll­te, konn­te die Nach­er­fül­lungs­frist we­gen die­ser Um­stän­de nicht zum Nach­teil des Klä­gers für ei­ne zu­nächst un­ge­wis­se Zeit hin­aus­ge­zö­gert wer­den. Erst spä­ter stell­te sich Ge­wiss­heit über die Ge­neh­mi­gung des Soft­ware­up­dates ein, ein kon­kre­ter Nach­bes­se­rungs­ter­min für das Fahr­zeug des Klä­gers war aber auch zum Zeit­punkt des Schlus­ses der münd­li­chen Ver­hand­lung noch nicht be­kannt bzw. be­nannt. Schon al­lein das Ab­war­ten ins Un­ge­wis­se hin­ein er­scheint un­zu­mut­bar.

Die zeit­li­chen Pro­ble­me auf Her­stel­ler­sei­te bei der Ent­wick­lung des Soft­ware­up­dates wir­ken al­lein zu­las­ten der Be­klag­ten und sind ih­rem Ri­si­ko­be­reich zu­zu­ord­nen, weil sie zur Nach­bes­se­rung auf den Her­stel­ler an­ge­wie­sen ist. Wie be­reits aus­ge­führt, wuss­te der Her­stel­ler seit der Ent­wick­lung des Mo­tors von dem Man­gel und hät­te seit­dem an sei­ner Be­sei­ti­gung ar­bei­ten kön­nen und müs­sen.

Für ei­ne zeit­li­che Un­zu­mut­bar­keit spricht schließ­lich auch der Sinn und Zweck der Frist: Sie soll den Schuld­ner in die La­ge ver­set­zen, sei­ne Leis­tung zu voll­enden, und nicht, mit ihr zu be­gin­nen. Dau­ert die Man­gel­be­sei­ti­gung aber un­ab­seh­bar an, so stellt sich die La­ge für den Käu­fer dar, als wür­de der Schuld­ner mit Frist­set­zung erst­mals den Ver­such der Be­wir­kung ei­ner Leis­tung un­ter­neh­men.

4. Der Klä­ger hat mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 02.05.2016 ei­ne Rück­tritts­er­klä­rung ab­ge­ge­ben.

5. Hat der Schuld­ner die Leis­tung nicht ver­trags­ge­mäß be­wirkt, so kann der Gläu­bi­ger vom Ver­trag nicht zu­rück­tre­ten, wenn die Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich ist (§ 323 V 2 BGB). Der Rück­tritt ist vor­lie­gend nicht des­we­gen aus­ge­schlos­sen, weil die Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich und ei­ne Man­gel­be­sei­ti­gung mit­tels Soft­ware­up­dates le­dig­lich mit Kos­ten von deut­lich we­ni­ger als 100 € mög­lich ist.

Für die Fra­ge nach der Un­er­heb­lich­keit ist auf den Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung ab­zu­stel­len (vgl. BGH, Urt. v. 05.11.2008 – VI­II ZR 166/07 Rn. 18 f.). Ein zum Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung er­heb­li­cher Man­gel wird nicht da­durch un­er­heb­lich, dass es mög­li­cher­wei­se zu ei­nem spä­te­ren Zeit­punkt noch ge­lin­gen kann, das Fahr­zeug in ei­nen ver­trags­ge­mä­ßen Zu­stand zu ver­set­zen (vgl. BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VI­II ZR 374/11 Rn. 18).

Wann von ei­ner Un­ter­schrei­tung der Er­heb­lich­keits­schwel­le des § 323 V 2 BGB aus­zu­ge­hen ist, be­darf ei­ner um­fas­sen­den Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen, wo­bei die Be­deu­tung des Man­gels in der Ver­kehrs­an­schau­ung und al­le Um­stän­de des Ein­zel­falls zu wür­di­gen sind. Ins­be­son­de­re sind da­bei der für die Man­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­che Auf­wand, die Qua­li­tät des Ver­trags­ge­gen­stands, die An­zahl der Män­gel, die Aus­wir­kung auf die be­ein­träch­tig­te Leis­tung und die für die Kauf­ent­schei­dung maß­geb­li­chen Kri­te­ri­en her­an­zu­zie­hen. Bei be­heb­ba­ren Män­geln ist grund­sätz­lich auf die Kos­ten der Män­gel­be­sei­ti­gung und nicht auf das Aus­maß der Funk­ti­ons­be­ein­träch­ti­gung ab­zu­stel­len (vgl. BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VI­II ZR 374/11; Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13 Rn. 17).

Ei­ne Un­er­heb­lich­keit folgt vor­lie­gend nicht dar­aus, dass – die Be­haup­tung der Be­klag­ten un­ter­stellt – die Durch­füh­rung des Soft­ware­up­dates we­ni­ger als 100 € kos­ten und nur ge­rin­gen Zeit­auf­wand ver­ur­sa­chen wür­de. Denn der Kos­ten­auf­wand ei­ner Män­gel­be­sei­ti­gung ent­fal­tet le­dig­lich dann Be­deu­tung, wenn die Män­gel­be­sei­ti­gung mög­lich ist. In dem für die Be­ur­tei­lung der Fra­ge der Un­er­heb­lich­keit maß­geb­li­chen Rück­tritts­zeit­punkt – al­so am 02.05.2016 – war der Sach­man­gel je­doch auch auf Grund­la­ge des Vor­brin­gens der Be­klag­ten un­be­heb­bar. Denn die Be­klag­te hat nicht vor­ge­tra­gen, dass die Soft­ware vom Her­stel­ler in­stal­la­ti­ons­fer­tig inkl. der vor Frei­ga­be durch das Kraft­fahrt-Bun­des­amt not­wen­di­gen Fein­ab­stim­mung auf den Fahr­zeug­typ) er­stellt wor­den war.

Der Män­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand kann über­dies nicht al­lein nach der Durch­füh­rung des Soft­ware­up­dates be­ur­teilt wer­den, son­dern er be­steht – so­lan­ge des­sen Ent­wick­lung noch nicht ab­ge­schlos­sen ist – auch im Auf­wand der Ent­wick­lung des­sel­ben. Da­bei kann of­fen­blei­ben, ob bei der Be­mes­sung des für die Ent­wick­lung not­wen­di­gen Kos­ten­auf­wands dem Ver­käu­fer und Her­stel­ler zu­gu­te­kommt, dass der Auf­wand für ei­ne Viel­zahl von Fahr­zeu­gen er­for­der­lich und des­halb der auf das ein­zel­ne Fahr­zeug ent­fal­len­de An­teil ge­ring ist mit der Fol­ge, dass ein kon­kre­ter tech­ni­scher Man­gel, für des­sen Be­sei­ti­gung die per­so­nel­len und tech­ni­schen Res­sour­cen des Her­stel­lers über Mo­na­te ge­for­dert wer­den, al­lein des­halb un­er­heb­lich wird, weil die­ser bei ei­ner Viel­zahl män­gel­be­haf­te­ter Fahr­zeu­ge vor­liegt. Denn je­den­falls hat die Be­klag­te die Ent­wick­lungs­kos­ten für die Män­gel­be­sei­ti­gungs­maß­nah­me beim kon­kre­ten Fahr­zeug­typ schon nicht dar­ge­legt.

Über­dies fehlt es auch an ei­nem fest­stell­ba­ren Markt­preis für die Ent­wick­lung, Her­stel­lung und In­stal­la­ti­on des Up­dates. Nur wenn sich ein Markt­preis für ei­ne Re­pa­ra­tur fest­stel­len lässt, kann die­ser die Un­er­heb­lich­keit in­di­zie­ren. Da hier die Män­gel­be­sei­ti­gungs­maß­nah­me nur vom Her­stel­ler an­ge­bo­ten wird, ver­bie­tet sich ei­ne An­knüp­fung an vom Her­stel­ler mo­no­po­lis­tisch an­ge­ge­be­ne Kos­ten. Wä­ren be­reits der­ar­ti­ge An­ga­ben des Her­stel­lers maß­geb­lich, könn­te die­ser durch sei­ne Preis­an­ga­ben dar­über be­stim­men, ob von ihm ver­ur­sach­te Män­gel er­heb­lich oder un­er­heb­lich sind.

Ei­ner Un­er­heb­lich­keit des Man­gels steht vor­lie­gend auch un­ge­ach­tet des Kos­ten- und Zeit­auf­wands des Soft­ware­up­dates je­den­falls ent­ge­gen, dass – vom maß­geb­li­chen Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung aus be­trach­tet – ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf an­de­re Pa­ra­me­ter des Fahr­zeugs und sei­nen Markt­preis ernst­lich zu be­fürch­ten wa­ren. Denn aus Käu­fer­sicht durf­te im maß­geb­li­chen Rück­tritts­zeit­punkt – und an­ge­sichts der ge­richts­be­kannt wei­ter­hin un­kla­ren und in der Ta­ges­pres­se do­ku­men­tier­ten Ent­wick­lung auch noch im Zeit­punkt der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung – be­rech­tig­ter­wei­se be­fürch­tet wer­den, dass das Up­date nach­hal­tig ne­ga­tiv auf den Ver­brauch, an­de­re Ab­gas­wer­te oder die Halt­bar­keit von Fahr­zeug­bau­tei­len wir­ken wür­de. Denn aus dem mit der Täu­schung auf dem Prüf­stand ein­ge­gan­ge­nen un­ter­neh­me­ri­schen Ri­si­ko von Straf­zah­lun­gen, Scha­dens­er­satz­kla­gen und Image­ver­lust konn­te je­den­falls vom Rück­tritts­zeit­punkt aus nur der Schluss ge­zo­gen wer­den, dass es für die Re­du­zie­rung der Ab­gas­rück­füh­rung im Fahr­be­trieb aus Sicht des Her­stel­lers wich­ti­ge, wenn nicht so­gar zwin­gen­de tech­ni­sche Grün­de gab. Eben­so we­nig wur­den dem Klä­ger die Be­weg­grün­de für die vom Her­stel­ler in­stal­lier­te Ab­schalt­lo­gik of­fen­bart, wel­che ihn in die La­ge ver­setzt hät­ten, zu be­ur­tei­len, wel­che Fol­gen die Be­sei­ti­gung der Um­schalt­lo­gik für das Fahr­zeug ha­ben wür­de.

Dar­über hin­aus steht selbst zum Zeit­punkt der vor­lie­gen­den Ent­schei­dung nicht fest, dass das in Re­de ste­hen­de Up­date et­wai­ge Män­gel be­hebt. So wird in der ak­tu­el­len Pres­se be­rich­tet, ein der­ar­ti­ges Up­date füh­re nicht zum Er­folg (s. http://​www.​spiegel.​de/​auto/​aktuell/​vw-abgasskandal-auch-umgeruestete-diesel-weiter-dreckig-a-1150977.​html). Ist die Man­gel­be­he­bung mit der­ar­ti­gen und über Mo­na­te an­dau­ern­den Un­si­cher­hei­ten be­haf­tet, kann von ei­ner Ge­ring­fü­gig­keit der Pflicht­ver­let­zung kei­ne Re­de sein.

Schließ­lich steht der An­nah­me ei­nes bloß un­er­heb­li­chen Man­gels ent­ge­gen, dass das Ver­trau­en in den Her­stel­ler, der vor­lie­gend al­lein in der La­ge wä­re, den Man­gel zu be­sei­ti­gen, durch des­sen heim­li­ches Vor­ge­hen er­schüt­tert ist. Da der Pkw ein lang­le­bi­ges und hoch­wer­ti­ges Wirt­schafts­gut ist, das im Lau­fe sei­ner Nut­zung stän­dig ge­pflegt, ge­war­tet und re­pa­riert wer­den muss, be­darf es der stän­di­gen Leis­tung des Her­stel­lers, weil die­ser War­tungs­in­ter­val­le und -maß­nah­men vor­gibt und die Er­satz­tei­le pro­du­ziert. Das er­for­dert eben­falls ein ge­wis­ses Ver­trau­en in des­sen Zu­ver­läs­sig­keit, das durch die heim­li­che In­stal­la­ti­on der zu be­sei­ti­gen­den Ab­schalt­vor­rich­tung und Soft­ware ge­stört ist.

6. Die Rück­tritts­er­klä­rung war auch nicht nach §§ 218 I 1, 438 I Nr. 3 BGB un­wirk­sam. Da­nach ist der Rück­tritt we­gen nicht oder nicht ver­trags­ge­mäß er­brach­ter Leis­tung un­wirk­sam, wenn der An­spruch auf die Leis­tung oder der Nach­er­fül­lungs­an­spruch ver­jährt ist und der Schuld­ner sich hier­auf be­ruft.

Vor­lie­gend hat sich die Be­klag­te auf Ver­jäh­rung be­ru­fen.

Durch den Rück­tritt wird der Ver­trag in ein Rück­ab­wick­lungs­ver­hält­nis um­ge­wan­delt (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.2007 – VI­II ZR 16/07 Rn. 10). Für den Gläu­bi­ger ent­steht ein neu­er An­spruch, für den die Re­gel­ver­jäh­rung gilt. Zu­guns­ten des Käu­fers, der am letz­ten Tag der Frist des § 438 BGB zu­rück­ge­tre­ten ist, be­ginnt ei­ne neue drei­jäh­ri­ge Ver­jäh­rungs­frist, die sich we­gen der „Ul­ti­more­gel“ noch ver­län­gert. Der erst durch Rück­tritt ent­ste­hen­de An­spruch wird von § 438 BGB nicht er­fasst (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2006 – VI­II ZR 3/06 Rn. 34).

So ist es hier. Ge­mäß § 438 II BGB be­ginnt die Ver­jäh­rung mit der Ab­lie­fe­rung der Sa­che, hier al­so am 26.05.2014. Der Klä­ger hat den Rück­tritt in­ner­halb der zwei­jäh­ri­gen Ver­jäh­rungs­frist am 02.05.2016 er­klärt. Der erst durch den Rück­tritt ent­stan­de­ne An­spruch ist da­mit er­sicht­lich noch nicht ver­jährt.

7. Ge­mäß § 346 I BGB sind im Fal­le des Rück­tritts die emp­fan­ge­nen Leis­tun­gen zu­rück­zu­ge­wäh­ren und die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen her­aus­zu­ge­ben. Da­nach hat die Be­klag­te den Kauf­preis von 25.603 € zu er­stat­ten. Hin­zu kom­men 50 € Zu­las­sungs­kos­ten.

Dem ste­hen die im We­ge des Wert­er­sat­zes zu er­stat­ten­den Nut­zun­gen von 4.653,60 € ge­gen­über (§ 346 II 1 Nr. 1 BGB). Die­se er­rech­nen sich aus dem Kauf­preis von 25.603 € mul­ti­pli­ziert mit der Lauf­leis­tung von 54.528 km ge­teilt durch die vom Ge­richt ge­schätz­te (§ 287 ZPO) Ge­samt­lauf­leis­tung von 300.000 km.

§ 474 V 1 BGB ist im Fall des Rück­tritts nicht an­wend­bar.

8. An­trags­ge­mäß war die Be­klag­te Zug um Zug zu ver­ur­tei­len (§ 348 BGB).

9. Der Zins­an­spruch er­gibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

10. Rechts­an­walts­kos­ten sind … aus ei­nem Be­trag von – le­dig­lich – 20.999,40 € … zu er­stat­ten (§§ 437 Nr. 3, 280 I BGB). Denn mit der Lie­fe­rung ei­nes man­gel­be­haf­te­ten Fahr­zeugs hat die Be­klag­te ih­re Pflich­ten aus dem Kauf­ver­trag ver­letzt, wo­bei sie sich nicht nach § 280 I 2 BGB ent­las­tet hat.

So­weit die Zah­lung hö­he­rer Rechts­an­walts­kos­ten be­an­tragt war, war die Kla­ge teil­wei­se ab­zu­wei­sen.

11. a) Der Fest­stel­lungs­an­trag ist zu­läs­sig. Das nach § 256 I ZPO er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se des Klä­gers be­steht, weil die Fest­stel­lung der er­leich­ter­ten Voll­stre­ckung des gel­tend ge­mach­ten Leis­tungs­an­spruchs dient und hier­zu er­for­der­lich ist (vgl. § 756 I ZPO).

Nach § 756 I ZPO darf – wenn die Voll­stre­ckung von ei­ner Zug um Zug zu be­wir­ken­den Leis­tung des Gläu­bi­gers an den Schuld­ner ab­hängt – der Ge­richts­voll­zie­her die Zwangs­voll­stre­ckung nicht be­gin­nen, be­vor er dem Schuld­ner die die­sem ge­büh­ren­de Leis­tung in ei­ner den Ver­zug der An­nah­me be­grün­den­den Wei­se an­ge­bo­ten hat, so­fern nicht der Be­weis, dass der Schuld­ner be­frie­digt oder im Ver­zug der An­nah­me ist, durch öf­fent­li­che oder öf­fent­lich be­glau­big­te Ur­kun­den ge­führt wird und ei­ne Ab­schrift die­ser Ur­kun­den be­reits zu­ge­stellt ist oder gleich­zei­tig zu­ge­stellt wird.

Vor die­sem Hin­ter­grund be­steht ein In­ter­es­se an rechts­kraft­fä­hi­ger, für den Ge­richts­voll­zie­her ver­bind­li­cher Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs im Te­nor des Voll­stre­ckungs­ti­tels.

b) Der Fest­stel­lungs­an­trag ist be­grün­det.

Die Be­klag­te be­fin­det sich mit der Rück­nah­me des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs im An­nah­me­ver­zug ge­mäß § 293 BGB. Da Leis­tungs­ort im Fal­le des Rück­tritts von ei­nem Kauf­ver­trag der Ort ist, an dem sich die Sa­che ver­trags­ge­mäß be­fin­det, ge­nüg­te ge­mäß § 295 BGB das „wört­li­che“ An­ge­bot des Klä­gers im Schrei­ben vom 02.05.2016, den Kauf­preis Zug um Zug ge­gen Ab­ho­lung des Fahr­zeugs bis zum 09.05.2016 zu zah­len.

Un­schäd­lich ist der Um­stand, dass der Klä­ger le­dig­lich zur Ab­ho­lung des Fahr­zeu­ges auf­ge­for­dert hat. Denn die­se Auf­for­de­rung ist ge­mäß §§ 133, 157 BGB da­hin ge­hend aus­zu­le­gen, dass der Klä­ger die voll­stän­di­ge Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges an­ge­bo­ten hat, mit­hin die Rück­ga­be und Rück­über­eig­nung des Fahr­zeugs.

Dar­über hin­aus hat der Klä­ger spä­tes­tens mit der Stel­lung der Kla­ge­an­trä­ge der Be­klag­ten ein wört­li­ches An­ge­bot auf Her­aus­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw, wel­che durch Ab­ho­lung sei­tens der Be­klag­ten zu er­fol­gen hät­te, un­ter­brei­tet (§ 295 Satz 1 Fall 2 BGB). Die Be­klag­te hat mit ih­rem Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag die­ses An­ge­bot ab­ge­lehnt, wes­halb sie al­ler­spä­tes­tens hier­durch in An­nah­me­ver­zug ge­riet.

12. Ein Schrift­satz­recht hin­sicht­lich der Be­haup­tung des Klä­gers, das Fahr­zeug ha­be ak­tu­ell ei­ne Lauf­leis­tung von 54.528 km, war nicht zu ge­wäh­ren. Ei­ne ent­spre­chen­de Be­weis­auf­nah­me war ent­behr­lich. Nach­dem noch im Ter­min vom 08.02.2017 un­strei­tig war, dass das Fahr­zeug sei­ner­zeit ei­ne Lauf­leis­tung von 48.365 km hat­te, und im Schrift­satz des Klä­gers vom 29.06.2017 die­se An­ga­be zu­guns­ten der Be­klag­ten kor­ri­giert und der An­trag an­ge­passt wor­den ist, er­folg­te das dies­be­züg­li­che Be­strei­ten im Ter­min vom 30.06.2017 er­sicht­lich ins Blaue hin­ein und war da­her un­be­acht­lich. …

PDF er­stel­len