1. Der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs ist selbst dann nicht be­rech­tigt, „so­fort“ vom Kauf­ver­trag zu­rück­zu­tre­ten, wenn ihn die – an die­sem Ver­trag nicht be­tei­lig­te – Volks­wa­gen AG arg­lis­tig ge­täuscht hat. Denn der Ver­käu­fer des Fahr­zeugs muss sich auch dann, wenn er Ver­trags­händ­ler der Volks­wa­gen AG ist, de­ren (mög­li­cher­wei­se) arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten nicht zu­rech­nen las­sen. We­der ist die Volks­wa­gen AG Ge­hil­fe des Ver­käu­fers bei der Er­fül­lung von Ver­käu­fer­pflich­ten i. S. des § 278 BGB, noch ist der Ver­käu­fer (Wis­sens-)Ver­tre­ter der Volks­wa­gen AG.
  2. Dass die Volks­wa­gen AG in die Nach­bes­se­rung ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs ein­ge­bun­den ist, ins­be­son­de­re weil sie das da­für er­for­der­li­che Soft­ware­up­date ent­wi­ckelt (hat), recht­fer­tigt nicht die Be­wer­tung, dass die Nach­bes­se­rung dem – mög­li­cher­wei­se durch die Volks­wa­gen AG arg­lis­tig ge­täusch­ten – Käu­fer i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB un­zu­mut­bar ist (ent­ge­gen LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, NJW-RR 2016, 1397 [1399]).

LG Bonn, Ur­teil vom 19.05.2017 – 1 O 341/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von der be­klag­ten VW-Ver­trags­händ­le­rin im März 2015 ei­nen am 23.12.2014 erst­zu­ge­las­se­nen VW Pas­sat Va­ri­ant 2.0 TDI BMT (130 kW) in der Aus­stat­tungs­va­ri­an­te „High­li­ne“. Der Kauf­preis für das Fahr­zeug be­trug 36.800 €. Im schrift­li­chen Kauf­ver­trag ist ei­ne Lauf­leis­tung von 100 km fest­ge­hal­ten; tat­säch­lich be­trug die Lauf­leis­tung des Pkw bei Ver­trags­schluss nur 29 km.

Im Fe­bru­ar 2016 in­for­mier­te die Volks­wa­gen AG dem Klä­ger schrift­lich dar­über,

„dass der in Ih­rem Fahr­zeug ein­ge­bau­te Die­sel­mo­tor von ei­ner Soft­ware be­trof­fen ist, durch wel­che die Stick­oxid­wer­te (NOX) im Ver­gleich zwi­schen Prüf­stand­lauf (NEFZ) und rea­lem Fahr­be­trieb ver­schlech­tert wer­den. Dies­be­züg­lich ver­si­chern wir Ih­nen als al­ler­ers­tes, dass Ihr Fahr­zeug tech­nisch si­cher und fahr­be­reit ist! Sie dür­fen ihr Fahr­zeug oh­ne jeg­li­che Ein­schrän­kung in ge­wohn­ter Wei­se wei­ter nut­zen! Dies be­zieht sich auch auf ei­ne ge­ge­be­nen­falls be­vor­ste­hen­de Haupt­un­ter­su­chung oder auf das Ein­fah­ren in ei­ne für Ihr Fahr­zeug zu­ge­las­se­ne Um­welt­zo­ne. Wir be­dau­ern zu­tiefst, dass wir Ihr Ver­trau­en ent­täuscht ha­ben und wer­den die­se Un­re­gel­mä­ßig­keit schnellst­mög­lich be­he­ben.

Wir ar­bei­ten mit Hoch­druck an der Or­ga­ni­sa­ti­on der Rück­ruf­maß­nah­me durch zu­stän­di­ge Werk­stät­ten. Auf­grund der Viel­zahl der zu ent­wi­ckeln­den tech­ni­schen Lö­sun­gen wird die In­stand­set­zung der Fahr­zeu­ge in meh­re­ren Stu­fen im Ka­len­der­jahr 2016 er­fol­gen. Wir kön­nen Ih­nen aber be­reits jetzt mit­tei­len, dass, ab­hän­gig von dem in Ih­rem Fahr­zeug ver­bau­ten Ag­gre­gat …, ab KW 09/16 … die Re­pa­ra­tur­maß­nah­men in den Werk­stät­ten star­ten. Sie wer­den dann in ei­nem wei­te­ren An­schrei­ben von uns noch ein­mal kon­kret auf­ge­for­dert, um­ge­hend ei­nen Ter­min mit ei­nem au­to­ri­sier­ten VW-Part­ner zu ver­ein­ba­ren. VW über­nimmt selbst­ver­ständ­lich die Kos­ten für al­le not­wen­di­gen Re­pa­ra­tur­maß­nah­men und setzt al­les dar­an, Ihr Ver­trau­en voll­stän­dig wie­der­zu­ge­win­nen.“

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 22.09.2016 er­klär­te der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te sie auf, bis zum 13.10.2016 an ihn 34.316 € Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des VW Pas­sat Va­ri­ant zu zah­len. Zur Be­grün­dung heißt es in dem An­walts­schrei­ben:

Mein Man­dant wur­de dar­über in­for­miert, dass der in sei­nem Fahr­zeug ein­ge­bau­te Die­sel­mo­tor von ei­ner Soft­ware be­trof­fen ist, durch die die Stick­oxid­wer­te im Ver­gleich zwi­schen Prüf­stand­lauf und rea­lem Fahr­be­trieb ver­schlech­tert wer­den. Es wur­de ei­ne Nach­bes­se­rung in Aus­sicht ge­stellt, die­se aber bis heu­te nicht voll­zo­gen.

Vor dem Hin­ter­grund der bei­den Ent­schei­dun­gen des LG Kre­feld vom 14.09.2016 – 2 O 72/16 und 2 O 83/16 –, geht mein Man­dant da­von aus, dass es sich bei den Ab­gas­ma­ni­pu­la­tio­nen um ei­nen er­heb­li­chen Man­gel han­delt und ei­ne Nach­bes­se­rung durch Soft­ware­up­dates für ihn nicht zu­mut­bar ist. Es ist da­von aus­zu­ge­hen, dass auch bei ei­ner Nach­rüs­tung der Soft­ware ein be­rech­tig­ter Man­gel­ver­dacht ver­bleibt. Es be­ste­hen da­her er­heb­li­che Zwei­fel an ei­ner er­folg­rei­chen Nach­er­fül­lung. Dar­über hin­aus ste­hen güns­ti­ge Stick­oxid­wer­te be­kann­ter­ma­ßen tech­nisch in ei­nem ‚Ziel­kon­flikt‘ mit ge­rin­ge­ren Koh­len­di­oxid­wer­ten. Der Au­to­käu­fer muss nach An­sicht des LG Kre­feld nicht hin­neh­men, dass Ver­bes­se­run­gen der Stick­oxid­wer­te mög­li­cher­wei­se durch an­de­re Män­gel wie hö­he­re CO2-Wer­te er­kauft wer­den.

Vor die­sem Hin­ter­grund er­klä­re ich na­mens mei­nes Man­dan­ten … den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Die der­zei­ti­ge Lauf­leis­tung des Fahr­zeu­ges be­trägt 13.500 km. … Mit­hin er­gibt sich ei­ne Ih­nen zu­ste­hen­de Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 2.484 €.“

Die Be­klag­te ant­wor­te­te mit Schrei­ben vom 06.10.2016, in dem es un­ter an­de­rem heißt:

„Die Sor­ge Ih­res Man­dan­ten neh­men wir sehr ernst, wir möch­ten je­doch auch rein vor­sorg­lich zur Ver­mei­dung mög­li­cher Miss­ver­ständ­nis­se auf fol­gen­de Aus­sa­ge der Volks­wa­gen AG hin­wei­sen:

  • Al­le be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge sind wei­ter­hin tech­nisch si­cher und fahr­be­reit.
  • Die zu­ge­las­se­nen Fahr­zeu­ge mit dem Die­sel­mo­tor EA189 kön­nen wei­ter­hin im Stra­ßen­ver­kehr be­las­sen und un­ein­ge­schränkt ge­nutzt wer­den. Dies hat das Kraft­fahrt-Bun­des­amt am 15.10.2015 be­stä­tigt.
  • Die Volks­wa­gen AG hat dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt be­reits die kon­kre­ten tech­ni­schen Maß­nah­men für die be­trof­fe­nen EA189-Mo­to­ren … vor­ge­stellt. Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt hat nach in­ten­si­ver Be­gut­ach­tung die von der Volks­wa­gen AG vor­ge­schla­ge­nen Maß­nah­men grund­sätz­lich be­stä­tigt. Zu­sätz­lich wird für je­den Fahr­zeug­typ ei­ne in­di­vi­du­el­le Frei­ga­be durch das Kraft­fahrt-Bun­des­amt er­fol­gen.

Die von VW ent­wi­ckel­ten tech­ni­schen Lö­sun­gen se­hen wie folgt aus:

  • Die … 2,0-Li­ter-Ag­gre­ga­te be­nö­ti­gen le­dig­lich ein Soft­ware-Up­date, für das nur et­wa ei­ne hal­be Stun­de Ar­beits­zeit in ei­ner Ver­trags­werk­statt vor­ge­se­hen ist.

Seit En­de Ja­nu­ar 2016 wer­den die be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge auf den er­for­der­li­chen tech­ni­schen Stand ge­bracht. … Es ist un­ser Ziel, dass die Maß­nah­men kei­nen Ein­fluss auf Ver­brauch und Fahr­leis­tung ha­ben. Die­se Ziel­er­rei­chung wur­de be­reits bei meh­re­ren Fahr­zeug­ty­pen, die das Kraft­fahrt-Bun­des­amt nach Durch­füh­rung der tech­ni­schen Maß­nah­men un­ter­sucht hat, be­stä­tigt. …

Am 03.06.2016 hat das Kraft­fahrt-Bun­des­amt die tech­ni­schen Lö­sun­gen für die VW-Mo­del­le … mit 2,0 l-TDI des Mo­tor­typs EA189 frei­ge­ge­ben. … Bis zur kon­kre­ten Durch­füh­rung der Maß­nah­men möch­ten wir Ih­ren Man­dan­ten um Ge­duld und sein Ver­ständ­nis da­für bit­ten, dass wir al­le not­wen­di­gen Schrit­te mit dem ge­bo­te­nen Tem­po, aber auch mit der Sorg­falt an­ge­hen, die Ihr Man­dant jetzt von uns er­war­ten darf. ….

Vor die­sem Hin­ter­grund bit­ten wir um Ver­ständ­nis, dass wir dem Wunsch Ih­res Man­dan­ten, sein Fahr­zeug zu­rück­zu­neh­men, nicht ent­spre­chen kön­nen.

Das Zu­war­ten ist für Ih­ren Man­dan­ten nicht nach­tei­lig, da wir aus­drück­lich bis zum 31.12.2017 auf die Er­he­bung der Ver­jäh­rungs­ein­re­de im Hin­blick auf et­wai­ge An­sprü­che, die im Zu­sam­men­hang mit der in Fahr­zeu­gen mit Mo­tor­typ EA189 ein­ge­bau­ten Soft­ware be­ste­hen, ver­zich­ten.“

Mit Schrei­ben vom 30.12.2016 in­for­mier­te die Be­klag­te den Klä­ger dar­über, dass die Soft­ware­lö­sung für sein Fahr­zeug zur Ver­fü­gung ste­he.

Der Klä­ger be­haup­tet, er ha­be nach Er­halt des Schrei­bens der Volks­wa­gen AG vom Fe­bru­ar 2016 di­ver­se An­fra­gen an die Be­klag­te ge­rich­tet, die sämt­lich ab­schlä­gig be­schie­den wor­den sei­en. Er sei im­mer wie­der ver­trös­tet wor­den, dass ei­ne Nach­bes­se­rung noch nicht mög­lich sei.

Der Klä­ger be­haup­tet wei­ter, die Volks­wa­gen AG ha­be sein Fahr­zeug mit ei­ner un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung ver­se­hen, um Kos­ten zu spa­ren. Beim re­gu­lä­ren Be­trieb des Fahr­zeugs im Stra­ßen­ver­kehr über­schrit­ten die Stick­oxid­emis­sio­nen den zu­läs­si­gen Grenz­wert um ein Viel­fa­ches, weil dann die Ab­gas­kon­troll­an­la­ge weit­ge­hend ab­ge­schal­tet sei. Die von der Volks­wa­gen AG vor­ge­se­he­nen Ab­hil­fe­maß­nah­men – so macht der Klä­ger gel­tend – wür­den sich ne­ga­tiv auf den Kraft­stoff­ver­brauch, die CO2-Emis­sio­nen, das Fahr­ver­hal­ten und die Wert­be­stän­dig­keit sei­nes Fahr­zeugs aus­wir­ken.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te kei­nen An­spruch auf (Rück-)Zah­lung von 34.316 € Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be und Über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs aus den §§ 346 I und II 1 Nr. 1, 348, 323 I, 437 Nr. 2 Fall 1 BGB oder den §§ 280 I und III, 281 I, 437 Nr. 3 BGB. Es fehlt an ei­ner die­se Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che aus­lö­sen­den er­folg­lo­sen Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung ge­gen­über der Be­klag­ten (vgl. § 323 I BGB, § 281 I 1 BGB, § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB).

1. Ei­ne aus­drück­li­che Frist­set­zung nebst Auf­for­de­rung zur Nach­er­fül­lung durch den Klä­ger ist un­strei­tig nicht er­folgt. Aber auch das im Tat­be­stand zi­tier­te Schrei­ben vom 22.09.2016 ent­hält kei­ne Nach­bes­se­rungs­auf­for­de­rung, son­dern er­klärt un­mit­tel­bar ge­gen­über der Be­klag­ten den Ver­trags­rück­tritt (vgl. da­zu LG Kle­ve, Urt. v. 31.03.2017 – 3 O 252/16, BeckRS 2017, 106026 Rn. 50, 60).

Das Vor­brin­gen des Klä­gers, die Be­klag­te ha­be di­ver­se An­fra­gen ab­schlä­gig be­schie­den und ihm mit­ge­teilt, dass ei­ne Nach­bes­se­rung noch nicht mög­lich sei, er­füllt in die­ser All­ge­mein­heit nicht die er­for­der­li­chen Vor­aus­set­zun­gen an ei­ne be­stimm­te und ein­deu­ti­ge Auf­for­de­rung zur Nach­er­fül­lung i. S. von § 323 I BGB (vgl. nur Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 76. Aufl. [2017], § 323 Rn. 13 m. w. Nachw.), zu­mal es an ei­ner Frist­set­zung fehlt. Im Üb­ri­gen hat der Klä­ger die von der Be­klag­ten be­strit­te­ne Frist­set­zung nicht un­ter Be­weis ge­stellt. Das Schrei­ben vom 22.09.2016 er­wähnt vor­pro­zes­sua­le Nach­bes­se­rungs­auf­for­de­run­gen nicht.

2. Ei­ne Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung war we­der we­gen ei­ner Un­zu­mut­bar­keit der Nach­er­fül­lung i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB noch auf­grund be­son­de­rer Um­stän­de i. S. von § 323 II Nr. 3 BGB oder § 281 II Fall 2 BGB ent­behr­lich.

a) § 440 Satz 1 Fall 3 BGB knüpft ein so­for­ti­ges Rück­tritts­recht des Käu­fers an die Un­zu­mut­bar­keit der Art der Nach­er­fül­lung (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 22; Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 76. Aufl. [2017], § 440 Rn. 8). Die­se Un­zu­mut­bar­keit kann sich un­ter Wür­di­gung al­ler Um­stän­de des Ein­zel­falls ne­ben der Art und dem Aus­maß ei­ner Be­ein­träch­ti­gung der In­ter­es­sen des Käu­fers auch aus ei­ner Un­zu­ver­läs­sig­keit des Ver­käu­fers und aus die­sem vor­zu­wer­fen­den Ne­ben­pflicht­ver­let­zun­gen so­wie ei­nem da­durch mög­li­cher­wei­se ge­stör­ten Ver­trau­ens­ver­hält­nis der Ver­trags­par­tei­en er­ge­ben (BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 23; Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., § 440 Rn. 8 m. w. Nachw.). Da­bei trifft den Klä­ger die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen, aus de­nen sich ei­ne Un­zu­mut­bar­keit der Nach­er­fül­lung er­ge­ben könn­te (vgl. BGH, Ur­t. v. 11.02.2009 – VI­II ZR 274/07, NJW 2009, 1341 Rn. 15; Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., § 440 Rn. 11; Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2013, § 440 Rn. 42).

aa) Nä­he­re Tat­sa­chen, aus de­nen die be­grün­de­te Be­fürch­tung ge­stützt wer­den könn­te, dass das be­ab­sich­tig­te Soft­ware­up­date zu Fol­ge­män­geln in Form ne­ga­ti­ver Aus­wir­kun­gen auf den Kraft­stoff­ver­brauch, die CO2-Emis­sio­nen so­wie das Fahr­ver­hal­ten sei­nes Fahr­zeugs füh­ren könn­te, hat der Klä­ger nicht dar­ge­tan (vgl. auch den ab­wei­chen­den Fall LG Bü­cke­burg, Urt. v. 11.01.2017 – 2 O 39/16, BeckRS 2017, 102958 [un­ter B I 1 b aa]). Denn zu dem für die Be­ur­tei­lung der Un­zu­mut­bar­keit aus der Per­spek­ti­ve des Käu­fers maß­geb­li­chen Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung des Klä­gers lag nach dem sub­stan­zi­ier­ten Vor­brin­gen der Be­klag­ten nicht nur die Frei­ga­be der ent­spre­chen­den tech­ni­schen Maß­nah­men durch das Kraft­fahrt-Bun­des­amt vor. Viel­mehr be­stand aus­weis­lich des im Tat­be­stand zi­tier­ten Schrei­bens der Be­klag­ten vom 06.10.2016 auch ein ge­nau­er Ab­lauf­plan für die er­ar­bei­te­ten tech­ni­schen Nach­bes­se­rungs­maß­nah­men in Form ei­nes Soft­ware­up­dates, der von der Volks­wa­gen AG be­reits mit Schrei­ben vom Fe­bru­ar 2016 an­ge­kün­digt wor­den war.

Kon­kre­te tat­säch­li­che An­halts­punk­te aus Sicht ei­nes ver­stän­di­gen Kun­den für die Mög­lich­keit von Fol­ge­män­geln sind vor die­sem Hin­ter­grund we­der er­sicht­lich noch von dem Klä­ger vor­ge­tra­gen wor­den (vgl. auch die ab­wei­chen­den Um­stän­de bei LG Bü­cke­burg, Urt. v. 11.01.2017 – 2 O 39/16, BeckRS 2017, 102958 [un­ter B I 1 b aa]; LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, NJW-RR 2016, 1397 [1398]; LG Dort­mund, Urt. v. 29.09.2016 – 25 O 49/16, NZV 2017, 48 (Lempp). Ins­be­son­de­re bie­tet die streit­ge­gen­ständ­li­che Soft­ware­instal­la­ti­on in das Fahr­zeug des Klä­gers kei­ne Grund­la­ge für die (be­rech­tig­te) Be­fürch­tung, das Fahr­zeug wer­de nie frei von her­stel­lungs­be­ding­ten Män­geln sein (vgl. BGH, Urt. v. 23.01.2013 – VI­II ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 28 [zu ei­nem „Mon­tags­au­to“]). Denn es fehlt ge­ra­de an ei­ner im vor­lie­gen­den Fall zu­ta­ge ge­tre­te­nen be­son­de­ren Feh­ler­an­fäl­lig­keit des Fahr­zeugs, auf die die­se Be­fürch­tung ge­stützt wer­den könn­te (vgl. BGH, Urt. v. 23.01.2013 – VI­II ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 28; Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., § 440 Rn. 8 m. w. Nachw.).

bb) Ei­ne Un­zu­mut­bar­keit der Nach­bes­se­rung für den Klä­ger er­gibt sich auch nicht aus ei­ner Un­zu­ver­läs­sig­keit der Be­klag­ten als Ver­käu­fe­rin oder aus ihr vor­zu­wer­fen­den Ver­trags­pflicht­ver­let­zun­gen.

Zwar wird im Fal­le ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung des Käu­fers durch den Ver­käu­fer in der Re­gel die Un­zu­mut­bar­keit i. S. von § 440 Satz 1 Fall§ 3 BGB zu be­ja­hen sein, weil der Ver­käu­fer dort durch sein Ver­hal­ten die für ei­ne … Nach­er­fül­lung er­for­der­li­che Ver­trau­ens­grund­la­ge be­schä­digt hat und in­fol­ge sei­nes Ver­hal­tens auch kei­nen Schutz vor den mit der Rück­ab­wick­lung des Ver­tra­ges ver­bun­de­nen wirt­schaft­li­chen Nach­tei­len ver­dient (vgl. BGH, Urt. v. 20.05.2009 – VI­II ZR 247/06, NJW 2009, 2532 Rn. 17 [zu § 323 II Nr. 2 BGB, § 281 II BGB]; BGH, Urt. v. 09.01.2008 – VI­II ZR 210/06, NJW 2008, 1371 Rn. 19 [zu § 323 II Nr. 3 BGB]; Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., § 440 Rn. 8). Hier liegt je­doch ein die An­wen­dung die­ser Rechts­grund­sät­ze be­grün­den­des Ver­hal­ten der Be­klag­ten nicht vor.

Ob die Volks­wa­gen AG als Her­stel­le­rin den ob­jek­ti­ven und sub­jek­ti­ven Tat­be­stand der Arg­list er­füllt, be­darf hier kei­ner Ent­schei­dung. Denn selbst wenn dies der Fall wä­re, so wä­re die­ses Ver­hal­ten des VW-Kon­zerns der Be­klag­ten in Er­man­ge­lung ei­ner recht­li­chen Grund­la­ge hier­für nicht zu­zu­rech­nen (vgl. OLG Cel­le, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, MDR 2016, 1016; of­fen – „zwei­fel­haft“ – bei LG Bü­cke­burg, Urt. v. 11.01.2017 – 2 O 39/16, BeckRS 2017, 102958 [un­ter B I 1 b cc])). Denn der Her­stel­ler des Fahr­zeugs ist we­der ein Er­fül­lungs­ge­hil­fe des Ver­trags­händ­lers i. S. von § 278 BGB, noch ist der Ver­trags­händ­ler rechts­ge­schäft­li­cher oder Wis­sens­ver­tre­ter des Her­stel­lers i. S. von § 166 BGB (BGH, Urt. v. 02.04.2014 – VI­II ZR 46/13, NJW 2014, 2183 Rn. 31 [zu § 278 BGB]; BGH, Urt. v. 02.02.1996 – V ZR 239/94, NJW 1996, 1339 [1340 f.] – zu § 166 BGB]; Ring, NJW 2016, 3121 [3124 f.]; je­weils m. w. Nachw.).

Die aus den Zi­ta­ten der Kor­re­spon­denz der Par­tei­en im Tat­be­stand die­ser Ent­schei­dung er­sicht­li­che vor­aus­sicht­li­che Ein­bin­dung der Volks­wa­gen AG in die tech­ni­sche Aus­ge­stal­tung der be­ab­sich­tig­ten Nach­er­fül­lung, ins­be­son­de­re die Ent­wick­lung des Soft­ware­up­dates, recht­fer­tigt kei­ne ab­wei­chen­de Be­ur­tei­lung (a. A. LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, NJW-RR 2016, 1397 [1399]). Es fehlt ge­ra­de im vor­lie­gen­den Fall an der für die kauf­ver­trag­li­chen Rech­te und Pflich­ten der Par­tei­en ent­schei­den­den arg­list­be­grün­den­den Ver­hal­tens­wei­se der Be­klag­ten, die die Ver­trau­ens­grund­la­ge der Ver­trags­par­tei­en er­schüt­tert ha­ben könn­te. Dies gilt auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung der fak­ti­schen Nä­he der Be­klag­ten zu der Volks­wa­gen AG als Her­stel­le­rin ein­schließ­lich der mit dem Ver­triebs­sys­tem der Ver­trags­händ­ler ver­bun­de­nen wirt­schaft­li­chen und fi­nan­zi­el­len Ein­fluss­mög­lich­kei­ten (vgl. da­zu LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, NJW-RR 2016, 1397 [1399]). Denn die hier im Rah­men § 440 Satz 1 Fall 3 BGB vor­zu­neh­men­de Wür­di­gung des Ein­zel­falls (oben un­ter 2 a) knüpft an ei­ne Be­ein­träch­ti­gung der In­ter­es­sen des Käu­fers durch das Ver­hal­ten der Be­klag­ten als Ver­käu­fe­rin so­wie an be­grün­de­te Be­fürch­tun­gen ge­gen die tech­ni­sche Eig­nung der vor­ge­schla­ge­nen Nach­bes­se­rungs­maß­nah­men (oben un­ter 2 a aa) an. All­ge­mein auf das Ver­trags­händ­ler­sys­tem ge­stütz­te und ih­rem In­halt nach nicht nä­her spe­zi­fi­zier­te Be­fürch­tun­gen aus dem „VW-Ab­gas­skan­dal“ (so Ring, NJW 2016, 3121) blei­ben des­halb au­ßer Be­tracht.

b) Für ei­ne Ent­behr­lich­keit ei­ner Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung i. S. von § 323 II Nr. 3 BGB oder § 281 II Fall 2 BGB gel­ten die Aus­füh­run­gen un­ter 2 a aa und bb ent­spre­chend.

Die­se Vor­schrif­ten set­zen ab­wei­chend von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB ei­ne Ab­wä­gung der wech­sel­sei­ti­gen In­ter­es­sen des Käu­fers und des Ver­käu­fers vor­aus (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 323 Rn. 22 m. w. Nachw.), die aus den ein­gangs dar­ge­stell­ten Er­wä­gun­gen zu kei­nem dem Klä­ger güns­ti­ge­ren Er­geb­nis füh­ren. Der Um­stand, dass der Klä­ger in Kennt­nis der hier dis­ku­tier­ten Nach­bes­se­rungs­pro­ble­ma­tik durch das Schrei­ben vom Fe­bru­ar 2016 bis zu dem Ver­trags­rück­tritt vom 22.09.2016 ge­gen­über der Be­klag­ten nicht vor­stel­lig ge­wor­den ist und sein Fahr­zeug aus­weis­lich der an­ge­ge­be­nen – strei­ti­gen – 13.500 Fahr­ki­lo­me­ter wei­ter­hin be­an­stan­dungs­frei ge­nutzt hat, spricht dar­über hin­aus ge­gen ein Recht zum so­for­ti­gen Ver­trags­rück­tritt. Die Be­grün­dung des Rück­tritts in dem Schrei­ben vom 22.09.2016 mit den kurz zu­vor er­gan­ge­nen Ent­schei­dun­gen des LG Kre­feld vom 14.09.2016 in­di­ziert viel­mehr, dass der Ver­trags­rück­tritt des Klä­gers erst hier­durch aus­ge­löst wor­den ist.

3. Der ge­mäß den §§ 256 I, 756 I, 765 Nr. 1 ZPO zu­läs­si­ge Fest­stel­lungs­an­trag ist aus den vor­ste­hen­den Er­wä­gun­gen gleich­sam nicht be­grün­det. …

PDF er­stel­len