- Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs ist selbst dann nicht berechtigt, „sofort“ vom Kaufvertrag zurückzutreten, wenn ihn die – an diesem Vertrag nicht beteiligte – Volkswagen AG arglistig getäuscht hat. Denn der Verkäufer des Fahrzeugs muss sich auch dann, wenn er Vertragshändler der Volkswagen AG ist, deren (möglicherweise) arglistiges Verhalten nicht zurechnen lassen. Weder ist die Volkswagen AG Gehilfe des Verkäufers bei der Erfüllung von Verkäuferpflichten i. S. des § 278 BGB, noch ist der Verkäufer (Wissens-)Vertreter der Volkswagen AG.
- Dass die Volkswagen AG in die Nachbesserung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs eingebunden ist, insbesondere weil sie das dafür erforderliche Softwareupdate entwickelt (hat), rechtfertigt nicht die Bewertung, dass die Nachbesserung dem – möglicherweise durch die Volkswagen AG arglistig getäuschten – Käufer i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar ist (entgegen LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, NJW-RR 2016, 1397 [1399]).
LG Bonn, Urteil vom 19.05.2017 – 1 O 341/16
Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der beklagten VW-Vertragshändlerin im März 2015 einen am 23.12.2014 erstzugelassenen VW Passat Variant 2.0 TDI BMT (130 kW) in der Ausstattungsvariante „Highline“. Der Kaufpreis für das Fahrzeug betrug 36.800 €. Im schriftlichen Kaufvertrag ist eine Laufleistung von 100 km festgehalten; tatsächlich betrug die Laufleistung des Pkw bei Vertragsschluss nur 29 km.
Im Februar 2016 informierte die Volkswagen AG dem Kläger schriftlich darüber,
„dass der in Ihrem Fahrzeug eingebaute Dieselmotor von einer Software betroffen ist, durch welche die Stickoxidwerte (NOX) im Vergleich zwischen Prüfstandlauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert werden. Diesbezüglich versichern wir Ihnen als allererstes, dass Ihr Fahrzeug technisch sicher und fahrbereit ist! Sie dürfen ihr Fahrzeug ohne jegliche Einschränkung in gewohnter Weise weiter nutzen! Dies bezieht sich auch auf eine gegebenenfalls bevorstehende Hauptuntersuchung oder auf das Einfahren in eine für Ihr Fahrzeug zugelassene Umweltzone. Wir bedauern zutiefst, dass wir Ihr Vertrauen enttäuscht haben und werden diese Unregelmäßigkeit schnellstmöglich beheben.
Wir arbeiten mit Hochdruck an der Organisation der Rückrufmaßnahme durch zuständige Werkstätten. Aufgrund der Vielzahl der zu entwickelnden technischen Lösungen wird die Instandsetzung der Fahrzeuge in mehreren Stufen im Kalenderjahr 2016 erfolgen. Wir können Ihnen aber bereits jetzt mitteilen, dass, abhängig von dem in Ihrem Fahrzeug verbauten Aggregat …, ab KW 09/16 … die Reparaturmaßnahmen in den Werkstätten starten. Sie werden dann in einem weiteren Anschreiben von uns noch einmal konkret aufgefordert, umgehend einen Termin mit einem autorisierten VW-Partner zu vereinbaren. VW übernimmt selbstverständlich die Kosten für alle notwendigen Reparaturmaßnahmen und setzt alles daran, Ihr Vertrauen vollständig wiederzugewinnen.“
Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.09.2016 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte sie auf, bis zum 13.10.2016 an ihn 34.316 € Zug um Zug gegen Rückübereignung des VW Passat Variant zu zahlen. Zur Begründung heißt es in dem Anwaltsschreiben:
Mein Mandant wurde darüber informiert, dass der in seinem Fahrzeug eingebaute Dieselmotor von einer Software betroffen ist, durch die die Stickoxidwerte im Vergleich zwischen Prüfstandlauf und realem Fahrbetrieb verschlechtert werden. Es wurde eine Nachbesserung in Aussicht gestellt, diese aber bis heute nicht vollzogen.
Vor dem Hintergrund der beiden Entscheidungen des LG Krefeld vom 14.09.2016 – 2 O 72/16 und 2 O 83/16 –, geht mein Mandant davon aus, dass es sich bei den Abgasmanipulationen um einen erheblichen Mangel handelt und eine Nachbesserung durch Softwareupdates für ihn nicht zumutbar ist. Es ist davon auszugehen, dass auch bei einer Nachrüstung der Software ein berechtigter Mangelverdacht verbleibt. Es bestehen daher erhebliche Zweifel an einer erfolgreichen Nacherfüllung. Darüber hinaus stehen günstige Stickoxidwerte bekanntermaßen technisch in einem ‚Zielkonflikt‘ mit geringeren Kohlendioxidwerten. Der Autokäufer muss nach Ansicht des LG Krefeld nicht hinnehmen, dass Verbesserungen der Stickoxidwerte möglicherweise durch andere Mängel wie höhere CO2-Werte erkauft werden.
Vor diesem Hintergrund erkläre ich namens meines Mandanten … den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die derzeitige Laufleistung des Fahrzeuges beträgt 13.500 km. … Mithin ergibt sich eine Ihnen zustehende Nutzungsentschädigung in Höhe von 2.484 €.“
Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 06.10.2016, in dem es unter anderem heißt:
„Die Sorge Ihres Mandanten nehmen wir sehr ernst, wir möchten jedoch auch rein vorsorglich zur Vermeidung möglicher Missverständnisse auf folgende Aussage der Volkswagen AG hinweisen:
- Alle betroffenen Fahrzeuge sind weiterhin technisch sicher und fahrbereit.
- Die zugelassenen Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA189 können weiterhin im Straßenverkehr belassen und uneingeschränkt genutzt werden. Dies hat das Kraftfahrt-Bundesamt am 15.10.2015 bestätigt.
- Die Volkswagen AG hat dem Kraftfahrt-Bundesamt bereits die konkreten technischen Maßnahmen für die betroffenen EA189-Motoren … vorgestellt. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat nach intensiver Begutachtung die von der Volkswagen AG vorgeschlagenen Maßnahmen grundsätzlich bestätigt. Zusätzlich wird für jeden Fahrzeugtyp eine individuelle Freigabe durch das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgen.
…
Die von VW entwickelten technischen Lösungen sehen wie folgt aus:
- …
- Die … 2,0-Liter-Aggregate benötigen lediglich ein Software-Update, für das nur etwa eine halbe Stunde Arbeitszeit in einer Vertragswerkstatt vorgesehen ist.
Seit Ende Januar 2016 werden die betroffenen Fahrzeuge auf den erforderlichen technischen Stand gebracht. … Es ist unser Ziel, dass die Maßnahmen keinen Einfluss auf Verbrauch und Fahrleistung haben. Diese Zielerreichung wurde bereits bei mehreren Fahrzeugtypen, die das Kraftfahrt-Bundesamt nach Durchführung der technischen Maßnahmen untersucht hat, bestätigt. …
Am 03.06.2016 hat das Kraftfahrt-Bundesamt die technischen Lösungen für die VW-Modelle … mit 2,0 l-TDI des Motortyps EA189 freigegeben. … Bis zur konkreten Durchführung der Maßnahmen möchten wir Ihren Mandanten um Geduld und sein Verständnis dafür bitten, dass wir alle notwendigen Schritte mit dem gebotenen Tempo, aber auch mit der Sorgfalt angehen, die Ihr Mandant jetzt von uns erwarten darf. ….
Vor diesem Hintergrund bitten wir um Verständnis, dass wir dem Wunsch Ihres Mandanten, sein Fahrzeug zurückzunehmen, nicht entsprechen können.
Das Zuwarten ist für Ihren Mandanten nicht nachteilig, da wir ausdrücklich bis zum 31.12.2017 auf die Erhebung der Verjährungseinrede im Hinblick auf etwaige Ansprüche, die im Zusammenhang mit der in Fahrzeugen mit Motortyp EA189 eingebauten Software bestehen, verzichten.“
Mit Schreiben vom 30.12.2016 informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass die Softwarelösung für sein Fahrzeug zur Verfügung stehe.
Der Kläger behauptet, er habe nach Erhalt des Schreibens der Volkswagen AG vom Februar 2016 diverse Anfragen an die Beklagte gerichtet, die sämtlich abschlägig beschieden worden seien. Er sei immer wieder vertröstet worden, dass eine Nachbesserung noch nicht möglich sei.
Der Kläger behauptet weiter, die Volkswagen AG habe sein Fahrzeug mit einer unzulässige Abschalteinrichtung versehen, um Kosten zu sparen. Beim regulären Betrieb des Fahrzeugs im Straßenverkehr überschritten die Stickoxidemissionen den zulässigen Grenzwert um ein Vielfaches, weil dann die Abgaskontrollanlage weitgehend abgeschaltet sei. Die von der Volkswagen AG vorgesehenen Abhilfemaßnahmen – so macht der Kläger geltend – würden sich negativ auf den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionen, das Fahrverhalten und die Wertbeständigkeit seines Fahrzeugs auswirken.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf (Rück-)Zahlung von 34.316 € Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs aus den §§ 346 I und II 1 Nr. 1, 348, 323 I, 437 Nr. 2 Fall 1 BGB oder den §§ 280 I und III, 281 I, 437 Nr. 3 BGB. Es fehlt an einer diese Gewährleistungsansprüche auslösenden erfolglosen Fristsetzung zur Nacherfüllung gegenüber der Beklagten (vgl. § 323 I BGB, § 281 I 1 BGB, § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB).
1. Eine ausdrückliche Fristsetzung nebst Aufforderung zur Nacherfüllung durch den Kläger ist unstreitig nicht erfolgt. Aber auch das im Tatbestand zitierte Schreiben vom 22.09.2016 enthält keine Nachbesserungsaufforderung, sondern erklärt unmittelbar gegenüber der Beklagten den Vertragsrücktritt (vgl. dazu LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017 – 3 O 252/16, BeckRS 2017, 106026 Rn. 50, 60).
Das Vorbringen des Klägers, die Beklagte habe diverse Anfragen abschlägig beschieden und ihm mitgeteilt, dass eine Nachbesserung noch nicht möglich sei, erfüllt in dieser Allgemeinheit nicht die erforderlichen Voraussetzungen an eine bestimmte und eindeutige Aufforderung zur Nacherfüllung i. S. von § 323 I BGB (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl. [2017], § 323 Rn. 13 m. w. Nachw.), zumal es an einer Fristsetzung fehlt. Im Übrigen hat der Kläger die von der Beklagten bestrittene Fristsetzung nicht unter Beweis gestellt. Das Schreiben vom 22.09.2016 erwähnt vorprozessuale Nachbesserungsaufforderungen nicht.
2. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung war weder wegen einer Unzumutbarkeit der Nacherfüllung i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB noch aufgrund besonderer Umstände i. S. von § 323 II Nr. 3 BGB oder § 281 II Fall 2 BGB entbehrlich.
a) § 440 Satz 1 Fall 3 BGB knüpft ein sofortiges Rücktrittsrecht des Käufers an die Unzumutbarkeit der Art der Nacherfüllung (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 22; Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl. [2017], § 440 Rn. 8). Diese Unzumutbarkeit kann sich unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls neben der Art und dem Ausmaß einer Beeinträchtigung der Interessen des Käufers auch aus einer Unzuverlässigkeit des Verkäufers und aus diesem vorzuwerfenden Nebenpflichtverletzungen sowie einem dadurch möglicherweise gestörten Vertrauensverhältnis der Vertragsparteien ergeben (BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 23; Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 440 Rn. 8 m. w. Nachw.). Dabei trifft den Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen, aus denen sich eine Unzumutbarkeit der Nacherfüllung ergeben könnte (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.2009 – VIII ZR 274/07, NJW 2009, 1341 Rn. 15; Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 440 Rn. 11; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 440 Rn. 42).
aa) Nähere Tatsachen, aus denen die begründete Befürchtung gestützt werden könnte, dass das beabsichtigte Softwareupdate zu Folgemängeln in Form negativer Auswirkungen auf den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionen sowie das Fahrverhalten seines Fahrzeugs führen könnte, hat der Kläger nicht dargetan (vgl. auch den abweichenden Fall LG Bückeburg, Urt. v. 11.01.2017 – 2 O 39/16, BeckRS 2017, 102958 [unter B I 1 b aa]). Denn zu dem für die Beurteilung der Unzumutbarkeit aus der Perspektive des Käufers maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Klägers lag nach dem substanziierten Vorbringen der Beklagten nicht nur die Freigabe der entsprechenden technischen Maßnahmen durch das Kraftfahrt-Bundesamt vor. Vielmehr bestand ausweislich des im Tatbestand zitierten Schreibens der Beklagten vom 06.10.2016 auch ein genauer Ablaufplan für die erarbeiteten technischen Nachbesserungsmaßnahmen in Form eines Softwareupdates, der von der Volkswagen AG bereits mit Schreiben vom Februar 2016 angekündigt worden war.
Konkrete tatsächliche Anhaltspunkte aus Sicht eines verständigen Kunden für die Möglichkeit von Folgemängeln sind vor diesem Hintergrund weder ersichtlich noch von dem Kläger vorgetragen worden (vgl. auch die abweichenden Umstände bei LG Bückeburg, Urt. v. 11.01.2017 – 2 O 39/16, BeckRS 2017, 102958 [unter B I 1 b aa]; LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, NJW-RR 2016, 1397 [1398]; LG Dortmund, Urt. v. 29.09.2016 – 25 O 49/16, NZV 2017, 48 (Lempp). Insbesondere bietet die streitgegenständliche Softwareinstallation in das Fahrzeug des Klägers keine Grundlage für die (berechtigte) Befürchtung, das Fahrzeug werde nie frei von herstellungsbedingten Mängeln sein (vgl. BGH, Urt. v. 23.01.2013 – VIII ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 28 [zu einem „Montagsauto“]). Denn es fehlt gerade an einer im vorliegenden Fall zutage getretenen besonderen Fehleranfälligkeit des Fahrzeugs, auf die diese Befürchtung gestützt werden könnte (vgl. BGH, Urt. v. 23.01.2013 – VIII ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 28; Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 440 Rn. 8 m. w. Nachw.).
bb) Eine Unzumutbarkeit der Nachbesserung für den Kläger ergibt sich auch nicht aus einer Unzuverlässigkeit der Beklagten als Verkäuferin oder aus ihr vorzuwerfenden Vertragspflichtverletzungen.
Zwar wird im Falle einer arglistigen Täuschung des Käufers durch den Verkäufer in der Regel die Unzumutbarkeit i. S. von § 440 Satz 1 Fall§ 3 BGB zu bejahen sein, weil der Verkäufer dort durch sein Verhalten die für eine … Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage beschädigt hat und infolge seines Verhaltens auch keinen Schutz vor den mit der Rückabwicklung des Vertrages verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen verdient (vgl. BGH, Urt. v. 20.05.2009 – VIII ZR 247/06, NJW 2009, 2532 Rn. 17 [zu § 323 II Nr. 2 BGB, § 281 II BGB]; BGH, Urt. v. 09.01.2008 – VIII ZR 210/06, NJW 2008, 1371 Rn. 19 [zu § 323 II Nr. 3 BGB]; Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 440 Rn. 8). Hier liegt jedoch ein die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze begründendes Verhalten der Beklagten nicht vor.
Ob die Volkswagen AG als Herstellerin den objektiven und subjektiven Tatbestand der Arglist erfüllt, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, so wäre dieses Verhalten des VW-Konzerns der Beklagten in Ermangelung einer rechtlichen Grundlage hierfür nicht zuzurechnen (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, MDR 2016, 1016; offen – „zweifelhaft“ – bei LG Bückeburg, Urt. v. 11.01.2017 – 2 O 39/16, BeckRS 2017, 102958 [unter B I 1 b cc])). Denn der Hersteller des Fahrzeugs ist weder ein Erfüllungsgehilfe des Vertragshändlers i. S. von § 278 BGB, noch ist der Vertragshändler rechtsgeschäftlicher oder Wissensvertreter des Herstellers i. S. von § 166 BGB (BGH, Urt. v. 02.04.2014 – VIII ZR 46/13, NJW 2014, 2183 Rn. 31 [zu § 278 BGB]; BGH, Urt. v. 02.02.1996 – V ZR 239/94, NJW 1996, 1339 [1340 f.] – zu § 166 BGB]; Ring, NJW 2016, 3121 [3124 f.]; jeweils m. w. Nachw.).
Die aus den Zitaten der Korrespondenz der Parteien im Tatbestand dieser Entscheidung ersichtliche voraussichtliche Einbindung der Volkswagen AG in die technische Ausgestaltung der beabsichtigten Nacherfüllung, insbesondere die Entwicklung des Softwareupdates, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung (a. A. LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, NJW-RR 2016, 1397 [1399]). Es fehlt gerade im vorliegenden Fall an der für die kaufvertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien entscheidenden arglistbegründenden Verhaltensweise der Beklagten, die die Vertrauensgrundlage der Vertragsparteien erschüttert haben könnte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der faktischen Nähe der Beklagten zu der Volkswagen AG als Herstellerin einschließlich der mit dem Vertriebssystem der Vertragshändler verbundenen wirtschaftlichen und finanziellen Einflussmöglichkeiten (vgl. dazu LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, NJW-RR 2016, 1397 [1399]). Denn die hier im Rahmen § 440 Satz 1 Fall 3 BGB vorzunehmende Würdigung des Einzelfalls (oben unter 2 a) knüpft an eine Beeinträchtigung der Interessen des Käufers durch das Verhalten der Beklagten als Verkäuferin sowie an begründete Befürchtungen gegen die technische Eignung der vorgeschlagenen Nachbesserungsmaßnahmen (oben unter 2 a aa) an. Allgemein auf das Vertragshändlersystem gestützte und ihrem Inhalt nach nicht näher spezifizierte Befürchtungen aus dem „VW-Abgasskandal“ (so Ring, NJW 2016, 3121) bleiben deshalb außer Betracht.
b) Für eine Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung i. S. von § 323 II Nr. 3 BGB oder § 281 II Fall 2 BGB gelten die Ausführungen unter 2 a aa und bb entsprechend.
Diese Vorschriften setzen abweichend von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB eine Abwägung der wechselseitigen Interessen des Käufers und des Verkäufers voraus (vgl. Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 323 Rn. 22 m. w. Nachw.), die aus den eingangs dargestellten Erwägungen zu keinem dem Kläger günstigeren Ergebnis führen. Der Umstand, dass der Kläger in Kenntnis der hier diskutierten Nachbesserungsproblematik durch das Schreiben vom Februar 2016 bis zu dem Vertragsrücktritt vom 22.09.2016 gegenüber der Beklagten nicht vorstellig geworden ist und sein Fahrzeug ausweislich der angegebenen – streitigen – 13.500 Fahrkilometer weiterhin beanstandungsfrei genutzt hat, spricht darüber hinaus gegen ein Recht zum sofortigen Vertragsrücktritt. Die Begründung des Rücktritts in dem Schreiben vom 22.09.2016 mit den kurz zuvor ergangenen Entscheidungen des LG Krefeld vom 14.09.2016 indiziert vielmehr, dass der Vertragsrücktritt des Klägers erst hierdurch ausgelöst worden ist.
3. Der gemäß den §§ 256 I, 756 I, 765 Nr. 1 ZPO zulässige Feststellungsantrag ist aus den vorstehenden Erwägungen gleichsam nicht begründet. …